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4 Schnecken und eine Nudel, ist eine Familiengeschichte der besonderen Art. Hauptdarsteller dieser Komödie, sind fünf Geschwister, vier Mädchen Franzi, Nele, Charly und Jule, so wie ihr älterer Bruder, Thomas. Er soll, nach dem Tod ihrer Eltern, die Familie zusammenhalten. Und nicht nur das. Er muss auch die Bergmann-Werke und die elterliche Villa, vor der drohenden Insolvenz retten. Eine Mamutaufgabe für ihn. Wer jetzt aber dachte, die Schwestern würden ihm helfend zur Seite stehen, der hat sich getäuscht. Sie denken überhaupt nicht daran, auf den gewohnten Luxus zu verzichten. Thomas bleibt nichts anderes übrig, als die finanzielle Notbremse zu ziehen. Er stellt die Schwestern vor die Wahl, entweder sie gehen arbeiten, oder sie fliegen aus der gemeinsamen Villa. Jetzt ist Feuer unter dem Kessel. Die Mädels proben den Aufstand. Mit allen Tricks versuchen sie sich vor der Arbeit zu drücken, aber vergebens. Die Harmonie liegt am Boden. Wie sie unschwer erkennen können, wird es eine turbolente Zeit für die Bergmanns. Ich garantiere ihnen, es wird nie langweilig. Viel Vergnügen beim lesen, wünscht ihnen ihr Autor Benjamin Webster.
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Seitenzahl: 996
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4 Schnecken und eine Nudel
- Die Bergmanns -
Vorwort
Familie Bergmann ist eine ganz normale Familie, bis eines Tages Vater und Mutter Bergmann einen Verkehrsunfall haben. Inge Bergmann stirbt noch am Unfallort und Herrmann Bergmann in der gleichen Nacht, in der Charité in Berlin. Sie hinterlassen fünf Kinder, die nun plötzlich Vollwaise sind. Vier Mädchen und ein Junge sind nun völlig auf sich alleine gestellt. Für den ältesten Thomas, ist das kein sonderliches Problem, lebt er doch schon seit längerem in Frankfurt, als Investment Banker. Er hat dort, nach seinem Masterabschluss, einen leitenden Posten bei einer großen Deutschen Bank bekommen. Thomas hatte sich auf Investments spezialisiert, die nicht so anfällig auf dem Kapitalmarkt waren. Im Laufe der Jahre hat er so ein beträchtliches Vermögen verdient. Bei der Testamentseröffnung soll er die Hälfte des elterlichen Vermögens erben. Aber außer Schulden ist da nichts. Trotz eines riesigen Hauses, das eher einem Schloss ähnelt, sowie den „Bergmann Werken“, die Sicherheitstechnik herstellen, sind über vier Millionen an Schulden zu tilgen. Tommi muss sich nun entscheiden, entweder alles zu verkaufen und das Werk schließen, oder er investiert sein Geld in den Familienbetrieb. Eine Entscheidung die er ganz alleine treffen muss, denn seine vier Schwestern sind ihm keine Hilfe dabei. Jede hat ihre eigene Lebensphilosophie für sich getroffen. Die Älteste ist Ärztin und schreibt an ihrer Doktorarbeit. Die Jüngste sucht immer nach dem Sinn des Lebens und verliebt sich sehr schnell. Die zweitälteste ist eine Feministin und würde am liebsten alle Männer kastrieren lassen. Die Letzte der vier ist lesbisch und hat immer Pech mit ihren Beziehungen. Keine von ihnen trägt etwas zum Lebensunterhalt bei. Jede stellt nur Ansprüche und keine verspürt Lust, ihren gewohnten Lebensstil zu ändern. Neben Golf, Tennis und Partys, gibt es nur noch das lange ausschlafen, was sie miteinander verbindet. Mit Tommi ändert sich alles schlagartig. Er verkauft ihre Luxusautos und vermietet die Hälfte der Villa, um zu zeigen, dass man so runde 10.000 Euro Mehreinnahmen im Monat hat. In der Firma muss er auch Einschnitte vornehmen, was teilen der Belegschaft natürlich nicht gefällt. Es stehen immerhin 120 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Feinde wohin er schaut. Überall trifft er auf Misstrauen und Ablehnung. Seine Schwestern sind ihm absolut keine Hilfe, bis es ihm zu bunt wird. Er stellt ihnen das Ultimatum, entweder einer Beschäftigung nachzugehen, oder er meldet Insolvenz an und verkauft den Rest. Jetzt ist Feuer unter dem Kessel der Familie Bergmann. Arbeit, nein Danke. Die Damen proben den Aufstand. Sie versuchen mit allen Mitteln, sich vor dem Arbeiten zu drücken. Aber Tommi durchschaut dies meistens und schlägt sie mit ihren eigenen Waffen. Wenn man so viel zu tun hat, bleibt es nicht aus, dass das Liebesleben darunter leidet. Wie zu erwarten, geht es bei den Bergmanns hoch her. Wird es Tommi und seinen Schwestern gelingen, wieder alles ins Reine zu bringen? Ich wünsche ihnen eine amüsante und spannende Unterhaltung, ihr Autor Benjamin Webster.
www.benjamin-webster.de Germany 2016
Es war Ende Oktober, die Sonne stand schon sehr tief am Abend. Thomas Bergmann hatte gerade einige Schriftsätze fertig gestellt, als sein Telefon klingelte. Er wollte das Gespräch zuerst nicht mehr annehmen, weil er noch einen Termin außer Haus hatte, nahm aber trotzdem ab. Er meldete sich: „Thomas Bergmann, Investment Abteilung, was kann ich für sie tun?“ Am anderen Ende der Leitung meldete sich eine männliche Stimme: „Guten Abend, Herr Bergmann, hier spricht Dr. Arnold, aus der Charité in Berlin. Sind sie der Sohn von Herrmann Bergmann?“ Thomas wusste im Moment noch nicht was die Frage sollte, aber antwortete: „Ja, der bin ich. Um was geht es denn?“ Dr. Arnold: „Ich habe ihre Adresse in den Unterlagen ihres Vaters gefunden. Dort stand, dass man sie bei einem Notfall benachrichtigen sollte.“ Thomas: „Was für ein Notfall? Ist meinem Vater etwas zugestoßen?“ Dr. Arnold: „Deshalb rufe ich sie ja an. Ich muss ihnen leider sagen, dass ihr Vater einen Unfall hatte und bei uns auf der Notaufnahme liegt. In seinen Unterlagen stand, dass man sie bei einem Notfall, als nächsten Angehörigen anrufen sollte. Es geht ihm nicht gut, sie sollten schnellstens zu ihm kommen.“ Thomas sah auf die Uhr und sagte: „Ich werde versuchen noch einen Flieger nach Berlin zu bekommen. Ist es sehr schlimm?“ Dr. Arnold: „Sie sollten sich beeilen. Ich weiß nicht, ob ihr Herr Vater die Nacht übersteht.“ Thomas legte auf und ging hinaus zu seiner Sekretärin, Frau Haber. Er beauftragte sie alle Termine für die nächsten drei Tage abzusagen, ein Ticket für den nächsten Flieger nach Berlin zu buchen und dies am Schalter zu hinterlegen. Thomas hatte Glück, er bekam noch ein Ticket für die Spätmaschine. Gegen 22:00 Uhr landete er in Berlin. Er nahm ein Taxi und fuhr direkt in die Charité. Als er auf die Intensivstation kam, sah er schon seine jüngste Schwester Franziska. Sie stand weinend vor dem Kaffeeautomaten. Als sie Thomas sah, lief sie gleich auf ihn zu und fiel in seine Arme. Thomas: „Hallo Franzi, wie geht es ihm?“ Franzi: „Nicht gut, die Ärzte haben die Hoffnung aufgegeben. Er wird die Nacht wahrscheinlich nicht überleben.“ Thomas: „Und wo ist Mutter?“ Jetzt fing Franziska erst richtig an zu weinen. Thomas nahm sie wieder in die Arme und Franzi sagte mit belegter Stimme: „Du weißt es noch gar nicht? Nein, scheinbar nicht. Sie saß mit im Wagen und hat den Unfall nicht überlebt. Sie ist noch am Unfallort verstorben.“ Diese Worte trafen ihn wie ein Schlag ins Gesicht. Er fragte ungläubig: „Mutter ist tot?“ Franzi: „Ja Thomas, sie ist tot. Ich weiß immer noch nicht, wie und wann es geschehen ist. Wir sollen noch auf der Polizeiwache Spandau vorbeikommen, die wollten mit uns reden. Was ist, wenn Vater auch noch stirbt? Ich habe heute Mittag noch mit beiden gesprochen, bevor sie weggefahren sind. Alles war wie immer. Ich kann es immer noch nicht glauben.“ Ein Weinkrampf überfiel sie und Thomas setzte sie auf die Bank, die im Flur stand. Eine Schwester sah, dass es der jungen Frau nicht gut ging und holte einen Arzt herbei. Der wusste wer sie war und nahm Franzi mit in einen Behandlungsraum. Kurze Zeit später kam er wieder und fragte: „Sind sie ein Verwandter der jungen Frau?“ Thomas antwortete: „Sie ist meine Schwester. Ich bin Thomas Bergmann.“ Der Arzt gab ihm die Hand und meinte: „Angenehm. Ich bin Dr. Arnold, wir haben miteinander telefoniert. Ihrem Vater geht es nicht gut. Der Unfall war sehr heftig und ihr Vater hat zahlreiche innere Verletzungen. Wir haben alles getan was möglich war, aber für uns Ärzten gibt es auch Grenzen. Seien sie auf das Schlimmste gefasst. Ich bringe sie jetzt zu ihm. Wenn sie bitte mitkommen wollen?“ Thomas folgte dem Arzt, zu dem Zimmer seines Vaters. Er musste sich einen Kittel überstreifen und durfte dann zu ihm. Herrmann Bergmann sah sehr blass aus. Ganz anders als sonst. Das strahlende Leben war verschwunden, vor ihm lag ein Sterbender, dass fühlte Thomas. Er setzte sich neben ihn an sein Bett und meinte: „Hallo Vater, was machst du nur für Sachen? Hast du schmerzen?“ Der Vater blickte ihn mit feuchten Augen an und meinte: „Schön dich zu sehen, mein Junge. Gut siehst du aus. Wie geht es dir?“ Thomas antwortete: „Du solltest dir besser um deine Gesundheit sorgen machen, als um meine. Hast du schmerzen? Was haben die Ärzte gesagt?“ Vater Bergmann: „Du kennst doch die Ärzte, reden nur wirres Zeug das kein Mensch versteht. Aber dieses Mal habe ich es verstanden. Mein Junge, mein lieber Junge, ich gebe bald den Löffel ab..“ Weiter kam er nicht, da fiel ihm Thomas ins Wort: „Daran darfst du gar nicht erst denken. Das sind die Medikamente die dich so fertig machen. Du wirst sehen, in ein paar Tagen bist du wieder wohl auf.“ Sein Vater hob die Hand und streckte den Zeigefinger aus und sagte: „Unterbreche mich nicht. Ich weiß sehr wohl wie es um mich steht. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit, also verplempere sie nicht mit Phrasen. Ich habe nur eine Bitte an dich. Werde ein besserer Chef als ich und kümmere dich um deine Schwestern. Zeige ihnen den richtigen Weg, ohne sie zu gängeln. Bringe die Firma wieder auf Vordermann. Du hattest damals Recht gehabt, ich hätte auf dich hören sollen. Aber mein verdammter Stolz hat es nicht zugelassen. Bitte verzeihe mir meine Fehler die ich gemacht habe.“ Seine Stimme wurde immer leiser. Dann sagte er zum letzten Mal: „Versprich es mir, bitte.“ Thomas hatte schon Tränen in den Augen und sagte: „Ja Vater, ich verspreche es. Ich hab dich immer geliebt, es gibt nichts, was ich dir verzeihen müsste.“ Ein leises: „Danke mein Junge, aber ich muss nun zu deiner Mutter, ich kann sie doch nicht so lange warten lassen“, war das Letzte was Thomas von ihm hörte. Herrmann Bergmann war soeben verstorben. Sein Gesichtsausdruck war friedlich und hatte ein kleines Lächeln hinterlassen. Thomas verließ nach einer Stunde das Zimmer. Er hatte sich in aller Ruhe von seinem Vater verabschiedet. Als er wieder auf den Flur kam, kamen gerade seine anderen drei Schwestern zur Tür herein. Sie sahen Thomas gleich an was geschehen war. Unendliche Trauer ergriff die vier, nur Franzi fehlte. Sie hatte von Dr. Arnold eine Beruhigungsspritze bekommen und schlief daraufhin fest. So hatten sich die fünf das Wiedersehen, nach über zwei Jahren, nicht vorgestellt.
Zehn Tage später. Die Beerdigung war schon einige Tage her. Thomas Bergmann saß im Arbeitszimmer seines verstorbenen Vaters und telefonierte mit seinem Büro in Frankfurt. Am anderen Ende der Leitung war seine Sekretärin Frau Haber. Thomas: „Hat Dr. Gordon nicht hinterlassen, wann er wieder kommt?“ Frau Haber: „Er hat nur gesagt, dass sie erst alles erledigen sollen, bevor sie wieder zurückkommen. Dr. Gordon bat mich ihnen auszurichten, dass sie bis Ende des Monats frei gestellt sind und das mit vollen Bezügen, praktisch als Sonderzulage für ihre Verdienste in der Bank.“ Thomas: „Das hat er so gesagt, Frau Haber?“ Frau Haber: „Wortwörtlich, Chef. Bitte bringen sie alles zu Hause in Ordnung. Aber ich muss dann wieder an meine Arbeit, Herr Vandenberg wartet auf einen Abschlussbericht und sie wissen ja, wie ungeduldig er ist. Ich bin froh, wenn sie wieder hier sind, Chef. Also, bis dann.“ Thomas konnte sich für das kleine Kompliment nicht einmal mehr bedanken, da hatte seine Perle, so nannte er sie, bereits aufgelegt. Auf sie war Verlass und sie hat immer loyal zu ihm gestanden. Er legte auf und sah zum Fenster hinaus. Der Wind strich durch die Äste der kahlen Bäume, die ringsum das Anwesen standen. Es war merklich kälter geworden und der Wetterbericht brachte wieder Frost mit Glatteisgefahr und Schneeschauer. Genau wie vor knapp zwei Wochen, als seine Eltern den Unfall hatten. Auf einer Brücke war es geschehen. Blitzeis hatte es dort gegeben und der entgegenkommende Fahrer eines Kleintransporters, bemerkte es zu spät. Der Unfall war dadurch unausweichlich und forderte zwei Todesopfer, seine Mutter und seinen Vater. Der Fahrer des Kleintransporters erlitt schwere Verletzungen, hatte aber überlebt. Franzi, seine jüngste Schwester, kam ins Zimmer. Sie erklärte: „Im Sommer ist es hier viel schöner. Es sieht dann nicht so düster und trostlos aus, aber das weißt du ja. Wann kommt der Anwalt?“ Thomas sah auf die Uhr und meinte: „In zwei Stunden, Franzi. Lass uns etwas essen. Sind die anderen schon da?“ Mit „anderen“ meinte er seine restlichen drei Schwestern. Sie nahmen es mit Terminen nicht so genau. Sie waren der Meinung, wenn ich da bin, bin ich eben da, basta. Tommi hasste dies. Er war es gewohnt stets pünktlich zu sein. Es war das A und O seiner Arbeit. Auch war es ein Zeichen von Höflichkeit, Verlässlichkeit und Respekt dem anderen gegenüber, wenn man pünktlich ist. Franzi schüttelte den Kopf und meinte: „Nein, die kommen bestimmt erst kurz vor dem Termin, du kennst sie ja und weißt wie sie sind.“ Tommi: „Franzi, ich weiß nicht wie sie sind, dafür war ich zu lange weg. Ich habe euch ja nur einmal in vier Jahren gesehen. Eigentlich weiß ich überhaupt nichts von meinen Schwestern. Ich habe nicht einmal eine Ahnung, was sie den ganzen Tag über machen, wo sie arbeiten und mit wem sie zusammen sind.“ Franzi: „Mit wem sie zusammen sind, weiß ich ja selbst nicht. Das ändert sich manchmal täglich. Und arbeiten tun meine Schwestern bestimmt nicht, soviel ist sicher.“ Tommi: „Und was machen sie den ganzen lieben langen Tag?“ Franzi: „Sie sind halt beschäftigt.“ Tommi: „Beschäftigt mit was? Franzi: „Halt beschäftigt. Was denkst du, was eine Frau den ganzen Tag alles machen muss, wenn sie abends gut aussehen möchte?“ Tommi überlegte gut und erwiderte: „Duschen, Haare föhnen, anziehen und ein bisschen Make up auftragen. Ach ja, noch ein wenig Parfum sprühen, fertig.“ Franzi lachte laut und meinte: „Mein Bruderherz, du hast absolut keine Ahnung von Frauen. Wenn eine Frau ihr erstes Date hat, bedarf es etwas mehr Aufwand, glaube mir. Das fängt bei den Schuhen an, über Klomotten und Frisör, bis hin zur Kosmetik und dem rasieren. Oh, Mundhygiene hätte ich fast vergessen.“ Tommi hörte ihr interessiert zu und staunte immer mehr, je mehr Franzi aufzählte. Dann fragte er sie: „Wenn das wirklich so ist, warum macht ihr dies alles? Warum brezelt ihr euch so auf und vor allem für wen?“ Franzi schaute ihn entsetzt an und meinte: „Für wen wir das alles tun? Na, für die Herren der Schöpfung, für euch Männer. Welche Frau schaust du genauer an? Die, die aussieht wie Jennifer Lopez oder wie Gundula Meier?“ Tommi: „Wer ist Gundula Meier? Die kenne ich nicht.“ Franzi: „Das ist die graue Maus, die neben Jennifer Lopez steht. Die wird einfach übersehen von euch Männern.“ Tommi: „Es gibt aber noch andere Werte, wie ein gutes Aussehen. Charakter, Treue, Humor oder Loyalität, um nur einige zu nennen.“ Franzi: „Und warum schauen dann die Männer immer zuerst auf die Titten und den Arsch, wenn doch der Charakter und Treue so wichtig sind? Ich kann es dir sagen Bruderherz. Weil ihr Männer immer nur zuerst ans bumsen denkt und nur daran. Wenn ihr eine Frau sieht die in euer Beuteschema paßt, denkt ihr immer nur mit dem Schwanz. Tut mir leid, aber es ist so.“ Tommi: „Du sprichst schon fast so wie deine Schwester Charlotte. Bist du etwa auch eine Feministin geworden? Ist auch egal. Und ihr Frauen, wo schaut ihr zuerst hin, wenn ihr einen Mann sieht? Und komm mir nun ja nicht mit dem Spruch: „In die Augen“. Zuerst auf den Arsch und dann auf das, was er in der Hose hat. Später, welches Auto und wie dick sein Konto ist. Falls das alles paßt, dann erst kommen die Augen dran. Da kann der Typ noch so hässlich sein, das ist dann alles egal, denn Geld und Status machen immer sexy und sind erotisch. Man kann sich ja, wenn man ihn an der Angel hat, immer noch einen jugendlichen Liebhaber suchen.“ Franzi schüttelte mit dem Kopf und meinte: „Ich möchte nicht wissen, welche Dumpfbacken du auf den Leim gegangen bist. Bestimmt blond und vollbusig, aber einen IQ von Dosenbrot. Ich habe schon gesehen, ich muss dich mal mitnehmen, damit du richtige Frauen kennenlernst.“ Tommi: „Danke Franzi, aber meine Frauen suche ich mir noch immer selbst aus.“ Sie liefen nun hinaus zur Küche. Dort war die Hauswirtschafterin gerade dabei das Essen anzurichten. Sie hieß Maria Hall, war 52 Jahre alt und arbeitete bei den Bergmanns schon 25 Jahre. Maria kennt die Kinder von klein auf, hat allen das Fläschchen gegeben und auch manchmal die Windeln gewechselt. Sie kannte all ihre Stärken und Schwächen. Wenn jemand die Familie Bergmann kannte, dann sie. Maria war die gute Seele des Hauses. Bei ihr konnten sie sich ausweinen, wenn sie einmal ein Wehwehchen hatten. Tommi fragte sie: „Maria, was hast du uns denn heute wieder gezaubert?“ Maria: „Heute habe ich nicht gezaubert, sondern gekocht. Es gibt gebratenen Seelachs mit Kartoffelsalat und grünen Salat. Als Nachspeise einen Apfelstrudel.“ Franzi aß nicht so gerne Fisch, weil sie immer Angst hatte, eine Gräte könnte in ihrem Hals stecken bleiben und sie müsste dann ersticken. Maria wusste dies und sprach zu ihr: „Ich hab extra die geholt, die Grätenfrei sind.“ Dies sagte sie ihr jedes Mal, wenn sie Fisch machte und immer glaubte es ihr Franzi. Die Haustür ging auf und Charlotte, genannt Charly, kam herein. Thomas sah wie sie ihre Schuhe auszog und mit den Füßen an die Garderobe schleuderte. Danach warf sie ihre Jacke auf die Ablage und kam in die große Küche. Mit einem: „Hallo zusammen“, betrat sie diese und fragte Maria als Nächstes: „Was gibt es heute zu essen?“ Maria antwortete geduldig: „Gebratenen Seelachs mit Kartoffelsalat und grüner Salat, danach gibt es Apfelstrudel.“ Charly: „Prima. Hoffentlich sind keine Gräten im Fisch.“ Sie spielte auf die Angst vor Gräten von Franzi an, was seine Wirkung nicht verfehlte. Franzi meinte nur: „Es sind keine drin und wenn, bekommst du das Stück mit den Gräten, vielleicht bleiben sie dir dann auch einmal im Hals stecken, du blöde Kuh.“ Maria mischte sich ein: „Hört auf zu streiten, das muss doch nicht sein. Wascht lieber eure Hände, oder wollt ihr mit schmutzigen Fingern essen?“ Franzi: „Ich habe mir sie gerade gewaschen, aber bei Charly weiß man ja nie, wo sie gerade herumgespielt hat. Ich sage nur Sigi.“ Bevor Charly etwas sagen konnte ergriff Thomas das Wort: „Sind wir hier im Kindergarten? Erwachsene junge Frauen benehmen sich wie pubertierende Teenies. Ihr seit Geschwister, habt ein kleines bisschen mehr Respekt voreinander. Und wascht euch endlich die Hände.“ Die Diskussion war beendet. Die beiden gingen ins Bad und wuschen sich ohne weitere Diskussion. Marie sah Tommi an und meinte: „Endlich wieder ein Mann im Haus. Dem Herrgott sei Dank.“ Tommi: „Na, übertreib mal nicht, so schlimm sind die Mädchen doch gar nicht.“ Maria: „Warte es ab, wenn du etwas länger hier bist, werden dir noch die Ohren wehtun, mit dem was die Damen sich gegenseitig an den Kopf werfen. Tommi, ich weiß wovon ich spreche.“ Er fragte nach: „Sind sie wirklich so schlimm?“ Maria: „Jule geht noch, aber die anderen drei haben es faustdick hinter den Ohren. Pass auf, dass du nicht zwischen die Fronten gerätst. Die können ganz schön gemein sein. Das hat auch schon dein Vater zu spüren bekommen.“ Thomas: „Und ich dachte immer, die vier seien Papas Lieblinge gewesen. Ich hatte immer den Eindruck, dass sie ihn jedes Mal um den Finger gewickelt haben.“ Maria: „Aber wenn dein Vater standhaft blieb, dann waren sie stinksauer. Und da sie dann etwas zum abreagieren brauchten, sind sie schon einmal aufeinander losgegangen. Dein Vater hat sie dann immer in ihre Zimmer gesteckt und gewartet, bis sie wieder normal waren. Du glaubst nicht, wie viele Male hier dicke Luft war.“ Thomas: „Und Mutter, hat sie sich nicht eingemischt?“ Maria: „Gott bewahre. Wenn dein Vater etwas gesagt hatte, war das wie ein Gesetz. Deine Mutter hat ihn meist unterstützt, bei Anwesenheit der Mädchen. Aber wenn sie alleine waren, haben sie oft darüber gestritten, ob das alles nötig oder richtig war.“ Thomas: „Ja, ich kann mich noch vage daran erinnern, wenn ich in den Ferien vom Internat hier war. Ich habe am wenigsten von allem mitbekommen. Meist war ich ja nur zehn oder zwölf Wochen im Jahr hier. Und als ich in Frankfurt studiert habe, war das genauso, wenn ich nicht gerade einen Ferienjob in unserem Werk gemacht habe.“ Maria: „Du hattest es auch nicht leicht, aber aus dir ist etwas geworden und hast aus deinem Leben etwas gemacht.“ Thomas: „Ja Maria, das war aber alles schwere Arbeit. Mir ist nichts geschenkt worden. Lass uns ein anderes Mal darüber reden. So langsam bekomme ich nämlich Hunger. Ich gehe mir nur noch die Hände waschen.“ Wenig später kam auch Cornelia zum essen. Sie mochte ihren Vornamen nicht so sonderlich und hatte es lieber, wenn man sie Nele rief. Die Einzige die noch fehlte, war Julia, genannt Jule. Sie ist noch „Arzt im Praktikum“, am Krankenhaus Süd in Neukölln. Jule hat in der Nähe des Krankenhauses eine kleine Wohnung, damit sie nicht jeden Tag zur Villa Bergmann, nach Potsdam-Süd fahren muss. Dies hat den Vorteil, dass sie schneller an ihrem Arbeitsplatz ist, wenn sie einmal zu einer Sonderschicht muss. Seit einem halben Jahr schreibt sie schon an ihrer Doktorarbeit, aber durch die viele Arbeit wird und wird sie nicht fertig. Ihr großer Traum ist es einmal eine eigene Praxis für Orthopädie zu haben. Nur dafür schuftet sie jeden Tag aufs Neue. Mit ihrem Verdienst von gerade einmal 1800.- Netto im Monat, wird es wohl noch lange ein Traum bleiben. Aber immerhin ist sie die Einzige der vier Geschwister, die eine klare Vorstellung von ihrer Zukunft hatte. Die anderen drei, sind noch unentschlossen, wie sie seit Jahren sagen. Im Klartext heißt das nichts anderes, dass sie auf Vaters Tasche liegen und als Berufsziel Tochter vor Augen haben. Thomas hat von all dem keine Ahnung. Er war der Meinung, dass alle einer Beschäftigung nachgehen. Denn wenn er in der Villa war, ist keine von ihnen anwesend gewesen. So nahm er es an. Aber er würde bald erfahren, wie seine Schwestern sich ihre Zukunft vorstellten. Aber der Reihe nach. Kurz vor 15:00 Uhr kam der Rechtsanwalt des Hauses, Dr. Franz Konrad. Er war der Anwalt von den Bergmanns seit 18 Jahren. Inzwischen ist er auch ein Freund des Hauses geworden. Er war meist bei allen Festlichkeiten eingeladen. Dr. Franz Konrad war der Testamentsvollstrecker. Herrmann und Inge Bergmann hatten bei ihm, wie jedes Jahr, ihr Testament erneuert. Geschäftliche Disharmonien und diverse Kredite veranlassten sie dazu, jedes Jahr ein neues Testament zu verfassen, schließlich sollten ihre Kinder einen genauen Überblick von ihrem Erbe haben. Die Bergmanns wollten klare Verhältnisse. Konrad begrüßte alle und Thomas führte ihn in das Arbeitszimmer seines verstorbenen Vaters. Dr. Konrad setzte sich hinter den Schreibtisch und öffnete seinen Aktenkoffer. Vor dem Schreibtisch standen sechs Stühle, für jedes Familienmitglied einen. Der sechste war für Maria Hall. Als alle anwesend waren, fing Dr. Konrad an dienstlich zu werden und begann mit der Testamentseröffnung: „Ich bin heute amtlich hier, um den letzten Willen von Herrmann und Inge zu vollstrecken. Ich habe hier drei Testamente. Das eine ist von Herrmann Bergmann, im Falle seines Ablebens, das Zweite von Inge Bergmann, für den Fall ihres Ablebens. Das Dritte ist für den Fall, das beide gemeinsam zu Tode kämen. Da dies der Fall ist, kommt dieses Testament zur Vollstreckung. Die anderen beiden Testamente, werde ich im Anschluss vernichten.“ Konrad legte zwei Umschläge zur Seite und öffnete den Dritten. Er räusperte sich und las das Testament vor: „Wir, Inge und Herrmann Bergmann, sind heute hierher gekommen, um unseren letzten Willen zu bekunden. Wenn euch Dr. Konrad diese Zeilen vorliest, ist dies ein unwiderrufliches Zeichen dafür, dass wir beide nicht mehr am Leben sind. Das ist zwar, zumindest von unserer Seite her sehr bedauerlich, aber nicht zu ändern. Ihr fünf wisst genau, dass wir euch sehr geliebt haben und hoffen, dass ihr uns in guter Erinnerung behält. Nun kommt der unappetitliche Teil unseres Testamentes, die Verteilung des Erbes. Wie ihr alle wisst, waren die letzten Jahre kein Zuckerschlecken, die Bergmann Werke zu halten. Uns ist dies nur, mit Hilfe verschiedener Banken und deren Kredite gelungen. Wir waren immer zuversichtlich, diese auch baldigst wieder ablösen zu können. Einzelheiten darüber entnehmt ihr aus der Anlage, die Dr. Konrad angefügt hat. Unser privates Vermögen, geht zu gleichen Teilen an unsere Kinder, Julia, Charlotte, Cornelia, Franziska und Thomas Bergmann. Jedes der Kinder erhält einen Anteil von 20%. Dazu gehört auch die Villa Bergmann und alle beweglichen Güter. Die Bergmann Werke werden auch aufgeteilt, aber mit einem anderen Prozentsatz. Unser Sohn Thomas Bergmann, erhält 50% der Geschäftsanteile und die vier Töchter je 12,5 %. Ihr werdet euch bestimmt fragen, warum das so ist? Hier ist die Erklärung. Während Thomas studierte und sogar ein Jahr im Werk gearbeitet hat, haben sich unsere Töchter, sehr zu unserem Leidwesen, sich den süßen Leben gewidmet. Sie waren nicht in der Lage, sich eine eigene Zukunft aufzubauen. Einfacher gesagt, sie waren einfach nur faul. Eine Ausnahme ist Julia, die sich zum Arztberuf entschlossen hat. Damit sie aber nicht glaubt, sie würde dafür bestraft werden, dass sie Ärztin geworden ist, wird ihr Bruder, bei der Ausstattung einer eigenen Praxis finanziell behilflich sein. Aber nicht grenzenlos, sondern höchstens mit einer Summe von 250.000 Euro. Das ist in etwa die Summe, die die anderen Mädchen für ihre sündhaft teuren Hobbys, in den letzten Jahren bekommen haben. Und als letztes, wollen wir auch Maria Hall, unsere unersetzliche Perle bedenken. Sie erbt das kleine Bootshaus unten am See und das dazugehörige Segelboot. Außerdem erhält sie 50.000 Euro in bar. Ihr habt nun sechs Wochen Zeit um es euch zu überlegen, ob ihr das Erbe annimmt, oder es ausschlägt. Unser Freund Dr. Konrad wird euch beratend zur Seite stehen. Mit der Unterschrift bestätigen wir und Dr. Konrad, dass wir das Testament aus freien Stücken und im Vollbesitz unsere geistigen Kräfte waren. Also, das war es. Wir haben unser Leben gelebt, lebt nun eures. In aller Liebe, eure Eltern.“ Dr. Konrad war fertig. Er holte die Anlage aus seinem Koffer und gab den Kindern je eine beglaubigte Kopie. Maria bekam eine über ihr Erbe. Es war still, keiner sagte etwas. Dr. Konrad fragte: „Wer hat noch Fragen, ich stehe euch gerne zur Verfügung?“ Jule war die erste die Aufstand. Sie gab Konrad die Hand, bedankte und verabschiedete sich von ihm. Sie entschuldigte sich bei allen mit den Worten: „Sorry, ich muss wieder ins Krankenhaus, habe noch bis 20:00 Uhr Dienst. Wir sehen uns morgen, da habe ich frei. Also bis dann, wir telefonieren.“ Sie verließ den Raum. Als nächstes stand Charly auf und meinte: „Ich muss noch zum Tennisclub, ich spiele morgen mit im Turnier. Also, Tschüss.“ Dann erhoben sich Nele und Franzi, sie wollten noch zum Gestüt fahren, um nach ihrem Pferd zu sehen und noch etwas ausreiten. Nun saßen nur noch Thomas, Dr. Konrad. so wie Maria im Zimmer. Thomas las die Anlage durch, die ihm Konrad ausgehändigt hatte. Maria meinte: „Das kann ich nicht annehmen. Das Häuschen gehört doch zu der Bergmann Villa. Und das Geld will ich auch nicht. Ich habe doch jeden Monat mein Gehalt für die Arbeit bekommen. Ich brauche doch nicht viel und zudem habe ich noch Erspartes. Kann ich es hier gleich ablehnen?“ Thomas drehte sich zu ihr und sagte: „Einen Teufel wirst du tun. Du nimmst das Erbe an. Du hast uns Kinder groß gezogen und warst immer für alle da. Und wenn meine Eltern sich auf diese Weise dafür bedanken, dann solltest du das respektieren.“ Dr. Franz Konrad fügte hinzu: „Ich sehe das genauso. Nehmen sie diese Anerkennung der Bergmanns an. Danach können sie mit dem Erbe machen was sie wollen. Sie können das Geld verschenken oder spenden. Machen sie Urlaub oder eine Kreuzfahrt. Die Kinder müssen dann auch einmal ohne sie auskommen.“ Thomas nickte zustimmend und Maria meinte nur: „Wenn ihr meint, dann nehme ich es eben an. Ich muss das Abendessen richten. Isst du mit, Franz?“ Jetzt wurde Franz wieder privat. Er nickte und antwortete: „Sehr gerne, Maria. Ich habe noch einiges mit Tommi zu besprechen, das dauert noch ein wenig.“ Als Maria den Raum verlassen hatte, zog Konrad einen Brief aus der Jackentasche und übergab ihn Tommi: „Der ist gestern Morgen in meine Kanzlei gekommen. Er ist an dich persönlich. Dein Vater hat ihn noch vor seinem Tod an dich geschrieben. Er dachte, er würde dich nicht mehr sehen. Wahrscheinlich hat er den Brief jemand gegeben und der hat ihn vergessen abzuschicken. Wie auch immer, hier ist er.“ Thomas nahm den Brief und legte ihn auf die anderen Unterlagen auf dem Schreibtisch. Dann forderte er Dr. Konrad auf mitzugehen in den blauen Salon. Es war das einzige Zimmer in der Bergmann Villa, indem geraucht werden durfte. Konrad blieb auf dem Weg dorthin stehen und meinte zu ihm: „Ich denke, es wird Zeit das du mich auch duzt. Ich heiße Franz und keine Widerrede.“ Für Thomas kam das doch überraschend, war doch Franz gefühlt doppelt so alt wie er. Er nahm das „Du“ an und sie gingen weiter in den blauen Salon. Sie setzten sich vor den Kamin, den Thomas nun anstellte. Da er mit Gas betrieben war, wurde es rasch warm. Franz zog eine Zigarette aus einem Etui und zündete sie an. Thomas tat es ihm nach und holte zwei Aschenbecher, die auf einen anderen Tisch standen. Franz zog den kleinen Beistelltisch zwischen die beiden Sessel und legte einige Unterlagen darauf. Franz Konrad fing an zu sprechen: „Dein Vater war vor zwei Wochen bei mir und hat mir sein Herz ausgeschüttet. Er wollte unbedingt mit dir sprechen. Hat er dich angerufen?“ Tommi: „Ja, auch zu dieser Zeit. Wir haben einen Termin auf morgen vereinbart. Aber leider kam es ja nicht mehr dazu. Weißt du was er wollte? Am Telefon hat er mir nichts gesagt.“ Franz Konrad zog an seiner Zigarette und antwortete: „Er hatte Probleme im Werk. Finanzielle und Personelle. Er wollte einen Rat von dir. Die finanziellen Probleme kannst du aus dem Anhang entnehmen. Sowohl Firma, als auch Villa Bergmann waren hoch belastet. Schau es dir an, die gesamte Aufstellung steht auf Seite drei.“ Tommi nahm das Schriftstück und blätterte auf die besagte Seite. Er musste zwei Mal hinsehen bevor er begriff was da stand. Private Verbindlichkeiten zweier Hypotheken 780.000 Euro. Verbindlichkeiten der Bergmann Werke gegenüber der Berliner Kredit Bank, insgesamt 2,85 Millionen. Verbindlichkeiten insgesamt 3,63 Millionen Euro, plus Steuern und andere Kosten. Thomas schaute Franz Konrad ungläubig an und fragte: „Ist das wirklich so? Ich meine, Irrtum ausgeschlossen?“ Franz: „Die Zahlen stimmen, ich habe sie mit Steuerberater Udo Arnold verglichen. Tut mir leid, dass ich dir nichts Besseres anbieten kann. Aber ich muss noch dazu sagen, dass die Auftragslage sehr gut ist. Für die Nächsten zwölf Monate sind Aufträge vorhanden. Falls die Bergmann Werke noch die eine oder andere Ausschreibung gewinnt, müsste sogar noch Personal eingestellt werden. Aber darüber solltest du dir am Montag ein eigenes Bild machen. Ich gehe mit dir als neuer Besitzer ins Werk und stelle dir die engsten Mitarbeiter deines Vaters vor. Du warst zwar lange nicht mehr im Werk, aber die meisten dürftest du noch kennen. Dein Vater hat die besten Mitarbeiter immer behalten und gut bezahlt. Sie stehen hinter der Firma, sie sind loyal.“ Thomas überlegte einen Moment und meinte dann: „Das hieße ja, es ist kein Barvermögen mehr da. Und was erben meine Schwestern? Die erwarten doch jetzt bestimmt einen Geldsegen.“ Franz: „Das ist ein Problem, das viel Fingerspitzengefühl verlangt. Du musst es ihnen, so schonend wie möglich beibringen. Aber es kann noch schlimmer kommen. Wie ich von einem Kollegen gehört habe, ist da ein Investor, der hat seine Fühler nach dem Bergmann Werk ausgestreckt. Man munkelt, dass die Bank dem nicht abgeneigt ist, weil sie dabei einen guten Schnitt macht. Was du unbedingt brauchst ist cash. Kommst du nur einmal in Verzug mit den Tilgungen, kündigen sie bestimmt die Kredite und verkaufen euer Haus und das Werk an den Investor. Und wie Banken ticken, brauche ich dir als Banker nicht erklären. Also, lass dir etwas einfallen, oder es gibt kein Erbe mehr, weder für dich, Maria, noch deinen Schwestern.“ Thomas: „Und wenn ich das Werk verkaufen würde?“ Franz: „Ich glaube kaum, dass du dann soviel bekommen würdest, wie es wirklich Wert ist. Du wirst, denke ich, 30% unter Wert verkaufen müssen. Und dann ist ja noch die Villa Bergmann, da stehen, wie du mittlerweile weißt, auch noch Verbindlichkeiten auf.“ Thomas: „Und wenn ich das Erbe nicht antrete, krallt sich die Bank alles und verkauft es meistbietend. Falls das nicht reicht, verhökern sie noch die Villa. Wir stehen dann alle mit nichts da. Und was wird aus den Mitarbeitern? Ich glaube kaum, dass sie alle übernommen werden. Der Käufer wird sich die Filetstücke herausnehmen und dann das Werk schließen. Die Aufträge werden sie dann irgendwo in Fernost ausführen lassen.“ Franz: „Aber nicht die Aufträge vom Militär. Die unterliegen dem Waffenkontrollgesetz, dafür gibt es keine Ausfuhrgenehmigung.“ Thomas: „Und wie viel Prozent sind das?“ Franz: „Das kann ich dir nicht genau sagen. Dies kann dir am Montag der Prokurist, Walter Asmussen zeigen. Aber ich denke, es wird die Hälfte aller Aufträge sein.“ Sie unterhielten sich noch, bis Maria sie zum Abendbrot rief. Franzi war die Einzige die da war. Die anderen drei glänzten durch Abwesenheit. Jule musste noch arbeiten, aber die anderen beiden waren schon wieder am feiern. Franz fragte Maria: „Ist das jeden Abend so, dass die Mädels feiern und nicht zu Hause sind?“ Maria: „Ja, leider. Frau Bergmann hat sich dann immer aufgeregt. Herr Bergmann bekam das nicht so mit, weil er vielmals erst spät abends nach Hause kam.“ Thomas fragte Franzi: „Warum habt ihr keine Jobs, die ihr macht?“ Franzi empfand diese Frage als Beleidigung und meinte schnippisch: „Warum sollen wir arbeiten gehen? Wir haben ja nicht einmal ein fertiges Studium oder eine Ausbildung. Und zudem arbeitet eine Bergmanns Tochter nicht. Was glaubst du, was die Freunde über uns denken würden? Nachher meinen sie noch, wir hätten kein Geld mehr.“ Thomas schaute Franz an, der schüttelte kaum merklich mit dem Kopf, als wenn er sagen wollte: „Jetzt nicht.“ Thomas hakte aber trotzdem unverfänglich nach: „Jule arbeitet doch auch? Ach ja, ich übrigens auch. Was ist daran so verwerflich?“ Franzi: „Wenn es euch Spaß macht. Aber zur Arbeit muss man geboren sein. Wenn ich schon die verschwitzten Jungs sehe, die gerade von der Arbeit kommen und übel nach Schweiß riechen, dann stellen sich bei mir die Haare.“ Tommi: „Und glaubst du, du riechst besser? Jeder Mensch riecht wenn er schwitzt. Aber ich glaube nicht, dass es daran liegt. Ich meine, es ist einfach nur Faulheit, die euch drei beschleicht. Welcher Job würde dir denn Spaß machen, wenn du arbeiten müsstest?“ Franzi überlegte einen Moment und kam zu dem Schluss: „Keiner. Ich muss nicht arbeiten, schon gar nicht nach meiner Erbschaft. Wohnen kann ich umsonst und 12,5 % von den Gewinnen der Bergmann Werke, wird wohl zum Leben reichen. So, und nun entschuldigt ihr mich bitte, ich habe noch ein Date und muss mich richten. Einen schönen Abend wünsche ich noch.“ Sie stand auf und ging. Maria deckte den Tisch ab und ließ die beiden alleine in der Küche zurück. Franz meinte: „Da kommt ein hartes Stück Arbeit auf dich zu, falls du das Erbe annimmst. In deiner Haut möchte ich nicht stecken. Aber falls du Hilfe brauchst, helfe ich dir gerne.“ Die beiden tranken noch einen Kaffee zusammen, bevor sich Dr. Franz Konrad verabschiedete. Sie verabredeten sich auf Montagmorgen, um gemeinsam ins Bergmann Werk zu gehen. Thomas setzte sich noch etwas vor das Fernsehgerät, bevor er sich auf sein Zimmer zurückzog. Im Bett liegend, las er noch einmal das Testament, plus der dreiseitigen Anlage durch. Den Brief von seinem Vater wollte er aber erst morgen lesen. Eine Überraschung für den heutigen Tag hatte ihm gereicht. Er hatte immer noch die Worte von Franzi im Kopf, die da meinte, dass 12,5 % der Bergmann Werke jawohl zum Leben reichen würden. 12,5 % von nichts, ergibt nichts. Er war sich noch nicht im Klaren darüber, was er machen sollte. Das Geld zur Ablösung der Kredite hätte er ja, aber dann wäre er pleite. Sein ganzes Geld, welches er in den letzten vier Jahren verdient hatte, müsste er investieren. Wenn die Sache schief geht, stünde er vor dem Nichts. Und dann hatte er noch einen Vertrag mit der Bank in der er angestellt war. Frühestens Anfang nächsten Jahres, könnte er aus diesem aussteigen. Viele Fragen die sich ihm stellten, aber deren Antworten er noch nicht kannte. Thomas wollte sich alles in Ruhe ansehen, bevor er eine Entscheidung treffen würde. Aber da gab es noch den Faktor Schwestern. Er hatte keine Ahnung was die dazu sagen würden, wenn sie erfahren, dass die Bergmann Werke pleite sind. Sie müssten sich wohl oder übel nach einer anderen Geldquelle umsehen, um sich ihr Luxusleben weiter finanzieren zu können. Franz hatte Recht, als er meinte, dass auf Thomas harte Zeiten zukommen, falls er das Erbe antreten würde. Das Grübeln nutzte nichts. Was er brauchte waren Fakten, die er aber erst am Montag bekäme.
Thomas schlief lange, was bei ihm selten vorkam. Normalerweise stand er in Frankfurt, jeden Morgen um 6:30 Uhr auf. Das klingeln seines Handys weckte ihn. Am anderen Ende war seine Schwester Jule. Gut gelaunt, sagte sie: „Morgen Bruderherz, habe ich dich geweckt?“ Tommi sagte noch halb verschlafen: „Morgen Jule, ich bin gerade erst wach geworden. Was gibt es?“ Jule: „Wegen heute Mittag. Wann soll ich kommen?“ Tommi: „Ich bin den ganzen Tag zu Hause. Du kannst ruhig gleich kommen, dann haben wir Zeit uns einmal in aller Ruhe zu unterhalten. Es gibt einiges zu klären.“ Jule: „Geht klar. Ich bin dann um 11:00 Uhr in der Villa. Also, bis dann.“ Sie legte auf. Nachdem duschen ging er nach unten in die Küche zu Maria, die ihm bereits das Frühstück gerichtet hatte. Als er fertig damit war, setzte sich Maria zu ihm und fragte sorgenvoll: „Es geht der Firma nicht so gut, habe ich Recht?“ Tommi schaute sie an und meinte: „Dir entgeht wohl gar nichts. Aber wie kommst du darauf?“ Maria: „Dein Vater saß vor zwei Wochen abends auch hier und hat genauso bedröppelt geschaut, wie du jetzt. Ich habe ihn gefragt was los sei, dann hat er mir erzählt, dass er Probleme im Werk habe. Es wären längst fällige Zahlungen noch nicht eingegangen, deshalb habe er nun einen finanziellen Engpass. Aber das sei nicht so schlimm. Viel schlimmer seien die Probleme, die er mit der Buchhaltung und dem Vertrieb habe. Bestimmte Zahlen seien manipuliert worden und er weiß nicht von wem. Einer in der Firma, hat wohl regelmäßig in die Kasse gegriffen.“ Tommi: „Deshalb wolltest du das Erbe nicht annehmen, weil die Firma einen finanziellen Engpass hat? Maria, ich versichere dir, dein Erbe ruiniert die Firma nicht, versprochen.“ Sie fuhr mit ihrer Hand über seine Hände und sagte: „Wenn du das sagst, dann wird es wohl stimmen. Du bist ein guter Junge, hat auch dein Vater immer gesagt. Erst letztens, als wir hier saßen. So, ich muss dann einmal wieder weitermachen.“ Sie stand auf und ließ ihn alleine in der Küche. Er zog den Brief seines Vaters aus der Tasche, öffnete ihn und fing an zu lesen. Schon die Schrift verriet ihm, dass er körperlich nicht auf der Höhe war. Sonst hatte sein Vater immer eine schöne, klare Handschrift gehabt. Diese Schrift war aber zitterig und alles andere als klar. Er las: „Mein lieber Junge. Wenn du diese Zeilen liest, habe ich bereits das Zeitliche gesegnet. Gerade war der Arzt bei mir und hat mir erklärt, dass es nicht zum Besten mit mir steht. Er hat mir unmissverständlich gesagt, dass ich die Nacht aller Wahrscheinlichkeit nach nicht überleben werde. Da du leider nicht hier bist, werde ich dir noch einen letzten Gruß schreiben. In den letzten Jahren haben wir uns ja kaum gesehen. Es ist schade, dass wir unsere Verabredung nächste Woche nicht einhalten können. Ich hätte noch so viel mit dir zu bereden gehabt. Der eigentliche Grund warum ich mit dir sprechen wollte ist die Tatsache, dass es im Werk nicht so läuft, wie ich es jahrelang gewohnt war. Zahlungen kommen später, die Bank benimmt sich merkwürdig und die Produktion erzeugt in den letzten Monaten viel zu viel Ausschuss. Die Zahlen stimmen mit der Buchhaltung nicht überein. Ich habe keine Ahnung, ob dies in einen Zusammenhang steht, oder ob es nur Zufall ist. Da ich nicht mehr in der Lage sein werde, dem allen auf den Grund zu gehen, bitte ich dich hiermit, es mir zuliebe zu tun. Prüfe bitte nach, was dahinter steckt. Sei aber vorsichtig was unsere Hausbank betrifft. Es könnte durchaus sein, dass sie vielleicht etwas mit den verspäteten Zahlungen zu tun hat. Wenn du Hilfe brauchst, wende dich Vertrauensvoll an Dr. Konrad, er wird dir ein guter Freund und Berater sein. Ich hatte stets vollstes Vertrauen zu ihm. Du wirst bestimmt ein besserer Chef sein als ich. Mache die Firma wieder flott und zeige allen, dass du der Richtige für den Job bist. Bitte führe das Erbe nach alter Tradition weiter. Lasse dir von deinen Schwestern nicht auf der Nase herumtanzen. Deine Mutter und ich haben zwar versucht, aber sind kläglich daran gescheitert, sie zum arbeiten oder zum studieren zu bewegen. Jule wird, genau wie du, ihren Weg gehen. Falls sie eine eigene Praxis eröffnen möchte, helfe ihr bitte dabei. Bei den anderen dreien bin ich mir nicht so sicher, ob sie auf deine Ratschläge hören werden, aber versuche es zumindest. Zeige ihnen den richtigen Weg. So, und nun mache ich Schluss. Ich bin sehr müde und merke, dass meine Energie weniger wird und das Leben mich verlässt. Deine Mutter und ich hatten ein schönes und erfülltes Leben. Es gibt keinen Grund zum klagen. Wir hatten alles und waren sehr glücklich. Aber das größte Glück von uns, waren immer unsere Kinder. Einen letzten Gruß sendet dir, dein dich liebender Vater.“ Thomas hatte Tränen in den Augen. Er faltete den Brief wieder zusammen und steckte ihn zurück in die Tasche. Mit einem Papiertaschentuch wischte er seine Augen wieder trocken und schnäuzte sich die Nase. Er stand nun auf und ging hinaus in den riesigen Park des Hauses. Es war ein schönes Anwesen, dessen Grundstück am See endete. Hier stand auch die kleine Hütte, die seine Eltern, Maria vererbt hatten. Es war kalt und der Frost zog durch seine dünne Jacke die er an hatte. Frierend lief er rasch zurück, nahm die Zeitung und ging in den blauen Salon. Dort setzte er sich vor den warmen Kamin, zündete sich eine Zigarette an und las die Zeitung. Das flackern des Feuers tanzte so stark auf der Zeitung, dass er sich fast nicht auf das geschriebene konzentrieren konnte. Der Brief, das Werk, seine Schwestern, alles bewegte sich wirr in seinem Kopf herum. Er hatte absolut keinen Plan, wie er all das alleine stemmen sollte. Alleine die Aufgaben im Werk waren für ihn im Augenblick nicht zu bewältigen. Zwar hatte er Ahnung von der Materie, aber das alleine reichte nicht aus, um ein Werk dieser Größenordnung zu führen. Immerhin ging es um 120 Arbeitsplätze die es hieß zu erhalten. Irgendwie war es gut, dass er nach seinem Masterabschluss, ein Jahr für seinen Vater in der Firma gearbeitet hatte. Thomas kannte die Abläufe und die Strukturen und das war schon einmal ein Vorteil. Auch kannte er das Personal der Führungsebene, so wie einen großen Teil der Belegschaft. Nur mit der Programmierung der Software und der Bestückung der Hardware, hatte er keine Ahnung. Vertrieb und Marketing war das kleinste Problem, so waren seine Überlegungen. Nur was würde sein Chef dazu sagen? Er müsste erst einmal aus seinem Vertrag herauskommen. Vor nächstes Jahr Februar, wäre das nicht möglich. Was geschieht mit der Bergmann Villa? Verkaufen, oder vermieten? Wie reagieren seine Schwestern? Inmitten seinen Gedanken, klopfte ihm seine Schwester Jule auf die Schulter. Er hatte sie nicht kommen hören, weil er völlig in Gedanken versunken war. Thomas schreckte auf und Jule meinte: „Na, hast du ein schlechtes Gewissen?“ Tommi: „Entschuldige, ich war ganz in Gedanken. Schön das du da bist, endlich jemand mit dem ich sprechen kann.“ Julia gab ihm ein Kuss auf die Wange und antwortete: „Hol doch deine Freundin hierher. Wie heißt sie noch einmal?“ Tommi: „Isabell von Graben. Aber dass ist keine gute Idee. Wir haben im Augenblick einige Disharmonien um es milde auszudrücken.“ Jule: „Warum das denn? Hat es etwa mit der Erbschaft zu tun?“ Tommi nickte und erklärte: „Sie hatte für uns eine andere Lebensplanung gemacht. Aber die gefällt mir nicht.“ Jule: „Und wie sollte ihre Lebensplanung mit dir aussehen?“ Tommi: „Sie will unbedingt mit mir nach New York ziehen. Ihr Vater hat ihr den Floh ins Ohr gesetzt. Ich sollte für meine Bank in New York eine Filiale eröffnen. Als wenn es dort noch nicht genug Investment Banken gibt. Warum sollte ich dorthin? Ich habe doch in Frankfurt alles was ich brauche.“ Jule: „Und wie sieht deine Lebensplanung aus?“ Tommi: „Wenn ich das nur wüsste. Einerseits habe ich in Frankfurt einen guten Job, der auch noch sehr gut bezahlt wird. Andererseits, würde es mich schon reizen, unser Erbe anzutreten. Da würde Isabell auf keinen Fall mitmachen. Für sie sind doch die Bergmann Werke nur eine Klitsche. Wenn sie das sagen hätte, würde sie alles verkaufen, oder den Laden dicht machen und Insolvenz anmelden.“ Jule: „Bist du nicht ein bisschen zu streng mit ihr, schließlich bist du mit ihr verlobt?“ Tommi: „Das glaube ich aber nicht. Wenn es nach ihr ginge, müssten wir jeden Abend auf einer anderen Veranstaltung auftauchen. Theater, Oper, Benefizkonzert und was weiß ich noch alles. Ich habe es so satt, das glaubst du nicht. Nur weil sie und ihre Familie zum alten Frankfurter Geldadel gehören, muss ich doch nicht jeden Abend on Tour sein. Ich würde viel lieber zu Hause sitzen und kuscheln oder sonst was tun. Ich habe es den ganzen Tag mit Reichen, Superreichen und Proleten zu tun, da brauche ich das abends nicht auch noch. Ich will schlicht und einfach eine stinknormale Familie gründen, mit ein oder zwei Kindern. Zwei Mal im Jahr in Urlaub fahren und ein kleines Häuschen im grünen haben, sonst nichts.“ Jule: „Und Isabell will keine Kinder?“ Tommi: „Nein, sie möchte sich doch nicht ihre Figur versauen, so ist ihr Hauptargument.“ Jule: „Hat sie einen Job?“ Tommi: „Sie hatte einen. Zwei jahrelang war sie Model und dann war nichts mehr. Sie wurde von einem Tag auf den anderen nicht mehr gebucht. Keine Ahnung warum. Und seitdem macht sie den lieben, langen Tag nichts.“ Jule: „Sei mir nicht böse, aber das sieht nicht so aus, als wenn ihr beide glücklich seit.“ Tommi: „Davon sind wir meilenweit entfernt. Ich trage mich schon seit längeren mit dem Gedanken sie zu verlassen und die Verlobung zu lösen. Aber bitte sage den anderen nichts davon, dass geht sie nichts an.“ Jule: „Selbstverständlich nicht. Das fällt unter die brüderliche Schweigepflicht. Ich habe alles durchgelesen, vor allen den Anhang. Es sieht nicht gut aus mit der Firma. Wir haben über drei Millionen Schulden und die Villa ist auch mit Hypotheken belastet. Gibt es überhaupt noch eine Möglichkeit aus dem Schlamassel herauszukommen?“ Tommi: „Es wird schwierig, aber es ist machbar.“ Jule: „Und woher willst du das Geld nehmen?“ Tommi: „Geld brauchen wir im Augenblick nur für die laufenden Kosten, wie Löhne, Kreditraten und so weiter. Und so wie die Auftragslage ist, können wir das bis Ende nächsten Jahres tun. Nur wenn die Einnahmen weiter verzögert hereinkommen, dann bekommen wir große Probleme.“ Jule: „Und die Villa, was wird aus ihr?“ Tommi: „Wenn wir unsere Raten pünktlich bezahlen, bleibt alles so wie es ist. Nur wenn wir in Verzug damit kommen, kann die Bank die Kredite kündigen und alles verkaufen. Und wie Franz meinte, soll sich schon ein Investor für unser Werk interessieren. Es könnte gut sein, dass die Bank unseren Kredit weiterverkauft.“ Jule: „Angenommen, die Villa kommt unter den Hammer, was geschieht dann mit unseren Geschwistern?“ Tommi: „Dann müssen sie eben ausziehen und selbst Geld verdienen, so leid mir das auch tut. Und wenn ich ehrlich bin, würde mich das diebisch freuen. Ich mag nun einmal keine faule Menschen, nicht einmal wenn es meine Schwestern sind.“ Jule: „Apropos Schwestern, wo sind die eigentlich?“ Tommi: „Wo sollen sie schon sein? Die liegen noch in der Kiste und erholen sich von ihren nächtlichen Eskapaden.“ Jule: „Das gibst doch nicht. Wenn sie schon nichts arbeiten, könnten sie wenigstens Maria ein wenig im Haushalt zur Hand gehen, dass ist doch das Mindeste. Ich verstehe nicht, wie man so faul sein kann.“ Tommi und Jule unterhielten sich noch bis 13:00 Uhr, dann holte sie Maria zum Mittagessen. Charly, Nele und Franzi kamen erst viel später und mussten sich ihr essen selbst aufwärmen, weil Tommi und Jule mit Maria zum See hinunter gingen. Jule hatte den Schlüssel für das kleine Häuschen aus Vaters Schreibtisch geholt. Als sie an der Hütte ankamen, sagte Jule zu Maria: „So Maria, den ersten Teil deiner Erbschaft überreichen wir dir hiermit. Das ist der Schlüssel für die Hütte und das Bootshaus. Ab jetzt gehört es dir.“ Maria wollte zuerst den Schlüssel nicht nehmen, aber als ihr Jule den Schlüssel einfach in die Hand drückte, nahm sie ihn an. Tommi hatte eine Flasche Sekt und drei Gläser mitgenommen, um darauf anzustoßen. Maria schloss auf und das Erste was sie sagte war: „Hier muss dringend wieder einmal aufgeräumt und saubergemacht werden. Ich gehe schnell hoch und hole einen Eimer und Putzzeug.“ Aber Tommi und Jule bestanden darauf, dass sie sich erst einmal etwas ausruhen sollte. Gemeinsam tranken sie die Flasche aus und gingen danach wieder zurück. Als sie zurückkamen, war Charly schon weg. Sie musste in den Tennisclub, weil sie an einen Turnier teilnahm. Franzi und Nele lagen derweil im Wohnzimmer und sahen sich einen Film an. Als Thomas die beiden auf dem Sofa liegen sah, musste er an den Film „La dolce Vita“ – Das süße Leben, von Federico Fellini denken. Trefflicher geht es wohl nicht. Für ihn war klar, dass sich dies bald ändern musste.