Anna lernt sich selbst zu lieben - Christina Hommelsheim - E-Book

Anna lernt sich selbst zu lieben E-Book

Christina Hommelsheim

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Beschreibung

Anna hat genug von ihrem Leben. Immer wieder stößt sie auf Blockaden und negative Glaubenssätze, die sie daran hindern, ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Doch dann trifft sie auf eine Gruppe von Menschen, die ihr helfen, ihre Ängste zu überwinden und mehr Selbstliebe zu entwickeln. Gemeinsam gehen sie auf eine Reise der Selbstentdeckung, die Annas Leben für immer verändern wird. In ihrem ersten Roman erzählen Christina und Walter Hommelsheim eine inspirierende Geschichte über die Kraft der Selbstliebe und die Bedeutung von positiven Glaubenssätzen. Ein Buch, das Mut macht und zum Nachdenken anregt.

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Seitenzahl: 255

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Christina Grahn-Hommelsheim und Walter Hommelsheim

ANNA LERNT SICH SELBST ZU LIEBEN

© 2023 NEXT LEVEL Verlag / GREATOR

Alle Rechte vorbehalten

Illustrationen und Buchsatz:

www.anna-dernbach.com

Gesamtherstellung: Next Level Verlag

Druck CPI, Printed in the EU

ISBN: 978-3-949458-69-9

ISBN ePUB: 978-3-949458-71-2

INHALT

Vorwort

Prolog

Etwas muss sich ändern

Die Reise durch Italien

Der Weg zu mehr Selbstliebe

Tag 2 - 5 Schritte in die Unendlichkeit

Tag 3 - Von Visionen und Magneten

Tag 4 – Ziele, Gefühle und rosa Elefanten

Zurück

VORWORT

„Es gibt Menschen auf dieser Welt, die geben dir mit Worten und Gesten so viel wertvolles in einem Augenblick, was andere ein ganzes Leben lang nicht schaffen“.

Zu diesen Menschen gehören definitiv Christina und Walter.

Unsere erste Begegnung war witziger weise in meinem Wohnzimmer, denn die beiden haben mich in ihren großartigen Podcast eingeladen. Aus der geplanten gemeinsamen Stunde, wurden fünf und mein Leben entwickelte sich in eine neue Richtung.

Denn mein nächster Step wurde meine Greator Life Coach Ausbildung bei Christina und Walter. Ich durfte über ein Jahr verteilt, von den Besten der Besten lernen. Was für eine einzigartige Erfahrung. Ich klebte förmlich an ihren Lippen und war non Stop fasziniert von ihrer Energie. Sie lieben, was sie tun, und das spürt jeder der einmal etwas von ihnen gelesen, gehört oder sie live erleben durfte.

Christina und Walter haben eben diese besondere Gabe, Menschen tief in ihrem Herzen zu berühren und ihnen eine Tür zu öffnen, um näher bei sich selbst anzukommen. Das ist sicher ihr ganz persönliches Geschenk für die Welt. Was für ein großes Glück, das wir ein Stückchen davon mitnehmen dürfen. Sie teilen ihr wertvolles gesammeltes Wissen in allen ihren Projekten mit uns – und das mit einer Leidenschaft, Begeisterung und Freude – die einfach unfassbar ansteckend und schön ist.Während unserer gemeinsamen Zeit habe ich diese zwei besonderen Persönlichkeiten noch besser kennengelernt. Da ist die lustige, immer Mädchen bleibende, bezaubernde Christina und der herzliche, weise, charismatische Walter.

Sie sind wundervolle Menschen, grandiose Coaches und Autoren, doch für mich sind sie noch mehr. Ihr seid meine liebevollen Freunde, mit eurem stets offenen Ohr. Wie schön das, dass Leben uns zusammengeführt hat.

Ich durfte so viel von euch lernen, fühlen und wachsen.

All das darf auch Anna, unsere Heldin dieser Geschichte und du darfst sie hautnah bei ihrer Reise begleiten. „Liebe im Außen, beginnt immer mit der Liebe in dir“. Mach dich gemeinsam mit Anna auf euren Weg, und finde auch du deine ganz persönlichen Antworten.

Mit diesem zauberhaften Buch dürfen wir ein weiteres Mal mit eintauchen, in die Welt von Christina und Walter. Jetzt bleibt mir nur noch, dir, liebster Leser, eine wunderschöne Lesezeit zu wünschen.

Ein Geschenk für dich selbst.

Von Herzen,

Susan Sideropoulos

PROLOG

Der Weg zu bedingungs- und furchtloser Selbstliebe ist nicht linear. Er hat Kurven, Hügel und versteckte Irrwege. Die tauchen gerne dann auf, wenn man denkt, man hätte einen besonders schweren Abschnitt hinter sich gebracht. Doch plötzlich stellt man fest, dass man nur im Kreis gelaufen ist. Gerade diese steinigen, steilen, frustrierenden Stellen sind die, die man überwinden darf, um an sein Ziel zu kommen.

Aber verlassen wir diese Metapher mal besser, bevor sie ganz … ausgelatscht ist. Selbstliebe ist besonders einfach, wenn alles rund und nach Plan läuft, wenn die Sonne scheint und die Vögel singen. Viel herausfordernder ist es, wenn es schwierig wird. Wenn wir schwierig werden. Wenn wir schwach sind, Fehler machen, uns enttäuschen, ein Ziel nicht erreichen.

In diesen Momenten ist Selbstliebe so schwer und vor allem dann so wichtig. Die Fähigkeit, uns selbst zu lieben und so anzunehmen, wie wir eben sind, mit allen Fehlern und Schwächen, ist schwer zu erlernen. Aber leider so leicht wieder zu verlieren.

Daher ist uns dieses Buch besonders wichtig. Wir möchten dir zeigen, dass es ganz normal ist, manchmal die Liebe für sich selbst zu verlieren, solange man sich erinnert, wie und wo man sie wiederfindet.

Die Reise in ein erfülltes Leben beginnt mit dem (An) Erkennen deines Selbst.

ETWAS MUSS SICH ÄNDERN

Ich stehe am Waschbecken der Mitarbeitertoilette der Etage, auf der sich mein Büro befindet und versuche, ruhig ein- und auszuatmen. Ich bin mir nicht sicher, was in diesem Moment mit mir passiert. Meine Hände schwitzen, mein Herz schlägt wie verrückt. Gleichzeitig fühlt es sich an, als würde es in der Brust zusammengequetscht. Vielleicht muss ich mich gleich übergeben, ich bin mir nicht sicher. So habe ich mich noch nie gefühlt und gehe in meinem Kopf alle möglichen Ursachen durch. Habe ich was Falsches gegessen? Einen Schlaganfall? Herzinfarkt? Kolossale Verstopfung? Vor meinen Augen beginnt es zu flimmern, ich muss mich dringend hinsetzen, bevor ich hier auf den Marmorimitat-Fliesen zusammenbreche. Ich schaffe es gerade noch in eine Kabine, als ich merke, dass meine Knie endgültig nachgeben. Während ich auf dem Toilettendeckel zusammensacke, versuche ich meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen.

WAS PASSIERT HIER? WAS IST NUR MIT MIR LOS?

Ich habe jetzt keine Zeit, um krank zu werden. Das passt nicht in meinen Terminplan!

Ich versuche mich darauf zu konzentrieren, meine Atmung wieder zu beruhigen, gleichzeitig gehe ich auf der Suche nach einer Ursache den heutigen Tag durch. Als ich eine Stunde vor meinem eigentlichen Arbeitsbeginn ins Büro kam, war meine Kollegin schon da. Es gibt Gerüchte, dass wieder Stellen abgebaut werden sollen, also erhöhen gerade alle Mitarbeiter ihre Präsenzzeit. Meiner Kollegin geht es im Moment auch nicht so gut, wegen ihres Magengeschwürs darf sie keinen Kaffee mehr trinken und Kamillentee hat einfach nicht den gleichen Kick am Morgen. Bisher war also alles ganz normal, dieser Anfall kam vollkommen unangekündigt. Ich habe mich dann auf ein Meeting mit meinem Chef vorbereitet, das ich gleich haben werde und ich weiß, dass er nicht zufrieden ist. Er ist eigentlich nie zufrieden. Er ist sogar ein ziemlicher Choleriker und hat auch schon mal eine Tür beim Zuknallen zerbersten lassen oder Auszubildende zum Weinen gebracht. Einige meiner Kollegen haben deswegen schon gekündigt. Aber für mich sind seine Wutausbrüche kein Problem, ich bin mit cholerischen Männern aufgewachsen, mein Chef hat mir bisher keine Angst gemacht. Warum sollte erdas jetzt auf einmal?

Dennoch, bei dem Gedanken an das Meeting wird mir plötzlich schlecht und dieses Engegefühl in meiner Brust breitet sich wieder aus. Ich gehe innerlich alles, was er mir heute vorwerfen könnte, durch; bereite mich auf die verschiedensten Gründe, weswegen er gerade wütend sein könnte, vor, und fragte mich, bei welchen Punkten er recht hat. Die Fehler könnte ich direkt einräumen und so das Meeting, inklusive Schreierei, etwas verkürzen.

Also, ich schlafe schlecht in letzter Zeit, daher bin ich unkonzentriert und so passieren mir öfter Fehler. Natürlich ist er deswegen sauer. Außerdem mache ich momentan weniger Überstunden, weil ich so müde bin. Das stört ihn auch. Seiner Meinung nach sollten Mitarbeiter, die nicht zu Überstunden bereit sind, am besten sofort kündigen. Ich möchte aber nicht kündigen. Ich brauche diesen Job. Nicht nur wegen des Geldes, aber ich habe schon so viel Zeit und Energie hier hineininvestiert! Mein ganzer Körper beginnt zu zittern. Die Tränen, die mein Gesicht herunterlaufen, spüre ich erst, als sie auf meine Hände tropfen. Die Schluchzer kämpfen ihren Weg nach oben, während ich versuche, sie zurückzuhalten. Dabei habe ich nur einen einzigen Gedanken in meinem Kopf. Ich will hier nicht mehr sein. Ich bin nicht mal sicher, was genau ich jetzt meine. Diese Toilette, in die jederzeit eine Kollegin hereinkommen könnte? Diesen Job? Dieses Leben? Diese Welt? Alles davon?

Ich bin mir nicht sicher. Aber diese Worte hämmern in meinem Kopf:

ICH! WILL! HIER! NICHT! MEHR! SEIN!

Sie toben wie ein gefangenes Tier und nur mit Mühe unterdrücke ich einen lauten Schrei. Ich habe unvermittelt ein neues Verständnis für Kleinkinder, die sich öffentlich schreiend auf den Boden werfen. Genau dieses Bedürfnis spüre ich auch gerade, mich einfach hinzuwerfen und zu schreien! Ich will hier nicht mehr sein!

Keine Ahnung, woher dieser Gedanke gerade kommt, ich sollte doch zufrieden sein. Ich verdiene in diesem Job gutes Geld, ich habe tolle Kollegen und eine schöne Wohnung. Natürlich ist mein Job nicht immer super, aber alles hat seine Schattenseiten, oder? Wirklich Spaß macht mir der Job nicht, aber Arbeit ist keine Freizeit, das sagt man doch so, oder? Natürlich arbeite ich so viel, dass ich außer meinen Kollegen gar keine Freunde mehr habe, weil ich nie Zeit habe. Aber meine Kollegen, meine Arbeitsfreunde, verstehen wenigstens, wovon ich spreche, wenn wir abends über die Arbeit reden.

Ich will hier nicht mehr sein. Was für ein alberner Gedanke. Ich kann hier jetzt nicht weg. Ich habe ein Meeting. Die Verkaufszahlen des letzten Quartals versenden sich nicht von alleine und die Leute aus dem Marketing brauchen die dringend. Ich habe keine Zeit, jetzt auszufallen.

Ich kämpfe die Tränen hinunter, atme tief durch und sage mir, dass ich aufhören soll, mich so kindisch anzustellen. Auf der Toilette sitzen und weinen, das ist doch lächerlich. Ich atme ein und aus, bis ich wieder ruhig bin. Dann lausche ich. Alles um mich herum ist leise, ich bin alleine hier. Auch in mir wird alles etwas leiser. Keine Tränen mehr. Gut so. Es reicht. Ich schleiche mich aus der Kabine, schaue in den Spiegel und bin erleichtert. Man sieht mir kaum an, dass ich eben die Fassung verloren habe. Sehr gut. Dann ist es fast so, als wäre es nie passiert. Ich kann jetzt da rausgehen und diesen kleinen Anfall einfach vergessen.

Die Sonne, die auf meine Nasenspitze scheint, ist wunderbar warm. Jede Berührung der Strahlen sauge ich auf wie eine verdurstende Pflanze Wasser aus dem Boden. Der Lavendel, der neben der Terrasse wächst, duftet und ich höre das geschäftige Gesumme der Bienen und Hummeln darin. Ich wünschte, ich könnte einfach für immer hier sitzen und die Wärme, den Duft, das Gesumme genießen.

Der Gedanke, diesen Ort irgendwann wieder verlassen zu müssen, verdirbt mir fast die Freude daran, hier zu sein. Vollkommen kontraproduktiv. Ich weiß. Ich arbeite daran. Meditieren soll mir helfen, wieder zur Ruhe zu kommen. Also wieder durchatmen und den Moment lassen, wie er ist. Den Moment annehmen, meine Umgebung, die Sonne, den Lavendelduft, das Bienengesumme genießen. Nur sein. Nicht daran denken, dass ich total nutzlos hier herumsitze, während andere meine ausgefallene Arbeitskraft ersetzen müssen.

Wie lange ist es her, seitdem ich das letzte Mal nur saß und meine Umgebung genoss? Es will mir nicht einfallen. Das bedeutet wohl – zu lange! Also, wie gehabt: einatmen, ausatmen, den Moment annehmen. Aber mein Kopf gibt keine Ruhe. Gedanken blitzen auf, wie Neonreklamen an einem ansonsten dunklen Ort. Mein Gehirn ist Las Vegas, während ich versuche, die Wüste von Nevada zu sein. Ich gebe mir Mühe, nicht weiter über die aufblitzenden Leuchtreklamen nachzudenken, aber ich spüre, wie ich immer wieder abschweife. Habe ich überhaupt Zeit, tatenlos in der Sonne zu sitzen? Sollte ich nicht lieber etwas Produktives tun? Den Abwasch vielleicht? Nein! Tief einatmen – ausatmen und auch diese Gedanken vorbeiziehen lassen. Also versuche ich, diese neon-grellen Gedanken kommen und wieder gehen zu lassen. Denn ich muss dringend lernen, zur Ruhe zu kommen. Ich muss jetzt endlich Entspannen lernen. Wenn man, so wie ich, die Diagnose „Burn-out“ erhält, kommen damit auch sofort viele sinnvolle und noch viel mehr nicht so sinnvolle Tipps, wie man denn sein Leben ändern soll, um wieder „fit“ zu werden. Denn darum geht es ja. Wieder funktionieren, wieder leisten, wieder Dinge tun können. Bloß nicht anderen zur Last fallen, bloß nicht schwach sein, bloß nicht ausgetauscht werden, denn das geht ganz schnell. Höher, schneller, weiter, sonst wird man überholt und ausgetauscht. Selbstliebe und Self-Care waren in den letzten Monaten Begriffe, die durch die Gegend und mir an den Kopf geworfen wurden, wie Kamelle am Rosenmontag in Köln. Aber was das tatsächlich bedeutet, konnte mir bisher niemand so wirklich erklären. Wie absurd ist es denn, jemandem, der so ausgebrannt ist, dass er morgens nicht mehr aufstehen kann zu sagen „Gönn dir öfter mal eine Stunde Self-Care, so ein Schaumbad oder so und dann wirds wieder!“

Das ist doch totaler Quatsch – das kann ich mit Gewissheit sagen, denn ich habe es probiert! Wirklich jeden Tipp, aber ich habe mich nicht besser gefühlt, oder ausgeruhter. Ich werde wieder wütend, die Neonschild-Gedanken in meinem Kopf leuchten heller denn je. Einatmen – ausatmen. Gedanken ziehen lassen.

Die meisten dieser tollen Tipps, die ich dann ausprobiert habe, waren Quatsch, gar nicht anwendbar, haben mich überfordert oder ergaben in meinem Kopf keinen Sinn. Ein paar wenige versuche ich aber weiterhin umzusetzen, wie das Meditieren. Ich habe außerdem wieder angefangen, Tagebuch zu schreiben. Das hat mir mit 13 auch schon gut getan und nun schreibe ich auch jeden Tag auf, wofür ich dankbar bin und wie es mir geht. Also fast jeden Tag. An manchen Tagen habe ich nicht das Gefühl, für etwas dankbar sein zu können. Dann schreibe ich andere Sachen. Denn nach wie vor ist Schreiben für mich eine Möglichkeit, meinen Kopf zu sortieren. Einatmen – ausatmen. Gedanken ziehen lassen.

Aktuell bin ich am dankbarsten dafür, bei meiner Oma bleiben zu können. Ich sitze hier auf ihrer Terrasse, denn ich wollte an den schönsten und friedlichsten Ort fliehen, den ich kenne. Da fiel mir kein besserer Platz ein als das kleine Häuschen meiner Oma. Sie bewohnt es inzwischen mit ihrer jüngeren Schwester Inge, seitdem mein Opa Günther nicht mehr lebt. Ich habe nicht eine einzige schlechte Erinnerung an diesen Ort, weil sie alles in einen besonderen, schönen Moment verwandeln konnte. Sogar damals in der achten Klasse, als Jonas unerwartet mit mir Schluss machte und ich heulend bei meiner Oma Zuflucht suchte. Wir saßen danach zusammen auf der Couch, aßen Eis und ich durfte das erste Mal mit ihr Wein trinken. Auch jetzt ist dieses Haus mein Zufluchtsort. Den brauchte ich auch nach den letzten Monaten.

Nachdem ich nicht mehr arbeiten konnte, hat sich viel verändert. Es gibt diesen Spruch „Wenn du jemanden wirklich kennenlernen willst, lass dich von ihm scheiden.“ Ich würde jetzt sagen, „Wenn du wissen willst, wer dich wirklich mag, hör für eine Weile auf zu funktionieren.“ Meine Kollegen, von denen ich dachte, sie wären meine Freunde, mit denen ich sogar meine Feierabende verbrachte, redeten nicht mehr mit mir. Sie mussten ja schließlich die Arbeit erledigen, die ich nicht mehr machen konnte. „Hast du eigentlich eine Ahnung, was es für mich bedeutet, dass du keine Lust mehr hast zu arbeiten?“ – das fragte mich eine meiner liebsten Kolleginnen, als ich sie weinend anrief. Auch andere Freundinnen meldeten sich nach einer Weile nicht mehr. Ich konnte ja nicht mehr wie früher mit ihnen ausgehen und Spaß haben. Es dauerte eine Weile, bis ich verstand, dass das nie Freunde waren, sondern nur Menschen, mit denen ich Zeit verbrachte, weil sie gerade da waren. Mein Freund hat mich nach zwei Wochen kompletter Unfähigkeit, mit der Situation umzugehen, verlassen. Ich würde ihn nur runterziehen, sagte er. Auch das war hart für mich.

Inzwischen weiß ich, dass es mir ohne diese Energiesauger besser gehen sollte, aber ich warte noch immer darauf, dass sich dieses Wissen emotional niederschlägt. Die letzten Monate waren schlimm und zwischendurch hatte ich nicht mehr das Gefühl, dass es irgendwann besser werden kann. Es wurde ja zunächst auch nicht besser. Nach der ersten Heulattacke auf dem Büroklo wurde es sogar sehr schnell sehr viel schlimmer. Eines Tages schaffte ich es morgens nicht mal mehr aus dem Haus. Letztendlich verlor ich meinen Job, meinen Partner – alles, von dem ich dachte, es sei wichtig. Ich habe meine Wohnung aufgeben müssen, manche Möbel verschenkt oder verkauft, andere eingelagert und wohne jetzt bei meiner Oma in der Einliegerwohnung. Ist es eigentlich besser oder schlimmer, mit 35 bei seiner Oma zu wohnen, statt wieder bei seinen Eltern einzuziehen?

Wie auch immer, jetzt bin ich hier. Aber ich habe noch immer Probleme, zur Ruhe zu kommen. Mir macht es Angst zu sehen, dass ich in meinem Leben anscheinend nichts erreicht habe. 35, ohne Job, ohne Beziehung, ohne Perspektiven. Ich hänge vollkommen in der Luft und das macht mir Angst. Tagsüber geht es, wenn ich hier im Garten meiner Oma sitze und mich ein bisschen zu sehr verwöhnen lasse. Aber nachts habe ich das Gefühl, von dieser Angst gefressen zu werden. Ich schlafe noch immer schlecht.

Eine weiche Hand legt sich auf meine Wange. „Na Kind, wovon träumst du gerade?“ Ich öffne die Augen und atme aus. Meine Oma küsst mich auf den Scheitel und stellt ein Glas Eistee auf den Tisch vor mir ab. In ihrem bunten Kaftan, der in der leichten Spätsommerbrise weht, schwebt sie förmlich um den Tisch herum, setzt sich mir gegenüber und schiebt ihre riesige Sonnenbrille auf die Nasenspitze, um mich genauer anzusehen. Ihre Armbänder klimpern bei jeder Bewegung. Sie betrachtet mich prüfend, während ich nur schief lächle und mit den Schultern zucke.

„Ich versuche gerade, einfach mal an nichts zu denken.“ „Und klappts?“

„Nicht wirklich.“

„Viel wichtiger ist mir aber, wie es dir jetzt geht?“

„Mir geht es besser“, sage ich sofort und frage mich erst danach, ob das stimmt. Ihr Blick verrät mir, dass sie sich auch nicht sicher ist. Natürlich nicht. Sie kennt mich. Meine Oma schiebt sich ihre Sonnenbrille wieder vor die Augen und lehnt sich in ihrem Stuhl zurück, dabei lässt sie ihren Blick auf mir ruhen. Glaube ich jedenfalls, ich kann es durch die Sonnenbrille nicht deutlich sehen. „Du hast keine Panikattacken mehr?“

„Nein, seit einer Weile schon nicht mehr. Ich glaube, ich kann mir bald wieder einen neuen Job suchen, das wäre auch wichtig, bevor mein Erspartes völlig aufgebraucht ist.“

Sie schweigt. Aber ich sehe, wie es hinter ihren Augen arbeitet.

„Weißt du, mein Schatz, ganz oft sind körperliche Symptome nur ein Zeichen für ein tieferliegendes Problem.“

Es ist nicht so, als wäre mir das nicht auch klar. Aber solange ich meine Tabletten gegen Angststörungen nehme, geht es mir ja gut. „Das hast du mir schon mal gesagt.“

„Ja, und offensichtlich muss ich es nochmal sagen. Solange du nicht verstehst, was dein Problem ist, wird sich nichts ändern. Dann hast du in deinem nächsten Job wieder genau den gleichen Salat.“

Ich nicke nur stumm. Mir ist klar, dass sie recht hat, aber wie lange soll ich denn noch ohne Arbeit bleiben? Ich muss doch wieder etwas Sinnvolles tun! Oder soll ich etwa ewig in ihrer Gästewohnung bleiben? Das kann sie doch nicht ernsthaft wollen.

„Es gibt ja Gründe dafür, dass du so ausgebrannt bist. Die solltest du dir anschauen. Vor allem solltest du dich fragen, woher dein Wunsch kommt, es allen recht zu machen.“

Ich bin verwirrt. Diese Aussage kommt für mich vollkommen aus dem Nichts. Wie kommt sie darauf, dass ich es allen recht machen will? Doch bevor ich antworten kann, schwingt die Tür zum Wohnzimmer auf und eine elegante, feingliedrige Frau mit einer riesigen Präsenz verwandelt kurz die Terrasse in einen luftleeren Raum. Meine Tante Inge, eigentlich Großtante, schwebt hinaus und auf uns zu. Sie ist so ziemlich das Gegenteil ihrer großen Schwester. Inge ist klein, zierlich, mit der Attitüde eines Hollywoodstars aus den 30er oder 40er Jahren. Für mich war sie immer die glamouröseste Person auf der Welt. Ich habe sie wahrscheinlich noch nie ohne Schmuck und roten Lippen gesehen.

„Na, meine Lieben“, ihre Stimme ist tief und rauchig, „Worum geht es gerade?“ Sie setzt sich schwungvoll zu uns an den Tisch und wirft sich ihre langen, pechschwarzen Haare über die Schulter.

„Ich habe unser Goldstück hier gerade gefragt, woher dieser Drang kommt, immer nützlich sein zu müssen und alle um sich herum zwanghaft glücklich machen zu wollen.“

„Oh, das ist eine gute Frage, das interessiert mich auch brennend. Also Darling, erklär doch mal.“ Inge grinst, als kenne sie die Antwort schon längst, wolle mir aber die Möglichkeit geben, auch endlich darauf zu kommen. Während ich grübele, zündet sich Inge eine Zigarette an, an deren Filter direkt roter Lippenstift kleben bleibt.

„Na ja, es ist doch ganz normal, dass man die Menschen um einen herum glücklich machen will, oder?“ Etwas Besseres fällt mir nicht ein. Je glücklicher ich Menschen um mich herum mache, desto besser fühle ich mich. Geht das nicht jedem so?

„Natürlich. Aber nur, solange es einem dabei auch selbst gut geht.“ Tante Inge schaut mich dabei so intensiv an, dass ich spüre, wie ihre stahlblauen Augen Löcher in meine Stirn brennen, während ich versuche, ihrem Blick auszuweichen. Meine Oma beugt sich über den Tisch und legt liebevoll ihre Hand auf meine.

„Das ist wie in einem Flugzeug. Du musst dir die Sauerstoffmaske erst selbst aufziehen, bevor du anderen helfen kannst. Oder, wie meine Mutter immer sagte – aus einer leeren Flasche kannst du niemandem einschenken.“

Ich nicke stumm. Sie hat recht. Das weiß ich. Trotzdem bin ich mir nicht sicher, was ich darauf antworten soll. Und wo es hingehen soll mit mir, weiß ich noch viel weniger.

„Was möchtest du denn? Was ist dein Traum? Wo soll dein Leben hingehen?“

Ich kann Inges Fragen nur mit einem Schulterzucken beantworten.

„Vielleicht sind das die wichtigsten Fragen, die du erstmal für dich beantworten solltest.

WO WILL ICH HIN?, WO STEHE ICH JETZT?

und

WAS AUS MEINER VERGANGENHEIT HÄLT MICH DAVON AB?,

verstehst du das, Anna?“ Oma Evas Hand streichelt meine sanft. Ich habe ein bisschen das Gefühl, es ist kein Zufall, dass meine Oma und Inge mich jetzt und hier mit ihren Fragen löchern. Es fühlt sich fast einstudiert an. Aber ich spiele mit. Sie meinen es gut mit mir, das weiß ich und schaden kann es mir ja nicht. Mal sehen, was am Schluss dabei rauskommt. Letztendlich muss es ja irgendwo hingehen. Nicht nur mit diesem Gespräch. sondern mit mir. „Zuck nicht nur mit den Schultern. Also“, Inge schaut mich eindringlich an, „wenn du jetzt sofort eine vollkommen egoistische Entscheidung treffen müsstest, welche wäre das? Wenn dir jetzt jemand eine Pistole auf die Brust drückt und verlangt, du solltest augenblicklich tun, was du schon immer tun wolltest, was würdest du dann machen? Wenn Geld keine Rolle spielen würde, wenn dir jede Möglichkeit offen stünde?“

„Nach Rom reisen!“ Es platzt einfach aus mir raus. „Ich wollte schon immer mal nach Rom!“

„Dann fahr nach Rom!“, Inge haut lachend mit der Hand auf den Tisch, dass die Teegläser klirren.

„Ich kann doch jetzt nicht einfach nach Rom fahren!“

„Warum nicht? Du hast keine Wohnung, keinen Job, keinen Freund.“ Wow, Danke Oma. Den Schlag in die Magengrube habe ich gerade noch gebraucht! „Du bist jetzt frei, schnapp dir ein Auto und fahr los!“ Inge schaut mich an, als wäre das die normalste Sache auf der Welt, einfach alles stehen und liegen zu lassen, um irgendeinem Jugendtraum hinterherzujagen. Sollte ich ihr sagen, dass dieser vermeintliche Vorteil aktuell gerade Grund für mich ist, mich wirklich mies zu fühlen?

„Wo soll ich denn jetzt ein Auto herbekommen? Das kann ich mir doch gar nicht leisten. Außerdem muss ich mir wieder einen Job suchen und …“

„Schluss mit den Ausreden. Du bist nur einmal jung. Dein Körper hat dich jetzt zu einer Zwangspause verdonnert und ich werde nicht mit ansehen, wie du dich mit Medikamenten vollpumpst, um einem Ideal zu entsprechen, das doof ist und dir offensichtlich nicht guttut!“ So streng habe ich meine Oma noch nie erlebt. Nicht mal damals, als ich Kirschen aus dem Garten ihres Nachbarn geklaut habe, hat sie so mit mir geschimpft. Ich bin perplex.

„Wenn du keine Lust hast, nach Rom zu fahren, dann ist das auch okay. Aber es ist jetzt an der Zeit etwas zu tun, das dich glücklich macht. Damit du wieder bei dir sein kannst.“

Oma nimmt mich an die Hand und zieht mich vom Stuhl hinter sich her, durch den Garten zu ihrer alten Garage. Jedweder Protest meinerseits wird ignoriert und Tante Inge läuft hinter mir her, als wolle sie verhindern, dass ich ausbüxe. Tatsächlich würde ich mich mit ihr noch weniger anlegen wollen, als mit Oma. Als wir an der grob aus Holzlatten zusammengehauenen Garage ankommen, schaue ich mich um. In dieser Ecke des Gartens bin ich so gut wie nie gewesen, seitdem mein Opa nicht mehr lebt. Früher hat er hier mit mir Sachen geschnitzt und wir haben das Vogelhaus zusammen gebaut, das noch immer in der Kastanie vor der Garage hängt. Bei der Erinnerung an ihn, die Nachmittage, die wir zusammen bastelten, werde ich wehmütig. Der Eingang der Garage ist gar nicht so zugewuchert, wie ich es erwartet hätte. Die Tür weigert sich zunächst, öffnet sich dann aber doch unter lautem Protest-Quietschen. Als sich der Staub gelegt hat und meine Augen sich an die Dunkelheit um mich herum gewöhnt haben, leuchtet es rot vor meinen Augen. Vor mir steht ein alter VW Käfer. Strahlend rot und schrecklich staubig.

„Das ist Emma“, stellt Oma mir ihr Auto vor. „Ich lasse sie gerne für dich wieder herrichten. Damit haben Inge und ich unseren ersten Trip durch Frankreich unternommen. Wenn du magst, können Emma und du gemeinsam durch Italien fahren. Nach Rom oder Venedig oder Siena oder wohin auch immer du möchtest.“

Ich öffne den Mund, um zu protestieren und schließe ihn sofort wieder. Es ist also wohl beschlossen.

Ich fahre nach Italien.

DIE REISE DURCH ITALIEN

Danach geht alles ganz schnell und zugleich furchtbar langsam. Ich spüre, wie sehr ich mich auf diese Reise freue, auch wenn sie mich natürlich total überrumpelt hat. Auch Oma und Tante Inge haben offensichtlich riesigen Spaß an all den Vorbereitungen meiner Reise. Oma fährt ihr kleines rotes Auto Emma zu einer Werkstatt in der Nähe und lässt sie wieder herrichten. Für ein Auto, das so lange stand, geht das erstaunlich schnell. Tante Inge erzählt mir beim Kofferpacken von ihrer gemeinsamen Reise nach Frankreich. Sie waren auf dem Weg nach Paris, als sie einen Anhalter mitnahmen. Leider (wie Tante Inge sagt) war er kein charmanter Franzose. Er hieß Günther, kam aus Bottrop, hatte laut Inge einen schrecklichen Haarschnitt und trotz allem verliebte sich meine Oma in ihn.

„Es war schrecklich“, seufzt Tante Inge, „es hätte unser Sommer werden sollen, stattdessen musste ich mir die ganze Zeit das Geturtel von den beiden ansehen. Nichts fühlt sich schöner an und sieht gleichzeitig furchtbarer aus, als frisch verliebt zu sein. Wahrscheinlich ist es nochmal schlimmer, wenn es die eigene Schwester ist. Na ja, wenigstens eine gute Sache ist dabei herausgekommen.“ Sie hinterlässt einen roten Lippenstiftabdruck auf meiner Wange.

Ich mochte Opa Günther, er war einer der liebsten Menschen auf der Welt, jedenfalls in meinen Erinnerungen. Aber aus der Sicht der kleinen Schwester, die auf dem Weg in ein Abenteuer war, kann ich Inges Enttäuschung schon nachvollziehen. Anstatt mit ihrer Schwester ein neues Land zu erkunden, war sie ganz plötzlich und unerwartet das „fünfte Rad am Wagen.”. Mit einem Augenzwinkern verrät sie mir allerdings, dass sie dann den romantischen Spaß für beide Schwestern hatte. Ich kenne einige Geschichten aus Inges Jugend, nach ihrer Ausbildung als Schneiderin lebte sie eine Weile in Paris, was dazu führte, dass ihre Mutter wohl jahrelang wütend auf sie war. Sie hat mir mal nach einem Glas Rotwein zu viel von einigen ihrer Eskapaden im Künstlerviertel Montmartre erzählt. Ich hätte ohne diese Information leben können. Es gibt Bilder, die ich nie wieder aus meinem Kopf bekommen werde. Meine Tante war schon echt ‚ne Wilde, denke ich so bei mir und frage mich, ob ich vielleicht ein bisschen was von ihrer Attitüde gebrauchen könnte. Ich bin da nämlich ziemlich weit weg von.

Ich bin wahrscheinlich sogar ziemlich langweilig.

Als ich mich endlich auf den Weg mache, spüre ich die Aufregung in meinem Magen, meiner Brust … Eigentlich überall. Gestern Abend sind Oma, Tante Inge und ich meine Route noch einmal durchgegangen, damit ich auch sicher weiß, wo ich hin muss. Trotzdem konnte ich kaum schlafen vor Aufregung.

Ich spüre, wie die Müdigkeit sich in meine Glieder schleicht. Ich sollte dringend eine Pause machen. Die Vorstellung, zusammengerollt auf dem Rücksitz des Käfers irgendwo am Straßenrand zu nächtigen, ist allerdings nicht sonderlich verlockend. Wieder sinken meine Augenlider herab. Ich werde doch irgendwo anhalten müssen. Wenigstens kurz. Während ich diesen Gedanken in meinem Kopf formuliere, wird mir klar, dass meine Augen geschlossen sind. Sie können es zwar nicht lange gewesen sein, aber als ich sie mit Gewalt wieder aufreiße, sehe ich bereits den großen Stein am Straßenrand, auf den ich zufahre. Ausweichen ist unmöglich. Ich trete auf die Bremse, dennoch presst mich der Aufprall zuerst gegen das Lenkrad, das sich mit Gewalt in meine Rippen drückt und alle Luft aus meinen Lungen zu pressen scheint. Danach schiebt er mich zurück in meinen Sitz. Mein Sichtfeld verengt sich und ich versuche verzweifelt, wieder einzuatmen. Es wird dunkel um mich herum und die Zeit scheint für kurze Zeit stehenzubleiben. Plötzlich reißt jemand die Fahrertür auf. Ich kann die Person nicht sehen, noch immer scheint es mir unmöglich zu sein, einzuatmen. Der Sicherheitsgurt wird gelöst, eine Hand an meiner linken Schulter, die andere schiebt sich unter meinen rechten Arm und ich werde vorsichtig aus dem Auto gezogen, während ich noch immer verzweifelt nach Luft schnappe.

„Señora?“ Die Stimme gehört einem Mann, stelle ich fest. Doch mein Sichtfeld ist so eng, dass ich ihn nicht sehen kann. Alles, was ich sehe, ist der wolkenlose norditalienische Himmel über mir. Ich wollte hinter Mailand schon eine Übernachtungsmöglichkeit suchen, jetzt bin ich kurz vor Parma. Ich hätte einfach früher anhalten sollen.

„Können Sie mich hören?“ Er spricht also deutsch, wahrscheinlich hat er mein Nummernschild gesehen. Ich nicke matt. „Ich werde sie jetzt abtasten, wenn ihnen etwas wehtut, machen sie sich bemerkbar!“ Es reicht gerade noch, leise zu stöhnen. Seine Hände tasten vorsichtig meine Knöchel, Beine, dann meine Rippen und meinen Nacken ab. Mir fällt auf, dass er dabei sehr umsichtig ist und sich scheinbar Mühe gibt, mich nicht auf eine Art zu berühren, die übergriffig wäre. Wie schön. Das hilft mir, mich sicher zu fühlen und etwas zu entspannen. Ich merke sofort, wie sich meine Atmung etwas beruhigt.

„Sie scheinen nicht verletzt zu sein. Ich richte sie jetzt langsam auf, damit sie besser Luft bekommen.“

Als ich sitze, geht es tatsächlich besser. Langsam atme ich wieder normal und kann meinem Helfer ins Gesicht sehen. Leuchtend grüne Augen zwischen gebräunter Haut und Lachfältchen, darüber blonde Dreadlocks in einem Dutt aufgetürmt. Sein Oberkörper steckt in einem aggressiv bunten Hemd. Hätte ich nicht bereits Probleme zu atmen, wären sie spätestens beim Anblick dieses Musters eingetreten.

„Danke!“, presse ich heraus. Dann fährt es mir eiskalt in die Magengrube. „Das Auto!“, stammele ich. Für mehr reicht es noch nicht. Aber ich versuche aufzustehen, um mir den Schaden anzusehen.

„Hey, hey“, er drückt mich vorsichtig wieder auf den Boden, „bleiben sie sitzen. Ich rufe einen Freund an, der kümmert sich um ihr Auto. Wichtig ist, dass sie jetzt hier erstmal langsam machen.“