Arthrose beim Hund - Romina Pankow - E-Book

Arthrose beim Hund E-Book

Romina Pankow

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Beschreibung

Jeder fünfte Hund leidet an Arthrose – bei älteren Hunden sogar jeder dritte. Doch es ist möglich, die Erkrankung und ihren Verlauf erheblich hinauszuzögern und seinem Hund chronische Schmerzen zu ersparen. Die Tierärztin Dr. med. vet. Romina Pankow informiert über die Ursachen von degenerativen Gelenkerkrankungen, beschreibt die Symptome und erläutert die Therapiemöglichkeiten. Ein Schwerpunkt des Buchs liegt auf dem – auch präventiven – Management durch Bewegung und richtige Ernährung. Damit können Hundehalter viel beitragen, um ihrem Hund Lebens- und Bewegungsfreude zu schenken.

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ZU DIESEM BUCH

Die Idee zu diesem Buch entstand schon lange, bevor ich es nun tatsächlich geschrieben habe. Und wie so oft entstehen Ideen aus einem gewissen Mangel …

Zu Beginn meiner tierärztlichen Laufbahn spezialisierte ich mich mehrere Jahre auf dem Gebiet der Neurologie – einem Fachgebiet, das mich bis heute in seinen Bann zieht. Im Rahmen meiner Doktorarbeit spezialisierte ich mich sogar nochmal mehr – nämlich auf die Epilepsie beim Hund. Doch natürlich waren dies nicht die einzigen Patienten, die ich während meiner Zeit an der Universitätsklinik behandelte, denn die Neurologie hat ja unendlich viel mehr „zu bieten“: Patienten mit Lähmungen, Patienten mit komplexen Erkrankungen des Gehirns und des Nervensystems und eben auch welche mit Bandscheibenerkrankungen. Letztere können wir auch zu den degenerativen Erkrankungen des Bewegungssytems zählen, da die Bandscheibe, bevor sie Probleme macht, eben schon Prozessen unterworfen ist, die dazu führen, dass sie ihre Stoßdämpferfunktion innerhalb der Wirbelsäule einbüßt. Auch Arthrosen der Wirbelgelenke können durch Druck auf die aus dem Rückenmark austretenden Spinalnerven zu Schmerzen und eben auch neurologischen Symptomen führen. Genauso wie das komplexe Erkrankungsbild des Cauda-Equina-Syndroms (was das ist, werden wir uns noch im Detail ansehen) mit neurologischen Symptomen einhergeht. In den Jahren meiner neurologischen Spezialisierung behandelte ich also bereits unzählige Patienten mit degenerativen Erkrankungen des Bewegungssystems.

© Anna Auerbach/Kosmos

Seite an Seite durchs Leben – und das schmerzfrei!

Später wechselte ich für weitere Jahre an eine große, renommierte Überweisungsklinik, um mich tierärztlich noch etwas breiter aufzustellen und auch die Orthopädie und die Innere Medizin von der Pike auf zu lernen. Hier kamen dann also die „klassischen“ Arthrose-Patienten mit Arthrose in den Gelenken der Gliedmaßen dazu.

Je mehr ich als Tierärztin sah und lernte, desto dringlicher erwuchs in mir der Wunsch, meine Patienten noch umfassender betreuen zu können. Denn ich sah, dass wir oftmals mit den uns in der klassischen Medizin zur Verfügung stehenden Methoden nur bis zu einem gewissen Punkt kamen. Gerade bei Patienten mit chronischen Erkrankungen – und die Arthrose ist ja eben auch so eine chronische Erkrankung, in dem Fall eben des Bewegungssystems – waren unsere Möglichkeiten nicht selten erschöpft, bevor wir unserem Patienten zu wirklich nachhaltiger Heilung und vor allem auch Wohlbefinden verhelfen konnten. Es wurde mir immer klarer, dass mein Weg ein umfassenderer werden musste, hin zu einer Medizin, die auf Basis der herausragenden diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten, die uns die konventionelle Medizin auf vielen Gebieten ermöglicht, weitere „darüberhinausgehende“ Ansätze und Therapieoptionen integriert. Wie wichtig ein solcher Ansatz vor allem bei unseren Patienten mit Arthrose ist, werden wir in diesem Buch noch ausführlich kennenlernen.

© Anna Auerbach/Kosmos

Wir sind für unsere Hunde und ihr Wohlbefinden verantwortlich.

Um nun also meinem eigenen Anspruch einer wahrlich integrativen Medizin gerecht zu werden, führte mich mein Weg, begonnen mit einer Ausbildung in Wien auf dem Gebiet der westlich-wissenschaftlichen Akupunktur und Neuraltherapie, nach Madrid, wo ich am Chi Institute Traditionell Chinesische Veterinärmedizin und Akupunktur studierte und die Zertifizierung als Veterinär-Akupunkteurin erlangte. An der Chi University, die ihren Sitz in den USA hat, absolvierte ich die Zertifizierung zur Ernährungstherapeutin. Und an der International Academy of Veterinary Chiropractic (Hamburg und Bournemouth, UK) folgte schließlich die Ausbildung und Zertifizierung auf dem Gebiet der Chiropraktik. Mit der Chiropraktik schloss sich für mich – durch ihren engen Bezug zur sogenannten funktionellen Neurologie – in gewisser Weise auch ein Kreis.

Zu diesen ganz „großen“ Ausbildungen kamen schließlich noch etliche Fortbildungen im Bereich der Schmerztherapie, Rehabilitation, Manualtherapie, Anästhesie und der Analgesie dazu.

© Anna Auerbach/Kosmos

So möchte ich meine Patienten sehen: voller Lebensfreude!

Übrigens kamen mit diesem Weg zur integrativen Medizin auch die Pferde zurück in meine tierärztliche Arbeit. Hatte ich das Studium noch in der festen Überzeugung begonnen, dass ich mich auf Pferde spezialisieren würde, so gewannen dann letztlich doch die Faszination für die Neurologie und die Kleintiere. Als Chiropraktikerin und Akupunkteurin behandle ich aber nun seit Jahren auch diese wundervollen Geschöpfe.

Neben meiner klassisch tierärztlichen Arbeit spezialisierte ich mich also über die Jahre immer mehr auf dem Gebiet einer integrativen Schmerztherapie, die verschiedene Behandlungsansätze kombiniert, um neurologischen und orthopädischen Patienten zu einem schmerzfreien Leben zu verhelfen. Ein großer Teil meiner tierischen Patienten leidet also in „irgendeiner“ Form an degenerativen Erkrankungen des Bewegungssytems, der Gelenke und der Wirbelsäule. Und dabei fällt mir immer wieder auf, wie desillusioniert viele Hunde-Eltern mit diesen Diagnosen zu mir kommen. Und wie viel Gesprächsbedarf die Arthrose mit sich bringt.

Am Umfang dieses Buchs sehen Sie schon, dass Arthrose nicht „eben mal schnell“ erklärt ist. Zu facettenreich sind das Krankheitsbild und vor allem aber die Therapiemöglichkeiten. Und diese liegen mir natürlich ganz besonders am Herzen. So entstand über Jahre die Idee zu diesem Buch – in dem Wunsch, Ihnen als Hunde-Eltern einen umfassenden, aber verständlichen Leitfaden an die Hand zu geben, wenn Sie sich mit der Diagnose Arthrose konfrontiert sehen. Und aus dem noch tieferen Wunsch, Ihnen Mut zu machen.

Denn die Diagnose Arthrose ist das eine, was man daraus macht, das andere! Auf gar keinen Fall aber ist die Arthrose ein Grund zu verzweifeln! Auch mit Arthrose steht einem bewegten Lebens nichts im Wege!

© Anna Auerbach/Kosmos

Arthrose ist eine Erkrankung, die nicht nur ein Gelenk,sondern das ganze Bewegungssystem involviert.

Die Arthrose, „Osteoarthritis“ oder „Osteoarthrosis“, wie sie im englischsprachigen Raum bezeichnet wird (warum ich diesen Ausdruck tatsächlich gegenüber dem deutschen favorisiere und warum er die Vorgänge im Gelenk sehr gut widerspiegelt, werden wir im Laufe dieses Buchs noch hinreichend erfahren) ist eine durch mechanischen Stress, der auf ein Gelenk wirkt, mehr oder weniger schmerzhafte Erkrankung primär der Gelenke, des Gelenkknorpels, der umgebenden Gelenkflüssigkeit und der umliegenden Strukturen des Gelenks, also der Gelenkkapsel, Muskeln, Bänder und Sehnen – also des Organs „Gelenk“ in seiner Gesamtheit. Eine Arthrose in einem Gelenk wird früher oder später auch immer die Faszien und die Muskulatur involvieren – bedingt durch Schonhaltungen und Kompensationsmuster. Und wahrscheinlich auch viel häufiger als bisher angenommen, wird eine Arthrose auch durch den umgekehrten Fall entstehen: Muskeln und Faszien verkürzen aufgrund einseitiger Belastung und zu wenig Bewegung, dadurch werden Teile des Gelenkknorpels übermäßig belastet, während andere Teile kaum oder gar nicht belastet werden. Das Resultat ist dasselbe: Der Knorpel wird schlecht ernährt, er „erkrankt“.

Die Erkrankung ist bei unseren Hunden ähnlich häufig wie bei uns Menschen: Studien zufolge wird bei etwa jedem fünftem Hund über einem Jahr Arthrose diagnostiziert. Schätzungen gehen aber von einer noch höheren „Dunkelziffer“ aus. Bei den über siebenjährigen Hunden ist es dann schon jeder dritte Hund.

Unbehandelt wird eine solch degenerative Erkrankung der Extremitäten- oder Wirbelgelenke in einen Teufelskreis aus reduzierter Bewegung und immer mehr Schmerz führen. Wobei ganz wichtig ist, zu verstehen, dass der Schmerz nicht aus dem Gelenkknorpel selbst (denn dieser hat keine Nervenfasern) stammt, sondern aus den umliegenden Strukturen, aus verspannter Muskulatur und „verfilzten“ Faszien. Doch das muss nicht sein!

Zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Buchs ist die Arthrose zwar noch nicht mit einer „Quick-Fix-Lösung“ heilbar, doch wir können so viel tun, um ihren Verlauf zu verlangsamen, positiv zu beeinflussen, zu stoppen und in manchen Fällen schaffen wir es sogar, dem Körper zu helfen, die Läsionen im Knorpel zu heilen! Denn sehr vielversprechende Ansätze deuten seit einigen Jahren darauf hin, dass Knorpelgewebe sich sehr wohl regenerieren kann. Vorausgesetzt er bekommt optimale Bedingungen – und das bedeutet im Falle des Knorpels eine gleichmäßige Druckbelastung und eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen!

Eine zentrale Philosophie meiner tierärztlichen und chiropraktischen Arbeit ist der unbedingte Glaube an und das Wissen um die immensen und faszinierenden Selbstheilungs- und Selbstregenerationskräfte des Körpers. Der Körper vollbringt Meisterleistungen – er lässt aus zwei Zellen neues Leben entstehen, er heilt Wunden und Knochenbrüche und er besiegt „böse“ Eindringlinge wie Bakterien und Viren.

Übersteigen die Schäden, die unserem Körper zugeführt werden, also nicht diese einzigartigen Fähigkeiten, so kann unser Körper sich heilen. Immer. Wenn er das nicht kann, dann liegt es daran, dass die schädigenden Ursachen fortwährend auf ihn einwirken – oder nicht mehr geändert werden können.

© Anna Auerbach/Kosmos

Arthrose zu haben, heißt noch lange nicht, auch darunter zu leiden!

Mit meinem Buch möchte ich auch ganz klar die seit Jahrzehnten herrschende Theorie des „Knorpelverschleißes“ in Frage stellen. Diese ist meiner Meinung nach viel zu einfach und spiegelt in keinster Weise die komplexen Vorgänge im Gelenk wider. „Verschleiß“ ist außerdem etwas, das einer linearen Logik folgt. Das mag in der Welt der Technik stimmen – je öfter ein Reifen abrollt und je häufiger ein Kugellager benutzt wird, desto mehr Abrieb können wir verzeichnen, desto mehr „Verschleiß“ gibt es. Aber unser Körper, und mit „unser“ meine ich den Körper unserer Tiere ebenso wie den von uns Menschen, ist ein faszinierendes, hochkomplexes biologisches System mit den erwähnten Fähigkeiten zur Selbstregeneration. Und inzwischen ist es, wie schon erwähnt, auch wissenschaftlich belegt, dass Gelenkknorpel sich regenerieren kann! Er braucht dazu nur das optimale Umfeld – sprich, die ihn schädigenden Einflüsse müssen beseitigt oder zumindest gemildert werden.

© Anna Auerbach/Kosmos

Sie als Hunde-Eltern sind unser größter Trumpf in der Früherkennung der Arthrose!

Knorpel kann sich regenerieren, solange er das optimale Umfeld bekommt und die ihn schädigenden Einflüsse „abgestellt“ oder „beseitigt“ werden können.

Essentiell ist in jedem Fall also eine detaillierte und akribische Ursachenforschung und die korrekte Diagnosestellung. Wenn man weiß, mit was man es zu tun hat, kann man viel gezielter und damit erfolgreicher behandeln.

Und auf dem Weg dorthin sind Sie gefragt! Denn noch bevor wir Tierärzte überhaupt evaluieren können, ob bei unserem Patienten eine Arthrose vorliegt, müssen Sie mit dem Verdacht, dass etwas „nicht stimmt“ oder der Vermutung, dass Ihr Hund Schmerzen hat, zu uns kommen. Ihr Gespür und Ihre Fähigkeit zur Früherkennung sind also der Schlüssel für ein erfolgreiches Arthrose-Management!

»Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was Du Dir vertraut gemacht hast.«

Antoine de Saint-Exupéry

Mit meinem Buch möchte ich Ihnen das nötige Wissen an die Hand geben, damit Sie Ihren eigenen Beobachtungen trauen, sie richtig einordnen und dann eben auch den Schritt machen, uns Tierärzte zu Rate zu ziehen. Keine Angst – auch nach der Lektüre dieses Buchs brauchen Sie die Diagnose nicht selbst zu stellen und auch den Therapieplan nicht alleine auszuarbeiten. Dafür sind wir Tierärzte ja an Ihrer Seite und an der Seite Ihres Hundes! Gemeinsam finden wir die Lösungen, die Ihrem Hund zu Lebensfreude und einer guten Lebensqualität verhelfen.

Wir sind die Betreuer, die „Beschützer“ unserer Hunde – sie sind unsere Schutzbefohlenen. Sie werden merken, dass ich das Wort „Hundebesitzer“ bestmöglich zu vermeiden versuche – ich mag es nicht. Wir besitzen unsere Hunde nicht – wir haben das Glück, unser Leben mit ihnen teilen zu dürfen und sind ihre Bezugspersonen. Insofern spiegelt meiner Auffassung nach das Wort „Hunde-Eltern“ die Beziehung sehr viel treffender wieder. Wir sind für unsere Hunde und ihr Wohlbefinden zu 100 % verantwortlich. Sie können sich nicht selbst um ihre Gesundheit kümmern, das ist unsere Aufgabe. Und je mehr wir wissen, desto besser können wir helfen.

Wie eingangs erwähnt, ist mindestens jeder fünfte Hund von Arthrose betroffen – und somit sieht sich auch zumindest jeder fünfte Hunde-Elternteil im Laufe des Lebens seines vierbeinigen Wegbegleiters mit diesem Thema konfrontiert.

Und wie ich schon geschrieben habe – es gibt so vieles, das wir als Tierärzte und Sie als Hunde-Eltern tun können! Und das beginnt schon in der Prävention! Ausreichende, angemessene Bewegung, keine einseitigen Belastungen, ein Körper, der durch regelmäßige Behandlungen frei von Blockaden gehalten wird, und eine gesunde Ernährung mit einer ausreichenden Nährstoffversorgung sind die besten Voraussetzungen, damit sich Arthrose und viele andere Erkrankungen gar nicht erst entwickeln!

Konnte sich eine Arthrose aber bereits entwickeln, vielleicht auch weil entwicklungsbedingte Erkrankungen des Gelenks wie eine Ellbogengelenksdysplasie (ED) oder Hüftgelenksdysplasie (HD) es nahezu unmöglich gemacht haben, die Entstehung zu verhindern, können wir ebenfalls viel tun! Angefangen bei der korrekten Diagnosestellung bis hin zu einer umfassenden Behandlung. Es gibt zahlreiche Therapieoptionen, die wir zu einem ganzheitlichen Therapiekonzept kombinieren können und individuell an das Leben Ihres Hundes und an Ihr Leben anpassen können.

© Anna Auerbach/Kosmos

Ihre Beobachtungen sind essentiell!

© Anna Auerbach/Kosmos

Erst wenn Sie mit Ihrem Verdacht, dass etwas nicht stimmt, zu uns kommen, können wir helfen.

Mit meinem Buch möchte ich Sie und Ihren Hund unterstützen im Verständnis der Arthrose, im Erkennen der Anzeichen und Symptome und in der richtigen Auswahl und Umsetzung der Therapiemöglichkeiten.

Ich sage gerne „Wissen hilft!“ Und das gleich in zweierlei Hinsicht: Ihnen, weil Sie mehr Vertrauen in Ihre Beobachtungen und Entscheidungen haben und Ihrem Hund, weil er somit die bestmögliche Unterstützung bekommt.

Mein Motto: „Wissen hilft!“

Darüber hinaus möchte ich mit meinem Buch auch Mut machen! Die Diagnose Arthrose ist bei Weitem kein Grund zu verzagen! Ein Paradigmenwechsel ist nötig – weg von dem Glauben, Arthrose sei eine unheilbare „Verschleiß“-Krankheit, hin zu dem Vertrauen in die Kräfte unseres Körpers und dem Wunsch, diesen bestmöglich in seiner faszinierenden Arbeit zu unterstützen!

Arthrose zu haben bedeutet nicht, darunter zu leiden.

Ihnen diese Einstellung gegenüber diesem Krankheitsbild zu vermitteln, liegt mir – neben der Vermittlung vom nötigen Hintergrundwissen – ganz besonders am Herzen.

In meiner Arbeit als spezialisierte Tierärztin behandle ich jeden Tag Patienten, die Arthrose in einem oder mehreren Gelenken, Bandscheibenprobleme, Wirbelgelenkarthrosen oder ähnliche „Zustände“ des Bewegungssystems haben. Ich nenne es bewusst „Zustände“, denn Erkrankung, Veränderung und Problem klingen sehr viel negativer und unabänderlicher. Auch verwende ich lieber das Wort Bewegungssystem als Bewegungsapparat, weil es der Komplexität eines Körpers sehr viel gerechter wird als das doch recht mechanisch geprägte Wort „Apparat“.

© Anna Auerbach/Kosmos

Ein Leben voller Freude und in Bewegung ist auch trotz Arthrose möglich.

»Richtig behandelt steht einem Leben in Bewegung und mit Freude an der Bewegung nichts im Wege!«

Skelett, Muskeln, Faszien und alle bindegewebigen Strukturen wie Sehnen, Bänder und Gelenkkapseln formen ein hochkomplexes Bewegungssystem – keinen mechanischen Bewegungsapparat.

Bei vielen Patienten und ihren „Eltern“ habe ich in der Vergangenheit häufig die Erfahrung gemacht, dass diese oft gar nicht wussten, was es mit der Arthrose genau auf sich hat und vor allem, was es alles für Therapiemöglichkeiten gibt. Und obwohl ich sowieso schon mit reiner Terminsprechstunde arbeite und mir aufgrund der Natur meiner Arbeit und meines Anspruchs an diese sehr viel Zeit für meine Patienten nehme, lässt sich das umfassende und komplexe Thema Arthrose natürlich trotzdem nicht mit all seinen Facetten „mal eben so“ im Rahmen eines Behandlungstermins komplett beleuchten. Durch den Wunsch, das Thema aber für Sie als Hunde-Eltern greifbarer und verständlicher zu machen, erwuchs die Idee zu diesem Buch. Und selbst dieses Buch kann natürlich nicht alle Aspekte, Themen und Gebiete tiefergehend behandeln – dafür stehen Ihnen über die Lektüre dieses Buchs hinaus gerne meine Online-Angebote zur Verfügung. Ich hoffe aber, meinem eigenen Anspruch gerecht zu werden und Ihnen mit diesem Buch einen grundlegenden Überblick über die Arthrose, die Faktoren, die zu ihrer Entstehung beitragen und die zahlreichen Therapieoptionen, die uns zur Verfügung stehen, geben zu können.

Unser eigener Hund Moritz, der für dieses Buch (Cover-)Model sein durfte und zum Zeitpunkt der Entstehung dieser wunderbaren Fotos 14 Jahre alt war, hatte mit acht Jahren einen massiven Bandscheibenvorfall. Im Zuge dessen fielen im Röntgen und MRT (Magnetresonanztomographie) auch diverse degenerative Prozesse an der gesamten Wirbelsäule auf. Das vorgefallene Bandscheibenmaterial verlegte sehr viel Raum im Wirbelkanal. Der entstehende Druck auf das Rückenmark und die Lokalisation des Vorfalls waren aber glücklicherweise so, dass er zwar deutliche neurologische Symptome zeigte (er war in den Hintergliedmaßen nur eingeschränkt – also mit Hilfe – steh- und gehfähig), Urin- und Kotabsatz aber glücklicherweise uneingeschränkt möglich waren. So entschied ich mich für einen konservativen Therapieversuch, also gegen eine Operation. Nach drei Wochen intensivem Rehabilitationsprogramm mit manueller Therapie, Akupunktur, Schmerztherapie und unendlich viel Liebe und positiver Energie konnte er wieder die ersten Schritte komplett aus eigener Kraft ohne Unterstützung laufen. Ein dreiviertel Jahr später war er wieder auf den geliebten Bergtouren dabei. Obwohl er diverse Veränderungen in der Wirbelsäule hat, geht es ihm nun – sechs Jahre später – immer noch blenend und er ist voller Lebensfreude und Bewegungsdrang (drei Mal auf Holz klopfen!). Lassen Sie uns in diesem Sinne das Thema Arthrose zuversichtlich und positiv angehen!

Herzlichst Ihre Dr. med. vet. Romina Pankow

© Anna Auerbach/Kosmos

Blicken wir gemeinsam positiv in die Zukunft.

DAS KALEIDOSKOPder Arthroseentstehung

© Anna Auerbach/Kosmos

VORAB: MUT UND ZUVERSICHT

Bevor Sie jetzt mit dem Lesen beginnen, möchte ich Sie nochmals ermutigen, dass Sie dies mit einer interessierten Neugier und nicht in schierer Verzweiflung tun. Vielleicht haben Sie für Ihren Hund bereits die Diagnose „Arthrose“ bekommen und haben deshalb zu diesem Buch gegriffen. Vielleicht empfanden Sie den Kollegen oder die Kollegin, der oder die diese Diagnose gestellt hat, auch nicht gerade ermutigend und vielleicht wurden Sie nicht ausführlich hinsichtlich der Vielfalt an Therapieoptionen und der überaus mutmachenden Therapieerfolge informiert. Sehen Sie es meinen Kollegen bitte nach – wie Sie im Verlauf dieses Buchs sehen werden (und vielleicht beim Umfang schon vermuten): Die Arthrose mit all ihren Facetten ist „nicht einfach mal schnell erklärt“. Und schon gar nicht in einer in den meisten allgemeinmedizinischen Kleintierpraxen und -kliniken meist vollen Sprechstunde, in der schon die nächsten Patienten im Wartezimmer warten. Dies ist ja auch mit ein Grund, warum ich mich so spezialisiert habe und warum ich dieses Buch geschrieben habe, um dem ausführlichen Aufklärungs- und Gesprächsbedarf zu begegnen, den die Arthrose mit sich bringt. Und vor allem auch, um Mut zu machen und Zuversicht zu geben!

Der Titel dieses Kapitels spiegelt zum einen die Komplexität dieser Erkrankung wider. Wie sich in einem Kaleidoskop die bunten Glassteinchen durch Drehen immer wieder neu und anders zusammenfügen und dadurch immer wieder neue Muster erscheinen, so verhält es sich mit den einzelnen Komponenten und Einflussfaktoren, die letztlich zur Entstehung einer Arthrose führen. Eine Arthrose ist nie gleich. Genauso wenig, wie zwei Individuen gleich sind. Es handelt sich immer um individuelle Risikofaktoren, Vorbelastungen und Auslöser, die ganz individuell zum jeweiligen Patienten und seiner Lebens- und Krankheitsgeschichte gehören.

Zum anderen verdeutlicht uns die schillernde Vielfalt der Muster in einem Kaleidoskop auch die Vielzahl der möglichen Therapieoptionen und deren individuelle Anpassung an Machbarkeit, Lebenssituation und Wirksamkeit im Einzelfall.

© Shutterstock/Tetyana Slava Ukraini

Das Krankheitsbild der Arthrose gleicht mit seinen vielen Facetten einem Kaleidoskop.

Die Ursachen einer Arthrose sind ganz individuelle Mosaiksteinchen – eine Arthrose ist nie gleich, so wie jeder Patient einzigartig ist.

Und noch was fällt mir bei dem Gedanken an ein Kaleidoskop ein: Der Blick hinein in diese sich immer ändernde Welt der Farben und Muster hat etwas Positives! Und genauso möchte ich gemeinsam mit Ihnen als Hunde-Eltern Ihres Hundes die Arthrose betrachten.

Es ist eine Erkrankung, die sich immer wieder ändert, die nie gleich und selten vergleichbar ist. Aber es ist auch eine Erkrankung, bei der wir unseren Hunden so gut helfen können! Es ist eine Erkrankung, die manchmal etwas Detektivarbeit von uns Tierärzten, aber auch von Ihnen als Hunde-Eltern erfordert. Es ist eine Erkrankung, die manchmal frustrierend sein kann, weil sie sich phasenweise verschlechtern kann, und das oft, ohne dass man genau weiß, was der Auslöser dafür war. Es ist aber auch eine Erkrankung, die definitiv kein Grund ist, die Flinte ins Korn zu werfen und einfach zu akzeptieren, dass diese Arthrose „halt jetzt da ist“. Vielmehr steht mit einer guten Therapie einem bewegten Leben nichts, aber auch gar nichts im Wege!

Wir werden uns nun also zunächst einmal ansehen, wie eine Arthrose überhaupt entsteht und wie wir sie diagnostizieren, bevor wir uns dann den Therapieoptionen mit all ihren Facetten widmen.

Wenn Sie möglichst schnell wissen wollen, wie Sie Ihrem Hund helfen können, dann können Sie natürlich auch gleich zum Therapieteil springen!

Um zu verstehen, wie eine Arthrose entsteht, befassen wir uns nun erst einmal damit, wie ein gesundes Gelenk und ein gesunder Knorpel aufgebaut sind.

© Anna Auerbach/Kosmos

Ein bewegtes Leben voller Freude ist trotz Arthrose möglich!

DAS GESUNDE GELENK

DER AUFBAU

Die Struktur, die von der Arthrose in erster Linie betroffen ist, ist der Gelenkknorpel. Um die krankmachenden Vorgänge bei einer Arthrose zu verstehen, hilft es, zunächst einmal die Struktur und die Funktion des gesunden Knorpels näher zu betrachten.

Darüber hinaus werden wir uns auch noch mit den das Gelenk umgebenden Strukturen befassen, die zwangsweise bei einer Arthrose früher oder später mit beteiligt sein werden. Das Gelenk ist in diesem Sinne tatsächlich als eine Art eigenständiges Organ zu betrachten.

Dieses Organ Gelenk besteht

aus dem Gelenkknorpel,

der Schleimhaut, die die Gelenkkapsel von innen auskleidet (der sogenannten Synovialmembran),

der Gelenkflüssigkeit,

der Gelenkkapsel und

den umliegenden Bändern, Sehnen, Faszien und Muskeln.

Auch der unter dem Knorpel liegende Knochen (der sogenannte „subchondrale“ Knochen) kann mit dazu gezählt werden.

In manchen Gelenken (wie dem Knie- und dem Kiefergelenk) finden wir außerdem auch Menisken, die in erster Linie die Kongruenz, also das „Zusammenpassen“ der Gelenkflächen verbessern und somit der Stabilität und reibungslosen Funktion des Gelenks dienen.

Ein Gelenk ist ein komplexes eigenes Organ – bestehend aus dem Knorpel, dem Knochen, der Gelenkkapsel mit all ihren Schichten, der Gelenkflüssigkeit sowie den umliegenden Sehnen, Bändern, Muskeln und Faszien.

Auch Gelenkkapsel, Bänder, Sehnen und Muskeln dienen in erster Linie der Stabilität des Gelenks, wobei die Muskeln und ihre Sehnen den Bärenanteil mit rund 80 % zur Stabilität des Gelenks beitragen!

© Adobe Stock/elenabsl

Ein Gelenk ist in der Gesamtheit seiner Strukturen als hochkomplexes „Organ“ zu verstehen.

EIN KLEINER EXKURS ZUR ANATOMISCHEN DEFINITION

Bänder sind immer eine Verbindung zwischen zwei Knochen, während Sehnen das Ende eines Muskels sind, mit dem dieser am Knochen ansetzt. Sie übertragen also die Kraft des Muskels auf den Knochen.

Während die Gelenkkapsel und die Bänder in erster Linie der passiven Stabilisierung des Gelenks dienen, kommt den Muskeln und Sehnen und der neuromuskulären Kontrolle durch das Nervensystem die herausragende Funktion der aktiven Stabilisierung bei. Die neuromuskuläre Kontrolle der Gelenkstabilität ist dabei ein hochkomplexes Zusammenspiel zwischen dem Nervensystem und den Muskeln. Sie garantiert die dynamische Stabilisierung des Gelenks während der Bewegung. Die Muskulatur spielt dabei die wichtigste Rolle:

Die Stabilität eines Gelenks wird zu 80 % durch die Muskulatur gewährleistet!

© Kay Elzner

Die Stabilität eines Gelenks wird hauptsächlich durch die Muskeln und ihre Sehnen gewährleistet, die das Gelenk umgeben und überspannen. Illustration adaptiert nach König/Liebich

DER GELENKKNORPEL

Der Knorpel überzieht die Enden der Knochen und ist ein festes – aber eben im Gegensatz zum Knochen – druck- und biegungselastisches Gewebe. Dieses Gewebe enthält weder Nervenfasern noch Blutgefäße. Wie der Knorpel sich trotz einer fehlenden Blutgefäßversorgung ernähren kann, werden wir noch erfahren.

Der Knorpel selbst besteht aus den Knorpelzellen und seiner Grundsubstanz, in die die Knorpelzellen eingebettet sind. Je nach bestimmten Eigenschaften dieser Grundsubstanz unterscheidet man verschiedene Arten von Knorpel – den hyalinen, den elastischen und den Faserknorpel. Der Gelenkknorpel, den wir nun betrachten, ist ein sogenannter hyaliner Knorpel. Das griechische Wort ύαλος (hyalos) steht dabei für „glasartig“ oder „durchsichtiger Stein“ – eine Beschreibung, die es tatsächlich sehr gut trifft. Doch auch der Faserknorpel wird uns in diesem Buch noch einmal begegnen – nämlich beim Aufbau der Bandscheiben.

Für Arthrose-Experten

Die Knorpelzellen heißen in medizinischer Fachsprache Chondrozyten, die Grundsubstanz wird als Interzellulärsubstanz oder extrazelluläre Matrix bezeichnet.

GELENKFLÜSSIGKEIT (SYNOVIA)

Die Gelenkflüssigkeit (Synovia) ist eine eher zähflüssige (viskose) Flüssigkeit, die im Gelenk wie ein Schmiermittel und Stoßdämpfer fungiert. Außerdem ernährt sie den Gelenkknorpel.

Um sich die Konsistenz besser vorstellen zu können, schauen wir uns die Namensgebung näher an, die auf den bekannten Arzt Paracelsus zurückgeht. Die Silbe „syn“ bedeutet im Griechischen so viel wie „zusammen mit“ und das Wort „ovum“ kommt vom Lateinischen und bedeutet „Ei“. Tatsächlich passt der Vergleich mit Eiweiß ziemlich gut, wie sich Synovia anfühlt und aussieht.

Gelenkflüssigkeit besteht zum größten Teil aus Wasser (94 %). Für die zähflüssige, „schmierige“ Konsistenz sind hauptsächlich Hyaluronsäure und sogenannte Glycosaminoglykane verantwortlich, die uns später wieder bei den Therapiemöglichkeiten begegnen werden.

© Adobe Stock/elenabsl und Atelier Krohmer nach Vorlage der Autorin

Die Synovia fungiert nicht nur als Stoßdämpfer und Schmiermittel, sie sichert auch die Ernährung des Gelenkknorpels.

KNORPELZELLEN

Der Anteil der Knorpelzellen (Chondrozyten) macht nur etwa 5 % der Knorpelmasse aus. Diese Zellen, die die Grundsubstanz produzieren, in die sie selbst eingebettet sind, liegen verteilt im Knorpel. Allerdings sind sie nicht gleichmäßig verteilt, sondern nach einem bestimmten Muster angeordnet.

GRUNDSUBSTANZ DES KNORPELS

Die Grundsubstanz des Knorpels besteht aus Kollagen, sogenannten Proteoglykanen, Hyaluronsäure und zum größten Teil (ca. 65 – 80 %) aus Wasser. Die Kollagenfasern

sind hierbei in erster Linie für die strukturelle Unterstützung da, die Proteoglykane für die Speicherung von Wasser.

Für Arthrose-Experten

Proteoglykane sind große Proteine, an die mehrere Kohlenhydratgruppen (Glykosaminoglykane) gebunden sind. Durch ihre besondere Struktur, die an einen Tannenzweig erinnert, lieben sie Wasser – sie sind stark „hydrophil“. Diese Eigenschaft ist essentiell für den Wassergehalt des Knorpels und seinen „Turgor“. Dieser medizinische Begriff bezeichnet im Falle des Gelenkknorpels den Druck im Knorpelgewebe, der essentiell ist, damit der Knorpel seine physiologische Stoßdämpferfunktion erfüllen kann. Die Proteoglykane liegen in einem Netz aus Kollagenfibrillen – somit können sie nur so viel Wasser aufnehmen, wie es die Ausbreitung in diesem Netz zulässt. Dies ist ein weiterer wichtiger Faktor an der Aufrechterhaltung des erwähnten Drucks.

Die Proteoglykane bilden große Komplexe mit anderen Proteoglykanen, aber auch mit Hyaluronsäure und Kollagen. Zu den Glykosaminoglykanen, die Bestandteil der Proteoglykane sind, gehören die Hyaluronsäure und das Chondroitinsulfat. Diese werden wir auch später bei den Therapieoptionen wieder treffen.

Die Grundsubstanz des Knorpels besteht aus lauter komplizierten Namen: Die Seitenketten der Proteoglykane sind Glykosaminoglykane – zu ihnen gehören wiederum unter anderem die Hyaluronsäure und das Chondroitinsulfat. Sie werden uns alle bei der Therapie nochmal begegnen – denn da haben sie für uns große Bedeutung.

© Atelier Krohmer nach Vorlage von Romina Pankow

Die Anordnung der Knorpelzellen (Chondrozyten) ist nicht zufällig, sondern folgt einem ganz bestimmten Muster.

DER KNOCHEN UNTER DEM KNORPEL

Der unter dem Knorpel liegende Knochen heißt „auf medizinisch“ subchondralerKnochen und ist ein schmaler Streifen einer besonderen Knochensubstanz, die zwar vergleichsweise schon viel härter als der darüberliegende Knorpel ist, aber immer noch in etwa zehnmal verformbarer als der „klassische“ Knochen.

Den Knorpel kann man in etwa vergleichen mit einer mit Wasser gefüllten Matratze, darunter liegt dann eine normale, mit Fasern gefüllte Matratze (in unserem Vergleich eben der subchondrale Knochen) und diese beiden Matratzen liegen auf dem harten Steinboden, der dem Skelettknochen entspricht.

KNOCHEN/KNOCHEN UND MATRATZEN

Durch seine, verglichen mit „normalem“ Knochen, noch relativ hohe Verformbarkeit trägt der subchondrale Knochen auch wesentlich zur Kräfteverteilung während der Belastung des Gelenks bei und unterstützt somit den Gelenkknorpel.

DER KNORPEL UNTER MECHANISCHER BELASTUNG

Gerät das Gelenk nun unter Druck, wie dies bei einer normalen Belastung des Gelenks der Fall ist, so absorbiert der Knorpel diese Kräfte und kehrt bei Entlastung rasch wieder in seine Ausgangsposition zurück.

Diese elastische Verformung als Antwort auf Druck geschieht in erster Linie dadurch, dass das Wasser der Grundsubstanz aus dem Knorpel herausgepresst wird. Ist die Belastung moderat, so geschieht dies langsam und der Knorpel reagiert mit einem hohen Maß an Elastizität auf die einwirkende Kraft.

Bei abrupter Belastung dagegen (wie wir sie beispielsweise bei Stopps aus großer Geschwindigkeit haben), kann in der kurzen Zeit nicht so viel Wasser aus dem Knorpel gepresst werden. Der Knorpel bleibt steifer und absorbiert die einwirkenden Kräfte nicht so gut. Das Skelettsystem wird somit also mehr belastet.

© Anna Auerbach/Kosmos

Der Knorpel fungiert in der Bewegung nicht nur als Stoßdämpfer für die Gelenke, er braucht Bewegung auch für seine Ernährung.

Gut vergleichen kann man den Knorpel mit einem Schwamm, aus dem unter Druck Flüssigkeit herausgepresst wird. Lässt der Druck nach, saugt der Gelenkknorpel die ihn umgebende Gelenkflüssigkeit (mit all ihren Nährstoffen) in sich auf.

Jetzt wissen wir also, wie ein gesundes Gelenk aufgebaut ist und wie Knorpel „funktioniert“. Im Folgenden widmen wir uns nun dem Krankheitsbild der Arthrose und wie es das Gelenk betrifft.

© Atelier Krohmer nach Vorlage von Romina Pankow

Der Knorpel-„Schwamm“: Bei Belastung wird Flüssigkeit in den Gelenkspalt gepresst und vice versa.

DAS ERKRANKTE GELENK

WAS IST ARTHROSE?

Arthrose fasst eine Gruppe unterschiedlicher Krankheiten zusammen, die aber in den betroffenen Gelenken die gleichen Veränderungen hervorrufen. Die Ursachen mögen also vielfältig sein, der daraus resultierende Krankheitsprozess im Gelenk ist aber vergleichbar – es kommt immer zu einer Schädigung des Gelenkknorpels (oder der Bandscheibe).

Darüber hinaus ist es wichtig zu verstehen, dass es sich bei Arthrose nicht nur um eine Erkrankung des Gelenkknorpels handelt, vielmehr ist das ganze Gelenk als Organ beteiligt – die Enden der am Gelenk beteiligten Knochen, die Bänder, die Sehnen, die Gelenkflüssigkeit, die Gelenkkapsel und ihre Innenauskleidung (die Synovialmembran) und vor allem auch die umliegenden Muskeln und Faszien.

Etwa jeder fünfte Hunde über einem Jahr ist von Arthrose betroffen. In der Altersgruppe über sieben Jahre scheint es schon jeder dritte Hund zu sein. Die Überrepräsentation der Erkrankung bei älteren Hunden scheint meiner Erfahrung nach aber in erster Linie aus der Tatsache zu resultieren, dass die den Gelenkknorpel schädigenden Einflüsse einfach lange genug Zeit hatten, Schaden anzurichten. Alter per se ist keine tatsächliche Ursache für die Entstehung einer Arthrose.

Etwa jeder 5. Hund bekommt eine Arthrose – bei den älteren Hunden scheint sogar jeder 3. Hund betroffen!

Definitionsgemäß handelt es sich bei Arthrose also um eine Gelenkerkrankung, die einhergeht mit einer Schädigung des Gelenkknorpels und pathologischen Veränderungen der umliegenden Strukturen. Es kommt schließlich auch zu Umbauvorgängen im unter dem Knorpel liegenden Knochen.

Der typische Verlauf der Erkrankung ist charakterisiert durch eine immer wieder aufflammende Entzündung. In einem gesunden Gelenk halten sich Aufbau- und Abbauvorgänge im Knorpel die Waage, bei einem arthrotischen Gelenk ist dieses Gleichgewicht allerdings zu Gunsten der Abbauvorgänge verschoben.

Durch Druck und Trauma setzen verschiedene Einflüsse einen chemischen Prozess im Inneren des Gelenks in Gange, der mit einer Entzündungsreaktion des Gelenkknorpels einhergeht.

© Kay Elzner

Vereinfachte Darstellung der Veränderungen in einem von Arthrose betroffenen Gelenk.

© Kay Elzner

Veränderungen an Knorpel und Knochen am Beispiel eines von Arthrose betroffenen Kniegelenks.

Diese Einflüsse sind:

Mechanische Unstimmigkeiten im Gelenk (zum Beispiel ein „laxes“, also zu bewegliches Gelenk),

eine Überbelastung des Gelenks (durch zu hohe Zugspannungen der Muskeln und Faszien oder wiederholte abrupte Stöße),

eine Fehlstellung

sowie auch eine mangelnde Bewegung des Gelenks durch den ihm eigentlich gegebenen Bewegungsradius

und andererseits auch Verletzungen und Entzündungen des Gelenks.

Der Körper versucht als Gegenregulierung den Knorpel zu reparieren. Aufgrund der zahlreichen Einflussfaktoren auf das aus dem Gleichgewicht geratene Gelenk laufen diese Versuche in vielen Fällen allerdings fehl (warum sie das tun, dazu später mehr) und es kommt zunehmend zur Degeneration des Gelenkknorpels – bedingt durch knorpelabbauende Prozesse.

Bei einer Arthrose ist das natürliche Gleichgewicht zwischen knorpelabbauenden und knorpelregenerierenden Prozessen im Körper gestört.

Der Knorpel umgibt die aus Knochen gebildeten Gelenkflächen schützend und wirkt durch seine Fähigkeit, Wasser einzulagern, als Stoßdämpfer. Durch das entstehende Ungleichgewicht kann er diese wichtigen Aufgaben immer weniger gut erfüllen und seine Oberfläche wird immer rauer und rissiger.

Je weiter die Entzündungsvorgänge im Gelenk und die mechanische Belastung des Knorpels fortschreiten, desto mehr wird auch der unter dem Knorpel liegende Knochen in Mitleidenschaft gezogen. Dieser wiederum versucht mit einer Anlagerung von neuem Knochenmaterial, die Oberfläche des Gelenks zu vergrößern und somit den Druck zu verteilen. Es entstehen sogenannte „Osteophyten“, die dann auch im Röntgen sichtbar werden.

Betrachtet man die faszinierenden Fähigkeiten unseres Körpers (und mit „unser“ meine ich alle Lebewesen), angefangen von der Entstehung neuen Lebens aus zwei einzelnen Zellen, über die tagtägliche Arbeit, die unser Körper und unsere Organe im Stillen leisten, bis hin zur Reparatur kleinerer Wunden oder größerer Verletzungen, wie einem gebrochenen Knochen, so wird schnell klar: Es muss Gründe geben, warum der Körper es nicht schafft, den Knorpel zu heilen. Der Körper mit seinen immensen Selbstheilungs- und Selbstregenerationskräften ist ein Meisterwerk. Ihm zu unterstellen, er würde an der Heilung von Knorpel scheitern, scheint mir mehr als vermessen. Natürlich sind dem Körper Grenzen gesetzt, das ist ganz klar. Wenn die Zerstörung des Gewebes einfach zu groß ist. Aber in den „normalen“ Fällen mit „ein bisschen“ Beschädigung des Knorpels ist es inzwischen sogar wissenschaftlich bewiesen, dass der Körper in der Lage ist, Gelenkknorpel zu heilen! Schafft er das nicht, so liegt das in erster Linie einfach daran, dass die schädigenden Einflüsse nach wie vor auf den Knorpel einwirken.

Ich selbst habe in meiner jahrelangen Erfahrung nicht nur einen Patienten gesehen, dessen Körper unter den für ihn optimalen Bedingungen (die im Rahmen der Therapie geschaffen wurden) wahre „Wunder“ vollbracht hat! So waren Patienten, für die im Rahmen der Diagnosestellung prognostiziert wurde, dass sie nie mehr einen längeren Spaziergang gehen könnten, wieder schwanzwedelnd und freudig mit auf Bergtouren dabei!

© Prof. Dr. Patrick Kircher, Uni-Spital Zürich

Röntgenbild eines Ellbogengelenks mit Ellbogendysplasie und bereits ausgeprägter Osteoarthrose mit Bildung von Osteophyten.

Können die optimalen Bedingungen wieder hergestellt werden, so ist der Körper absolut in der Lage, Gelenkknorpel zu reparieren. Schafft er das nicht, dann war entweder der Schaden schon zu groß oder die schädigenden Einflüsse wirken weiter auf ihn ein.

Wenn wir stark arthrotische Gelenke operieren, so fällt häufig eine übermäßig große Spannung der Muskulatur und der Faszien, die an das Gelenk angrenzen oder es überspannen, auf. Wird eine solche Ursache nicht behandelt, werden auf das Gelenk die immer gleichen, schädigenden Kräfte einwirken. Da helfen weder die besten und teuersten Nahrungsergänzungsmittel noch Injektionen von Hyaluron oder Stammzellen ins Gelenk.

© Prof. Dr. Patrick Kircher, Uni-Spital Zürich

Röntgenbild eines Hüftgelenks mit Hüftgelenksdysplasie und bereits hochgradiger Osteoarthrose.

Ein Knorpel, der den immer gleichen schädigenden Kräften ausgesetzt ist, kann sich nicht regenerieren oder heilen.

Ganz essentiell für eine erfolgreiche Behandlung der Arthrose ist also die Ursachenforschung und das darauffolgende Behandeln der Ursache. Manche Ursachen können wir nicht behandeln, da müssen wir uns auf das gute Management der Symptome beschränken. Ich denke dabei zum Beispiel an eine entwicklungsbedingte, mangelhaft ausgeprägte Architektur des Gelenks. Kommt ein Hund schon mit inkongruentem, also „nicht passendem“ Hüftgelenk zur Welt, was dazu führt, dass das Gelenk „zu viel Spielraum“ hat, wodurch der Gelenkknorpel unter ungleichmäßig verteilten Druck gerät und schließlich degenerativen Prozessen unterworfen ist, so können wir in einem solchen Fall natürlich nur sehr eingeschränkt die Ursache behandeln. Wir können den Körper und das betroffene Gelenk nur dahingehend unterstützen, dass wir die negativen Auswirkungen versuchen zu mindern.

Aber mehr zu Ursachen und unseren Therapiemöglichkeiten in den folgenden Kapiteln (ab hier und hier).

© Prof. Dr. Patrick Kircher, Uni-Spital Zürich

Röntgenbild einer Wirbelsäule mit beginnender Bildung von Spondylosen an den Wirbelkörpern.

AN WELCHEN GELENKEN KOMMT ARTHROSE VOR?

Grundsätzlich kann sich in jedem Gelenk des Körpers eine Arthrose bilden. Ein Gelenk entsteht immer dort, wo sich zwei Knochenflächen treffen. Und das passiert eben nicht nur an den Gelenken, die einem gleich in den Sinn kommen, wie das Hüft-, Knie- oder Ellbogengelenk, sondern eben auch an den Facettengelenken der Wirbelsäule oder speziellen Gelenken wie dem Kreuzdarmbeingelenk.

Bei unseren Hunden sind am häufigsten das Hüft- und das Ellbogengelenk betroffen, aber auch Schulter- und Kniegelenk sowie die Gelenke der unteren Gliedmaße, also das Karpalgelenk (das unserem Handgelenk entspricht) und die Zehengelenke. Außerdem sehen wir in der täglichen Praxis sehr viele Arthrosen auch im Bereich der Wirbelsäule. Hier entstehen Arthrosen häufig an den kleinen Wirbelgelenken als Facettengelenkarthrosen oder an den Wirbelkörpern als sogenannte Spondylarthrosen, die kurz meist als Spondylosen bezeichnet werden.

Solche Spondylarthrosen oder Spondylosen bilden sich als Ausziehung zwischen den Wirbeln mit dem Ziel einer Stabilisierung der betreffenden Wirbel. Ihr Auftreten ist immer ein Zeichen, dass da „schon etwas im Gange ist“, dass Bewegungsmuster sich verändert haben und einwirkende Kräfte „falsch“ einwirken. Aber dazu noch mehr bei den Ursachen. Im Bereich der Wirbelsäule begegnen uns in diesem Zusammenhang bei unseren Hunden außerdem sehr häufig auch Degenerationen der Bandscheiben, bis hin zu Bandscheibenvorwölbungen (Protrusionen) oder Vorfällen von Bandscheibenmaterial (Herniationen).

DIE ABNUTZUNG DES GELENKKNORPELS

Widmen wir uns also zunächst einmal den Vorgängen, die bei einer Arthrose tatsächlich im Gelenkknorpel stattfinden.