9. Bubenreuther Literaturwettbewerb 2023 -  - E-Book

9. Bubenreuther Literaturwettbewerb 2023 E-Book

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Beschreibung

Die vorliegende Anthologie zum neunten Bubenreuther Literaturwettbewerb soll die Breite der eingesandten Texte dokumentieren. Das Buch umfasst 266 Texte. Sie wurden von Autoren unterschiedlicher Herkunft und Qualifikation verfasst, denen allen ihre Liebe zur Literatur gemein ist. Diese Vielfalt sorgt für eine gewisse Faszination. Von wie vielen Seiten man sich der Literatur nähern kann!

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Seitenzahl: 387

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Inhalt

Vorwort

Die Siegertexte

Erster Platz:

Franziska Bauer

Zweiter Platz:

Helge Maria Hassumer

Dritter Platz:

Carola Wernicke

Weitere ausgewählte Werke

Didi Costaire

Lisa Deutschmann

Werner Siepler

Wolfgang Rinn

Susanne Ulrike Maria Albrecht

Frank Joußen

Stefanie Haertel

Carsten Stephan

Norbert Schäfer

Rolf Blessing

Helmut Blepp

Ulrike Grömling

Helga Licher

Sven Palapies

Daniel Ritter

Herbert Glaser

Anna Gielas

Eva Joan

Thorfalk Aschenbrenner

Inge Jung

Julia Schröder

Susanne Strittmatter

Roswitha Albrecht

Claudia Kemmer

Christine Hidringer

Erich Romberg

Lilly Leev

Katja Baumgärtner

Peter Häring

Thedy van Goy

Gisela Baudy

Christian Baudy

Alina Rupp

Roland Ruether

Paul Fehlinger

Beat Meyenhofer

Claudia Dvoracek-Iby

Maximilian Wust

Heiner Brückner

Anton Halser

Jürgen Rösch-Brassovan

Peter Hort

Katy Silent

Andreas Kirn

Jonas-Philipp Dallmann

Nadine Buch

John Prohaska

Heidi Ehrnböck

Peter Biging

Bernd Hüttich

Lisa-Katharina Hensel

Christina Reinemann

Samira Schogofa

Johanna Sibera

Gisela Verges

Sabine Perkuhn

Dominika Rauscher

Claudia Paulussen

June Merfort

Johannes Wöstemeyer

Torsten Krippner

Joshua Clausnitzer

André Riedl

Sonja Büker

Cornelius Müller

Florian Birnmeyer

Patrick Raphael Schaffarczik

Christian Knieps

Günther Pilarz

Kai Hölcke

Thomas Faßbeck

Wolf Hamm

Maximilain Seyring

Kristina Müller

Ingrid A. Schulz

Victoria Lubarski-Goldbeck

blumenleere (michael johann bauer)

Kathleen Scholz

Klaus Oberrauner

Alexander Klymchuk

Heinz Kröpfl

Karin Wüste-Sallouh

Christiane Portele

Brigitte Hieber

Sonja-Maria Hölzel-Lehmann

Michael Kothe

Ingrid Maestrati

Sara Hutter

Kaia Rose

Isabel Neumerkel

Elisabeth Grossfurtner

Mateusz Gawlik

Karoline Marliani

Kevin Riemer-Schadendorf

Christa Issinger

Juan Tramontina

Harald Gesterkamp

Katharina Körting

Sabine Fenner

Julie Schneider

Frauke Schuster

Dörte Müller

Norbert Sternmut

Karl-Heinz Manier

Wolfgang Schmickler

Christine Glinski-Kaufmann

Adam Glinski

Gerwin Haybäck

Pavel Kolganov

Rebecca Drutschmann

Peter Frank

Christian Müller

Uta Biehl

Gerda Greschke-Begemann

Birgit Jennerjahn-Hakenes

Katja Böhm

Norma del Camino Sars

Oliver Fahn

Mario Thunert

Annemarie Aichele

Papari (Lars Schieweck)

Sabine Brandl

Doreen Cölle

Julia Dankers

Dirk Clausmeier

Beate Loraine Bauer

Michaela Schrimpf

Harald Taglinger

Daniel Mylow

Anja Schneider

Barbara Schilling

Erwin Macher

Michael Schuster

Gerd Jenner

Werner Haussel

Mikayla Weiland

Florian Mittl

Katharina Zanon

Christa Blenk

Hannelore Berthold

Alexander Da Re

Volker Teodorczyk

Miklos Muhi

Christian Schwetz

Sigrid Bosse

Monika Heil

Finja Prodöhl

Tim Tensfeld

Dyrk-Olaf Schreiber

Angela Kreuz

Luitgard Renate Kasper-Merbach

Helmut Beushausen

Ferenc Liebig

Lia Pipa

Dieter Brandl

Wolfgang Huber

Martin Kobe

Anna Oldenburg

Pascal Philipp

Sarah Sophie Vierheller

Jochen Stüsser-Simpson

Hans Peter Flückiger

Jan Stechpalm

Lean Malin Wehler

Gabriele Palm-Funke

Dagmar Dusil

Insa Aenne Martin

Evelyn Langhans

Ingeborg Henrichs

Patrizia Minkus

Sofia Sellato

Robyn Zinley

Georg Großmann

Malte Kersten

Maria Grazia Vallosio

Ingrid Reidel

Tobias Wandel

Frank Dietrich

Harald Gritzner

Laszlo Hartmann

Verena Weisbecker

Kevin Keller

Gudrun Riefer

Tobias Grimbacher

Doreen Jaafar

Barbara Tischow

Ludmilla Pettke

Michael Schwendinger

Björn Helbig

Bernd Watzka

Jörg Reinhardt

Wolfgang Rödig

Auguste Sandner

Karola Lempart

Gernot Weise

Tobias Hoffmann

Alfred Peter

Leni Blohm

Christiane Richter

Karin Herborn-Amtmann

Futschek Hannelore

Marta Bern

Andreas Köllner

Celina Farken

Kristy Tieste

Susanne Schöberl

Jonas Müller

Klaus Urban

Regina Lück

Elisabeth Spanring

Friedhelm Fiebig

Meinrad

Christiane Schmidt

Thomas Steiner

Sanna Konda

Christiane Henke

Clemens Schittko

Rhea Bochmann

Luca Isabelle Spajic

Andreas Lukas

Merle Beyse

Felix Geiser

Cornelia Bauer

Monika Hürlimann

Carolin Thelen

Saskia Bannister

Judita Kovac

Janina Kutschan

Hannah Mayer

Achim Stößer

Susanne Gurschler

Marie Rossanne

Emily Evans

Jana Schultz

Tanja Mittendorfer

Anja Diekhans

Veronika Höbart

Monika Albrecht

Ramona Roßbach

Natascha Handy

Jeannette Overbeck

Sybille Wolf

Nando Bluschke

Marvin Czerlinski

Kristin Vardi

Jürgen Artmann

Sandra Scheiber

Eva Schönherr

Regina Radner

Ina-Marie Blomeyer

Sarah Thomsen

Frank Giesenberg

Susanne Fleckenstein

Jutta Berkenfeld

Melanie Bäreis

Marlies Blauth

Jaqueline Plum

Isabell Rosenkranz

Juliane Barth

Anne Abelein

Julia Kersebaum

Vorwort

Wenn man Literatur schreiben möchte, fragt man sich oft: Was ist zeitgemäß? In welche Richtung entwickelt sich die Literatur? Worauf muss ich achten?

Darauf gibt es viele Antworten. Die allererste, die doch von den wenigsten beachtet wird, lautet: Man muss Sorgfalt walten lassen. Nicht nur ein paar Worte schnell dahinkritzeln! Nicht einmal Mozart hat so gearbeitet. Er hat zwar alles sofort im Kopf gehabt, es dann aber sorgfältig aufgeschrieben – ohne Fehler! Ob Musik oder Literatur, spielt dabei keine Rolle. Die meisten weiteren Antworten sind von den Vorlieben der Antwortenden geprägt. Es möge mir gestattet sein, hier eine von mir favorisierte historische Perspektive vorzustellen. Die Theorie von der weiblich werdenden Welt, die im Übrigen der Menschheit den Frieden prophezeit, hat eine Antwort parat, die nicht jedem gefallen wird, aber die geschichtliche Realität widerspiegelt:

„Es wird in Zukunft weniger um das große Ganze gehen, als um die konsumgerechte Ausgestaltung im Detail. Nicht die eine wichtige Botschaft soll übermittelt werden, sondern der Leser soll auf ein Gefühl eingestimmt werden.“1

Das ist nun kein Rezept zum Schreiben, eher ein Trost, dass manches nicht so ist, wie man es sich wünscht. Aber die Welt ist nun mal kein Wunschkonzert. Lyrik, zum Beispiel, muss nicht in erster Linie kunstvoll sein, sie muss verständlich und wohlklingend sein. Das ist die Pflicht. Die Kür mag in einer Kunst bestehen, die sich dem Leser erst mit der Vertiefung erschließt. Auf keinen Fall sollte ein Gedicht so kunstvoll sein, dass es einer Erklärung bedarf. Das bedeutet unter anderem, dass das Gedicht mehrheitlich in ganzen Sätzen formuliert sein sollte. Diese an Metrik und Reimstruktur anzupassen, ist nicht immer einfach, aber das ist dann eben die Kunst. Erst wenn diese Kunst beherrscht wird, kann man, wenn es wirklich notwendig ist, um die Botschaft hinüberzubringen, dazu übergehen, sich Freiheiten zu nehmen. Das sieht dann im Endeffekt leicht aus, erfordert aber in Wirklichkeit harte Arbeit. Dieser Effekt verführt dazu, sich die Freiheit zu nehmen, bevor man das Handwerk beherrscht. Das ist sehr verlockend und kann unter Umständen sogar gelingen. Was fehlt, ist dann die Arbeit, die einem am Ende das Gefühl gibt, etwas geleistet zu haben.

Nach diesen mahnenden Worten sollte jedoch auch erwähnt werden, dass die Schönheit der eigenen Worte jedem zuteilwerden kann, der sich darum bemüht. Und das ist doch ein Ziel, dem nachzueifern sich lohnt.

Die vorliegende Anthologie soll, wie es auch in den Vorjahren war, einen Querschnitt der eingesendeten Texte abbilden. Das heißt auch, dass nicht gnadenlos alle nicht ganz so guten Texte ausgesiebt wurden. Manchmal ist es interessant zu sehen, wie die Autor*innen auf ihrem Weg vorankommen, auch wenn sie noch nicht immer angekommen sind. Manche Texte sollen auch einfach nur zeigen, was es so alles gibt. Deshalb wurde auf eine Lektorierung verzichtet. Einzelne Korrekturen gibt es schon, aber es wurde nicht systematisch korrigiert. Der Originaleindruck sollte erhalten bleiben. Daher finden sich in dieser Anthologie stärkere neben schwächeren Texten. So bekommt man einen Überblick über das Ganze. Die Verantwortung für die Texte bleibt bei den Autoren. Eine Auswahl war trotzdem nötig und war nicht immer leicht. Es wurden letztlich 266 Beiträge ausgewählt.

Wie immer möchte ich meiner Familie für die anhaltende Unterstützung danken. Mein Dank gilt ferner all denen, die etwas eingesendet haben. Durch sie wurde diese Anthologie erst möglich.

Dr. Dr. Christoph-Maria Liegener

1 Christoph-Maria Liegener: Die weiblich werdende Welt. Achte Auflage, Books on Demand, Norderstedt (2023), S. 109.

Die Siegertexte

Erster Platz:

Franziska Bauer

Gevatter Tod

Gevatter Tod spielt allzu gerne Schach,

wir sind auf seinem Brett die Schachfiguren.

Er spielt tagein, tagaus, ist immer wach,

führt streng Regie, und wir, wir müssen spuren.

Gevatter Tod hat keinerlei Respekt

vor Reichtum, Macht und Imponiergehabe,

und allem, was der Menschen Gier erweckt:

Er bringt die Reichen letztlich auch zu Grabe.

Gevatter Tod macht alle Menschen gleich:

Läuft ab die Zeit, die ihnen zugemessen,

holt er sie schleunigst heim ins Totenreich.

Er hat noch keinen einzigen vergessen.

Ja, mit Gevatter Tod ist nicht zu spaßen:

Dass streng er, doch gerecht, muss man ihm lassen.

Kommentar: Das Sonett erfreut durch seine Formstrenge.

Die Anaphern sind Geschmackssache, halten sich aber im Rahmen und passen zur Form. Die Form überzeugt und verpackt einen schweren Inhalt. Das darin angesprochene Vanitas-Motiv bleibt zeitlos aktuell.

Die Autorin spendete ihr Preisgeld dem Bubenreuther Literaturwettbewerb. Vielen Dank!

Zweiter Platz:

Helge Maria Hassumer

Dein Licht am Ende des Tunnels

Zwei Jahre schläfst du schon den Frieden deines Lebens.

Zwei Jahre fehlt mir deine Liebe, deine Kraft.

Zwei Jahre suche ich nach dir in mir – vergebens.

Zwei Jahre, da die Wunde weiter breiter klafft.

Zwei Jahre nicht des Nehmens, nein, allein des Gebens.

Zwei Jahre Trauer erst, dann Leere, Einzelhaft.

Zwei Jahre Neuanfang, Versuch des steten Strebens.

Zwei Jahre hohl, der Lebensinhalt weggerafft.

Was wir einander waren, haben wir gefühlt.

Was du mir warst, macht erst dein früher Abgang klar.

Was du mir bist: weit mehr als alles, das mal war!

Das Meer des Lebens hat dich an den Strand gespült

und mich nicht sinken lassen, wenn auch unterkühlt…

„Schwimm los, mein Liebster!“, rufst du, „Das wär wunderbar!“

Kommentar: Noch einmal ein trauriges Thema, aber mit hoffnungsvoller Perspektive. Eigentlich mag ich Anaphern nicht sonderlich, es sei denn, sie passen wirklich. Und hier ist es tatsächlich so: Sie fügen sich perfekt in die Form des Sonetts und vermitteln die Stimmung des Autors. Sicher steht hier ein Erleben im Hintergrund, und doch ist die Botschaft allgemeingültig.

Dritter Platz:

Carola Wernicke

Unter dem Weihnachtsbaum

Der Weihnachtsbaum leuchtet im Wohnzimmer. Die Kugeln glänzen im Licht. Ganz oben strahlt ein Stern. Daneben sitzen eine alte Frau und ihr Mann. Festlich gekleidet. Es duftet nach Kaffee und Stollen.

„Gefällt dir der Weihnachtsbaum?“ Sie setzt sich zu ihm auf die Couch und legt ihre Hand auf die seine.

„Weihnachten?“ Er zieht die buschigen Augenbrauen zusammen. Grübelnd sitzt er in seinem Sessel.

„Heute ist Weihnachten“, verkündet die alte Dame. Ihr Haar ist weiß und wenn sie lächelt, formen tiefe Falten ihr Gesicht.

Der alte Mann sieht zum Stern hinauf. „Ja.“

Sie steht auf. Ein Geschenk liegt auf dem Tisch. Sie nimmt das Paket. Lächelnd legt sie es unter den Baum.

Er sieht ihr zu „Kommen die Kinder runter?“

„Die Kinder haben keine Zeit. Sie sind erwachsen. Feiern in Paris“, erinnert sie ihn.

Er sieht nach links. „Paris?“ Seine Augen gehen nach rechts. „Ach so.“

„Sie besuchten uns gestern. Haben uns das Geschenk gebracht.“ Sie lächelt wehmütig. »Weißt du noch?«

Das Geschenk rot verpackt und eine weiße Schleife hält es zusammen. Einsam liegt es unter dem Baum.

Er folgt ihrem Blick. „Warum feiern wir heute?“

Sie seufzt. „Es ist Weihnachten.“

„Ach, so?“ Er kratzt sich am Kinn.

Die Frau sieht ihn an. „Weihnachten ist ein besonderer Tag. Wir feiern jedes Jahr das Fest.“

„Mm.“ Nachdenklich kratzt er sich am Kopf.

Sie lächelt ihn an. „Weihnachten schenkt den Menschen Glück. Allen Menschen.“

„Ach, so?“ Sein Finger deutet nach oben. Zum großen, leuchtenden Stern.

Sie lächelt. „Ja. Deshalb strahlt der Baum.“

Musik schallt aus dem Radio. Der Schneewalzer wird gespielt. Ihre Hände wiegen sich im Takt. Ihr kommt eine Idee. „Wollen wir tanzen?“

„Tanzen?“

„Wir haben oft getanzt. Zu den Feiern. Tanz unter dem Weihnachtsbaum. Weißt du noch?“ Sie streckt ihm die Arme entgegen.

„Ach, so?“ Seine Augenbrauen ziehen sich fest zusammen. Er sagt nichts mehr.

Ihre Arme sinken herab. Sie sieht ihn lange an. „Weißt du nicht mehr? Wir tanzen gerne? Unser Tanz unter dem Weihnachtsbaum. Einfach so? Es war ein Weihnachtslied, der Schneewalzer. Wir hielten uns in den Armen.“

Seine Augen werden trüb.

Betrübt steht sie auf. „Ich hole dir deine Tabletten.“

Er sieht sie an. Ruckartig kommt er auf die Beine. Er hebt seinen Finger an und lauscht. „Das ist unser Lied! Wir haben getanzt. Damals. Unter dem Weihnachtsbaum. Einfach so.“

Eine Träne läuft über ihre Wange. Glücklich sieht sie ihn an. „Ja.“

Fragend schaut er sie an. Er lächelt. Hebt seine Hände in die Luft. Will mit ihr tanzen.

Freudig geht sie zu ihm. Schmiegt sich in seine Arme.

Zusammen tanzen sie den Schneewalzer. Es ist Weihnachten.

Kommentar: Eine ganz einfache Geschichte. Weihnachtsgeschichten sind immer in Gefahr, sentimental zu werden. Hier ist aber die Demenz das aktuell immer wichtiger werdende Thema. Das spricht Probleme an und gibt trotzdem Hoffnung. Ein Text, der das Herz wärmt.

Weitere ausgewählte Werke

Didi Costaire

Wasserwerk

Der Kerl mit dem trockenen Humor

fragte sich, was er dichten könnte,

und erdachte einen wasserdichten Anzug,

mit dem er Wasser dichten kann.

Für ihn gibt es immer einen Grund,

Wasser und Natur zu fördern.

Er sucht frische Quellen

und findet mehr Wasser.

Zwar verwässert mancher Gedanke,

doch er verfasst Tiefseegedichte,

die tief blicken lassen

und hat eimerweise Ideen.

Er reist vom Hundertwasser-Bahnhof

über Regensburg und Feucht

bis hin nach Nassau

und landet in Waterloo.

Er schreibt extrem flüssig,

zum Beispiel vom nassforschen Autofahrer,

der sich beim Aquaplaning

völlig verkalkuliert hat.

Er skizziert Männer, die selten Selter trinken

und umso öfter Wasser lassen,

oder jenes seltsame Frauchen,

das mit ihrem pfeifenden Kessel Gassi geht.

Er liebt Spritzgebäck

genauso wie gebratene Wasserhähne

und genießt den ganzen Überfluss,

doch schneidet sich bisweilen mit dem Regenmesser.

Als Wassermann lebt er

mit Fischen und Krebsen zusammen,

zugleich mit Seelöwen und Meerjungfrauen

und sogar mit einer chinesischen Wasserratte.

Er spricht mit seiner Seezunge

und mit den markanten Segelohren

nutzt er den Sturm im Wasserglas

und fliegt schneller als die Wasseruhr tickt.

Zu seinen Seegewohnheiten

gehört der Tunnelblick,

und mitunter hält er Wassermelonen

für formidable Meerbusen.

Er hat einen Sponsorenpool,

in dem schwammen bei einem Wasserfest

zwei Meerschweinchen um die Wette

mit seinem Wellensittich.

Jetzt hat er das Wasser abgelassen

und tut etwas für den Beckenboden,

morgen will er auf Bachstelzen laufen

und übermorgen zum Walkampf antreten.

Wenn jedoch das Flutlicht erlischt,

erzählt er aufregende Schauermärchen

von brutalen Niederschlägen

und Wassereinbrüchen durch Raubfische.

Lisa Deutschmann

Der Schüler

Tim starrte in die Dunkelheit, Tränen der Wut und Verzweiflung rannen ihm über die Wangen. Er konnte es seinen Eltern nicht erzählen. Der Vater würde wütend werden und ihn anschreien, dass er sich gefälligst wehren solle. Tim wollte sich aber nicht prügeln, zu groß war die Angst, dass sie es ihm dann noch schlimmer heimzahlen würden.

Seine Mutter war ihm auch keine Hilfe. Wenn er ihr sagen würde, dass sie seinen Schulranzen wieder in den Müll geworfen hatten, würde sie nur jammern, dass ihre Nerven das nicht aushielten.

Er wischte die Tränen weg und drehte sich auf die andere Seite. Sein Bett knarzte an der üblichen Stelle. Das vertraute Geräusch beruhigte ihn ein wenig. Er verdrängte die Gedanken und schlief schließlich ein.

Am nächsten Tag warteten sie schon vor dem Schultor auf ihn. Sein Herz pochte wild. Er überlegte, ob er umkehren sollte. Aber was würde die Mutter sagen? Zögernd ging er weiter.

„Hallo Lauch!“, begrüßten sie ihn und begannen, ihn zu schubsen.

Er sah sich hilfesuchend um, doch keiner der vorbeiströmenden Schüler schien sie zu beachten. „Hört auf“, bat er.

„Aufhören sollen wir?“ Der Große lachte verächtlich. „Wie heißt das Zauberwort?“

„Bitte“, presste Tim hervor.

„Was hast du gesagt? Habt ihr den Lauch verstanden?“

Die anderen verneinten. Sie zerrten ihm den Schulranzen vom Rücken. Er stolperte und fiel hin. Als er sich aufrappelte, sah er, dass jemand auf sie zugeeilt kam. Hilft mir der?, dachte er und verspürte einen kleinen Hoffnungsschimmer.

„Lasst ihn in Ruhe!“

Sie wichen zurück.

„Gebt ihm sofort seinen Schulranzen!“

Sie taten, war er sagte.

„Und jetzt entschuldigt euch bei ihm.“ Seine Stimme duldete keinen Widerspruch.

Sie murmelten etwas in Tims Richtung.

„Wie bitte? Ich kann euch nicht hören.“

„Entschuldigung.“

Er beugte sich zu Tim vor. „Wie heißt du?“

„Tim.“

„Wenn ich mitbekomme, dass ihr Tim oder einem anderen Kind etwas tut, könnt ihr was erleben. Verstanden?“

„Ja“, sagten sie kleinlaut.

„Und jetzt macht, dass ihr in die Schule kommt.“

Sie trotteten davon.

„Hast du ein Handy?“, fragte er.

Tim nickte.

„Ich gebe dir meine Nummer. Wenn sie dir noch mal Ärger machen, rufst du mich an, okay?“

„Okay.“

„Ich heiße übrigens Peter.“ Er speicherte Tims Nummer in seinem Handy.

„Als ich so alt war wie du, ging es mir genauso“, erzählte er, als sie gemeinsam auf das Schulgebäude zugingen.

„Echt?“ Tim sah ungläubig zu ihm hoch.

„Ja. Ich war dünn und hatte Pickel. Sie haben mich Bohnenstange und Pizzagesicht genannt.“

Wie fies, dachte Tim.

„Damals hat mir zum Glück auch jemand geholfen.“ Peter zog die Tür auf und ließ ihm den Vortritt. „Du wirst sehen, im Handumdrehen bist du groß und dann kannst du Kindern helfen, die geärgert werden.“ Er klopfte Tim auf die Schulter. „Tschüss“, sagte er und ging mit großen Schritten davon. Tim starrte ihm nach. In welche Klasse er wohl ging?

Peter blieb vor dem Lehrerzimmer stehen und drehte sich zu Tim um. Er lächelte verschwörerisch, dann öffnete er die Tür und ging hinein.

Kommentar: So einen Lehrer wünscht sich manch Mobbing-Opfer. Der Ausblick auf eine bessere Welt tut gut. Vielleicht kann er etwas bewirken.

Werner Siepler

Versprechen

Du solltest Versprechen im Leben

grundsätzlich gut überlegt geben.

Vorab stets genau überlegen,

um dann präzise abzuwägen,

ob du hierzu in der Lage bist

oder, es nicht zu tun, besser ist.

So halte nach vorstehendem Grund

entweder dein Wort oder den Mund.

Wolfgang Rinn

Liebeslied

Und wenn ich wünschen könnte,

was ich wollte,

ich bäte dich um deine Hand

und hüpfte drauf,

ja, ja, genau so wie ich bin.

Natürlich wär ich dann ein Vögelein

mit leuchtend roter Brust

und glänzend schwarzem Haupt

und selbstverständlich federleicht,

auf fadendünnen Beinchen

kaum zu spüren,

also keine Last.

Und alles, was dir bliebe

von meiner grenzenlosen Liebe,

sind schwarze Kulleräuglein

und das Pochen meines Herzens

und eine feine Stimme

nur allein für deine Ohren:

“Du weißt es doch,

ich bin für dich geboren!“

Kommentar: Das Bild der Verletzlichkeit rührt den Leser und wohl auch die Angebetete.

Susanne Ulrike Maria Albrecht

Wir sind ein Traum

Wir haben keinen Namen.

Wir sind ein Traum aus dem ewigen Sternenraum.

Wir haben keinen Namen.

Wir sind der erste Traum in einer heißen

Sommernacht, der in einem Gewitter am weit entfernten

Horizont verloren geht.

Wir sind der erste Traum in einer kalten, langen

Winternacht, der für die Liebe steht.

Wir haben keinen Namen.

Wir sind ein Traum aus dem ewigen Sternenraum.

Kommentar: Eine abstrakte Gemeinschaft aufzurufen, ist legitim. Wenn das so geschieht wie hier, könnten sich weitere der Idee anschließen.

Stilistisch ergibt sich ein Problem: Anaphern, wohldosiert verwendet, können ein wirkungsvolles Stilmittel sein. Wenn sie jedoch inflationär auftreten, verfehlen sie ihre Wirkung.

Frank Joußen

Dreiunddreißig

Meine früheste Erinnerung ist der dreiunddreißigste Geburtstag meiner Mutter.

„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Mama!“

„Danke, Paul. Komm her, setze dich mal kurz neben deine alte Mutter.“

„Aber Mama, du bist doch nicht alt!“

Wie viele Kinder konnte ich die Idee nicht ertragen, dass die eigenen Eltern alt oder gar zu alt waren.

„Mama, möchtest du dir nicht mein Geschenk ansehen?“

Ich hatte ihr ein Haus mit einem Garten gemalt. In dem Garten hing eine Schaukel von einem großen, alten Baum. Im Himmel strahlte eine gelbe Sonne, aber sie war umgeben von schwarz umrandeten Wolken.

Sie nahm das Bild ohne es zu loben und legte es neben sich auf die Couch.

„Komm jetzt bitte mal her, junger Mann!“ Sie tätschelte den Platz zu ihrer rechten Seite.

Ich kletterte auf die Couch, konnte aber nicht still sitzen. Ich rutschte von rechts nach links und wieder zurück, von hinten nach vorne, um dort schließlich meine kurzen Beine über den Rand baumeln zu lassen.

„Paul, kannst du nicht mal für eine Minute still sitzen?“

„Ja, Mama.“

„Ich möchte dir nämlich etwas erzählen. Also höre bitte gut zu!“

„Ja, Mama“, sagte ich schüchtern.

„Du weißt, das ist heute kein gewöhnlicher Geburtstag. Heute bin ich so alt wie Jesus war, als er starb.“

Meine Mutter hatte mir schon jede Menge von Jesus erzählt. „Jesus Christus“ nannte sie ihn meistens. Ich hatte davon kaum je etwas verstanden. Nur eine Sache wusste ich ganz bestimmt: Er war bei weitem der beste Mensch auf der ganzen weiten Welt – ah was, sogar im ganzen weiten Universum. Also verdiente auch niemand etwas Besseres als er. – Deshalb schlussfolgerte ich nun mit tödlicher Sicherheit, dass meine Mutter jetzt oder zumindest sehr bald würde sterben müssen und dass ich ihr mit meinem babyhaften Benehmen viel zu viel ihrer kostbaren Zeit gestohlen hatte. Zum Beispiel indem ich früher den Spinat immer erst ausgespuckt hatte, bevor ich ihn aß. Oder gerade eben erst, als ich bestimmt zwei Minuten lang unruhig auf der Couch hin- und her gerutscht war, anstatt sofort still zu sitzen.

Weil ich schon voller Stolz bis fünfzig zählen sowie addieren und subtrahieren konnte, wurde mir noch eines schlagartig klar: Ich selbst hatte nur noch achtundzwanzig Jahre zu leben!

Stefanie Haertel

Unsere Nacht

Unsere Nacht war 1000 Küsse schön.

Sie brannten sich in meine Seele.

Du schmücktest meinen Körper

mit allerlei Liebkosungen.

Alles was wir waren

in dieser Nacht

war Leidenschaft.

Wie konnte ich je ohne dich leben?

Ach, Liebster,

leg dich noch eine Weile zu mir,

der Morgen schläft noch.

Bitte, wecke ihn noch nicht.

Kommentar: Eine einfache, klare Botschaft! Durch den Verzicht auf Kunstformen verdichtet sich das Wesentliche.

Carsten Stephan

Bella Italia. Auf den Spuren August von Platens

Distichen

Plump und zu bunt ist Rom, und Neapel ein Haufe von

Häusern;

Aber Venedig erscheint eine vollendete Stadt.

Grau und zu glatt ist Mailand, Verona ein leerer balcone,

Einzig Palermo bleibt fabelhaft familiär.

Bucklig und braun liegt Siena, Florenz unter krumpliger

Kuppel,

In der Stadt Pisa jedoch ist wirklich alles im Lot.

Käsig und speckig ist Parma, Sorrent bloß ein Berg von

Zitronen,

Doch nahe Rimini lockt der Teuton*innengrill.

Como sieht aus wie ein Bulli, Triest ist ein merklicher

Missklang,

Montepulciano allein schuf dies vortreffliche Werk.

Norbert Schäfer

Gute Nachbarschaft

Irgendetwas ist an diesem Morgen anders. Am Wetter liegt es nicht, trocken, für diese Jahreszeit angenehm.

Und dann sehe ich es. Das satte Grün des Rasens unserer Nachbarn springt mir geradezu höhnisch ins Auge.

Kein Plastik-Traktor, keine durcheinander gewürfelten billigen Plastikkegel, kein Bobbycar, selbst die Wurf-Gummiringe und Kunststoffbälle fehlten. Von dem ganzen Kinderspielzeug, das seit Einzug der Schröders vor vier Monaten das Grundstück wie der Auswurf eines »Toys R Us«-Vulkans in geschmacklosen Farben sprenkelt, fehlt jede Spur.

Sie sind offenbar zur Vernunft gekommen.

Natürlich bin ich ein toleranter Mensch und habe auch Verständnis dafür, dass Kinder Spielmöglichkeiten brauchen. Auf der anderen Seite pflegen wir in unserem Viertel ein gewisses Niveau. Man achtet darauf, seine Vorgärten schön zu gestalten, Rasenflächen akkurat zu schneiden und vor allem, den Eindruck von Unordnung zu vermeiden.

Das ist auch für ein junges Ehepaar mit zwei kleinen Kindern nicht zu viel verlangt.

Frau Schmelig von gegenüber hatte mir schon nach einer Woche ihr Befremden über die Schröders mitgeteilt. Wie der Garten nur aussieht. Wahrscheinlich Verfechter der antiautoritären Erziehung. Womöglich Linke. Würde sie nicht wundern, wenn demnächst hier Autos abgefackelt würden.

Zuerst bemühte ich mich, die aufgebrachten Alteingesessenen zu beruhigen.

Man müsse doch dem jungen Paar Zeit geben, sich einzugewöhnen. Ist sicherlich nicht einfach, zwei kleine Kinder aufzuziehen. Wobei – nun ja – das kann man sich auch vorher überlegen.

Er scheint ja keiner geregelten Arbeit nachzugehen. Herr Döblitz vom Anfang der Straße meint, dass er als Schriftsteller arbeitet und tagsüber die Kinder betreut. Die Frau wäre anscheinend bei der Behörde.

Kann natürlich sein, dass er ein Schriftsteller ist.

Kann aber auch sein, dass er einfach nur dem Staat auf der Tasche liegt.

Sie haben sich ein Lastenfahrrad angeschafft.

Ein Lastenfahrrad! Das spricht ja wohl Bände.

Obwohl, auf den ersten Blick machen die beiden einen freundlichen Eindruck. Grüßen immer schön. Aber wer weiß, was sie wirklich dabei denken.

Seit einer halben Stunde spähe ich durch die Gardine zum Nachbargrundstück herüber. Bis jetzt regt sich nichts. Sollten die Kleinen bei dem Wetter nicht draußen spielen? Wahrscheinlich hocken die vor Videospielen oder Zeichentrickfilmen, damit der Herr Schriftsteller seine Ruhe hat.

Beim Leeren des Briefkastens (wieder mal nur Werbung) höre ich seine Stimme.

»Hallo Frau Krause.« Er steht am Gartenzaun und lächelt zu mir herüber. »Ich wollte mich von Ihnen verabschieden. Dieses Haus war für uns nur als Übergangslösung gedacht, wir haben jetzt etwas Besseres gefunden. Vielen Dank für die nette Nachbarschaft und ich hoffe, man sieht sich mal wieder!«

»Oh, das ist aber schade! Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie viel Glück in Ihrer neuen Bleibe!«

Von wegen was Besseres!

Erzählen kann man viel.

Kommentar: Sozialkritik, die nicht zu aufdringlich ist. Ganz nebenbei erzählt und trifft dennoch ins Schwarze.

Rolf Blessing

Enkel

es genügt nicht

den einen oder anderen

Ressourcen zerstörenden Prozess

abzustellen

gänzlich zu vermeiden

oder sonstwie nicht geschehen zu lassen

um sich sicher zu sein

etwas für die Umwelt getan zu haben

und dann beruhigt

mit dem Fortschritt weiterzumachen

eine Besinnung

auf die Endlichkeit alles Geschaffenen

verbietet sich zwar nicht

aber die Relation zu betrachten

von Vergänglichkeit

all dessen

was den Menschen aktuell beschäftigt

zur Beständigkeit von Werten

die den Menschen überhaupt ausmachen

sei gestattet

wenn mein Enkel

nach einer Katastrophe nicht weiß

wie er ein wärmendes Feuer

entfachen kann

wird er erfrieren

wenn er nicht weiß

wovon und wie man eine Suppe kocht

wird er verhungern

wenn er nicht weiß

wo und wie er Trinkwasser findet

wird er verdursten

und wenn er nicht weiß

dass Menschen nur gemeinsam überleben können

wird er einsam sterben

uns bleibt

angesichts von 8 Milliarden Menschen

auf dieser blauen Kugel

nur die Rückkehr

zu den Werten

die ungeachtet dessen

was möglich wäre

möglich sind

und das ist

das Streichholz in der Hand

der Apfel am Baum

das Wasser aus dem Brunnen

das Pferd im Stall

die Kuh auf die Weise

den Hund im Haus

und die Katze auf dem Dach

oder

der Vogel in der Luft

der Regenwurm in der Erde

der Käfer auf der Hand

der Schmetterling im Garten

die Biene in der Blüte

das Reh auf dem Feld

und der Hirsch im Wald

und wer es noch nicht versteht

dem sei empfohlen

mal eine Nacht

im Freien zu verbringen

Helmut Blepp

Stete Hilfe

Wir zittern und wir krampfen nicht

und halten aus die bangen Stunden.

Wir retten uns durch ein Gedicht,

wenn unsre Seele wird geschunden.

Wir schreien keinen Schmerz hinaus,

verfluchen keinen neuen Tag.

Wir machen einfach Verse draus

für den, der Verse lesen mag.

Das haben wir gelernt im Stillen,

wenn wir uns ganz allein aushalten,

denn jedes Leben kann erfüllen,

wenn wir draus Poesie entfalten.

Kommentar: Ein Loblied auf das Dichten. Einfache Form: vierhebige Jamben, Kreuzreim. Nicht gekünstelt, klare Aussagen.

Ulrike Grömling

Wortlos

»Wo sind sie nur?«, murmele ich und lasse meinen Blick schweifen. Ich suche die Fensterbank und das Bücherregal ab, schaue unter den Tisch, doch ich finde sie nicht.

Gestern ist es passiert. Mitten im Gespräch habe ich einige Worte verloren. Sie sind weg! Spurlos verschwunden.

Noch grübelnd rufe ich meinen Freund Ben an. Er ergreift das Wort und versichert, dass er nichts über ihren Verbleib sagen kann. Er habe jedenfalls noch nie ein Wort gebrochen.

Das klingt glaubhaft, und ich telefoniere mit Charly. »Auf ein Wort«, sage ich, doch er lässt mich nicht zu Wort kommen.

Als er mein Problem endlich verstanden hat, reagiert er beleidigt. »Hör mal, es ist gut, dass ich nicht jedes Wort auf die Goldwaage lege! Ich stehe zu meinem Wort, und ich halte mein Wort. Aber eben nur meines. Mit deinen Worten habe ich nichts zu schaffen, und daran vergreife ich mich auch nicht!«

»Danke für deine offenen Worte.«

Charly lacht laut auf. »Ich führe nie das große Wort. Bei mir gilt: Ein Mann, ein Wort! Such weiter, ich bin überzeugt, du wirst es schaffen.«

»Dein Wort in Gottes Ohr«, sage ich und beende das Gespräch. Aufgrund des aktuellen Verlustes möchte ich unbedingt das letzte Wort behalten.

Wo könnten die Worte sein? Wo würde ich nach Verlorenem suchen? Da fällt mir siedend heiß das Fundbüro ein. Eilig mache ich mich auf den Weg und erreiche das Amt kurz vor zwölf Uhr.

»Ein Wort im Vertrauen«, sagt der Mitarbeiter. »Wir machen bald Pause.«

»Ich gebe Ihnen mein Wort darauf, dass es wichtig ist. Können Sie nicht ein gutes Wort für mich einlegen?« Den Tonfall lasse ich dramatisch klingen.

»Na, dann bin ich mal für alles offen. Im wahrsten Sinne des Wortes.«

Mit dem letzten Satz hat er mir die Worte aus dem Mund genommen. Schon beim Eintreten fallen mir die Fundsachen auf. Sie liegen in Regalen, stapeln sich auf dem Boden und hängen an Haken. So viele vergessene Danke, Bitte und Entschuldigung habe ich noch nie an einem Ort gesehen. An einem spitzen Wort klebt etwas Rotes. Wortlos schaue ich den Hüter der verlorenen Dinge an.

Er erklärt: »Das ist Herzblut. Dieses Wort hat getroffen und verletzt.«

Schaudernd wende ich mich ab. »Gibt es hier noch weitere Worte?«

»Wir haben noch den Raum der aus dem Sprachschatz verschwundenen Worte.«

»Ist darüber das letzte Wort schon gesprochen?«, frage ich.

»Darauf gebe ich Ihnen mein Wort!«

Unverrichteter Dinge verlasse ich das Fundbüro. Der Verlust meiner Worte treibt mir die Tränen in die Augen. Verzweifelt und halb blind torkle ich durch den Stadtpark und komme an einem Spielplatz vorbei. Dort toben Kinder und fallen einander lauthals ins Wort.

Plötzlich, ganz intuitiv, schnappe ich Worte auf, halte sie fest. Erst danach begreife ich, dass es meine Worte sind, dass ich sie gefunden habe. Wärme strahlt vom Herzen zum Kopf, Glück zieht die Mundwinkel bis zu den Ohren, und ich schwebe wie auf Wolken.

Kennen Sie das auch, dieses unbeschreiblich gute Gefühl, wenn man nach langem Suchen endlich die richtigen Worte gefunden hat?

Kommentar: Eine geistreiche Glosse zum Begriff „Wort“, die einen schmunzeln lässt. Man kann trefflich über die einzelnen Aspekte nachdenken.

Helga Licher

Der Lauf der Jahreszeiten…

Frühling lässt sein blaues Band,

wieder flattern durch die Lüfte.

Süße, wohlbekannte Düfte

streifen ahnungsvoll das Land…

Wer kennt es nicht, das Gedicht von Eduard von Mörike?

Wunderschöne Verse, die den nahenden Frühling ankündigen.

Ich gebe zu, jede Jahreszeit hat ihren Reiz.

Im Sommer verbringen wir die warmen Tage am Meer.

Wir genießen es, wenn um uns herum alles grünt und blüht. Die Farbenpracht macht gute Laune. Wir verbringen viel Zeit in der Natur und nehmen sie mit allen Sinnen wahr.

Dann werden die Tage kürzer.

Die Natur bereitet sich auf den Winter vor. Nebel zieht über die Felder, und unter den Laubbäumen breitet sich ein bunter Blätterteppich aus. Das trübe Herbstwetter lässt mich nachdenklich werden. Wie gerne möchte ich die Zeit anhalten. Noch einmal Kind sein, Drachen steigen lassen, Eicheln und Kastanien sammeln und kleine Figuren basteln. Doch ich kann die Zeit nicht zurück drehen. Eine eigenartige Stille umgibt mich, wenn ich die letzten Sonnenstrahlen im Garten genieße.

Das ratternde Geräusch von Rasenmähern und

Laubbläsern ist verstummt. Die Erde riecht nach nassem

Moos und nach modrigem Holz.

Eines Morgens dann, hat silbrig glitzernder Frost meinen

Garten über Nacht in eine eisige Winterlandschaft verwandelt. Die letzte Jahreszeit – der Winter – ist da.

Der erste Schnee lässt nicht lange auf sich warten. Er verwandelt die Landschaft in eine, Traumwelt. Die Blüten der Herbstastern und Anemonen sind von Schnee bedeckt und sehen aus, als hätte der eisige Winter sie mit Puderzucker bestäubt. An gemütlichen Abenden am Kamin, bei prasselndem Feuer und Kerzenschein, stimmen wir uns auf das bevorstehende Weihnachtsfest ein.

Es kehrt Ruhe ein…

Doch, irgendwann, nach einem langen Winter, kann ich es kaum noch erwarten von zwitscherndem

Vogelgesang geweckt zu werden. Vogelschwärme, die in warmen Ländern, überwintert haben, kehren endlich zurück in meinen Garten.

Ich spüre es ganz deutlich, es liegt etwas in der Luft. Am Kirschbaum sind bereits kleine Knospen zu sehen. Die Krokusse strecken ganz vorsichtig ihre Blüten den ersten Sonnenstrahlen entgegen. Ein leichter Windhauch trägt den süßlichen Duft der Maiglöckchen über die Wiese hin zu mir. Ich will mich berauschen lassen vom Duft des Flieders, der Narzissen und dem frischen Gras. Mit allen Sinnen möchte ich die Natur erleben. Langsam werden die Tage länger, und in der Abenddämmerung vernehme ich, aus dem Wald hinter dem Haus, den schaurigen Ruf des Käuzchens. Ich habe ihn vermisst, den kleinen Waldkauz. In seiner Umgebung erwacht der

Wald zu neuem Leben. Er lädt ein zum Innehalten und

um innere Ruhe zu finden.

Ich möchte dem Grau des Winters und dem

wolkenverhangenen Himmel entfliehen, den Frühling

riechen und die Vielfalt seiner Düfte entdecken.

… Veilchen träumen schon,

wollen balde kommen.

– Horch, von fern ein leiser Harfenton!

Frühling, ja du bist's!

Dich hab ich vernommen!

Sven Palapies

Gedöns

Herr Seeliger flaniert gerne durch die Fußgängerzone und beobachtet das bunte Treiben, das sich jeden Samstag vor ihm entfaltet. Bei einem Punk, der im Schneidersitz aus einer Bierdose trinkt, bleibt er stehen. Vor ihm stehen drei leere Konservenbüchsen, wohl für Almosen, beschriftet mit dem Zweck der Spende: „Trinken“, „Kiffen“ und „Gedöns“. Herr Seeliger wird neugierig und spürt eine für ihn ungewöhnliche Geberlaune. Er wartet das Ausklingen eines langen Rülpsers des Mannes mit dem roten Irokesen ab und spricht ihn an:

„Entschuldigen Sie die Störung. Mein Name ist Seeliger. Professor Doktor Emeritus Seeliger.“ Der Punk führt, ohne zu antworten, erneut die Bierdose an den Mund. Unbeirrt fährt Herr Seeliger fort:

„Hätten Sie die Güte, mir ihren werten Namen zu verraten?“

„Furunkel!“

Herr Seeliger runzelt die Stirn. „Ich würde Ihnen gerne einen Geldbetrag überlassen, bin mir aber unsicher wofür. Was genau verstehen Sie unter „Gedöns“?“

Der Punk kratzt sich mit verhangenem Blick am Hintern und wischt sich Bierschaum vom Mund.

„Meinen Sie damit das Affektierte oder Manierierte oder vielmehr Firlefanz, wertlosen Plunder?“

Furunkel blickt Herrn Seeliger weiter an und zieht gut hörbar seinen Naseninhalt nach oben.

„Wertlosen Plunder! Etymologisch ist der Begriff auf das mittelhochdeutsche Wort `Gedense` zurückzuführen, was so viel heißt wie `Hin- und herzerren`.“

Herr Seeliger nickt anerkennend. „Was wäre das in Ihrem Falle? Wissen Sie, ich will mich nicht über Gebühr in Ihre Angelegenheiten einmischen, aber ich wüsste schon gerne, wofür mein Geld seine Verwendung findet.“

„Damit ist alles gemeint, was nicht geraucht oder getrunken werden kann, überflüssiges Zeug eben.“

„Aha!“ Herr Seeliger nimmt seinen Hut ab und kratzt sich an seinem kahlen Schädel. „Zum Beispiel eine Handcrème?“

„Prinzipiell ja, aber eher unwahrscheinlich.“

Herr Seeliger entdeckt in einem Papierkorb einen leeren Schuhkarton. Das bringt ihn auf eine Idee. Aus einer Manteltasche zückt er einen Füller, mit dem er das Wort „Gesundheit“ auf den Karton schreibt und stellt diesen neben die Dosen.

„So!“ Herr Seeliger richtet sich keuchend wieder auf. „Ich denke, in Ihre Gesundheit, Herr Furunkel, ist meine Spende gut angelegt. Gehen Sie doch mal ins Fitnessstudio oder vereinbaren einen Termin bei einem Masseur.“ „Bist Du auch mit einer Pediküre einverstanden?“, fragt Furunkel zurück. „Meine Fußästhetik lässt sehr zu wünschen übrig.“ Furunkel schaut über seine linke Schulter. „Lucy! Sei so lieb und schau mal in meinen Terminplaner, ob ich diese Woche noch eine Lücke für eine Pediküre habe.“ Lucy, die gerade mit einem Messer ein faustgroßes Stück Zwiebelmett auf einem Brötchen verteilt, nickt und fängt an, in einem Rucksack zu wühlen. Dann zieht sie einen Terminkalender hervor.

„Vor- oder nachmittags?“, ruft sie ihm zu. „Nachmittags! Ich beliebe gemeinhin auszuschlafen.“ Herr Seeliger ist zufrieden, legt einen Geldschein in den Karton, zieht zum Abschied seinen Hut und geht davon.

Kommentar: Der Autor wirft einen Blick auf eine Szene, wie sie sich heutzutage jederzeit ereignen könnte und stellt dabei dennoch die Rollen der Teilnehmenden infrage. Das macht Spaß.

Daniel Ritter

tiefblau

Sternenschiff geh nicht unter

die Welt schaut zu wenn der Rumpf der

Kapitäne das Steuer herumreißt

digitales Schämen die

Weltmeere sind verpixelt

starren auf Angelfüße und

zu Messern geschliffene

Nägel mit denen man

Schritte ausnimmt als wären sie

zappelnde Fische

Herbert Glaser

Am Abgrund

Hier steh` ich am Abgrund und schaue hinauf

zum Himmel, dem dunklen, und warte darauf,

den letzten Schritt auf Erden zu tun,

vielleicht kann meine Seele dann endlich ruh’n.

Du hast mir genommen das Liebste der Welt,

einfach so, ohne dass die Zeit innehält,

das Herz mir entrissen, mein Leben zerstört,

ich verachte dich, du bist es nicht wert.

Plötzlich ein Lichtstrahl durch die Wolken bricht,

ein Lufthauch kitzelt mein Angesicht,

den schönen Falter hab‘ ich gleich erkannt,

läßt sich nieder auf meiner Hand,

um sich zu wärmen in der Frühlingssonne,

ihn zu betrachten ist eine Wonne.

Viel zu vergänglich dieser Moment

und ist doch für die Ewigkeit geschenkt.

Er flattert auf, entschwindet meinem Blick,

ich seh‘ ihm nach und die Hoffnung ist zurück.

Anna Gielas

Ära der ausgestorbenen Katzen

Die Zeit wird kommen

wenn Katzen – all die Gezähmten und die Wilden –

ausgestorben sein werden

und das Hundegenom nicht mehr

auf vier Beinen umherstreift

sondern in einer Labortiefkühltruhe schlummert

der Hund in vier Zellen – unvollendet

und doch zu Ende

die Zeit wird kommen

dass Archäologen keinen Ausgrabungen mehr nachgehen,

sondern digitale Formate, Fragmente historischer pdfs,

wie Hieroglyphen zu entziffern suchen

Und die Entdeckung der heutigen digitalen Archive

als historisches Ereignis betrachtet wird

-- wie früher die Entdeckung der Pyramiden

die Zeit wird kommen

wenn künftige Generationen

unsere heutigen genetischen Datenbanken abarbeiten

und uns – einen nach dem anderen –

aus unserer ewigen Ruhe

ins Leben zurückrufen

einzig um uns anzuklagen

-- der Verbrechen gegen den Planeten --

und uns, mit unseren Herzen aus Fleisch, Blut, Plastikteilchen,

bleibt dann nur noch zu flüstern:

mea culpa

Eva Joan

Winterhaut

manchmal

ist es dunkel in mir

dann finde ich

die Hoffnung nicht ...

das Herz

aufgerissen genäht vernarbt

schlägt noch

tritt dem innerlichen Verhärten

entgegen

bietet alle Kraft auf

eine Rose zu sein

unter meiner kalten blassen

Winterhaut

Thorfalk Aschenbrenner

Liebelei(d)

Der Zitteraal quält die Geweide,

es ächzt das Herz, der Magen bebt,

Gefühle fahren Karussell -

Herzschlag, der nach oben strebt.

Die Sinne längst in Einzelhaft,

Der Selbstwert gar gering,

zu spät kommt die Erkenntnis Dir,

des Universums g´fährlichst´ Tier -

das ist der Schmetterling.

Inge Jung

blaue tränen

der tag

stimmt sich mild ein

auf das was kommt

nimmt groll

lächelnd

entgegen

bleibt sanft

wie wogen

in wintergerste

hebt heraus

was zu leicht

für die schwere des seins ist

gehen weiter

als wir dachten

erstarken

an blauen tränen

werden neu

in all unsrer pracht

Julia Schröder

Magie im Alltag

Glitzer Gold und Feen Staub bei Nacht Viele, viele Tausend Kilometer waren es .57 Kostüme, 57 mal eine verschiedene Identität.

Ich blicke auf meine Pinnwand, wo all die Bänder der Nacht hängen. Dort hingen sie alle, in allen Farben und jedes Festivalband erzählt seine ganz eigene Geschichte.

Es sind 57 Stück. 57 Geschichten des Lebens wow. Ich habe nur bei dem Gedanken an die unzähligen Tage und Nächte Gänsehaut, Musik in den Ohren, und ein Gefühl von Freiheit.

Der erste Tag, in dem man im Auto sitzt, seine Reise in eine andere Welt beginnt. Für nur ein paar Tage, es ist unbeschreiblich. Ortsausgangs Schild der Heimat, es steigt die Vorfreude, das Lachen im Gesicht, die Musik wird lauter gedreht, die Beine wippen, man sieht zu seinen Mitfahrern oder sogar Mitfahrgelegenheiten und alle haben denselben Ausdruck im Gesicht. Den Ausdruck der Freiheit, der Freude, dem Alltag entfliehen zu können. Geschäftsmänner, Hausfrauen, Jugendliche, egal wer

oder was man im wahren Leben war, spielte ab dem ersten Fußabdruck auf dem

Festivalgelände keine Rolle mehr. Hier konnte man sein, wer man wollte und was man will, es gab keine Verspottung, keine Prügeleien es gab nur Harmonie, Hilfsbereitschaft und Gemeinsamkeit.

Auch wenn man Bekanntschaften schloss, ging man am Ende des Festivals seiner Wege oder auch nicht.

Unzählige Fotos entstanden, Kilometer wurden zurückgelegt, die verschiedensten Speisen aller Kulturen angeboten und gegessen, aber eins war immer ein muss ein frisch gepresster Orangensaft, er brachte das Leben In dir zurück , deine glasigen kleinen Augen erholten sich gerade von der Nacht davor.

Der Zauber eines Musikfestivals ist nur nachzuvollziehen, wenn man es einmal erlebt hat. Es gibt kein Alter dafür, es gibt nur die Momente, die man erleben kann. Es ist nicht nur die Musik vieler toller Künstler, es ist der Aufbau einer eigenen kleinen Stadt.

Von Kultur bis hin zu einem Job war alles möglich. Wenn man nicht mit schwarzen Füßen die Tage beendet hat, hast du es nicht richtig gemacht. Es regnet in Strömen, der Beat liegt in deinen Ohren, deine Augen sind zu, du breitest die Arme auseinander, tanzt unbeschwert fast leichtfüßig, der Regen ist das i-Tüpfelchen. Der Moment, wie auf einem Goa Festival z.b wo die Musik mit einem fraulichen sanften Gesang,beginnt und das ist ein Muss, kommt genau der Punkt, in der du in die Menge schaust, alle Beine der Menschen anfangen zu tippen und dann der Fette Beat, in dem alle los hüpfen und identisch Tanzen, obwohl niemand sich kennt, keiner was einstudierte das ist es, was dir das absolute Glücksgefühl gibt.

Es wird Nacht, Elfen, Schmetterlinge, Seifenblasen, Leuchtkugeln bewegen sich, ob an der Kleidung der Leute oder die Dekoration , es ist spektakulär. Man wünscht sich, die Zeit bleibe immer in dieser Nacht stehen.

Kurz mal zum Campingplatz gehen, Zigaretten holen das klappte nie ,,lachen“ unmöglich, denn du bleibst mindestens 5-mal auf der Strecke stehen und triffst Leute, die Musik machen, ein Kunststück vorführen, ein Gespräch, welches dich fesselt. An nichts kommst du einfach so vorbei, und plötzlich, findest du dich in einem Camp wieder, dass nicht deines war und sitzt mit Leuten zusammen, die du zuvor nie gesehen hast und mit denen du im Alltag wohl nicht sitzen würdest. Denn das war es, jedes mal aufs neue. Die langen Sommernächte wurden zu einem Teil meines Lebens. Hinter dem jetzt verbirgt sich das Lachen der Erinnerung. Unzählige Menschen verschiedenster Kulturen habe ich kennenlernen dürfen und dafür bin ich unendlich dankbar, die Zeit, die ich mit ihnen verbrachte, war einzigartig.

Was hat man gelacht ... ein ganz besonderer Moment auf einem Festival, der mir immer im Kopf bleib, geschah auf einem Elektrofestival vor vielen Jahren. Wir waren mit Freunden da , doch Alkohol durfte man uns nicht geben und erst recht nicht anderes, da waren wir außer Rand und Band. Es genügte, ein Wort ein einziges doofes Wort, zu einem bestimmten Pegel, und einer bestimmten Situation da kam es, ,

und wir konnten einfach nicht mehr inne halten. Das Wort ,,Bestimmt“. Bestimmt wollen sie das, bestiiimmmmttt ,,lach“ bestimmt gehen wir gleich los, bessssstttiiiimmmmt tun wir das .

Bestimmt gehen wir jetzt dahin. Das Wort bestimmt war nun Bestandteil jeden Satzes. Wir kugelten uns vor Lachen auf dem Boden, keiner konnte uns aufstehen helfen denn wir wollten es nicht es tat schon weh im Bauch. Irgendwann hingen wir in Seilen fest meine Freundin und ich, wir lachten über alles, so das sogar ausländische Gäste schon lachten doch wir konnten es ihnen nicht übersetzen denn wir wussten es ja selbst nicht mehr. Sie war geil die Zeit wir waren zu allem bereit .

Die Nacht begann, langsam kamen alle zu den Bühnen alle Lichter waren in vollen Zügen zu genießen. Der Gang zum Festival war stets der aufregendste. Es gab kein

Links-Rechts Geh-Gebot oder irgendwelche Regeln, sondern man spürte den Drang , einfach ein eigenes fantasierendes Ich zu leben. Man setzte sein Lächeln auf, ein glückliches, und stürmte das Gelände, man schaute in die Runde und traf sich immer wenn man es wollte. Diese Musik in meinen Ohren ließ alles um mich herum vergessen. Von der Service Kraft, zum Standverkäufer es waren alle harmonisch. 3 Tage voller Emotionen und Freude , Glück, Love Pease und Harmonie..Tag eins ist fast vorüber, man geht völlig Müde zum Camp, will nur noch schlafen, Sich ausruhen, denn in ein paar Stunden geht es weiter und man möchte wieder dabei sein ....Stunden später, pünktlich zur Nacht sind die Batterien wieder aufgeladen. Das Outfit zurecht gelegt, den Pinsel ins Glitzer getaucht , und die Feen Flügel angelegt. Kein Tag ist wie der andere, doch der weg zum Festival Gelände ist stets der selbe, jedoch entdeckt man an jeder Ecke etwas neues. Der Zauber der Nacht ist in Worten kaum wieder zugeben, und so passiert es auch mal das die Nacht zum Tag wird. Es gibt unzählige Geschichten die man dort erlebt, dass diese ein eigenes Buch verdienen.

Kommentar: Das ist für viele eine fremde Welt. Interessant zu erfahren, wie manche jungen Menschen so etwas erleben. Entwickelt sich hier eine neue Sprache, oder ist das nur Vernachlässigung der bestehenden Sprache? Ich finde den Text authentisch und faszinierend. Schließlich bin ich kein Schulmeister. Ich betrachte das als ein Sprachdokument. Alles wurde im Originalzustand belassen, keinerlei Korrekturen durchgeführt.

Susanne Strittmatter

Der Himmel über Manila

Gut fünfzehn Jahre, bevor wir in der Mission Familienzuwachs diesen Ort besuchen sollten, stand ich am Flughafen vor der Anzeigetafel, die mit rhythmischem Klackern alle paar Minuten die nächsten Destinationen und Abflüge aktualisierte, und starrte auf die Anzeige. „Manila“ stand da.

Manila, Hauptstadt der Philippinen. Es stiegen Bilder in mir auf. Palmen, endloser Sandstrand, türkisfarbenes Meer, fröhliche Farben. Dieses Trugbild bewahrte ich mir, keine Farbe verblasste. Es hielt sich hartnäckig.

Da wollte ich hin.

Mit einem Kindervorschlag stiegen wir 2015 in ein Flugzeug mit eben diesem Ziel: Manila. Zufall und doppeltes Sehnsuchtsziel. Wir werden diese traumhafte Stadt kennenlernen (ja, ich glaubte das immer noch) und einen fast fünfjährigen Jungen abholen, der ab diesem Zeitpunkt unser Sohn sein wird. In die Träume von Palmen, Sand und Meer webt sich der Traum von diesem Kind.

Manila ist eine Stadt, die einen im Stakkato erschlägt.

Mit der Landung erschlägt einen zunächst die schwüle Luft. Sie ist drückend, sie ist erdrückend, diese Luft.

Es ist der Himmel über Manila, der Freude und Licht zu ersticken scheint. Ein Himmel, der wie Dämmwolle schwer über der Stadt liegt.

Dieser Himmel hält alles das unter sich gefangen, was sich unter ihm abspielt.