Atlan 64: In den Katakomben von Siga - Ernst Vlcek - E-Book

Atlan 64: In den Katakomben von Siga E-Book

Ernst Vlcek

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Beschreibung

Sie leben in Angst - ihrem Planeten droht die Vernichtung Auf Terra, den Welten des Solaren Imperiums und den Stützpunkten der USO schreibt man Anfang Juli des Jahres 2841. Dieses 29. Jahrhundert ist eine Zeit, in der die solare Menschheit oder die Menschheit von den Welten der ersten Siedlungswelle wieder nach den Sternen greift und sich weiter im All ausbreitet. Es ist eine Zeit der großen Erfolge und großen Leistungen - es ist aber auch eine Zeit der Gefahren und eine Zeit, in der Rückschläge nicht auf sich warten lassen. Ein solcher Rückschlag für die solare Menschheit trat ein, als NATHAN, die lunare Biopositronik, falsche Programme und Daten zu liefern begann. NATHAN, auf dessen reibungsloses Funktionieren die ganze solare und zum Teil auch die extrasolare Wirtschaft und Versorgung angewiesen sind, richtete durch seine Fehlleistungen, die auf Sabotage zurückzuführen waren, unermesslichen Schaden an. Jetzt, da die Saboteure aus NATHAN vertrieben sind, arbeitet das Mondgehirn wieder einwandfrei, und die Saboteure, die sich ihrer Gefangennahme entziehen konnten, werden von den USO-Spezialisten verfolgt. Die Spur führt von der "Nacht der Vulkane" zu den KATAKOMBEN VON SIGA ...

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Nr. 64

In den Katakomben von Siga

Sie leben in Angst – ihrem Planeten droht die Vernichtung

von Ernst Vlcek

Auf Terra, den Welten des Solaren Imperiums und den Stützpunkten der USO schreibt man Anfang Juli des Jahres 2841.

Dieses 29. Jahrhundert ist eine Zeit, in der die solare Menschheit oder die Menschheit von den Welten der ersten Siedlungswelle wieder nach den Sternen greift und sich weiter im All ausbreitet.

Es ist eine Zeit der großen Erfolge und großen Leistungen – es ist aber auch eine Zeit der Gefahren und eine Zeit, in der Rückschläge nicht auf sich warten lassen.

Ein solcher Rückschlag für die solare Menschheit trat ein, als NATHAN, die lunare Biopositronik, falsche Programme und Daten zu liefern begann.

NATHAN, auf dessen reibungsloses Funktionieren die ganze solare und zum Teil auch die extrasolare Wirtschaft und Versorgung angewiesen sind, richtete durch seine Fehlleistungen, die auf Sabotage zurückzuführen waren, unermesslichen Schaden an.

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Lordadmiral »protestiert« gegen die Tätigkeit der UHB.

Ronald Tekener – Der Smiler zeigt Verhandlungsbereitschaft mit seinen Gegnern.

Professor Flind Centraty – Sinclair M. Kennon in der Maske eines Waffensuchers.

Lemy Danger, Corto Padillo, Imsch Pyco und Kalass Otrinot – Tekeners und Kennons Begleiter.

Zeten Caonk – Kommandant von »Siga-Zero«.

Etta Stillot – Eine mörderische Ertruserin.

1.

»Meine Herren, darf ich Ihnen Professor Flind Centraty vorstellen«, sagte Ronald Tekener beim Betreten des Konferenzraumes und deutete auf den Mann an seiner Seite.

Er war ungefähr gleich groß wie Tekener, besaß jedoch annähernd den doppelten Körperumfang. Er besaß große, plump wirkende Hände, deren Rücken dicht behaart waren. Sein fleischiges Gesicht, mit den wulstigen Lippen, den wässrigen, in Fettpolster eingebetteten Augen wurde von einem wirren, schmutzig-gelben Haarkranz gekrönt.

Er murmelte eine unverständliche Begrüßung und nickte dem Terraner und den fünf Siganesen zu.

Tekener lächelte belustigt, als er dem fragenden Blick des terranischen Botschafters von Siga, Myong Kaito, begegnete und fuhr fort: »Ich sagte Ihnen bereits, dass mein Partner mit dem Kurierschiff Siga verlassen hat, das vor zwei Tagen landete. Er musste einen anderen dringenden Fall der UHB übernehmen. Aber ich habe Ihnen verschwiegen, dass mit dem gleichen Schiff Professor Flind Centraty angekommen ist. Er gehört zu meiner Unabhängigen Hilfsinstitution für Bedrängte. Er hat eine ezialistische Ausbildung genossen und ist ein Spezialist auf dem Gebiete der Suche und der Entschärfung von Abecehy-Waffen.«

General Markha Hol, Sigageborener und Chef der so genannten Toleranztruppe der siganesischen Spezialpolizei, fand als erster die Sprache wieder.

»Es kann sein, dass ich mir durch meine Unwissenheit eine Blöße gebe, aber was sind Abecehy-Waffen?«, fragte er über seine Verstärkeranlage.

»Es handelt sich um eine Abkürzung, die heute kaum mehr gebräuchlich ist«, antwortete Professor Centraty an Tekeners Stelle. »Sie steht für Atom-, Bakterien-, chemische und hyperenergetische Waffen.«

Tekener schloss an: »Professor Centraty hat eigene Methoden entwickelt, um solche Waffen mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit aufspüren zu können. Ich habe ihn von Satisfy angefordert, als durch den Ultra-Khoon bekannt wurde, dass Siga von einer unbekannten Vernichtungswaffe bedroht wird. Das war eine vorbeugende Maßnahme von mir. Wir wissen zwar immer noch nicht, ob diese Vernichtungswaffe überhaupt existiert, und wenn, ob sie auf Siga deponiert wurde, oder ob man von ertrusischer Seite an einen Angriff aus dem All denkt. Wenn jedoch diese Vernichtungswaffe auf Siga versteckt wurde, dann wird Professor Centraty sie finden!«

»Sind Sie da nicht zu optimistisch, Tekener?«, meinte General Markha Hol. »Die Bombe, oder worum es sich auch immer handelt, kann sich an jedem Punkt der Oberfläche Sigas befinden. Darf ich fragen, wo Sie zu suchen beginnen wollen, Professor? Oder haben Sie schon einen Ansatzpunkt gefunden?«

»Als Abecehy-Waffensucher habe ich meine speziellen Methoden und Hilfsmittel, über die ich aber verständlicherweise nicht sprechen möchte«, entgegnete Professor Centraty würdevoll. »Glauben Sie nicht, ich hätte die zwei Tage während meiner Anwesenheit in Port Siga mit Nichtstun vertrödelt. Ganz im Gegenteil. Ich habe in Teks Apartment, das er freundlicherweise mit mir teilt, eine Reihe entscheidender Vorbereitungen getroffen. Verlassen Sie sich darauf, ich werde die Vernichtungswaffe finden – wenn eine solche existiert.«

»Sieh an«, sagte Captain Kalass Otrinot, der Posibi-Modellierer in Lemy Dangers USO-Team, feixend. »Aus Ihrer Anrede höre ich heraus, dass ihre Beziehungen zu Ronald Tekener weit mehr als nur beruflicher Natur sind.«

»Es stimmt, wir sind alte Freunde«, erklärte der Ezialist. »Stellt das etwa meine Qualifikation in Frage?«

»Keineswegs – eher ist das Gegenteil der Fall«, mischte sich Lemy Danger ein. »Aber Ihr Auftauchen unter mysteriösen Umständen und jetzt noch die Tatsache, dass Sie mit Ronald Tekener eng befreundet sind, lässt einige interessante Rückschlüsse zu.«

Bevor Professor Centraty noch etwas entgegnen konnte, sagte Tekener:

»Genug des Versteckspiels. Sie und Ihre Leute, Lemy, haben richtig kombiniert. Mein Partner hat Siga nie mit dem Kurierschiff verlassen, und ebenso wenig ist ein Spezialist für das Auffinden von Abecehy-Waffen eingetroffen.«

»Soll das heißen, dass ...«, stammelte Botschafter Myong Kaito, der gleichzeitig ein Oberst der Solaren Abwehr war.

»Jawohl, ich bin es«, sagte Sinclair M. Kennon alias Professor Flind Centraty, ohne diesmal seine Stimme zu verstellen. »Da Sie mich nicht erkannt haben, glaube ich, dass meine Maske perfekt ist.«

»Aber wozu das alles?«, wunderte sich General Markha Hol. »Warum haben Sie für uns dieses Täuschungsmanöver inszeniert?«

Tekener winkte ab. »Das war nur ein Test. Tatsächlich soll die Gegenseite getäuscht werden. Wenn es sich herumspricht, dass ein Fachmann für das Auffinden von Abecehy-Waffen auf Siga eingesetzt werden soll, dann könnte das unseren Gegner aus der Reserve locken. Er wird nervös werden und ...«

»... auf den Knopf drücken, der die Bombe auslöst«, vollendete General Markha Hol den Satz.

»Diese Bemerkung fasse ich als humoristische Einlage auf«, sagte Tekener trocken und merkte, wie der winzige Chef der siganesischen Geheimpolizei zusammenzuckte. »Bevor unser Gegner den Kopf verliert, wird er zuerst versuchen, seinen ärgsten Widersacher auszuschalten, ihn also entweder töten oder entführen wollen. Ihre Aufgabe dabei wäre, Professor Flind Centratys Anwesenheit auf Siga über die Massenmedien groß herauszustellen. Das zu erreichen, kann Ihnen wegen Ihrer ausgezeichneten Beziehungen zur Regierung nicht schwerfallen, General Hol. Würden Sie das tun?«

»Sie verlangen viel von mir«, meinte der Siganese. »Abgesehen von allem anderen, stellen Sie dieses Ansuchen als Privatmann. Sie verstehen, was ich meine?«

Tekener nickte. »Es behagt Ihnen nicht, dass ich vom Chef der Sigalor Computer Exact Company, also von einem Privatunternehmen, mit diesem Fall beauftragt wurde. Aber habe ich bisher nicht gut mit der Toleranzgruppe zusammengearbeitet und nicht immer im Interesse Sigas gehandelt? Sie haben es nie zu bereuen brauchen, dass sie der UHB besondere Vollmachten zubilligten. Welche Bedenken haben Sie sonst noch?«

»In Regierungskreisen ist man beunruhigt«, sagte General Markha Hol. »Die Ereignisse in der Toykischen Wildnis und das Wirken des Ultra-Khoon sind in die Öffentlichkeit durchgesickert. Unter der Bevölkerung herrscht tiefste Bestürzung. Die offiziell abgegebenen Erklärungen haben die Lage verschlimmert. Ich weiß, das war nicht beabsichtigt, aber jedenfalls hat sich dadurch die Unruhe unter der Bevölkerung vergrößert. Wenn nun statt eines Dementis die Erklärung folgt, dass ein bekannter Bombensucher auf Siga eingetroffen ist, könnte es zu einem Chaos führen. Wir würden damit alle Gerüchte bestätigen.«

»Das ist ein Argument«, stimmte Tekener zu. »Eine Bekanntmachung über die Massenmedien lässt sich also nicht durchführen. Aber wie wäre es mit Flüsterpropaganda? Wenn man sich in den Kreisen der Eingeweihten zuraunt, dass ein Abecehy-Waffensucher auf Siga eingetroffen ist, dann kommt das nicht in die Öffentlichkeit, aber unser Gegner wird davon erfahren. Und mehr wollen wir nicht erreichen. Das könnten auch Sie verantworten, General Hol.«

Der Chef der siganesischen Spezialpolizei zögerte.

»Würden Sie ja sagen, wenn ich Sie darum ersuche?«, sagte Botschafter Myong Kaito.

»Es wäre alles viel einfacher, wenn die UHB nicht von einem Privatunternehmen mit der Bearbeitung des Falles beauftragt worden wäre, sondern von offizieller Stelle«, antwortete General Markha Hol.

»Was ist denn plötzlich in Sie gefahren, General, dass Sie diesem nebensächlichen Punkt solche Beachtung beimessen?«, wunderte sich Tekener.

»Es ließe sich immer noch machen, dass Sie von nun an für einen anderen Auftraggeber arbeiten«, meinte der General.

»Fällt mir überhaupt nicht ein!«, erklärte Tekener.

Markha Hol seufzte vernehmlich.

»Ich hoffe, Sie ändern Ihre Absicht noch, Tekener. In wenigen Stunden wird nämlich die Regierung über das planetare Televisionsnetz die UHB offiziell damit beauftragen, diesen Fall für sie zu Ende zu führen. Das wollte ich Ihnen noch sagen. Seien Sie sich also der Ihnen zuteil werdenden Ehre bewusst und bereiten Sie eine entsprechende Antwort vor.«

Tekeners Gesichtsausdruck verhärtete sich.

»Es gehört zu den Prinzipien der UHB, dass sie sich nie auf politisches Glatteis begibt. Ich wahre als Privatmann die Interessen von Privatleuten, das habe ich bisher so gehalten und bin gut damit gefahren. Und ich denke nicht daran, für die Regierung irgendeiner Welt zu arbeiten. Siga bildet darin keine Ausnahme.«

»Sagen Sie nicht, das sei Ihr letztes Wort«, meinte General Markha Hol. »Es bleiben noch einige Stunden für Sie, die richtige Entscheidung zu treffen.«

Nachdem er diesen Appell an Tekener gerichtet hatte, verabschiedete sich der Chef der siganesischen Spezialpolizei und verließ seinen Platz auf dem Konferenztisch. Er schaltete sein Rückenaggregat ein und flog zum Ausgang. Als er die Tür erreichte, die einen eigens auf Siganesen abgestimmten Öffnungsmechanismus besaß und die sich automatisch öffnete, blieb er in ihr für einige Sekunden in der Schwebe.

»Entscheiden Sie sich richtig, Tekener«, sagte er abschließend über seine Verstärkeranlage, dann flog er endgültig ab.

Nachdem die Tür wieder ins Schloss gefallen war, fluchte Tekener.

»Verdammt, die UHB kann sich von der siganesischen Regierung nicht beauftragen lassen. Oberst Kaito, dieser Irrsinn muss verhindert werden! Wenn die Siganesen erst offiziell an mich herangetreten sind, dann ist unsere so mühsam aufrechterhaltene Tarnung beim Teufel.«

2.

Der Fall hatte zum zweiten Mal eine überraschende Wendung genommen, und Atlan fragte sich, ob man nun auf der richtigen Spur der Drahtzieher war.

Die erste Überraschung war gewesen, dass Siganesen für die falschen »Exportdaten« und »Exportprogramme« NATHANS verantwortlich waren. Nachdem die siganesischen Saboteure in ihrem Versteck im lebenden Zellplasma NATHANS ausgehoben worden waren, stand es für die USO außer Zweifel, dass der Gegner seine Einsätze von Siga aus lenkte. Eine Verschwörung der Siganesen?

Alles schien darauf hinzuweisen. Aber die Auswertung der letzten Ereignisse zeigte, dass von Siga eine eindeutige Verbindung zu Ertrus bestand.

Atlan ging die Berichte noch einmal durch.

Es war ein Siganese gewesen, der seine Artgenossen mittels seiner hypnosuggestiven Fähigkeiten zu den Sabotageakten auf Luna zwang. Unter der Tarnbezeichnung »Ultra-Khoon« hatte der Parabio-Konstrukteur Boltscha Regur von seinem Stützpunkt in der Toykischen Wildnis des Kontinents Mystro die Unternehmungen geleitet. Als ihm dann von dem siganesischen USO-Team Danger-Padillo-Pyco-Otrinot und Tekener und Kennon das Handwerk gelegt wurde, berichtete er sterbend, dass man ihn gezwungen hatte, diese Verbrechen zu begehen.

Wenn der Ultra-Khoon die Wahrheit gesagt hatte – und daran zweifelte Atlan nicht –, dann war ihm gar keine andere Wahl geblieben. Denn hätte er sich geweigert, die Befehle seiner Hintermänner auszuführen, dann musste er befürchten, dass die Drohung, den gesamten Planeten Siga in die Luft zu sprengen, wahr gemacht worden wäre. Der Ertruser Goltur Maras, der den Ultra-Khoon erpresste, hatte behauptet, dass eine entsprechende Vernichtungswaffe bereitstehe.

Aus der Fülle der vorliegenden Daten ließen sich für die USO zwei wichtige Folgerungen ableiten:

1. Die erwähnte Vernichtungswaffe existierte – und bedrohte weiterhin die Existenz Sigas und seiner Bewohner.

2. Die Machenschaften des Ertrusers Goltur Maras schienen zu beweisen, dass die Machtgruppe des vor noch nicht allzu langer Zeit gegründeten Carsualschen Bundes hinter den Attacken gegen das Solare Imperium steckte.

Aus diesen beiden Punkten ergaben sich eine Reihe von Fragen und Rückschlüssen. Es war anzunehmen, dass der Ertruser Goltur Maras nicht allein in das System von Gladors Stern gekommen war, dessen zweiter Planet Siga war. Wo verbargen sich die anderen Ertruser?

Die Arbeit der UHB und des vierköpfigen Siganesenteams konnte erst beendet sein, wenn diese Frage beantwortet war.

Aber eine andere Frage zu klären war noch viel wichtiger, denn das Schicksal eines ganzen Planeten hing davon ab. Wo befand sich die Vernichtungswaffe, und wie sollte sie wirksam werden? War auf der Oberfläche von Siga eine Bombe versteckt, oder beabsichtigten die Ertruser einen Vernichtungsschlag aus dem All?

Atlan hatte sämtliche Beiboote und Robotsonden auf Erkundungsflüge geschickt, um die anderen drei unbewohnten Welten und den Raum des Systems zu untersuchen. Bisher hatten weder die Beiboote noch die Robotsonden irgend etwas Verdächtiges entdeckt.

Nicht einmal der stille Wunsch Atlans, ein Raumschiff der Ertruser aufzustöbern, war in Erfüllung gegangen – von einer Vernichtungswaffe fand sich keine Spur. Atlan ließ die Beiboote und Robotsonden weitersuchen, während er mit der IMPERATOR in einem halben Lichtjahr Entfernung von Siga in Warteposition ging.

Er konnte nichts anderes tun als abwarten. Er war im Augenblick zur Untätigkeit verdammt – etwas, das mehr an seinen Nerven zerrte als jeder Kampf auf Leben und Tod.

Irgendwo tickte die Bombe ...

Deshalb war der Arkonide beinahe froh, als er von Port Siga einen chiffrierten, zerhackten und gerafften Funkspruch erhielt – wenngleich es sich um eine Hiobsbotschaft handelte.

Die Nachricht hatte folgenden Inhalt:

DIE REGIERUNG VON SIGA BEABSICHTIGT DIE UHB OFFIZIELL MIT DER BEHANDLUNG DER ANGELAUFENEN PROBLEME ZU BEAUFTRAGEN. DAS MUSS AUS BEKANNTEN GRÜNDEN VERHINDERT WERDEN. ERBITTEN SCHÜTZENHILFE.

Der Funkspruch war anonym abgeschickt worden, aber Atlan war klar, dass nur Tekener oder Kennon der Absender sein konnte.

Der Chef der USO zerknüllte die Folie und warf sie ärgerlich fort.

»Wahnsinn!«, stieß er hervor. »Da bauen wir in jahrzehntelanger Kleinarbeit eine wirkungsvolle Tarnorganisation auf, und dann kommen diese Wichtelmänner von Siga mit ihrem übersteigerten Ehrenkodex und drohen alles zunichte zu machen.«

Sicher, Tekener konnte das Angebot der Regierung von Siga auch ablehnen, indem er sich auf die Prinzipien der UHB berief. Aber das hätte dann unweigerlich seine Ausweisung zur Folge.

Atlan trug seinem Adjutanten auf:

»Setzen Sie sich sofort mit der Regierung von Siga in Verbindung, und schaffen Sie mir jenen Mann ans Visiphon, der für diese Schnapsidee verantwortlich ist. Wenn Sie ihn erreicht haben, stellen Sie das Gespräch auf meinen Tischapparat durch.«

*

»Antar Naghiron«, stellte sich der Siganese vor, der auf dem Bildschirm des Visiphons erschien. Er besaß bereits eine leicht violett gefärbte Haut, und sein ehemals pechschwarzes Haar war von vielen goldfarbenen Strähnen durchzogen. An dem Größenverhältnis zur Einrichtung, die im Hintergrund zu sehen war, schätzte Atlan, dass er nicht kleiner als 25 Zentimeter war.

»Was kann ich für den Lordadmiral der USO tun?«, fragte er.

»Sie können sich selbst und Ihrer Heimat einen großen Gefallen erweisen, Antar Naghiron«, fuhr Atlan den Siganesen an. Er wählte absichtlich diesen Tonfall, obwohl er sonst im Umgang mit Siganesen grundsätzlich freundlich und zuvorkommend war. Er schätzte den Mut, die Aufrichtigkeit und Freundlichkeit dieser Terraabkömmlinge, die durch einen noch nicht ganz erforschten Vorgang einen Verkleinerungsprozess durchmachten.

Atlan verspürte mit dem Siganesen Mitleid, als er sah, wie er unter seinen heftigen Worten zusammenzuckte. Aber im Sinne der Sache musste er seiner Rolle treu bleiben.

Er fuhr fort: »Ich habe soeben aus Port Siga die Nachricht erhalten, dass die Siganesen auf die Hilfe der USO verzichten wollen und das Schicksal ihrer Welt einer Privatorganisation mit zweifelhaftem Ruf anvertrauen wollen. Ist diese Information richtig, Antar Naghiron?«

Der Siganese schluckte, sein Gesicht bekam einen verzweifelten Ausdruck.

»Hier liegt ein verhängnisvolles Missverständnis vor, Lordadmiral Atlan. Wir waren nie so sehr wie in diesen Tagen auf die Unterstützung der USO angewiesen. Aber es stimmt, dass wir beabsichtigen, uns auch offiziell an die Unabhängige Hilfsinstitution für Bedrängte zu wenden. Ronald Tekener hat sich mit seinem Partner in der Toykischen Wildnis um Siga verdient gemacht. Wir wollten, sozusagen als Anerkennung und Honorierung seiner Verdienste, die UHB ganz förmlich darum ersuchen, die Interessen Sigas weiterhin zu wahren.«

»Diese Handlungsweise kommt einem Misstrauensantrag gegen die USO gleich«, entgegnete Atlan scharf.

»Nein, das ist nicht beabsichtigt«, versicherte Antar Naghiron schnell. »Wir denken im Gegenteil daran, dass die USO mit der UHB zusammenarbeiten könnte.«

Atlan musste ein Schmunzeln unterdrücken, als er mit beißender Ironie fortfuhr:

»Was haben Sie sich dabei nur gedacht, Antar Naghiron! Sie müssten doch eigentlich wissen, dass die UHB die Institution eines profitgierigen und skrupellosen Abenteurers ist. Ronald Tekener ist das Schicksal Ihrer Welt egal. Wenn er den Siganesen dennoch einen Dienst erwiesen hat, dann nur, weil es sich zufällig ergeben hat und sich mit den Interessen seines privaten Auftraggebers gedeckt hat. Ich warne Sie, Antar Naghiron, verkaufen Sie Siga nicht an die UHB. Das könnte schwerwiegende Folgen nach sich ziehen!«

»Wenn Sie meinen, Lordadmiral ...«, sagte der Siganese kleinlaut.

»Jawohl, und ich meine es mit Nachdruck«, erklärte Atlan. »Lassen Sie die Finger von der UHB. Solange Ronald Tekener und seine so genannten Kosmischen Bedrängtenhelfer nicht gegen die siganesischen Gesetze verstoßen, dann haben Sie keine Handhabe gegen sie. Ich kann auch nicht verlangen, dass Sie sie ausweisen, solange sie Ihrer Heimat mehr nützen als schaden. Aber ich kann verlangen, dass Sie sich offiziell von der UHB distanzieren. Habe ich mich da klar genug ausgedrückt?«

»Jawohl, selbstverständlich, Sir«, stotterte der Siganese. Dann lächelte er schwach. »Dennoch bin ich froh, dass ich Ronald Tekener nicht von Siga ausweisen muss und ihm – in Grenzen, versteht sich – Handlungsfreiheit geben kann. Unter uns gesagt, Sir, ich verspreche mir einiges von seinem Einsatz.«