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Die erotische Neu-Camelot-MMF-Trilogie der USA TODAY Bestseller-Autorin Sierra Simone Eine BDSM-Romance, Ménage-à-trois-Saga in drei Teilen. Band 3 – Ash Man sagt, dass jeder tragische Held fehlerhaft sei, insgeheim eine Sünde mit sich trägt. Dass ihm von Geburt an ein Stolperstein in der Zukunft prophezeit sei. Und hier stehe ich jetzt. Meine Sünden sind nicht länger ein Geheimnis. Die Fehler, die ich begangen habe, waren mehr als fatal. Und noch nie stand ich näher an der Schwelle zu einer Tragödie als jetzt. Ich bin ein Mann der liebt und dessen Liebe sehr viel von anderen abverlangt. Ich bin ein König, der naiv genug war zu glauben, dass er in der Lage wäre, ein Königreich auf den Gebeinen der Vergangenheit aufbauen zu können. Ich bin ein Ehemann und ein Geliebter. Ein Soldat, ein Vater und ein Präsident. Und ich werde es überleben. Lang lebe der König.
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Seitenzahl: 736
Neu Camelot Trilogie 3
Sierra Simone
© 2019 Sieben Verlag, 64823 Groß-Umstadt
© Umschlaggestaltung Andrea Gunschera
Aus dem Englischen übersetzt von Corinna Bürkner
Originalausgabe © Sierra Simone 2017
ISBN Taschenbuch: 9783864438578
ISBN eBook-mobi: 9783864438585
ISBN eBook-epub: 9783864438592
www.sieben-verlag.de
Für Laurelin Paige, Melanie Harlow und Kayli McGee. Uns wirdimmer der See bleiben.
Prolog
Teil 1 Das Schwert
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Teil 2 Die Krone
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Epilog
Nachwort
Die Autorin
Ein Seil aus drei Schnüren reißt nicht so schnell– Kohelet 4,9-12
Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war.
Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin. –1. Korinther 13
Alten Mythen und Legenden liegt stets ein gewisser Fatalismus zugrunde, den ich immer genossen habe. Die Vorstellung, dass unsere Wege vorherbestimmt sind, von einer äußeren Macht, von Gott, dem Universum oder dem Schicksal oder von einer Mischung aus all dem. Dass von dem Augenblick an, in dem ich den ersten Atemzug nahm, der Tag und die Uhrzeit meines letzten Atemzugs bereits in die mir bestimmte Existenz eingezeichnet war. Ich weiß nicht, warum mich diese Vorstellung so fasziniert, aber das tut sie. Ich vermute, sie spricht einem eine Bedeutung zu. Und etwas zu bedeuten ist in erster Linie das, wonach ich strebe.
Ich möchte mir sicher sein, dass das hier nicht umsonst ist.
Ich möchte mir sicher sein, dass mein Leben nicht umsonst gewesen ist.
Immer und immer wieder habe ich diesen Traum von einem See. Spiegelglatt liegt er da, glasklar, und Nebel wabert über die Oberfläche. Am gegenüberliegenden Ufer befindet sich ein besserer Ort.
Meine Greer ist dort. Meine Mutter und Morgan. Und seltsamerweise auch Embrys Mutter, Vivienne. Sie weinen um mich. So, wie sie um einen Toten weinen würden, und der Bug des Bootes schneidet wie ein Messer durch das Wasser. Zügig und geschmeidig.
Dort, auf der anderen Seite des Wassers, befindet sich ein besserer Ort. Es ist nicht einfach, den Tag zu kennen. Ihn zu wählen. Verfluchter Fatalismus. Denn trotz allem ist es noch immer eine Entscheidung, die man trifft. Ich muss noch immer die von mir gewählte Rüstung anlegen, die Manschettenknöpfe, die Krawattennadel, den Flaggenanstecker. Ich muss noch immer meine Waffen aufnehmen. Ich muss noch immer dem Mann entgegentreten, den ich liebe und hasse. Dem Mann, der mich ebenfalls liebt und hasst. Ich muss mich dafür entscheiden, mein Leben zu opfern, in der Hoffnung, dass all das, wofür ich gekämpft habe, dass all diese zerbrechliche Friedensarbeit eines müden Soldaten noch besteht, wenn ich es nicht mehr länger vermag. Ich muss daran glauben, fest daran glauben, dass dieses Opfer etwas bedeuten wird. Dass an diesem schlimmen Tag, an dem ich in die Knie gehe, ich es in dem Wissen tun werde, dass die Welt ein bisschen näher an Frieden und Güte herangerückt ist. Ich werde in dem Wissen fallen, dass die Menschen, die ich liebe, in Sicherheit leben werden.
Ich werde sterben und zu diesem besseren Ort auf der anderen Seite des Wassers gehen.
Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.
Damals
Als ich zehn Jahre alt war, zog ich ein Schwert aus einem Stein.
In unserem Ort fand ein Rummel statt. Überall waren Lichter, es gab Zuckerwatte und Stromgeneratoren brummten in der Sommerhitze. Althea hatte Kay und mir jeweils zehn Dollar gegeben, die wir dort ausgeben durften. Kay, zu cool und zu alt, um sich mit Fahrgeschäften abzugeben, kaufte sich eine Cola und verbrachte den Abend mit Flirten und dem Herumzeigen ihrer neu geflochtenen grellblauen Kordel-Rastazöpfe, mit denen sie gestern Abend kurz nach Mitternacht fertig geworden war.
Doch ich gab mein ganzes Geld an der gleichen Bude aus. Sie lag zwischen dem Stand, an dem man Ringe werfen und dem Wagen, wo man Metall-Enten mit Korken abschießen konnte. Sie hatte eine kleine Überdachung mit Lichterkette, und das Gras auf dem Boden davor war so plattgetrampelt, dass man die Erde durchscheinen sah. Es war ein Spiel, bei dem man stark sein musste. Ähnlich wie bei Hau den Lukas. Wenn man das Schwert aus dem Stein zog, gewann man die blinkende Plastikkrone, die von der Decke hing. Wenn man das Schwert halb herauszog, gewann man ein Stofftier.
Der Stein bestand natürlich aus geformtem Beton und es war auch kein echtes Schwert. Nur ein Stück Metall, zusammengebastelt mit Schrauben und Schienen, damit man es nicht komplett aus dem Stein herausziehen konnte. Es war Nepp, etwas, wofür mich meine Adoptivmutter Althea keinen müden Cent hätte ausgeben lassen, wenn sie dabei gewesen wäre.
Doch sie war nicht da und aus irgendeinem Grund war ich fest entschlossen. Ich glaube, ich dachte, dass die Krone sich auf den neuen Rastazöpfen meiner Schwester gut machen würde. Ich bin mir sicher, dass ich größtenteils den jugendlichen Wunsch hegte, anzugeben. Und ein anderer Teil war einfach unerklärbar. Ich hatte keine Worte für das Warum. Ich wusste nur, dass ich es wollte. Und an einem heißen Sommertag mit Gewitterwolken, die sich über dem Missouri auftürmten, investierte ich zehn Dollar für zehn Versuche mit dem Schwert.
Neunmal klappte es nicht. Beim zehnten Versuch zog ich das Schwert komplett heraus. Es musste eine Schraube zerbrochen sein, irgendwas hatte sich mit einem Rattern und Klacken gelöst und auf einmal stolperte ich rückwärts, umklammerte ein Stück Metall, das aussah wie ein Schwert und in der Hand viel zu schwer war, als dass ich es hätte hochhalten können.
„Heilige Scheiße, Kleiner“, sagte der Rummelplatzmitarbeiter. „Du hast das Ding einfach abgebrochen.“
Ich war zu sehr vom Donner gerührt, um zu antworten. Ich hielt das schwertförmige Ding in den Händen, als wäre es die Antwort auf alle Fragen des Universums. Bis zu diesem Augenblick war ich ein guter, unauffälliger Junge gewesen. Ich hatte gute Noten, spielte ganz gut Baseball, kam mit so ziemlich jedem gut aus. Aber als ich dieses rostige, stumpfe Stück Metall hielt, das Heft kühl in meiner Hand, die feuchte Luft heiß auf meinem Gesicht, spürte ich den Rausch der Möglichkeiten. Dieses bestimmte, ziehende Gefühl, dass ich irgendetwas tun müsste, irgendwo sein müsste, jemanden finden müsste. Dieses verzaubernde Jucken, dass es da außerhalb von meiner Welt noch eine bessere, üppigere gab. Dass ich meine Finger ausstrecken und diesen Vorhang dazwischen zur Seite schieben könnte, und dass hinter diesem Vorhang ein Ort lag, der mehr war als mein eigenes, banales Leben. Dass dort die Bäume mehr Blätter hätten, die Sonne wärmer schien, alles einfach mehr wäre.
Heute kann ich zurückschauen und dieses Ziehen, dieses Jucken Bestimmung nennen. Oder den Beginn meines erwachsenen Bewusstseins. Je nachdem, wie pragmatisch ich mich gerade fühle. Aber damals konnte ich es nicht benennen. Im einen Moment war ich ein einfacher Junge, der sein Geld für Nepp auf dem Rummel verschwendete, und im nächsten ein junger Mann, der sich am Rande von etwas Schwindelerregendem mit all seiner Tiefe befand.
Ich habe noch nie einer Seele erzählt, was dann passierte. Der Rummelplatzmitarbeiter fluchte noch immer mit einer Mischung aus Unglauben, Verärgerung und Bewunderung. Er griff nach oben zu der Plastikkrone und hielt sie mir hin, damit ich sie entgegennahm. Doch jemand anderes schnappte sie sich, bevor ich es tun konnte.
Es war ein Mann, oder eher fast ein Mann. Er war gerade einmal Anfang zwanzig und auf die Art und Weise dünn, dass ich an einen Vogel oder einen jungen Baum im Winter erinnert wurde. Er war blass und hatte fast schwarze Augen. Es könnte an seinem kantigen, zerbrechlich wirkenden Gesicht oder an seiner etwas abgewetzten eleganten Kleidung gelegen haben, doch plötzlich wurde ich mir meiner selbst sehr bewusst. Meiner Jugend, meiner Einfachheit. Meines ausgewaschenen T-Shirts, der Jeans und den Secondhand-Turnschuhen.
Er hielt die Krone in den Händen und betrachtete das Plastik, als wäre es fein gearbeitetes Gold. Sein Kopf neigte sich gedankenverloren.
„Ist das deine?“, fragte er endlich und sah mich unter seinen dunklen Augenbrauen an.
Er hatte einen Akzent, den ich versuchte, einer Gegend zuzuordnen. Es war Walisisch. Und ich hatte walisischen Akzent noch nie zuvor gehört. Ich hatte keinen Schimmer, was ein Mann wie er in einem heißen Stadtpark in Missouri zu suchen hatte.
„Ich, äh, ich habe diese Krone gewonnen“, erklärte ich dürftig. Ich hob die Hand, die das billige Metallheft des Schwerts noch umfasst hielt. „Weil ich dieses Schwert aus dem Stein gezogen habe.“
Er nickte und betrachtete die Krone irgendwie ehrfürchtig. Dann hielt er sie mir hin. „Dann solltest du sie annehmen, vermute ich.“
Da war dieser Augenblick, als sich meine Finger darum legten. Kurz. Wortlos. Aufschreckend. Als wenn wir das schon einmal getan hätten. Genau die gleiche Handlung. Dass ich mit einem Schwert in der Hand dastand und dieser Mann mir eine Krone überreichte, die ich entgegennahm, und mir dabei klar wurde, dass nichts jemals wieder so wie vorher sein würde.
Doch dieser Augenblick verflog im elektrisch aufgeladenen Gewitterwind. Der Mann lächelte mich an und wandte sich zum Gehen. Ich war noch nicht bereit dazu. Ich spürte eine plötzliche Furcht, die ich nicht benennen konnte.
„Was soll ich damit anfangen? Mit dem Schwert und der Krone?“, fragte ich den Fremden. Es schien immens wichtig, dass ich ihn das fragte. Dass ich es wissen sollte und dass nur er es mir beantworten konnte.
Der Mann hielt inne und schaute gedankenversunken nach oben in den dunklen, regnerischen Himmel. „Das allerwichtigste daran, eine Krone zu tragen und ein Schwert zu führen, ist das Wissen darum, wann man beides ablegen sollte.“
Das war kryptisch. Und gleichzeitig irgendwie sonnenklar.
„Und bis dahin?“, fragte ich.
„Bis es so weit ist, verwendet man sie selbstverständlich. Auf Wiedersehen, Maxen.“
Er wusste, wie ich hieß.
Er ging davon und ich stand da. Mit dem falschen Schwert in der einen und der Plastikkrone in der anderen Hand. Es fing an, zu stürmen und Regen prasselte herab.
Heute
Wenn Embry Moore einen Raum verlässt, dann verändert sich die Luft. Die Moleküle von Stickstoff und Argon setzen sich neu zusammen und ergeben etwas Abgestandenes und Bewegungsloses. Etwas, das nur noch gerade so Leben ermöglicht. Man kann es Atemzug für Atemzug inhalieren, doch man bekommt nicht genug, denn es ist nicht genug. Nicht genug, um die Lungen damit zu füllen oder es im Blut aufzunehmen. Die Systeme fangen an, herunterzufahren. Die Welt wird starr und dunkel.
Und jetzt sitze ich hier. Kein einziger rasselnder Atemzug, ein und aus, bringt mir Erleichterung. Keine Gnade. Denn ich bin allein und alles, was ich jemals falsch gemacht habe, hat dafür gesorgt, dass Embry niemals mehr dieselbe Luft mit mir zusammen atmen wird.
Und das ist noch nicht einmal das Schlimmste. Nein, das Schlimmste ist, zu erfahren, dass ich noch nie dieselbe Luft geatmet habe wie mein Sohn. Greer ist nicht da, Embry ist fort und ich habe einen Sohn. Den ich noch nie gesehen habe. Dessen Mutter meine Schwester ist.
Fuck.
Mit den Handflächen reibe ich mir über das Gesicht, über die Haare, die Embry noch vor weniger als zehn Minuten geküsst hat. Ich versuche noch mal, Luft zu holen, versuche, den Schmerz in meinen Rippen zu stoppen, der mich mit jedem erstickten Schluchzen durchfährt. Versuche, die Tränen aufzuhalten, die sich einen brennenden Weg unter meine Lider bahnen. Es schmerzt, mein ganzer Körper tut weh, meine Brust, mein Hals, meine Augen. Ich bin wie aufgeschlitzt und blute aus.
Ich rutsche aus dem Stuhl, auf dem ich sitze, auf den Fußboden meines Büros. Ich drücke mein Gesicht auf den Teppich und weine. Um den jungen Mann namens Lyr, den ich noch nie gesehen habe. Um Embry, der von Merlin gezwungen worden war, meine Liebe zurückzuweisen. Der von Abilene gezwungen worden war, Greer wehzutun, um mich zu beschützen. Der von seinem eigenen Gewissen gezwungen worden war, sich letztlich gegen mich zu stellen.
Ich weine um Greer, denn sie ist nicht hier. Denn sie weiß es nicht, und ich habe keine Ahnung, wie sie mich ansehen wird, wenn sie erfährt, dass ich meine eigene Schwester geschwängert habe.
Wie hätte ich das wissen sollen?
Ich rolle auf den Rücken und drücke mir mit den Handballen auf die Augen. Hinter meinen geschlossenen Lidern sehe ich alles. Die Feuer von Glein, dieser verhängnisvolle Ort während des Krieges. Morgans schlaffer Körper, während ich sie aus der Kirche brachte. Damals trug sie mein Kind in sich, glücklicherweise gerettet, nur wenige Augenblicke vor dem Feuertod. Wäre er damals gestorben, wäre ich schuld gewesen.
Und die vielen Jahre … wie kann mein Sohn mir jemals all die Zeit, die wir getrennt waren, vergeben? Wie kann ich mir jemals selbst vergeben?
Und da ist noch mehr. Embry, der mich zerbrochen und mir seine Loyalität aufgekündigt … und sich selbst zerbrochen hat.
Greer, mit neuen Schatten in den Augen, öffentlich geschmäht und gewaltsam entführt, als ich sie nicht beschützen konnte.
Alle, bei denen ich versagt habe. Embry und Greer. Lyr und Morgan. Unzählige andere … Soldaten und Zivilisten, amerikanische Bürger und karpatianische Dorfbewohner. Die Menge an Menschen, die ich im Stich gelassen habe, ist zahllos. Die Schuld daran kann ich nur mir zuschreiben.
Lange Zeit liege ich ausgestreckt auf dem Fußboden, mit den Händen über den Augen, bis die Tränen versiegt sind und ich Sternchen sehe. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so heftig geheult habe. Ich kann mich nicht erinnern, mich jemals so allein und einsam gefühlt zu haben. So … führungslos.
Was soll ich nur tun? Wenn mich der Mann, der mich eigentlich lieben sollte, hasst? Wenn ich die Frau, die wir beide lieben, nicht beschützen kann? Wenn ich einen Sohn habe?
Was soll ich nur tun?
„Morgan.“
Ihr Name aus meinem Mund resultiert in Stille am anderen Ende der Leitung.
Endlich sagt Senatorin Morgan Leffey etwas. „Mr. President.“
„Tu das nicht.“
„Was?“, fragt meine Halbschwester mit müder Stimme. „Respektvoll sein?“
„Schaff keine Distanz zwischen uns.“ Ich schließe die Augen und denke an Prag zurück. Natürlich nicht mit Begehren, sondern mit einer gewissen Zuneigung. Sie war die Erste, die mir gezeigt hatte, was ich brauchte. Beide Male. Damals in Prag und dann später nach Jennys Tod. Auch wenn sie mich hasste, hatte sie mir dennoch geholfen.
Ich könnte das, was ich ihr deswegen schulde, niemals zu gering einschätzen. Nicht in Anbetracht dieser neuen, fürchterlichen Schuld.
„Warum rufst du an, Maxen?“, fragt sie. „Ist es wegen der Veteranenrentensache? Denn ich habe dir schon gesagt, dass mein Komitee nicht von …“
Ich unterbreche sie. „Es geht um Lyr, Morgan. Es geht um unseren Sohn.“
Ich höre, wie sie kurz Luft holt, dann folgt eine vorsichtige Stille. „Wer hat dir davon erzählt?“, fragt Morgan schließlich und ihre Stimme klingt wie Glas, das vorgibt, Stein zu ein. „Davon hättest du niemals etwas erfahren sollen.“
„Das ist so nicht ganz korrekt, oder?“ Ich laufe durch die leeren Räume der Residenz, meiner Privatwohnung im Weißen Haus, und fühle mich genauso leer wie die Zimmer. „Du wolltest es mir erzählen. Vor Glein.“
„Ja“, bestätigt sie. „Vor Glein.“
Ich reibe mir über die Stelle auf der Brust, wo einmal das Herz war, bevor Embry es herausgerissen hat. „Der Himmel weiß, dass du mir überhaupt nichts schuldest, Morgan, aber verflucht, warum? Warum durfte ich nichts darüber wissen?“
„Ich dachte, wir wären dann quitt. Du hast mich dort zum Sterben zurückgelassen und ich versteckte das neue Leben vor dir, das wir gezeugt hatten. Damals schien mir das fair.“
„Und heute?“
Morgan atmet aus und ich kann mir vorstellen, wie sie sich mit dem Daumen über die Stirn reibt. Genau wie ich, wenn ich mir Gedanken mache, gestresst oder bekümmert bin.
„Und heute habe ich keine Ahnung.“
„Ich bin mit der Vorstellung groß geworden, dass ich einen Vater hatte, dem ich egal war. Und dann hast du mir auf Jennys Beerdigung die Wahrheit über meine Eltern gesagt. Danach hatte ich die Gewissheit, dass ich meinem Vater in der Tat egal gewesen bin. Ich wollte niemals das Gleiche tun. Niemals genauso sein. Aber jetzt hast du genau das aus mir gemacht. Die gleiche Art Mann.“
Morgans Tonfall ist scharf, als sie antwortet. „Du willst darüber schmollen, keinen Vater gehabt zu haben? Was ist mit meiner Mutter, Maxen? Die, die du umgebracht hast, als du geboren wurdest. Glaubst du, sie fehlt mir nicht? Dass ich nicht vernarbt, verloren oder verwundet war, mit dem Wissen, dass sie mit einem Mann im Bett gewesen ist, der nicht mein Vater war und sie deshalb am Ende gestorben ist?“
„Verdammt, Morgan, glaubst du etwa, ich wüsste das nicht? Dass ich den Verlust nicht auch empfinde? Dass ich nicht dieses karmische Gewicht, unter so einer verfluchten Wolke geboren worden zu sein, spüre?“
„Komm mir nicht so. Du hattest Althea. Du hattest eine Mutter. Ich hatte lediglich Gouverneurin Vivienne Moor, und selbst für eine Stiefmutter war sie verdammt kalt. Mein Vater war eine leere Hülle. Ich bin völlig allein aufgewachsen.“
„Du hattest Embry“, gebe ich zu bedenken.
„Du hattest Kay“, entgegnet sie.
Ich stelle mich ans Fenster im Esszimmer und blicke hinaus auf die nachtdunkle Wiese. Hinter dem Zaun sieht man die Lichter der Autos, die durch die Straßen fahren. Die Straßenlaternen und die gelb leuchtenden Fenster, hinter denen die cleversten Köpfe von Washington bis spät in die Nacht noch an Politik, Lobbyismus und Diplomatie arbeiten.
„Das führt zu nichts“, sage ich. „Dieses Wer-hatte-es-schlechter-Spielchen.“
Sie seufzt. „Okay. Aber du musst verstehen, warum ich für Lyr etwas anderes wollte. Vivienne schlug vor, dass Nimue ihn aufziehen sollte. Nimue ist unbeschwert, lieb und nicht kaputt. Sie ist nicht wie wir, Maxen. Sie ist absolut rein. Und mir war klar, dass sie ein besserer Erziehungsberechtigter wäre, als wir es je hätten sein können.“
Ich höre ihr zu. Ich höre den Schmerz in ihrer Stimme. Etwas in mir zerbricht.
„War es schwer? Ihn Nimue zu geben?“
Sie macht ein Geräusch, das ein Lachen sein soll, aber wie ein Schluchzen klingt. „Es gibt keine Beschreibung dafür, wie schwer es war. Als er auf die Welt kam, war er so still, ruhig und stoisch wie du. Er hat noch nicht einmal geweint, als ich ihn in Nimues Arme gelegt habe. Er hat mich einfach nur angesehen, resigniert und still. Als ob er die ganze Zeit schon darauf gewartet hätte, dass ich ihn enttäusche.“
Wir schweigen lange. Beide verloren im eigenen Schmerz.
„Ich möchte es ihm sagen, Morgan. Ich möchte ihn kennen lernen.“
„Nein.“
„Nein?“
„Wozu soll das gut sein? Wenn du glaubst, dass wir beide schon total neben der Spur sind, weil wir miteinander geschlafen haben, dann stell dir mal vor, wie es wäre, wenn du wüsstest, dass du aus so einer Vereinigung entsprungen bist!“
„Und wenn Abilene Corbenic ihre Drohung wahrmacht und es sowieso an die Öffentlichkeit bringt? Was ist schlimmer? Wenn er es von uns erfährt oder aus dem Internet?“
„Maxen, alles was ich aufgebaut habe, habe ich getan, um Lyr zu beschützen. Nachdem ich die Wahrheit über uns beide herausgefunden hatte, wurde dieser Schutz wichtiger als jemals zuvor. Nicht mal Lorne, mein Ex-Mann, wusste von ihm.“
Ich verlasse meinen Platz beim Fenster und gehe ins Schlafzimmer. Ich nehme mir einen Moment, um meine abgegriffene Bibel auf dem Nachttisch geradezurücken, bevor ich ins Umkleidezimmer gehe. Dort steht ein kleines Foto von mir als Kind zusammen mit Althea und Kay auf dem Schminktisch. Ich habe keine Bilder von Imogen Leffey. Gott weiß, dass ich nicht lange im Weißen Haus suchen müsste, bevor ich ein Porträt von Penley Luther fände, doch das lasse ich lieber.
„Mir hat man gar nicht gesagt, wer meine richtigen Eltern waren“, sage ich schließlich. „Davon mit sechsunddreißig zu erfahren, hat die Sache nicht einfacher gemacht, als es mit vierzehn Jahren gewesen wäre.“
„Ich möchte nicht, dass er überhaupt damit belastet wird“, sagt sie. „Kannst du das nicht verstehen? Es ist besser, wenn er niemals davon erfährt.“
Ein egoistischer Teil von mir ruft laut, dass ich ihn dann niemals kennen lernen werde. Gott, wie sehr habe ich mir immer ein Kind gewünscht, es zu halten, großzuziehen, zu lieben. Und jetzt finde ich heraus, dass ich bereits einen eigenen Sohn habe, der gerade zum Mann erblüht. Die Vorstellung, ihn niemals kennen zu lernen, schlitzt mein Inneres auf. Doch ich sehe ein, dass es nicht nur um meinen egoistischen Drang geht, ihn kennen zu wollen. Es geht darum, was das Beste für ihn ist. Auch wenn ich nicht Morgans Meinung teile, dass es besser für ihn sei, die Lügen, die man ihm seit seiner Geburt erzählt, zu glauben, kann ich doch ihre Besorgnis nachvollziehen.
„Das sehe ich ein“, sage ich. „Aber bitte, versuch, dich in meine Lage zu versetzen. Ich habe schon genug Sünden begangen … Ich will nicht noch Lügen hinzufügen. Ich möchte nicht noch mehr vom Leben meines Sohnes verpassen.“
Stille.
Ich setze mich vor den Schminktisch und spiele mit Greers Halsketten, fahre mit den Fingerspitzen über die schmalen Kettchen und zierlichen Anhänger.
„Ich werde darüber nachdenken“, sagt Morgan schließlich. „Ich kann dir nichts versprechen, aber … ich denke darüber nach.“
Ich schließe die Augen. Versuche, wieder wie ein Präsident zu denken. Und nicht wie ein Mann, dem gerade von seinem besten Freund und Geliebten die Eingeweide herausgerissen worden sind.
„Wir müssen gewappnet sein, Morgan. Sollte Abilene mit der Wahrheit über Lyr an die Öffentlichkeit gehen, bedeutet das, dass die Welt von uns beiden erfährt. Darüber, was zwischen uns passiert ist.“
„Stimmt“, sagt sie und in ihrer Stimme hört man wieder den kühlen Senatorinnentonfall. Klatsch und Meinungsmache. Damit kennt sie sich aus. Damit kann sie umgehen. „Ich lasse meinen Stabschef mit Kay und Trieste zusammenkommen, damit sie einen gemeinsamen Plan für die Medien ausarbeiten.“
„Kay wird nicht mehr länger meine Stabschefin sein“, sage ich und betrachte das Foto von uns als Kinder.
„Warum das denn, um alles in der Welt?“ Morgan klingt verärgert. „Sie ist die Beste in deinem gesamten Team.“
„Das ist auch der Grund, weshalb ich sie zur Vizepräsidentin ernennen werde“, erkläre ich ein bisschen ungeduldig. „Oder hast du vergessen, dass Embry mich und das Weiße Haus im Stich lässt, um gegen mich zu kandidieren?“
„Oh“, sagt sie. „Das.“
„Ihr beide werdet ein großartiges Team sein.“
„Genau wie du und Kay“, räumt sie ein.
„Ein schöner Ausgleich. Bruder und Schwester auf jeder Seite.“
„Und ein Bruder und eine Schwester, die gegeneinander antreten“, sagt sie und lacht etwas. Für einen Augenblick erinnere ich mich an Prag. Ich frage mich, wie das Leben wohl gewesen wäre, wenn ich sie als meine Halbschwester kennen gelernt hätte. Ob wir uns wie Bruder und Schwester geliebt hätten, statt … nun ja.
Ihr Lachen verliert sich in einem weiteren Seufzen. „Es war Embry, der dir von Lyr erzählt hat, nicht wahr?“
„Ja.“
„Er wollte dich so sehr vor dieser Wahrheit beschützen. Und mich und Lyr davor bewahren, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Er muss wirklich sehr wütend auf dich gewesen sein, dass er seine Meinung geändert hat.“
Vor meinem geistigen Auge sehe ich wieder sein Gesicht in meinem Büro. Kornblumenblaue Augen, so voller Schmerz. Aber auch Zorn und Verbitterung in den Linien um seinen Mund und auf der Stirn. „Ich glaube, er hasst mich.“
„Vielleicht“, stimmt Morgan zu. „Aber er wird niemals aufhören, dich zu lieben. Du hast diese Wirkung auf Menschen.“
Ich öffne die Augen und betrachte mich im Spiegel. Silber durchzieht die Haare an meinen Schläfen. Ein ernster Mund, Dreitagebart. Ein erschöpfter Soldat. Ein Mann, der den Leuten, die er liebt, wehtut und dabei hart wird. Ich verdiene ihre Liebe nicht. Ich verdiene gar nichts davon. Seltsam, wie ich vor dem heutigen Abend niemals angezweifelt habe, was ich verdiene. Doch jetzt …
„Habe ich wirklich diese Wirkung auf Menschen?“, frage ich. „Es fühlt sich eher so an, als ob ich die Menschen mit meiner Liebe verbrenne. Als ob ich sie aufbrauche, bis sie nichts mehr zu geben haben. Niemand, der mich liebt, bekommt ein Happy End. Ist dir das aufgefallen? Allein schon in meiner Nähe zu sein, infiziert ihr Leben mit Tragödien.“
Ich habe keine Ahnung, warum ich das Morgan beichte. Sie ist einer von den Menschen, denen ich etwas angetan habe. Eins der Leben, das ich ruiniert habe, einfach nur, weil ich darin vorkomme. Und abgesehen von diesem Telefonat haben wir, seit ich Greer getroffen habe, nur via Memos und persönlichen Beratern miteinander kommuniziert. Wir haben es uns nicht zur Gewohnheit gemacht, uns gegenseitig unsere verletzliche Seite zu zeigen.
„Als ich dich das erste Mal gesehen habe, war mir klar, dass es in einer Tragödie enden wird. Und dennoch würde ich nichts anders machen. Gar nichts.“
Es liegt etwas Trotziges um den kalten, eisernen Kern ihrer Worte herum. Als ob ich mich unterstehen soll, mit ihr deswegen zu streiten. Doch ich frage dennoch. „Wieso, Morgan? Was ist der Sinn von all dem? All diesem … Leid … wofür?“
„Was möchtest du hören?“, fragt sie. „Dass alles in deinem Leben von Zufällen gekennzeichnet ist, dass all das nur ein Unfall gewesen ist?“
Zufall.
Zufall, dass die Frau, die von mir schwanger wurde, meine Schwester ist? Zufall, dass ihr Stiefbruder eine der beiden Lieben meines Lebens ist? Zufall, dass mein Vater auch Präsident gewesen ist, dass sein Vizepräsident der Großvater meiner Frau war? Es kann eine Menge Zufälle im Leben eines Mannes geben, aber das ist zu viel.
„Nein“, antworte ich. „Das möchte ich nicht hören.“
„Dann musst du akzeptieren, dass die Dinge nun mal so passiert sind und dass du die Vergangenheit nicht ändern kannst. Es gibt nur die Gegenwart.“
„Die Gegenwart“, wiederhole ich leise. Eine Gegenwart, in der mein kleiner Prinz mich verlässt, in der mein kleiner Prinz gegen mich antritt. Eine Gegenwart, in der ich vielleicht alles verlieren werde. Und es vielleicht auch verdiene.
„Maxen, ich …“ Sie holt tief Luft. „Ich weiß nicht, ob es dir hilft, aber ich hatte niemals auch nur den geringsten Zweifel, dass du ein guter Vater sein würdest. Du bist ein guter Mensch. Ein großartiger Mensch. Die beste Sorte von Mensch.“
Meine Finger umschließen fest Greers Halsketten. Meine Stimme klingt gepresst vor Schmerz, als ich antworte. Ich sehe noch immer Embrys Gesicht. Höre seine Worte.
„Der Unterschied ist, dass ich keine Angst habe, zu tun, was getan werden muss. Und ich denke, du hast Angst.“
„Ich fühle mich nicht großartig.“
„Wenn du das tun würdest, dann wäre es nicht so.“
Darauf habe ich keine Antwort. Dieser Gedanke fühlt sich gleichermaßen falsch und richtig an. Dass großartige Männer und Frauen zwangsläufig voller Selbstzweifel und scharfkantiger Demut sind.
„Du wirst wissen, was zu tun ist“, sagt sie. „Mit Lyr, mit Embry, mit Melwas. Du wirst einen Weg da durch finden.“
„Hast du wirklich so viel Vertrauen in mich? Du hasst mich.“
„Mein Vertrauen geht über Liebe und Hass hinaus, Maxen. Ich mag an Embrys Seite stehen, wenn wir gegen dich antreten, und ich werde verflucht hart kämpfen, um zu gewinnen. Doch ich tue es, weil es in meiner Natur liegt. Macht. Und diese zu erlangen. Und nicht, weil ich etwa glaube, dass du ein schlechter Präsident wärst oder ein schlechter Mensch. Nicht, weil ich etwa Embrys Irrglauben teile, dass du Angst vor einer Auseinandersetzung hättest.“
Ich lasse von Greers Halsketten ab und stehe auf. „Und was denkst du, wovor ich Angst habe?“
Morgan lässt ein dunkles Lachen hören. „Embry denkt, dass du zu passiv geworden bist. Aber ich kenne die Wahrheit, kleines Brüderchen. Du bist so aktiv geworden, dass es sich anfühlt, als schwimmen Haie in deinem Verstand herum. Dich verlangt es brennend nach einem Kampf, so sehr, dass es dich nachts aus dem Schlaf aufschreckt. Du hast keine Angst vor Konflikten, du hast Angst vor dem, was passiert, wenn du kämpfst. Du hast Angst vor dir selbst. Und ich denke, dass du einen Sturm über diesem Land losbrechen könntest, wie man ihn seit Jahrzehnten nicht gesehen hat, sollte deine Kontrolle irgendwann zerbrechen.“
„Das werde ich nicht zulassen“, schwöre ich. Das könnte ich nie zulassen.
„Es gibt mehr als eine Möglichkeit, einen Panzer zu knacken.“
Ich verenge die Augen, obwohl ich auf ein Regal voller Schlipse blicke und nicht auf das Gesicht meiner Schwester. „Was soll das heißen?“
„Das ist keine Drohung“, sagt sie. „Nur eine Feststellung.“
Einen Moment reden wir beide nicht, bevor ich sage: „Ich sollte auflegen. Wegen Lyr …“
„Ich denke darüber nach.“
„Ich sehe ein, dass ich mehr nicht verlangen kann. Es tut mir leid, Morgan. Prag, Glein. Alles.“
„Es ist zu spät, um …“
„Vielleicht ist es zu spät. Aber ich will, dass du es trotzdem weißt. Es vergeht keine Nacht, in der Glein nicht meine Träume heimsucht. Dass dieser ganze verfickte Krieg mich nicht niederdrückt. An jenem Tag habe ich versagt, dich zu beschützen. Es lag nicht in meiner Absicht, ich habe mein Bestes gegeben, und trotzdem habe ich versagt. Ich bin immer noch dafür verantwortlich und werde mir das nie verzeihen. Insbesondere jetzt, wo ich von unserem Sohn weiß.“
Morgan spricht leise, als sie antwortet. „Okay, Maxen.“
„Okay?“
„Okay.“
„Danke.“
„Gute Nacht, kleines Brüderchen.“
„Gute Nacht, Morgan.“
Heute
Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Das hatte ich auch nicht erwartet, aber dennoch ist es ein bitteres Gefühl, wenn es passiert. Die Schlaflosigkeit. Die rastlosen Erinnerungen. Die Schuld. Das endlose Durchkauen der Fragen, der Was-Wäre-Wenns.
Was wäre, wenn ich alle in Glein gerettet hätte? Was wäre, wenn ich Wege und Mittel gefunden hätte, mehr Feinde vor dem Tod zu bewahren? Was wäre, wenn ich besser auf Greer aufgepasst hätte, bevor Melwas sie entführt hat?
Die Welle der Was-Wäre-Wenns türmte sich auf und hing über der Zukunft. Was wäre, wenn ich Embry anflehen würde, zurückzukommen? Was wäre, wenn ich jetzt sofort Jagd auf Melwas machen würde? Was wäre, wenn ich mir sagen würde, scheiß auf alles, und in den nächsten Flieger nach Seattle steige, um meinen Sohn zu sehen?
Dann fiel die Welle zusammen und brach, saugte sich selbst zurück in die Vergangenheit. Ein endloser, sich drehender Kreislauf aus Zweifeln. Ich kannte nur einen Weg, diese Zweifel zu verdrängen, dieses Meer aus Schuld und Besorgnis zu teilen wie die biblische See, und dieser Weg war unerreichbar. Mein kleiner Prinz war davongelaufen und meine kleine Prinzessin in einer anderen Stadt. Es gab niemanden, den ich niederringen, niemanden, den ich peitschen, niemanden, den ich küssen konnte. Niemanden, in dem ich mich versenken und der alle Schmerzen verblassen lassen konnte.
Fuck.
Dabei brauchte ich es wirklich sehr. Diese Augenblicke, bevor Embry mir gesagt hatte, dass er geht. Seine Jacke zerknittert in meiner Faust. Seine Finger warm und tastend, an der Stelle, die ich ihm so lange verweigert hatte …
Gott, was ich nicht alles gegeben hätte. Mein Königreich. Meine Seele, nur um Embry vor mir zu haben. Ich hätte erneut nach seiner Jacke gegriffen und dann hätte ich ihn nach unten gedrückt, mit dem Gesicht voran auf den Teppich. Hätte seine Hosen heruntergerissen. Wie konnte er es wagen, verflucht noch mal, wie konnte er nur? Genau das hätte ich in sein Ohr gesagt, während ich mich auf ihn gelegt hätte. Ich hätte ihn mit meinem Unterarm auf seinem Nacken festgenagelt, hätte ihn jeden wütenden Stoß von mir spüren lassen. Ihn in zwei Teile gefickt.
Am nächsten Morgen findet mich Belvedere mit nacktem Oberkörper und schweißgebadet im Trainingsraum.
Belvedere ist Mitte zwanzig, Latino, und sein lockeres schwarzes Haar, die engen Cardigans und die moderne Brille verraten das hohe Maß an Aufmerksamkeit, das er nicht nur seinem Äußeren, sondern auch allem anderen gegenüber hegt. Was einer der Gründe ist, weshalb er so ein hervorragender Assistent ist. Ein weiterer Grund ist seine schiere Unerschütterlichkeit. Er kommentiert weder meine abgespannte Miene noch meinen verschwitzten Körper.
„Guten Morgen, Mr. President“, sagt er.
Ich erwidere den Gruß mit einem Grunzen und beende die letzten vier Klimmzüge, bevor ich mich von der Stange löse und nach einem Handtuch greife.
„Wir haben heute einen vollen Terminkalender“, spricht er ungerührt weiter.
Ryan Belvedere hat mich bereits mit jeglicher Laune, in jeglichem schwitzenden, nackten, müden und schnippischen Zustand erlebt. Ob in einem Leihwagen, in der Ecke einer Schulturnhalle oder unter der brennenden Sonne bei einem Staatsakt. Er ist zuständig für mein Äußeres und mein persönlicher Assistent. Mein Butler, wenn man es altmodisch ausdrücken möchte. Er ist vor mir wach und geht nach mir ins Bett. Sein Job bin ich. Er ist da, um meine Reisen zu organisieren und in Zusammenarbeit mit meiner Sekretärin meine Termine zu managen. Er achtet darauf, dass meine Sachen pünktlich aus der Reinigung im richtigen Hotel sind, wenn ich mich für drei unterschiedliche Events in drei verschiedenen Städten einfinden muss. Er gibt mir Stifte, wenn ich auf Veranstaltungen Unterschriften gebe, er kümmert sich um meine Ersatzkrawatten und geht für mich ans Telefon, wenn ich verhindert bin. Er ist mein Schatten und seit gestern Abend mein loyalster Freund.
Natürlich waren Embry und ich niemals wirklich Freunde. Als wir uns kennen lernten, dachte er, ich wäre sein Feind und ich dachte, er wäre perfekt. Dann verliebte ich mich in ihn und seither bricht er mir immer wieder das Herz.
Nur einmal balle ich meine Hände zu Fäusten. Fest genug, um den Protest der Knochen und dünnen Sehnen zu fühlen, um mich daran zu erinnern, dass ich auch etwas anderes als das fühlen kann. Etwas anderes als ihn. Meinen kleinen Prinzen.
„Was liegt für heute an?“, frage ich, werfe das Handtuch in den nächststehenden Wäschekorb und nehme von Belvedere einen Hefter entgegen. Darin befinden sich die Agenda für den Tag und ein paar Memos meiner Mitarbeiter, die ich mir ansehen soll.
„Briefing mit Ihrer Sekretärin um halb neun“, sagt Belvedere, nimmt den Hefter wieder an sich und reicht mir eine Flasche Wasser, die ich bereitwillig trinke. „Danach das tägliche Sicherheitsbriefing mit Gawayne um neun Uhr dreißig. Ein Telefonat mit dem britischen Premierminister ist gleich danach angesetzt. Danach ein Besuch in der Pine Ridge Highschool, der im Fernsehen übertragen wird. Merlin möchte, dass ich Sie daran erinnere, das als Möglichkeit zu nutzen, auf die frühen Erfolge des Infrastruktur-Gesetzes für das Reservat, das Sie letztes Jahr eingeführt haben, hinzuweisen.“
Merlin. Eine weitere offene Wunde, die heute in Angriff genommen werden muss. Ich schraube den Deckel auf die jetzt leere Wasserflasche und werfe sie in den Müll.
„Ich werde nicht etwas auf ein Podest stellen, das schon vor Jahrzehnten hätte passieren sollen.“
„Ich habe Merlin gesagt, dass Sie das sagen würden. Und er sagte mir, ich soll Ihnen sagen, es trotzdem zu tun.“
„Werde ich nicht.“
„Auch das sagte ich ihm. Er sagte mir, ich solle darauf antworten, dass Sie und Embry nicht aufgrund von Bescheidenheit wiedergewählt werden würden.“
Embry.
Seinen Namen aus Belvederes Mund zu hören, fühlt sich an, als läge mein Innerstes frei. Ich reibe mir übers Gesicht und bete darum, dass das salzige Brennen in meinen Augen vom Schweiß stammt und nicht von Tränen. „Was noch?“, frage ich durch meine Hand.
„Bakewell will ein Treffen bezüglich der Sanktionen gegen Karpatien, die im Senat gerade die Runde machen. Ich habe sie um ein Uhr eingetragen. Um ein Uhr dreißig ist das Stabstreffen im Oval Office. Hände schütteln um drei und um vier kommen die Polizistenwitwen. Merlin will, dass die Fotos davon die neuesten Behauptungen, dass Sie gegen die Polizei eingestellt sind, im Keim ersticken.“
„Zum Teufel noch mal“, sage ich leise und lasse die Hand sinken. Meine Partei hatte erfolgreich ein Gesetz auf den Weg gebracht, das das Nachvollziehen von Schusswechseln, an denen Polizisten beteiligt waren, erleichterte. Darüber hinaus stellte sie staatliche Gelder für Body-Cams und Ausbildungsmaßnahmen zur Sensibilisierung gegenüber aller Ethnien zur Verfügung. Das Gesetz wurde in enger Zusammenarbeit mit der Polizeigewerkschaft und den wichtigsten Polizeichefs aus dem ganzen Land verfasst. Es ist die Art von Möglichkeit, die ich als Captain oder Major in einem Krieg leicht gewählt hätte.
Doch das hier ist kein Krieg, erinnere ich mich selbst. Das hier ist Friedenszeit. Und in Zeiten des Friedens können sogar die sorgfältigsten Entscheidungen in Fetzen gerissen werden. Verzerrt werden, um politische Ziele zu erreichen.
Ich erinnere mich selbst daran, dass ich diese Art von Leben gewählt habe. Oder es mich ausgewählt hat. Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, was davon zutreffender ist.
„Und dann haben wir noch die Ehrungen bei der Gala im Luther-Center heute Abend. Trieste, Merlin und Kay haben ein paar Dinge zu Ihrer Rede hinzugefügt. Möchten Sie, dass ich Uri heute früh irgendwann dazwischenschiebe, damit Sie die Endversion durchgehen können?“
Uri Katz ist mein Chef-Redenschreiber und er ist verdammt gut. Normalerweise konsultiere ich seine Meinung über jeden Abschnitt einer Rede. Doch heute ist kein normaler Tag. Heute, mehr als sonst, spüre ich die bittere Ironie, dass ich im Luther-Center eine Rede halte. Das Luther-Center ist eine Stiftung, die Kunst und Wissenschaft unterstützt. Sie begann mit einem Stiftungskapital von meinem verstorbenen Vater, Präsident Penley Luther. Von dem nur wenige Menschen wissen, dass er mein Vater war.
„Neuigkeiten aus Berlin?“, frage ich. „Sie sollten morgen oder übermorgen eintreffen, und zwar über die inoffiziellen Kanäle.“
Belvedere schüttelt den Kopf. „Noch nichts, Sir.“
„Okay. Wir verlegen ein paar Termine. Lana soll alle Infos zu ihrem Briefing zusammentragen und auf meinen Tisch legen. Veranlasse, dass Gawayne mir die Datenblätter zum Sicherheitsbriefing auf meinen Computer schickt. Verlege den Premierminister. Ich vertraue Uri, dass er die Rede allein fertigstellen kann, ich werde sie später schleifen, sofern das notwendig ist. Gestern Abend ist etwas vorgefallen und unser Stabstreffen ist jetzt vorrangig, alles klar?“
„Alles klar“, sagt Belvedere und tippt schon etwas in sein iPhone.
„Highschool und die Witwen bleiben auf der Tagesordnung, alles andere bitte auf morgen verlegen. Ich fahre zu der Gala heute Abend. Wenn ich es mir recht überlege, sollten wir versuchen, ob ich den Premierminister vom Auto aus auf dem Weg dorthin erreichen kann.“
Mein Assistent nickt und tippt auf seinen Bildschirm. „Sonst noch etwas?“
„Ich will, dass Merlin so schnell es geht in meine Privaträume kommt.“ Ich blicke aus dem Fenster neben der Gewichthebemaschine. Der Morgenhimmel leuchtet in Pink und Orange. „Er wird wach sein.“
„Erledigt.“
Gemeinsam verlassen wir den Trainingsraum und gehen zu den Treppen, die hoch in den zweiten Stock führen. „Und Belvedere?“
„Ja, Mr. President?“
„Ich will sofort wissen, wenn das Flugzeug mit meiner Frau aus New York gelandet ist.“
„Ja, Sir.“
Ich berühre ihn an der Schulter und er sieht mich an. Auf seinem jungen Gesicht liegt ein Ausdruck aus einer Kombination von Ehrgefühl, Verletzlichkeit und Vorsicht. Es erinnert mich so sehr an den jungen Embry, dass ich schlucken muss.
„Danke schön, Ryan“, sage ich leise. „Für all deine Hilfe. Ohne dich wäre ich nichts. Das war schon bei der Wahlkampagne so und ist es jetzt umso mehr.“
„S-Sir“, stottert Belvedere. „Das ist nicht wahr, und das wissen Sie.“
„Ich wünschte, du wüsstest“, sage ich mit einem reuevollen Lächeln, „wie schwach ich wirklich bin.“ Und dann lasse ich ihn allein, um das erste Mal seit zehn Jahren einen Tag ohne meinen Prinzen zu beginnen.
Ich spüre, wie sich Merlin nähert.
Das war etwas, das ich in Karpatien besser konnte als alle anderen. Dieses Erspüren. Es ist nicht einfach nur Sehen oder Hören, es ist kein Vermuten, es ist noch nicht einmal eine handfeste Schlussfolgerung. Diese Fähigkeit, sich den Weg durch einen Wald, eine stille Siedlung voller blinzelnder Augen und geschlossenen Mündern zu erspüren. Sich den Weg durch ein Gefecht zu erspüren.
Diese Fähigkeit kam mir gelegen, als ich in die Politik ging. Ich wusste bereits, wie ich inmitten von Blödsinn und Lärm die Ruhe bewahren konnte. Ich war in der Lage, die Lügen und Absichten der Leute um mich herum zu erspüren. Wenn man es genau nimmt, ist es nicht wirklich ein Gefecht, und dafür sei Gott gedankt. Ich habe schon genug Leben genommen, genügend Feinde umgebracht und ausreichend viele Gebäude brennen sehen. Manchmal, wenn sich meine Mitarbeiter vom täglichen, hier das Leben bestimmenden Kreislauf aus Panik und Hochgefühl gefangen nehmen lassen, erinnere ich sie daran, dass dies kein wirklicher Krieg ist. Was wir hier machen, ist wichtig, aber noch wichtiger ist, dass jeder dabei am Leben bleibt. Wir haben Zeit, Dinge zu regeln, Zeit, nachzudenken. Alles, was schrecklich ist, kann man rückgängig machen. In Karpatien war das nicht der Fall.
Wenn ich ehrlich bin, sehne ich mich nach dieser speziellen Herausforderung. In den Bergen waren die Leute entweder Freund oder Feind. Es gab keine andere Option. Doch hier sind die Feinde freundlich und die Freunde berechnend. Niemand passt in eine schwarze oder weiße Schublade. Worte sind mehrdeutig, Absichten nuanciert. Ich benötige jedes Neuron, jedes Quäntchen meines Wahrnehmungsvermögens, meiner Ausstrahlung und meiner Selbstbeherrschung, um hier an der Spitze zu stehen. Es lässt mich stark bleiben. Hellwach.
Im Moment versuche ich, mein Wahrnehmungsvermögen und meine Selbstbeherrschung zu sammeln. Ich verwende sie wie ein Wundpflaster, um all die neuen Risse in meiner Seele zu überdecken. Mein alter Freund wird sie dennoch sehen. Er scheint alles zu sehen. Doch ich würde es ihm gern nicht ganz so einfach machen.
„Es wird nicht lange dauern“, sage ich, als Merlin schließlich durch die Tür kommt. „Wir haben in weniger als einer halben Stunde ein Meeting mit dem Stab.“
Merlin nickt, betrachtet mich. Seine dunklen Augen nehmen zweifelsohne mein müde aussehendes Gesicht wahr, meine Haare, die noch von der Dusche nass sind, die Anzugjacke, die ich noch nicht angezogen habe.
„Nimm bitte Platz, Merlin.“
Ich bleibe stehen, während er sich hinsetzt. Meine Muskeln schmerzen vom Training, mein Schwanz schmerzt, weil er die ganze Nacht lang hart und wütend war, meine Brust schmerzt, weil ich Embry und Greer vermisse. Ich nehme mir einen Augenblick, um mir vorzustellen, wie sie vor mir kniet. Wie meine Hand durch ihr seidiges, goldenes Haar streicht. Wie sie ihr Gesicht an meinem Oberschenkel reibt. Etwas in mir wird ruhiger. Ich setze mich ebenfalls.
„Embry hat letzte Nacht gekündigt. Seine offizielle Rücktrittserklärung wird uns heute aus seinem Büro zugestellt.“
Merlin sieht nicht überrascht aus, allerdings macht er ein Geräusch, das eine weniger aufmerksame Person als Schockiert sein deuten würde. „Wie furchtbar. Ich vermute, er will sich vorbereiten, gegen dich anzutreten?“
„Ja.“
„Und sein Nachfolger?“
Ich kneife mir mit Daumen und Zeigefinger in den Nasenrücken. Kopfschmerz kündigt sich an. „Selbstverständlich Kay. Ich würde gern Trieste fragen, ob sie den Posten als Stabschefin haben möchte.“
„Und wenn sie akzeptiert, wer soll dein neuer Pressesprecher werden?“
„Ich glaube nicht, dass Uri den Posten möchte, aber ich werde ihn zuerst fragen. Wenn er Nein sagt, schaue ich mich außerhalb des Stabs um. Ich möchte jemand junges und cleveres, und wir haben genug weiße Männer im Stab, also lass uns das im Hinterkopf behalten, wenn wir suchen.“
„Einverstanden“, sagt Merlin ruhig.
„Hast du gewusst, dass das passieren wird?“
„Natürlich nicht“, antwortet er.
Er ist ein guter Lügner, aber nicht gut genug. Ich spüre, wie sich Verschwiegenheit in seine Worte webt, sehe die einstudierte Arglosigkeit auf seinem Gesicht. Er weiß etwas. Politisches hat er noch nie vor mir verheimlicht, aber Embry schlägt eine Brücke zwischen Politik und Privatem. Und wenn es um Privates geht, denke ich, dass Merlin mir über die Jahre hinweg einiges vorenthalten hat.
Ich wechsele das Thema. „Du hast Embry gesagt, er könne nicht mit mir zusammen sein.“
Merlin hebt das Kinn an. „Es war Krieg, Maxen. Opfer mussten gebracht werden.“
„Aber dieses?“
Das alltägliche Geräusch der anspringenden Klimaanlage erklingt. Außerhalb des Fensters ist die Stadt bereits ein Sumpf aus heißem Metall und dampfendem Asphalt. Trotz der kühlen Luft aus den Ventilatoren spüre ich, wie die Augusthitze versucht, gegen die Mauern des Gebäudes zu drücken und mit einem Mal fühle ich mich sehr, sehr müde.
„Ich habe ihm lediglich die Wahrheit gesagt, nichts weiter“, sagt Merlin. „Es war immer seine Entscheidung, was er mit der Wahrheit anstellt.“
„Du kennst ihn. Du weißt, wenn du es ihm darlegst, als müsste ich beschützt werden, dass er mich beschützen würde.“
„Du musstest beschützt werden.“
„Gottverdammt, wovor, Merlin?“ Ich hole tief Luft, versuche, das Messer meines Zorns wieder zurück in die Scheide zu schieben. „Ich habe niemanden darum gebeten, auf meine Karriere aufzupassen. Ich hätte mit Freude alle Konsequenzen getragen, die Embry zu lieben nach sich gezogen hätte, ganz egal, wie sie ausgesehen hätten.“
„Du musstest vor dir selbst beschützt werden“, erwidert Merlin. „Vor genau dieser Einstellung. Du warst für diesen Krieg gemacht und bist für das hier gemacht.“ Sein Finger tippt dabei auf die Stuhllehne, und er deutet somit diesen ganzen Raum an. Dieses Gebäude. Diese Stadt. „Es tut mir leid, aber das konnte nicht verschwendet werden.“
„Verschwendet“, wiederhole ich. „Verschwendet an was? An die Liebe? An ein glückliches Leben? Warst du jemals verliebt, Merlin? Hast du überhaupt eine Ahnung, wovon du sprichst?“
Zu meiner Überraschung blitzen Merlins dunkle Augen heiß und zornig auf. „Ich war verliebt“, sagt er mit einem vorsichtigen Tonfall. „Aber ich wusste immer, dass mein Leben ein einsamer Pfad ist. Ich tat, was getan werden musste, sodass ich diese Arbeit mit dir machen konnte. Für dich.“
„Also war Embry eine Art Revanche? Weil du die Liebe aufgegeben hast, um für mich zu arbeiten, musste sie mir auch verwehrt sein?“
„Du bist müde und leidest, also werde ich dir verzeihen, dass du mir vorwirfst, ich hätte mit Absicht dein Glück zerstört. Du solltest allerdings auch nicht vergessen, dass du heute Greer nicht hättest, wenn du vor Jahren Embry geheiratet hättest.“
Dieses Argument bringt meinen Zorn jäh zum Stillstand. „Embry hat gestern Abend dasselbe gesagt“, sage ich und schaue auf meine Hände hinab. „Ihr habt beide recht.“ Ohne sie wäre ich nicht vollständig, und Embry ebenso wenig. Sie ist dafür geschaffen, meine Frau zu sein, und wir alle waren dazu geschaffen, eine Dreiheit zu sein.
Merlin steht auf. „Ist das alles?“
„Nein“, sage ich, auch wenn ich mir das Gegenteil wünsche. Ich wünsche mir, ich wäre heute Früh mit meiner Frau auf der einen und meinem Geliebten auf der anderen Seite von mir aufgewacht. Ich wünsche mir, dass die Geister meiner ganzen Fehler und die der Fehler meines Vaters aufhören, mich zu verfolgen. „Mein Sohn.“
Merlin versteift sich und zum ersten Mal an diesem Morgen, so wird mir klar, habe ich ihn wirklich überrascht.
„Sag mir, dass du nichts von ihm wusstest“, bettele ich fast. „Sag mir, dass du so etwas nicht vor mir geheim halten würdest.“
Merlin kämpft mit sich. Ich kann es an seinem Gesicht ablesen. Ich spüre es in seinem Verstand, wie einen Wind, der all seine Gedanken davonweht und nur trockene Blätter an einem Baum zurücklässt. Ich fühle auch den Moment, in dem er sich dazu entschließt, mir die Wahrheit zu sagen.
„Ich bin nicht stolz darauf“, sagt er endlich und begegnet meinem Blick. In seinen krähenschwarzen Augen sehe etwas sehr viel Älteres als seine vierzig und ein paar zerquetschte Jahre. „Ich dachte … nun, ich hatte gehofft, alte Sünden nicht zu wiederholen. Nicht dieselben Fehler der Vergangenheit noch einmal zu begehen.“
„Alte Sünden? Redest du von meinem Vater?“
Er blinzelt, als käme er erst jetzt wieder zu sich. „Ja“, antwortet er, aber er lügt schon wieder.
Und ich bin mir nicht sicher, warum. „Du musst mich nicht vor Penleys Fehlern beschützen, Merlin. Ich hätte alles gegeben, sie nicht selbst zu begehen.“
„Mit einem unehelichen Kind hättest du es in der Politik niemals so weit gebracht und ich hatte damals bereits Ambitionen für dich“, sagt Merlin. „Schon bevor wir uns offiziell kennen gelernt haben, hatte ich bereits ein Auge auf dich geworfen. Morgan wollte es vor dir geheim halten. Vivienne und ich sahen nicht, wie es irgendwie hilfreich gewesen wäre, weder für dich noch für Morgan, wenn wir sie davon abhielten, die Wahrheit zu verbergen.“
„Wir wussten damals nicht, dass Morgan meine Schwester ist, Merlin. Es wäre völlig in Ordnung gewesen.“
Er antwortet nicht sofort. Eiskaltes Misstrauen breitet sich in mir aus. „Merlin.“
Er atmet ein und seine Augen sehen uralt aus. „Ich wusste es schon vorher, Maxen. Ich weiß es schon seit langer Zeit.“
„Himmel Herrgott noch mal.“ Dieser neue Verrat fühlt sich wie ein Speer in meiner Seite an. „Woher hast du es gewusst?“
„Mein erster Job gleich nach dem Studium war in einer Kanzlei in Manhattan, die dafür verantwortlich war, Penley Luthers testamentarisch festgelegte Bestimmungen durchzuführen. Sie beinhalteten, Zahlungen auf Imogen Leffeys jüngstes Kind zu übertragen. Als ich dich fand, konnte man unschwer erkennen, dass du sein Kind warst. Haar- und Augenfarbe hast du von ihr, aber seine Züge, die Art, wie du dich hältst, bewegst … das ist komplett Penley.“
„Als du mich gefunden hast“, wiederhole ich und starre ihn an.
„Der Rummel. Erinnerst du dich? Du hattest gerade ein Schwert aus einem Stein gezogen.“
Ich hatte diesen Moment seitdem fast jeden Tag vor Augen, den großen Fremden, der meinen Namen kannte. Doch die Zeit hat alle Details verschwimmen lassen, hat die Echtheit dieses Moments verwaschen. Es war zu so etwas wie einem Traum geworden. „Du warst das.“
„Ich fand dich und dann fand ich Althea Colchester und gab ihr das Geld. Hast du dich nie gewundert, wie sie in der Lage gewesen war, dein College zu finanzieren?“
„Sie sagte mir, dass es ein Stipendium gewesen wäre … aber das warst du. Und Penley.“
„Ja.“
„Aber wenn du das alles schon seit Jahren weißt, warum hast du mir nichts davon erzählt? Warum hast du mich nicht gewarnt? Warum hast du mir nicht gesagt, dass ich niemals mit jemandem schlafen soll, der den Nachnamen Leffey trägt?“
„Fälschlicherweise dachte ich, du wärst zu jung, um solch eine grässliche Warnung zu erhalten. Über die Wahrheit deiner leiblichen Eltern Bescheid zu wissen. Also war ich zu spät dran. Wie immer.“ Er lächelt reuevoll, als ob das ein Insiderwitz wäre.
„Wie hast du davon erfahren?“
Er schaut weg, zum Fenster. Seine Augen nehmen einen distanzierten Ausdruck an. „Nimue. Ich bot ihrer Familie an, zu helfen, wo ich nur konnte. Vivienne und ich haben dafür gesorgt, dass Lyrs Adoption diskret und legal über die Bühne ging. Tatsächlich war ich sogar derjenige, der den Namen vorschlug. Es ist walisisch“, erklärt er und seine Augen sind noch immer auf einen Punkt in der Vergangenheit gerichtet. „Vom See. Ich dachte, wenn ich schon die Fehler der Vergangenheit begehe, dann wenigstens richtig.“
„Ich verstehe nicht.“
Sein Blick klärt sich und er schaut mich an. „Das wirst du. Aber nicht jetzt.“
„Keine Geheimnisse mehr, Merlin. Du hattest nicht das Recht, Lyr vor mir geheim zu halten.“ In meiner Brust breitet sich Schmerz aus und ich halte inne. „Keine Geheimnisse mehr.“
„Keine“, stimmt Merlin zu. „Bis auf eins.“
„Nein.“
„Ich werde es dir erzählen, das verspreche ich dir. Aber nicht jetzt.“
Ich werfe die Hände hoch. „Wann? Nächste Woche? Nächsten Monat?“
„In zweieinhalb Jahren.“
Einen Moment glaube ich, dass er einen Scherz macht und lache. Doch er lacht nicht mit und ich sehe seinem Gesicht an, dass er es total ernst meint. „Zweieinhalb Jahre“, sage ich ungläubig. „Du denkst, ich wäre dir das schuldig? Nach dem, was du mir und Embry angetan hast? Nachdem du mir meinen Sohn verheimlicht hast?“
„Ich denke nicht, dass du mir irgendetwas schuldest. Ich sehe ein, dass ich mich grausam und manipulativ dir und anderen gegenüber verhalten habe. Doch es geschah immer nur in deinem besten Interesse. Im besten Interesse von allen. Was auch der Grund ist, warum du warten werden musst. Nicht, weil du mir etwas schuldest, sondern weil du keine andere Wahl hast.“
Ich stehe auf. „Sag mir, wie ich dir vertrauen kann. Sag mir, wie ich zu diesem Stabsmeeting gehen und mich vertrauensvoll an dich wenden kann.“
Merlin schenkt mir ein schmales, trauriges Lächeln. „Du wirst mir vertrauen, denn es liegt in deiner Natur, Vertrauen zu haben. Du wirst dich vertrauensvoll an mich wenden, denn ich habe dich nie zu einer Entscheidung gedrängt, die diesem Land oder seinen Bürgern schaden würde. Der Kern der Tragödie in deinem Leben, Maxen, liegt darin, dass du den Glauben an die Menschen um dich herum nie verlierst. Selbst wenn sie dir wehtun, immer und immer wieder.“
Er geht und ich hole tief Luft.
Dass du den Glauben an die Menschen um dich herum nie verlierst. Selbst wenn sie dir wehtun, immer und immer wieder.
Es fühlt sich an wie ein Fluch.
Ich schnappe mir mein Jackett und folge ihm die Stufen hinab.
Heute
Das Meeting mit dem Stab ist nicht einfach. Das war mir im Voraus schon klar, und doch sitze ich auf diesem Sessel und betrachte die Gesichter meiner Freunde und Verbündeten – Kay, Trieste, Uri mit Belvedere gleich vor der Tür. Luc und Lamar stehen bei den Fenstern und halten Wache, und Merlin, der vor sich hinstarrt. Das alles dient nur dazu, zu unterstreichen, wer nicht hier ist.
Mein Prinz.
Es war immer etwas, das ich mit ihm geteilt hatte, diesen Wunschtraum, dass ich Präsidentschaftskandidat werden würde. Die meisten Kandidaten wählen einen bestimmten Vize, um die Parteibasis auf ihre Seite zu kriegen oder die Moderaten. Oder eine Kombination aus beidem. Ich allerdings nicht. Von Anfang an stellte ich klar, dass ich keinen einzigen Schritt ohne Embry an meiner Seite tun würde. Damals war ich mit Jenny zusammen, also waren wir nicht … wir konnten nicht so zusammen sein wie früher. Aber ich brauchte ihn dennoch. Er war mein Waffenbruder, mein ehemaliger Geliebter, mein bester Freund. Er war in einem politischen Umfeld aufgewachsen, seine Mutter war eine mächtige Gouverneurin. Er verstand die Strategien des Plauderns und Umwerbens besser als ich.
Und ich brauchte ihn. Ich brauchte ihn einfach.
Und jetzt ist er nicht hier.
Kay akzeptiert den angebotenen Posten, genau wie Trieste. Uri lehnt ab, denn er fühlt sich mit Computern und Papier wohler als dabei, von Journalisten durch die Mangel gedreht werden. Wir besprechen unsere Strategie, wie wir einen neuen Pressesprecher suchen wollen. Kay und Trieste planen umgehend, mit Embrys Büro Kontakt aufzunehmen, damit sie eine Abschrift der Kündigung einsehen können, bevor sie veröffentlicht wird. Wir arbeiten an einem Plan, wie wir die Medien über seinen Abschied informieren und stimmen darin überein, dass wir davon noch nichts in der Rede bei der Gala erwähnen. Auch wenn Embrys Rücktritt dann bereits die Runde durch die Presse gemacht haben wird. Was mit Sicherheit für circa einen Monat so bleiben wird. Wir werden weder dem, was erzählt wird, ausweichen noch werden wir irgendwelche Schuldzuweisungen machen. Ich sehe, dass Trieste damit nicht einverstanden ist. Sie würde lieber von Anfang an versuchen, die Geschichte zu kontrollieren, doch so führe ich meine Administration nicht an. Embry und die Presse sollen erzählen, was immer sie wollen, aber wir werden an Ehrlichkeit, Zurückhaltung und Würde festhalten.
„Wir müssen die nächste Wahl im Auge behalten“, sagt Kay knapp und notiert sich etwas auf ihrem Tablet. Das Sonnenlicht scheint vom Rosengarten durch die Fenster und malt bronzene Konturen auf ihre dunkelbraune Haut, hebt jede ihrer Naturlocken hervor, jede kantige Linie, die sich in ihren hohen Wangenknochen und ihrer zierlichen Kinnpartie abzeichnet. Für einen Augenblick muss ich an das Mädchen denken, mit dem ich aufgewachsen bin. Die mit den blauen Zöpfen und den schlabbrigen Jeans. Die ältere Schwester, die mich vor jedem Schulhoffiesling beschützt hat, vor jeder erhobenen Augenbraue über den adoptierten weißen Jungen. Jeder wichtigtuerischen Mutter in der Kirche, die sicherstellen wollte, dass Althea mir auch ja die Rosenkränze ordentlich beibrachte. Und ich bin überwältigt von einer tiefgründigen Dankbarkeit und dem Gefühl, in ihrer Schuld zu stehen. Aufgrund einer Zuneigung und Loyalität, die ich nicht verdient habe. Für ihre Energie, ihren Intellekt und ihren unermüdlichen Einsatz.
Ich stehe auf und umarme sie, womit ich den Fluss unseres Meetings unterbreche. Alles zerfällt in seine Einzelteile, aber Kay war schon für mich da, als ich gerade erst vier Jahre alt war und ich muss sie einfach in die Arme nehmen. Alle halten inne und starren uns an.
„Danke dir“, sage ich Kay. „Du bist meine Lieblingsschwester.“
„Ich bin deine einzige Schwester“, sagt sie trocken, als ich sie wieder loslasse.
Ich will ihr gerade sagen, dass das eigentlich nicht ganz korrekt ist, als es an der Tür klopft. Ich stelle mich gerade auf, während Belvedere seinen Kopf ins Zimmer schiebt. Er sieht verlegen aus.
„Es tut mir sehr leid, Sir, aber der Vizepräsident ist in der Leitung. Er hat gefragt, ob er Sie sprechen kann.“
In meiner Brust verknotet sich etwas. Aufregung, oder Schmerz, ich kann es nicht benennen.
„Um formal seine Kündigung vorzubringen, vermute ich“, sagt Merlin und steht auf. „Überlassen wir dem Präsidenten den Raum.“
Mein Stab packt seine Sachen zusammen, Kay drückt mir noch schnell die Hand und Merlin schenkt mir einen unergründlichen Blick. Dann bin ich mit einem klingelnden Telefon allein im Oval Office. Meine Hand zittert, als ich abhebe.
„Colchester.“
„Du weißt, dass ich es bin“, höre ich Embrys verärgerten Tonfall.
Ich lasse jeden scharfen Konsonanten, jeden gedehnten Vokal in mich einsickern. Es sind gerade einmal zwölf Stunden vergangen, und doch vermisse ich ihn mit den wehleidigen Schmerzen eines verhungernden Hundes.
Embry fährt fort. „Geh doch wie ein richtiger Mensch ans Telefon.“
„Komm herüber und ich werde mit dir reden wie ein richtiger Mann.“
Embry lacht und wie immer schließt dieses Geräusch jede Tür zu meinem Herzen auf. Er und Greer, sie lachen so oft, und der Klang ist wie die personifizierte Freude. „Ash, wir wissen beide, was passieren würde, wenn ich mit dir allein wäre.“
„Und was wäre das?“
„Wir würden uns streiten. Du würdest mich bitten, nicht zu gehen. Ich würde dir sagen, dass ich keine andere Wahl habe. Wir würden neue Wege finden, uns gegenseitig wehzutun. Es wäre nicht schön.“
„Doch. Neue Wege finden, dir wehzutun, ist immer schön für mich, kleiner Prinz.“
Ein kurzes Luftholen ist die einzige Antwort, die ich darauf erhalte. Ich stelle mir diese eisblauen Augen vor. Wie sie sich vor Lust verschleiern. Diese festen Lippen, wie sie sich vor Verlangen nur ein klein wenig verziehen.
Ich setze mich hinter meinen Schreibtisch und fahre mit der Handfläche über das glatte Holz, als wäre es der Rücken meines Geliebten. „Lass mich dir sagen, was genau passieren würde, wenn du hier wärst. Du würdest hereinkommen und versuchen, dich nicht zu setzen, denn du würdest denken, dass uns das auf Augenhöhe halten würde. Denn du würdest dir nicht erlauben, dich in meiner Gegenwart zu entspannen. Ich würde dich stehen lassen, denn es würde keine Rolle spielen.“
„Keine Rolle spielen?“
„Habe ich denn weniger Macht, wenn ich sitze, als wenn ich stehe? Bin ich ein anderer Mensch?“
„Es ginge gar nicht um dich“, sagt Embry ungeduldig. „Ich würde für mich stehen bleiben. Um zu demonstrieren, dass wir jetzt anders sind. Dass ich anders bin.“
„Aber das bist du nicht, mein Patroklos. Wie oft warst du schon bereit, gegen mich anzukämpfen, bereit, dich zu wehren und blaue Flecke zu kassieren, um dir selbst zu beweisen, dass du mich nicht willst. Nur um dann am Ende um meinen Schwanz zu betteln?“
„Und du denkst, dass das dieses Mal passieren würde?“
„Ich weiß, dass es passieren würde“, sage ich mit gesenkter Stimme. Mein Schwanz wird langsam hart, während ich mir das vorstelle. „Ich würde dich lange genug stehen lassen, bis dir klar werden würde, dass ich recht habe, dass ich dich immer noch besitze, sitzend oder stehend. Und dann würde ich dich auf die Knie zwingen, damit du dich dafür entschuldigen kannst, dass du mir das Herz gebrochen hast.“
Embrys Tonfall klingt seidig, als er antwortet. „Wie genau entschuldigen?“
„Indem du mein Sperma schluckst.“
„Das würde nicht reichen. Würde nicht genügen, um deine Vergebung zu erhalten.“
„Du hast recht“, sage ich und reibe mit der Handfläche über meine Erektion. Ich bin hart genug, dass ich jede Kontur unter dem Stoff spüren kann. „Nachdem ich deinen Mund gefickt hätte, würde ich dich am Kragen packen und über den Schreibtisch legen. Ich würde dir mit meinem Gürtel rote Striemen auf dem Hintern verpassen, einen Schlag für jedes Mal, das du mich verlassen hast.“
„Ich würde gern sehen, wie du das versuchst“, sagt Embry, und die Atemlosigkeit in seiner Stimme verrät ihn.
Er würde genauso gern sehen, wie ich das versuche, wie ich. Nämlich sehr.