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Endless Love: Road-Trip zweier Frauen nach Afrika Cate und Melissa sind bereit, ihr vorhersehbares Leben hinter sich zu lassen und das Abenteuer Afrika zu wagen. Mit einem alten Mercedes-Benz-Bus und dem Traum von Freiheit brechen sie auf, um Melissa's 127-jährigen Onkel zu finden. Niemand weiß, ob dieser mysteriöse Onkel wirklich existiert oder ob er nur ein Produkt von Melissas Fantasie ist. Doch so ungewiss das Ziel auch sein mag, der Weg allein ist es wert, ihn zu gehen. Auf ihrer Reise durchqueren sie beeindruckende Landschaften, begegnen faszinierenden Menschen und erleben dramatische Ereignisse. Ihre Reise ist geprägt von spannenden Abenteuern, tiefen Freundschaften und unerwarteten Herausforderungen. Werden sie den geheimnisvollen Onkel finden? Welche tiefgründigen Lebensweisheiten wird ihre Reise enthüllen? Kadee Mazoni erzählt in "Africa" die bewegende Geschichte zweier lesbischer Frauen, deren Liebe und sexuelle Obsessionen sie an ihre körperlichen und emotionalen Grenzen bringen. Ihre Beziehung wird zur Liebe zur Welt, und Afrika wird zum Ausgangspunkt einer neuen Freiheit. Diese Geschichte ist nicht nur ein Roadtrip, sondern eine fesselnde Reise voller Selbstfindung und unvergesslicher Erlebnisse. "Ein fesselnder Roman, der Abenteuerlustige und Romantiker gleichermaßen begeistert. Ein Buch, das die Magie des Reisens und die Tiefe der menschlichen Seele einfängt."
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Seitenzahl: 1064
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Kadee Mazoni
AFRICA
Road-Trip-Liebes-Roman
Erste Auflage 2019
Alle Rechte vorbehalten
©Kadee Mazoni
ISBN:9781079231939
www.kadeemazoni.com
Inhalt:
Kapitel 14
Kapitel 240
Kapitel 374
Kapitel 496
Kapitel 5106
Kapitel 6134
Kapitel 7156
Kapitel 8178
Kapitel 9219
Kapitel 10244
Kapitel 11276
Kapitel 12314
Kapitel 13375
Kapitel 14409
Kapitel 15430
Kapitel 16456
Kapitel 17481
Kapitel 18494
Kapitel 19532
Kapitel 20557
Kapitel 21569
Kapitel 22592
Kapitel 23611
Kapitel 24624
„Das Reiseziel ist nie ein Ort, sondern eine neue Art, die Dinge zu betrachten.“
(Henry Miller)
Kapitel1
Venusblüte
Tanze, tanze … im Tanz da mag ich die Menschen, da sprechen sie eine andere Sprache, da reden die Körper, da gibt es keine Lügen.
Tanze mit mir, rede nicht, bewege deine Glieder und zeige mir, wer du bist. Ich höre, wie deine Hüften zu mir sprechen, deine Beine, deine Brüste, deine Hände, dein Hintern … ich sehe, welche Figuren deine Arme in die Lüfte zeichnen. Dein Haar ist wunderbar …
Im Tanz hatte sie mich fortgetragen, meine Sinne, meine Seele, meinen Körper genommen, ich war nicht mehr dieselbe, die ich vor diesem Abend einmal war … ich bin – ich weiß es nicht – vielleicht ein glühender Lavastrom, der mit ihr zusammen hangabwärts fließt, oder ein Fluss, der nie versiegt.
Es geschah an einem Donnerstag, an einem ganz normalen Tag. Das Ereignis brach in mein Leben herein, dem Leben einer Neunundzwanzigjährigen, die voller Sorgen über die Zukunft war und glaubte, die an sie gestellten Anforderungen nicht erfüllen zu können.
Ich fragte mich, was passieren, was ich tun müsse, um ein funktionierendes Glied in der Gesellschaft zu werden. Was ich mich allerdings nicht fragte, war, wer überhaupt diese Erwartungen an mich stellte. Es war eher so, dass mich irrationale Ängste und Schuldgefühle drückten, die mir den Schlaf raubten.
Mein dreißigster Geburtstag stand kurz bevor, und ich war fest davon überzeugt, dass ich keinerlei positive Perspektiven hatte. Alles schien festgefahren. Ja, ich war unglücklich, ohne genau sagen zu können, warum ...
Wenn ich es rückwirkend betrachte – obgleich alles gar nicht so lange her ist –, kam mein Unglück vielleicht daher, dass ich damals nicht imstande war, mich so zu akzeptieren, wie ich war.
Ich brauchte so etwas wie ein Markenschild, um meine Identität zu bekunden. Etwas Äußerliches, weil ich mit meinem Inneren nicht im Reinen war. Ein Beruf oder vielleicht Mutter werden, ein Ehemann, ein Haus, ein Auto – eine bequeme Lage, in der ich alt werden könnte, ohne weiter darüber nachdenken zu müssen, wer ich wirklich war und was ich mit meinem Leben anstellen wollte. Ich war noch keine dreißig und fühlte mich schon alt. Oder vielleicht fühlte ich mich auch noch viel zu jung ... zu jung, um für mich selbst Verantwortung zu übernehmen. Es quälte mich geradezu, das Kind, das noch immer in mir war, irgendwann ... bald ... jetzt ... verlassen zu müssen. Ich wollte nichts verändern, wollte aber gleichzeitig auch nicht so weiterleben wie bisher.
Donnerstag. Der Abend verlief gänzlich anders, als er geplant war.
Oliver, mein Verlobter – wie lächerlich und veraltet das klingt –, und ich hatten einen fürchterlich heftigen Streit. Dabei ging es um nichts ... oder doch, es ging um alles! Und daher machte ich mich nach diesem Streit am späteren Abend allein zum Tanzen in den Klub im Hafen auf. Dorthin, wo sich alles für mich veränderte.
Vorher aber saßen Oliver und ich in diesem teuren Restaurant, ich trank, trank viel zu viel, musste trinken, anders konnte ich ihn nicht mehr ertragen. Ihn nicht und diese gesamte Situation nicht.
Eigentlich war gar nichts geschehen, jedenfalls nichts, was anders gewesen wäre als in den drei Jahren davor ... in den drei Jahren unserer Beziehung: entstanden aus meinem Wunsch, nicht länger alleine zu sein ... mehr Absichten verfolgte ich wohl nicht, als ich mich auf eine Beziehung mit Oliver einließ. Diese ewig öden Einladungen zum Essen ... dieser ewig öde Sex mit ihm. Es widerte mich an. Er widerte mich an, und das wurde mir an diesem Abend zum ersten Mal so deutlich bewusst, dass ich trank, dass ich viel zu viel trank, dass ich trinken musste ...
An diesem Abend regte sich also Widerstand in mir – es konnte nicht mehr so weitergehen. Nichts wusste er von mir, so schossen mir die Gedanken durch den Kopf, und mir wurde plötzlich klar: Er wollte auch gar nichts über mich wissen. Ich war für ihn nur schmückendes Beiwerk, die schöne Frau an seiner Seite. Und als ich ihm so gegenübersaß, fragte ich mich, ob er sich je für meine Kunst interessiert hatte, dafür, was und warum ich malte. Wenn ich ihm meine Bilder zeigte, fiel ihm nur ein, dass sie „schön“ seien – er fragte nichts, verstand nicht, welche Bedeutung die Malerei für mich hatte. Dafür hatte er jede Menge blödsinniger Vorschläge, wie ich Geld verdienen könnte ... ein Thema, über das er sich stundenlang auslassen konnte.
Oliver war der typische Karrierist, hatte es zu etwas gebracht, verdiente viel Geld und wollte mir damit imponieren.
Imposant aber war an ihm lediglich sein Bauch, der in den letzten Jahren immer dicker geworden war. Seine Gespräche und sein Geist hingegen wurden immer dünner. Mir wurde übel bei dem Gedanken, mich heute Nacht neben ihn zu legen, absehbaren Sex mit ihm zu haben und mich, nachdem er sich in mir entleert hatte, unbefriedigt und immer noch hungrig nach Zärtlichkeit und Liebe umzudrehen, vergeblich im Versuch, einzuschlafen. Am nächsten Morgen würde ich schnell meine Sachen packen und zurück in meine Wohnung flüchten.
Donnerstag also: Ich aß nicht viel an diesem Tag, saß an dem perfekt und elegant gedeckten Tisch, bestellte erst Champagner, dann immer wieder Gin Tonic. Laut wurde ich und betrunken, sah ihm beim Essen zu und fiel ihm ins Wort. Rot wurde sein Gesicht, lustlos schnitt er an dem toten Tier, das auf seinem Teller lag, herum. Es freute mich, es freute mich sehr, dass es ihm nicht mehr schmeckte. Schallend und hysterisch lachte ich auf, die Kellner warfen uns böse Blicke zu. Mit jedem Bissen, den er verschlang, wurde er mir widerlicher. Ich lachte über ihn, diese lächerliche Figur, die in der kurzen Zeit unserer Beziehung fetter und fetter, reicher und reicher wurde. Ich lachte über mich, dass ich mich je auf ihn eingelassen hatte, dass ich so dumm war, zu glauben, mit ihm eine Zukunft zu haben.
Es war, als fiele ich aus einem Spiel heraus. Endlich war ich ent-täuscht und sah es ganz klar: Ich hatte ihn nie wirklich geliebt.
Und alles war allein mein Fehler, nicht seiner, denn er war nie ein anderer gewesen, als der, den ich jetzt vor mir sah. Ich hatte mich getäuscht, hatte nicht gewusst, was ich will und wen ich will, hatte mich auf Oliver eingelassen, weil er da war, weil er mich wollte. Und so war nun ganz allein ich die tragische Figur in diesem Spiel, einem Spiel, das viele Frauen spielen. Und plötzlich liefen mir Tränen über die Wangen.
Natürlich konnte Oliver nicht verstehen, was so plötzlich mit mir geschehen war, warum ich so aufgebracht war. Ratlos blickte er mich an, legte Messer und Gabel beiseite, sah mich weinen und versuchte, meine Hand zu ergreifen. Ich wehrte ihn heftig ab, stand auf, warf dabei das Glas mit dem Gin Tonic um und zog meine Jacke an.
Oliver schaute sich verunsichert im Raum um – ihm war die Szene, die ich veranstaltete, mehr als unangenehm. Nachdenkend rieb er sich mit seiner Hand über die Stirn. Erst dann, erst als sein Verstand, der sich aus Tabellen und Zahlen zusammensetzte, ihm sagte, er müsse handeln, erhob er sich, kam zu mir hin. Beruhigen wollte er mich, wollte mich auffordern, an den Tisch zurückzukehren. Niemals! Nein, niemals, gab ich ihm zu verstehen, werde ich mich an diesen Tisch setzten – nie wieder werde ich sitzen, liegen oder sonst irgendetwas mit ihm zusammen tun. Ich holte tief Luft, um mich zu beruhigen, und sagte dann mit fester Stimme, dass ich fortan vorwärtsgehen wolle, immer nur nach vorne, immer nur nach oben und sonst nichts.
Gerade als ich meine Tasche nehmen wollte, packte er mich grob am Arm, versuchte, mich festzuhalten, wollte mir und all den Anwesenden, die mittlerweile zuschauten, zeigen, welch bemerkenswerter Kerl er sei. Gesicht an Gesicht standen wir uns gegenüber, ich schaute ihm direkt in die Augen, keine Mimik rührte sich in meinem tränenverschmierten Gesicht. Verunsichert waren seine Blicke, er versuchte, wegzuschauen. Da merkte ich, wie schwach er im Grunde war. Als seine Frau wollte er mich haben, aber mir direkt in die Augen schauen, dazu hatte er keine Bravour. Vielleicht wäre die Situation anders verlaufen, hätte er versucht, zu verstehen, was da mit mir geschehen war. Vielleicht hätte er einfach nur sanft meinen Arm nehmen sollen, anstatt grob an ihm zu zerren.
Meine Reaktion auf seinen unsanften Versuch, mich zurückzuhalten, war unkontrolliert und stark:
„Du widerst mich an!“, fauchte ich ihm ins Gesicht, erschrocken zuckte er zusammen, schaute mich mit geöffnetem Mund an. Sein Griff löste sich, seine Hand fiel von mir ab. Er stand vor mir und war tief gekränkt in seinem Ego. Ich ließ ihn stehen, schnappte mir Jacke und Tasche und verließ das noble Restaurant.
Vielleicht ging er zum Tisch zurück, nahm das Besteck zur Hand und ärgerte sich einzig darüber, dass die Mahlzeit kalt geworden war. Vielleicht dachte er, mit einer logischen Verkettung von Argumenten könnte er mich wieder zurückgewinnen – aber es war vorbei, die Bande waren zerbrochen, die Kette gerissen, und ich fühlte mich unbändig frei, als ich aus der Tür trat und die abendliche Frühlingsluft spürte und dachte, lieber bliebe ich ein Leben lang allein, als zu zweit einsam zu sein.
Und so ging ich in meiner exquisiten Abendgarderobe die dunklen Straßen von Hamburg entlang, die Hafenstraße herunter, in den »Pudels Club«, der voll mit Menschen war. Ohne zu zögern, kämpfte ich mich zur Tanzfläche vor und tanzte zwischen all den anderen Leuten. Eng an eng bewegten wir uns auf einer schmalen Fläche in dem mit Zigarettenrauch und Schweißgeruch geschwängerten Raum umher. Buntes Licht flackerte herab, der Tresen, die unerschöpfliche Alkohol-Quelle, war in weißes, grelles Licht getaucht. Menschen überall um mich herum, wir bewegten uns zu den Rhythmen, die der DJ erzeugte und mit denen er uns in seinen Bann zog.
So mochte ich die Menschen, so konnte ich sie ertragen; keine Absichten zählten, nur unsere Körper sprachen. Der Schweiß lief mir übers Gesicht, und ich zappelte weiter, hob die Arme in die Höhe, als wollte ich Sterne pflücken, vergaß alles, was geschehen war, schwitzte unerfüllte Sehnsüchte heraus und entleerte meine Sinne von dem, was hinter mir lag.
Elektro-House. Der DJ war der Voodoo-Priester, der uns wie Marionetten an seinen Fäden führte. Wunderbar! Bässe wummerten durch den Raum, ließen die Körper beben. Körper, Körper überall, mal geschmeidig, mal steif. Nur dieser Abend zählte, jegliche Zukunft war mir egal. Möge der Abend nie zu Ende gehen, möge er die Pforte zu etwas Neuem sein, möge die Musik mich in eine andere Welt beamen.
Ich schloss meine Augen und tanzte weiter. Neue Stücke, neue Klänge gingen ineinander über, mein Geist war in meinen Körper getaucht, ich spürte meine Hüften, meine Arme, meine Beine, die sich wie zu einem Ausdruckstanz bewegten. Mein Leib war aufgelöst, surfte umher auf den Wellen der Musik, die mich forttrugen, hin zu unbekannten Orten. Wo war ich nur in jenem Moment, als ich die Augen öffnete und plötzlich diese Frau bewegungslos vor mir stand und mich anstarrte? Sie: mein Verhängnis.
Das war es!
Liebe! Liebe verändert alles!
Plötzlich waren da ihre Augen, in die ich hineinblickte, und es war, als seien diese schwarzen Augen der Horizont, den ich erreichen musste. In der finsteren Zeit all meiner unbeantworteten Fragen war sie mit einem Male die Fackel, die mir den Weg aus dem dunklen Tunnel weisen sollte. Wäre da an jenem Tag nicht der Tanz gewesen, würde ich nicht sein, wo ich mich zurzeit befinde: in Afrika!
Schön, wunderschön war sie anzusehen, anders als die anderen. Tiefdunkel ihre Hautfarbe; eine schwarze, glänzende, enge Leggins trug sie, auf der sich auf ihrem voluminösen Hintern das Licht widerspiegelte. Ihre knallrote Bluse war weit aufgeknöpft, bedeckte knapp ihren Oberkörper; darunter sich mit jedem Atemzug ihr Busen bewegte.
Gewiss, so dachte ich, war ich nicht die Einzige, die sie bemerkt haben musste. Sie strahlte etwas Besonderes aus, sie wirkte auf mich wie eine Königin, inmitten des verräucherten Klubs. Einer bewundernswerten Blume – einer Venusblüte – glich sie, und während ich darüber fantasierte, wer wohl in ihre Fänge geraten, wen sie sich als ihren Gespielen nehmen, wem sie es gestatten würde, sich ihr zu nähern, bemerkte ich, dass ihre Aufmerksamkeit einzig auf mich gerichtet war. Sie musste mich beobachtet haben, als ich meine Augen während meines expressiven Tanzes geschlossen hatte. Als sie vor mir stand, spürte ich förmlich, wie ihre Blicke mich durchdrangen. Es machte mich verlegen, und ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Sie lächelte mich an, drehte anschließend ihren Rücken zu mir und begann, sich zur Musik zu bewegen. Geschmeidig wie eine Katze wiegte sie im Takt der Töne ihre Glieder, was ihr noch mehr Schönheit verlieh. Wie hypnotisiert blieb ich einen Augenblick stehen, war fasziniert von der Bewegung ihrer Hüften, von dem Spiel ihrer Pobacken, die sich lebendig unter ihrer glänzenden Hose exotisch regten. Es war, als führte sie nur für mich dieses Schauspiel vor meinen Augen auf, als wollte sie mich mit ihrem Tanz in ihre Fänge ziehen. Nein, dachte ich mir, es kann nicht sein, ich bilde mir alles nur ein und riss mich aus der Betrachtung ihres schönen Körpers heraus und begann gleichfalls, zur Musik zu tanzen.
Das bunte Licht ging aus, wechselte mit dem grellen Licht des Stroboskops. Flackernd, wie in einem Zeitlupenfilm, zappelte die Menge umher.
Die Schöne, die Begehrenswerte, tanzte um mich herum, drängte sich dicht an mich heran, drückte ihren Po an den meinigen und bewegte ihn dort aufregend hin und her. Es gefiel mir, und auch ich drückte mich an sie. Noch mehr Schweiß rann aus meinen Poren, mein Kleid war durchnässt – die Musik steigerte sich, trieb uns an, versetzte uns in Ekstase. Dann ging das Stück zu Ende, buntes Licht beendete das wilde Flimmern des Stroboskops, ruhigere Rhythmen ließen mich zu Atem kommen. Sie stand vor mir.
„Komm, zieh mal“, sagte sie und hielt mir einen Joint entgegen. Auffordernd schaute sie mich mit ihren nächtigen Augen an, ihr Mund mit ihren rot geschminkten Lippen war dezent geöffnet, sodass ihre weißen Zähne zu erkennen waren. Ich zögerte einen Augenblick, blieb zusammen mit ihr stehen, während sich unsere Blicke kreuzten, und nahm ohne darüber länger nachzudenken den glimmenden Joint, zog daran und ließ den Marihuana-Rauch tief in meine Lungen dringen. Ein verschmitztes Lächeln glitt über ihre Lippen, während sie mich durchdringend dabei betrachtete, wie ich Zug um Zug inhalierte.
„Du weißt doch nicht, was da drin ist“, lachte sie, nahm mir die Droge aus der Hand und schmiss den abgebrannten Stängel auf die Erde.
„Ich mag es, wie du dich beim Tanzen bewegst, es sieht graziös aus, wie dein blondes Haar dabei weht“, sprach ihre leicht heisere Stimme zu mir. Sie umgriff meine Hüften, und fast unauffällig glitt ihre Hand über meinen Hintern. Intensiver empfand ich mit einem Mal die Klänge der Musik, es war so unwirklich, ich spürte, wie sich ihre Finger auf meinem Gesäß bewegten – ich war total berauscht, völlig bekifft, alles um mich herum – auch sie – kam mir vor wie in einem Traum. Erneut begann ich, noch wilder als zuvor mit ihr zu tanzen, ausgelassen gaben wir uns der Musik hin. Sie nahm mich an beiden Händen und umfasste sie.
Es war, als wären wir alleine auf dem Tanzboden, nur sie und ich. Sie wirbelte mich um sich herum, drehte und drehte mich … bis mir schwindelig und übel wurde.
Meine Beine, ja mein gesamter Körper drohte plötzlich zu versagen, und ich hatte Angst, augenblicklich zusammenzubrechen. Schnell zog die unbekannte Schönheit mich zu sich heran, hielt mich fest, umarmte mich und führte mich hinaus an die frische Luft.
„Hey, Kleine, du bist ja total hinüber. Was ist los mit dir?“
Sprachlos ließ ich mich von ihr draußen vor dem Eingang auf eine Mauer setzen. Die kühle, frische Luft, auch wenn die Übelkeit noch nicht verschwunden war, tat mir gut.
„Keine Angst, ich kümmere mich um dich“, hörte ich ihre fürsorgliche Stimme, und sie strich mir dabei übers Haar. Ich solle hier sitzen bleiben, sie werde mir was zu trinken besorgen, versprach sie und verschwand zurück in die Tanzhölle. Die Nacht neigte sich dem Ende zu, und der Morgen begann zu dämmern, tauchte den Himmel in ein blasses Rosa-Blau. Eine frische Brise zog vorbei, kühlte meinen schweißnassen Körper und ließ meinen Kopf etwas klarer werden. Wohlig atmete ich die mild-kühle Luft ein, schaute zu, wie sich die Kräne vom gegenüberliegenden Hafen hin und her bewegten und Container verluden. Autos fuhren die Hafenstraße entlang, mit gehetzten Schritten, starr auf den Boden gerichteten Blicken eilten die ersten Menschen zur Arbeit. Die Laute, die ich aus der Umgebung vernahm, drangen verzerrt, so als kämen sie aus einer anderen Welt, in meine Wahrnehmung. Der Marihuana-Rausch hatte mich ergriffen.
Unter einem Baum, auf einer Mauer, wo ich kurzerhand hingesetzt worden war, saß ich bewegungslos, wie festgewurzelt, während vereinzelt Klubbesucher ihren Nachhauseweg antraten, an der Straßenecke standen, auf einen Bus oder ein Taxi warteten.
Mein Zustand war mir peinlich, ich hatte das Gefühl, ich werde beobachtet, am liebsten wäre ich eiligst verschwunden. Doch ich schaffte es nicht, mich zu erheben, und bei der Vorstellung, mich in einem engen und schlecht gelüfteten Taxi nach Hause fahren zu lassen, wurde mir übel. Zu gerne hätte ich meinen Finger in den Hals gesteckt, um den Kloß, zusammengesetzt aus Alkohol, Marihuana und Essensresten, aus mir herauszuwürgen. Da kam sie zurück. Jetzt erst bemerkte ich, dass sie High Heels trug, die ihr einen graziösen Gang verliehen und betörend ihre Hüften in meine Richtung bewegen ließen. In ihren Händen – die Fingernägel waren auffällig rot lackiert, rot wie ihr Lippenstift – hielt sie eine Flasche Mineralwasser, die sie, nachdem sie sich neben mich gesetzt hatte, zu meinen Lippen führte.
„Trink, meine Kleine, du brauchst unbedingt Flüssigkeit, siehst ganz blass aus“, sprach sie zu mir wie zu einem kranken Kind, umgriff mit ihrem Arm meine Schultern, kippte die Flasche hin zu meinem Mund. Mit beiden Händen umfasste ich die ihrigen, um die Menge an Flüssigkeit zu steuern, und entleerte in schnellen Zügen die Flasche. Mir wurde augenblicklich wohler.
Rührend empfand ich es, wie sie sich um mich kümmerte, und gerne hätte ich es ihr gesagt, allerdings fiel es mir schwer, zu reden. Wieso bloß hatte ich an diesem Joint gezogen? Ich kannte das schon: Wenn man betrunken ist, sollte man nicht kiffen – wenn ich allerdings betrunken bin, ist es mir auch egal. Völlig fertig, schlapp und bewegungslos fühlte ich mich, es war ein Glück, dass sie sich meines desolaten Zustands annahm und sich um mich kümmerte. Eine beinahe mütterliche Art strahlte sie auf mich aus, eine, die mich warm und fürsorglich umhüllte. Obwohl ich sie erst kennenlernte, fühlte ich mich eigenartig von ihr angezogen, als sei sie eine nahestehende Freundin, die ich schon lange kannte. Es entging mir nicht, dass sie mich öfters „Kleine“ nannte, obwohl ich offensichtlich die Ältere von uns beiden war. Bei jedem Mann, der mich in solch einer Verniedlichung meiner Person angesprochen hätte, wäre ich aufgesprungen und hätte mich entrüstet. Doch bei ihr machte es mir nichts aus; mir gefiel ihr einnehmendes Wesen, es wirkte auf mich stimulierend, was meinen üblen Zustand abmilderte. Zärtlich streichelte sie über meine Wangen, und obwohl ihre Annäherungen offensiv waren, stießen sie mich nicht ab, sondern ließen mich weich werden und lösten in mir warme Gefühle aus.
Sie erhob sich vom Sitz der Mauer, baute sich vor mir auf und streckte mir ihre Hand entgegen.
„Komm“, rief sie mir zu, „Ich wohne gleich um die Ecke. Ich werde dir einen Drink mixen, damit du wieder auf die Beine kommst.“
Ich zögerte, ihre Direktheit verblüffte mich, wie selbstverständlich hatte sie meinen Arm ergriffen und zog mich hin zu sich. Meine Arme solle ich über ihre Schulter legen, damit ich mich abstützen könne. Als ich vor ihr stand, wurde mir gewahr, wie gebrechlich ich noch war, wie wenig in der Lage, mich aus eigener Kraft zu bewegen. Also hielt ich mich an ihrer Schulter fest, und gestützt von ihr wie eine Kranke machten wir uns zusammen auf den Weg zu ihrer nahe gelegenen Wohnung.
„Ich heiße Melissa und wie heißt du?“, fragte sie mich, noch ehe wir die Eingangstür erreicht hatten.
„Katharina“, gab ich knapp zurück, war kaum in der Lage, zu reden.
„Oh, Katharina die Große. Ich werde dich besser Cate nennen.“
Ehe ich irgendetwas zu meiner neuen Namensnennung sagen konnte, standen wir vor ihrer Eingangstür.
Händchen haltend ließ ich mich in ihre Wohnung führen. Nachdem sie, ohne dabei meine Hand loszulassen, das Licht einschaltete, schaute ich in einen längeren Flur, von dem mehrere Zimmer abgingen. Ich wurde in einen der hinteren Räume geführt, mir fielen die hohen Wände auf, die mit Stück verzierten Decken, der transparent lackierte Holzfußboden. Das Zimmer war gefüllt mit afrikanischen Accessoires, in schwarzen Holzrahmen eingefasst hingen an den Wänden Zeichnungen und Fotos, auf schwarzen, hölzernen Schränken und Vitrinen standen afrikanische Skulpturen. Die sandfarbenen Vorhänge, die über die gesamte Fensterfront gingen, hatten schwarze Verzierungen, mit Abbildungen von Voodoo-Masken, Frauen mit Töpfen auf den Köpfen und Kamelen.
Wohlriechende, mir unbekannte Düfte füllten den Raum, schufen eine beruhigende Atmosphäre. Auf filigranen Silberfüßen stand an der Wand mir gegenüber eine breite, schwarze Ledercouch und daneben im gleichen Still, um einen Glastisch gruppiert, zwei Ledersessel. Ich ließ mich auf der Couch nieder, schlug meine Beine über und lehnte mich zurück. Melissas Zimmer strahlte eine wohltuende Ruhe aus, die mich entspannen ließ. Sie war in die Küche gegangen, das Geräusch eines Mixers ertönte, sie mixte mir das versprochene Getränk, das mich angeblich auf die Beine bringen sollte.
„Schön hast du es hier“, bezeugte ich meine Bewunderung für ihre mit Geschmack eingerichtete Wohnung. Sie kam mit dem für mich bestimmten Getränk ins Zimmer zurück und stellte es auf der Anrichte mir gegenüber ab.
„Es wirkt alles so afrikanisch hier. Bestimmt fühlst du dich mit deiner Kultur sehr ...“
„Sehr was?“, unterbrach sie schroff meinen Satz.
„Na, sehr verbunden.“
„Mit meiner Kultur verbunden!“
Aus vollem Hals lachte sie auf, sodass ich innerlich zusammenzuckte.
„Wirklich Cate, das kling ziemlich bescheuert, oder? Du redest wie eine Sozialpädagogin. Wie soll ich mich mit etwas verbunden fühlen, was ich gar nicht kenne.“
„Aber ich wollte damit nur sagen ...“, versuchte ich, mich zu verteidigen, wurde jedoch erneut von ihr unterbrochen.
„Wenn du so redest, klingt es, als würdest du als weiße Frau über eine schwarze Wilde reden.“
„Nein, nein, so hab ich es nicht gemeint“, verteidigte ich mich mit einem Gemisch aus Peinlichkeit und Empörung darüber, mir etwas Derartiges zu unterstellen. Es kam mir absurd vor, aus meinen Worten eine weiße Überheblichkeit zu folgern.
„Alles, was hier hängt und steht, hängt und steht aus dem einzigen Grund, weil ich es gut finde. Mehr nicht.“
„Entschuldige“, erwiderte ich, „ich wollte dich nicht verletzten, schon gar nicht mich aufspielen als etwas Höherwertiges. Komm, ich bitte dich …“.
„Keine Entschuldigung, Cate“, lächelte sie mich frech an, „es ist alles in Ordnung. Du kannst es ja nicht wissen. Reden wir nicht mehr darüber.“
Sie kam auf mich zu, in ihrem kindlichen, frechen Gesicht lag etwas Sarkastisches, das mich verunsicherte. Sie packte meine Hand, forderte mich auf, mich zu erheben, und führte mich hin zur Anrichte, wo das Getränk für mich bereitstand. „Vielleicht hast du recht, und ich bin mehr mit meinen Vorfahren verbunden, als es mir bewusst ist. Meine Hautfarbe ist dunkel, und sicherlich pocht in meinem Blut irgendetwas, woher meine Großeltern kommen. Vielleicht ist da womöglich was Wildes in meinen Genen, was Menschenfressendes. Aber du hast hoffentlich keine Angst vor der schwarzen Frau, oder?“
Ein schäbiges Grinsen umspielte ihre roten Lippen. Wir standen zusammen neben der Anrichte und dem Getränk. Sie machte mich mit ihrer Art und ihren Worten verlegen, und ich lächelte sie eingeschüchtert an. War es der Zustand, geprägt von Alkohol und Marihuana, der mich schwächlich und scheu ihr gegenüber machte? Jedenfalls überraschte mich nicht nur ihre offensive, sondern auch meine defensive Haltung; es war eine Eigenschaft, die ich gar nicht an mir kannte.
„Nun komm und trink! Es ist gemixt nach einem speziellen Rezept.“
Sie ergriff meine Hand, führte das bräunlich rote Getränk zu meinen Lippen.
„Trink, Kleines!“
Zusammen, meine Hände auf den ihren, kippten wir das Glas, und ich trank, was sie für mich zusammengemixt hatte.
Scharf und bitter schmeckte das sirupartige Getränk, es war widerlich, dennoch trank ich das Glas leer, so wie sie es verlangte. Eine eigenartige Wärme, hervorgerufen durch die würzige Schärfe der Mixtur, floss durch meine Kehle und breitete sich wohlig in meiner Magengegend aus. Ich hatte das Gefühl, ein wärmender Strom würde durch meine Adern fließen und meinen gesamten Körper erfassen. Ein behagliches Kribbeln verspürte ich auf meiner Haut, ich fühlte mich beschwingt, gefestigt, eine euphorisierende Klarheit gepaart mit einem diffusen Lustempfinden überkam mich. Es war verwunderlich, wie schnell die Wirkung einsetzte und mich nüchtern machte.
„Was ist das für ein Getränk?“, wollte ich von ihr wissen. „Ich fühle mich auf einmal so merkwürdig, so, so ...“
„So was?“, fragte sie zurück. Ihr Gesicht mit ihren roten, vollen Lippen, ihren großen dunklen Augen, in denen man sich verlieren könnte, mit ihrer geraden und schön geformten Nase wie bei einer ägyptischen Statue kam dicht an mich heran.
„Es macht mich leicht und unbeschwert ...“, hauchte ich ihr entgegen. Mein Herz schlug, ihre Art und in welchem Tonfall sie zu mir sprach, erregte mich eigenartig. Ich konnte ihren Atem in meinem Gesicht spüren, als sich ihre Lippen öffneten. Sie verunsicherte mich.
„Leicht und unbeschwert?", wiederholte sie, "das ist bestimmt ein imposantes Gefühl, oder?“
Wie hypnotisiert blickte ich in ihre Augen, entzückend und verheißungsvoll grinste sie mich an, während ich, geistesabwesend, das leere Glas in meiner Hand hielt. Sie nahm es mir aus der Hand, stellte es beiseite, streichelte meine Schultern, drückte sich dicht an mich heran und fingerte auf meinem Rücken am Reißverschluss meines Kleides.
„Was soll das werden?“, rief ich entsetzt aus und trat einen Schritt zurück. Sie hielt meinen Arm fest und zog mich zu sich zurück.
„Das Kleid, es ist vollkommen vom Schweiß durch dein hemmungsloses Tanzen durchnässt.“
Ihre Augen funkelten, wie zwei schwarze Diamanten. Ein eigentümliches Gefühl lasziven Verlangens keimte in mir. War es das Getränk, was sie mir gab? War es ihre rauchige, erotisierende Stimme, die vibrierend in mein Ohr drang? Willensschwach und wie festgewachsen blieb ich vor ihr stehen, vernahm das Geräusch, als sie den Reißverschluss meines Kleides niederzog, spürte das Kribbeln auf meiner Haut, als sich das Kleid auf meinem Rücken öffnete. Ihre Finger zogen die dünnen Träger des Kleides über meine Schultern, raschelnd fiel der blaue Stoff zu Boden und bildete einen Ring um meine Füße. Schwerelos und entblößt, knapp mit der Unterwäsche bekleidet, stand ich vor ihr.
„Wer hat Angst vorm schwarzen Mann“, rief sie auf einmal. „Kennst du das Spiel?“
Sie schaute auf meinen himmelblauen BH, richtete ihren Blick herunter auf meinen Tanga, der die gleiche Farbe wie mein Oberteil hatte und knapp meinen Unterleib bedeckte. Starr, bewegungslos, fassungslos schaute ich sie an, schüttelte meinen Kopf und brachte darüber, ob ich das Spiel kenne, ein leises „Nein“ heraus. Erneut glitten ihre Blicke an meinem Körper auf und ab, schamlos musterte sie mich, leckte mit ihrer Zunge über ihre Lippen, als hätte ihr mein Anblick Appetit gemacht. Reflexartig kreuzte ich meine Arme über meine Brüste und Scham.
Wie konnte geschehen, was hier geschah? In kürzester Zeit hatte mich ein junges Afro-Mädchen in ihren Bann gezogen. Ich wusste nicht, ob ich träumte, ob das, was hier geschah, wirklich wahr sein konnte. Das Kleid, was ich anzog, um meinem Verlobten zu gefallen, lag zu meinen Füßen auf dem Boden. Hatte sie mich unter Drogen gesetzt, oder war das, was ich spürte, mein wirkliches und geheimes Verlangen? In mir tobte ein Feuer, es war, als spürte ich auf jeder Partie meiner Haut ihre Blicke.
Eingeschüchtert von ihrem Tun, verwirrt über meine eigenen Triebe, die in mir tobten, war es mir unmöglich, mich auf ihre Worte zu konzentrieren.
„Es ist nicht, was du denkst“, schmunzelte sie, ich wusste nicht, wovon sie sprach. Sie war verrückt, dachte ich, und offenkundig das wilde Tier, von dem sie anfangs sprach.
„Es geht nicht um einen schwarzen Mann aus Afrika. Oder hast du das gedacht?“, sagte sie, umgriff meine Handgelenke und breitete meine Arme, die ich schützend vor meinen Körper hielt, aus. Zittrig ging mir der Atem, auf ihre erneute Frage konnte ich nichts erwidern. Während sie meine Handgelenke hielt, schaute sie mir ungeniert auf meinen Busen.
„Haha. Du siehst entzückend aus, wenn du so bist“, lachte sie, wendete den Blick von meiner Brust ab und schaute mich an. Ihre beiden Hände umgriffen mein Gesicht, mit ihrem Daumen strich sie über meine Lippen. Ob es mir schon besser ginge, fragte sie mich und streichelte mit ihren Fingern zart über meine Wangen, ihre raue, sanfte Stimme hatte einen betörenden fürsorglichen Klang. Ihre Zärtlichkeit, wie sie mein Gesicht berührte, setzte erneute schwüle innerliche Ströme in mir in Gang, und mit bebender Stimme, erklärte ich ihr, dass es mir fabelhaft ginge.
„Fabelhaft?“, stieß sie hervor, lachte, trat einen Schritt zurück, um mich prägnanter zu taxieren.
„Zurück zum Spiel: Wer hat Angst …“
„Melissa, ich verstehe kein Wort“, versuchte ich, ihr zu erklären.
„Meine Güte, du siehst bezaubernd aus!“, konstatierte sie und umgriff meine Hüften.
„Es ist nicht der Afrikaner“, setzte sie die Erklärung zum Spiel fort, wobei sich ihre roten Lippen hypnotisch vor meinen Augen bewegten.
„Der schwarze Mann hat keine schwarze Hautfarbe. Der schwarze Mann ist nämlich der schwarze Tod – die Pest. Das Spiel ist zurzeit der Pest entstanden. Das weiß kaum einer noch. Aber egal. Nichtsdestotrotz: Wenn der schwarze Mann jemand berührt, den hat er infiziert, und derjenige gehört ihm.“
Sie ließ meine Hüften los, langsam ging sie um mich herum, betrachtete mich von hinten. Wie zur Schau gestellt fühlte ich mich ihr ausgesetzt. Die Frechheit, mit der sie mich von hinten musterte, als sei ich ein Objekt, ein Gegenstand, über das sie verfügen kann, war, als verlöre ich über mich die Kontrolle. Hinter mir nicht sehen zu können, was sie sah, verwirrte mich und machte mich nervös. Konnte sie eventuell an mir entdecken, in welchem aufgelösten Zustand ich mich befand, oder sehen, wie sich Feuchtigkeit zwischen meinen Beinen gesammelt hatte? Ohne dass sie mich berührte, war mir, als stieße sie, alleinig mit ihren Sinnen tief in meine Intimität.
„Wir haben das Spiel als Kinder gerne gespielt“, sagte sie, ich hatte meine Augen wieder geöffnet und blickte in ihr strahlendes Gesicht.
„Jemand wurde zum ‚schwarzen Mann‘ ernannt, egal ob Junge oder Mädchen. Und dann wurde gerufen: ‚Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?‘. Und alle Kinder riefen: ‚Niemand‘. Daraufhin rief er: ‚Und wenn er kommt?‘, und die Kinder schrien aus voller Kehle: ‚Dann laufen wir weg‘. Alle rannten, so schnell sie konnten, und der Mann versuchte, so viele Kinder wie möglich anzutippen. Wer angetippt wurde, musste umfallen und sich auf die Erde legen. Gewonnen hatte, wer nicht berührt wurde und übrig blieb.“
Wie gebannt hörte ich ihr der Beschreibung eines Kinderspiels zu. Mein Mund stand weit offen, ich schaute sie an, als käme sie geradewegs von einem anderen Stern.
„Also“, setzte sie fort, „Wer hat Angst vor der schwarzen Frau?“
Ihre Augen leuchteten, als freute sie sich darauf, das Spiel mit mir zu spielen.
Festgewurzelt und stumm blieb ich fragend vor ihr stehen und wusste nicht, was ich antworten sollte.
„‚Niemand‘ musst du sagen. Bitte, mach schon!“, half sie mir.
„Niemand“, drängte sich das Wort eingeschüchtert aus mir heraus.
„Und wenn sie kommt?“
„Du bist komplett verrückt“, sagte ich.
„Cate! Sei keine Spielverderberin. Also: ‚Und wenn sie kommt?‘“.
Erwartungsvoll stand sie vor mir, dass ich den Satz ausspreche, der zu dem Spiel gehörte.
„Dann laufen wir!“, brach es aus mir heraus, und es fühlte sich an, als habe sie mir die Worte auf die Zunge gelegt.
„Wir? Wieso denn wir? Du bist doch alleine. Du musst sagen, dass du läufst. Sag es jetzt bitte. Mach schon!“
„Dann laufe ich“, hauchte ich flüsternd. Sekunden lang herrschte knisternde Stille, ich und die schwarze Frau, die Fängerin, schauten uns tief in die Augen. Bewegungslosigkeit, obwohl ich, so wie ich das Spiel verstanden hatte, hätte rennen müssen.
„Tipp, ich hab dich!“
Sie berührte mich mit ihrem Finger unterhalb meines Schlüsselbeins.
„Du hättest wegrennen können“, sagte sie und ergriff meine Arme.
„Aber du bist nicht weggelaufen. Hast du denn gar keine Angst vor der schwarzen Frau?“, flüsterte sie mir verführerisch zu. Mit ihren Fingerkuppen strich sie mir über Schulter und Arme. Tief atmete ich durch, nervös, erregt und aufgewühlt.
„Das ist doch so …“, schmunzelte sie. „Die Spielregel lautet, dem schwarzen Mädchen gehört jetzt die blonde Frau.“
Langsam ging sie um meinen Körper herum, ich zitterte am Leib, hatte das Bedürfnis, etwas zu sagen, irgendetwas zu erwidern, konnte es jedoch nicht. Zart kniff sie in meinem, mit dem spärlich blauen Stoff bedeckten Hintern, als wollte sie dort die Festigkeit prüfen. Schön hatte ich mich für ihn, meinem Verlobten, gemacht, in der Hoffnung, es könnte ein netter Abend mit ihm werden. Er hatte versagt, seine Gleichgültigkeit mir gegenüber hatte alles zunichte gemacht, und jetzt war ich bei ihr, in der Unterwäsche gekleidet, die ich anzog, ihm zu gefallen, bei ihr, die mir die Hinwendung gab, die ich bei ihm vermisste.
„Als ich dich auf der Tanzfläche sah, sah, wie du dich bewegst ... dies hier sah, wurde mir ganz anders. Es wird oft gesagt, Schönheit komme von innen – aber Schönheit dringt auch von innen nach außen.“
Ungehemmt stöhnte sie hinter mir, als sie mit ihren Händen meine Pobacken umklammerte.
„Und weißt du, was ich mir da gedacht habe?“, fragte sie, als sie wieder vor mir stand.
Sie drückte meinen aufgewühlten Körper fest an sich heran.
„Ich dachte, die muss ich haben. Und jetzt …“
Verloren und gefangen kam ich mir in ihren Armen vor, sie presste mich an ihren Busen, intuitiv wünschte ich mir, sie solle sich nehmen, was er mir nicht geben konnte. Ihre Worte, ihr Willen, ihre Offensive, mit der sie mich packte, ließen mich schwach und labil werden. Kein Gedanke der Vernunft war noch in mir, keinen Widerstand wollte ich ihr leisten, sie sollte mich nehmen, so wie die Spielregel es vorschrieb.
Als hätte sie mein Verlangen erhört, griff sie in meinen Haarschopf und zog meinen Kopf zurück, legte ihre Lippen sanft auf meinen Hals und küsste ihn. Welche Sensoren, die ich nicht zuvor kannte, hatte sie an meinem Hals entdeckt? Es war, als öffnete sie Knospen mit ihren Lippen, die als aufgehende Blüten meinen Leib durchzogen. Es erschütterte mich zutiefst, ein Gefühl von Liebe und Traurigkeit machte sich in mir breit. Sie wusste, was mit mir geschah, und als habe sie mich aus dem Sumpf gezogen, hielt sie mich an meinem Haar. Stöhnend, mit geöffnetem Mund, blickte ich sie erregt an. Wie hatte sie es geschafft, Macht über mich zu erlangen? Woher konnte dieses Mädchen wissen, was in meinem Inneren vor sich ging? Sie wusste es und überlegend lächelnd schaute sie mich an, ließ ab von meinem Schopf und nahm mein Gesicht in ihre Hände.
Es musste Liebe sein – nie hatte mich ein Blick so wie ihrer in diesem Moment derart bewegt. Ein Blick, der mich wie über weite Meere trieb und mich entführen sollte. Sekundenlange Ewigkeit durchdrangen mich ihre Augen – eine unerträgliche Spannung, die mein Herz in Stücke zu reißen drohte, baute sich auf. Sie tippte mit ihren Lippen auf die meinigen, ein Blitz zog durch meine Lenden, ich versuchte, sie zu ergreifen, um meinen Hunger an ihr zu stillen. Sie ließ es nicht zu, spielte mit mir, meine aufgepeitschten Gefühle wollte sie lenken, meine Emotionen steigern, damit ich mich ihr ergebe und sie mit mir machen konnte, was sie wollte. Es musste Liebe sein, nicht anders waren meine Gefühlswallungen zu erklären. Meinen Kopf zwischen ihren Händen, stülpte sie ihre vollen, roten Lippen über meine Unterlippe, saugte zart daran. Mehr, mehr wollte ich, brünstig ging mein Stöhnen; sie hielt meinen Kopf fest, wartete und …
Nie hatte ich solche Küsse erlebt, nie hatte mich zuvor eine Frau geküsst. Ihre Zunge drang in mich ein, als würde sie mich penetrieren, ein orgiastisches Feuer entzündete sich in mir und ich drohte, in ihren Armen zu kommen. Als ahnte sie, was mit mir geschehen würde, riss sie meinen Kopf von sich weg und hielt mich keuchend an meinen Haaren fest.
„Küsse sind Worte, die von Seele zu Seele sprechen“, sagte sie. Aufgelöst und außer mir lauschte ich ihrer rau-zarte Stimme, die Worte zu mir sprach, die tief in mich eindrangen. Es musste Liebe gewesen sein, als sich in jenem aufgewühlten Moment irgendetwas Unbewusstes entschied, mich in ihre Fänge zu begeben.
„Ich werde dich fressen“, sagte sie noch, packte mich, beugte meinen Körper nach hinten und setzte die Küsse fort. Diesmal waren sie ungestümer, noch leidenschaftlicher und feuchter. Wild spielten unsere Zungen miteinander. Lippen auf Lippen drückten sich aufeinander, als wollten wir uns die Luft, die Nahrung zum Leben geben. Ich suchte Halt an ihr und legte meine Arme um sie.
Meine Augen waren geschlossen, mir war, als schwebte ich mit ihr über den Boden, über Wellen, durch Wolken in ferne Welten. Meine Augen öffnete ich, als sie mein Gesicht streichelte und mit ihren Fingern über meine Lippen glitt. Frech und lüstern blickte sie mich aus ihrem schönen, seidigen, jungen, dunklen Gesicht an. Ich ahnte, ich hoffte, bebte innerlich, sie würde nicht mehr zögern, sich den Gewinn ihres Spiels zu nehmen. Mit routiniertem Griff öffnete sie meinen BH, entfernte ihn von meinen Brüsten, warf ihn durch den Raum, griff mit beiden Händen in meinen Busen, mit ihren Daumen strich sie über meine Nippel.
„Ich kann deine ungezähmte Lust riechen, Kleines“, sagte sie unverhohlen, spielte weiter an meinen Knospen, zwang mich damit halb vor ihr in die Knie zu sinken. Sie hob mich hoch, küsste mich erneut und sagte, als sie von mir abließ und einen Schritt zurücktrat:
“In den Küssen wird sich zeigen, ob zwei Menschen zusammen gehören. Und ich kann dir sagen ...“
Sie hielt ein, unterbrach ihren Satz, aber ihr räuberischer Blick, mit dem sie mich betrachtete, sagte mehr als all ihre Worte. Ich war wie infiziert, nicht von einer Krankheit, nicht von einer Pest, sondern von einer erregenden Wollust. Wie eine Kostbarkeit umgriffen ihre dunklen Hände meinen hellen Busen, und es war, als würden ihre Hände direkt in mich eindringen.
„Wie schön sie sind“, begeisterte sie sich über das, was sie in ihren Händen hielt. „In den Brüsten einer Frau liegt die Nahrung des Verlangens und der Liebe.“
Ich konnte nichts erwidern, meine Knie waren schwach, mein Atem ging schnell – ungewollt drang als Antwort nur Stöhnen aus mir heraus.
Heruntergebeugt spielte sie mit ihrer Zunge an meinen Knospen, saugte daran, so als wollte sie die Liebe, die sie darin zu finden glaubte, die Nahrung, von der sie sprach, aus mir heraussaugen.
„Melissa“, stöhnte ich aufgebracht, mein Körper bebte, und satte Feuchtigkeit hatte sich unter meinem Slip, zwischen meinen Schenkeln gebildet. Ich wollte mich an ihr festhalten, doch sie schob grob meine Arme, mit denen ich sie umschlingen wollte, beiseite.
Sie wüsste genau was mein geheimes, inneres Verlangen sei, erklärte sie mir dreist, als ich versuchte, sie zu berühren, ich solle mich einfach fallen lassen, sie würde das Kommando übernehmen.
„So lautet die Spielregel: Die Gewinnerin bekommt alles.“
Sie merkte wohl, in welchen Zustand sie mich versetzt hatte und dass ich kaum in der Lage war, ihrem Willen nennenswerten Widerstand zu leisten. Und sie zögerte nicht, sich ihren Gewinn zu nehmen. Sie trat an mich heran und mit einem beherzten Griff zog sie mir meinen feuchten Slip bis unter die Knie, wich zurück und ließ mich nackt vor ihr stehen. Weit waren ihre Augen aufgerissen, Wahnsinn stand in ihrem Antlitz, ihre gierigen Blicke richteten sich geradewegs zwischen meinen Beinen, wo sie betrachtete, was sich dort regte. Hitze stieg in meinen Kopf, das Blut pulsierte heftig in meinen Schläfen und, um die Heftigkeit meiner Gefühle abzumildern, hielt ich meine Hände vors Gesicht. Sie lachte, amüsierte sich über meine Scheu.
„Schau mich an, Kleines!“, sagte sie, zog meine Hände weg von meinem Gesicht, packte mich grob zwischen meine Beine – es durchzuckte meinen Körper.
“Ha! So schnell hab ich dich bekommen”, lachte sie. “Ich wusste es, als ich dich tanzen sah. In dir liegt ein Schatz vergraben, den ich heben und mir nehmen werde. Aus den dunkelsten Tiefen werde ich deine Gelüste nach oben bringen, bis du …”
Mit ihren Fingern stimulierte sie meine Klitoris, machte mich damit bereit … bereit das Spiel „Wer hat Angst vor … “ mit ihr zu spielen. Ich schrie auf, stöhnte vor ergebener Lust. Jegliche Scham, die ich vor ihr haben sollte, hatte sie mir kurzerhand genommen. Das Höschen bis in die Knie heruntergezogen, gab ich mich ihr hin – ließ zu, wie sie voll bekleidet, freudig strahlend vor mir stand und in meine Seele griff.
„Willst du mir gehören?”, fragte sie mich mit einem Ausdruck kindlichen Gemüts. Ihre Finger hatten sich tief in meinen Schoß versenkt, und sie so tat, als hätte sie ein Spielzeug in ihrer Hand. Heftig raste mein Herz – mich hemmungslos ihr hingeben, das wollte ich nur zu sehr. War das Liebe oder nur Verlangen? Es war beides, untrennbar miteinander verbunden.
Ich verschränkte meine Arme hinter meinem Kopf, schloss die Augen, wollte all meine Nacktheit ihr präsentieren. „Nimm mich“, hauchte ich ihr zu. Ich wolle es, wollte, dass sie mich nimmt, um den in mir ruhenden Schatz, den sie entdeckte, für sich an die Oberfläche zu heben.
„Wow!”, rief sie entzückt aus, als könnte sie selber nicht fassen, wohin sie mich getrieben hatte. Sie trat einen Schritt zurück, mich als ihr Präsent genauer zu betrachten, und ging um mich herum, inspizierte mich.
Ich solle meine Hände oben behalten, damit sie mich genauer anschauen könne. Getrieben von unanständigen, ehrerbietigen Gelüsten, tat ich es, tat alles, was sie verlangte. Das war dieser Moment, obwohl ich es zu dem Zeitpunkt nicht wusste, von dem an es kein Zurück mehr gab.
Sie hatte mich komplett in ihre Gewalt gebracht und ich wollte aus ihren Fängen nicht wieder heraus. Ihre Hände ergriffen mich, ich stöhnte und behielt, wie sie es wollte, meine Hände hinterm Kopf verschränkt.
„Schrei es heraus!“, rief sie, schlug auf meine Brust und meinen Hintern ein. Lauter sollte ich werden, das törne sie an. Und ich ließ meiner Lust freien Lauf, meine Schreie waren, als entleerte ich mich, als würde der Druck entweichen – ich fühlte mich wie befreit. Was hatte sie nur mit mir gemacht?
Warm lächelte sie mich an, trat an mich heran, umfasste meinen zitternden, bebenden Körper. Und dann … es war das Ereignis, was mich restlos in ihren Besitz nehmen sollte, was mich in eine unendliche Geschichte forttragen und mich auf eine Reise schicken würde. Sie küsste mich! Das mag angesichts dessen, was sie mit mir trieb, simpel erscheinen. Doch es waren Küsse ganz besonderer Art. Küsse können nicht lügen. Zungen, die aufeinander, sich ineinander bewegen, sind Barometer dafür, was folgen wird. Ihre Küsse brachen gleich einem Orkan über mich herein. Eine gefühlte Unendlichkeit standen wir beisammen und spielten mit unseren Zungen. Fest hatte sie mich umgriffen und ich meine Arme Schutz suchend um ihre Schultern gelegt.
„Hör nicht auf!“, stöhnte ich ihr entgegen, als sie von mir abließ.
„Nicht aufhören womit?”
Sie grinste mich an.
„Damit”, flehte ich, ohne es genauer beschreiben zu wollen.
„Damit? Ich verstehe es nicht. Lass es mich genauer hören“, forderte sie, stricht mit ihrem Finger über meine Lippen.
„Lass mich die Worte über deine schönen Lippen fließen sehen. Sag es!”, hämmerte sie auf mich ein. Unverständliche Worte stammelte ich heraus, es war mir peinlich, zu sagen, was ich gerne gesagt hätte. Ich kannte das Mädchen, was sich meiner ermächtigt hatte, kaum, ich konnte ihr nicht sagen, dass …
„Willst du vielleicht sagen, dass du mir gehören sollst?“
Sie bückte sich, zog mir den Slip, der noch immer in meinen Kniekehlen hing, herunter. Ihre bestimmenden Worte drangen wie ein Hammerschlag mir ins Bewusstsein. „Ja”, drang es leise, kaum vernehmbar aus mir heraus.
„Ja was?”, fragte sie unerbittlich, steckte mir ihre Finger in meinen Mund, als ob sie die Worte, die sie hören wollte, herausziehen müsste.
„Nimm mich!”, überwand ich mich unter Anstrengungen.
Ihr Gesicht erhellte sich, ein begeistertes Lächeln, so wie bei einem Kind, das das ersehnte Geschenk öffnen darf, glitt über ihre Lippen. Tief atmete ich durch, Fassungslosigkeit über das, was ich herausbrachte, breitete sich in mir aus, Fluchtgedanken kamen in mir auf. „Nimm mich!” – das Monstrum dieser zwei Wörter echote in meinem Kopf umher.
„Unser Spiel gefällt mir“, sie nahm meine Hand, führte mich zur Couch und platzierte mich auf ihren Schoß. Vergeblich zerrte ich an ihren Klamotten, versuchte, sie auszuziehen. Doch sie ließ es nicht zu, einzig lag es in ihrem Sinne, mit dem ausgepackten Geschenk zu spielen. Und sie tat es zur Genüge. Ich spürte ihre Schläge auf meinem Hintern, ihre Zunge zwischen meinen Beinen, sie trieb mich von einem Höhepunkt zum nächsten, laugte mich bis zur restlosen Erschöpfung aus.
„Wenn du unter meinen Händen kommst ...“, lächelte sie mich Wärme ausstrahlend an,. „... kommt was Animalisches aus dir heraus.“
Zurückgelehnt im Sofa lag ich geborgen, entleert und erschöpft in ihren Schoß. Sie streichelte mein Gesicht.
„Deine Schminke ist verschmiert.“
Sie küsste mich.
„Und sind das Tränen, was ich hier sehe?“, sie wischte sie mit ihren Fingern weg.
„Tränen sind was Existenzielles … und diese hier sind extra für mich.“
Sie drückte mich an ihren Busen, und ich umklammerte sie, schmiegte mich an ihren Körper. Wie das Fell einer jungen Katze war ihr betörender Duft. Liebestoll vergrub ich tief meinen Kopf in ihren weichen Busen und versuchte, ihr die Klamotten vom Leibe zu reißen. Nackt wollte ich sie haben, ihre Haut auf meiner Haut spüren. Sie kicherte über meine hilflosen Versuche, freute sich, in welche wehrlose Situation sie mich manövriert hatte.
Woher nahm sie nur die Energie?
„Hey Cate, Kleines – schau mich an“, flüsterte sie mir ins Ohr und drehte meinem Schopf zu sich, sodass ich ihr direkt in die Augen blicken musste.
„Es ist unfassbar, Cate, welche Power in dir steckt.“
Nackt lag ich auf ihrem Schoß ausgestreckt und wurde von ihr gestreichelt. Sie verwechsle etwas, erwiderte ich, denn ganz offensichtlich, so wie ich in ihren Armen liege, sei sie es, die über Stärke verfüge.
„Glaub mir“, setzte ich fort, „ich hab so was noch nie erlebt. Noch nie habe ich mit einer Frau …“
„Sex gehabt?“, unterbrach sie mich.
„Ja, noch nie! Es ist unheimlich, was hier geschieht … und auch ein Stück peinlich.“
„Peinlich, dich fallen zu lassen?“, fragte sie hämisch und stimulierte mich zwischen meinen Beinen.
„Ich hab gespürt, was du gespürt hast. Ich hab das Juwel berührt.“
Sie zog mich herunter von ihrem Schoß, brachte mich auf der Couch zum Liegen und setzte sich auf mich drauf.
„Liebeshungrig bist du, alles an dir ruft förmlich danach …“
Meine Brüste wurden geknetet, stöhnend lag ich unter ihr.
„… alles an diesem Körper“, ich zappelte unter ihren Berührungen, „ist reinstes Verlangen, und ich bin diejenige, die es stillen kann. Und ich will es …“
„Melissa!“, stöhnte und rief ich erschrocken über ihre Absichten aus.
„Hör zu, Cate. Es wird noch besser kommen, denn ich will alles von dir, weil ich gierig auf dich bin.“
Sie beugte sich zu mir herunter, mit atemberaubenden Küssen überschüttete sie mich, und als sei sie der Rettungsring auf stürmischer See, umklammerte ich sie.
Dann hielt sie ein, und mit geöffnetem Mund und einem traurig-kindlichen Ausdruck blickte sie mich an.
„Du willst es doch auch“, ihre Finger spielten an meinen Lippen, pressten meine Wangen zusammen.
„Sag, dass du es willst!“
„Melissa!“, stöhnte ich aufgebracht heraus, ihre Küsse, ihre Berührungen, ihre Stimme, ihre wachen, schwarzen Augen, ihr Verlangen – ich befand mich auf dem Gipfel der Erregung.
„Sag es! Ich spüre hier, dass du es willst. Sag ‚Ja‘! ‚Ja‘ ist ein starkes Wort – es trägt uns fort, in eine andere Welt.“
War es ein Gipfel, zu dem sie mich führen wollte, oder sollte es der Abgrund sein, in den ich stürzen würde? Sie hatte mir den Boden unter meinen Füßen weggerissen. Sie hatte in mir eine Schatztruhe aufgespürt und das Geheimnis meines Verlangens gelüftet. Wie sollte ich nach dieser Rauscherfahrung je in die Normalität zurückkehren können. Laut stieß ich das „Ja!“ heraus, das ‚Ja‘, was uns zu anderen Ufern führen sollte. Sie war begeistert, ihre Wangen formten sich vor Freude zu kleinen Bällchen. Sie sprang auf, hüpfte im Raum umher, reckte ihre Faust in die Höhe und stieß Jubelrufe aus.
„Du bist komplett verrückt, Melissa!“
Ich lachte und freute mich über ihre Begeisterung.
„Ja, wir sind verrückt, der Norm entrückt, und es wird noch verrückter werden.“
Sie setzte sich zu mir.
„Du willst mich wirklich haben! Dann nimm mich!“, sagte ich und mir war, als schoss bei dieser Aufforderung eine Flut durch meinen Lenden.
„Oh ja, ich werde mir alles von dir nehmen. Auf sämtliche Höhen der Ekstase und Verzweiflung werde ich dich führen. Wer hat Angst vor der schwarzen Frau …? Hast du keine Angst? Ich bin die Sünde, Cate – ich bin der Apfel, die verbotene Frucht, ich bin dein Verhängnis … Ich bin der Wunsch, den du noch nicht kennst.“
Mein Verhängnis, es klang aufregend gefährlich. Wie sie es sich weiter mit uns vorstellen würde, fragte ich, und sie verriet mir ihren irren Plan:
„Du ziehst dich an, gehst nach Hause, packst deine Sachen und ziehst morgen bei mir ein.“
Ich solle nicht so viel darüber nachdenken, was sie verlangte, sie werde für mich sorgen, beteuerte sie, als wir zusammen im Türrahmen standen und uns verabschiedeten. Ich schwieg dazu. Es war absurd, und doch wurde mir warm ums Gemüt, das ausgerechnet sie Sorge für mich tragen wollte. Selbst wenn das ein Hirngespinst sein sollte, gefiel es mir doch. Es war wie in einem Märchen, in dem ich eine Prinzessin sein sollte.
Am nächsten Morgen ging ich aufgeregt in meiner Wohnung auf und ab, die Gedanken purzelten in meinem Kopf umher. Wenn ich nur an sie dachte, erregte es mich. Mir war, als sprachen Körper und Kopf verschiedene Sprachen, als stritten sie sich. Noch konnte ich umkehren. Ich musste eine Entscheidung fällen, aber es fiel mir schwer. Bei ihr fühlte ich mich schön und begehrenswert wie nie. Ich raufte meine Haare, setzte mich auf einen Stuhl, stützte meine Arme auf dem Tisch ab. Was sie von mir verlangte, war unmöglich, grübelte ich, sie würde mich mit ihrer Naivität in die Tiefe stürzen. Was denkt sie sich nur? Wie soll das funktionieren? Lächerlich erschien mir ihre Vorstellung, für mich Sorge zu tragen. Ich musste lachen, sie ist verspielt wie ein Kind und ich ihr lebendiges Spielzeug. Ich zog den Koffer hinterm Schrank hervor, schmiss ihn aufs Bett und öffnete ihn. Ich mache mich komplett lächerlich, wenn ich ihrem Willen folge. Aus dem Schrank nahm ich meine Klamotten und packte sie in den Koffer. Was würden meine Freunde denken, würden sie davon erfahren? Ich. die Selbstbewusste, die Starke, die Rebellin, die sich von niemanden was sagen ließ, wird zum Spielball eines Afro-Mädchens?
Ich lief durch die Räume, sammelte weitere Dinge wie für eine Reise zusammen und legte sie in den Koffer, der plötzlich randvoll war. Mit aller Kraft drückte ich ihn zusammen. Und da ging mir auf, als ich vor dem verschlossenen Koffer stand: Es war etwas passiert – es passierte mit mir, ohne dass ich nachdachte, ganz selbstverständlich. Ein Ereignis, ähnlich, als ich vor meinem Elternhaus ins Auto stieg und es verließ. Es geschah etwas, was längst überfällig war: eine Befreiung, eine Veränderung. All meine Sorgen hatten sich auf seltsame Art aufgelöst, als sich wie von selbst der Koffer füllte. Der Würgegriff meiner Ängste hatte sich gelockert. Sie will für mich sorgen. Mir war, als bekäme ich wieder Luft zum Atmen. Wer oder was mich auch immer befreit hatte, ob sie es war oder ich, die sich in ihre Arme fallen ließ, erschien mir nebensächlich. Die Veränderung war da, und was zu dieser Veränderung führte, war irrational, rein körperlich. Ich betrachtete mich vorm Spiegel an der Wand; es war einzig mein Körper, der mir sagte, dass ich die Exkursion ins Ungewisse antreten sollte. Ich strich mit meinen Händen über meinen Hals, über meine Brüste, über Hüften, Gesäß und Beine.
„Ich werde zu dir kommen!“, sprach ich in das Spiegelbild hinein. Ich werde, redete ich mir ein, fortan nur den Weg meiner Gefühle gehen. Kurz entschlossen schnappte ich mir den Koffer, ging hinaus, drehte den Schlüssel zweimal im Türschloss um, als wollte ich damit gleichfalls die Vergangenheit verschließen.
Kurz danach stand ich, extra für sie zurechtgemacht, meine Lippen rot geschminkt, im engen, figurbetonten Rock, darüber eine Bluse, aufgeregt mit all meinen Sachen vor ihrer Tür. Tief atmend drückte ich den Klingelknopf. Sie öffnete – mir stockte der Atem. Sie trug einen kurzen Lederrock, schwarze, gemusterte Nylons, darüber eine ebenso schwarze Bluse, kurz unter ihrer Brust zusammengeknotet. Das Haar war hochgesteckt, ein breiter, silberner Haarreif, besetzt mit türkisfarbenen Steinen, hielt ihre pompöse Frisur zusammen. Halbschuhe mit Pfennigabsätzen, ließ sie größer als mich wirken. Ihre Lippen hatte sie dunkellila geschminkt, und in ihren Ohrläppchen hingen riesige, goldene Kreolen. Sie wirkte, als sie so vor mir stand, imposant, beinahe majestätisch. Gewiss, vermutete ich, hatte sie sich extra so zurechtgemacht, um unseren Altersunterschied durch Größe zu überbrücken. Aber war es wirklich so? Machte sie sich überhaupt darüber Gedanken? Nahm sie sich nicht einfach, was ihr gefiel, ohne großartig zu fragen?
„Da bist du ja!“, empfing sie mich mit ihrer zart-rauen Stimme und einem betörenden Augenaufschlag mit ihren langen Wimpern.
Was für einen großen Koffer ich habe, bemerkte sie, als ich noch im Türrahmen stand, ob ich vorhabe, auszuwandern. Sie lachte ihr schäbiges, görenhaftes Lachen, was mich verunsicherte und mich zweifeln ließ, ob ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Hatte ich es eventuell falsch verstanden, drängte ich mich ihr peinlicherweise zu sehr auf? Ihre Begrüßung fiel anders aus, als ich erwartet hatte.
Ängstlich und kleinlaut fragte ich, ob es ihr nicht gefiele, stammelte irritiert über ihre Bemerkung zusammenhangslose Worte heraus – wieder einmal befand ich mich in der Defensive.
Sie erwiderte nichts auf meine Befürchtungen, zog mich am Arm in die Wohnung, nahm mir den Koffer aus der Hand und stellte ihn in eine Ecke des Flurs ab.
Ich wurde in die Küche geführt, sie zog mir den Mantel aus, warf ihn wie ein unnützes Kleidungsstück auf den Boden. Ich fühlte mich wie auf einem Abenteuerspielplatz, mein Herz pochte, meine Hände zitterten. An den Küchentisch hatte sie mich gedrückt, dicht an dicht standen wir uns gegenüber – ich konnte ihren Atem auf meinen Wangen spüren.
„Hab keine Angst. Ich will dich haben“, hörte ich erlösend ihre Worte in mein Ohr hauchen.
Sie fingerte an meiner Bluse herum, öffnete mehrere Knöpfe.
„Hast du an mich gedacht?“, sie zog mich an meinen Hüften zu sich, krallte ihre Hände in meine Pobacken.
„Hast du dich danach gesehnt, von mir gefressen zu werden?“
Stöhnend nickte ich bejahend mit dem Kopf. Sie zog meine Bluse aus meinem Rock, riss sie auf und war dabei, hineinzugreifen. Doch ich wand mich aus ihrer Umklammerung heraus und trat einige Schritte beiseite – es ging mir alles zu schnell.
„Komm her, Cate. Komm her zu mir, lass mich dich fressen“, belustigte sie sich über meine Flucht aus ihrer Umarmung. Raubtierartig bewegte sie sich auf mich zu, ich wich zurück und erklärte ihr, dass ich mich erst langsam auf die Situation einstellen müsste.
„Das brauchst du nicht“, sie packte mich, drückte ihre Lippen auf meinen Mund, stieß ihren Atem in mich hinein. Ich solle meine grübelnden Gedanken beiseitelassen, mich von ihr lenken lassen, fuhr sie fort, indem sie mit ihrer Zunge über meine Lippen leckte und mich sanft zurück zum Küchentisch führte.
Sie habe die ganze Nacht an mich gedacht, schmeichelte sie mir und zog mir dabei die Bluse aus. Sie sei dabei erregt gewesen. Ohne Gegenwehr knöpfte sie mir den BH auf. Sie habe masturbiert, als sie an meine Brüste dachte und jetzt ...
„Mein Gott!“, stöhnte sie, als sie meinen Busen umfasste.
Mein Widerstand war gebrochen.
Sie küsste mich, riss mir meine Kleidungsstücke vom Leibe, bis sie mich wieder so hatte, wie in der Nacht zuvor: nackt, ihr ausgeliefert, hier im helllichten Raum der Küche.
„Lass uns keine Zeit verlieren. Ich will dich, Cate!“, keuchte sie, und ihre Hand griff mir zwischen meine Schenkel.
„Lass uns Grenzen brechen, lass uns mit den Vögeln fliegen. Oh, ich spüre es bei dir.“
Tief versenkte sie ihre Finger in meinen feuchten Spalt, beobachtete mich dabei, wie mein Körper bebte und zitterte. Wie wunderbar es anzusehen sei, bemerkte sie, wie ich mich bewege, wenn sie mit mir spiele. Es mache sie ganz heiß.
„Ich will dich!“, wiederholte sie immer wieder diesen Satz, der mich kirre machte. Sie wolle mich führen, mich dominieren, rief sie aufgeregt. Ihre Worte, ihr Gesichtsausdruck, die Bewegung ihrer Lippen, die Berührung zwischen meinen Beinen – ich stand kurz vorm Höhepunkt.
„Sag, dass du es willst!“
Meine Knie zitterten, gewaltige Ströme durchzogen meine Lenden.
„Jaa, jaa!“, schrie ich ohne Überlegung aus mir heraus, schrie es in die Küche hinein. Ich war gekommen. Mein Körper hatte eine Entscheidung gefällt. Hypnotisiert und aufgewühlt schaute ich ihr zu, wie sie langsam und genüsslich die Hand, die mich zum Höhepunkt brachte, ableckte und tief in ihren Mund schob.
„Schau, wie ich dich verschlinge“,
Sie knöpfte, ohne ihre Blicke von mir abzuwenden, langsam und Knopf für Knopf ihre Bluse auf.
„Hier mein Versprechen, mein Geschenk für dich.“
Kleidungsstück um Kleidungsstück entblä