Analogien von Traum und Text am Beispiel von Kafkas 'Ein Landarzt' - Anna Katharina Eißel - E-Book

Analogien von Traum und Text am Beispiel von Kafkas 'Ein Landarzt' E-Book

Anna Katharina Eißel

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Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 2,0, Universität Hamburg (Institut für Sprach-, Literatur- und Medienwissenschaften), Veranstaltung: Seminar II: Text und Subjekt: Sigmund Freuds Traumdeutung, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Hauptseminar, zu dem diese Hausarbeit erstellt wurde, hieß „Text und Subjekt: Sigmund Freuds Traumdeutung“, es argumentierte also auf der Grundlage eines „fachfremden“ Textes, eines nicht literaturtheoretischen, primär psychoanalytischen Werkes (dennoch eines Standardwerkes der Geisteswissenschaften) und untersuchte dieses v. a. auf seine Ähnlichkeit zum literarischen Text hin. Es ging darum, die Mechanismen psychoanalytischen Erzählens zu verstehen, darum, wie Freud sein psychoanalytisches Verstehen erzählt. Auf die Frage, was ein Text eigentlich ist, will ich hier nicht eingehen, ebenso wenig darauf, dass auch die Traumdeutung von Freud als literarischer Text gelesen werden kann... Vielmehr möchte ich untersuchen: Ist der Traum ein Text und ist der (hier speziell ausgewählte) literarische Text einem Traum ähnlich? Beobachtungen der Wechselwirkungen von Literaturwissenschaft und Psychoanalyse und die von Literatur und Psychoanalyse (speziell der Traumtheorie) sollen die Basis bilden für den hier vorgelegten Versuch einer Textanalyse. Die Leitfrage dieser Hausarbeit soll also sein: Bietet der Text „Ein Landarzt“ von Franz Kafka, seine Struktur, Anlässe dafür, ihn wie einen Traum zu lesen und wenn ja, was bedeutet das? Als zweite Primärquelle neben der Kafka-Erzählung nutze ich die für das Seminar so zentrale „Traumdeutung“ von Sigmund Freud.

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Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG
2. „EIN LANDARZT“: EIN TRAUM?
3. ALLGEMEIN: TRAUM UND TEXT
3.1. FREUDS „TRAUMDEUTUNG“
3.2. DIE PSYCHOANALYTISCHE LITERATURWISSENSCHAFT:
GEMEINSAMKEITEN VON TRAUM UND TEXT.
3.3. DIE KONTROVERSE BEZIEHUNG VON PSYCHOANALYSE UND LITERATUR
4. KAFKA UND PSYCHOANALYSE
5. REPRISE / DIE LITERATURWISSENSCHAFT ZUM „LANDARZT“
5.1. RÜCKKEHR ZUM LANDARZT.
5.2. WAS SAGEN DIE FORSCHER?
6. SCHLUSSTEIL

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Universität Hamburg Fachbereich 07

Institut für Sprach-, Literatur- und Medienwissenschaft Wintersemester 04/05

Seminar II: Text und Subjekt: Sigmund Freuds Traumdeutung.

Analogien von Traum und Text.

Am Beispiel von Kafkas „Ein Landarzt“.

Verfasserin: Katharina Eißel

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1. EINLEITUNG

Das Hauptseminar, zu dem diese Hausarbeit erstellt wurde, hieß „Text und Subjekt: Sigmund Freuds Traumdeutung“, es argumentierte also auf der Grundlage eines „fachfremden“ Textes, eines nicht literaturtheoretischen, primär psychoanalytischen Werkes (dennoch eines Standardwerkes der Geisteswissenschaften) und untersuchte dieses v. a. auf seine Ähnlichkeit zum literarischen Text hin. Es ging darum, die Mechanismen psychoanalytischen Erzählens zu verstehen, darum, wie Freud sein psychoanalytisches Verstehen erzählt. Auf die Frage, was ein Text eigentlich ist, will ich hier nicht eingehen, ebenso wenig darauf, dass auch die Traumdeutung von Freud als literarischer Text gelesen werden kann... Vielmehr möchte ich untersuchen: Ist der Traum ein Text und ist der (hier speziell ausgewählte) literarische Text einem Traum ähnlich? Beobachtungen der Wechselwirkungen von Literaturwissenschaft und Psychoanalyse und die von Literatur und Psychoanalyse (speziell der Traumtheorie) sollen die Basis bilden für den hier vorgelegten Versuch einer Textanalyse. Die Leitfrage dieser Hausarbeit soll also sein: Bietet der Text „Ein Landarzt“1von Franz Kafka, seine Struktur, Anlässe dafür, ihn wie einen Traum zu lesen und wenn ja, was bedeutet das?

Als zweite Primärquelle neben der Kafka-Erzählung nutze ich die für das Seminar so zentrale „Traumdeutung“ von Sigmund Freud.2Methodisch gesehen, setze ich die Kurzgeschichte als bekannt voraus, werde also keine Inhaltsangabe liefern. Ebenso verfahre ich mit der „Traumdeutung“, die zwar in Ansätzen wiedergegeben werden soll, deren ausführliche Diskussion aber hier jeden Rahmen sprengen würde. Daneben gibt es solche „Unmengen“ an Sekundärliteratur zur psychoanalytischen Literaturwissenschaft und - als deren Gegenstandzu Franz Kafka, dass mein schon umfangreiches Literaturverzeichnis wahrscheinlich noch umfangreicher hätte ausfallen müssen.

Ich steige ein mit einem der Illustration dienlichen Analyseteil, der vor der Kenntnisnahme anderer (wissenschaftlicher) Interpretationen erstellt wurde. Im Anschluss wird eine theoretische Auseinandersetzung mit der Fragestellung geschehen, dazu werden zunächst zentrale Kategorien des Traumtheoretikers Sigmund Freud eingeführt, die dann die behaupteten Gemeinsamkeiten zwischen Traum und Text untermauern. Danach gehe ich auf

1Franz Kafka: Ein Landarzt und andere Prosa. Hrsg. von Michael Müller. Verlag Philipp Reclam jun. Stuttgart 1995.

2Freud, Sigmund: Die Traumdeutung. Hrsg. von Joachim Fest und Wolf Jobst Siedler. S. Fischer Verlag. Frankfurt a. M. 1982. (=Klassiker des modernen Denkens)

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das nicht immer unproblematische Verhältnis von Literaturwissenschaft und Psychoanalyse ein.3Ein 4. Kapitel: „Kafka und die Psychoanalyse“ untersucht, warum sich gerade ein Text von Kafka zum Traumvergleich geeignet ist und was Kafka (gleich einer Wechselwirkung) über die Psychoanalyse dachte.

Um anschließend noch einmal -diesmal mit fundiertem theoretischen Wissen und unter Zuhilfenahme anderer Interpretationen - zum Text „Ein Landarzt“ und der Ausgangfrage zurückzukehren, was die festgestellten Ähnlichkeiten für Konsequenzen nach sich ziehen. Diese Reprise soll v. a. bezwecken, dass die vorher eingeführten Freudschen Kategorien, psychoanalytisch-literaturwissenschaftlichen Sichtweisen und Informationen zum Autor Kafka den Text noch eingehender beleuchten.

Was also ist an der Geschichte dem Traum und seinen Strukturen und Inhalten verwandt? Das Vorhaben meiner im Anschluss, in Kapitel 2 folgenden Textanalyse ist es, allgemeine, von der Alltagsbeobachtung und nicht von Freud herstammende Strukturmerkmale des Traums in der Geschichte herauszuarbeiten, da ich die Erzählung unter diesem Aspekt in der Forschung bisher nicht behandelt gesehen habe. Wenn von den Literaturwissenschaftlern eine Traumanalogie festgestellt wird, so immer nur in Bezug auf die Freudschen Kategorien. Bei meiner einleitenden Analyse will ich mich weder auf linguistische Phänomene stützen (z. B. Tropen untersuchen) noch eine Interpretation, was die einzelnen Inhalte bedeuten könnten, liefern. Vielmehr möchte ich im Ansatz eine Strukturanalyse vorlegen, die sich allein auf mein eignes Wissen um Träume und meine Erfahrung mit Träumen beruft, und die, in ihrer Naivität, am Ende der Hausarbeit diesmal wissenschaftlich fundiert, aufs Neue betrachtet werden kann.

2. „EIN LANDARZT“: EIN TRAUM?

Nur knapp, ohne Anspruch auf Vollständigkeit will ich hier eine Analyse der Kafkaschen Kurzgeschichte „Ein Landarzt“ versuchen, mit einer in erster Linie nicht interpretierenden, sondern Analogien zwischen Traum und Text suchende Vorgehensweise. Beim Zitieren der Textstellen beziehe ich mich im Folgenden immer nur auf die im Reclamband abgedruckte Erzählung:Franz Kafka: Ein Landarzt und andere Prosa. Hrsg. von Michael Müller. Verlag Philipp Reclam jun. Stuttgart 1995.

3Ein die auf die (scheinbaren) häufig von der psychoanalytischen Literaturwissenschaft festgestellten Analogien von den Tropen Metapher und Metonymie zu den Freudschen Traumarbeits-Mechanismen Verschiebung und Verdichtung eingehender Teil hatte hier leider keinen Platz mehr. Obzwar schon fast fertig geschrieben, , will diese Arbeit doch nicht den angemessenen Rahmen sprengen, in dem sie dem dritten Kapitel, wie eigentlich vorgesehen einen Exkurs zu den zentralen Begriffen Metapher und Metonymie anhängt.

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Die Geschichte „Ein Landarzt“ setzt abrupt und unmittelbar ein, dabei steht die Beschreibung eines negativen Gefühls an erster Stelle. Der Protagonist der Erzählung ist ein Ich-Erzähler, auch der Titel der Kurzgeschichte bezeichnet die Hauptfigur. Somit ist einer der wichtigsten Voraussetzungen für eine Traum-Analogie gegeben: Das erlebende Ich, die Subjektivität des Erlebten ist für den Traum unabdingbar.

Aus eigener Erfahrung typisch für den Traum, bzw. den Rest, an den man sich zu erinnern vermag, ist der am Beginn stehende, mulmige, nervöse, gleichsam negative Eindruck von irgendetwas. So verhält es sich zumindest bei Angstträumen.4

Der unmittelbare, nicht als einleitend funktionierende, Einsatz der Erzählung findet des Weiteren hierin eine Ähnlichkeit: Das Traum-‚Ich’ befindet sich mit einem Mal in einer Situation, die auf unangenehme Weise Tatkräftigkeit, den Zwang zur Handlung, zur Reaktion abverlangt.

Ein weitere Analogie ist die Darstellung der Situation nicht angemessener, weil übertriebener Emotionen („zerstreut, gequält“ S. 10, Z. 18) oder unangebrachter Gefühle („…und wir beide lachten“ S. 10, Z. 29).

Für eine (übertrieben) starke Emotionalität des erzählenden Ichs spricht auch seine Beschreibung des Angegriffenseins durch die Bewohner seiner Gegend: „So sind sie, die Leute in meiner Gegend. Immer das Unmögliche vom Arzt verlangen.“ (S. 14, Z. 19 u. 20). Schon wieder sieht sich der Arzt einem von außen auf ihn ausgeübten Druck ausgeliefert, die Parallelen zur Struktur eines unangenehmen Traumes sind hier offensichtlich.