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Neu übersetzt - mit zahlreichen Illustrationen Nachdem Alice das Wunderland besucht hat, finden wir sie nun im Land hinter den Spiegeln. Wie sieht die Welt wohl auf der anderen Seite der Realität aus? Das vorliegende Buch ist eine komplette Neuübersetzung von Nadine Erler, die im Gegensatz zu den bisherigen Übersetzungen die englischen Eingennamen unangetastet gelassen hat - was dem Charme der Erzählung und ihren Figuren nur gut tut. Die Fortsetzung steht dem ersten Teil an Absurdität und Vergnügen in Nichts nach, mache mögen es auch als das reifste Werk Carrols bezeichnen. Der Roman erschien zur Weihnachtszeit 1871, wiederum mit den fantastischen Zeichnungen von John Tenniel versehen, die auch diese Ausgabe schmücken. Wir begegnen den skurrilen Figuren Tweedledum und Tweedledee, Humpty Dumpty und Walross und Zimmermann, die sich in Carrols unnachahmlichen, und hier vortrefflich übersetzen Sprachspielen ergehen. Das Walroß und der Tischler gingen Hand in Hand. Sie weinten über die Unmengen Sand. 'Man sollte den Sand beiseitefegen Denn das wäre ein wahrer Segen! Wenn sieben Mägde mit sieben Besen Ein halbes Jahr lang fegen würden Überwinden sie dann diese Hürden?' Das war es, was das Walroß sagte. 'Ich glaube nicht!' Das war es, was der Tischler klagte. Lewis Carroll (1832-98) war Dozent für Mathematik in Oxford, zeitweise arbeitete er auch als Fotograf und Diakon. Seine Erzählungen über die kleine Alice gehören zu den bekanntesten und meistzitierten Texten der englischen Literatur. Sie sind Klassiker der Nonsensliteratur und dienen vielen Schriftstellern und anderen Künstlern als Inspirationsquelle. Alice ist längst Bestandteil des Kulturkanons geworden. Null Papier Verlag
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Lewis Carroll
Alice hinter den Spiegeln
Illustriert und neu übersetzt
Lewis Carroll
Alice hinter den Spiegeln
Illustriert und neu übersetzt
(Through the Looking-Glass, and What Alice Found There)Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2024Klosterstr. 34 · D-40211 Düsseldorf · [email protected]Übersetzung: Nadine ErlerIllustrationen: John Tenniel 3. Auflage, ISBN 978-3-954182-74-9
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Inhaltsverzeichnis
1. Das Spiegelhaus
2. Der Garten der sprechenden Blumen
3. Die Spiegel-Insekten
4. Tweedledum und Tweedledee
5. Wolle und Wasser
6. Humpty Dumpty
7. Der Löwe und das Einhorn
8. »Es ist meine Erfindung!«
9. Königin Alice
10. Die Rote Königin wird geschüttelt
11. Das Erwachen
12. Wer hat es geträumt?
Autor
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Ihr Jürgen Schulze
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Eins stand fest: An allem war nur das schwarze Kätzchen schuld. Das weiße Kätzchen hatte nichts damit zu tun, denn ihm hatte die alte Katze während der letzten Viertelstunde das Gesicht geputzt, und das Kätzchen hatte eigentlich wacker durchgehalten). Es war also klar, dass es nichts mit dem Unfug zu tun haben konnte.
Und so putzte Dinah ihren Kindern das Gesicht: Erst packte sie das arme Ding mit einer Pfote am Ohr, drückte es zu Boden und schrubbte ihm dann mit der anderen Pfote das Gesicht, wobei sie das Fell gegen den Strich bürstete. Sie begann bei der Nase, und jetzt hatte sie sich wie gesagt das weiße Kätzchen vorgenommen, das stillhielt und versuchte zu schnurren. Zweifellos wusste es, dass alles nur zu seinem Besten geschah.
Aber das schwarze Kätzchen hatte seine Wäsche schon früher am Nachmittag bekommen, und während Alice zusammengekauert in einer Ecke des großen Lehnsessels saß und im Halbschlaf mit sich selber sprach, hatte es sich großartig mit dem Wollknäuel amüsiert, das Alice eigentlich aufwickeln wollte. Das Kätzchen hatte das Knäuel vor sich hergetrieben und es wieder abgewickelt, und nun war die Wolle verheddert und voller Knoten über den Teppich drapiert. Inmitten des Wirrwarrs jagte das Kätzchen seinen eigenen Schwanz.
»Oh, du freches kleines Ding!« rief Alice. Sie nahm das Kätzchen auf den Arm und gab ihm ein Küßchen, um ihm zu zeigen, dass es in Ungnade gefallen war. »Wirklich, Dinah hätte dir bessere Manieren beibringen sollen! Das hättest du, Dinah, du weißt es ganz genau!« fügte sie hinzu.
Sie sah die alte Katze vorwurfsvoll an und sprach so streng sie nur konnte. Dann kletterte sie wieder auf den Stuhl, nahm das Kätzchen und die Wolle auf den Schoß und versuchte, das Knäuel wieder aufzuwickeln. Aber sie kam nicht weit, weil sie die ganze Zeit redete – manchmal mit dem Kätzchen und dann wieder mit sich selbst.
Das Kätzchen saß brav auf ihrem Knie und tat so, als sähe es beim Wollewickeln zu. Ab und zu streckte es eine Pfote nach dem Knäuel aus, als würde es nur zu gern mithelfen.
»Weißt du, was morgen ist, Kätzchen?« begann Alice. »Du könntest es dir denken, wenn du oben mit mir am Fenster gesessen hättest – aber da hat Dinah dich ja gerade saubergemacht. Ich habe gesehen, wie die Jungen Reisig für das Freudenfeuer gesammelt haben – und dazu braucht man viel Reisig, Kätzchen! Aber dann wurde es kalt und fing an zu schneien, also mussten sie aufhören. Keine Sorge, Kätzchen, wir werden das Freudenfeuer morgen sehen.«
Hier wickelte Alice dem Kätzchen die Wolle zwei- oder dreimal um den Hals, nur um zu sehen, wie es aussehen würde. Das Kätzchen begann zu zappeln, das Knäuel fiel zu Boden und wickelte sich wieder ab.
»Weißt du, Kätzchen«, fuhr Alice fort, als sie es sich wieder bequem gemacht hatten, »als ich gesehen habe, was du angestellt hast, war ich so böse, dass ich am liebsten das Fenster aufgemacht und dich in den Schnee gesetzt hätte! Und das hättest du verdient, du süßer kleiner Nichtsnutz! Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen? Unterbrich mich nicht!« sagte sie und hob den Finger. »Ich zähle all deine Untaten auf. Erstens: Du hast zweimal gequiekt, als Dinah dir heute Morgen das Gesicht geputzt hat. Du kannst es nicht leugnen, Kätzchen, ich habe dich gehört! Was sagst du?« (Sie tat so, als würde das Kätzchen reden). »Du hast ihre Pfote ins Auge bekommen? Nun, das ist deine Schuld, weil du die Augen offen hattest – wenn du sie zugekniffen hättest, wäre es nicht passiert. So, jetzt keine weiteren Ausreden, sondern hör zu! Zweitens: Du hast Snowdrop am Schwanz weggezerrt, als ich ihr gerade die Schüssel Milch hingestellt hatte! Was – du hattest du Durst? Woher weißt du, dass sie nicht auch Durst hatte? Und nun drittens: Du hast die ganze Wolle abgewickelt, als ich nicht hingesehen habe! Das sind drei Streiche, Kätzchen, und du bist noch für keinen bestraft worden. Ich schiebe all deine Strafen bis Mittwoch auf. Stell dir mal vor, man würde meine Strafen aufschieben!« fuhr sie fort und sprach mehr mit sich selbst als mit dem Kätzchen. »Was würde dann am Ende eines Jahres passieren? Ich müsste wohl ins Gefängnis, nehme ich an, wenn es soweit wäre! Oder – warte mal – angenommen, die Strafe bestünde jedes Mal darin, dass ich kein Abendessen bekomme! Dann müsste ich an dem schrecklichen Tag auf fünfzig Abendessen auf einmal verzichten! Also, das würde mir nicht viel ausmachen! Ich würde lieber verzichten, als sie alle zu essen! Hörst du, wie der Schnee ans Fenster rieselt, Kätzchen? Wie schön und sanft das klingt! Als ob jemand draußen das Fenster von oben bis unten küssen würde. Ich frage mich, ob der Schnee die Bäume und Felder liebt, weil er sie so liebevoll küsst? Und dann deckt er sie mit einer weißen Decke zu, und vielleicht sagt er: ›Schlaft jetzt, meine Lieben, der Sommer kommt wieder.‹ Und wenn sie im Sommer wieder aufwachen, Kätzchen, ziehen sie sich ganz in Grün an und tanzen, wenn der Wind weht – oh, das ist sehr schön!« rief Alice, ließ das Wollknäuel fallen und klatschte in die Hände. »Und ich wünschte, es wäre wahr! Ich bin sicher, dass die Wälder im Herbst schläfrig aussehen, wenn die Blätter braun werden. Kätzchen, kannst du Schach spielen? Lach nicht, meine Liebe, ich meine es ganz ernst. Denn als wir gerade eben gespielt haben, hast du zugesehen, als würdest du alles ganz genau verstehen. Und als ich ›Schach!‹ gesagt habe, hast du geschnurrt! Also, es war ein guter Zug, Kätzchen, und ich hätte wirklich gewinnen können, wenn nicht dieser gemeine Springer gewesen wäre, der mir alles verdorben hat. Kätzchen, wir wollen spielen, dass…«
Und jetzt wünschte ich, euch nur die Hälfte der Dinge erzählen zu können die Alice zu sagen pflegte. Sie begann immer mit ihrem Lieblingssatz »Wir wollen spielen, dass…«.
Erst gestern hatte es eine lange Debatte mit ihrer Schwester gegeben – und das nur, weil Alice gesagt hatte: »Wir wollen spielen, dass wir Könige und Königinnen sind!«
Ihre Schwester, die alles sehr genau nahm, hatte gesagt, dass das nicht ginge, weil sie nur zu zweit seien, und zuletzt hatte Alice geantwortet: »Na ja, dann kannst du eine von ihnen sein, und ich bin all die anderen!«
Und einmal hatte sie ihr altes Kinderfräulein fast zu Tode erschreckt und plötzlich gerufen: »Fräulein! Wir wollen spielen, dass ich eine hungrige Hyäne bin und Sie ein Knochen!«
Aber zurück zu dem, was Alice zu dem Kätzchen sagte.
»Wir wollen spielen, dass du die Herzkönigin bist, Kätzchen! Weißt du, ich glaube, wenn du dich hinsetzt und die Vorderbeine verschränkst, siehst du genauso aus wie sie. Jetzt sei lieb und versuch es!«
Und Alice nahm die Herzkönigin vom Tisch und hielt sie dem Kätzchen hin, damit es die Haltung der Königin nachmachen konnte. Aber es scheiterte daran, dass das Kätzchen seine Vorderbeine nicht richtig verschränken wollte.
Um es zu bestrafen, hielt sie es vor den Spiegel, um ihm zu zeigen, wie ungezogen es war.
»Und wenn du nicht brav bist«, fügte sie hinzu, »stecke ich dich durch den Spiegel und setze dich ins Spiegelhaus. Wie findest du das? Also, wenn du nur zuhörst, Kätzchen, und nicht so viel redest, erzähle ich dir, wie ich mir das Spiegelhaus vorstelle. Zunächst ist da das Zimmer, das man im Spiegel sehen kann. Es sieht genauso aus wie unser Wohnzimmer, nur dass alles auf der verkehrten Seite ist. Ich kann alles sehen, wenn ich mich auf einen Stuhl stelle – alles bis auf die Ecke hinter dem Kamin. Oh! Ich wünschte, ich könnte auch die Ecke sehen! Ich möchte so gern wissen, ob sie im Winter Feuer machen! Man weiß es nicht genau, es sei denn, unser Feuer qualmt, und dann sieht man den Rauch auch im Spiegelzimmer – aber das ist vielleicht nur eine Täuschung, damit es so aussieht, als hätten sie auch ein Feuer. Nun ja, die Bücher sind ungefähr die gleichen wie unsere, nur dass sie natürlich in Spiegelschrift sind – das habe ich gesehen, als ich eins von unseren Büchern vor den Spiegel gehalten habe. Würdest du gern im Spiegelhaus leben, Kätzchen? Ob sie dir dort wohl Milch geben würden? Vielleicht schmeckt Spiegelhaus-Milch nicht, aber – oh, Kätzchen! Da ist der Flur. Man kann nur ein kleines Stückchen davon sehen, wenn man die Tür unseres Wohnzimmers weit offen lässt – und er sieht genauso aus wie unser Flur, soweit man ihn sehen kann, aber wer weiß, vielleicht sieht es dahinter ganz anders aus. Oh, Kätzchen, wenn wir nur in das Spiegelhaus hinein könnten! Ich bin sicher, dass es da drinnen so schöne Sachen gibt! Wir wollen spielen, dass man irgendwie hineinkommen kann, Kätzchen. Wir tun so, als wäre das Glas ein Seidenvorhang, durch den wir hindurchgehen können. Also, ich glaube, das Glas löst sich gerade in Nebel auf! Es wäre ganz einfach, hindurchzugehen…«
Bei diesen Worten stand sie schon auf dem Kaminsims, obwohl sie kaum wusste, wie sie dort hingelangt war. Und wirklich, das Glas verschwamm und löste sich auf, wie ein leichter silbriger Nebel.
Im nächsten Augenblick hatte Alice das Glas durchschritten und sprang mit einem Satz leichtfüßig in den Spiegelraum. Zuerst sah sie nach, ob im Kamin ein Feuer brannte, und sie freute sich sehr, als sie sah, dass es genauso hell flackerte wie das, das sie zurückgelassen hatte. Also ist es hier genauso warm wie nebenan, dachte Alice – ja sogar wärmer, weil keiner mir sagt, dass ich vom Feuer weggehen soll. Oh, es wird lustig, wenn sie mich im Spiegel sehen und nicht an mich herankommen!
Dann sah sie sich um. Sie fand alles, was man vom alten Zimmer aus sehen konnte, alltäglich und uninteressant, aber alles übrige war ganz anders. Die Bilder an der Wand neben dem Kamin schienen zum Beispiel ganz lebendig zu sein, und die Uhr auf dem Kaminsims (wie man weiß, kann man sie im Spiegel nur von hinten sehen) hatte das Gesicht eines kleinen alten Mannes und grinste Alice an.
Dieses Zimmer ist nicht so ordentlich wie unseres, dachte Alice bei sich, als sie sah, dass in der Kaminasche einige Schachfiguren lagen. Aber im nächsten Augenblick hockte sie sich mit einem kleinen überraschten »Oh!« hin und starrte die Figuren an. Sie gingen nämlich paarweise auf und ab!
»Das sind der Rote König und die Rote Königin«,1 sagte Alice (sie flüsterte, um die Figuren nicht zu erschrecken), »und da sitzen der Weiße König und die Weiße Königin auf dem Feuerhaken! Und da gehen zwei Türme Arm in Arm – ich glaube, sie hören mich nicht«, fuhr sie fort und beugte sich tiefer hinab, »und ich bin fast sicher, dass sie mich nicht sehen. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass ich unsichtbar bin –«
Da begann etwas auf dem Tisch hinter Alice zu quieken, und sie wandte den Kopf genau im richtigen Moment, um zu sehen, wie einer der Weißen Bauern umfiel und anfing, um sich zu treten. Sie wartete gespannt, was als nächstes passieren würde.
»Das ist die Stimme meines Kindes!« rief die Weiße Königin. Sie rannte am König vorbei und rempelte ihn dabei so heftig an, dass er umfiel und kopfüber in der Asche landete. »Meine teure Lily! Mein geliebtes Kätzchen!« Und sie begann, mit hektischen Bewegungen das Kamingitter hinaufzuklettern.
»Mein geliebter Hausdrachen!« sagte der König und rieb sich die Nase, die er sich bei seinem Sturz gestoßen hatte. Es war sein gutes Recht, ein bisschen ärgerlich auf die Königin zu sein, denn er war von Kopf bis Fuß mit Asche besudelt.
Alice wollte unbedingt helfen, und da die arme kleine Lily einen regelrechten Schreikrampf hatte, hob sie die Königin hastig auf und stellte sie neben ihre kreischende kleine Tochter auf den Tisch.
Die Königin schnappte nach Luft und setzte sich. Der Weg in luftige Höhen hatte ihr den Atem verschlagen, und zunächst konnte sie die kleine Lily nur schweigend umarmen. Als sie wieder etwas zu Atem gekommen war, rief sie dem Weißen König, der schmollend in der Asche saß, zu: »Denk an den Vulkan!«
»Was für ein Vulkan? Wo?« fragte der König und sah ängstlich ins Feuer, als erwarte er ihn am ehesten dort.
»Er – hat – mich in die Luft gejagt«, keuchte die Königin, die immer noch etwas aus der Puste war. »Sieh zu, dass du heraufkommst – aber so wie gewöhnlich – lass dich nicht in die Luft sprengen!«
Alice beobachtete den Weißen König, der langsam das Tischbein erklomm.
Schließlich sagte sie: »Hör mal, so wird es Stunden dauern, bis du auf dem Tisch bist. Soll ich dir nicht lieber helfen?« Aber der König nahm keine Notiz von der Frage – es war klar, dass er sie weder hören noch sehen konnte.
Also hob Alice ihn sehr behutsam auf und transportierte ihn langsamer als die Königin, damit er keinen Schreck bekam. Aber bevor sie ihn auf den Tisch setzte, wollte sie ihn ein bisschen abstauben, denn er war über und über mit Asche bedeckt.
Hinterher sagte sie, dass sie nie im Leben so ein Gesicht gesehen hatte wie das des Königs, als er von unsichtbaren Händen hochgehoben und abgestaubt wurde. Er war viel zu verblüfft, um zu schreien, aber er riss Augen und Mund sperrangelweit auf, bis sie so lachen musste, dass er ihr fast aus der Hand gefallen wäre.
»Oh! Bitte schneide nicht solche Grimassen, mein Lieber!« rief sie und vergaß ganz, dass der König sie nicht hören konnte. »Ich kann dich kaum noch halten vor Lachen! Und sperr den Mund nicht so weit auf, du verschluckst dich noch an der Asche! So, ich glaube, jetzt bist du sauber genug!« fügte sie hinzu, strich ihm die Haare glatt und stellte ihn neben die Königin auf den Tisch.
Der König fiel sofort hintenüber und blieb reglos auf dem Rücken liegen. Alice war etwas erschrocken über die Folgen ihrer Tat. Sie sah sich um, ob es irgendwo im Zimmer Wasser gab, mit dem sie ihn wiederbeleben konnte. Aber sie fand nur ein Glas mit Tinte, und als sie damit zurückkam, war er schon wieder zu sich gekommen. Er und die Königin flüsterten aufgeregt miteinander – so leise, dass Alice kaum hörte, was sie sagten.
Der König sagte: »Ich versichere dir, meine Liebe, ich habe den Schock bis in die Spitzen meines Bartes gespürt!«
Woraufhin die Königin sagte: »Du hast doch gar keinen Bart!«
»Diesen schrecklichen Augenblick«, fuhr der König fort, »werde ich nie, nie vergessen!«
»Doch, das wirst du«, sagte die Königin, »wenn du keinen Eintrag in dein Tagebuch machst.«
Alice sah interessiert zu, wie der König ein riesiges Tagebuch aus seiner Tasche holte und anfing zu schreiben. Plötzlich kam ihr eine Idee: Sie griff über seine Schulter hinweg nach dem Bleistift und begann für ihn zu schreiben.
Der arme König sah verwirrt und unglücklich aus. Er kämpfte eine Weile wortlos mit dem Stift, aber Alice war stärker als er, und zuletzt japste er: »Meine Güte! Ich brauche wirklich einen dünneren Bleistift. Mit diesem werde ich überhaupt nicht fertig – er schreibt alles mögliche, das ich gar nicht will –«
»Was schreibt er denn?« fragte die Königin und warf einen Blick auf das Buch (in das Alice geschrieben hatte: »Der Weiße Läufer rutscht den Feuerhaken hinunter. Er verliert das Gleichgewicht.«). »Das ist wirklich keine Notiz über deine Gefühle!«
Auf dem Tisch lag ein Buch. Während Alice dasaß und den Weißen König beobachtete (denn sie machte sich immer noch ein wenig Sorgen um ihn und hatte schon das Tintenfass griffbereit, um es über ihm ausleeren zu können, falls er wieder in Ohnmacht fiel), blätterte sie es durch, um eine Stelle zu finden, die sie lesen konnte.
»Aber es ist in einer Sprache geschrieben, die ich nicht kann«, sagte sie zu sich selbst.
Und das stand in dem Buch:
Sie grübelte eine Weile darüber, bis ihr endlich die Erleuchtung kam: »Ach, es ist natürlich ein Spiegelbuch! Und wenn ich es vor einen Spiegel halte, sehe ich die Worte richtig herum!«
Dieses Gedicht las Alice:
Der Plapperschreck
Im Wegwärts ist es endlich Grillig, Und das ist nur recht und billig! Schlaktive Spiralwürfe eiern Und feiern!