Abzocke - Ron Perduss - E-Book
SONDERANGEBOT

Abzocke E-Book

Ron Perduss

0,0
14,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 14,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

So werden Verbraucher*innen ausgetrickst

„Energiepreisschub“, „Mieterhöhung“ und „Inflations-Hammer“. Begriffe, die uns alle seit einiger Zeit begleiten und die zeigen, mit welchem Kostendruck deutsche Haushalte zu kämpfen haben.

Dabei geben wir Verbraucher*innen durch geschickte Verkaufs- und Marketingstrategien selbst in Zeiten ständiger Preissteigerungen oftmals viel mehr Geld aus, als eigentlich nötig wäre. Dieser alltäglichen und unbemerkten Abzocke stellt sich Ron Perduss entgegen. Der bekannteste Verbraucherexperte Deutschlands zeigt auf, was wirklich in Supermärkten und Online-Shops los ist und was wirklich hinter den Fragen nach Bonuskarten und Treuepunkten steckt, wo bei Banken und Versicherungen Vorsicht geboten ist und wo Verbraucher*innen unbedingt aktiv werden sollten, um sich und ihr Geld zu schützen – nicht nur in Krisenzeiten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 262

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



RON PERDUSS

ABZOCKE

WIE SIE IM ALLTAG GETÄUSCHT WERDEN

INHALT

Vorwort

KAPITEL 1 EINKAUFEN & ALLTAG – SUPERMARKT & CO.

Treuepunkte

Kundenkarten

Wie glaubhaft sind die Aussagen auf Produkten?

Superfoods

Deluxe- bzw. Premiumprodukte

Nahrungsergänzungsmittel

Saftkuren

UVP – die unverbindliche Preisempfehlung

Gibt es Faustregeln, um beim Einkaufen im Supermarkt Geld zu sparen?

Die Obst-Abzocke oder »faules Obst«

Milch-Alternativen

Luft im Eis

Shrinkflation – Verpackungen werden kleiner, Preis bleibt gleich

Schlussverkauf – Sale – Black Friday & Co.

Bekleidungs-Outlets – Schnäppchen oder Trickmaschen?

Vergleichsportale im Internet

Abzocke mit Kundenrezensionen

Onlineshops – Wie steht es um Rückgaberechte, Garantien etc.?

Null-Prozent-Finanzierungspläne

Möbelhäuser und Mondpreise

Wie ernst kann man Label und Siegel nehmen?

CBD-Produkte

KAPITEL 2 WOHNEN & FREIZEIT

Zur Miete wohnen

Urlaub und Reisen

Auto

KAPITEL 3 BANKEN & VERSICHERUNGEN

Die Beratung

Das Girokonto

Der Ratenkredit

Kredite ohne Schufa

Finanzsanierung

Versicherungen

Spenden

Finfluencer

KAPITEL 4 BETRUGSMASCHEN

Phishing

Smishing

Vishing

Scamming

Bitcoin Sextortion

Weitere Abzock-Maschen

Danksagung

VORWORT

Abzocke – ein hartes Wort, das auf den ersten Blick vielleicht etwas reißerisch klingt. Dennoch finde ich, dieser Begriff trifft das ganz gut: Jeden Tag werden wir millionenfach über den Tisch gezogen. Wissentlich oder unwissentlich, aber es passiert.

Es gibt die klassischen Betrüger, die ganz bewusst versuchen, uns das Geld aus der Tasche zu ziehen, und vor denen wir schon seit vielen Jahren in Verbrauchermagazinen und TV-Sendungen wie »Vorsicht Falle!« gewarnt werden. Aber es gibt auch die großen und kleinen »normalen« Unternehmen, die dies tun. Sicher versteckter und eleganter, aber im Kern genauso raffiniert wie die vorgenannten Gauner. Vielleicht einigen wir uns gleich jetzt darauf, dies lieber nicht Betrug zu nennen, auch wenn es am Ende des Tages auf das Gleiche herauskommt. Über Jahre hinweg wurden perfide Tricks erfunden und perfektioniert, um mehr von unserem Geld zu kassieren. Immer neue, noch cleverere Marketingaktivitäten gaukeln uns Vorteile von Produkten oder Dienstleistungen vor, die einfach gar keine sind. Die Unternehmen mogeln bei Verpackungen, erfinden Labels und Siegel, um Produkten einen besonderen Anstrich zu geben. Sie kreieren Trends, um uns alten Wein in neuen, viel teureren Schläuchen zu verkaufen. Still und heimlich und ganz besonders effektiv.

In diesem Buch soll es genau um diese, oft perfiden Tricks gehen. Ich zeige auf, wie ein Heer von Spezialisten aus Marketing, Psychologie und Verkauf immer wieder neue Dinge ausbrütet, mit denen nur ein einziges Ziel verfolgt wird: Wir Verbraucher sollen in die Irre geführt und schlichtweg abgezockt werden. Auf Schritt und Tritt und ohne, dass wir es im Alltag bemerken. Ich möchte Ihnen helfen, diese alltäglichen Tricks zu entlarven und sich vor ihnen zu schützen. Damit Ihr Geld, gerade in diesen Zeiten, in denen alles teurer wird und wir unter Rekordwerten bei der Inflation leiden, dort bleibt, wo es gut aufgehoben ist: in Ihrer Brieftasche.

In diesem Buch zeige ich Ihnen die Dinge auf, die jeden Tag aufs Neue passieren. Die schlauen Tricks aus dem Zauberkasten der Verführer, mit denen wir beschummelt werden, ohne dass wir es merken. Im Supermarkt, im Einkaufszentrum, im Möbelgeschäft, beim Abschluss eines Handyvertrages, beim Onlineshoppen, beim Wohnen in einer Mietwohnung genauso wie auf Reisen oder sogar bei Ihrer Bank. Überall lauern die Fallen. Überall nimmt man Ihnen Ihr Geld ab.

Und natürlich schauen wir uns auch all die echten Betrügereien an, die in Zeiten der Digitalisierung und des wachsenden Onlinekonsums boomen. Ob Phishing, Scamming oder Spoofing – die Betrüger denken sich immer neue heimtückischere Methoden aus, um uns das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Nach der Lektüre sind Sie so gut für diese verwerflichen Machenschaften sensibilisiert, dass Sie darauf in den meisten Fällen nicht mehr hereinfallen werden.

Wenn es einen Ort gibt, an dem wir tagtäglich übervorteilt werden, dann sind das die Supermärkte und Einkaufscenter dieser Welt.

Vieles von dem, was uns dort jeden Tag passiert, wird wissentlich gemacht. Weil die Unternehmen nur unser Bestes wollen. Unser Geld. Gut, der Spruch ist schon etwas abgedroschen, aber an seiner tiefen Wahrheit hat sich über Jahre und Jahrzehnte leider überhaupt nichts verändert.

Die Unternehmen, für deren Produkte und Dienstleistungen wir unser hart erarbeitetes Geld ausgeben, sind nun einmal Wirtschaftsunternehmen. Und deren Ziel ist in erster Linie die Gewinnmaximierung. Wer sich ein wenig mit Betriebswirtschaftslehre beschäftigt hat, weiß, dass Gewinnmaximierung selten mit einer Unternehmenskultur einhergeht, in der Geld zum Fenster rausgeworfen wird.

Werfen wir also einen intensiven Blick auf die vielen Tricksereien, die sich Händler und ihre Helfershelfer ausgedacht haben, um uns unser Geld abzunehmen. Von Kundenkarten über fragwürdige Premium-Lebensmittel und Rabattaktionen am Black Friday bis zu den Outlets im Speckgürtel der Großstädte.

Ich spreche auch über den neuesten Trend: die unzähligen Labels und Gütesiegel, die Hersteller auf ihre Produkte kleben und die uns das Gefühl geben sollen, etwas Gutes zu kaufen. Egal ob klimaneutral oder besonders fettarm, mit extra hohem Proteinanteil oder ausdrücklich naturschonend produziert. Fast keines dieser Siegel ist die Farbe wert, mit der sie gedruckt wurden. An jeder Ecke wird uns ein Bär aufgebunden. Aber ab heute ist Schluss damit.

TREUEPUNKTE

»Sammeln Sie die Treuepunkte?« – Keine Frage wird an deutschen Supermarktkassen öfter gestellt, als diese. Und wenn ich so in der Schlange stehe und die Mitmenschen beobachte, ist es immer wieder erstaunlich, wie viele von ihnen freudestrahlend »Ja« sagen.

Die Küchenschränke in deutschen Haushalten müssten mittlerweile überquellen von Kochtöpfen, Plastikschalen oder Messersets. Das sind die Klassiker bei den Treueaktionen der Supermärkte. Die Sammelaktionen gleichen sich mittlerweile in den meisten Märkten: Wer 5 Euro Umsatz macht, bekommt einen Punkt. Oder ein Herz, eine Frühlingsblume, einen niedlichen Osterhasen oder einen anderen Sticker. Wer davon 30 gesammelt, also 150 Euro bei den Einkäufen ausgegeben hat, bekommt Anspruch auf eine vergünstigte Prämie.

Ach. Moment. Geschenkt gibt es nichts? Wäre das nicht eigentlich der Sinn der Treuepunkte? Dass ich am Ende als Dankeschön etwas gratis bekomme? Dem ist leider nicht so. Ganz im Gegenteil: Als fleißiger Sammler werden Sie als Verbraucher noch einmal extra abkassiert. Sie kaufen also ein Dankeschönprodukt und sorgen damit für weiteren Umsatz. Hört sich nach einem seltsamen System an, oder?

Nun, ich bekomme ja einen ordentlichen Rabatt, höre ich Sie jetzt Ihren Händler verteidigen. Das schnieke Topf- oder Messerset gibt es ja mit einem Nachlass von 60 bis 80 Prozent auf die unverbindliche Preisempfehlung (UVP). Da kann man eigentlich nicht meckern. So einen Rabatt gibt es nicht mal beim inoffiziellen Winter- oder Sommerschlussverkauf. Okay, Sie haben Recht! Mit Ihren gesammelten Treuepunkten müssen Sie nicht den vollen Preis zahlen. Aber vielleicht steckt da doch eine super Abverkaufsmasche dahinter? Ganz nach dem Motto »niemand hat etwas zu verschenken«. Woran machen wir Kunden fest, dass sich das Sammeln von Treuepunkten überhaupt für jemanden anderen lohnt als für den Händler? Dadurch dass sie gratis sind, ist ja der Rabatt auf die Treueprämien ein wirklich großartiges Geschenk. Schließlich gibt es einen Rabatt, ohne dafür wirklich etwas getan zu haben. Nun ist das ganze System am Ende doch komplizierter als wir uns das vorstellen:

Betrachten wir das Sammeln und das Einlösen getrennt voneinander, finden wir auch sehr schnell die Fallstricke. Fangen wir mit dem Sammeln an. Okay, die Punkte gibt es nach meinem Einkauf gratis an der Kasse. Aber da übersehen wir gern das Wort »nach«. Als Sammler habe ich also bereits Geld ausgegeben. Ist der Treuepunkt dann am Ende des Tages nur ein kleiner Rabatt?

Vielleicht ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass meist nur die klassischen Supermärkte diese Treuepunkt-Aktionen anbieten? Das liegt daran, dass hier unterm Strich die Produkte auch ein klein wenig teurer sind als beim Discounter. Der steckt bereits alles, was machbar ist, in günstige Preise und hat in der Regel wenig Spielraum, weitere Rabatte einzuräumen. So kann sich ein Supermarkt also eher leisten, einen kleinen Rabatt zu geben. Betrachten wir aber den wichtigsten Bestandteil des Treuepunkte-Wahnsinns genauer: das Topf- oder Messerset. Nun haben Sie also die geforderten 30 Punkte gesammelt und den Urinstinkt des Jägers und Sammlers befriedigt. Jetzt stehen Sie vor dem Prämien Regal im Supermarkt und sehen all diese schönen Produkte. Die Markenpfanne. Statt 99,90 Euro gibt es sie mit den Treuepunkten für nur 39,90 Euro. Was für ein großartiger Rabatt! Wie oft kann man als Kunde schon 60 Prozent auf die UVP sparen? Genau da liegt der Denkfehler. Leider gleich doppelt. Denn erstens ist die unverbindliche Preisempfehlung eben genau das, was der Name schon sagt. Eine Empfehlung und keine klare Ansage. Dieser Preis wurde in der Realität wahrscheinlich noch nie für das Produkt gefordert. Zur UVP komme ich später noch ausführlicher ab hier.

Absurder wird der Treuepunkte-Schwindel schnell, wenn wir erfahren, dass die meisten Treueprämien nie einen »normalen« Laden oder Onlineshop gesehen haben. Sie standen bisher nur in diesen Treuepunkte-Aufstellern, weil sie speziell für diesen Zweck produziert worden sind. Ja sicher, auf dem Produkt steht ein Markenname. Ja, das ist auch kein Fake-Produkt. Aber hat ganz oft wenig mit der Qualität der Marke zu tun. Denn um Kosten zu sparen, werden eben diese Prämien speziell – meist in etwas geringerer Qualität – ausschließlich für die Supermärkte hergestellt. Was bedeutet das dann für die unverbindliche Preisempfehlung? Sie können es sich denken: Sie ist ein einziger Witz.

Wenn es doch dieses Produkt überhaupt nirgendwo zu kaufen gibt und es einzig und allein für den Verkauf als Treuepunkte-Prämie herhalten muss, wann sollte denn jemals die UVP verlangt worden sein? Nie! Was im Umkehrschluss bedeutet, dass sich hier Markenhersteller und Händler entspannt einen Fantasiepreis ausdenken können, um den Rabatt auch nach einem wirklichen Schnäppchen aussehen zu lassen. Versuchen Sie doch mal, die angebotenen Produkte – also wirklich die gleichen – woanders zu finden. Das gelingt Ihnen in den wenigsten Fällen. Wenn nun also die UVP Fake ist, bedeutet das auch, dass Sie den ausgeschriebenen Rabatt getrost vergessen können. Streichen Sie den durchgestrichenen Preis gleich noch mal durch und nehmen Sie diesen auf gar keinen Fall als Basis für Ihre Kaufentscheidung.

Wenn Sie meinen Worten folgen, dann müsste die Erkenntnis sein, dass sich diese Treuepunkte-Aktionen nicht lohnen. In den meisten Fällen ist das auch so. Aber ganz ausschließen möchte ich nicht, dass Sie hier auch ein kleines Schnäppchen machen können. Mein wichtigster Tipp: Wenn Sie so oder so in diesem Markt einkaufen und nicht die Treuepunkte den Einkaufsanreiz bilden, spricht nichts gegen das Sammeln. Sofern Sie sich auch nicht von der Rabattierung der Prämien beeindrucken lassen und den Endpreis nüchtern betrachten, kann es sich in Einzelfällen lohnen.

Es macht aber überhaupt keinen Sinn, nur wegen der Prämien in einem bestimmten Supermarkt einkaufen zu gehen. Das ist tatsächlich rausgeschmissenes Geld. Einen entscheidenden Vorteil hat dieses System aber dennoch: Treuepunkte zu sammeln, funktioniert ganz ohne das Herausgeben Ihrer persönlichen Daten. Anders als bei den so beliebten Kundenkarten.

KUNDENKARTEN

Wenn wir über Treuepunkte sprechen, dann müssen wir uns auch dringend über Kundenkarten unterhalten. Wir Deutschen sind Weltmeister im Anhäufen von Karten der Bonusprogramme. Millionen dieser Plastikkarten – mittlerweile auch digital im Smartphone – fristen ihr Dasein. Wir lieben es, Punkte zu sammeln, wir lieben es, Rabatte zu bekommen, wir lieben es, Schnäppchen zu machen. So sammeln wir beim Tanken, beim Einkaufen, beim Buchen eines Fluges oder Essen im Restaurant Punkte und Meilen. Die tauschen wir dann freudig gegen Dinge ein, die wir niemals gebraucht hätten.

Egal wie sie im Detail aufgebaut sind, die Bonusprogramme haben alle eines gemeinsam: Sie speichern unsere privaten Daten. Sie speichern Schritt für Schritt unser Konsumverhalten. Die Anbieter dieser Karten wissen meist mehr über uns als wir selbst. Und mit all diesen Daten, die wir den Unternehmen jeden Tag mit Begeisterung geben, erstellen sie ein perfektes Profil von uns. So perfekt, dass sie unser Einkaufsverhalten vorhersagen können.

Die Firmen haben mit ihren Kundenkarten zielgenau unseren Nerv getroffen. Wir sind Jäger und Sammler und fast nichts macht mehr Spaß, als beim Einkaufen noch extra belohnt zu werden. 2-für-1-Aktionen, Extra-Punkte, gratis testen – all das macht uns Spaß und sorgt dafür, dass Glückshormone ausgeschüttet werden.

Haben Sie schon einmal ausgerechnet, wie viel dabei am Ende eigentlich für Sie herumkommt? Warum setzen die beteiligten Firmen auf Punkte und Meilen, statt einfach nur einen transparenten Preisnachlass in Euro oder Cent zu geben? Die Antwort ist ganz einfach. Diese Punkte lassen sich eben nicht so leicht umrechnen. Sie sammeln begeistert Punkte und haben kein Gefühl dafür, welchen Vorteil Ihnen das wirklich bringt.

Wenn Sie im Supermarkt für 100 Euro eingekauft haben, landen 50 Punkte auf Ihrem Punktekonto. Das klingt gut. Viel besser auf jeden Fall, als die 50 Cent, die diese Punkte tatsächlich wert sind. Seien Sie ehrlich: Würden Sie in ein Geschäft gehen und mit dem Verkäufer über ein halbes Prozent Rabatt verhandeln? Ich wette mit Ihnen und sage: »Niemals!« Wenn schon Rabatt, dann versuchen Sie doch eher einen Preisnachlass von 3, 5, 10 oder sogar 20 Prozent im persönlichen Gespräch auszuhandeln. Diesen ganzen Aufwand würden Sie nicht für ein halbes Prozentchen auf sich nehmen. Tun aber mehr als 31 Millionen Verbraucher tatsächlich Tag für Tag, indem sie – statt zu verhandeln – ihre wertvollen persönlichen und Einkaufs-Daten über eine Karte zur Verfügung stellen, um dann schlappe 0,5 bis 1 Prozent Rabatt zu bekommen.

Wenn nach unzähligen Einkäufen endlich genug Punkte auf Ihrem Konto sind, um sich eine Prämie leisten zu können, kommt das böse Erwachen. Gucken Sie etwas näher hin, stellen Sie bei den meisten angebotenen Prämien fest, dass diese zumeist überteuert sind. Mit ein paar Klicks gibt es den Großteil der Prämien viel günstiger zu kaufen. Ganz ohne Bonuspunkte. Für einen lächerlichen Rabatt von höchstens 1 Prozent machen Sie sich gegenüber Händlern und Herstellern nackig? Ganz freiwillig machen Sie sich zum gläsernen Konsumenten?

Die vermeintlich großzügigen Unternehmen wissen über Ihre Kundenkarte, wann Sie einkaufen, wo Sie einkaufen, was Sie einkaufen und wie Sie bezahlen. Mit dem Zusammenspiel all dieser verschiedener Daten, die Sie für ein paar Cent zur Speicherung freigeben, wird Ihr persönliches Raster erstellt. Sie lassen sich selbst buchstäblich zur Fahndung ausschreiben.

Jetzt kann vorhergesagt werden, was Sie in den nächsten Wochen oder Monaten eventuell kaufen und für welche Produkte oder Dienstleistungen sie sich interessieren könnten. Freuen Sie sich auf noch mehr zielgerichtete Werbung. Mit dem Profil, das von Ihnen selbst erstellt wurde, lässt sich nun noch viel mehr Umsatz generieren. Das alles für nicht einmal 1 Prozent Rabatt.

Machen Sie es stattdessen wie ich: Werfen Sie die Kundenkarten einfach weg. Sie machen keinen Sinn.

WIE GLAUBHAFT SIND DIE AUSSAGEN AUF PRODUKTEN?

Mindestens einmal im Jahr muss den Lebensmittelkonzernen angst und bange werden, wenn sie ihre Umsatzentwicklung sehen. Oder ihnen ist langweilig. Oder der Vorstandsvorsitzende hat schlecht geschlafen. Anders ist es nicht zu erklären, dass uns die großen Hersteller alle Jahre wieder mit neuen Trends überraschen und uns weismachen wollen, dass wir diesem Trend unbedingt folgen müssen.

Begeben wir uns auf eine kurze Reise in die Vergangenheit. In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts finden wir surreal anmutende Werbespots, in denen Zucker als Allheilmittel angepriesen wurde. Übrigens insbesondere für die Konsumenten, die gerne abnehmen wollten. Zucker! Ja, dieses Teufelszeug, das unsere Arterien verklebt, das uns Stück für Stück immer dicker werden lässt. Nach unserem heutigen Kenntnisstand mutet es fast unglaublich an, dass es Werbung gab, die Zucker als etwas Gesundes angepriesen hat.

Nun höre ich Sie sagen: »Ganz so schlimm ist es ja heute mit den Lebensmittelkonzernen bestimmt nicht mehr.« Hier muss ich Sie leider enttäuschen. Die Produzenten und Händler haben seit den 1950er Jahren anscheinend nicht viel dazugelernt, geschweige denn anders gemacht. Noch immer geht es ihnen darum, ihre industriell hergestellten Waren mit viel Glitzer und Glamour unters Volk zu bringen. Besonders gern werden dafür vollkommen neue Eigenschaften entdeckt und in den Vordergrund gestellt. Die meisten davon – entschuldigen Sie bitte die Wortwahl – sind der größte Schwachsinn.

Sobald ein neuer gesellschaftlicher Trend am Horizont erscheint, wird dieser besonders gern von den Lebensmittelherstellern aufgegriffen. Als sich beispielsweise das Idealbild vom wohlgeformten Körper manifestierte und bei vielen der Wunsch, schlank und rank zu sein, wuchs, antworteten die Hersteller mit den Light-Produkten. Gut erinnere ich mich an die Werbung der 80er Jahre. An Aussagen wie: »Ich will so bleiben, wie ich bin – Du darfst.« Lightprodukte waren auf einmal unfassbar angesagt. Alle wollten über Nacht dünner werden. Gutes Aussehen, ein trainierter Körper, Fitness und Sport waren trendy und erstrebenswert. Für Frauen galt fortan ein neuer Maßstab: Kleidergröße 36.

Die rettende Lösung für diesen neuen Lifestyle war im Supermarkt nur einen Handgriff entfernt und sie prangte in fünf unübersehbaren Buchstaben: »LIGHT«. Die Produzenten überschwemmten den Markt. Egal ob Margarine, Salami, Joghurt oder Chips. Fortan gab es fast alles auch in einer Light-Version zu kaufen. Und durch cleveres Marketing haben sich die meisten dieser Produkte bis heute in den Regalen gehalten. Noch immer wird in Supermärkten und Discounter mit den Etiketten leicht oder light geworben, noch immer werden diese Produkte gerne in den Warenkorb gelegt. Das alles, obwohl sich mittlerweile vielleicht herumgesprochen haben sollte, dass die Leichtigkeit meist mit mehr Zucker und Aromen erkauft wird. Vielleicht ist ein bisschen weniger Fett drin, aber unterm Strich lohnt sich das nicht. Verschiedene Studien zeigen, dass Menschen, die Light-Produkte konsumieren, meist deutlich mehr essen, da das Sättigungsgefühl später einsetzt. Unerwünschte Nebenwirkung: Sie nehmen eher noch an Gewicht zu als ab.

Oder denken wir an die kleinen Joghurts mit Milliarden von Bakterien, die uns eine gesunde Verdauung versprechen. Wenn ich mich recht erinnere, hat dieser Trend in den 90er Jahren seine rasante Entwicklung genommen. Unterstützt durch Millionen Investments in die begleitende Reklame. Ganz plötzlich gehörte es zum guten Ton, diese kleinen Joghurt-Drinks zu sich nehmen, um endlich die vernachlässigte Darmflora in Schuss zu bekommen. Milliardenfach wurden und werden diese kleinen Dinger verkauft. Aber auch hier hat sich mittlerweile gezeigt, dass es für das Wohlbefinden und eine gesunde Darmflora gar keinen Unterschied macht, ob ich einen normalen Joghurt esse oder zu einem mit diesem ganzen Bakterien-Schnickschnack greife. Einen gewaltigen Unterschied macht es dennoch. Und den finden Sie im Portemonnaie, denn diese speziellen Joghurts oder Joghurt-Drinks kosten natürlich deutlich mehr als die herkömmliche Variante.

In Zeiten von vermehrten Umweltbelastungen ist der Wunsch, sich gesund, natürlich und bio zu ernähren, gut verständlich. Lebensmittelhersteller und Händler erhörten ihn nur allzu gern und antworteten mit einer Offensive an »natürlichen« Produkten aus heimischer und regionaler Produktion. Tag für Tag erfinden die Konzerne neue Überschriften, entwickeln neue Siegel und Labels, nur um uns ihre Produkte schmackhaft zu machen. Zwei Trends fallen mir aktuell ganz besonders auf: klimaneutrale Produktion zu unterstützen und mit Hilfe von »high protein« – also eiweißreichen – Lebensmitteln nochmals gesünder zu essen und zu trinken. Eines haben all diese Produkte gemeinsam: Sie kosten extra viel!

Die Lebensmittelkonzerne haben längst erkannt, dass wir Verbraucher gierig nach Neuem und immer bereit sind, für scheinbar innovative Produkte auch locker mehr zu zahlen. Dabei ist es den meisten offenbar egal, ob der Nutzen dieser Produkte wirklich nachgewiesen ist. Es lohnt sich daher einen genauen Blick auf die einzelnen Trends zu werfen und einmal zu hören bzw. zu lesen, was Ernährungsexperten dazu sagen.

NATÜRLICHE ZUTATEN

Das ist eigentlich mein »Lieblings«-Trend. Schon vor Jahren wurde es für eine breite Verbraucherschaft wieder wichtig, so zu leben und zu essen und zu trinken, wie es unsere Vorfahren gemacht haben. Quasi gefühlt direkt vom Feld. Der Gedanke daran, dass unsere Lebensmittel auf einem Fließband massenhaft hergestellt werden, dass Tiere in kleinen Ställen zusammengepfercht leben und massenhaft geschlachtet werden, hat es für die industriellen Produzenten immer schwerer gemacht, Produkte zu verkaufen. Sie lernten: Mit dem Gefühl, dass all diese Lebensmittel direkt vom Bauern kommen, in kleinen Manufakturen hergestellt werden, dass das Pesto von Hand gerührt wurde, die Milch direkt von der Kuh gemolken in die Glasflasche kommt, verkaufen sich Lebensmittel einfach besser. So haben die großen Konzerne den Trend zu »natürlichen Zutaten« wesentlich mitgeprägt und nutzen ihn zum Teil schamlos aus.

Unzählig sind die Lebensmittel, auf denen Begriffe wie »natürliche Zutaten« oder »aus der Natur« prangen. Alles hübsche Schlagworte, die nicht geschützt sind und die am Ende des Tages nur verschleiern sollen, dass auch diese Produkte einfach aus einer großen, cleanen Fabrik kommen, in denen statt grünem Wald polierte Maschinen stehen.

Zählen wir eins und eins zusammen, geht es ja auch gar nicht anders. Wie sollten diese ganzen Produkte, die uns Tag für Tag in Tausenden von Supermärkten und Discountern zum Kauf angeboten werden, auch in Handarbeit in kleinen Manufakturen hergestellt werden. Ehrlich gesagt: völlig unmöglich.

Aber wir sehnen uns nach dieser Illusion. Die Storys in sozialen Medien, die Bilder üppig grüner Landschaften in der Werbung, die Botschaften auf den Verpackungen. Sie alle sollten uns suggerieren, dass die glücklichen Kühe auf einer grünen Wiese standen. Dass das Schwein riesig Auslauf hatte, um mit anderen Ferkeln im Schlamm zu tollen. Dass der Joghurt von einer älteren Dame in landestypischer Tracht handgerührt wird und ihr die Milch auf dem Bauernhof vom braungebrannten Jungbauern frisch von Hand gemolken in Holzkübeln gebracht wird. Eine große Hand voll frisch gepflückter Erdbeeren hinein und fertig ist unser Erdbeerjoghurt von der Alm.

Apropos Erdbeerjoghurt, das ist sicherlich die bekannteste Geschichte: Es werden nicht im Ansatz so viele Erdbeeren geerntet, wie Erdbeerjoghurts verkauft werden. Auch wenn wir in Deutschland jedes Jahr fast 100000 Tonnen Erdbeeren ernten, wird ein Vielfaches an Produkten auf den Markt gebracht, die mit der Erdbeere auf der Verpackung werben. Wenn in einem Joghurt überhaupt eine Erdbeere drin ist, kann man als Konsument glücklich sein. Und nicht nur wegen der begrenzten Erdbeer-Mengen, sondern natürlich auch aus Preisgründen kommt kein Erdbeerjoghurt ohne Aromazusatz aus. Und für die gilt leider auch noch, dass die Aromastoffe recht wenig mit Erdbeeren zu tun haben. Fast alles wird mittlerweile aromatisiert und geschmacklich verstärkt. Die proklamierten natürlichen Zutaten sind ganz oft einfach nicht zu finden. Es ist ein Leichtes für die Industrie, den Erdbeergeschmack nachzuahmen. Sie haben vielleicht auch schon von den berühmten Sägespänen gehört. Die finden Sie natürlich nicht im Erdbeerjoghurt, aber es ist tatsächlich so, dass Holzspäne als Grundlage genutzt werden können, um ein Aroma zu gewinnen, das nach Erdbeeren schmeckt. Die Stückchen im Joghurt oder Quark sind also keine Holzstückchen, leider aber auch ganz oft keine echten Erdbeeren. Hier werden nämlich auch gern Apfelreste aus der Saftproduktion genutzt. Wir beißen da also auf etwas, das sich wie Erdbeeren anfühlt und auch danach schmeckt. Immerhin eine Frucht – aber am Ende ist es nur Apfel, aufgemotzt mit einem Erdbeeraroma aus Holz.

Wie frech ist es vor diesem Hintergrund wenn wir noch erwarten würden, dass im Himbeer-Früchtetee, dem Vanille-Eis oder Heidelbeer-Quark wirklich Vanilleschoten, Himbeeren und Heidelbeeren drin sind. Das wird uns zwar vorgegaukelt, aber Pustekuchen. Und das sogenannte »natürliche Aroma« kann ohne Probleme aus anderen billigeren pflanzlichen oder tierischen Rohstoffen hergestellt werden.

Oft wünsche ich mir, Verpackungen müssten komplett neutral gehalten sein und ohne bunte Bilder, ohne leuchtende Farben auskommen. Das würde wahrscheinlich unseren Blick auf die Zutatenliste schärfen. Denn, Hand aufs Herz, wie oft machen Sie sich die Mühe und schauen sich die Inhaltsstoffe ganz genau an? Wie oft lesen Sie die Zutatenlisten durch und wie oft haben Sie dann noch das unschöne Gefühl, dass Sie die Hälfte davon gar nicht verstehen?

Unsere industriell hergestellten Lebensmittel bestehen eben nicht mehr aus zwei oder drei Zutaten, sondern sind ein Mix aus natürlichen Zutaten, Aromen, Verdickungsmitteln und Farbstoffen. Nicht direkt von der Wiese, sondern quasi direkt aus dem Chemielabor. Dort wird eine Konsistenz, ein Geruch, ein Geschmack kreiert, der dem am nächsten kommen soll, was wir Verbraucher erwarten. Mit Natürlichkeit hat das in den seltensten Fällen zu tun.

Manchmal geben Gerichte Herstellern dann doch Brief und Siegel auf ihre Tricksereien. Auf der Packung seines aromatisierten Früchtetees für Kinder – »Himbeer-Vanille-Abenteuer« benannt – behauptete der deutsche Marktführer, dieser enthielte »nur natürliche Zutaten«. In Wahrheit waren in den Teebeuteln zwar nur natürliche Zutaten, allerdings gar keine Bestandteile von Himbeeren oder Vanille. Dreisterweise stammten sogar nicht einmal die zugesetzten namensgebenden Aromen aus Himbeeren oder Vanille.

Das Landgericht Düsseldorf urteilte 2012 deshalb: »Es sei verboten, Lebensmittel unter einer irreführenden Aufmachung zu verkaufen, die über die Zusammensetzung des Lebensmittels täuschen könne.« In zweiter Instanz wurde das Urteil 2013 allerdings wieder einkassiert: »Die Verpackung enthält keine zu untersagende Irreführung.« Ein Früchtetee müsse nicht zwingend die Früchte oder Aromen aus den Früchten enthalten, nach denen er benannt ist. Es reiche, wenn der Tee nach Himbeeren und Vanille schmeckt und die Zutaten auf der Verpackung korrekt angegeben sind. – Aha, wieder etwas dazugelernt.

Ein weiteres Beispiel: Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch beklagt, dass die Geschmacksstoffe einiger Bio-Limonaden nicht von Bio-Früchten, sondern aus dem Labor stammen. Dort werden sie mit Hilfe von Edelschimmelpilzen, Enzymen oder Bakterien gezüchtet. Mit Segen der EU versteht sich. Die EU-Bio-Verordnung gestattet, dass auf den Flaschen solche Geschmacksstoffe als »natürliche Aromen« bezeichnet werden. Und nicht einmal für die Hauptzutat der Bio-Limonaden, das Wasser, gelten Bio-Kriterien.

Mein Appell: Schauen Sie sich genau an, was Sie kaufen. Machen Sie sich öfter einmal die Mühe und lesen sich die Liste der Inhaltsstoffe und Zutaten durch. Sind da Inhaltsstoffe dabei, von denen Sie noch nie gehört haben, stellen Sie das Produkt schnurstracks wieder zurück ins Regal. Es gibt garantiert ein vergleichbares Produkt, das mit weniger Zutaten auskommt und für Ihre Gesundheit mit großer Sicherheit verträglicher ist. Zum Beispiel, wenn Sie einen Joghurt selbst ansetzen und mit frischen Früchten oder selbst gemachter Marmelade mixen. Das ist keine große Kunst und braucht nur wenige Zutaten, die Sie in jedem Bio-Laden bekommen. Wem das Herstellen eines Joghurts zu aufwendig ist: Kaufen Sie einen Bio-Naturjoghurt und versetzen Sie diesen mit frischen Früchten.

KLIMANEUTRAL

Es gibt noch einen anderen gesellschaftlich relevanten Trend: Nachhaltigkeit! Und die wird auch als Faktor für die Kaufentscheidung immer wichtiger. Eine aktuelle Studie hat gezeigt, dass sich unser Konsumverhalten verändert und dass Nachhaltigkeit dabei eine immer größere Relevanz bekommt. Bei 58 Prozent der befragten Deutschen gilt sie bereits als ein relatives bis sehr wichtiges Kaufkriterium.

Dabei sind hierzulande knapp ein Drittel der Befragten bereit, für nachhaltige Produkte tiefer in die Tasche zu greifen. Wenn die Produkte nachhaltig sind, erklären sich 40 Prozent bereit, dafür auch mehr zu bezahlen und akzeptieren im Durchschnitt einen Preisaufschlag von 18 Prozent.

Klimaneutralität im Lebensmittelhandel

Und so war es nur eine kurze Frage der Zeit, bis es auch im Supermarktregal wieder was Neues und Teures gab um unser schlechtes Gewissen zu beruhigen: Das Schlagwort heißt »klimaneutral«. Wobei sich das selbstverständlich nicht nur auf Lebensmittel beschränkt – auch Flüge, Kosmetik und Kraftstoffe sind plötzlich »klimaneutral« oder sogar »klimapositiv«.

Aber was bedeutet eigentlich klimaneutral? Wenn wir es ganz genau betrachten und wenn es ernst genommen wird, dann bedeutet das, dass das Produkt von der Entwicklung über die Herstellung bis hin zum Transport unser Klima nicht zusätzlich mit CO2-Emissionen belastet hat. Okay – ich glaube jedem ist klar, dass dies eher eine Utopie ist.

Mittlerweile gibt es ja auch schon viele Erkenntnisse darüber, wie viel CO2 die Herstellung von Lebensmitteln im Detail kostet. Zur Überraschung führt die gute alte Butter die Liste der klimaschädlichsten Lebensmittel an. Ganze 24 Kilogramm CO2-Äquivalente entstehen bei der Produktion von nur einem Kilogramm Butter. Das ist schon heftig.

CO2-Äquivalent ist eine Maßeinheit, die berücksichtigt, dass es verschiedene Treibhausgase gibt (neben CO2 u. a. auch Methan und Distickstoffmonoxid), die unterschiedlich stark klimaerwärmend wirken. Mit stoffspezifischen Berechnungsfaktoren werden alle Treibhausgase auf die Klimawirksamkeit von CO2 herauf- bzw. heruntergerechnet.

Man mag schnell denken, die 13 Kilogramm CO2-Äquivalente, die 1 Kilogramm konventionell erzeugtes Rindfleisch verursacht, wären schon der negative Spitzenreiter. Das sind viermal so viel, wie für 1 Kilogramm Geflügel anfallen, und knapp das Hundertfache der überschaubaren 0,15 Kilogramm, die bei der Gemüseproduktion entstehen. Bio-Fleisch verursacht sogar höhere CO2 Emissionen als konventionell produziertes Fleisch, da die Tiere länger leben, damit in ihrer Lebenszeit mehr Methan ausstoßen und mehr Weideland benötigen. Dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, dass mehr als die Hälfte der Treibhausgase gar nicht bei der Erzeugung von Lebensmitteln, sondern durch ihre Lagerung, durch Einkaufsfahrten und die Zubereitung entstehen.

Was das konkret bedeutet, können wir uns leicht vor Augen führen. Die 500 Kilogramm Lebensmittel, die wir durchschnittlich pro Person jährlich verbrauchen, führen zu 2 Tonnen CO2-Ausstoß. Ungefähr so viel wie ein Mittelklasse-Benziner für eine Fahrt von 9800 Kilometern braucht. 80 ausgewachsene Bäume werden benötigt, um diese Menge wieder zu kompensieren. Mit dem Zug kann man dafür 80000 Kilometer weit fahren.

Also, dass die meisten Lebensmittel nun nicht wirklich klimaneutral produziert werden können, müsste jedem klar sein. Aber wieso steht dann auf so vielen »klimaneutral« drauf? Nun – weil die Hersteller sich im Regelfall freigekauft haben. Zumindest viele von ihnen und es werden immer mehr.

Es gibt die Guten – die Engagierten –, die checken den gesamten Weg ihres Produktes. Sie gucken, wie der CO2-Fußabdruck aussieht und überlegen sich Strategien, wie man die einzelnen Herstellungs- und Transportschritte so gestalten kann, dass die Treibhaus-Emissionen zurückgefahren werden. Da ist dann beispielsweise eine Zutat dabei, die bisher aus Spanien kam – für die man aber dann einen deutschen Zulieferer gefunden hat. Damit entfällt der Transportweg. Das ist löblich und absolut der richtige Weg. Leider sind das oftmals nur die kleineren Firmen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat das einmal am Beispiel Spargel durchgerechnet und veröffentlichte im April 2022 folgende erschreckende Zahlen: Der Transport von einem Kilo Spargel aus Peru zu uns bedeutet, dass 30 Kilogramm Treibhausgase freigesetzt werden. Kommt der Spargel aus der Region – maximal 100 Kilometer vom Verkaufsort entfernt – verursacht der Transport gerade einmal 19 Gramm Treibhausgase pro Kilogramm.

Klimaneutralität – die Hintergründe

Aber wie machen das die großen Player? Diejenigen, die eigentlich den Lebensmittelmarkt dominieren. Die nehmen eine Abkürzung und nehmen einfach das in die Hand, wovon sie viel haben: Geld. Genau aus diesem Grund gibt es, wenn wir der Werbung Glauben schenken, eigentlich gar kein umweltschädliches Produkt mehr im Regal.

Die Hersteller kaufen sich die »Klimaneutralität« im großen Stil einfach als Zertifikat. Das Prinzip ganz simpel erklärt: Jeder neu gepflanzte Baum bindet im Laufe seines Lebens mehr oder weniger CO2 aus der Atmosphäre – dieses »CO2-Guthaben« kann die pflanzende Firma in Form eines Zertifikats an ein Unternehmen verkaufen, das CO2 ausstößt. In Europa wurde dieser Zertifikatehandel bereits 2005 eingeführt. Allein mit dem Verkauf von deutschen Zertifikaten flossen 2021 über 12 Milliarden Euro in die Staatskasse, genauer gesagt in den Energie- und Klimafonds. Der Handel mit Klimazertifikaten ist inzwischen weltweit ein Multi-Milliarden-Geschäft!

An dieser weit verbreiteten Praxis gibt es von Fachleuten auf der ganzen Welt einiges an Kritik. Denn fast immer ist der Effekt des Ausgleichs noch Zukunftsmusik, wenn ein Zertifikat über die CO2-Reduktion gehandelt wird. Besonders bei Aufforstung gibt es aktuell noch sehr viele Unsicherheiten. Wer garantiert schon, dass der neue Wald nicht durch Brände, illegale Rodung, Naturkatastrophen oder Schädlinge zerstört wird?

Klimaneutralität – ein Fazit

Gerne verdeutliche ich das noch an einem anderen, sehr beliebten Hype. Fliege ich von Frankfurt nach New York und kompensiere das mit Aufforstung, indem ich beispielsweise ein »nachhaltiges Ticket« kaufe, werden die damit finanzierten Bäume erst Jahre nach der Pflanzung anfangen, CO2 aufzunehmen. Durch die gut gemeinte Kompensation fliegt das Flugzeug zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht emissionsfrei durch die Weltgeschichte und auch bei der Produktion klimaneutraler Produkte werden weiter erhebliche Mengen Treibhausgase ausgestoßen, die uns dem Klima-Overkill Schritt für Schritt näherbringen.

Trotzdem steht »Greenwashing«, wie diese Praktik genannt wird, bei den Unternehmen hoch im Kurs und treibt schon denkwürdige Blüten. Ein führender Supermarkt-Konzern hat seine Plastiktüten einfach nur um wenige Mikrometer dicker gemacht und plötzlich fallen sie nicht mehr unter das Plastiktütenverbot. Eine weltweit tätige Burger-Braterei wirbt sogar mit dem Slogan »Wir reden keinen Müll – wir machen einfach weniger« und schafft es gleichzeitig die Menge an Verpackungsmüll in nur drei Jahren um 6000 Tonnen auf über 51000 Tonnen ansteigen zu lassen.

Natürlich ist es sinnvoll, nachhaltige Produktionsprozesse zu fördern und zu unterstützen. Jetzt bleibt die Frage: Woran erkenne ich denn nun das, was echt klimaneutral ist?!

Das ist nicht so einfach, weil der Begriff »klimaneutral« nicht wirklich geschützt ist. Vor Kurzem hat das OLG