A Dead Girl's Betrayal - Ulrike Rylance - E-Book
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A Dead Girl's Betrayal E-Book

Ulrike Rylance

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Beschreibung

Das beliebteste Mädchen der Schule ist tot und alle Hinweise führen zu dir
Der packende Thriller in dem man niemandem trauen kann

Lenas Beziehung mit Leander, dem Gitarristen einer angesagten Band, scheint perfekt. Doch als die bildhübsche Vanessa auftaucht gerät ihr Leben aus den Fugen. Das angesagte It-Girl der Schule wird zu Lenas größter Rivalin und zum Grund für Leanders plötzlicher Trennung. In einem Strudel aus Herzschmerz und brennender Eifersucht macht Lena keinen Hehl daraus, dass sie Vanessa nicht ausstehen kann. Als diese nach einer wilden Party plötzlich tot aufgefunden wird, fällt der Verdacht deswegen sofort auf Lena. Aber sie kann sich an die Tatnacht nicht mehr erinnern. Um ihre Unschuld zu beweisen, muss Lena die Wahrheit herausfinden. Während sie sich auf die gefährliche Suche begibt, ahnt sie nicht, dass sie sich damit selbst zur nächsten Zielscheibe macht …

Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits erschienenen Titels Eiskaltes Herz.

Erste Leser:innenstimmen
„Die unerwarteten Wendungen und die Frage nach der wahren Schuld halten einen bis zum Schluss in Atem.“
„Die Jagd nach der Wahrheit und die Enthüllungen haben mich total mitfiebern lassen.“
„Die psychologische Tiefe der Figuren und die beklemmende Atmosphäre haben mich gefesselt.“
„Der Plot des Jugendthrillers ist raffiniert konstruiert, sodass man bis zum Schluss im Dunkeln tappt.“

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Seitenzahl: 250

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Über dieses E-Book

Lenas Beziehung mit Leander, dem Gitarristen einer angesagten Band, scheint perfekt. Doch als die bildhübsche Vanessa auftaucht gerät ihr Leben aus den Fugen. Das angesagte It-Girl der Schule wird zu Lenas größter Rivalin und zum Grund für Leanders plötzlicher Trennung. In einem Strudel aus Herzschmerz und brennender Eifersucht macht Lena keinen Hehl daraus, dass sie Vanessa nicht ausstehen kann. Als diese nach einer wilden Party plötzlich tot aufgefunden wird, fällt der Verdacht deswegen sofort auf Lena. Aber sie kann sich an die Tatnacht nicht mehr erinnern. Um ihre Unschuld zu beweisen, muss Lena die Wahrheit herausfinden. Während sie sich auf die gefährliche Suche begibt, ahnt sie nicht, dass sie sich damit selbst zur nächsten Zielscheibe macht …Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits erschienenen Titels Eiskaltes Herz.

Impressum

Überarbeitete Neuausgabe Juli 2024

Copyright © 2024 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Made in Stuttgart with ♥ Alle Rechte vorbehalten

E-Book-ISBN: 978-2-38619-050-6 Taschenbuch-ISBN: 978-3-98998-312-0

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literaturagentur Kai Gathemann GbR.

Copyright © 2013, Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits 2013 bei Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG erschienenen Titels Eiskaltes Herz (ISBN: 978-3-42371-541-6).

Covergestaltung: Buchgewand unter Verwendung von Motiven von stock.adobe.com: © Graphic Resources, © Azahara MarcosDeLeon, © sasongkoo6, © berkahjayamaterial, © Marianna Jaszczuk/Wirestock Korrektorat: Daniela Pusch

E-Book-Version 18.09.2024, 11:41:30.

Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.

Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

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A Dead Girl's Betrayal

Wer nicht eifersüchtig ist, der liebt nicht.

Augustinus

1

Juni

Leander, wo bist du?

Das Auto, in dem ich sitze, riecht nach kaltem Rauch. Ich starre auf den Hinterkopf des Albinos, ab und zu sehe ich ihn im Profil, wenn er aus dem Fenster blickt. Keine Ahnung ob er wirklich rote Augen hat. Ich nenne ihn so, weil er weißblonde Haare und ganz helle Haut hat und eine Sonnenbrille trägt, obwohl es draußen kühl und diesig ist.

Seinen Namen kenne ich nicht. Aber ich habe Angst davor, wozu er fähig sein könnte, und zwinge mich, nicht daran zu denken, sonst breitet sich Panik wie Lava in meinem Bauch aus. Rot glühende Lava, die alles in mir verschlingt und nur noch nackte Angst zurücklässt. Meine Finger krallen sich jetzt in das speckige Polster, ich richte meinen Blick starr nach unten. Auf dem Boden liegt eine leere, zerknautschte Schachtel Marlboro, Technoklänge hämmern leise vorn aus dem Radio.

»Worauf warten wir eigentlich?«, frage ich erneut, obwohl ich mir doch geschworen habe, nichts mehr zu sagen. Der Albino hat keine meiner Fragen beantwortet. Und was ich wirklich meine, ist vielmehr: Was hast du mit mir vor? Was habt ihr mit mir vor? Und wo ist Leander? Leander muss mir helfen, wir gehören doch zusammen. Lena und Leander – für immer und ewig. Trotz allem, was passiert ist. Oder gerade deswegen.

Der Albino trommelt jetzt mit den Fingern auf dem Lenkrad herum. Offenbar warten wir auf jemanden.

»Ich muss mal«, versuche ich es verzweifelt, meine Stimme klingt dünn und piepsig. Die Stimme eines kleinen Mädchens, das sich jeden Moment in die Hose pinkeln wird.

Dem Albino ist das egal. Sein runder Kopf mit den weißblonden Haarstoppeln ruckt im Takt der Musik, im Rückspiegel sehe ich nur die dunklen Gläser seiner Sonnenbrille. Er beobachtet mich, auch wenn er so gleichgültig tut. Stumpfe, schwarze Löcher in einem bleichen Gesicht. Sie kommen mir vor wie tiefe Krater, in die ich fallen und in denen ich auf Nimmerwiedersehen verschwinden werde. Ich denke an meine Eltern, die jetzt ahnungslos nach Hause kommen, den Kühlschrank mit Einkäufen vollpacken, die Post durchsehen, ein paar Worte über ihren Tag in der Zahnarztpraxis und im Büro wechseln. Wann werden sie sich wundern, wo ich bleibe? Und ich denke an Leander, meinen Leander. An den unheilvollen Tag im April, an dem alles anfing. Etwas Heißes steigt in meiner Kehle hoch. Hastig kneife ich die Augen ein paarmal auf und zu. Nicht heulen, lieber nachdenken, wie ich hier rauskomme.

Wie konnte ich nur so blöd sein, hier einzusteigen? Jetzt sind die Türen verriegelt.

Wir stehen vor einem Abrisshaus in einer heruntergekommenen Straße. Ein zerrissenes Plakat wirbt für die längst vergangene Mega-Sommerparty im Jahr 2007, die Haltestelle ist menschenleer und alles, was ich in der letzten Stunde gesehen habe, war eine streunende Katze und ein kapuzenvermummter Typ, der seinen Kampfhund ausführte.

Jemand reißt die Beifahrertür auf.

»Fahr los«, sagt eine Stimme. Ich habe sie schon mal gehört. Weiß, zu wem sie gehört.

Mir wird übel.

2

April

Auf dem Foto war Leander ungefähr acht Jahre alt.

Er stand irgendwo an einem Strand, trug eine rote Mütze mit einem Garfield-Aufdruck und blickte missmutig in die Kamera.

»Warum guckst du denn da so traurig?«, fragte ich ihn. Wir saßen in seinem Zimmer unterm Dach auf dem Bett und ich hatte mir das Album mit seinen Kinderfotos geschnappt, noch bevor er es verhindern konnte. »Ist es wegen der hässlichen Mütze?

Meine Eltern haben mich als Kind auch immer unmöglich angezogen. Ich sag nur: kackbraune Strumpfhosen, die auch noch furchtbar gekratzt haben.«

Leander fing an, an meinem T-Shirt herumzuspielen. »Nee, nicht wegen der Mütze. Ich glaube, ich war wegen was anderem traurig.«

»Und warum?«

Seine Finger schoben jetzt Stoff weg und strichen sacht über meinen nackten Bauch. »Na, weil ich dich noch nicht kannte.«

Ich lachte. Es war genau das, was ich hatte hören wollen. »Du hättest mich doch damals gar nicht beachtet. Kleine Jungs und kleine Mädchen mögen sich in dem Alter nicht besonders.«

»Du wärst mir mit Sicherheit aufgefallen«, murmelte er, sein Mund presste sich jetzt auf meinen Bauch.

»Ich hätte dir deine kratzenden Strumpfhosen ausgezogen und dich gerettet.« Er wurde drängender und ich kippte mit einem kleinen Quieken nach hinten auf sein Bett. »Was ist mit Mathe?«, quetschte ich zwischen zwei Küssen heraus, dabei war mir Mathe in diesem Moment so was von egal. Ich wollte

doch auch, dass er weitermachte.

»Scheiß drauf«, flüsterte er. »Nachher.«

Seine rechte Hand hakte meinen BH auf und schob sich warm auf meine Brust. Ich legte meine Hände um seinen Hinterkopf und zog ihn näher an mich heran, als ich etwas hörte. Im Haus klappte eine Tür. Leander hielt inne, er hatte es ebenfalls gehört. Wir sahen uns an. Ich zog eine Augenbraue hoch.

»Leander? Willst du ein bisschen Quarkkuchen?«

Seine Oma, die mit im Haus wohnte. Wir hielten mucksmäuschenstill, klammerten uns halb ausgezogen aneinander, versuchten, nicht loszuprusten.

»Leander? Bist du oben? Ist frisch gebacken!«

Schritte klackerten. Erst unten im Korridor, dann auf der Treppe.

»Die kommt hoch.« Mit einem Satz richtete ich mich auf und zog meinen BH wieder an.

Leander grinste. »Möchtest du denn keinen Quarkkuchen, meine süße Lena?« 

»Hör auf!« Ich schlug spielerisch mit meinem T-Shirt nach ihm. »Das ist doch peinlich, wenn deine Oma hier reinplatzt. Wieso kommt die überhaupt hoch? Ich denke, die hat es mit dem Knie?«

Leander zuckte mit den Schultern. »Vielleicht war es auch der Ellenbogen, ich weiß nicht mehr genau.«

Er stand auf. »Wir kommen gleich runter«, rief er laut.

Zu spät.

Die Tür ging just in dem Moment auf, als ich mein T-Shirt gerade wieder angezogen hatte.

»Ach, die Lena«, sagte seine Oma bei meinem Anblick. Sie schnaufte leicht. Was musste sie auch so die Treppe hochhetzen?

»Na, da will ich euch nicht stören.« Sie lächelte entschuldigend. »Ich dachte nur, der Leander liegt wieder mal den ganzen Nachmittag im Bett rum.«

Ich wandte den Blick ab, um nicht laut loszukichern, und er blieb dabei an einem Poster hängen.

Leander und seine Band – The Gargoyles. Mit düsteren Mienen standen sie vor etwas, das wie der apokalyptische Rest einer Großstadt aussah, dabei war es nur die Industrieanlage hinten am Fluss. Das Plakat kündigte ihr erstes richtig großes Konzert in zwei Wochen an. Einer seiner Kumpel hatte das Foto geschossen, ich war auch dabei gewesen. Wenn man ganz deutlich hinsah, konnte man auf dem Bild meinen Schatten erkennen, aber natürlich stand ich nicht mit bei der Band. Leander spielte Bassgitarre und wirkte auf dem Poster dunkel und unnahbar, dabei war er das gar nicht. Das wusste ich schließlich am besten, immerhin war ich seit sieben Monaten seine Freundin.

Er war witzig und zärtlich und intelligent, er liebte seine Katze und seine kleine Schwester, er komponierte die Songs für die Band und schrieb wunderschöne Texte dazu, er war nicht eitel, obwohl er umwerfend gut aussah, wir konnten über dieselben Dinge lachen und es war seither kein Tag vergangen, an dem ich nicht vor Stolz bald geplatzt war, dass er ausgerechnet mich zur Freundin haben wollte.

»Unten ist der Kuchen, nehmt euch ruhig.« Leanders Oma riss mich aus meinen Gedanken. »Selbst gebacken schmeckt doch immer noch am besten.«

Uns blieb gar nichts anderes übrig, als ihr zu folgen und uns unten in der Küche gehorsam ein Stück Quarkkuchen reinzustopfen. Danach wieder hochzugehen und da weiterzumachen, wo wir aufgehört hatten, war irgendwie nicht drin. Noch weniger Lust verspürte ich allerdings auf Mathe. Leanders Handy kündigte mit einem kurzen Schnurren eine SMS an.

Er warf einen Blick darauf. »Moritz und Sarah sind vorn am Park. Mit noch ein paar anderen. Ich hab noch eine Stunde vor der Probe, wollen wir hin?«

Ich sah aus dem Fenster. Obwohl es erst Anfang April war, zeigte das Wetter sich seit ein paar Tagen von seiner besten Seite. Die Sonne strahlte und lockte alle möglichen Blumen und Knospen heraus, von denen man bislang geglaubt hatte, sie wären auf Nimmerwiedersehen verschollen. Heute in der Schule hatten ein paar Mädchen bereits Shorts und Sonnenbrillen getragen, als wären sie am Strand von Ibiza.

»Klar«, sagte ich daher. »Gehen wir vor zum Park.«

Später habe ich oft überlegt, was passiert wäre, wenn ich mit Leander an diesem Tag einfach zu Hause geblieben wäre. Man nennt das den Schmetterlingseffekt – eine winzige Kleinigkeit entscheiden und damit das ganze Leben in eine andere Spur umleiten. In eine bessere. Oder eine abenteuerlichere.

Oder, wie in meinem Fall, direkt in die Hölle.

Wir überquerten die Hauptstraße und winkten dabei Moritz und Sarah zu, die schon zusammen mit Hendrik und Gregor auf der Bank bei den Tischtennisplatten saßen. In letzter Zeit hingen Moritz und Sarah fast jeden Tag dort rum und warteten auf ein paar andere, fast, als wären sie auf der Flucht vor sich selbst. Vor ein paar Monaten waren sie unter großem Tamtam zusammen ins Dachgeschoss der offenbar sehr freizügigen Eltern von Moritz gezogen.

Mit unendlich vielen Andeutungen und albernem Gekicher hatte Sarah uns alle täglich mit der Nase darauf gestoßen, wie herrlich diese neue Zweisamkeit war und wie erwachsen, und wie bemitleidenswert wir anderen waren, die wir noch bei unseren Eltern in unseren Kleinmädchenzimmern hockten.

Mittlerweile war der Reiz des Neuen wohl verpufft, denn Sarah beschwerte sich dauernd, dass das Zimmer von Moritz ein Saustall war und sie diejenige, die dann wieder alles aufräumen musste. Wie ein altes Ehepaar, dachte ich, als wir auf sie zuliefen und ihre leicht verkniffenen Gesichter sahen. Offenbar hatte es gerade wieder gekracht. Ich drückte Leanders Hand ganz fest. Nie würden wir so enden, das schwor ich mir.

»Gregor hat sich gerade so was von zum Horst gemacht«, begrüßte uns Hendrik, der Drummer aus Leanders Band.

»Ja, danke. Erzähl es gleich allen weiter«, knurrte Gregor verdrießlich. Er hockte rauchend auf einer der großen Holzscheiben, die eigentlich zum Klettern für Kinder gedacht waren, und kassierte dafür böse Blicke von zwei Müttern mit Kinderwagen.

»Ja natürlich, das muss die Welt doch wissen. Als abschreckendes Beispiel – wie man jemanden nicht anquatschen sollte!« Hendrik kicherte.

»Was?«, fragte ich verständnislos. »Wen hat er angequatscht?«

»Nessa.« Hendrik rollte bedeutungsvoll mit den Augen.

»Ist gut jetzt, okay?«, schnappte Gregor und quetschte seine Kippe auf der runden Baumscheibe aus.

»Also, hallo! Geht's noch?«, rief eine der Mütter und schüttelte den Kopf.

Nessa. Da brauchte man gar nicht mehr zu sagen, denn jeder wusste Bescheid. Vanessa Klinger, die von allen »Nessa« genannt wurde, als wäre sie irgendein Planet oder so. Ein Planet, um den Dutzende von lechzenden männlichen Monden kreiselten und ihre Bahnen zogen. Die Mädchen waren hauptsächlich neidisch auf sie, was sie aber nicht davon abhielt, ständig ihre Nähe zu suchen, um ein bisschen von dem Glamour abzubekommen. Vater berühmter Herzchirurg, Mutter Ärztin für kosmetische Chirurgie, ein Prachthaus im Villenviertel, ein Ferienhaus an der Nordsee, perfekte Figur, samtbraune Augen und glänzende lange Haare, Schmollmündchen, nie ein lästiger Pickel, nie ein störendes Stäubchen, mit fünfzehn die Clara im Nussknacker-Ballett getanzt, mit sechzehn den Talentwettbewerb der Stadt als Violinistin gewonnen. Ach, und natürlich keinerlei Probleme mit Integralrechnung oder Chemie wie die restlichen Sterblichen von uns, weswegen sie kürzlich auf Facebook geklagt hatte, dass sie sich gar nicht entscheiden könne, an welcher Elite-Uni sie denn nun Medizin studieren solle.

»Er hat sie vorhin gefragt, ob sie mit ihm dieses Jahr nach Wacken will«, fuhr Hendrik gnadenlos fort.

»Zu den Metalfreaks.« Er klatschte sich jetzt begeistert auf die Schenkel. »Da könnte die schöne Nessa ihm ihre Haare ins Gesicht schlenkern und sein gemütliches Zelt mit ihm teilen!«

Sarah wieherte los und auch ich musste gegen meinen Willen lächeln, obwohl Gregor mir ein bisschen leidtat. Aber Vanessa in Wacken im Schlamm auf der Weide mit einer Flasche Aldibier in der Hand … 

»Hätte doch sein können«, wehrte sich Gregor. »So abwegig ist das ja nicht. Dieses jähr spielen total gute Bands. Das Ding ist fast ausverkauft!«

»Was hat sie denn gesagt?«, erkundigte sich Leander. Das interessierte mich auch, trotz Gregors gequältem Gesichtsausdruck.

»Dass sie an dem Wochenende leider nicht kann, weil da ihre Geschlechtsumwandlungs-OP stattfindet.« Hendrik prustete los. Ich fand das ziemlich heftig, Gregor war doch kein schlechter Kerl. Aber Leander lachte laut auf.

»Ja, ja, sehr witzig«, knurrte Gregor. »Können wir jetzt mal das Thema wechseln? Und abgesehen davon weiß die Tussi nicht, was sie verpasst. Metal rules, baby!« Er spuckte in den Sand, verfolgt von den argwöhnischen Blicken der beiden Mamis am anderen Ende des Spielplatzes.

»Genau«, stimmte ich Gregor zu. Wacken war immer noch cooler als Sylt oder wo immer Vanessa sich aufhalten würde. Die Sonne brannte jetzt regelrecht, ich zog meine Jacke aus und legte sie auf die Bank.

Am liebsten hätte ich mich komplett ausgezogen und in die Sonne gelegt.

»Was hast du denn da?« Sarah richtete ihre Aufmerksamkeit jetzt auf das T-Shirt von Moritz. »Ist das Kaffee?«

»Was?«, Moritz schielte nach unten.

»Der Fleck da. Mann!« Sie verdrehte genervt die Augen. »Und ich muss es dann wieder waschen!«

Ich wechselte einen verschwörerischen Blick mit Leander. Sein Mundwinkel zuckte leicht. »Ich hol mir mal ein Eis da drüben«, sagte er laut. »Auch eins?«

Das galt mir.

»Ja. Aber nicht kleckern. Ich muss es dann wieder waschen.« Ich zwinkerte ihm zu. Er grinste zurück und schwang sich elegant über das kleine Geländer, welches den Park von der Straße abgrenzte. Kurz sah er nach links und rechts und spurtete dann los, über die Straße. Ich sah ihm hinterher, bewunderte seinen typischen schlenkrigen Leander-Gang, wie er lässig und doch flink durch den Verkehr huschte.

Ein Auto hupte. Und dann knallte es laut, jemand schrie, Glas splitterte, Bremsen quietschten.

»Oh Gott!«, rief Sarah erschrocken.

Leander war weg.

3

April

Mir wurde eiskalt. Ich konnte mich nicht bewegen, stand da wie festgenagelt. Ein Teil von mir löste sich aus meinem Körper und flatterte hoch in die Luft, von wo aus er unbeteiligt das Geschehen beobachtete, als ginge es mich gar nichts an. Dabei lag Leander da vorn auf der Straße und hinter ihm stand ein VW Golf, aus dem gerade eine Frau ausstieg. Ein Smart war ihr hintendrauf gefahren, weil sie so plötzlich gebremst hatte, Glasscherben lagen auf der Straße. »Ist Ihnen was passiert?«, rief die Frau erschrocken.

Im Nu sammelten sich Schaulustige um den Unfallort und verdeckten die Sicht.

»Komm.« Sarah zerrte mich am Arm und ich erwachte aus meiner Starre, setzte mich wie ferngesteuert in Bewegung, wurde immer schneller, rannte die letzten Meter. Leander! Er saß jetzt auf der Straße und rieb sich die Schulter. »Alles okay«, sagte er gerade. »Nichts passiert, bin nur gestolpert.«

Das war das Signal für die Frau, ihrer Wut freien Lauf zu lassen. »Ja, bist du denn verrückt geworden?

Da muss man doch mal die Augen aufmachen, wenn man über die Straße geht. Rennt mir hier einfach so vors Auto und fällt genau davor hin, haben Sie das gesehen?« Sie wandte sich Hilfe suchend an die gaffenden Leute um sie herum. »Da kannst du von Glück reden, dass deinem Freund nichts passiert ist«, meckerte sie jemanden an. Deinem Freund? Ich schob die Leute weg, die nur unwillig zur Seite gingen und sich nicht von dem Anblick trennen konnten, welcher sich mir nun ebenfalls bot. Neben Leander hockte Vanessa. Wo kam die auf einmal her? Und was machte die da? Sie hielt ihn sanft am Ellenbogen fest, als wäre er ein kleines Kind.

»Geht es? Kannst du aufstehen?«, fragte sie ihn gerade. »Und Sie sind viel zu schnell gefahren«, fuhr sie die Frau an. Die riss empört den Mund auf, aber was sie erwiderte, bekam ich nicht mehr mit, denn wie in Trance verfolgte ich Leander und Vanessa mit den Augen. Wie sie ihm hochhalf und rüber auf den Fußweg führte. Wie schön sie dabei in ihrem hellen Kleid aussah, eine Mischung aus sexy Krankenschwester und rettendem Engel. Wie Leander sich bedankte und irgendeine Bemerkung machte, bei der sie vor Lachen den Kopf in den Nacken warf.

Wie er vergessen zu haben schien, dass ich auch noch da war.

»Die Adresse von deinem Freund will ich, für die Versicherung«, keifte die Frau den beiden jetzt hinterher.

Weder Vanessa noch Leander stellten der Frau gegenüber ihr Verhältnis zueinander klar und da setzte ich mich endlich in Bewegung. »Leander«, rief ich und drängte mich durch die Leute.

»Und schön hierbleiben, Freundchen«, rief die aufgebrachte Frau Leander zu, dabei hatte er doch gar nicht vor wegzulaufen. Er saß neben Vanessa auf einer Kiste vor dem vietnamesischen Obststand und hielt sich das Knie.

»Lass die reden, ich kenne einen Anwalt, mach dir keine Sorgen«, sagte Vanessa gerade zu ihm. Sie hielt immer noch seinen Arm fest.

»Leander.« Ich schnappte nach Luft, als ich endlich vor ihm stand. »Was machst du denn?«

»Bin nur über irgendwas gestolpert, die soll sich nicht so aufregen«, sagte er und verdrehte die Augen.

»Hab doch ihr kostbares Auto mit meinem eisenharten Körper gar nicht beschädigt.«

»Na, Gott sei Dank«, sagte ich. Ich kniete mich vor ihm hin und griff nach seiner Hand. Warum hockte Vanessa immer noch neben ihm? Sie konnte ihn jetzt wirklich loslassen, ich war schließlich hier.

»Ihr kennt euch doch, oder?«, fragte Leander. Ich nickte, obwohl ich noch nie was mit Vanessa zu tun gehabt hatte. Ich gehörte nicht zu ihrem Hofstaat und hatte mich auch nie darum bemüht, wozu auch?

»Komme jetzt gar nicht auf deinen Namen«, sagte Vanessa mit einem kleinen schiefen Lächeln.

Und ich nicht auf deinen, hätte ich am liebsten geantwortet, aber damit hätte ich mich nur lächerlich gemacht, jeder wusste, wie sie hieß. 

»Das ist Lena«, stellte Leander mich vor, als wäre ich irgendwie sprachbehindert.

Vanessa sah mir für den Bruchteil einer Sekunde in die Augen. Ich hatte das Gefühl, dass sie in diesem kurzen Moment direkt in mich hineinsah. Wie sie meine Unsicherheit erkannte, die ich doch mit Leander an meiner Seite so gut verbergen konnte, wie sie mit einem abschätzigen Blick meine selbst gefärbten Haare betrachtete, meine Steampunk-Kette, die ich nie abnahm, weil sie mir Glück brachte, meine fünf Pfund zu viel, meine Stiefel, die bald auseinanderfielen, weil ich sie nun schon den zweiten Winter trug. Etwas blitzte in Vanessas Augen auf.

Etwas, das ich nicht einordnen konnte, das mich aber

an ein Tier erinnerte, das Witterung aufnahm. Doch im nächsten Moment war es weg und sie beugte sich vertraulich vor, legte den Arm um mich, als wären wir beste Freundinnen. Ich konnte ihr Parfüm riechen, nach Karamell und irgendeinem Gewürz. »Du trägst dein T-Shirt auf links, Lena«, flüsterte sie in mein Ohr. »Ich wollte es dir nur sagen. Du willst ja sicher nicht, dass jeder gleich deine Größe sieht, oder?«

Als ich an diesem Abend in meinem Zimmer saß, konnte ich mich nicht auf die verdammten Mathehausaufgaben konzentrieren, die immer noch nicht erledigt waren. Leander war jetzt bei der Bandprobe, nachdem seine Oma unter großem Gezeter zu Hause sein Knie verarztet hatte, während ich nutzlos danebenstand. Nutzlos, das war das richtige Wort. Zum Trösten am Unfallort war ich zu spät gekommen, ich hatte der Frau nicht entgegengeschleudert, dass sie zu schnell gefahren war, und einen Pflasterverband anlegen konnte ich erst recht nicht. Ich starrte auf mein Buch und verstand immer noch kein Wort. Die Graphen von f und g schließen im 4. Quadranten ein Flächenstück ein. Berechne dessen Inhalt!

Mein Handy summte, ich riss es an mich. Bestimmt schrieb Leander mir eine Nachricht zurück. Wir hatten so ein Ritual, dass wir uns jeden Abend eine Zeile schickten, um zu signalisieren, dass wir an den anderen dachten. Irgendwas, eine Liedzeile, eine kurze Bemerkung. Vorhin hatte ich ihm geschrieben:

Mein Mathebuch und ich sehnen uns nach dir.

Es war eine PN, aber nicht von Leander. Von meiner besten Freundin Tine:

Was war heute los, hatte L. einen Unfall????

Woher wusste Tine das? Ich war so durcheinander gewesen, dass ich ihr noch gar nichts davon erzählt hatte.

Ja. Woher weißt du das?,

schrieb ich zurück.

Von Nessa. Sie war ganz fertig.

Ich schluckte. Vanessa? Die hatte doch noch nie mit Tine geredet. Und sie war ganz fertig?

Nichts weiter passiert, er ist ok.

Ich rutschte immer wieder mit den Fingern ab, während ich das schrieb.

Warum braucht er dann ihren Anwalt?

Ich schüttelte unwillkürlich den Kopf.

Braucht er nicht.

Langsam wurde ich wütend. Was hatte Vanessa da für einen Unsinn verbreitet? 

Tine schickte ein Smiley zurück, das verwirrt mit den Augen klapperte. Warum muss sie sich dann mit ihm treffen?

Ich ließ mein Handy sinken. In meinem Hals bildete sich ein dicker Kloß.

Noch ein Smiley von Tine. Ich ignorierte sie und schickte Leander eine SMS.

Wo bist du? Ruf mich an!

Er antwortete nicht. Auch nicht, nachdem ich drei weitere SMS hinterhergeschickt und ihn zweimal angerufen hatte. Ich fegte wütend das Mathebuch vom Tisch.

Und auch nicht, als ich kurz vorm Schlafengehen meine Stiefel packte und in den Müll schmiss. Und das verdammte T-Shirt gleich mit dazu.

4

April

In der Aula roch es nach Bohnerwachs und dem üblichen Schulmief, kombiniert mit dem Turnschuh- und Deogeruch von fünfzig Schülern aus der 12. Klasse, die ermattet nach vorn stierten. Dort hielt gerade ein Referent einen lähmenden Monolog über seinen beruflichen Werdegang und wie er es zum Software-Entwickler geschafft hatte. Davor hatten eine Physiotherapeutin und ein Architekt von ihrem Berufsalltag berichtet, wobei der Architekt immer wieder nervös auf seine Uhr geblickt hatte und anschließend sofort davongehetzt war.

Mich interessierten die Berufe nicht, ich wollte Übersetzerin werden, wenn ich es schaffte, und ich ließ meinen Blick über die dahindämmernde Schülerschar schweifen.

Nein, das stimmte nicht ganz. Ich suchte Leanders Blick. Seit dem Unfall hatten wir uns kaum gesehen, mal hier ein flüchtiger Kuss im Gang der Schule, mal da eine nichtssagende Textnachricht. Und als wir uns vorgestern, am Sonntagnachmittag, endlich getroffen hatten, war er seltsam ruhelos gewesen und hatte mich ins Kino geschleppt. Ich konnte mich nicht mal mehr an den belanglosen Film erinnern. Fast kam es mir vor, als ob er froh war, dort nicht mit mir reden zu müssen. Brav hatte er mich hinterher nach Hause geschafft, dabei wäre ich gern noch mit zu ihm gekommen, aber er hatte angeblich so schrecklich viel zu tun.

»Du spinnst«, meinte er, als ich ihn auf den Kopf zu fragte, ob er sich mit Vanessa wegen eines Anwaltes getroffen hatte. »Wer erzählt denn so einen Mist?«

»Vanessa«, rutschte es mir heraus.

»Ich brauche keinen Anwalt. Meine Eltern regeln das mit der Versicherung.«

»Warum hast du mich dann an dem Tag nicht zurückgerufen?«

»Ich hatte mein Handy nicht mit zur Probe genommen, ich war noch ganz durcheinander, kapierst du das denn nicht?«

»Warum bist du dann so komisch in letzter Zeit?«

»Ich bin doch nicht komisch, Lena. Meine Eltern stressen rum wegen meiner Noten, ich muss echt mal ranklotzen. Und dann ist übermorgen auch noch das Konzert, ich weiß echt nicht, wo mir der Kopf steht.«

»Du hörst dich an wie ein gestresster Manager«, versuchte ich einen lahmen Scherz.

»Und du wie eine alte Tante.« Damit ging er weg und ließ mich vor unserer Haustür stehen. Ich wollte ihm hinterherrennen, ihn packen und schütteln und anschreien, was das alles sollte, ich wollte ihm um den Hals fallen und meine Nase in der Kapuze seines Sweatshirts vergraben. Ich wollte, dass er sich wenigstens umdrehte. Aber er ging einfach weiter.

Später kam nur noch eine PN:

Sorry, hab es nicht so gemeint.

Dass er es wirklich nicht so gemeint hatte, darauf hoffte ich jetzt, als mein Blick durch den Saal wanderte. Neben mir saßen Tine sowie Nadine und Julia, meine anderen Freundinnen. Nadine schielte heimlich in ihr Handy und versteckte ihr Gesicht unter dem schwarzen Wust ihrer Locken. Julia kaute irgendetwas, und als sie meinen Blick bemerkte, hielt sie mir komplizenhaft ein Stück Schokolade hin. Ich schüttelte dankend den Kopf. Mir war nicht nach Schokolade. Und Julia hätte ehrlich gesagt auch besser daran getan, nicht immer so viel zu naschen. Sie wurde immer pummliger und letztens hatte sie sich auch noch die dünnen Haare vorn zu einem Pony schneiden lassen, der ihr Gesicht jetzt nahezu kreisrund aussehen ließ. Aber es ging mich nichts an. Außerdem suchte ich Leander. Dort hinten war er, in der vorletzten Reihe, neben Gregor. Einer von beiden hatte offenbar gerade einen Witz über den phlegmatischen Typen da vorn gerissen, denn sie lachten beide lautlos. Dann streckte Leander sich ein bisschen und sah sich suchend um. Na endlich. Sein Blick blieb hängen, saugte sich regelrecht fest. Ich kannte diese Art von Blick. Es war genau der Blick, mit dem er mich vor sieben Monaten immer wieder verfolgt hatte – auf dem Schulhof, in der Pause, in der Mensa, beim Herbstfest. Auch hier in dieser Aula, bei der Schuljahreseröffnung.

Nur, dass der Blick jetzt nicht mehr mir galt. In dem Moment, als Vanessa in der Reihe vor mir mit einem Lächeln ihren Kopf zur Seite drehte, wehte ein Hauch Karamell zu mir hinüber. Süßlich. Einschmeichelnd. Erstickend. In meinem Kopf fing es an zu rauschen, bis ich merkte, dass es Beifall war, der kurz aufwaberte und dann wieder abklang. Der Typ da vorn war fertig, dafür stand jetzt Vanessa auf.

Mit einem gehauchten »Sorry« und »Danke« glitt sie durch ihre Reihe und ging nach vorn auf die kleine Bühne. Wie ein Profi wartete sie, bis alles total still war, etwas, das der Software-Heini die ganze Zeit über nicht geschafft hatte.

»Im Namen der Schüler möchte ich einen ganz herzlichen Dank an unsere Gastreferenten aussprechen, diese tollen Vorträge werden sicher dem einen oder anderen bei der Berufswahl behilflich sein und …«

Dir doch nicht, dachte ich. Papa hat dir doch sowieso schon zehn verschiedene Studienplätze besorgt. Das Rauschen setzte wieder ein, diesmal war es nur in meinem Kopf. Um mich herum lachten alle, Vanessa legte keck den Kopf schief, offenbar hatte ich einen Witz verpasst. Sie überreichte dem verlegen dastehenden Software-Mann einen Strauß Nelken, die bereits ohnmächtig in der Zellophanpackung hingen, aber der Typ sah ihr ohnehin nur auf den Mund und in den Ausschnitt. 

»Und dann wollte ich euch noch sagen – wer heute noch nichts vorhat –, denkt dran, unsere Gargoyles spielen heute Abend im Kasseturm. Ich darf doch ein bisschen Werbung machen, Frau Herz, oder?« Sie lächelte unsere Schulleiterin an. Die lächelte zurück. Natürlich durfte sie das. Vanessa durfte alles.

Leander war vorn bei der Band und baute mit auf.

Ich winkte ihm zu und er winkte zurück. Dieses kleine Winken erleichterte mich unendlich. Ich bildete mir wahrscheinlich nur eine Menge blödes Zeug ein. Nachher würde ich mich rechts vorn neben die Bühne stellen, da hatten wir uns gut im Blick und hinterher würden wir bestimmt noch mit der ganzen Band den Auftritt feiern.

»Meinst du wirklich, das geht so?« Tine riss mich aus meinen Gedanken. Sie betrachtete sich unglücklich in einem der großen Spiegel im Vorraum des Kasseturms. »Ich sehe bescheuert aus, sei ehrlich.«

»Unsinn. Wieso denn?«

»Dieses Shirt hängt an mir wie ein Kissenbezug.

Ich hätte was Engeres anziehen sollen!«

Ich biss mir auf die Lippe. Ihre kurzen blonden Haare sahen cool aus, ihre kleine Stupsnase mit den Sommersprossen wirkte niedlich, aber das rot-weiß geringelte Top … So ganz unrecht hatte sie nicht.

Tine bemerkte meine Reaktion natürlich. »Du hast gegrinst, ich habe es gesehen. Scheiße Mann, jetzt ist es zu spät, noch mal nach Hause zu gehen!«

»Gregor wird dich auch so bemerken.« 

»Meinst du?« Sie war schon lange in Gregor verknallt, aber er schien völlig immun gegenüber ihren Gefühlen zu sein.

Moritz und Sarah kamen hinzu. »Was hast du denn da Komisches an?«, fragte Sarah und betrachtete erstaunt Tines Oberteil.

Die brach fast in Tränen aus. »Mist, ich wusste es. Sarah, hast du noch was anderes zum Anziehen mit?«

In den Tiefen von Sarahs Umhängetasche fanden sich tatsächlich noch ein paar Klamotten, da sie ununterbrochen neue Anziehsachen von zu Hause holte, um sie in die gemeinsame Wohnung mit Moritz zu schaffen. Erleichtert verschwand Tine mit ihr auf der Toilette.

Ich schnappte vor der Tür noch ein bisschen Luft und wollte gerade wieder reingehen, als Gregor herauskam, um eine zu rauchen.

Ich wagte einen Vorstoß. »Tine hat mich vorhin gefragt, ob ich jemanden weiß, der noch Karten für Wacken hat«, log ich. Tine würde mir verzeihen. Sie würde Gregor nach Wacken, zum Zahnarzt oder sonstwohin begleiten, wenn er sie nur darum bitten würde.