A Million Ways - Nancy Salchow - E-Book

A Million Ways E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Ron Drexler ist es gewohnt, dass er mit seinem Geld alles erreichen kann, im Leben und bei den Frauen. Als er unerwartet ein leidenschaftliches Abenteuer mit Charlene verbringt, die als Sängerin in seiner Bar arbeitet, ist er sofort Feuer und Flamme für sie, gerade weil sie sich mit ihrer freiheitsliebenden und selbstbewussten Art von seinen üblichen Frauenbekanntschaften unterscheidet. Sie scheint einen Instinkt in ihm zu wecken, von dem Ron glaubte, ihn längst verloren zu haben. Doch Charlenes erste Begeisterung erhält einen Dämpfer, als er sich als reicher Gönner aufspielen und so ihr Herz für sich gewinnen will. Während sie hin- und hergerissen ist zwischen ihren Gefühlen für Ron und dem Versuch, ihm zu erklären, dass sie nicht käuflich ist, wird er immer rätselhafter. Was verbirgt er vor ihr? Wer ist die merkwürdige Frau, die sie immer wieder in seiner Nähe sieht? Und warum fällt es ihm so schwer, sich Charlene vollkommen zu offenbaren – als Mensch und nicht als Geldgeber? Eines steht fest: Es gibt eine Million Wege, sich zu verlieben. Aber nur einen einzigen Weg, Ron Drexler zu lieben: Bedingungslos. Dieses Buch enthält sehr eindeutige und leidenschaftliche Szenen. Es handelt sich um einen eigenständigen und abgeschlossenen Roman und nicht um einen Teil einer Serie.

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Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Prolog

Kapitel 1 – Charlene

Kapitel 2 – Ron

Kapitel 3 – Charlene

Kapitel 4 – Charlene

Kapitel 5 – Charlene

Kapitel 6 – Ron

Kapitel 7 – Charlene

Kapitel 8 – Ron

Kapitel 9 – Charlene

Kapitel 10 – Ron

Kapitel 11 – Charlene

Kapitel 12 – Charlene

Kapitel 13 – Ron

Kapitel 14 – Charlene

Kapitel 15 – Ron

Kapitel 16 – Charlene

Kapitel 17 – Ron

Kapitel 18 – Charlene

Kapitel 19 – Charlene

Kapitel 20 – Ron

Kapitel 21 – Charlene

Kapitel 22 – Ron

Kapitel 23 – Charlene

Kapitel 24 – Ron

Kapitel 25 – Charlene

Kapitel 26 – Charlene

Kapitel 27 – Ron

Kapitel 28 – Charlene

Kapitel 29 – Ron

Kapitel 30 – Charlene

Kapitel 31 – Ron

Kapitel 32 – Charlene

Kapitel 33 – Ron

Kapitel 34 – Charlene

Kapitel 35 – Ron

Kapitel 36 – Charlene

Danksagung

Impressum

Über das Buch

Ron Drexler ist es gewohnt, dass er mit seinem Geld alles erreichen kann, im Leben und bei den Frauen. Als er unerwartet ein leidenschaftliches Abenteuer mit Charlene verbringt, die als Sängerin in seiner Bar arbeitet, ist er sofort Feuer und Flamme für sie, gerade weil sie sich mit ihrer freiheitsliebenden und selbstbewussten Art von seinen üblichen Frauenbekanntschaften unterscheidet. Sie scheint einen Instinkt in ihm zu wecken, von dem Ron glaubte, ihn längst verloren zu haben. Doch Charlenes erste Begeisterung erhält einen Dämpfer, als er sich als reicher Gönner aufspielen und so ihr Herz für sich gewinnen will.

Während sie hin- und hergerissen ist zwischen ihren Gefühlen für Ron und dem Versuch, ihm zu erklären, dass sie nicht käuflich ist, wird er immer rätselhafter. Was verbirgt er vor ihr? Wer ist die merkwürdige Frau, die sie immer wieder in seiner Nähe sieht? Und warum fällt es ihm so schwer, sich Charlene vollkommen zu offenbaren – als Mensch und nicht als Geldgeber?

Eines steht fest: Es gibt eine Million Wege, sich zu verlieben. Aber nur einen einzigen Weg, Ron Drexler zu lieben: Bedingungslos.

Dieses Buch enthält sehr eindeutige und leidenschaftliche Szenen. Es handelt sich um einen eigenständigen und abgeschlossenen Roman und nicht um einen Teil einer Serie.

Gerade jüngeren Leserinnen möchte ich versichern, dass die Titelhelden meiner Geschichte in jedem Fall Kondome benutzen, selbst dann, wenn ich es nicht schildere. ;-)

Eine Übereinstimmung mit real existierenden Personen ist rein zufällig.

Prolog

Ich sehe mir selbst dabei zu, wie ich meine Hand hebe und gegen den Ansatz seiner Brust presse.

Von da an passiert alles von ganz allein.

Mit einem Selbstbewusstsein, das mich selbst überrascht, suche ich seine Lippen, die er irritiert und doch voller Einvernehmen öffnet. Ich spüre seine Zunge fordernd an meiner, während seine Hand von meinem Hintern zu meiner Taille hinaufwandert.

Als er eine Haarsträhne von meiner Schulter streicht, um meinen Nacken zu küssen, spüre ich, dass hier und jetzt alles möglich ist.

Welchen Schritt habe ich verpasst, der uns hierher an genau diesen Ort zu genau dieser Zeit gebracht hat? Fast scheint es, als hätten wir einen gewaltigen Sprung nach vorn gemacht, der alle Floskeln der Höflichkeit und des Anstands überflüssig macht.

Mein Verlangen wächst ins Unermessliche. Wie von selbst wandern meine Finger zu seinem Hals und ziehen ein Stück seines Shirts hinunter. Der Ansatz seiner kräftigen Brust, die nun zum Vorschein kommt, wecken Bilder in mir, die ich bisher zu verdrängen versucht habe. Umso kräftiger zerren sie jetzt an mir, um mich nicht wieder loszulassen.

Ich küsse sein Schlüsselbein und fahre intuitiv mit den Fingern durch sein Haar.

„Falls du dachtest, ich habe dich deswegen mit hergenommen“, beginnt er, doch ehe er weiterreden kann, lege ich meinen Finger auf seine Lippen.

„Niemand kann mich zu etwas überreden, das ich selbst nicht möchte“, flüstere ich.

Er lächelt sanft.

Entschlossen lege ich meine Hand an seinen Nacken und ziehe ihn zu mir, was unseren Kuss nur noch leidenschaftlicher macht.

Ich spüre ein Brennen in mir, eine Sehnsucht, die mir in dieser Intensität neu ist und die doch so vertraut und selbstverständlich scheint. So selbstverständlich, dass sie sich wie ein Teil von mir anfühlt, dem ich mich nicht widersetzen kann.

Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich noch immer meine Jogging-Klamotten trage, doch nicht mal dieser Umstand fühlt sich in seiner Gegenwart merkwürdig an.

Er scheint mein Verlangen zu teilen, denn schon im nächsten Augenblick schiebt er seine Finger zwischen meine und wirft mich gegen eine mächtige Eiche.

Mit seinen großen Händen packt er meinen Schenkel ohne jedes Zögern. Ich möchte ihn voller Leidenschaft anbrüllen, ihn mit ganzer Stimme wissen lassen, dass ich zu allem bereit bin – doch jedes Wort zwischen uns scheint überflüssig zu sein. Ein Umstand, der mich unter anderen Umständen irritieren würde. Hier und jetzt lässt er mich jedoch nur noch ungeduldiger werden.

Kapitel 1 – Charlene

Ich habe immer gewusst, dass meine Stimme die größte Macht ist, die ich habe. Mit ihr kann ich Menschen erreichen, auf die ich sonst keinen Einfluss hätte. Ich kann Herzen erweichen und Melodien zum Leben erwecken, die alle Anwesenden in eine ganz besondere Stimmung versetzen.

Als ich zum ersten Mal merkte, dass ich dieses Talent besitze, war ich neun Jahre alt. Meine Mutter hatte mich gebeten, meiner Oma ein Geburtstagsständchen zu singen. In den Gesichtern der Gäste sah ich nicht nur das übliche Entzücken, das Kinder für gewöhnlich in Erwachsenen hervorrufen, sondern ehrliches Erstaunen. Von diesem Moment an wusste ich, dass ich das Gefühl, diese Reaktion bei den Menschen zu wecken, immer und immer wieder erleben wollte.

Ich weiß nicht, warum es genau diese Erinnerung ist, die mir durch den Kopf geht, als ich die Bühne der Bar an diesem Abend betrete. Werde ich nach all den Auftritten etwa plötzlich wehmütig, weil ich mir meinen Traum vom Singen irgendwie anders vorgestellt habe? Eigentlich bin ich doch dankbar für diesen Job. Wer kann schon von sich behaupten, ein festes Engagement als Sängerin zu haben? Ein Engagement, das immerhin genug abwirft, um jeden Monat die Miete für eine Anderthalb-Zimmer-Wohnung aufzubringen.

Als ich die ersten Zeilen des Norah-Jones-Klassikers „I don’t know why“ ins Mikro hauche, fühlt sich alles wie immer an. Dieselben Gesichter im Publikum wie sonst auch. Ein paar alkoholisierte Kerle, die verdächtige Pfiffe von der Bar aus abgeben. Verliebte Pärchen in den Separees. Am Fenster ein Tisch voller Frauen beim Junggesellinnenabschied.

Trotzdem bin ich angespannter als sonst. Ob es an ihm liegt? Es ist das erste Mal seit zwei Wochen, dass er wieder in der Bar ist.

Irgendjemand hat erzählt, dass er geschäftlich auf Rügen zu tun hatte und erst gestern wiedergekommen ist.

Wie kommt es, dass mich seine Anwesenheit ausgerechnet an diesem Abend derart nervös macht? Ich habe ihn doch schon unzählige Male an dem kleinen Ecktisch neben der Bar sitzen sehen.

Während er meinem Gesang lauscht und mich mit undeutbarem Blick betrachtet, ertappe ich mich bei unerwarteten Gedanken: Ist mein schwarzes Kleid nicht zu gewagt? Der Rückenausschnitt nicht etwas zu tief? Und warum trage ich meine langen blonden Locken heute nicht offen? Mit offenen Haaren sehe ich viel besser aus.

Ich schließe meine Augen und versuche, mich ganz und gar in der Musik fallen zu lassen.

Edward bringt das Piano auch an diesem Abend zum Glühen, während es mir zunehmend schwerer fällt, mich auf den Text zu konzentrieren. Das Chaos in meinem Kopf scheint seine eigene Sprache zu sprechen.

Reiß dich zusammen, Charlene! Du bist Profi und viel zu routiniert, um dich von ein paar algengrünen Augen aus dem Konzept bringen zu lassen.

Mit unerschütterlicher Stimme lasse ich mich von der Melodie tragen und umklammere das Mikrofon noch fester.

Doch als ich die zweite Strophe beginne, wandert mein Blick erneut wie von selbst in seine Richtung.

Der Dreitagebart, den er neuerdings trägt, steht ihm wirklich gut. Liegt es vielleicht daran, dass er mich noch nervöser macht als vor seiner Abreise? Sein kurzes Haar bringt die markanten Züge seines Gesichts noch besser zur Geltung. Wie schafft er es nur, in Jeans und einem simplen schwarzen Shirt so unverschämt gut auszusehen?

Cool bleiben, Charlene! Du bist hier, weil man dich fürs Singen bezahlt.

Warum nur fällt es mir so schwer, seine Aufmerksamkeit richtig zu deuten? Ist das Interesse an mir, das ich in seinen Augen zu erkennen glaube, Wunschdenken? Und wie kann überhaupt von Wunschdenken die Rede sein, wenn ich doch ganz genau weiß, dass es viel zu riskant wäre, mich auf meinen Boss einzulassen?

Ich atme tief durch und verliere mich erneut im Refrain.

„I don’t know why I didn’t come … I don’t know why I didn’t come.“

Ich schaue bewusst in eine andere Richtung, um meinen Kopf freizubekommen, doch im Augenwinkel nehme ich seine Blicke umso deutlicher wahr.

Nein, das ist keine Einbildung. Irgendetwas ist anders als vor seiner Abreise.

Ich ziehe das Mikro aus der Halterung und gehe an den ersten Tisch vor der Bühne. Ein junges Pärchen, das offenbar frisch verliebt ist, strahlt mich an. Ich setze mich an einen der freien Stühle und zwinkere sowohl dem Mann als auch der Frau zu, während ich routiniert weitersinge.

Der Kontakt zum Publikum ist wichtig.

Worte, die ausgerechnet aus seinem Mund gekommen sind.

Die junge Frau kichert verlegen, während sie ihre Hand auf die des Mannes legt.

„I don’t know why I didn’t come …“

Verrückt, wie seltsam sich die eigentlich so vertraute Songzeile an diesem Abend anfühlt. An diesem Abend, der eigentlich wie jeder andere ist …

Kapitel 2 – Ron

Das Bier perlt vertraut und kühl in meinem Hals. Dieselbe Sorte, die ich auch auf Rügen getrunken habe und doch ist der Geschmack hier ein völlig anderer.

Ob es an der vertrauten Umgebung liegt?

Oder an dem verheißungsvollen Ausblick, den ich von hier aus genieße? Himmel, für dieses Kleid braucht Charlene wirklich einen Waffenschein!

Mein üblicher Platz am Tisch neben der Bar. Das übliche Getränk. Die übliche Zeit.

Und doch – irgendetwas ist anders als sonst.

Es ist das erste Mal, dass sie meinen Blick auf eine andere Weise erwidert als gewöhnlich. Es sind nur wenige Sekunden, die sie länger als sonst zu mir herüberschaut. Wenige Sekunden, die den entscheidenden Unterschied zwischen höflicher Freundlichkeit und dem Hauch von Interesse ausmachen.

Bilde ich es mir nur ein oder wirkt sie irgendwie wacher als sonst? Aufmerksamer?

Für gewöhnlich scheint sie sich in anderen Sphären zu befinden, wenn sie auf der Bühne steht und sich mehr und mehr in ihren Songs verliert. Heute jedoch nimmt sie alles um sich herum bewusster wahr.

Alles und jeden.

Alles und mich.

Ich ertappe mich bei derselben Vorstellung, die mich bei unserer ersten Begegnung vor drei Jahren überkam: Meine Hände auf ihrer weichen Haut, meine Finger in ihrem honiggoldenen Haar. Mein …

Komm wieder runter, Ron! Du hast es nicht nötig, dich in vagen Fantasien zu verlieren.

Trotzdem, diese Frau ist das wandelnde Klischee einer Göttin – und scheint nicht den blassesten Schimmer davon zu haben. Ob es diese Erkenntnis ist, die sie so heiß macht? Ihre Gleichgültigkeit für die bewundernden Blicke aller Männer im Raum? Ihre kühle Distanz zu jeder Form von Begierde, die förmlich in der Luft hängt, egal, in welches Augenpaar sie auch schaut?

Sie umklammert ihr Mikrofon wie ein Werkzeug, als sei es ein Teil von ihr, ein unverzichtbarer Bestandteil ihrer makellosen Erscheinung.

Ich nehme einen weiteren Schluck aus meinem Glas, ohne den Blick von ihr abzuwenden.

Mein Handy brummt auf dem Tisch.

Susan.

Ausgerechnet jetzt.

Morgen bitte erst gegen drei. Schaffe es nicht eher.

Ich lege das Telefon zurück, ohne auf ihre Nachricht zu reagieren. Antworten sind nicht nötig zwischen uns. Solange sie sieht, dass ich ihre Worte gelesen habe, ist ihr das Antwort genug.

Susan.

Warum meldet sie sich genau jetzt? Fast, als würde sie ahnen, wo sich meine Gedanken gerade herumtreiben.

Charlene streicht sich eine Strähne hinter ihr Ohr. Ich schaue ihren Fingern dabei zu, wie sie sanft an ihrer Taille herabgleiten.

Diese Frau ist Erotik pur.

Seltsamerweise scheint sie sich dieser Tatsache nicht wirklich bewusst zu sein.

Ist es diese Ahnungslosigkeit, die sie so umwerfend macht? Oder täuscht sie diese Ahnungslosigkeit, diese ungewohnte Bodenständigkeit nur vor?

Ich schiebe das leere Glas zur Seite.

Warum nur haben mich die letzten zwei Wochen auf der Insel Rügen nur so geschafft? Die Bar in Binz läuft prima, die Zahlen sind äußerst vielversprechend. Kein Grund zur Sorge also.

Und doch merke ich, wie sehr es mich beruhigt, wieder in Kühlungsborn zu sein. Wie sehr ich die Routine hier in der Heimat brauche. Nicht zu fassen, noch keine Dreißig und ich werde zum Spießer!

Ich höre das Kichern der Frauen am Fenster. Eine von ihnen trägt einen umgeschlagenen rosa Schleier auf dem Kopf.

Offenbar ein Junggesellinnenabschied.

Eine ihrer Freundinnen mustert mich besonders auffällig. Sicher der Übermut des besonderen Anlasses.

Noch vor wenigen Wochen hätte ich vielleicht zurückgelächelt. Heute reicht es nur für ein höfliches Nicken.

Mein Handy reißt erneut meine Aufmerksamkeit auf sich.

Wieder Susann.

Geht drei nun klar?

Seit wann ist ihr meine Antwort wichtig?

Schnell tippe ich ein flüchtiges „Klar. Bis morgen.“ in die Tasten. Als ich wieder aufschaue, sitzt Charlene an einem der Bühnentische und singt ein junges Pärchen an.

Der Draht zum Publikum liegt ihr, das muss man ihr lassen.

Ich hebe die Hand und winke eine der Kellnerinnen herbei. Für den Rest des Abends muss Wasser reichen, um wieder einen kühlen Kopf zu bekommen.

Kapitel 3 – Charlene

„Sag schon, Schätzchen, was ist los?“ Elena spitzt die Lippen und betrachtet die Farbe ihres Lippenstiftes im Garderobenspiegel.

„Was soll schon los sein?“ Ich lasse mich auf den Drehsessel neben ihr fallen. „Ich habe gesungen, die Leute haben applaudiert – alles wie immer.“

„Das kannst du vielleicht dem Publikum weismachen, aber nicht mir.“

„Ehrlich, Elena, ich weiß nicht, was du meinst.“ Ich öffne meine Wasserflasche, um einen großen Schluck zu nehmen.

Sie dreht sich zu mir um. „Wie lange kennen wir uns jetzt?“

Ich zucke mit den Schultern. „Drei Jahre?“

Sie nickt. „Drei Jahre, in denen ich viel Zeit hatte, den Unterschied zwischen der normalen Charlene und der hypernervösen Charlene kennenzulernen. Und das heute Abend war die hypernervöse Charlene. Und weil wir beide wissen, dass du die Bühne abgöttisch liebst, können wir die auftrittsbedingte Nervosität schon mal ausschließen.“

„Ich hasse es, wenn du das tust.“

„Was? Der Wahrheit auf die Schliche kommen?“

„Mich analysieren.“

„Das wäre nicht nötig, wenn du mir von selbst sagen würdest, was los ist.“ Sie zwinkert mir verschwörerisch zu, während sie den Lippenstift zurück in ihr Makeup-Kästchen legt.

„Ich habe einfach nur“, ich streiche mir eine lose Locke hinters Ohr, „schlecht geschlafen.“

„Schlecht geschlafen … so so.“

Ich betrachte uns nebeneinander im Spiegel. Selbst mit Smokey Eyes und Rouge auf den Wangen sehe ich neben Elena wie ein graues Mauerblümchen aus. Ihre exzentrischen Wimpern, die vollen Lippen und das lange rote Haar, das ihr auf das enge weiße Shirt fällt, sind selbst für einen Job hinter der Bar fast schon zu gewagt.

„Wenn man uns zwei so anschaut, würde niemand vermuten, dass ich die Sängerin bin und du die Kellnerin“, stelle ich lachend fest. „Bei dir würde sich niemand wundern, wenn das dein Look für die nächste Show vor Millionenpublikum wäre.“

Elena trägt etwas Lidstrich nach, kann sich jedoch ein verschmitztes Grinsen nicht verkneifen. „Das ist nun mal mein Job, Süße. Und gut auszusehen gehört dazu.“

„Wir wissen beide, dass du dich nicht wegen deines Kellnerjobs so aufbretzelst.“

Sie wirft mir einen geheimnisvollen Blick über die Schulter zu. „Du hast es doch niemandem erzählt, oder?“

„Natürlich nicht. Was nicht bedeutet, dass ich gut finde, was du machst.“

Sie wendet sich erneut dem Spiegel zu. „So ist nun mal das Leben, Charlene. Jeder muss zusehen, dass er irgendwie klarkommt. Und das ist eben meine Art klarzukommen.“

„Und trotzdem bin ich der Meinung, dass du einen Fehler machst.“

„Fehler hin oder her: Bist du in der Lage, es für dich zu behalten?“

„Das habe ich dir doch versprochen.“ Seufzend stelle ich meine Flasche auf den Schminktisch. „Wenn ich es mir aussuchen könnte, hätte ich es ja selbst nie erfahren.“

„Tja, ich würde sagen, das hast du wieder mal geschickt angestellt.“

„Was meinst du?“

Sie legt die Hände an mein Kinn und drückt mir einen Kuss auf die Wange. „Das Thema so geschickt zu wechseln, dass ich es nicht mal merke.“

„Ich weiß wirklich nicht, was du meinst.“

Ich spüre, wie mir die Röte ins Gesicht schießt. So sehr ich Elena auch ins Herz geschlossen habe, allein die Idee, ihr von meinen Gefühlen für Ron zu erzählen, ist absurd. Und überhaupt, vermutlich findet ihn jede Angestellte dieser Bar scharf. Wen interessiert es da schon, dass ich anscheinend genauso leicht zu beeindrucken bin wie jede andere Frau auch?

„Alles in Ordnung?“ Elena mustert mich eindringlich.

„Natürlich, was soll schon sein?“

„Du wirkst irgendwie … na ja … gedankenverloren.“

„Elena, bitte“, ich lege meine Hände auf ihre Schultern, „könntest du jetzt bitte endlich aufhören, irgendwelche geheimen Codes in meinem Gesicht zu entschlüsseln? Ich bin müde und will einfach nur nach Hause. Sonst ist nichts. Wirklich nicht.“

„Warum ziehst du dich dann nicht um?“ Sie betrachtet mich mit wissendem Blick.

„Ähm … wollte ich ja gerade machen.“

„Verstehe.“

Das Grinsen, mit dem sie sich von mir abwendet, um ihr Puder zu suchen, macht nur allzu deutlich, dass sie mich längst durchschaut hat.

Ich greife nach meiner Tasche, die neben mir auf dem Boden steht.

„Wenn du nichts dagegen hast, gehe ich jetzt duschen“, sage ich entschlossen.

„Was sollte ich dagegen haben?“ Sie zwinkert mir erneut zu. Eine Geste, die mich nur noch wütender macht.

Was auch immer sie sich einbildet, an mir entdeckt zu haben: Ich bin nicht nervös. Schon gar nicht wegen Ron Drexler.

Kapitel 4 – Charlene

In der Luft liegt eine Ahnung von Sommer. Selbst jetzt, bei Anbruch der Nacht, ist die milde Luft noch deutlich zu spüren, während das Rauschen des Meeres zur wohlvertrauten Geräuschkulisse wird.

Mein Auto steht direkt neben dem Hintereingang. Hier ist das Licht der Außenbeleuchtung am hellsten.

Ich werfe meine Tasche auf den Rücksitz, steige in den Wagen und schließe für einen Moment die Augen. Da ist sie wieder, die Sehnsucht, einen Nachtspaziergang hinunter zum Strand zu machen, mich ganz allein in den feuchten Sand zu setzen und die nackten Füße ins Wasser zu halten. Gerade heute würde es mich ganz sicher auf andere Gedanken bringen.

Erst als ich die Augen wieder öffne und den Motor starten will, wird mir klar, dass ich nicht allein auf dem Personal-Parkplatz bin.

Sein Wagen parkt nur wenige Meter neben meinem.

Mit dem Handy am Ohr steht er ans Auto gelehnt und telefoniert.

Instinktiv wende ich den Blick von ihm ab, doch da hat er mich bereits entdeckt.

Noch während er das Telefonat beendet, kommt er auf mich zu und beugt sich zu meinem Fenster herunter.

„Charlene“, die Überraschung in seiner Stimme ist nicht zu überhören, „ich wusste gar nicht, dass du noch hier bist. Dein Auftritt ist doch schon über eine Stunde her.“

„Ich habe mich festgequatscht.“ Ich lasse das Fenster herunter.

„Verstehe.“ Sein Lächeln ist dezent und doch geht es mir durch Mark und Bein. „Du warst großartig heute.“

„Danke. Das Publikum war ja auch toll heute und hat es mir sehr leicht gemacht.“

„Ich glaube kaum, dass es am Publikum gelegen hat, dass du heute noch besser warst als sonst.“

Augenblicklich fühle ich mich durchschaut. Himmel, warum gehen mir plötzlich nur all diese Dinge durch den Kopf?

„Wie meinst du das?“, entgegne ich mit einer Unsicherheit, die ich schon im nächsten Augenblick bereue.

„Alles, was ich damit sagen will, ist, dass du auch in einem Raum ohne Menschen singen könntest und immer noch fantastisch wärst.“

„Tut mir leid.“ Ich lache. „Es ist wohl schon zu spät für mich, um ein Kompliment zu erkennen.“

„Seltsam. Hätte gedacht, dass du ständig welche bekommst.“

„Na ja, nicht von meinem Boss.“

„Boss ist so ein großes Wort. Und irgendwie passt es auch überhaupt nicht zu mir.“

„Es ist deine Bar, Ron. Also bist du auch der Chef.“

„Trotzdem, ich hasse dieses Wort. Irgendwie komme ich mir dann immer wie ein Schreibtischhengst vor.“

Ich lache. „Alles nur Klischees.“

„Das hoffe ich doch.“

Die Art, wie er mich anschaut, bringt mich aus dem Konzept. Sein Blick hält mich auf eine Weise fest, die mir neu ist. Und doch ist er weder aufdringlich noch unangemessen freundlich.

„Es ist schon spät“, sage ich schließlich nach einem Moment der Stille. „Ich glaube, ich mache mich auf den Weg.“

Er nickt. „Ich muss auch los.“

Wieder breitet sich eine Stille zwischen uns aus, die ich nicht so recht einordnen kann.

Hat er mich schon immer auf diese Weise angesehen und es fällt mir erst jetzt auf? Oder betrachtet er mich wirklich mit anderen Augen als noch vor einem Monat?

Verdammt, und ausgerechnet jetzt trage ich meinen grauen Schlabberpulli, den ich immer nach dem Duschen anziehe.

---ENDE DER LESEPROBE---