Arthrose ist, wenn man trotzdem lacht. - Martina Figge - E-Book

Arthrose ist, wenn man trotzdem lacht. E-Book

Martina Figge

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Beschreibung

Wer Arthrose hat, meint, dass das Leben vorbei ist. Mit Schmerzen zu leben, ist grausam und kaum auszuhalten. Ich selbst habe Arthrose und habe in diesem Buch mein Leben beschrieben, wie herrlich es sein kann, wenn man, trotz Schmerzen, seinen Humor nicht verliert. Humor ist die beste Medizin und davon sollte man immer genug im Haus haben. Besuchen Sie mich in meiner Welt und erleben Sie, wie man, der Krankheit Arthrose, ein Schnippchen schlagen kann. Gemeinsam lachen macht stark.

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Mein Name ist Tina Figge, ich bin 53

Jahre alt und wohne in Düsseldorf.

Seit 28ig Jahren habe ich chronische

Schmerzen im ganzen Körper und muss

mehrmals täglich viele Medikamente

nehmen.

Wer solche Schmerzen kennt, weiß, wie

kostbar eine Minute im Leben war, in

der Erinnerung, an die Zeit, wo der

Schmerz meine Adresse noch nicht

kannte.

Ich schreibe dieses Buch, weil meine

Seele mich darum gebeten hat.

Dies ist meine Geschichte

Eine unendliche Geschichte

Für immer…

Und noch etwas:

Dieses Buch basiert auf einer sehr

ironischen Art, denn wenn ich meinen

Humor auch noch verlieren würde,

dann wäre ich tot.

Der Humor ist das Pflaster auf jeder

Wunde, die der Arzt nicht mehr zu heilen vermag.

Meine Schmerzen – für immer

Der Feind in mir drin

Du bist mein Schmerz und ich muss dich

als Freund sehen, doch ich würde mich

freuen, wenn du gehst.

Ich will weiter leben und meine Wege

gehen,

aber ich verlange nicht, dass du mich

verstehst.

Grausame Jahre hast du mir bereitet,

du hast mich gequält und klein gemacht.

Vom Kopf an hast du dich ausgeweitet,

erstickt hast du mich, wenn ich mal gelacht.

Ich will ab jetzt nicht mehr an dich

denken, ich will die Macht über mich

zurück.

Ich will der Welt wieder ein Lächeln

schenken,

nur ein paar Minuten, am Tag, reines

Glück.

Du bist mein Schmerz und ich will dich

als Feind sehn,

und ich würde mich freuen, wenn du

verbrennst.

Aufrecht werde ich vor dir hergehen

und darauf achten, dass du nie mehr

meinen Namen nennst.

In verschiedenen Therapien, hatte man mir immer wieder erklärt, dass ich den Schmerz besser aushalten würde, wenn ich ihn als Freund sehe. Diesen Vorschlag können nur Menschen machen, die keine Schmerzen haben und nicht wissen, wie das ist, wenn man nur noch weglaufen möchte. Aber ich dachte mir, probiere es einfach mal aus. Also stand ich morgens auf, ging dabei aber bald zu Boden, weil meine Knie und Füße steif waren, stellte mich vor den großen Spiegel und sprach: guten Morgen, mein Freund, na, gut geschlafen? Ist doch alles gut, nicht wahr? Und…brach in Tränen aus. Das hatte also nicht funktioniert. Dieses Bühnenstück spielte ich jeden Tag, wochenlang, bis ich alles sinnlos fand und damit aufhörte. Innerlich schimpfte ich auf die Ärzte, die mir dazu geraten hatten und verurteilte sie. Dadurch ging es mir aber nicht viel besser, sondern eigentlich schlechter. Ich hatte mich dadurch nur selbst bestraft. So ging es dann auch nicht weiter. Die nächste Möglichkeit, die ich ergriff, war, dass ich anfing, positiv zu denken und mir vorstellte, wie schlecht es doch anderen Menschen geht und dass ich eigentlich ganz viel Glück hatte, dass es bei mir n u r die Knochen und Gelenke sind, die schmerzen. Sollte ich vor lauter Dankbarkeit jetzt etwa lachen und fröhlich vor mich her singen? Wie sollte das denn bitte schön gehen? Es ging natürlich nicht. Wie auch? Ich besitze wirklich viel Phantasie, aber irgendwann ist die Kapazität auch ausgeschöpft und man ist innerlich leer. So leer, dass man meint, wenn man mit sich selbst spricht, ein Echo zu hören. So machte ich mir also weiter Gedanken, wie ich meine Schmerzen besiegen konnte.

Ich möchte jetzt einen kleinen Schlenker machen und meine Vorgeschichte erzählen, ganz nach dem Motto: wie alles begann…..

Ich kam 1962 auf die Welt und was ich da so sah, gefiel mir ganz gut. Die Welt war in Ordnung und so wuchs ich prächtig heran und entwickelte mich zu einem verantwortungsvollen Menschen. Ich hatte ein paar Freunde, die ersten Erfahrungen mit Sex, einige Enttäuschungen und viel blabla. Meine Ausbildung absolvierte ich mit guten Noten, stieg in das ordentliche Berufsleben ein und……begann mich zu langweilen. Nach ein paar männlichen Schnappschüssen, traf ich meinen jetzigen Mann und die Sonne kehrte in meine Nächte ein. Was ganz wichtig zu erwähnen ist, ist die Tatsache, dass ich zu diesem Zeitpunkt, 22 Jahre alt und sehr gelenkig war. Ach ja, als Kind war ich in der Ballettschule, also alles, wie aus dem Bilderbuch. Als ich meinen Mann kennenlernte, war meine zweite Leidenschaft das Tanzen. Ich tanzte sehr gerne und auch fast alles. Damals war Lambada ganz modern. Ich hatte ihn damals etwas umfunktioniert, so dass ich ihn alleine tanzen konnte. Die Zutat, Erotik, habe ich in großen Mengen beigemischt, so dass dieser Tanz auf unserer Hochzeitsreise, einen Italiener dazu verleitete, sein Hemd zu zerreißen und mittanzen zu wollen. Alle anwesenden Menschen auf dem Marktplatz, wo ich diesen Tanz barfuß tanzte, filmten und fotografierten mich. Ich muss schon sagen, mein Mann und ich waren mächtig stolz auf mich. Auch sonst hatte ich alle Verrenkungen im petto, so dass ich ein richtiger Wirbelwind war. Merken Sie was? Ja, richtig, von Schmerzen keine Spur, nur pure Lebenslust. Diese Lebensfreude, bzgl. Bewegungen, zog sich bis zu meinem 26igsten Lebensjahr hin. Es war einfach nur herrlich. Meine Knie konnte ich bis zum Ohr ziehen. Ja, ich weiß, da gibt es nichts zu hören, aber es hatte Spaß gemacht, meinem Mann zu zeigen: hey, guck mal, wie entspannt und gelenkig ich bin. Ich war auch schön schlank und trug am liebsten schwarze lange Röcke mit Corsage, mit einem tollen Ausschnitt und, wenn es ging, barfuß. Meine langen blonden, gewellten Haare passten, wie Faust auf\s Auge dazu. Übrigens, meine langen blonden Haare habe ich immer noch, das ist ja Ehrensache und sie erinnern mich an diese tollen Zeiten, wenn ich dann auch die halbe Ostsee, an Tränen, in den Augen habe. Ach, was mir noch einfällt, ist der herrliche Urlaub in Griechenland. Tolles Wetter, keine Schmerzen und wieder ab, auf den Marktplatz und abtanzen. Ich wurde wieder gefilmt und wenn jemand kam, der mit mir zusammen tanzen wollte, dann ging ich erst zu meinem Mann, zu Big Daddy und fragte um Erlaubnis. Er nickte dann und die Menschenmenge jubelte und klatschte Beifall, wenn ich auf dem Marktplatz trat und die Musik begann. Es war, wie ein Rausch, der niemals aufhören sollte, so sehr habe ich darum gebetet. Es folgten noch andere Urlaube, wo es ähnlich zuging und ich…..war glücklich. So hätte es mein ganzes Leben lang weitergehen können, aber wo Licht ist, da ist auch Finsternis, die bei mir aber nur schleichend daherkam. Dann fällt mir noch etwas ein: damals trug ich auch schon Mal einen Minirock, ja, wirklich, einen schwarzen Minirock und meine Beine wurden nicht rot, vor Scham, nein, sie gefielen sich in dem Rock. Die Betonung liegt selbstverständlich auf: damals. Ich war am Ende.

Mein Mann jedoch hatte diesen Krieg, mit mir, mitbekommen und sauste schnellstens ins Schlafzimmer und nahm mich in den Arm. Er tröstete mich eine halbe Stunde lang, immer mit den Worten: ich liebe Dich, so, wie du bist. Ja, was sollte er auch anderes tun? Aber was sollte ich auch anderes tun, als die Augen zuzumachen und durchzuhalten? Ich ging mit, ins Schwimmbad. Wenn ich aus der Kabine herauskam, sah man nur noch einen Kondensstreifen, weil ich in 0,00001 Millesekunden im Wasser war und fröhlich rief: komm, mein Schatz, ich bin schon drin. Im Wasser fühlte ich mich tatsächlich wohl und ich bemerkte, das Einige, viel jüngere Bengel, mit mir flirteten. Na, ist es denn wahr? Ich lenkte jedoch von mir ab, indem ich zu weitaus jüngeren Damen schwamm, weil ich ja auch mal wieder aus dem Becken raus musste und das wäre für die Jungs nicht so gut gewesen. Pardon: für mich. Aber eigentlich tat es doch gut. Mein Mann schwamm um mich herum und trug mich auf Händen durch das Wasser. Wir hatten viel Spaß und es war sehr schön.

Dann kam die Zeit, wo ich wieder aus dem Wasser musste. Mein Handtuch lag am Beckenrand und ich stürzte aus dem Wasser, direkt dorthin, ergriff es und kam nicht schnell genug in meine Badeschuhe, so dass ich bald hingefallen wäre, wenn mein Mann nicht hinter mir gestanden hätte. „Wir haben doch Zeit“, meinte mein Mann. Ja, du vielleicht, dachte ich. Ich habe erst Zeit, wenn ich wieder komplett angezogen bin, aber das konnte und wollte ich ihm jedoch nicht sagen. Als wir wieder aus dem Schwimmbad raus waren, hatte ich eine Laune, wie ein betrunkener Kakadu, so glücklich und gelöst war ich. Geschafft, war mein einziger Gedanke. Deshalb können Sie sich vorstellen, dass ich den Sport Schwimmen höchst selten betreibe, sehr zum Leidwesen meines Mannes. Aber das Wort „aufgeben“, existiert für mich nicht, nur das Wort „weitermachen“, hat eine Daseinsberechtigung. Damals, als ich noch viel, viel jünger war, gingen wir auch schon mal ins Freibad. Damals hatte ich diese Landkarten auf den Beinen noch nicht, aber…ich lernte dort immer nette Leute kennen, weil ich immer wieder auf der falschen Decke lag. Der Grund war, dass ich hemmungslos kurzsichtig war. Mein Mann musste mich jedes Mal wieder einfangen und zurückbringen, auf unsere Decke. Dies war ihm nachher zu anstrengend, so dass wir lieber ins Schwimmbad gingen…nach meiner Laseroperation der Augen. Das Freibad hatte für mich sowieso an Reiz verloren, da ich mich dort nicht schön verstecken konnte, wie im Schwimmbad.

Kurze Zeit später bemerkte ich beim Spaziergang, dass ich ab und zu stehen bleiben musste, weil ich schlecht Luft bekam. Sofort ging ich zum Arzt und der diagnostizierte: Herzrythmusstörungen. Toll, mit 25 Jahren. Diese kleinen Aussetzer erschienen regelmäßig, wenn ich mich über irgendetwas aufregte. Ich soll mich nicht mehr aufregen, meinte mein Arzt. Daraufhin bat ich ihn, mir zu sagen, wo denn der Knopf dafür, bei mir, wäre. Er wusste es nicht. Also lebte ich weiter, wie bisher, weil ich mein Temperament schlecht abstellen konnte. Nun, im Moment lebe ich noch, das weiß ich genau. Meine Vorliebe für Flamenco ging ich auch einige Zeit nach und war sehr glücklich dabei. Das interessante Bewegen der Hände und Finger machte mir so lange Spaß, wie man meine Gelenke nicht hörte. Als dies aber nachließ und mein Gelenkknacken beinahe schon als Begleitmusik und zusätzlicher Rhythmus gewertet wurde, bewegte ich sie etwas weniger. Das funktioniert bei diesem Tanz natürlich nicht so gut, weil die Leidenschaft für diesen Tanz ja auch über die Hände gezeigt wird, aber man will ja nicht unangenehm auffallen. Nicht selten war es am nächsten Tag so, dass ich nichts mehr greifen konnte, weil meine Gelenke steif waren und sehr schmerzten. Mein erster Gedanke war dann: was will man mir noch alles wegnehmen? Was natürlich nicht stimmte, weil mir niemand etwas wegnehmen wollte, ich dachte eben nur so…negativ. Das war auch ein Fehler, negativ zu denken, denn negative Gedanken ziehen negative Ereignisse an. Es ist was Wahres dran, achten Sie mal darauf, was Ihnen passiert, wenn Sie negative Gedanken haben. Vielleicht nicht sofort, aber irgendwann, werden Sie es spüren und erleben. Nun ist Heute und die Welt sieht natürlich ganz anders aus. Kein Minirock, das war das Erste, was wegfiel und mir sehr viele seelische Schmerzen zufügte. Und warum konnte ich keinen Minirock mehr tragen? Weil meine Knie plötzlich breiter waren, als meine Oberschenkel. Es war erschreckend, was da mit mir bzw. mit meinen Knien passierte. Um die beiden Knie luden sich, ohne mich zu fragen, Lipome ein, die immer dicker und größer wurden. Sie sahen aus, als wenn ich darin etwas versteckt hätte.

Wäre ich beim Zoll untersucht worden, hätten die bestimmt gedacht, ich hätte Rauschgifttüten in meinen Knien deponiert. Wegen dieser hässlichen Knubbel, bin ich zu einem Orthopäden gelaufen, der mir seine Meinung so knallhart vor den Kopf sagte, dass ich eine Zeit lang nur rückwärts laufen konnte. Seine heiligen Worte waren: nehmen sie erst einmal 30 kg ab, dann verschwinden auch die Lipome. Punkt. Das war eine sehr große Hilfe für mich, zumal ich nicht dick war, aber mehr wog, als ein Päckchen Tempo. Meine Seele hatte den zweiten Riss bekommen. Also blieb mir nichts anderes übrig, als mit diesen Ausgehtaschen, an meinen Knien, zu leben. Um fit zu bleiben, also gelenkig, krabbelte ich mehrmals die Woche, barfuß, mit dem rechten oder linken Fuß (beide gleichzeitig hat zu viele Nebenwirkungen), die Türrahmen rauf und runter. Das machte Spaß, bis eines Tages, ein lautes Knacken, meine Hüfte durchfuhr. Nur sehr langsam bekam ich den, am Türrahmen haftenden Fuß sowie das daran hängende Bein, wieder nach unten. Ich spürte, dass ich gar nichts spürte, noch nicht einmal Schmerz, was mich sehr beängstigte. Es dauerte sehr lange, bis das taube Gefühl wieder nachließ und ich gehen konnte. Also musste ich diese Turnübung auch drangeben. Aber mir blieb ja noch die Trainingseinheit mit gefüllten Wasserflaschen, um den Bizeps zu stärken. Erst einmal rannte ich in einen Tiernahrungsladen und kaufte mir dort „guten“ Vogelsand. Er sollte ja nicht nur schwer sein, sondern auch gut riechen und eine ordentliche Konsistenz besitzen. Ja, ich weiß, ich war schon immer etwas Besonderes. Diesen edlen Sand füllte ich also in zwei halbe Liter Plastikflaschen und begann, damit zu trainieren. Zu Beginn hob ich sie breitarmig und breitbeinig, jeweils 10 Mal, in die Höhe und wieder runter. Das tat richtig gut, so dass ich die Trainingsmenge abrupt erhöhte. Die Folge war, dass ich am nächsten Tag den Esstisch ausziehen musste, damit ich mehr Platz hatte, um mit Messer und Gabel zu essen. Das Thema, breitarmig zu stemmen, war also damit tabu. Das breitbeinige Stehen hatte auch seine Tücken, da ich sehr große Mühe hatte, sie nach dem Training wieder zusammen zu bringen.

Also stand ich beim nächsten Mal, mit den Beinen, nicht so weit auseinander und die Arme bewegte ich, dicht am Körper, rauf und runter. Mein Bizeps bekam die Form eines Käsekügelchens und mit jedem weiteren Training kamen weitere Kügelchen hinzu, so dass es schließlich ein großes Kügelchen, um nicht zu sagen, eine große Kugel war. Ich war sehr stolz auf mich, bis ich nach dem 7-Tage-Training, eine Muskelzerrung bekam. Danke schön. Danach besann ich mich und dachte an die vielen Tänze, die ich so liebte und begann daher im Wohnzimmer zu tanzen. Unser Wohnzimmer war richtig schön groß und doch….nach mehreren Vasen und Fernbedienungen, die ich vom Tisch „holte“, ließ ich auch diese körperliche Betätigung sein. Der dritte Riss in meiner Seele war geboren. Meine Gelenke bekamen allmählich ein Eigenleben, denn wenn ich mich nicht bewegte, hatte ich Schmerzen. Noch waren sie auszuhalten und ich war der Chef in meinem Körper, obwohl ich manchmal das Gefühl hatte, dass mich innerlich, irgendjemand auslacht. Aber damit musste ich erst einmal leben. In Gesprächen mit Freunden fiel mir plötzlich das Schwimmen wieder ein. Mensch, schwimmen, das ist doch die Lösung überhaupt. Im Wasser ist man leicht und endlich konnte ich meinen Mann auf Händen trag und….er mich natürlich auch. Ich kaufte mir einen schicken Badeanzug und träumte davon, dass ich darin gut aussah. Als ich ihn zu Hause anprobierte und mich, zum ersten Mal, länger und intensiver, im Spiegel ansah, rutschten meine Mundwinkel schneller, als meine Schultern, in die Tiefe. Das hatte ich vorher noch gar nicht bemerkt, aber an meinen Beinen zeichnete sich eine Deutschlandkarte ab.

In tiefem Blau und mit allen erdenklichen Waldstücken und Seen bestückt. Bei näherem Hinsehen konnte man sogar Bushaltestellen und S-Bahnhöfe definieren. Um mich geistig und seelisch abzulenken, sind wir ein paar Mal zu Freunden gefahren, die Ahnung von Bewegungsschmerzen und deren Therapie hatten. Das war immer sehr lustig, weil sie mir sagten, das gerade, wenn ich Schmerzen habe, mich dementsprechend viel bewegen sollte. Dementsprechend, was bedeutet, um Himmels Willen, dementsprechend? Wenn ich starke Schmerzen habe, bewege ich mich dementsprechend weniger, weil ich ja sonst noch mehr davon bekomme. Habe ich weniger Schmerzen, dann kann ich mich dement….blubb,blubb,blubb. Ich lenkte natürlich ein, weil mein Temperament sonst mit mir durchgehen würde und machte ein paar Übungen mit. Die erste Hürde war, mich hinzuknien. Ganz einfach, gell? Ja, wenn man gesunde und wohlgeformte Knie hat, ist das kein Problem. Wenn ich mich aber hinkniete, dann hatte ich das Gefühl, in meinem Knie würde eine Herdplatte auf 12 stehen und mir meine Nerven weg schmelzen. Alle sahen mich an, als ich mein schmerzverzerrtes Gesicht im Zaum halten musste, damit es nicht wegläuft und sich einen ruhigeren Ort sucht. Ich hielt durch und sollte danach, ganz entspannt, einen Katzenbuckel machen. Als ich dies versuchte, ertönte ein Geräusch, als wenn alte Äste zerbrechen. Ich murmelte nur leise vor mich hin: mein Freund, der alte Kater ist tot, aber niemand verstand mich. Alle schüttelten nur besorgt mit dem Kopf und konnten sich das alles nicht erklären. Das ist doch nicht so schwer, sich hinzuknien und einen Katzenbuckel zu machen, waren sich alle einig. Natürlich. Es war niemand dabei, der solche Schwierigkeiten und Schmerzen hatte, wie ich. Die anderen Mädels machten derweil Essen und als sie uns riefen, bat ich darum, das Essen doch hier unten auf dem Teppichboden einnehmen zu dürfen. Nein, es war hier unten nicht gemütlicher, aber ich kam erst einmal nicht mehr hoch. Das zum Thema: ein Katzenbuckel befreit. Ja, das stimmt, er befreit den Esstisch von einem Platz. Als ich mit Hilfe unserer Freunde und dem Anfeuern meines Mannes, wieder auf meinen eigenen Beinen stand, fuhren wir nach Hause. Es war sehr angenehm, die Beine im Auto austrecken zu können, wenn auch meine Knie, aus purer Freude, ein Knackkonzert zum Besten gaben. Zu Hause angekommen wickelte ich mich wieder aus dem Auto und begann von vorne darüber nachzudenken, was ich noch Gutes für mich tun könnte. Durch meine Krankheit wurde ich immer mehr eingeschränkt. Wenn ich das Fernsehballett sah, dann verließ ich augenblicklich den Raum und begann, etwas vor mich hin zu knurren, nur, um den seelischen Schmerz nicht gewinnen zu lassen und die halbe Ostsee wieder, an Tränen, in meinen Augen zu spüren. Mein Mann sagte dann öfter: meine Güte Schatz, du bist beim Fernsehen mehr unterwegs, als wenn wir am Wochenende durch die Stadt bummeln. Witzig, nicht wahr? Aber er konnte es nicht ahnen, was ich in diesen Momenten durchmachte. Er hatte mich einfach nur überirdisch lieb (hat mich überirdisch lieb). Ich verbot mir immer wieder, zu viel in die Vergangenheit zu sehen. Zurücksehen tut weh und erzeugt grässliche Narben, wenn das Vergangene nicht angenehme Gefühle hinterlassen ha. Also weiter geht’s!

Meine Lust auf´s Tanzen war ungebrochen und meine Phantasie, worin ich tolle Tänze absolvierte und Beifall dafür bekam, hielt meine Seele am Leben. Bei den meisten meiner Tänze übernahm ich, während des Tanzens, die Choreographie. Ja, ich tanze Ornamente, die mir währenddessen einfielen und natürlich rhythmisch dazu passten. So war jeder Tanz individuell verschieden. Aber ich spürte selbst, dass ich die eingebauten Schwierigkeitsgrade nach und nach veränderte. Viele Bewegungen wurden einfacher und gleitender, denn die ruckartigen Bewegungen, wie etwa beim Flamenco, musste ich auch aufgeben. Es begann, als ich starke Nackenschmerzen bekam. Ach, dachte ich, mal eine andere Stelle, die dir wehtut, bzw. die dazukommt. Ich versuchte zunächst, diesen neuen Schmerz zu ignorieren, aber das ging nicht lange gut. An manchen Tagen war der Nacken ganz heiß, nicht nur von innen, sondern auch von außen. Das war sehr unangenehm, aber ich schwieg. Ich dachte mir auch manchmal: du musst den Flamenco mehr innerlich tanzen, das geht doch auch. Irgendwie wird man dann deine Leidenschaft auch äußerlich sehen. Mein inneres Ich zeigte mir daraufhin einen Vogel und schüttelte das gelockte Köpfchen. Not macht eben erfinderisch. Nach einer langen Zeit des Aushaltens ging ich dann aber doch zu einem erfahrenen Arzt und ab in ein CT. Dort stellte man fest, dass ich am Halswirbel 5 Bandscheibenvorfälle hatte und dies erst der Anfang meiner Beschwerden sei. Also…nicht verzagen, es kommt noch dicker. Ich sollte mich vor ruckartigen Kopfbewegungen in Acht nehmen und diese so gut, wie möglich, vermeiden. Dieses Gefühl des Vermeidens kannte ich ja nur zu gut, deshalb war das nichts Neues für mich. Diese ruckartigen Kopfbewegungen, beim Flamenco, waren aber Ausdruck des Stolzes, den ein Flamencotänzer ausstrahlt und empfindet. Ohne diese Bewegung und die eingeschränkte Bewegung der Hände, war dieser Tanz undenkbar. Also entschied ich mich, den Tanz ganz aufzugeben, bevor ich mich blamierte. Und wieder hatte ich die halbe Ostsee an Tränen in meinen Augen, nur diesmal war da viel mehr Salz drin. Sicherlich, ich hätte auch Walzer oder Foxtrott tanzen können, aber diese Tänze hatten so wenig Leidenschaft, wie meine selbst gekochte Hühnersuppe, also…weg, mit dem Gedanken. Apropos gekocht; diesbezüglich erhielt ich ganz tolle Tipps, die in Richtung Wärmetherapie gingen. Wenn das möglich wäre, dann hätte ich mich bei dieser Therapie wahrscheinlich nicht tot sondern gesund gelacht.

Es begann mit einem Körnerkissen. Nicht irgendein Körnerkissen, sondern eins mit österreichischen Kirschkernen. Na, das muss ja wohl was Tolles sein und…garantiert helfen. Ergebnis: vielleicht gibt es in Österreich, da wo die Kirschen herkommen, Erfolgserlebnisse, bei mir, hier in Düsseldorf, jedenfalls nicht. Ich denke, dass diese österreichischen Kirschen, in dem dunklen Säckchen, Heimweh bekamen und ihre Wirkung für sich behielten. Auch gutes Zureden brachte nichts. Um das Kissen aufzuwärmen, legte ich es in den vorgewärmten Backofen, mittlere Schiene, 150 Grad, Unter- und Oberhitze und stellte die Eieruhr auf 5 Minuten. Erwartungsvoll machte ich schon mal die wärmebedürftige Körperstelle frei, um das Kissen, nach 5 Minuten darauf zu legen. Mit Babytrinkflaschen macht man es immer so, dass man diese Fläschchen an die Zunge oder Wange hält, um zu testen, ob das Fläschchen, für einen Babymund, nicht zu heiß ist. Als mein Mann mich dabei erwischte, wie ich mit der Zunge über das Kissen glitt, zog er die Augenbrauen hoch und legte den Kopf zur Seite. (also bildlich gesehen, nicht wirklich) Bevor ich meine Lage erklären konnte, durchfuhr mich ein brennender Schmerz, also, meine Zungenspitze, weil das Kissen kochend heiß war. Danach hatte ich irgendwie keine Lust mehr, das Kissen irgendwo, auf meinen Körper, zu legen. Mein Mann nahm es mir ab, ließ es dann fallen, weil….es ja zu heiß war und….das Kissen landete auf meinem rechten Fuß, genau auf dem Zeh, der gerade Lust dazu hatte, eine Entzündung zu genießen. Oh, ein neuer Schmerz, Freund, herzlich willkommen, in der unteren Zone, meines geschundenen Körpers. Mein Mann verzog das Gesicht, weil er meinen Schmerz mit mir teile und verließ die Küche. Am nächsten Tag versuchte ich es wieder, legte das Kissen aber in die Mikrowelle, 5 Minuten bei 600 Watt (ohne Weichspüler, hi, hi). Nach etwa 3 Minuten kam mein Mann in die Küche und lächelte verträumt: „grillst du etwa und willst mich überraschen?“ Um Gottes Willen, dachte ich und stürzte zur Mikrowelle. Das Körnerkissen hatte sich äußerlich nicht viel verändert, aber seitdem wissen wir, wie lecker gegrillte Kirschkerne duften. Man sollte auch die Stufe Mikrowelle einschalten und nicht Stufe 3, für den Grill. Dieses Mal war das Kissen natürlich auch zu heiß, das bemerkte ich, als ich diesmal die Wange dran hielt. Mehrere Tage lang, konnte ich deshalb an der Seite keinen Ohrring mehr tragen, aber was soll´s; etwas Schwund ist immer. Na, ja dieses Körnerkissen war gar nicht so schlecht, aber dann kam eine Erfindung, die mein Gehör fand, nämlich, das Vulkansandkissen. Jawohl, dieses Kissen ist viel wirkungsvoller, als das österreichische Körnerkissen. Wir haben es im Angebot erstanden und mit nach Hause genommen. Dann haben wir es ausgepackt und nach Anweisung in die Mikrowelle gelegt. Nach 3 Minuten sollte die tolle Wirkung dann einsetzen. Ich legte mich bereit und wartete. Ich muss dazu sagen, dass ich mich auf das Sofa und auf den Bauch legte, um das Kissen, auf den Lendenwirbelbereich, spüren zu können.