Alpine Bergtouren Allgäuer & Lechtaler Alpen - Kristian Rath - E-Book

Alpine Bergtouren Allgäuer & Lechtaler Alpen E-Book

Kristian Rath

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Beschreibung

Gipfelüberschreitungen, weglose Wanderungen, Touren am Grat: Die 50 felsigen Gipfelziele im Allgäu und den angrenzenden Gebirgsgruppen lassen Bergsteigerherzen höher schlagen. Sie führen auf Klassiker wie die Trettachspitze oder den Geiselstein, aber auch auf weniger bekannte Gipfel wie die Urbeleskarspitze. Ein inspirierender Tourenführer mit detaillierten Infos zu Routen, Ausrüstung und Anforderungen für erfahrene Bergsportler.

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Nicht ohne Grund bezeichnet man die Grasböden zwischen Wildengundkopf und Trettachspitze als Märchenwiese; Letztere präsentiert sich hier im Abendlicht von ihrer »schwachen« Seite …

Kristian Rath

Alpine Bergtouren

ALLGÄUER &

LECHTALER ALPEN

50 anspruchsvolle Gipfelziele

Inhalt

Vorwort

Vorwort zur 2. Auflage

Einleitung

Allgäuer Alpen

1Trettachspitze (2595 m)

Das »Allgäuer Matterhorn«1700 Hm

2Hochfrottspitze (2649 m)

Einsamer Felsgipfel über dem Heilbronner Weg2000 Hm

3Öfnerspitze (2578 m) und Krottenspitze (2551 m)

Das Schaustück des Oberstdorfer Bergpanoramas1700 Hm

4Krottenkopf (2657 m)

Zum höchsten Gipfel der Allgäuer Alpen1600 Hm

5Marchspitze (2609 m)

Formschöner Dreikant in der Hornbachkette1600 Hm

6Bretterspitze (2608 m)

Versteckte Genusskletterei über den Westgrat1650 Hm

7Urbeleskarspitze (2632 m)

Ein Bergsteiger-Ziel in der Hornbachkette1600 Hm

8Jochspitze (2236 m) und Südliches Höllhorn (2150 m)

Leichte Wandung und ein steiler Felszacken1300 Hm

9Wilder Kasten (2542 m)

Auf der Sonnenseite des Lechtals1200 Hm

10Biberkopf (2599 m)

Fast am südlichsten Punkt Deutschlands1500 Hm

11Hammerspitzen (2259 m)

Allgäuer-Walser Namensverwirrung500 Hm

12Kleiner Widderstein (2236 m)

Im Schatten des »großen Bruders«1100 Hm

13Große und Kleine Gottesackerrunde (2033 m)

Auf Abwegen zu einem Naturwunder aus Stein1300 Hm

14Höfats-Ostgipfel (2258 m)

Auf das Wahrzeichen der Allgäuer Berge1500 Hm

15Rauheck (2384 m) und Kreuzeck (2376 m)

Lange Allgäuer Grasgratüberschreitung2000 Hm

16Großer Wilder (2380 m)

Über den Nordgrat – auch im Sommer lohnend1400 Hm

17Fuchskarspitze (2315 m)

Auf ein »Meisterwerk der Alpenfaltung«1300 Hm

18Wiedemerkopf (2165 m)

Der Hausberg des Prinz-Luitpold-Hauses1100 Hm

19Sattelkopf (2096 m)

Ein verstecktes Kleinod über dem Ostrachtal1050 Hm

20Großer Daumen (2280 m)

Über den Nordwestgrat1500 Hm

21Burgberger Hörnle (1496 m)

Auf Abwegen auf den Grünten600 Hm

22Zinken (1613 m) und Sorgschrofen (1636 m)

Ein politisches Kuriosum und ein leichter Felsgipfel700 Hm

Lechtaler Alpen

23Pimig (2406 m) und Schwarzer Kranz (2494 m)

Überschreitung zweier schöner Lechtaler Grasgipfel1600 Hm

24Fallersteisspitze (2634 m) und Bacherspitzen (2640 m)

Alpine Kleinode im Westen der Lechtaler Alpen1600 Hm

25Vorderseespitze (2889 m)

Fast eine richtige Hochtour1800 Hm

26Holzgauer Wetterspitze (2895 m)

Der Turm der Lechtaler Alpen1800 Hm

27Fallenbacher Spitze (2723 m)

Die »Premium«-Aussicht in den Lechtaler Alpen1700 Hm

28Freispitze (2884 m)

Der Weg der bunten Steine2000 Hm

29Parseierspitze (3036 m)

Der einzige 3000er der Nördlichen Kalkalpen2000 Hm

30Blankahorn (2822 m) und Simeleskopf (2804 m)

Ein Wander- und ein Klettergipfel über Landeck2000 Hm

31Torspitze (2622 m) und Großstein (2632 m)

Vergessene Felsgipfel im Herzen der Lechtaler Alpen1600 Hm

32Große Schafkarspitze (2552 m) und Grüntalspitze (2399 m)

Einsame Felsgipfel überm Roßkarsee1500 Hm

33Leiterspitze (2750 m)

Formschöner Doppelgipfel im Herzen der Lechtaler Alpen1500 Hm

34Bockkarspitze (2608 m)

Wilder Zackengrat über Gramais1400 Hm

35Plattigspitze (2548 m)

Schöne Klettertour über den Ostgrat1250 Hm

36Steinkarspitze (2650 m)

Ein Normalweg, ein Klettersteig und eine Genusskletterei1500 Hm

37Parzinnspitze (2613 m)

Vergessene Genusskletterei am Plattenpfeiler1300 Hm

38Dremelspitze (2733 m)

Der schönste Dreikant in den Nördlichen Kalkalpen?1400 Hm

39Vordere (2562 m) und Hintere Platteinspitze (2723 m)

Gratüberschreitung hoch über Imst1300 Hm

40Heiterwand (2639 m)

Der längste Grat der Lechtaler Alpen2000 Hm

Tannheimer und Ammergauer Berge

41Köllespitze (2238 m)

Auf den höchsten Tannheimer Gipfel1100 Hm

42Gehrenspitze (2163 m)

Alpiner Grat über dem Talkessel von Reutte1300 Hm

43Gimpel (2173 m)

Ein klassischer Klettergrat in den Tannheimer Bergen1050 Hm

44Zwölf-Apostel-Grat – Säuling (2047 m)

Alpine Gratkletterei über König Ludwigs Märchenschloss1300 Hm

45Geiselstein (1879 m)

Das »Ammergauer Matterhorn«1100 Hm

46Gabelschrofen (1989 m) und Krähe (2012 m)

Ein ungleiches Gipfelpaar1100 Hm

Lechquellengebirge und Rätikon

47Braunarlspitze (2649 m)

Auf das Schaustück über dem Hochtannbergpass1400 Hm

48Zitterklapfen (2403 m)

Nordwandfeeling für Normalbergsteiger1700 Hm

49Annalperstecken (2124 m) und Gräshörner (2258 m)

Luftige Blumengrate, wo der Wald zum Gebirge wird1400 Hm

50Zimba (2643 m)

Auf das »Vorarlberger Matterhorn«1500 Hm

Register

Impressum

Das Wahrzeichen der Allgäuer Alpen – die viergipflige Höfats ist ein Blumenparadies par excellence.

Gegensätze, wie sie nicht größer sein könnten – kletterfreundlicher Rhätkalk und grasdurchsetzte Mergelflanken kennzeichnen die Lechtaler Alpen (die Freispitze von Südosten).

DIE ALPINEN TOP-GIPFEL IM ALLGÄU, LECHTAL UND BREGENZERWALD

1Trettachspitze

Das »Allgäuer Matterhorn«

2Höfats

Luftige Grate in Grün

3Krottenkopf

Spannende Kletterei auf den höchsten Allgäuer

4Urbeleskarspitze

Eindrucksvolle Bergtour in der Hornbachkette

5Köllespitze

Luftige Kletterei auf den höchsten Tannheimer

6Zwölf-Apostel-Grat

Anspruchsvolle Grattour über Ludwigs Märchenschloss

7Dremelspitze

Formschöner Dreikant in den Lechtaler Alpen

8Parseierspitze

Auf den einzigen 3000er der Nördlichen Kalkalpen

9Braunarlspitze

Leichter Felsanstieg auf das Schaustück des Bregenzerwalds

10Zitterklapfen

Nordwandfeeling für alpine Normalbergsteiger

PIKTOGRAMME ERLEICHTERN DEN ÜBERBLICK

leicht

mittel

schwer

Ausführliche Erklärung der Schwierigkeitsbewertung siehe Seite 18 ff.

Gehzeit

Höhenunterschied

ZEICHENERKLÄRUNG ZU DEN TOURENKARTEN

Autobahn

Bundesstraße

Hauptstraße

Nebenstraße

Fahrweg

Weg

Wandertour mit Laufrichtung

Tourenvariante

Ausgangs-/Endpunkt der Tour

Wegpunkt

Bahnlinie mit Bahnhof

S-Bahnhaltestelle

Seilbahn

Bushaltestelle

Parkplatz

Hafen

Höhenlinien

Berggipfel

Landesgrenze

Randhinweis

Deutschland

Österreich

Schweiz

Italien

Kirche/Kloster

Burg/Schloss

Burg/Schloss Ruine

Museum

Aussichtspunkt

Aussichtsplattform

Sehenswürdigkeit

Spielplatz

Kinderwagen geeignet

Einkehrmöglichkeit

Rastplatz

Toilette

Feuerstelle

Camping

Hütte

Denkmal

Information

Bademöglichkeit

Reitanlage

Höhle/Grotte

Maßstabsleiste(1:100 000)

Unterwegs am Zimba-Ostgrat (Tour 50), im Hintergrund das Lechquellengebirge

Allgäu – alpin …

Warum diesers Buch? Als im Frühjahr 2012 der Bruckmann Verlag bei mir anfragte, ob ich einen Führer über alpine Bergtouren im Allgäu und den angrenzenden Gebieten zusammenstellen könnte, sagte ich spontan zu. Bergtouren, die die Brücke zwischen dem reinen Wandern und dem Felsklettern darstellen, sind nämlich meine bevorzugte Spielart des Bergsteigens im Sommer.

Durch die zunehmende Spezialisierung des Bergsports sind alpine Bergtouren etwas aus der Mode gekommen; das Gros der Bergfreunde bevorzugt die markierten Pfade, die gut gesicherten Sportklettersteige oder im Fels gar das »wohltemperierte« Plaisirklettern. So ist manche Alpinroute, so mancher schöne Grat in Vergessenheit geraten, mancher nicht markierte Pfad wächst zu, weil niemand mehr seinen Fuß dort hinsetzt.

Möge dieses Buch all jenen Bergsteigern als Ideengeber und als Orientierungshilfe dienen, die das Gespür für die ursprüngliche Bergnatur und das alpine Gelände nicht verloren haben und die genau diese alte, klassische Spielart des Alpinismus lieben und schätzen.

Von Mai bis November 2012 zog ich immer wieder an den Wochenenden und nach Feierabend los, um die mir zwar bekannten, aber in der Erinnerung zum Teil schon verblassten Touren in meinen Heimatbergen für dieses Buch zu wiederholen und eine sinnvolle Auswahl der 45 schönsten alpinen Touren im Allgäu und den angrenzenden Gebirgen zusammenzustellen. In diesen Monaten entdeckte ich meine Heimatberge neu, fand neue Abenteuer und tiefe Erlebnisse.

Ich wünsche allen Bergsteigern mit diesem Buch die gleiche Freude und ähnliche Erlebnisse, wie ich sie immer wieder in meinen Heimatbergen finde – und vor allem: Kommt stets wieder gesund zurück ins Tal!

Bad Hindelang, an einem regnerischen Wintertag im Januar 2013

Kristian Rath

Kletterei an der Fuchskarspitze (Tour 17)

Vorwort zur 2. Auflage

Zehn Jahre sind seit der Idee zu diesem Werk inzwischen vergangen. Nachdem die im Jahr 2013 erschienene 1. Auflage ausverkauft war, haben sich Verlag und Autor zu einer überarbeiteten und erweiterten Neuauflage entschieden.

Die zeitweise geäußerte Befürchtung, dass es mit der Veröffentlichung wenig bekannter Touren zu einem Massenandrang kommen könnte, hat sich nicht bestätigt. Zum einen, da die in diesem Band vorgestellten Touren lange zuvor bereits anderweitig veröffentlicht wurden, zum anderen, weil die Zielgruppe dieses Bandes doch zahlenmäßig recht überschaubar ist.

Manches hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Der eine oder andere Steig ist mehr und mehr zugewachsen, Markierungen sind verblasst, andere Routen wurden nacherschlossen, markiert oder mit neuen Sicherungen versehen. Solche Änderungen wurden nun berücksichtigt.

Die 2. Auflage ist zudem um fünf Tourenvorschläge erweitert worden. Deren Auswahl fiel dem Autor nicht leicht. Einerseits sollten sie der Zielsetzung dieses Bandes entsprechen und eben nicht tausendfach beschriebene Gipfel enthalten, anderseits sollte auch nicht der letzte alpine Geheimtipp veröffentlicht werden.

Sämtliche Touren dieses Bandes wurden zusätzlich zur klettertechnischen Schwierigkeit nach der UIAA-Skala außerdem nach der SAC-Wanderskala bewertet, welche gerade im Schrofengelände oft viel aussagekräftiger ist.

Schließlich verbleibt es mir noch, allen Lesern viel Freude, sonnige Bergtage und eine gesunde Heimkehr zu wünschen.

Bad Hindelang im April 2022

Kristian Rath

Einleitung

»Back to the roots«

Zurück zu den Ursprüngen des Bergsteigens, als die Gipfel noch unerforscht waren, als es weder Hütten noch markierte Wege gab. Zurück zu den Anfängen des Bergsteigens, als Pioniere wie Hermann von Barth die Nördlichen Kalkalpen erforschten und die großen Gipfel erstiegen. Die Zeit lässt sich (leider) nicht zurückdrehen – wir leben im 21. Jahrhundert, und das Bergsteigen hat sich zu einer Massenbewegung entwickelt. Entsprechend der Ansprüche der »Naturnutzer« sind die Berge nivelliert worden: Es gibt leicht verdauliche Sportklettersteige, gut ausgebaute und markierte Pfade, bestens abgesicherte Plaisirklettereien.

Wer solche Touren sucht, für den ist dieses Büchlein nicht gedacht – hier werden vielmehr Bergsteiger im klassischen Wortsinn angesprochen: Individualisten, die sich ihre Route selbst suchen wollen, die Einsamkeit in den Bergen erleben wollen. Die hier vorgestellten 45 Touren aus den Allgäuer Alpen und den angrenzenden Gebirgsgruppen verlangen Pfadfindergeist, die Fähigkeit, Karte und Gelände zu »lesen«, die Route eigenständig im ursprünglichen Gebirge zu finden. Solche Unternehmungen belohnen mit einem lange Zeit nachklingenden Erlebnis – im Gegensatz zu Touren, die man gemeinsam mit vielen anderen Bergsteigern gleichsam wie in einer Herde entlang von Farbmarkierungen oder Drahtseilen unternimmt.

Die Auswahl der Touren ist auf den erfahrenen Bergsteiger abgestimmt. Bewusst wurde auf Modetouren, wie etwa den weithin bekannten Heilbronner Weg, verzichtet. Ebenso fanden besonders heikle, brüchige oder ökologisch sensible Touren keinen Eingang in diesen Führer. Der Schwerpunkt dieses Buches liegt auf klassischen Bergsteigerzielen bis zum III. Schwierigkeitsgrad. Dabei werden sowohl mit Wegen erschlossene Gipfel beschrieben als auch solche ohne Pfade oder Wege, die von ihren Gesamtanforderungen her deutlich höher liegen als die touristisch erschlossenen Berge.

Typisch Allgäu – ein mit Gras überzogenes Felsriff aus Aptychenkalk wie hier der Mittelgipfel der Höfats

Die geologische Vielfalt prägt das Landschaftsbild der Allgäuer Berge; im Vordergrund der Schrattenkalk am Belser, in der Mitte sanft geformte, grüne Flyschberge wie das Fellhorn, und im Hintergrund die öde Felswildnis des Allgäuer Hauptkamms aus Hauptdolomit

Eine nicht unerhebliche Zahl der Touren führt durch steiles und wegloses Schrofengelände. Dies weist zwar kaum klettertechnische Schwierigkeiten auf, stellt jedoch große Anforderungen an Trittsicherheit und Orientierungsvermögen und verlangt die Fähigkeit, »das Gelände zu lesen«, um die optimale Route zu finden.

Die Allgäuer und die Lechtaler Alpen

Überlaufen und gleichzeitig einsam-vergessen – so könnte man aus Sicht des Bergsteigers die Allgäuer Alpen charakterisieren. Überlaufen, das sind einige verkehrsgünstig gelegene Gipfel in den Vorbergen sowie in der Hauptsaison die mit Wegen erschlossenen Gipfel im Allgäuer Hauptkamm. Einsam-vergessen hingegen sind die zahlreichen weglosen Berge in den Allgäuer Hochalpen. Manche werden auf Grund des berüchtigten Allgäuer Steilgrases oder des brüchigen Gesteins gemieden, viele andere stellen lohnende Ziele für den erfahrenen Bergsteiger dar.

Die Allgäuer Alpen bieten dem Bergsteiger eine ungeheuere Vielfalt an Tourenmöglichkeiten. Diese reichen von der kurzen Voralpentour bis hin zum Steilgrasabenteuer im Allgäuer Hauptkamm. Es ist die geologische Vielfalt, die das Landschaftsbild der Allgäuer Alpen bestimmt. Sanfte, grüne Wald- und Wiesenhügel – das sind die Flyschberge der Hörnergruppe in den Vorbergen. Öde, schroffe Felswildnis – das sind die aus Hauptdolomit aufgebauten Berge des Allgäuer Hauptkammes, wie Trettachspitze, Krottenkopf, Fuchskarspitze, Biberkopf oder Hochvogel. Dazwischen stehen die für das Allgäu typischen Steilgrasberge, wie Höfats, Schneck und Himmelhorn. Aufgebaut sind sie aus harten Aptychenkalken. Diese sind hart genug, um kühne Bergformen zu bilden, und doch nährstoffreich und fruchtbar, um sich mit einem dichten Mantel aus Gras zu umhüllen, der eine einzigartige Flora beheimatet.

Von Norden gesehen ragen hinter dem Allgäuer Hauptkamm markante Spitzen und Hörner auf. Dies sind die Gipfel der Lechtaler Alpen – im Charakter ähnlich den Allgäuern, doch größer, höher und wilder und geologisch noch vielfältiger. In dieser Gebirgsgruppe liegt der zweite Schwerpunkt unseres Führers. Der westlich benachbarte Bregenzerwald gleicht zusammen mit dem Lechquellengebirge in seiner Geomorphologie dem Allgäu: Grüne, voralpine Hügel gehen in ein beeindruckendes Felsgebirge über; auch aus diesen Bergen werden einige alpine Leckerbissen vorgestellt.

Östlich der Allgäuer Alpen erheben sich die Ammergauer Berge. Unvermittelt steil ragen sie über der Ostallgäuer Seenlandschaft auf. Dichte, von Latschengürteln gekrönte Wälder wuchern um schroffe Felsgipfel aus grauem Hauptdolomit oder hellem Wettersteinkalk. Verkehrstechnisch leicht erreichbar und somit gut besucht – so präsentiert sich diese Berggruppe; doch auch hier finden sich einige alpine Ziele für den alpinen Individualisten.

Alpine Gefahren

»Ein Berg, von dem man nicht mehr herunterfallen kann, ist kein Berg mehr.« So charakterisierte Reinhold Messner einmal das Hochgebirge. Ein Großteil der in diesem Buch vorgestellten Touren führen uns in ebendieses unberührte, naturbelassene Hochgebirge. Das heißt aber auch, dass wir uns in erhöhtem Maße der alpinen Gefahren bewusst sein müssen. Man muss sich mit diesen Gefahren auseinandersetzen, sein Können dem Berg und den aktuellen Verhältnissen anpassen.

Zu den technischen Schwierigkeiten kommt im ursprünglichen Gebirge die schwierige Orientierung hinzu, vor allem bei schlechter Sicht. Das heißt, dass bei einem kleinen Abweichen von der idealen Routenführung aus einem IIer rasch ein IIIer werden kann – wehe dem, der hier nicht über klettertechnische Reserven verfügt! Da kann ein kleiner Verhauer rasch einen gefährlichen Rückzug verursachen.

»Wen die Berge lieben, den behalten sie« – ein »Bildstöckle« am Schneck mahnt, die Gefahren der wenig erschlossenen Berge ernst zu nehmen.

Auch wenn in diesem Buch keine haarsträubend brüchigen Touren beschrieben werden, so muss man sich dennoch darüber im Klaren sein, dass der Fels im naturbelassenen Gelände häufig oberflächlich verwittert ist und und auf Bändern loses Geröll herumliegen kann; das bedeutet eine nicht unerhebliche Steinschlaggefahr.

Den einheimischen Kennern vorbehalten, die die Eigenheiten »ihrer« Berge einzuschätzen wissen: abendliche Gratkletterei an der Höfats

Eine Besonderheit der Allgäuer und der Lechtaler Alpen stellt das Steilgras dar. Ähnlich wie bei einer Hochtour im Eis ist im Steilgras den aktuellen Verhältnissen besonderes Augenmerk zu widmen. Etwa von Ende Juni bis Mitte September, wenn das Gras gut im Saft steht, bietet es guten Halt; im Herbst wird es dann glatt und spröde. Bei Nässe (Nebel oder Regen) verwandeln sich die Steilgrashänge rasch in gefährliche Rutschbahnen. Bei Trockenheit dagegen ist der Boden sandig, und rasch hat man einen als Griff benutzten Grasbüschel in der Hand. Die besten Bedingungen für die Besteigung von Steilgrasbergen sind meist im Hochsommer zwei bis sieben Tage nach dem letzten Regen zu erwarten. Ein Wettersturz oder gar Neuschnee erhöhen die Schwierigkeiten an einem steilen Grasberg weit mehr, als dies im reinen Felsgelände der Fall ist. Allerdings sei gesagt, dass sich die steilgrastypischen Gefahren und Besonderheiten bei den in diesem Buch vorgestellten Touren in Grenzen halten.

Im steilen Gras- und Schrofengelände bewegt sich der Bergsteiger häufig im potenziellen Absturzgelände. Deshalb erfordern die meisten Touren, die in diesem Buch vorgestellt werden, ein ausgeprägtes Risiko-Management, das das persönliche Können und die Gegebenheiten am Berg berücksichtigt. Dabei sollte man sich im Vorfeld immer wieder mit folgenden Fragen auseinandersetzen:

Entspricht mein Können den Anforderungen der geplanten Tour?

Wie ist meine aktuelle körperliche Verfassung?

Wie sind die Wetteraussichten?

Wie sind die aktuellen Verhältnisse am Berg (Nässe, Altschnee, Neuschnee)?

Wer ist mein/e Partner/in? Ist er/sie der Tour gewachsen?

Welche klettertechnischen und zeitlichen Reserven muss ich einplanen?

Natur und Umwelt

Sobald wir den besiedelten Bereich unserer Berglandschaft verlassen, betreten wir die Natur, den Lebensraum von Tieren und Pflanzen. Hier sind wir Gast und müssen uns wie ein Gast verhalten. Im § 22 Abs. 1 des Bay. Naturschutzgesetzes heißt es: »Alle Teile der freien Natur, insbesondere Wald, Bergweide, Fels, Ödungen, Brachflächen, Auen, Uferstreifen und landwirtschaftlich genutzte Flächen, können von jedermann unentgeltlich betreten werden, d. h. ohne behördliche Gestattung und ohne Zustimmung des Grundeigentümers.« Auch in Österreich darf jeder gemäß Forstgesetz § 33 Wald und Ödland abseits der gebahnten Wege zu Erholungszwecken betreten.

Steinböcke kann man in den Allgäuer und Lechtaler Alpen wieder häufig beobachten – sie zeigen keine Scheu, da sie nicht bejagt werden.

Diese Gesetzgebung gibt uns jedoch nicht das Recht, uns gedankenlos und egoistisch im Gebirge zu verhalten – vor allem dann nicht, wenn wir uns abseits der markierten Wege im freien Gelände bewegen. Bei der Tourenauswahl in diesem Buch wurde darauf geachtet und auf ökologisch besonders sensible Routen verzichtet. Stets sollten wir uns vor Augen halten, dass wir nur als Gast in der Bergnatur unterwegs sind.

»Schwarze Wege« Einige im Buch vorgestellte Routen verlaufen auf Wegen, die in den aktuellen Karten nur als schwarz gestrichelte Linien eingezeichnet sind. Diese Wege wurden früher zu landwirtschaftlichen oder Jagdzwecken angelegt. Viele werden aus unterschiedlichsten Gründen – Kosten, Mangel an verantwortlichen Personen oder Jagdinteressen – nicht mehr gepflegt. Diese nicht markierten und unbeschilderten Wege zählen zum kulturellen Erbe unserer Heimat, und es gilt, sie zu erhalten. Um den Beginn dieser Wege zu finden, ist oft sorgfältiges Kartenstudium erforderlich, um ein Herumsuchen im Wald zu vermeiden, das weder der Natur noch dem Bergsteiger dienlich ist.

Umweltschonend anreisen Falls möglich, sollte man mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen. Bei einigen Touren ist dies problemlos und ohne Zeitverlust realisierbar. In manche für den öffentlichen Kfz-Verkehr gesperrte Täler, wie das Hintersteiner Tal, die Spielmannsau, Madau und das Halblechtal, gibt es spezielle Buslinien für Bergsteiger. Bei der Anreise mit dem Auto sollte die Fahrstrecke in einem angemessenen Verhältnis zu der geplanten Tour stehen. Besser mehrtägige Aufenthalte als Tagestouren planen; bei zahlreichen Touren in diesem Buch finden sich Hinweise zu Anschlusstouren für ein verlängertes Wochenende.

Ausrüstung

Was man auf eine Bergtour mitnimmt, liegt grundsätzlich im Entscheidungsbereich jedes Einzelnen. »So viel wie nötig und so wenig wie möglich«, mag grundsätzlich als Devise für die Zusammenstellung der Ausrüstung gelten. Für leichte Felstouren und auch für Wanderungen haben sich sogenannte Zustiegschuhe durchgesetzt; dabei handelt es sich um stabile Halbschuhe mit Profilsohle, die bei trockenen Verhältnissen im felsigen Gelände guten Halt bieten. Ein großer Teil der in diesem Buch vorgestellten Touren führt jedoch in steiles, grasiges Schrofengelände. Hier empfehlen wir nach wie vor steigeisenfeste Bergschuhe mit Profilgummisohle. Ein Helm ist bei den meisten Touren im unberührten Hochgebirge sinnvoll. Gerade im schrofigen Gelände liegt jede Menge Geröll, das, ausgelöst durch Tiere oder vorauskletternde Bergsteiger, eine stete Steinschlaggefahr bedeuten kann; unter dem Stichpunkt »Ausrüstung« findet man bei den einzelnen Touren den Hinweis, ob feste Bergstiefel und/oder ein Helm sinnvoll erscheinen.

Gratkletterei an der Fuchskarspitze (Tour 17) – hier sollte die komplette Kletterausrüstung dabei sein.

Des Weiteren sollten auf Bergtour folgende Gegenstände im Rucksack sein:

• Wetterschutzkleidung (je nach Jahreszeit und Wetterprognose)

• Handschuhe

• Erste-Hilfe-Set

• Karte/Führer

• Handy

• Proviant/Getränke

• Stirnlampe

Mountainbike Bei vielen Touren in den Allgäuer und Lechtaler Alpen kann man mit dem Mountainbike die Zustiege auf den für den öffentlichen Kfz-Verkehr gesperrten Alp- und Forststraßen deutlich abkürzen. Die Mitnahme eines solchen wird jedoch leider in vielen Bussen verweigert; bei Anreise mit der Bahn ist dies meist möglich.

Mit oder ohne Seil? Oft ist diese Frage nicht einfach zu beantworten. Ein erfahrener Bergsteiger wird Touren bis zum II. Grad in der Regel seilfrei begehen. Routine und Erfahrung lassen ihn auch kurze IIIer-Stellen seilfrei überwinden. Bei längeren Passagen im III. Grad wünscht sich in der Regel auch der Routinier eine zuverlässige Seilsicherung. Die Grenze, ab der man in einer Seilschaft klettert, ist individuell verschieden und hängt neben der Schwierigkeit von zahlreichen individuellen Faktoren (Risikobereitschaft, persönliches Können) ab.

Bei Touren, die den II. Grad erfordern, werden in diesem Buch Hinweise gegeben, ob es möglich ist, zuverlässige Sicherungen anzubringen bzw. einen schwächeren Partner über eine heikle Passage zu sichern. Ebenso gibt es Hinweise dazu, ob die Tour üblicherweise mit oder ohne Seil begangen wird, was jedoch nicht heißen soll, dass dieses »üblich« zwingend ist.

Nicht nur an der Höfats gibt es Steilgras; auch andere Allgäuer und Lechtaler Gipfel formen sich zu grün ummantelten Hörnern, an denen jede Menge botanische Seltenheiten zu finden sind.

Wird eine Tour in Seilschaft geklettert, so ist in der Regel eine komplette Kletterausrüstung erforderlich; sie besteht aus

• 50-Meter-Einfachseil

• Helm

• 2 Schraubkarabinern, 5–7 Expressschlingen

• einigen Bandschlingen unterschiedlicher Länge

• Sicherungs- und Abseilgerät

• Klettergurt, Helm

• mobilen Klemmgeräten (Klemmkeile und Friends)

• Kletterschuhen

Bei einigen wenigen der vorgestellten Touren sollten Hammer und Haken zur Standplatzverbesserung und für den Notfall mitgeführt werden; die Hinweise dazu finden sich in der jeweiligen Beschreibung.

In vielen Fällen genügt auch eine reduzierte Kletterausrüstung, etwa um einen schwächeren Partner nachzusichern oder um eine nur kurze Schlüsselstelle gesichert zu überwinden. Diese reduzierte Kletterausrüstung besteht aus

• einem Strang eines Halbseiles (ergibt 25 Meter Vorstiegslänge und 25 Meter Abseilstrecke)

• Klettergurt

• Schraubkarabinern, 2–3 Expressschlingen

• Helm

• einigen Bandschlingen

Zum Schluss eine Bemerkung: Es versteht sich von selbst, dass beim Klettern in Seilschaft die Sicherungstechniken (Selbst- und Gefährtensicherung, Anbringen von Zwischensicherungen, Standplatzbau) perfekt beherrscht werden!

Zur Schwierigkeitsbewertung

Bei den in diesem Buch vorgestellten Touren wird unterschieden zwischen Bergtouren und Kletterrouten; bei ersteren überwiegen wegloses Gelände (manchmal auch mit Pfadspuren) und Schrofen mit einigen Kletterstellen, bei letzteren überwiegt die Felskletterei mit (mehr oder weniger langen) eingestreuten Gehstrecken. Beide Kategorien werden mit jeweils drei Farben (blau, rot und schwarz) in leicht, mittel und schwierig bewertet. Diese Bewertung stellt eine Gesamtbewertung dar, in die sowohl die technischen Schwierigkeiten als auch Länge, Felsqualität, Ernsthaftigkeit und Ausgesetztheit eingehen. Dabei ist zu beachten, dass sich diese Bewertung ausschließlich auf die Tourenauswahl dieses Führers bezieht, d. h. die leichteste Tour in diesem Band ist blau, die schwierigste ist schwarz – was nicht bedeutet, dass in einem anderen Führer die leichteste Tour aus diesem Buch vielleicht als mittel oder gar schwierig bezeichnet wird.

Markant und formschön – der Geiselstein in den Ammergauer Bergen (Tour 45)

Bergwanderung auf markierten oder einfach zu findenden, nicht markierten Wegen; kaum Absturzgefahr, übersichtliches Gelände, einfache OrientierungBeispiel: Kreuzeck-Raueck-Überschreitung (Tour 15)

Bergtouren in teilweise anspruchsvollem Gehgelände mit potenzieller Absturzgefahr, längere exponierte Passagen, häufig wegloses Gelände mit unkomplizierter Orientierung, mit Stellen bis zum II. Grad der UIAA-SkalaBeispiel: Urbleskarspitze (Tour 7)

Bergtouren mit längeren Passagen im extremen Gehgelände mit potenzieller Absturzgefahr und schwieriger Orientierung, erhöhte Anforderungen an die Trittsicherheit im weglosen Gelände, immer wieder Felspassagen im II. GradBeispiel: Freispitze-Überschreitung (Tour 28)

Eine einfache, kurze Klettertour, die Routenführung ist eindeutig und übersichtlich, ein Rückzug ist meist problemlos möglich, die Orientierung ist einfach, Sicherungen sind meist vorhanden oder einfach anzubringen, kaum objektive Gefahren (brüchiger Fels etc.); ideal, um den Schritt vom Bergsteigen zum alpinen Klettern zu wagenBeispiel: Burgberger Hörnle (Tour 21)

Längere alpine und exponierte Kletterei, vielfach II., mit Stellen im III. Grad, nicht immer perfekt abzusichern, oft ohne fixe Sicherungen (Haken, Bohrhaken), Stand- und Zwischensicherungen nicht immer vorhanden, manchmal schwierige OrientierungBeispiel: Trettachspitze-Überschreitung (Tour 1)

Schwierige Felskletterei mit zahlreichen Seillängen im III. und einigen Stellen im IV. Schwierigkeitsgrad; auch erfahrene Bergsteiger klettern hier in der Regel mit Seilsicherung, Kletterschuhe sind vorteilhaft; die Beherrschung von Seil- und Sicherungstechnik wird vorausgesetztBeispiel: Zimba-Ostgrat (Tour 50)

Die reinen Kletterschwierigkeiten (ohne Berücksichtigung der Felsqualität, der Ernsthaftigkeit und der Absicherung) werden mit der UIAA-Skala bewertet:

I

geringe Schwierigkeiten; einfachste Form der Felskletterei (jedoch kein Gehgelände!). Die Hände sind zur Unterstützung des Gleichgewichts erforderlich. Anfänger müssen am Seil gesichert werden. Schwindelfreiheit ist bereits erforderlich.

II

mäßige Schwierigkeiten; hier beginnt die Kletterei, welche die Drei-Punkt-Haltung erforderlich macht, meist wird noch ohne Seilsicherung geklettert.

III

mittlere Schwierigkeiten; Zwischensicherungen an exponierten Stellen empfehlenswert. Senkrechte Stellen verlangen bereits Kraftaufwand. Geübte und erfahrene Kletterer können Passagen dieser Schwierigkeit noch ohne Seilsicherung klettern.

IV

große Schwierigkeiten; hier beginnt die Kletterei schärferer Richtung. Erhebliche Klettererfahrung notwendig. Längere Kletterstellen bedürfen meist mehrerer Zwischensicherungen. Auch geübte und erfahrene Kletterer bewältigen Passagen dieser Schwierigkeit gewöhnlich nicht mehr ohne Seilsicherung.

Mit zwei Stellen im IV. Grad ist der Ostgrat der Zimba im Rätikon die schwierigste unter den in diesem Buch vorgestellten Touren.

Da die höheren Schwierigkeitsgrade (V, VI etc.) in diesem Band nicht vorkommen, verzichten wir auf eine Definition derselben.

Ein Wort zum Schluss

Die Zeiten der Pioniere des Alpinismus sind längst vorbei und die Berge sind erschlossen – bis in den letzten Winkel? Nein, Gott sei Dank noch nicht – besonders nicht in manchen Ecken der Allgäuer und der Lechtaler Alpen. Dorthin will dieser Führer all diejenigen ent-führen, die bereit sind, Mühen auf sich zu nehmen und ein gewisses Risiko einzugehen, um das große Erlebnis des Bergsteigens in einsamen, wilden Bergen zu finden. Allen Benutzern dieses Führers sei nochmals in Erinnerung gerufen: »Eine Bergtour ist nicht am Gipfel, sondern erst im Tal zu Ende!« Auch dazu soll dieser Führer dienen – dass jeder wieder zurück ins Tal findet, mit einem Rucksack voll tiefer Erlebnisse …

Allgäuer Alpen

Einödsbach, die südlichste Siedlung Deutschlands, mit Trettachspitze, Mädelegabel, Hochfrottspitze und den beiden Bergen der guten Hoffnung (von links nach rechts)

1Trettachspitze (2595 m)

Das »Allgäuer Matterhorn«

»Ein kühner Felszahn aus Hauptdolomit« – so beschreibt der Alpenvereinsführer die Trettachspitze, eines der beliebtesten Kletterziele in den Allgäuer Alpen. Der einstmals brüchige Hauptdolomit ist durch zahlreiche Begehungen sauber ausgeputzt, jedoch immer noch rau und griffig. Die Kletterei besticht durch kühne Exposition und grandiose landschaftliche Eindrücke – die Überschreitung der Trettachspitze ist auf alle Fälle ein MUSS für jeden kletternden Allgäu-Besucher.

Schwierigkeit/Charakter

T3–4, am Nordostgrat anhaltend II–III, am Nordwestgrat eine kurze Stelle II–III, sonst II. Klassische Überschreitung eines überaus formschönen Gipfels. In der Abstiegsroute befinden sich einige Bohrhaken (nicht immer leicht zu finden).

Ausrüstung

Falls in Seilschaft gegangen wird, normale Kletterausrüstung, 50-Meter-Seil, einige Bandschlingen

Ausgangs-/Endpunkt

Oberstdorf, Parkplatz »Faistenoy« bei der Fellhornbahn (903 m)

Anreise

Mit dem Pkw nach Oberstdorf und weiter zum Parkplatz bei der Fellhornbahn. Mit der Bahn nach Oberstdorf und mit dem Bus an der Fellhornbahn vorbei bis Birgsau; Fahrpläne www.oberallgaeu.org

Höchster Punkt

Trettachspitze (2595 m)

Gehzeiten

Fellhornbahn–Einödsbach 1 Std., Einödsbach–Waltenbergerhaus 2.30 Std., Waltenbergerhaus–Einstieg 1 Std., Einstieg–Gipfel 1.30 Std., Gipfel–Märchenwiese 1–2 Std., Märchenwiese–Einödsbach 1.30 Std., Einödsbach–Fellhornbahn 1 Std.

Aufstieg/Abstieg

1700 Hm

Beste Jahreszeit

Anfang Juli–Oktober

Karte

Bayerisches Landesvermessungsamt, 1:50 000, Blatt UKL 8 »Allgäuer Alpen«

Hütten/Einkehr

Waltenbergerhaus (2084 m, DAV Sektion Allgäu-Immenstadt), www.dav-allgaeu-immenstadt.de/waltenberger-haus.html

Einödsbach mit seiner Kapelle und den sonnenverbrannten Holzhäusern mit der Kulisse von Trettachspitze, Mädelegabel und Hochfrottspitze ist das Postkartenmotiv Nummer eins der Allgäuer Alpen: kitschig schön anzuschauen und tausendfach fotografiert. Wir allerdings lassen die Touristenströme der Oberstdorfer Täler bald hinter uns, um in das alpine Herz der Allgäuer Alpen vorzudringen. Zwar werden die Trettachspitze und der dazugehörige Stützpunkt, das Waltenbergerhaus, regelmäßig besucht, jedoch unterscheidet sich der Andrang hier wohltuend vom Massenbetrieb etwa am Heilbronner Weg. Neben einer Reihe von extremen Routen bietet die Trettachspitze mit der Überschreitung auch dem Genusskletterer ein lohnendes Unternehmen. Der Fels auf dieser Route ist für Allgäuer Verhältnisse als ausgesprochen fest zu bezeichnen. Als einer der wenigen schwierigen Allgäuer Gipfel wurde die Trettachspitze von Einheimischen erstbestiegen, was damals, 1865 – im gleichen Jahr als, das Matterhorn erstbestiegen wurde und als der Berg noch als unersteigbar galt –, großes Aufsehen erregte. Den Überhang, der sich im oberen Teil des Nordostgrates in den Weg stellt, umgingen die Erstbesteiger mittels einer heiklen Querung durch die Nordwand. Erst Jahre später entdeckte Dr. Karl Blodig die heute übliche Umgehung in der Ostwand.

»Ein kühner Felszahn aus Hauptdolomit« – die Trettachspitze von der Mädelegabel aus gesehen

Unvermittelt ragt das »Matterhorn des Allgäus« aus Grashängen empor – kein Wunder, dass der schroffe Gipfel einst als unersteiglich galt.

Nach Einödsbach Vom Parkplatz an der Fellhornbahn in einer Stunde oder von der Birgsau in einer halben Stunde auf einer für den öffentlichen Kfz-Verkehr gesperrten Straße nach Einödsbach.

Aufstieg zum Waltenbergerhaus Kurz hinter Einödsbach wird es alpin. Stets auf der in Aufstiegsrichtung linken Talseite steigen wir über dem meist ganzjährig schneegefüllten Bacher Loch in Richtung Waltenbergerhaus auf. Wasserfälle, Grünerlen-Gebüsch und die für das Allgäu typischen, blumengeschmückten Grashänge begleiten unseren Weg; in ca. 1700 Metern Höhe überwinden wir eine solche Graswand mit Hilfe des in den Felsen gesprengten Weges. Anschließend folgen noch ein paar Kehren bis zum nun gut sichtbaren Waltenbergerhaus.

Auch von Nordwesten zeigt sich die Trettachspitze als unnahbarer Gipfel; über den Nordwestgrat (links) verläuft der Abstiegsweg.

Zur Märchenwiese und zum Einstieg Vom Waltenbergerhaus auf einem Steig nach Norden durch das Mädelekar empor bis zu der zwischen Wildengundkopf und Trettach gelegenen Märchenwiese. Durch den nördlich unter der Trettachspitze gelegenen Geröllkessel (oft bis in den Sommer Firn) empor zum Beginn des Nordostgrates.

Mit dem Bike nach Einödsbach

Mit einem Mountainbike kann man den Zustieg nach Einödsbach und vor allem den Rückweg angenehm verkürzen. In Oberstdorf besteht die Möglichkeit, Mountainbikes und E-Bikes auszuleihen. Wegen der Länge der Tour lohnt sich eine Übernachtung auf dem Waltenbergerhaus; in diesem Fall bietet es sich an, am Tag zuvor die Hochfrottspitze (Tour 2) zu überschreiten.

Nordostgrat zum Gipfel Über gutgriffige, steile Platten entlang der Wasserrinne, die vom Geröll- oder Schneefleck knapp unter der Gratschneide herabkommt, empor zum Schneefleck und weiter zum eigentlichen Grat. In schöner, luftiger Kletterei entlang der Gratschneide, bis sie ungangbar wird. Nach links in einen Geröllkessel, dem nach seinem Erstbegeher benannten »Blodigkessel«, und durch die linke von zwei Verschneidungen zum Gipfelgrat und zum höchsten Punkt.

Abstieg zur Märchenwiese Über den zunächst leichten Nordwestgrat hinab. Immer steiler dem Grat folgen, bis man ausgesetzt durch eine Rinne (II–III) auf ein plattiges Band abklettern kann (oder 1x20 m abseilen). Nun über abschüssige