Atlan 300: Das neue Atlantis - William Voltz - E-Book

Atlan 300: Das neue Atlantis E-Book

William Voltz

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Beschreibung

Auf Terra und den übrigen Menschheitswelten schreibt man das Jahr 2648. Frieden und Wohlstand herrschen im Solaren Imperium. Auf vielen tausend Welten der Milchstraße siedeln Menschen. Doch es ist ein trügerischer Frieden. Eine neue Gefahr für die Menschheit zieht herauf - und Atlan, der unsterbliche Arkonide, ist der einzige, der ihr zu begegnen vermag. Zusammen mit einem mysteriösen Gefährten bricht der Mentor der Menschheit auf. Ihr Ziel: DAS NEUE ATLANTIS ...

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Nr. 300

Das neue Atlantis

Ein uralter Mythos wird Wirklichkeit

von William Voltz

Auf Terra und den übrigen Menschheitswelten schreibt man das Jahr 2648. Frieden und Wohlstand herrschen im Solaren Imperium. Auf vielen tausend Welten der Milchstraße siedeln Menschen.

Die Hauptpersonen des Romans

Carmel Sphinx und Purflinth – Zwei USO-Agenten auf den Spuren des Atlantis-Rätsels.

Tervor Aretosa alias Razamon – Ein Fremder auf der Erde.

Atlan – Der Lordadmiral der USO beginnt eine lange Reise.

Perry Rhodan

»Vor dem Eingang des Meeres, der, wie ihr sagt, Säulen des Herakles heißt, befand sich eine Insel, größer als Asien und Libyen zusammen.«

(Platon, »Timaios« Kapitel 3)

1.

Die trockene Hitze, die im Wettbüro herrschte, hatte Purflinth schläfrig gemacht, so dass er die Kontrolle über seinen nachempfundenen menschlichen Körper zu verlieren begann.

Carmel Sphinx, der den Eingang und die Schalter beobachtete, bemerkte die verräterische Veränderung erst, als eine Gesichtshälfte des Matten-Willys bereits wie eine Teigtasche herabhing.

Der USO-Spezialist zuckte zusammen und trat Purflinth gegen ein Schienbein. Das Bein gab nach und floss unter die Bank.

»Purflinth!«, zischte Sphinx wütend.

Das Plasmawesen zuckte zusammen und beeilte sich, die missratenen Körperstellen wieder zu korrigieren. Zum Glück waren alle Kunden an den Schaltern beschäftigt, so dass niemand den Zwischenfall bemerkt hatte.

»Ich hoffe, dass du dich etwas zusammenreißt«, warnte Sphinx seinen extraterrestrischen Begleiter. »Wenn hier jemand merkt, was du wirklich bist, gibt es einen Höllenspektakel und wir können unsere Nachforschungen getrost aufgeben.«

Mutwillig veränderte Purflinth eines seiner Augen, so dass es wie ein Spiegelei aussah.

Sphinx knirschte hörbar mit den Zähnen.

»Ich bin dein Assistent«, erklärte der Matten-Willy. »Trotzdem verlange ich, dass du mich höflich behandelst.«

»Drei Whisky?«, fragte Sphinx, der nur mühsam die Fassung bewahrte.

Purflinth leckte sich mit einer Zunge, die wie ein roter Schöpflöffel aussah, über die Lippen.

»Fünf!«

»Also gut«, gab Sphinx nach. »Fünf! Aber ich erwarte, dass du dich jetzt anständig beträgst.«

Purflinth normalisierte das Auge und blickte zur Tür.

»Er kommt sowieso nicht.«

»Abwarten!«, meinte Sphinx. »Klement hat gesagt, dass er jeden letzten Freitag im Monat kommt, um seine Wetten abzuschließen.«

Klement war der Besitzer des automatischen Wettbüros. Bei ihm wurden die unglaublichsten Wetten abgeschlossen. Die Tatsache, dass Klement eine Villa am Goshun-See und eine Raumjacht besaß, bewies deutlich, wer bei diesen Wetten zu gewinnen pflegte.

Seit ein paar Monaten war das anders.

Damals, am letzten Freitag im Februar des Jahres 2648, war Tervor Aretosa zum ersten Mal in Klements Wettbüro aufgetaucht. Aretosa hatte die Gründung einer Sekte mit dem Namen Jünger von Atlantis in Europa vorhergesagt und eine hohe Summe darauf gewettet, dass dieses Ereignis auch stattfinden würde. Klements Roboter, die trotz aller gründlicher Recherchen keine Anhaltspunkte für eine derartige Gründung finden konnten, hielten dagegen – und verloren.

In den vier Monaten März, April, Mai und Juni war Aretosa ebenfalls erschienen und hatte absurde Wetten angeboten, die alle mit dem Thema »Atlantis« in Zusammenhang standen. Auch diese vier Wetten hatte er gegen alle Wahrscheinlichkeitsrechnungen der Wettroboter gewonnen.

Klement hatte Nachforschungen angestellt und sogar eine Regierungsstelle benachrichtigt. Niemand schien Tervor Aretosa zu kennen oder zu wissen, wo er lebte.

In seiner Juni-Wette hatte Aretosa angekündigt, dass die Regierung sich genötigt sehen würde, zum Thema »Atlantis« eine Erklärung herauszugeben, und genau das war vor ein paar Tagen geschehen.

Carmel Sphinx ging der Atlantis-Rummel auf die Nerven, er war überzeugt davon, dass die wahrhaft epidemische Ausbreitung dieser Geschichten und Gerüchte von einigen geldgierigen Geschäftemachern ausgelöst worden war.

Wahrscheinlich arbeitete Aretosa mit diesen Leuten zusammen.

Der USO-Spezialist sah seinen Auftrag so, dass er etwas über Aretosa und dessen Hintermänner herausfinden sollte und nicht etwa etwas über den möglichen Wahrheitsgehalt der Atlantis-Geschichten.

Atlantis war vor zehntausend Jahren im Atlantik versunken. Atlan selbst hatte noch einmal in der Regierungserklärung darauf hingewiesen. Alles andere waren Hirngespinste.

Sphinx konnte sich vorstellen, dass die Regierung angesichts der Ausmaße, die die Atlantis-Euphorie angenommen hatte, beunruhigt war. Es wurde Zeit, dass man dieser Sache ein Ende machte. Sphinx war entschlossen, dieses Ende vorzubereiten.

Der USO-Spezialist war ein kleiner hagerer Mann mit einem freundlichen Gesichtsausdruck, der vor allem von den Lachfältchen um seine großen blauen Augen bestimmt wurde. In Sphinx' Stirn hing stets eine schwarze Locke, die er ab und zu durch ruckartige Bewegungen des Kopfes an ihren Platz zurückzubefördern versuchte.

Bisher war Sphinx mit Nachforschungen bei Rauschgifthändlern beschäftigt gewesen. Bei dieser Arbeit hatte ihm sein Assistent, der Matten-Willy Purflinth, stets gute Dienste geleistet. Diese Wesen konnten in die kleinsten Winkel und Spalten fließen und sie untersuchen, so dass man kaum etwas vor ihnen verbergen konnte.

Aber auch bei diesen Einsätzen war Purflinths ständige Müdigkeit eine Erschwernis gewesen.

»Wir sollten aufgeben und endlich den versprochenen Whisky holen«, unterbrach der Matten-Willy die Gedanken des USO-Spezialisten. »Ich bin fast bereit, eine Wette anzunehmen, dass Aretosa nicht kommt.«

Sphinx warf einen hilfesuchenden Blick zu Klement hinüber, der in einer Ecke stand und ebenfalls den Eingang beobachtete. Er wollte Sphinx ein Zeichen geben, sobald Aretosa erschien. Die Kunden, die hereinkamen, um bei den Robotbuchmachern ihre Wetten abzuschließen, kannten Klement nicht, denn er hielt sich nur selten in seinem Wettbüro auf. Klement war ein schwerfällig wirkender, ärmlich gekleideter Mann. Man hätte ihn eher für einen Kunden des Büros als für dessen Besitzer halten können.

Sphinx' Blicke wanderten zu den Robotbuchmachern hinüber, einfallslos bemalten Kästen, in denen vergleichende Positroniken eingebaut waren.

In diesem Augenblick wurde es still innerhalb des Büros. Die Männer und Frauen an den Schaltern hielten in ihrer Tätigkeit inne und starrten in Richtung des Eingangs.

Die Atmosphäre innerhalb des Raumes schien sich mit einem Schlag zu verändern.

Noch bevor Sphinx den Blick wandte, wusste er, dass Tervor Aretosa angekommen war.

Im Eingang stand ein überschlanker, etwa 1,80 Meter großer Mann.

Sphinx wurde vom Anblick des Fremden sofort gefangen, er spürte, dass er einem ungewöhnlichen Menschen gegenüberstand. Trotz seiner Hagerkeit wirkte Aretosa (und es hätte nicht mehr Klements Kopfnicken bedurft, um Sphinx davon zu überzeugen, dass es sich um diesen handelte) knochig und stark. Aretosa hatte mittellanges, blauschwarzes Haar und eng beieinander stehende Augen, mit denen er unstete und stechend wirkende Blicke auf die Umgebung richtete. Dichte schwarze Brauen ließen diese Augen noch düsterer wirken. Die Wangenknochen Aretosas traten hervor, seine scharfrückige und große Nase verliehen dem Gesicht zusätzliche Härte und Verbissenheit, genau wie die schmalen Lippen. Das massive Kinn war durch ein tiefes Grübchen unterteilt. Die Haut Aretosas besaß einen gelblichen Schimmer und stand in einem unheimlichen Kontrast zu den Augen und den Haaren.

Sphinx ertappte sich dabei, dass er dieses Gesicht nicht nur einfach studierte, sondern davon in Bann geschlagen wurde.

Erst, als ihn die Blicke des Ankömmlings trafen und sekundenlang auf ihm ruhten, als könnten sie ihn und seine Absichten mühelos ergründen, löste sich die Starre des USO-Spezialisten.

Sphinx sah verlegen zu Boden, als hätte man ihn bei einer unrechtmäßigen Handlung ertappt.

»Ist er das?«, flüsterte Purflinth.

Sphinx nickte.

Tervor Aretosa bewegte sich auf den äußersten rechten Schalter zu, und Sphinx konnte dabei sehen, dass der Mann das linke Bein etwas nachzog.

Nun begann Klement zu handeln. Ihr gemeinsames Vorgehen war zwischen Sphinx und Klement genau abgesprochen, aber plötzlich zweifelte der USO-Mann, dass es auch funktionieren würde.

Klement setzte sich in Bewegung und blieb zwischen dem Schalter und Aretosa stehen, so dass er seinem geheimnisvollen Kunden praktisch den Weg versperrte.

»Tervor Aretosa?«, sagte Klement mit sichtlicher Aufregung.

Aretosa wandte Sphinx den Rücken zu, doch der USO-Spezialist konnte sich vorstellen, dass dieser Mann Klement ansah und dass Klement unter diesen Blicken förmlich litt.

»Der bin ich!« Die Stimme besaß einen fremdartigen Akzent, den Sphinx niemals zuvor gehört hatte, und sie drückte eine ganze Skala mühsam beherrschter Gefühle aus.

»Ich bin Klement, der Besitzer dieses Wettbüros«, sagte Klement. Er drehte sich seitwärts, so dass Aretosa, um ihn weiter ansehen zu können, ebenfalls eine Drehung vollführen musste. Auf diese Weise gelang es Klement, das Gesicht Aretosas wieder in Sphinx' Blickfeld zu bringen. Sphinx hielt das jedoch für einen Zufall, denn er glaubte einfach nicht, dass Klement ruhig denken konnte – jedenfalls nicht in dieser Minute.

Aretosa lächelte, ein oberflächliches Lächeln, das in den Fältchen rund um die Augen steckenblieb und gleich wieder auseinanderbrach, als wäre es eine dünne, nicht zu diesem Körper gehörende Schicht.

»Sie haben viel Geld an mich verloren, Klement.«

»Eine Menge«, bestätigte Klement. »Deshalb möchte ich mit Ihnen sprechen.«

»Diesmal haben Sie Gelegenheit, alles zurückzugewinnen«, verkündete Aretosa.

Für Sphinx, der als stiller Beobachter fungierte, erhob sich die Frage, ob dieser Mann ein Spiel trieb.

»Sie wollen eine neue Wette abschließen?«, erriet Klement.

»Natürlich! Sind Sie interessiert?«

Inzwischen waren auch die anderen Kunden auf die Unterhaltung aufmerksam geworden. Sie umringten jetzt Klement und Aretosa, aber keiner von ihnen wagte, irgend etwas zu sagen.

Klement sagte nervös: »Es kommt auf den Inhalt der Wette an.«

Aretosa verschränkte die knochigen Arme über der Brust, und Sphinx fand, dass dieser Mann unglaublich überheblich wirkte – und einsam.

»Es ist sozusagen eine Doppelwette«, erklärte Aretosa. »In den nächsten zwei Wochen wird ein seltsames Artefakt aufleuchten, in das eine Botschaft über Atlantis eingraviert ist.«

»Das ist durchaus wahrscheinlich«, meinte Klement. Sphinx sah, dass der schwere Mann schwitzte. »Nach allem, was Sie bisher prophezeit haben, zweifle ich nicht daran.«

»Der zweite Teil meiner Wette«, fuhr Aretosa fort, »betrifft Atlantis selbst. Es wird am dreißigsten August im Atlantik auftauchen.«

Es blieb unheimlich ruhig, obwohl Sphinx erwartet hatte, dass jemand unter den Zuhörern lachen würde. Aretosas Behauptung war absurd, niemand konnte ernsthaft in Erwägung ziehen, dass ein solches Ereignis tatsächlich eintraf.

»Das ... das ist ja verrückt!«, brachte Klement schließlich hervor.

»Ich bin bereit, eine Million Solar einzusetzen«, sagte Aretosa mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte er gerade einen Soli gewettet, dass am nächsten Tag die Sonne aufging.

»Eine Million Solar!«, ächzte Klement.

»Werden Sie darauf eingehen?«, drängte der Hagere.

»Nein ... nein! Selbst wenn ich wollte, kann ich das nicht. Ich verfüge nicht über soviel Kapital.«

Sphinx erhob sich und ging auf die Gruppe zu. Er versuchte, völlig ruhig zu sein, aber das gelang ihm nicht. Ihm war, als wanderte er am Rand eines Abgrunds, obwohl die Situation doch offensichtlich völlig ungefährlich war. Wahrscheinlich war es ihre Ungewöhnlichkeit, die ihn verunsicherte.

»Ich halte die Wette!«, hörte er sich sagen.

Aller Augen richteten sich auf Carmel Sphinx, der unwillkürlich darauf wartete, dass ihn einer der Anwesenden der Verrücktheit bezichtigen würde. Doch die Stille der Zuschauer hielt an, als würde die Ausstrahlung Aretosas ausreichen, um jede von ihm unerwünschte Aktivität zu ersticken.

Sphinx sah, dass Klement zitterte.

Aretosa sah Sphinx an, eher verächtlich als interessiert.

»Sie? Und wer sind Sie?«

In Sphinx entstand der übermächtige Wunsch, aufzugeben und das Büro zu verlassen. Irgend etwas warnte ihn, sich näher mit diesem Mann einzulassen, ein längst verloren geglaubter Instinkt, der vielleicht den Urmenschen vor seinen natürlichen Feinden geschützt hatte.

Gleichzeitig erwachte ein trotziges Gefühl in dem kleinen Mann.

Das war ja alles lächerlich!

Er durfte sich nicht von dem Gebaren eines Fremden beeindrucken lassen und schon gar nicht von dessen phantastischen Behauptungen.

»Mein Name ist Carmel Sphinx«, sagte der USO-Spezialist. »Ich war lange Jahre erfolgreich als Prospektor im Wega-Sektor tätig und habe mir dort ein Vermögen erworben. Nun vertreibe ich mir die Zeit mit Wetten. Ich habe bereits von Ihnen gehört, denn ich bin ein ständiger Kunde Klements. Nach allem, was ich von Ihnen weiß, mussten Sie heute hier auftauchen.«

Falls Tervor Aretosa auf den Gedanken kommen sollte, diese Geschichte nachzuprüfen, würde er sie als richtig anerkennen müssen, denn die USO hatte für Sphinx eine entsprechende Vergangenheit konstruiert.

»Spielen Sie gerne Vabanque?«, fragte Aretosa. Er schien amüsiert zu sein.

»Keineswegs!«, erwiderte Sphinx. »Aber keine noch so gut arbeitende Organisation kann Atlantis zurückbringen.«

Aretosa hob die Augenbrauen.

»So sehen Sie das!«

»Ja«, sagte Sphinx. »So sehe ich das.«

»Wollen wir beide das Geld bei Klement hinterlegen?«

Diese Frage bedeutet, dass Aretosa eine Million Solar besitzt!, dachte Sphinx betroffen.

»Ich bin dafür, dass wir dieses Geschäft privat abwickeln«, schlug der USO-Spezialist vor. »Wenn Sie damit einverstanden sind, suche ich Sie zusammen mit meinem Sekretär auf, dann erledigen wir alle Formalitäten.«

Er gab Aretosa seine Karte.

Der schlanke Mann nickte. Sphinx, der gehofft hatte, nun Aretosas Adresse zu erfahren, sah sich enttäuscht.

»Vielleicht rufe ich Sie an, dann machen wir einen Termin aus«, sagte Aretosa, dann ging er langsam auf die Tür zu.

Sphinx überlegte verzweifelt, wie er den Mann aufhalten konnte.

»Ihr Bein!«, rief er, weil ihm nichts Besseres einfiel. »Sind Sie verletzt? Soll ich Sie nach Hause fliegen?«

Aretosa blieb stehen. Er blickte auf sein linkes Bein. Es war, als würde er angestrengt versuchen, sich an irgend etwas zu erinnern. Er sah jetzt sehr traurig aus.

»Es ist nichts«, sagte er dann. »Lediglich ein Zeitklumpen.«

2.

»Dafür, dass du zehntausend Jahre alt bist, verfügst du über ungewöhnliche Fähigkeiten«, sagte Irsthya sanft und strich Atlan über die Haare. Dann glitt sie aus dem Bett und trat an das Fenster.

Atlan beobachtete sie und bewunderte ihre Schönheit, ihre vergängliche Schönheit.

Er hatte Irsthya vor zwölf Jahren kennen gelernt, damals war sie zweiundzwanzig Jahre alt gewesen.

In diesen zwölf Jahren war er um keine Sekunde gealtert.

Er musste zusehen, wie sie an seiner Seite alterte.

Nein, das war nicht das richtige Wort: Er erlebte, wie sie allmählich starb!

Zu Beginn ihrer Freundschaft hatten sie sich oft über dieses Problem unterhalten und Irsthya hatte behauptet, es würde ihr nichts ausmachen.

»Ich werde gehen, sobald es Zeit ist«, hatte sie gesagt.

Inzwischen sprachen sie nicht mehr darüber. Aber manchmal, wenn sie dachte, dass Atlan schlief, weinte Irsthya.

»Du bist schön«, sagte der Arkonide spontan. »Ich liebe dich!«

»Wie liebst du mich?«, fragte sie.

»Wie ein Mann eine Frau liebt«, erwiderte der Lordadmiral.

Sie warf den Morgenmantel über.

»Wann wirst du mich vergessen haben? In einem Jahr, in zehn Jahren oder in hundert Jahren?«

Atlan richtete sich bestürzt auf. Er kannte die Bedeutung dieser Worte, er hatte sie oft in dieser oder in jener Form gehört. Irsthya würde ihn verlassen.

Er war nicht in der Lage, irgend etwas zu sagen, sondern sah stumm zu, wie sie im Badezimmer verschwand. Als er ihr ein paar Minuten später dorthin folgen wollte, hatte sie die Tür von innen verriegelt.

Atlan orderte Kaffee und Toast in der Robotküche und wusch sich im Gästebad. Dann kleidete er sich an und begann zu frühstücken. Er war zu müde und zu enttäuscht, um die Morgennachrichten von Terra-Television anzuschauen.

Nach einer Weile hörte er eine Tür zuschlagen. Irsthya war gegangen.

Atlan schloss die Augen.

Warum muss es immer so enden?, dachte er.

Da erfolgte die Explosion.

Ein gewaltiger Donnerschlag erschütterte das Gebäude. Atlan wurde aus dem Stuhl geworfen und stürzte zu Boden. Das Frühstücksgeschirr fiel auf ihn herab. Seine Ohren dröhnten, halb betäubt tastete er umher und versuchte, sich irgendwo hochzuziehen.

Der Explosion folgte fast völlige Stille, nur das Knacken beanspruchten Metalls war zu hören und in einem der Nebenzimmer rieselte Mörtel auf den Boden.

Atlans Gedanken setzten wieder ein.

Irsthya!, dachte er betroffen.

Er kam auf die Beine. Unbewusst nahm er das Ausmaß der Zerstörung in der Küche wahr. Aber das Zentrum der Explosion hatte außerhalb des Hauses gelegen.

Atlan taumelte auf den Korridor hinaus, dann erreichte er die kurze Treppe, die zum Ausgang führte. Die Tür war zerborsten, ihre Trümmer lagen auf den Stufen verstreut.

Der Gleiter!, schoss es Atlan durch den Kopf.

Er gelangte ins Freie, und seine Vermutung bestätigte sich. Der vor dem Haus geparkte Fluggleiter Irsthyas war in die Luft geflogen. Ein Krater markierte die Stelle des Unglücks. Überall lagen Wrackteile, zum Teil waren sie in den Gärten der Häuser in der Umgebung niedergegangen.

Atlan, der benommen dastand, hörte Stimmen.

Von allen Seiten kamen Menschen gerannt. Das Gewinsel der Alarmsirenen der Robotfeuerwehr und des Unfallkommandos erklang.

Irsthya!, dachte Atlan.

Er hockte sich auf die untere Stufe vor der Eingangstür.

Allmählich bereitete sich die Erkenntnis in ihm aus, dass die Frau einem Anschlag zum Opfer gefallen war, der eigentlich ihm gegolten hatte.

*

Prohn Korum, der dunkelhäutige Chefredakteur des ASTRA, sah ein bisschen einfältig aus, aber er war es nicht. Unter Korums Leitung war der ASTRA zu einem Forum für innenpolitische Ereignisse geworden. Da er nur noch Schreibtischarbeit erledigte, hatte Korum Fett angesetzt, ein Vollbart sollte sein Doppelkinn verbergen.

Sein dreidimensionales Abbild blickte Perry Rhodan vom Visiphon herab an.

»Wir hielten die ganze Sache für einen schlechten Scherz der Atlantis-Fanatiker«, sagte er gerade. »Deshalb haben wir uns nicht darum gekümmert und auch keine Meldung gemacht. Wir hätten nicht einmal einen Bericht darüber gebracht.«