A Touch of Wilderness - Mareike Allnoch - E-Book
SONDERANGEBOT

A Touch of Wilderness E-Book

Mareike Allnoch

0,0
9,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein Sommer voller Abenteuer und Romantik im Herzen Südafrikas Als Nike die einzigartige Gelegenheit ergreift, ihren Sommer in der atemberaubenden Kulisse Südafrikas zu verbringen, ahnt sie nicht, welche unvergesslichen Momente auf sie warten. Ihr Einsatz in einem Tierschutzprojekt führt sie in den legendären Kruger-Nationalpark, wo sie nicht nur die majestätische Tierwelt, sondern auch die Schönheit der Natur in vollen Zügen genießt. Von malerischen Sonnenuntergängen bis hin zu einem exotischen Frühstück mit Giraffen – Nikes Erlebnisse in Südafrika sind geprägt von Momenten, die direkt aus einem Traum zu stammen scheinen. Begegnung mit Liam Das Beste an Nikes Abenteuer ist die Begegnung mit Liam, dem attraktiven und charismatischen Safariguide, der ihr Herz im Sturm erobert. Ihre gemeinsamen Erlebnisse, geprägt von der faszinierenden Tierwelt und den abenteuerlichen Safaris, schaffen eine tiefe Verbindung zwischen ihnen. Doch die Romantik bekommt eine Wendung, als Nike entdeckt, dass Liam Geheimnisse birgt, die ihre aufkeimende Beziehung auf die Probe stellen ...  Sehnsuchtssetting Südafrika verknüpft mit den romantischen Tropes Opposites Attract und Strangers to Lovers!  Nikes beste Freundin Sophie erlebt einen aufregenden Sommer in Island! Lies Band zwei der Whispers of the Wild-Dilogie A Glimpse of Northern Lights ab dem 26.09.2024! 

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Text bei Büchern ohne inhaltsrelevante Abbildungen:

Mehr über unsere Autorinnen, Autoren und Bücher:

www.everlove-verlag.de

Wenn dir dieser Roman gefallen hat, schreib uns unter Nennung des Titels »A Touch of Wilderness« an [email protected], und wir empfehlen dir gerne vergleichbare Bücher.

© everlove, ein Imprint der Piper Verlag GmbH, München 2024

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

Dieses Werk wurde vermittelt durch Agentur Brauer.

Redaktion: Isabelle Toppe

Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

Wir behalten uns eine Nutzung des Werks für Text und Data-Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.

In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich der Piper Verlag die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Contentwarnung

Widmung

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

Liam

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

Liam

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

Liam

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

Liam

36. Kapitel

37. Kapitel

38. Kapitel

39. Kapitel

40. Kapitel

41. Kapitel

Liam

42. Kapitel

43. Kapitel

44. Kapitel

45. Kapitel

46. Kapitel

47. Kapitel

48. Kapitel

49. Kapitel

50. Kapitel

51. Kapitel

Epilog

Zwei Wochen später …

Danksagung

Contentwarnung

Anmerkungen

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Liebe Leser*innen,

 

dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte.

Um euch das bestmögliche Leseerlebnis zu verschaffen, findet ihr deshalb am Buchende[1] eine Contentwarnung.

 

Mareike und das everlove-Team

Für meine Grundschullehrerin Elisabeth Creutzburg

1. Kapitel

»Diesen Mist kann sich doch keiner merken!«, fluchte ich und schmiss meine Lernutensilien im hohen Bogen vom Bett. Kunstvoll drapierten sich meine Notizzettel auf dem Boden. Ich würde Rechnungswesen nie kapieren. Was bei meinem Studiengang wirklich eine sehr schlechte Voraussetzung war.

Während ich meinen dunkelbraunen Lockenkopf in beiden Händen vergrub, gab ich ein leises Stöhnen von mir. Selbst wenn ich noch eine Nacht durcharbeitete, würde ich den Stoff für die Klausur nicht schaffen. Mein Kaffeekonsum hatte mittlerweile schon ein besorgniserregendes Level erreicht.

Wieso noch mal hatte ich mich ausgerechnet für BWL entschieden? Ach ja, weil meine Eltern mich förmlich dazu genötigt hatten. Wenn es nach ihnen ging, dann war meine Zukunft ohnehin schon in Stein gemeißelt. Ich würde in ihre Firma einsteigen und dort vermutlich für den Rest meines Lebens am Schreibtisch versauern, da Mama und Papa wollten, dass ich mich um die Buchhaltung unseres Familienunternehmens Sonnenfelds Weinspezialitäten kümmerte.

Mein Opa hatte es vor fünfzig Jahren ins Leben gerufen, mittlerweile war es in den Besitz meiner Eltern übergegangen. Weinhandel mit Familientradition. Der Name Sonnenfeld stand für hochwertige, erlesene Weine und eine fundierte Expertise. Unser Unternehmen war weit über die Grenzen von Köln hinaus bekannt, und wir konnten mit einem beachtlichen Kundenstamm aufwarten.

Seit ich denken konnte, hatten sich meine Eltern gewünscht, dass ich im Familienunternehmen mitwirkte und Sonnenfelds Weinspezialitäten eines Tages übernahm. Diese Aussicht setzte mich enorm unter Druck. Eigentlich wäre ich nach dem Abitur gern für eine Weile ins Ausland gegangen. Doch mein Pflichtbewusstsein gegenüber unserem Weinhandel hatte letztendlich gesiegt. Ich hatte mein Studium begonnen und parallel dazu angefangen, im Familienbetrieb zu arbeiten. Mittlerweile bereute ich das aber sehr.

Wobei es auch nicht so war, dass ich unser Familienunternehmen und das, worum es dabei ging, nicht mochte. Ganz im Gegenteil: Ich liebte Wein.

Ich liebte es, nach einer Flasche zu greifen, ihre Aufmachung zu begutachten, über das Etikett zu streichen und schließlich den Korken zu lösen, um die einzigartige Vielfalt der Aromen zu erleben. Meine Sinne spielen zu lassen. Das fing schon an, bevor ich überhaupt einen Tropfen gekostet hatte. Der Wein barg so viele Facetten, er war nicht einfach nur rot oder weiß.

Allein das Farbspiel im Glas fand ich faszinierend. Beim Weißwein reichte das Farbspektrum von zitronenfarben über herbstliche Goldtöne bis hin zu einem satten Bernsteingelb. Beim Rotwein hingegen bewegten sich die Nuancen zwischen Hellrosa über Kirschrot bis hin zu Blauschwarz. Kein Wein glich dem anderen. Jeder von ihnen war einzigartig, denn es gab viele verschiedene Rebsorten.

Sobald ich an einem Glas Wein roch, war es, als bekäme ich bereits eine erste Vorstellung davon, welches Geschmacksfeuerwerk sich nur Sekunden darauf in meinem Mund entfalten würde.

Doch meine Leidenschaft für Wein war mir in den letzten Monaten immer mehr abhandengekommen, und jeder Tropfen barg nun einen bitteren Beigeschmack. Eine dunkle Note, die ich nicht abschütteln konnte, sosehr ich mich auch bemühte. Es fühlte sich beinahe so an, als hätte ich einen regelrechten Widerwillen entwickelt, weil mich selbst der edelste Wein an die Erwartungen meiner Familie erinnerte. An meine Verantwortung gegenüber unserer alten Tradition.

Meine Eltern hatten mir kaum eine Wahl gelassen. Sie würden es nicht verkraften, wenn ich ihr Erbe nicht fortführte. Und da ich nun einmal Einzelkind war, würde der Weinhandel wohl oder übel eines Tages mir gehören.

Manchmal fragte ich mich, ob ich undankbar war, und mein schlechtes Gewissen meldete sich sofort zu Wort. Warum war ich nicht einfach glücklich? Meine Zukunft war sicher, und ich konnte ein erfolgreiches Familienunternehmen fortführen. Ich hatte das, wovon viele träumten. Manch einer wusste sein Leben lang nicht, wohin ihn seine Reise führen würde.

Aber vielleicht lag genau da das Problem. Es war der Traum meiner Eltern. Und nicht meiner.

Nur hatte ich mich bisher nie getraut, ihnen das zu sagen.

Meine Gedanken kehrten zurück zu der morgigen Klausur, und ich bekam schon wieder Bauchschmerzen. Ich war absolut kein Prüfungsmensch. War ich noch nie gewesen.

Das wird ein Desaster, schoss es mir durch den Kopf. Da mir mittlerweile schon der Schädel rauchte, drehte ich mich auf den Rücken und starrte an die Decke. Ein zaghaftes Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als mein Blick das LED-Lichternetz streifte, das den Anschein erweckte, als würden unzählige Sterne am Firmament funkeln.

Meine Gedanken schweiften ab und verloren sich zwischen den Sternen. Sollte das Leben nicht wild und unvorhersehbar sein? Voller Überraschungen und Glücksmomente?

Das Leben war so viel mehr als BWL. Aber wie sollte ich das meinen Eltern beibringen? Die Firma war ihr Ein und Alles.

Mein Blick wanderte weiter zu der Pinnwand über meinem Schreibtisch, an der Postkarten, Sticker und alte Zeichnungen hingen. Ich blieb an der Zeichnung von einem Elefanten hängen, die ich etwa vor drei Jahren gemacht hatte. Früher hatte ich gern und viel gezeichnet, doch leider hatte unter dem stetig zunehmenden Druck auch meine Kreativität gelitten. Ich konnte nicht mal genau sagen, wann ich das letzte Mal einen Bleistift in der Hand gehalten und losgelöst von irgendwelchen Alltagsgedanken gezeichnet hatte.

Mein Handy vibrierte. Als ich einen Blick darauf warf, musste ich schmunzeln. Meine beste Freundin Sophie hatte mir geschrieben. Was täte ich nur ohne sie? Sie war mein Fels in der Brandung, wann immer mein Leben kopfstand. Und sie war der Mensch, dem ich all meine Sorgen und Sehnsüchte anvertrauen konnte.

Hey, kommst du gut mit dem Lernen voran?

Eher schlecht als recht,

schrieb ich zurück und setzte noch einen deprimierten Smiley hinterher.

Sophies Antwort kam prompt.

Ich denk morgen auf jeden Fall ganz doll an dich, wenn du deine Prüfung hast. Du schaffst das!

Danke, Soph! Wie war es heute bei euch? Wäre so gern gekommen, aber versinke im Lernchaos …

Sophie war bereits eifrig am Tippen, da sich ihr WhatsApp-Status von »Online« zu »schreibt« änderte.

Dilara ist bereits voll und ganz mit ihren Südafrika-Planungen beschäftigt. Unglaublich, dass sie schon in wenigen Tagen für drei Monate im Kruger-Nationalpark ist. Bin so gespannt, ob wir das Tierschutzprojekt der Sibaya Lodge anschließend in unser Programm aufnehmen. Safaris, Wildtierbeobachtungen, Vogelzählungen und so … Ich glaube, das könnte ein schönes Projekt für die WWS sein!

World Wildlife Savers, kurz WWS, war der Name der Organisation, bei der Sophie und ich ehrenamtlich arbeiteten. Dabei handelte es sich um eine Untergruppe der Heynemann Stiftung für Tier und Natur, die auch über das Vermögen und die Spendeneinnahmen der Stiftung finanziert wurde. Diese war von dem Ehepaar Eva und Günther Heynemann ins Leben gerufen worden, einem wohlhabenden Ehepaar aus Köln, das sich von ganzem Herzen dem Tier- und Naturschutz widmete.

Nur wenige Mitarbeiter bei WWS waren wie unsere Chefin Dilara fest angestellt. Die meisten arbeiteten auf ehrenamtlicher Basis – so auch Sophie und ich. Die Organisation bot Freiwilligenarbeit auf dem ganzen Globus an, wobei alle Projekte eines gemeinsam hatten: Der Erhalt bedrohter Tierarten stand im Mittelpunkt. WWS stand für Fernweh, ehrenamtliches Engagement und einzigartige Erfahrungen.

Ich liebte meine Arbeit dort. Der Tierschutz hatte mir schon immer am Herzen gelegen und war – neben dem Wein – meine zweite große Leidenschaft. Bereits als junges Mädchen hatte ich mich für die einzigartige Tierwelt interessiert und konnte es nicht mit ansehen, wenn ihr Lebensraum durch Menschenhand zerstört wurde. Es war beängstigend, wie viele Tiere mittlerweile auf der Liste bedrohter und gefährdeter Arten standen. Mal ganz davon zu schweigen, dass bereits viele von ihnen von unserem Planeten verschwunden waren. Der Mensch beutete die Natur aus, es kam zu immer mehr Ressourcenabbau, und der Lebensraum von Tieren und Pflanzen wurde zunehmend kleiner. Dabei betraf der Schutz unseres Planeten uns alle. Und genau aus dem Grund waren die World Wildlife Savers eine Herzensangelegenheit für mich.

Sophie und ich hatten schon einmal ein Projekt im Auftrag der Organisation testen dürfen und ehrenamtlich vor Ort helfen können. Letzten Sommer waren wir für zwei Wochen in einem forschungsbasierten Meeresschildkrötenprojekt in Griechenland tätig gewesen, in dem wir unter anderem Nistschildkröten markiert, Jungtiere aus Gefahren gerettet, Nester gezählt und das Verhalten der Meeresschildkröten analysiert hatten. Das war ein unvergessliches Erlebnis gewesen! Und auch wenn es nur eine minimale Veränderung bewirkte – es hatte sich toll angefühlt, einen Beitrag leisten zu können.

Meine Arbeit bei den World Wildlife Savers war eine willkommene Ablenkung zu meinem BWL-Studium und machte mir unglaublich viel Spaß. Ich konnte nicht nur andere Tier- und Naturfreunde über die Vielfalt unserer Freiwilligenprojekte informieren, nein, ich konnte mich auch selbst engagieren.

Natürlich war es ebenso wichtig, den Tierschutz in Deutschland zu unterstützen. Zu Schulzeiten hatte ich unter anderem in einem Tierheim hier vor Ort in Köln ausgeholfen. Aber die weltweiten Projekte der WWS übten eine ungemeine Anziehungskraft auf mich aus, und oft träumte ich mich zu den Projekten an die entlegensten Winkel der Erde. Auch wenn es wohl nie dazu kommen würde, dass ich tatsächlich dorthin reiste. Dazu war ich viel zu eingebunden in mein Studium und meine Arbeit im Weinhandel.

Ich seufzte. Als ich mich nach meinem Abitur den World Wildlife Savers angeschlossen hatte, sprudelte ich nur so vor Reiselust. Ich wollte meinen Horizont erweitern und über den Tellerrand hinausblicken. Es gab so viele Länder, die ich eines Tages bereisen wollte. Und auch wenn ich meine Reisepläne bisher noch nicht in die Tat umsetzen konnte, an meinem Traum würde ich festhalten.

Nike, bist du noch da?,

hatte Sophie inzwischen geschrieben.

Sorry, war mal wieder am Träumen.

Meine Gedanken schweiften erneut ab. Schon in wenigen Tagen würde unsere Freundin und Chefin Dilara im Flieger sitzen. Südafrika. Allein in dem Namen schwangen so viel Abenteuer und Lebenslust mit.

Ich spürte einen Anflug von Neid. Das Abenteuerlichste, das mir in meinem zukünftigen Job passieren konnte, war, dass mir ein Tacker auf den Fuß fiel, während ich am Schreibtisch saß. Ich pustete mir missmutig eine Locke aus dem Gesicht.

Es klopfte an der Tür.

»Herein«, rief ich, noch immer vollkommen in Gedanken versunken.

»Hey«, vernahm ich eine mir nur allzu vertraute Stimme, und als ich von meinem Bett aus träge den Kopf wandte, stand mein Freund Tim im Türrahmen. Im Gegensatz zu mir hatte er sein BWL-Studium bereits erfolgreich und mit Auszeichnung absolviert. Seitdem war er im Weinhandel meiner Eltern angestellt. Mama und Papa waren richtig vernarrt in ihn.

Er schloss leise die Tür hinter sich und betrat das Zimmer, ein zögerliches Lächeln auf den Lippen.

»Ich hab schon dreimal geklopft, aber du hast nicht reagiert.«

»Ehrlich? Sorry, ich muss mit meinen Gedanken ganz woanders gewesen sein. Wie gut, dass du einen Schlüssel hast. Vermutlich hätte ich die Klingel auch überhört.« Ich grinste schief.

Ein herbes Parfüm schwebte durch das Zimmer, und eine widerspenstige Strähne hatte sich in Tims Stirn geschlichen. Ich konnte nicht sagen, wer von uns beiden die störrischeren Haare besaß.

Tim setzte sich zu mir auf die Bettkante und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen, so zaghaft, dass ich das Gefühl hatte, mich würde lediglich der Flügel eines Schmetterlings streifen. »Ich wollte mal nach dir sehen, wo doch morgen deine Klausur ansteht.«

Er ließ seinen Blick durch mein Schlafzimmer schweifen, das mir gleichzeitig auch als Arbeitszimmer diente, und blieb dabei an dem Chaos hängen, das ich verursacht hatte. »Oh, was ist denn da passiert?«

»Das war ein Ich-pack-die-Prüfung-morgen-nicht-Anfall«, jammerte ich. »Tim, ich glaub, das wird eine regelrechte Katastrophe. Ich hab einfach nicht so eine Affinität zu Zahlen wie du.«

Verzweifelt blickte ich meinen Freund an. Doch ich hatte den Eindruck, dass Tim mir gar nicht richtig zuhörte. Stattdessen bückte er sich nach den losen Zetteln und begann, diese einzusammeln.

»Tim, lass gut sein … Ich räume das schon noch weg. Du musst nicht mein Chaos beseitigen.«

Tim war ein Mensch, der gern den Überblick hatte und Ordnung für eine der wichtigsten Zutaten des Erfolgs hielt. Daher ließ er sich von meinem Einwand nicht beirren, sondern sammelte weiter meine lose Blättersammlung auf, nur um sie dann zwischen uns aufs Bett zu legen und mir ein aufmunterndes Lächeln zu schenken.

»Natürlich packst du das.« Er strich mir über den Arm. »Das weiß ich sogar ziemlich sicher.«

»Ach ja, und woher weißt du das?«, fragte ich.

Tim griff nach meiner Hand und streichelte mit seinem Daumen über meinen Handrücken. »Na, weil du meine wunderbare Freundin bist. Wie könntest du da nicht bestehen?«

Wenn es bloß so einfach wäre …

Ich schluckte und nahm meinen ganzen Mut zusammen.

»Tim, was ist … Was ist, wenn das hier einfach nicht das Richtige ist? Also nicht das Richtige für mich? Wenn die Arbeit im Unternehmen meiner Familie nicht für mich bestimmt ist? Mir kommt das alles zu theoretisch vor, nicht kreativ genug.«

Tim runzelte die Stirn. »Wie kommst du denn darauf?«

»Ich weiß nicht, es ist so ein Gefühl …«

Wieder lächelte Tim und tippte mir mit dem Zeigefinger auf die Nase. »Das ist Unsinn, mein Schatz. Ich meine, alles ist bestens, oder nicht? Du und ich zusammen im Unternehmen deiner Eltern … Das ist doch alles, was man sich erträumen könnte. Was wir uns immer erträumt haben.«

Ich schluckte meine aufwallenden Gefühle und meine Enttäuschung darüber, dass Tim meine Zweifel einfach so abbügelte, herunter. Ich wusste, dass er mich nur aufmuntern wollte, doch sein Kommentar versetzte mir einen Stich.

Ich kannte Tim schon seit dem Kindergarten. Bereits im zarten Alter von drei Jahren waren wir unzertrennlich gewesen und hatten mit Hingabe Sandküchlein in Form von Herzen füreinander gebacken – so zumindest lautete die Geschichte unserer Eltern.

Tim war nicht nur mein fester, sondern auch mein bester Freund. Letzteres seit fast zwanzig Jahren.

Als Freunde waren wir unzertrennlich gewesen, wir hatten immer über alles reden können. Doch seitdem wir vor knapp drei Jahren ein Paar geworden waren, kratzten unsere Gespräche oftmals nur noch an der Oberfläche. Dabei sollte es eigentlich genau andersherum sein.

Sobald ich etwas ansprach, das mir wirklich auf dem Herzen lag, fühlte ich mich von Tim irgendwie nicht … gesehen. Auch wenn er der liebevollste und fürsorglichste Mensch war, den ich kannte … Er sah mich einfach nicht. Nicht richtig. Ergab das überhaupt einen Sinn?

»Machst du dir etwa immer noch Sorgen wegen der Klausur?«, fragte Tim und strich eine Locke hinter mein Ohr. »Das musst du nicht. Ich weiß, dass du das schaffst.«

So aufbauend seine Worte auch gemeint waren, meine Laune besserte sich dadurch nicht. Ganz im Gegenteil. Tims hohe Erwartungshaltung setzte mich zusätzlich unter Druck, da es für ihn außer Frage stand, dass ich meine Prüfung schaffte. Ich merkte, wie ich innerlich immer unruhiger wurde, daher deutete ich entschuldigend auf meine Lernkarten.

»Du, nimm es mir nicht übel, aber ich glaube, ich brauche noch ein bisschen Ruhe vor der Klausur.«

»Klar, das versteh ich total!«, sagte Tim verständnisvoll und stand von meinem Bett auf. »Ich drücke dir ganz fest die Daumen für morgen.«

Er gab mir einen Kuss auf die Wange, und der Geruch seines Parfüms drang mir aufs Neue in die Nase.

Im Türrahmen drehte er sich noch einmal zu mir um. »Denkst du an das Essen morgen Abend mit deinen Eltern?«

Ich hatte nur mit halbem Ohr zugehört, dementsprechend irritiert war ich im ersten Moment.

»Hm? Essen?«, hakte ich nach und runzelte die Stirn.

Tims Lächeln fiel in sich zusammen, stattdessen zeichnete sich Enttäuschung in seinem Gesicht ab. »Wir wollten doch meine Beförderung feiern, schon vergessen?«, fragte er, und ich meinte, einen leicht gekränkten Unterton aus seiner Stimme herauszuhören.

Ach ja, da war ja etwas gewesen. Tim war es gelungen, einen guten Deal mit einem französischen Weingut an Land zu ziehen. Unser Familienunternehmen sollte den Wein exklusiv in Deutschland bewerben und verkaufen, was eine wirklich große Ehre war. Tim hatte sich dafür ordentlich ins Zeug gelegt und mächtig Eindruck bei meinen Eltern gemacht, weswegen sie ihm nun auch mehr Verantwortung übertragen wollten.

Irgendwie war es ernüchternd zu realisieren, dass Tim und ich uns zurzeit in völlig unterschiedlichen Lebensphasen befanden. Er würde morgen offiziell von meinen Eltern befördert werden, während ich hier in Jogginghose und mit Zahnpastafleck auf meinem Shirt über irgendwelchen bescheuerten Lernkarten brütete und ganz offensichtlich die Kontrolle über mein Leben verloren hatte. Gerade fühlte es sich an, als trennten uns Welten.

Ich nickte Tim zu und zwang mir ein Lächeln auf die Lippen. »Ach, das Essen. Natürlich habe ich das nicht vergessen.«

»Schön, ich freue mich.« Tim verließ sichtlich zufrieden das Zimmer, während ich allein und mit Bauchschmerzen vor meinen Lernkarten zurückblieb.

2. Kapitel

Während ich auf die U-Bahn Richtung Uni wartete, glitten meine Gedanken zu meiner bevorstehenden Prüfung, und erneut zog sich mein Magen zusammen. Ich hatte das Gefühl, vollkommen unvorbereitet in diese Klausur zu gehen, und in meinem Kopf machten sich Zweifel breit.

Wollte ich wirklich den Rest meines Lebens im Weinhandel meiner Eltern verbringen? War das mein Weg?

Als meine U-Bahn einfuhr, nahm ich Platz und blickte aus dem Fenster. Es kam mir so vor, als würde ich alles nur durch eine dicke Scheibe betrachten.

Menschen zogen an mir vorbei. Alt, jung, groß, klein. Ich nahm all das binnen Sekunden wahr. Ob diese Menschen wussten, wohin das Leben sie eines Tages führen würde?

Vielleicht war es auch einfach nur eine Phase, dass ich so unzufrieden war? Vielleicht würde sie vorübergehen wie eine Erkältung, die einem zu Beginn auch immer unerträglich und ätzend vorkam und dann ganz von allein wieder verschwand? Möglicherweise steigerte ich mich einfach ein bisschen zu sehr in all das rein.

Ich versuchte, mich geistig auf die Klausur zu konzentrieren, aber es wollte mir nicht gelingen. Stattdessen rasten meine Gedanken weiter hin und her. Zwischen meinem Studium, meinen Eltern, Tim und meinem Leben.

Ein unangenehmes Druckgefühl breitete sich auf meiner Brust aus. Erst war es noch so dumpf, dass es sich verdrängen ließ, doch es nahm stetig zu. Mit jeder Station, der ich mich der Uni näherte.

Mein Hals schnürte sich zu.

Beruhige dich, Nike. Es bringt jetzt gar nichts, in Panik zu verfallen, appellierte ich an meinen Verstand, aber das Druckgefühl wollte nicht verschwinden.

»Hier ist heute Endstation, bitte steigen Sie aus«, drang die Stimme des Schaffners gedämpft an mein Ohr.

Wie ferngesteuert stand ich von meinem Platz auf und verließ hinter den anderen Passagieren die U-Bahn, bis mich der überfüllte Bahnsteig verschluckte.

Ich konnte nicht einmal mehr sagen, wie ich die letzten Meter zur Uni zurückgelegt hatte. Alles ereignete sich wie in Trance.

Auch jetzt bewegten sich die Zeiger der Uhr an der nackten weißen Wand wie in Zeitlupe, während ich auf das noch leere Blatt Papier vor mir starrte.

Ich blickte zu meinen Kommilitonen und Kommilitoninnen, die eifrig über ihre Klausurzettel gebeugt waren und schrieben. Der ganze Lernstoff, den ich mir gestern noch mühsam eingeprägt hatte, war aus meinem Gedächtnis verschwunden. Einzelne Wörter, die durch meinen Kopf geisterten, glitten mir wie Sand durch die Finger.

Kopfschmerzen bahnten sich hinter meiner Schläfe an, und ich kniff die Augen zusammen. Die Zeit lief, nur mein Papier blieb weiß.

Und dann stand ich einfach mitten in der Prüfung auf und ging. Wohl wissend, dass ich durchgefallen war und sowohl Tim als auch meine Eltern bitter enttäuschen würde.

Endstation, hallten die Worte des Schaffners in mir nach.

Mein Herz donnerte wild bei der Vorstellung daran, was mir blühte. Was ich hier tat.

Doch ich war mir sicher, dass mein Herz diese Entscheidung insgeheim schon viel früher getroffen hatte. Ich hatte es mir bloß selbst nicht eingestehen wollen.

***

Sophie sah von ihrem Arbeitsplatz auf, als ich das Gebäude der World Wildlife Savers betrat. Sofort wurde ich angesichts der vertrauten Umgebung etwas ruhiger. Vor meiner besten Freundin lag einer der Kataloge, die vor Kurzem aus dem Druck gekommen waren. Sophie und ich hatten maßgeblich zur Gestaltung beigetragen. Ich hatte das neue Logo für die Organisation designen dürfen: drei ineinander verschlungene Buchstaben, die von Blätterranken eingerahmt wurden und den Wildnisaspekt unserer angebotenen Freiwilligenprojekte verdeutlichen sollten.

»Nike, was machst du denn hier? Müsstest du nicht in der Uni sein?« Auf Sophies Gesicht lag ein Ausdruck der Verwunderung, in die sich Besorgnis mischte.

»Ich hatte einen Blackout und hab die Klausur geschmissen«, sagte ich lediglich, woraufhin Sophie wortlos den Tisch umrundete und mich fest in den Arm nahm. Ihre blonden Haare, die sie zu einem Side Cut trug, kitzelten an meiner Wange. Schließlich schob sie mich auf Armeslänge von sich.

»Möchtest du darüber reden? Du weißt, ich bin immer für dich da.«

Ich winkte ab. »Das weiß ich, Soph. Mir ist nicht nach Reden zumute. Aber du kannst mich gern auf andere Gedanken bringen.«

Claudia, eine festangestellte Mitarbeiterin, rauschte hektisch an Sophie und mir vorbei und grüßte lediglich im Vorbeigehen. Auf ihrem Hals entdeckte ich nervöse Flecken. Normalerweise blieb sie immer für einen Plausch.

»Was ist denn mit Claudia los? Ist hier im Büro alles in Ordnung?«

Sophie verzog gequält das Gesicht. »Dilara hat sich den Fuß gebrochen.«

»O nein, die Arme! Wie ist das denn passiert?«, fragte ich bestürzt.

»Sie ist in ihrer Wohnung an einer Treppenstufe hängen geblieben. Na ja, den Rest kannst du dir denken.«

»Aber was ist mit Südafrika und dem Projekt, das sie sich im Kruger-Nationalpark anschauen wollte? Soll es nicht in ein paar Tagen schon losgehen?«

»Ja, das ist das Problem. Der Flug ist gebucht, ebenso die Unterbringung im Projekt. Dilara sucht jetzt krampfhaft nach einer Ersatzperson, die den Job übernehmen könnte.«

»Was ist mit Claudia? Kann sie nicht fliegen?«

Sophie schüttelte den Kopf. »Claudia hat Familie und kann nicht einfach alles stehen und liegen lassen.« Meine beste Freundin machte eine kurze Pause. »Wäre die Uni nicht, ich hätte mich sofort angeboten. Drei Monate sind aber auch eine verdammt lange Zeit, da verpasse ich einfach zu viel Lernstoff …«

Und plötzlich war er da. Der Ausweg. Das Zeichen, auf das ich vielleicht schon die ganze Zeit gewartet hatte. Es blinkte so hell und klar wie eine Leuchtreklame.

»Ich mache es. Ich springe für Dilara ein und fliege nach Südafrika«, antwortete ich, ohne mit der Wimper zu zucken. »Was muss ich tun?«

3. Kapitel

Meine Wohnung befand sich direkt über der Wohnung meiner Eltern. Diesen Umstand hatte ich schon mehr als einmal verflucht, denn auch wenn wir in zwei voneinander abgetrennten Bereichen wohnten, blieb es trotzdem ein und dasselbe Haus.

Tim hatte mir schon des Öfteren angeboten, zu ihm zu ziehen, aber bisher hatte ich mich gesträubt. Vielleicht, weil sich auch dieser Schritt für mich nicht richtig anfühlte. Doch gerade hatte ich viel größere Sorgen. Mir drohte das Essen mit Tim und meinen Eltern, und ich hatte keinen blassen Schimmer, wie ich ihnen möglichst schonend beibringen sollte, dass ich plante, mein Studium zu schmeißen.

Tim bekam von meinem Kummer nichts mit, da sich seine Gedanken einzig und allein um seine Beförderung drehten. Er rückte verunsichert seine Krawatte zurecht.

»Zu viel?«, fragte er, während er an sich hinabblickte.

»Vielleicht ein bisschen«, antwortete ich zögernd, deutete jedoch ein Lächeln an, das meine Worte entschärfte. »Es sind doch bloß meine Eltern. Du kennst sie schon seit dem Kindergarten, Tim.«

»Ja, aber da waren sie noch nicht meine Arbeitgeber, Nike. Ich möchte, dass deine Eltern ihre Entscheidung nicht bereuen.«

Ich musste mich zusammenreißen, um nicht die Augen zu verdrehen. Immer ging es um die Firma. Allmählich konnte ich es nicht mehr hören. Es war wirklich nicht einfach, wenn man sowohl beruflich als auch privat ständig damit konfrontiert wurde.

Ich versteifte mich und merkte, wie sich schon wieder diese Unruhe in mir ausbreitete. Eine Unruhe, die mit jeder Minute zuzunehmen schien.

Mein Blick glitt über Tim. Plötzlich wollte ich nicht länger reden, sondern nur fühlen. Fühlen, um dem Chaos in meinem Kopf zumindest kurzzeitig entfliehen zu können.

Ich griff aus einem Instinkt heraus nach Tims Krawatte und zog ihn näher zu mir heran, sein Haar kitzelte an meiner Haut.

»Ich hätte da vielleicht eine Idee, wie wir auf andere Gedanken kommen könnten«, hauchte ich, wobei meine Zungenspitze sein Ohr streifte. Zeitgleich legte ich meine rechte Hand auf Tims Brust. Ich fühlte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte und sein Atem schneller ging, was mich ungemein beflügelte.

Ich begann, Tims Nacken mit sanften Küssen zu bedecken, verwöhnte jeden einzelnen Millimeter seiner Haut, während ich mit meinen Händen weiter auf Erkundungstour ging und sein Hemd aufknöpfte. Ein unterdrücktes Keuchen verließ Tims Mund, als ich meine Lippen schließlich auf die nackte Haut darunter senkte.

Er sog scharf die Luft ein und griff nach meinem Handgelenk.

»Nike, deine Eltern warten unten«, presste er hervor, als fiele es ihm schwer, einen klaren Gedanken zu fassen.

»Na und?«, entgegnete ich.

»Wir sollten nicht …«

Ich erstickte Tims Protest im Keim, indem ich mich stürmisch zu ihm beugte und ihn in einen leidenschaftlichen Zungenkuss verwickelte. Tim vergrub seine Hände in meinen Locken und stöhnte leise in den Kuss hinein. Die wirren Gedanken in meinem Kopf waren auf einmal nur noch ein undeutliches Rauschen und verzogen sich in immer weitere Ferne.

Als ich mich von Tim löste, pikste ich ihm mit dem Zeigefinger in die Brust und drückte ihn aufs Bett. Dann krabbelte ich über ihn und sah ihn eindringlich an.

»Nichts anderes sollten wir gerade tun«, raunte ich. »Und dein Freund hier scheint das auch so zu sehen.« Meine Hand streifte wie beiläufig seinen Schritt, und ich spürte, wie ich zwischen meinen Beinen feucht wurde.

Tim biss sich auf die Lippen, als müsste er sich beherrschen, keinen Laut von sich zu geben. Mit glasigen Augen sah er mir dabei zu, wie ich mich an seiner Hose zu schaffen machte.

Doch als ich diese aufknöpfte, schien sich bei Tim plötzlich ein Schalter umgelegt zu haben. Der Schleier über seinen Augen verschwand, und er richtete sich ruckartig auf.

»Nike, das können wir nicht machen, nicht, wenn deine Eltern unten auf uns warten. Außerdem hat deine Mutter das Essen bestimmt schon fertig.«

Tim schob mich ein Stück von sich und das Hemd zurück in seine Hose, während ich nicht fassen konnte, dass er mich von sich gewiesen hatte. Noch dazu wegen meiner Eltern.

»Sicher, das Essen«, sagte ich kurz angebunden. »Wie hatte ich das nur vergessen können!«

Mit einem dicken Kloß im Hals rutschte ich vom Bett, um möglichst schnell etwas Abstand zwischen Tim und mich zu bringen, stand auf und blickte aus dem Fenster.

Es dauerte nicht lange, da war Tim hinter mich getreten und legte seine Hände um meine Taille. Sanft drehte er mich zu sich herum und sah mich an. Reue blitzte in seinen Augen auf.

»Hey. Sei nicht sauer, ja? Ich kann mich unter den Umständen einfach nicht so fallen lassen. Sorry.«

Ich nickte. »Alles gut«, flüsterte ich, auch wenn es mich insgeheim verletzte, dass Tim gedanklich schon wieder nur bei meinen Eltern war.

»Sollen wir langsam mal runtergehen?«

»Geh ruhig schon vor, ich zieh mir schnell noch was anderes an.

»Sicher?«, hakte Tim nach. Er schien mit sich zu hadern.

»Sicher«, bestätigte ich, auch wenn ich mir insgeheim gewünscht hätte, dass Tim mir widersprach und blieb.

»Gut, dann bis gleich.« Er beugte sich noch einmal zu mir und gab mir einen Kuss auf die Wange, bevor er das Zimmer verließ.

Stille hüllte mich ein, die in meinem Kopf immer lauter wurde. Als mein Blick in den Spiegel in meinem angrenzenden kleinen Badezimmer fiel, musste ich schlucken.

Wieso nur wurde ich das beklemmende Gefühl nicht los, darin einer fremden Person entgegenzublicken?

Wann war ich Zuschauerin meines eigenen Lebens geworden?

***

Als ich die Wendeltreppe aus Holz nach unten gestiegen war und vor der Wohnungstür meiner Eltern stand, drückte ich die Klinke nach unten. Weder bei mir noch bei meinen Eltern war diese Tür jemals verschlossen.

Im Wohnzimmer, das direkt in die Küche überging, schwebte mir bereits der Geruch von Lasagne entgegen. Normalerweise wäre mir dabei das Wasser im Mund zusammengelaufen, doch ich konnte die unterschwellige Bedrohung, die mit diesem Essen einherging, förmlich spüren. Alle Muskeln in mir spannten sich an, dennoch zwang ich mich, ein heiteres Gesicht zu machen. Das prompt verrutschte, als meine Mutter mein Outfit kommentierte, noch bevor überhaupt etwas Freundliches ihre Lippen verlassen konnte.

»Hättest du dich nicht etwas schicker machen können, Nike?«, fragte sie, als sie eine dampfende Auflaufform ins Wohnzimmer trug und in der Mitte des rechteckigen Tisches aus massivem Eichenholz abstellte. Sie zog die Augenbrauen hoch und ließ ihren Blick missbilligend über meine dunkle Jeans und das tiefblaue Oberteil mit Wasserfallausschnitt gleiten, während sie sich die Kochhandschuhe von den Händen streifte.

Sie selbst trug ein knielanges, schwarzes Kleid und hohe Schuhe. Sogar mein Vater, der wenig von Schnickschnack hielt, hatte sich in Schale geworfen und sich für ein hellblaues Hemd entschieden.

»Mir war nicht bewusst, dass das Essen einem Staatsempfang gleichen würde«, entgegnete ich verärgert. »Es steht doch schon seit Wochen fest, dass ihr Tim mehr Verantwortung übertragen wollt und er demnächst auch größere Kunden betreuen wird. Und mal davon abgesehen: Was ist bitte an einer Jeans und einem Oberteil verkehrt?«

Meine Mutter überging meine Frage schlichtweg. »Du und dein Zynismus immer. Kannst du dich nicht etwas mehr für Tim freuen?«

Tim sah verunsichert zwischen uns hin und her und lachte nervös. Eigentlich hatte ich erwartet, dass er mir zur Seite springen würde, doch er schenkte mir lediglich ein schiefes Lächeln.

Der Knoten in meinem Bauch wurde größer.

»Also ich finde, du siehst ganz bezaubernd aus, mein Schatz«, nahm Pa mich in Schutz und drückte mich an sich. »Das muss an den guten Genen deines alten Herrn liegen.« Er schnitt eine Grimasse und zwinkerte mir über den Rand seiner schwarzen Brille hinweg zu, was mich trotz meiner inneren Anspannung zum Kichern brachte. Mama entlockte es nur ein müdes Augenrollen. Sie verschwand wieder in der Küche und kehrte kurz darauf mit einer Weinflasche in der Hand zurück. Am Etikett erkannte ich, dass es sich um einen edlen Tropfen handelte.

»Wie könnten wir heute gebührender anstoßen als mit einem Glas Weißwein von dem Weingut, mit dem Tim einen wirklich großen Auftrag für uns erzielen konnte! Tim, möchtest du uns allen nicht zur Feier des Tages einschenken?«, fragte sie und hielt ihm die Weinflasche auffordernd entgegen.

»Wenn ihr darauf besteht, sehr gern«, erwiderte Tim mit einem breiten Lächeln, und mir wurde von der Lobhudelei schon ganz schlecht.

Ich würde viel Alkohol benötigen, um diesen Abend zu überstehen, daher war ich froh, als mir Tim von dem gelblichen Chardonnay eingoss.

Meine Mutter sah meinen Freund voller Stolz an. »Du bist eine Bereicherung für unseren Weinhandel, Tim. Nike kann sich eine Scheibe von dir abschneiden.« Dabei konnte sie sich einen vielsagenden Blick in meine Richtung nicht verkneifen.

Tim hüstelte, während ich angestrengt lächelte und schwieg. War ja klar, dass Mama mit noch einem Seitenhieb um die Ecke kommen musste. Nicht einmal an diesem Abend konnte sie es lassen, auf mir herumzuhacken.

Mehr denn je wünschte ich mich an einen sehr weit entfernten Ort. Ich hatte allerdings den Eindruck, dass nicht einmal der Mond ausreichen würde, um genügend Abstand zwischen meine Familie und mich zu bringen.

Ob jetzt wohl der richtige Zeitpunkt gekommen war, die Bombe platzen zu lassen und zu verkünden, dass ich mein Studium hinschmiss?

Pa schien zu merken, dass die Stimmung angespannt war, denn er klinkte sich hastig ein.

»Ich denke, wir sollten endlich anstoßen und von der Lasagne kosten, bevor sie kalt wird. Wäre doch wirklich schade um das schöne Essen.« Hilfesuchend sah er zu Tim.

»Gute Idee«, krächzte der.

Überschwänglich tat Pa jedem von uns eine Portion Lasagne auf. Anschließend nahm er sein Glas in die Hand und warf dabei insbesondere mir einen – wie ich meinte – aufmunternden Blick zu.

»Prost! Auf uns. Oder nein, besser gesagt: Auf Tim.«

»Prost!«, erklang es einstimmig.

Ich nahm einen Schluck Wein und schloss für einen Moment die Augen. Die meisten Menschen würden vermutlich sagen, dass er leicht säuerlich schmeckte. Ich hingegen schmeckte zahlreiche Fruchtaromen heraus, darunter Apfel, Birne, Zitrone, Honigmelone und Haselnuss. Seit meiner ersten professionellen Weinprobe versuchte ich, jede einzelne Nuance herauszufiltern und zu benennen.

»Da hast du wirklich einen tollen Griff gemacht«, sagte ich anerkennend zu Tim.

Mein Freund strahlte mich an und strich mir liebevoll über das Bein. »Danke.«

»Wäre ja schön, wenn du eines Tages auch mal einen solch großen Auftrag für uns an Land ziehst, Nike«, kommentierte meine Mutter mit einem süßlichen Lächeln, was ich mindestens ebenso süßlich zurückgab.

Dann stürzte ich meinen Wein auf ex herunter, was sogar meine Mutter endlich verstummen ließ.

Kaum, dass wir alle Platz genommen hatten, setzte gefräßige Stille ein. Der Appetit war mir mittlerweile allerdings endgültig vergangen.

Meine Eltern und Tim wechselten ein paar Worte über das Geschäft, während ich schweigend zuhörte. Meine Gedanken kehrten unterdessen immer wieder zurück zu meinem Gespräch mit Sophie. Wie sollte ich meinen Eltern bloß begreiflich machen, dass ich nach Südafrika gehen würde? Was würde ich darum geben, jetzt schon im Flieger zu sitzen …

Irgendwann erhob ich mich von meinem Platz. »Wenn ihr mich entschuldigt, ich hole mir mal ein Glas Wasser …« Mit diesen Worten flüchtete ich in die Küche.

Ich füllte ein Glas mit Mineralwasser und nahm einen großen Schluck. Nebenbei schickte ich ein kurzes SOS per WhatsApp an Sophie. Ich kam mir vor wie in einem goldenen Käfig. Ein goldener Käfig, aus dem es kein Entrinnen gab. Und den ich mir leider in gewisser Weise selbst geschmiedet hatte.

Hätte ich eher mit meinen Eltern geredet, dann wäre ich jetzt nicht in dieser verzwickten Lage und würde mich nicht dermaßen in die Enge gedrängt fühlen. Ich verstand selbst nicht, warum es mir so schwerfiel, mit meinen Eltern zu reden. Vielleicht, weil der Gedanke, sie zu enttäuschen, wie Blei auf meinen Schultern lastete und ich nicht der Grund dafür sein wollte, dass unser Weinhandel keinen Nachfolger fand. Meine Eltern hatten all ihre Energie in unser Familienunternehmen gesteckt. Es war verständlich, dass sie es später in den besten Händen wissen wollten. Aber wenn ich ehrlich zu mir selbst war, dann war ich nicht die beste Wahl für unseren Weinhandel. Nicht verglichen mit Tim. Er hängte sich wirklich rein und tat alles in seiner Macht Stehende für den Laden, was ich von mir nicht behaupten konnte.

Ich vernahm Schritte hinter mir. Eigentlich hatte ich angenommen, dass es Tim war, der nach mir sehen wollte, doch zu meiner Überraschung war es Pa. Eine ganze Weile rückte er nur seine Brille zurecht, bis er schließlich das Wort ergriff.

»Deine Mutter meint das nicht so, Nike. Sie ist manchmal bloß etwas …« Er brach ab, da er nach dem richtigen Wort zu suchen schien.

»Selbstgerecht? Unfair? Bevormundend?«, half ich ihm mit einem bitteren Lächeln auf die Sprünge.

Wieder rückte Pa seine Brille zurecht. »Das wären jetzt vielleicht nicht die Formulierungen, die ich verwendet hätte, aber ich kann mir vorstellen, wie du dich fühlst. Möglicherweise schießt sie manchmal ein bisschen übers Ziel hinaus.« Er strich mir über den Arm. »Ich weiß, dass sie streng und hart erscheinen mag, aber sie meint es nur gut mit dir. Sie liebt dich sehr, Nike. Und sie möchte doch nur das Beste für dich. Dass dir eine sorgenfreie Zukunft bevorsteht.«

Die alte Leier wieder. Wie oft hatte ich mir schon anhören müssen, dass Mama in ärmlicheren Verhältnissen aufgewachsen war und damals nicht solche Privilegien wie ich gehabt hatte! Bis sie meinen Vater heiratete und er sie in das Familienunternehmen einführte.

Ich warf einen Blick in mein Wasserglas. Kurz entstand Stille zwischen Pa und mir.

»Nike, darf ich dich etwas fragen?«

»Sicher.« Ich sah zu meinem Vater auf. Sein Blick war plötzlich ernst geworden.

»Kann es sein, dass du eigentlich gar nicht in den Weinhandel einsteigen möchtest?«

Mir fehlten die Worte. Wann hatte Pa mitbekommen, dass ich mit meiner Zukunft im Familienunternehmen haderte?

Ich blickte ertappt drein. »Wie … Wie kommst du darauf?«

»Ich sehe, wenn meine Tochter etwas beschäftigt«, sagte er sanft und mit Bedauern in der Stimme.

Auf einmal verspürte ich einen dicken Kloß im Hals. Mit diesem plötzlichen Richtungswechsel unseres Gesprächs hatte ich nicht gerechnet.

»Ich … ich bin mir nicht sicher, ob der Weinhandel etwas für mich ist, Pa«, antwortete ich leise. Es war befreiend, diese Worte endlich laut auszusprechen.

Er nickte lediglich, dann legte er mir die Hände auf die Schultern und sah mir fest in die Augen. »Nike, bitte vergiss nicht, was deine Mutter und ich alles für die Familie aufgebaut haben. Ich kann verstehen, dass dich deine eigene Zukunft verunsichert. Als junger Mensch fühlt man so, das ist vollkommen normal. Man möchte sich ausprobieren, viel erleben. Aber mach nicht den Fehler, deine Zukunft aus einer Laune heraus wegzuwerfen. Daher bitte ich dich inständig, noch einmal in dich zu gehen.«

Auch wenn seine Worte versöhnlich klangen, wurde mir bewusst, dass Pa meine Gefühle nur als Phase abtat. Er nahm mich nicht ernst. Und das tat weh. Noch mehr tat es weh, dass er mir zwischen den Zeilen zu verstehen gab, wie enttäuscht er von mir wäre, wenn ich mich gegen unseren Weinhandel entschied. Wieder einmal festigte sich bei mir der Eindruck, dass ich keine Wahl hatte, kein Mitbestimmungsrecht. Ich fühlte mich unsagbar hilflos und alleingelassen.

Mein Brustkorb verengte sich, und ich musste mich zusammenreißen, nicht in Tränen auszubrechen. Pa seufzte.

»Vielleicht … Vielleicht sagen wir deiner Mutter erst mal nichts, was meinst du? Nicht jetzt, in diesem Augenblick. Lass uns versuchen, den Abend so gut es geht hinter uns zu bringen. Ohne dass Köpfe rollen. Und danach setzen deine Mutter, du und ich uns zusammen und besprechen alles in Ruhe. Einverstanden?«

Wenn ich dem Vorschlag meines Vaters jetzt zustimmen würde, dann hätte ich schon verloren. Dann hätte ich mich selbst verraten. Daher schwieg ich, was Pa fälschlicherweise als Zugeständnis wertete.

»Schön, dann lassen wir deine Mutter und Tim nicht länger warten.«

4. Kapitel

Meine Mutter tupfte sich mit einer weißen Stoffserviette vorsichtig den Mund ab, damit ihr Lippenstift nicht verschmierte. Sie deutete ein steifes Lächeln an.

»Und Nike, wie ist eigentlich die Klausur gelaufen?«

»Ich weiß nicht genau …«, wich ich überrumpelt und mit unwohlem Bauchgefühl aus, obwohl ich die Antwort ganz genau kannte.

»Was soll das heißen?«, fragte Mama. »Du musst doch wissen, ob du alle Klausurfragen beantworten konntest. Ich hatte es so verstanden, dass die Prüfung sehr wichtig war. Und du hast doch vorher ausreichend gelernt, oder?«

»Mir fällt diese stumpfe Theorie einfach nicht so leicht«, erwiderte ich schnippisch. Aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, mich vor meinen Eltern und Tim rechtfertigen zu müssen. Dabei war ich kein Kind mehr, sondern einundzwanzig Jahre alt!

»Vielleicht liegt es auch einfach an deiner Arbeit bei den World Wildlife Savers«, hielt meine Mutter dagegen. »Das lenkt dich viel zu sehr vom Wesentlichen ab.«

»Ach, was ist denn deiner Meinung nach das Wesentliche?« Obwohl ich mir vorgenommen hatte, ruhig zu bleiben, schlich sich ein spitzer Unterton in meine Stimme.

»Deine Zukunft in unserem Weinhandel natürlich«, erwiderte sie mit einer Selbstverständlichkeit, die mich rasend machte. »Dir fehlt einfach nur der nötige Ehrgeiz. Sieh dir Tim an.«

Ich krallte meine Finger in die Serviette.

Pa legte Mama eine Hand auf den Arm. »Schatz, das können wir doch auch ein andermal besprechen.«

»Nein!«, entrüstete sie sich und schob seine Hand abrupt fort. »Ich werde nicht dabei zusehen, wie unsere Tochter noch länger ihre Zeit verplempert.« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder mir zu. »Ich verstehe einfach nicht, warum du alles nur so halbherzig machst, anstatt aufs Ganze zu gehen. Das ist, weil du viel zu viel träumst. Du bist mit deinen Gedanken immerzu in fremden Welten, aber die Realität sieht nun einmal anders aus. Wenn du es denn nur einsehen würdest!«

Das brachte das Fass schließlich zum Überlaufen. »Ach, du meinst, ich soll mehr wie ihr sein, ja? Du bist wirklich unfassbar!«, stieß ich aus und schob geräuschvoll meinen Stuhl zurück. Mein Körper bebte, und ich spürte, wie mir vor Wut Tränen in die Augen stiegen. »Und nur, dass ihr es wisst: Ich bin bei der Prüfung durchgefallen! Ich schmeiße mein Studium!«

»Bitte was?!« Meine Mutter wurde erst bleich, dann rot. »Das hast du nicht zu entscheiden!«

»O doch, das habe ich!« Mittlerweile schrie ich fast. »Ich bin die Einzige, die darüber entscheidet, denn es ist mein Leben!«

Mein Vater verzog das Gesicht, als würden ihn auf einmal mordsmäßige Kopfschmerzen plagen. »Das ist jetzt vielleicht nicht der passende Zeitpunkt, um …«

»Wenn es nach euch geht, dann ist es nie der richtige Zeitpunkt! Immer dreht sich alles nur um den Weinhandel!«, fiel ich ihm ins Wort.

Meine Mutter zitterte vor lauter Empörung. »Wie kannst du es wagen? Nach allem, was wir dir ermöglicht haben?«

Tim hatte dem Streit bisher still beigewohnt. Niemand wollte freiwillig ins Kreuzfeuer zwischen Mama und mir geraten. Jetzt aber griff er nach meiner Hand und sah mich verstört an. »Warum hast du nichts gesagt?«

Ich hob hilflos meine Schultern. »Weil … Weil das gar nicht so leicht ist in dieser Familie.«

Eine steile Falte zog sich über die ansonsten straffe Stirn meiner Mutter. »Es gibt sicherlich eine Möglichkeit, die Klausur zu wiederholen. Du wirst morgen zu deinem Professor gehen und mit ihm reden.«

Ich starrte sie an. Hatte sie mir auch nur eine Sekunde lang zugehört? Während es in mir tobte, besann ich mich und versuchte, nach außen möglichst ruhig zu wirken. Offenbar brachte es rein gar nichts, wenn ich gegenüber Mama lauter wurde, also musste ich einen anderen Weg wählen.

»Daraus wird nichts. Ich werde für drei Monate nach Südafrika gehen und dort an einem Tierschutzprojekt im Kruger-Nationalpark teilnehmen«, sagte ich langsam. Ich machte eine kurze Pause. »Und ihr werdet mich nicht davon abbringen können. In vier Tagen geht der Flug.«

Die Bombe war geplatzt.

Pa setzte seine Brille ab und rieb sich wortlos über die Schläfe, als wollte er das von mir Gesagte erst einmal verarbeiten. Meine Mutter holte tief Luft, ihr Gesicht war schon ganz rot angelaufen.

»Bist du von allen guten Geistern verlassen, Nike?! Das kann doch nicht dein Ernst sein! Wie stellst du dir das vor?«, explodierte sie schließlich und glich einem feuerspeienden Vulkan. »Was sind das nur für wirre Tagträumereien, denen du dich schon wieder hingibst? Drei Monate Südafrika! Was ist mit deinem Studium und unserem Weinhandel?«

Ich atmete möglichst langsam. Mir war schwindelig, als die nächsten Worte meinen Mund verließen.

»Ich will das nicht.«

»Was willst du nicht?«, hakte Mama nach.

»Das Studium. Die Arbeit im Weinhandel. So stelle ich mir mein Leben einfach nicht vor.«

Als sie bereits zum nächsten Ausbruch ansetzte und ich befürchtete, der Rauch würde ihr gleich aus den Ohren quillen, entschied ich, dem Ganzen ein Ende zu setzen.

»Es tut mir leid, euch zu enttäuschen. Aber meine Entscheidung steht fest.«