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Am Ende des vierten Jahrtausends: Die SOL, ein über sechs Kilometer langes Raumschiff, ist in der Gewalt eines unbekannten Gegners. Den rund 100.000 Menschen und Außerirdischen an Bord drohen Tod und Vernichtung durch den mysteriösen Quader. Das Generationenraumschiff wird darüber hinaus von einem Traktorstrahl gefangen gehalten. Nur Atlan kann die SOL noch retten. Während der unsterbliche Arkonide und seine Mitstreiter auf dem Planeten Mausefalle VII in die Gewalt des Herrn in den Kuppeln geraten, spitzen sich die Ereignisse auf dem Hantelraumer zu. Die Mutanten Sternfeuer und Federspiel nehmen auf ihre Weise den Kampf gegen die SOLAG, ein komplexes Kastensystem unter der Führung von Chart Deccon auf. Derweil erreicht die SOL Mausefalle VII und droht von den Robotkommandos des Herrn in den Kuppeln demontiert zu werden ...
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Band 8
Die Basiskämpfer
Marianne Sydow
Horst Hoffmann
Am Ende des vierten Jahrtausends: Die SOL, ein über sechs Kilometer langes Raumschiff, ist in der Gewalt eines unbekannten Gegners. Den rund 100.000 Menschen und Außerirdischen an Bord drohen Tod und Vernichtung durch den mysteriösen Quader. Das Generationenraumschiff wird darüber hinaus von einem Traktorstrahl gefangen gehalten.
Nur Atlan kann die SOL noch retten. Während der unsterbliche Arkonide und seine Mitstreiter auf dem Planeten Mausefalle VII in die Gewalt des Herrn in den Kuppeln geraten, spitzen sich die Ereignisse auf dem Hantelraumer zu.
Im Dezember des Jahres 3586 übergibt Perry Rhodan das terranische Fernraumschiff SOL offiziell an die Solaner, jene Menschen, die an Bord des Hantelraumers geboren wurden und diesen längst als ihre Heimat betrachten. Kurz darauf bricht das Schiff mit rund 100.000 Menschen und Außerirdischen in die Weiten des Weltraums auf. Über zwei Jahrhunderte lang bleibt es verschollen.
Dann jedoch – im Jahr 3791 – gelangt der relativ unsterbliche Arkonide Atlan auf die SOL. Auch von ihm fehlte nach seinem Verschwinden mit dem geheimnisvollen Kosmokratenroboter Laire mehr als zweihundert Jahre lang jede Spur.
Bereits die ersten Tage auf dem Hantelraumer machen deutlich, dass es Atlan alles andere als leicht haben wird, denn um den kosmischen Auftrag zu erfüllen, den ihm die geheimnisvollen Geisteswesen jenseits der Materiequellen mitgegeben haben, muss er zunächst einmal die chaotischen Zustände an Bord beseitigen. Die SOL ist in die Gewalt eines starken Zugstrahls geraten, der sie unaufhaltsam in ein fremdes Sonnensystem hineinzieht, das die Solaner Mausefalle taufen. Dort droht dem Schiff die Demontage durch ein Heer von Robotern und den Solanern das lebenslange Exil.
Hinter ihnen war es still geworden. Das Geschrei der Haematen, die sich kurz nach der Flucht auf ihre Spur gesetzt hatten, war verstummt, und das wunderte die Zwillinge ein wenig.
Federspiel sah sich nach seiner Schwester um. »Ist wirklich niemand mehr da?«, fragte er leise.
Sternfeuer schüttelte den Kopf. »Fürs Erste haben sie es wohl aufgegeben«, erklärte sie. »Aber ich fürchte, dass wir nicht lange Ruhe vor ihnen haben werden. Wenn ich nur wüsste, was hier geschehen ist ...«
»Ein verlassener Sektor – es gibt viele mögliche Gründe, diesen Teil der SOL aufzugeben.«
»Das meine ich nicht. Es geht um die SOL insgesamt. Ich spüre es deutlich: Hier herrscht ein unglaubliches Chaos.«
Federspiel sah sich in dem schmutzigen Gang um und nickte. Von den Beleuchtungskörpern funktionierte nur noch jeder vierte oder fünfte. Der Boden war mit Unrat übersät. Seltsame Hügel aus grauem, weißlichem und braunem Staub häuften sich hier und da wie Schneewehen.
»Wir müssen lediglich hier weg«, murmelte er tröstend. »Es kann nicht überall so schlimm sein.«
»Du verstehst mich wohl immer noch nicht. Es geht nicht um diese Art von Dreck. Wenn es so wäre, dann würde es reichen, ein paar Reinigungsroboter durch das Schiff zu jagen. Es sind die Solaner selbst, mit denen etwas nicht stimmt!«
»Du hast also vorhin etwas auffangen können«, stellte Federspiel lächelnd fest. »Der lange Schlaf hat dir anscheinend nicht geschadet.«
»Als ich zu mir kam, dachte ich, ich müsste platzen vor Energie«, erklärte Sternfeuer sarkastisch. Sie stieß eine leere Blechdose zur Seite und ignorierte die strafenden Blicke ihres Bruders.
»Du solltest nicht solchen Lärm machen«, bat er.
»Ich habe dir doch gesagt, dass im Augenblick niemand hinter uns her ist«, erwiderte sie unwillig. »In diesem Sektor hält sich nicht ein einziger Solaner auf. Dabei ist das Schiff stärker bevölkert als je zuvor. Ich kann es fühlen. Gar nicht weit von hier drängen sich Menschen auf engstem Raum zusammen. Sie haben kaum genug Platz, um zu leben, und hier – gähnende Leere. Das ist doch verrückt!«
»Wir werden herausfinden, was geschehen ist«, versprach Federspiel gelassen. Er hatte ein Schott entdeckt und steuerte darauf zu.
»Vielleicht«, murmelte Sternfeuer. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir es überhaupt versuchen sollten.«
»Du bist nur nervös«, konstatierte Federspiel nachsichtig. »Komm und hilf mir.«
Er hatte das Schott erreicht und bemühte sich, es zu öffnen. Aber der Mechanismus klemmte.
»Was willst du da drin?«, fragte Sternfeuer verwundert. »Das ist ein Maschinenraum.«
»Ich weiß, und ich will ihn mir ansehen. Komm schon!«
Sternfeuer zuckte die Schultern und konzentrierte sich dann auf das Schott. Es dauerte ungewöhnlich lange, bis sie es geöffnet hatten. Sie blickten in eine stockfinstere Halle. Federspiel trat durch die Öffnung, aber wider Erwarten flammte kein Licht auf.
»Genauso habe ich mir das vorgestellt«, murmelte er.
Sternfeuer nickte nachdenklich und tastete die Wand neben dem Schott ab. Auch früher war es vorgekommen, dass die Sensoren aus irgendwelchen Gründen ausfielen. Für solche Fälle hatte man Vorkehrungen getroffen – sie fand einen Knopf, drückte darauf, und tatsächlich erhellten sich flackernd ein paar Lämpchen.
»Die Notbeleuchtung«, stellte sie fest. »Immer noch besser als gar nichts ... Du meine Güte, was ist denn hier passiert?«
Federspiel antwortete nicht, und das war auch gar nicht nötig.
Im schwachen Dämmerlicht wirkte die Halle riesig. Sie sah noch größer aus, weil sie wider Erwarten nicht mit Maschinenblöcken vollgestellt war. Man sah zwar noch deutlich die Podeste, auf denen die Aggregate einst verankert gewesen waren, aber diese Podeste waren leer. Zwischen ihnen, teilweise zur Hälfte im Boden versenkt, standen wannenartige Behälter. Die Zwillinge erkannten sie nicht sofort, weil sie auf ihren Anblick in dieser Umgebung nicht gefasst waren.
»Das sind Tanks«, sagte Federspiel schließlich. »Hydroponische Tanks. Was, um alles in der Welt, haben die Dinger hier zu suchen?«
Sternfeuer ging schweigend auf einen der Behälter zu. Sie blickte hinein – er war leer. Ganz unten schimmerte etwas, das wie eine dünne Kristallschicht aussah. Vereinzelt breiteten sich schwarze Flecken aus. Sie kletterte in den Tank hinein und untersuchte die Stellen genauer.
»Das sind Pflanzen«, erklärte sie, als Federspiel zu ihr hinabsah. »Vertrocknete Pflanzen. Sie zerfallen zu Staub, wenn ich sie berühre.«
»Warum hat man die Tanks hier untergebracht? Und warum hat man – wenn man schon auf eine solche Idee kam – die Pflanzen absterben lassen?«
»Woher soll ich das wissen? Ich habe dir doch schon gesagt, dass mit diesem Schiff etwas nicht in Ordnung ist. Ganz und gar nicht in Ordnung!«
Federspiel sah sich nachdenklich um. »Da drüben ist etwas«, murmelte er. »Etwas Weißes. Ich werde mal nachsehen.«
Sternfeuer folgte ihm schweigend. Sie schritten zwischen den Wannen hindurch. Zundertrockene Pflanzenreste zerfielen knisternd unter ihren Füßen. Schon nach kurzer Zeit erkannten sie, was das Weiße war.
»Mein Gott!«, stöhnte Federspiel entsetzt. »Knochen. Blank genagte Knochen!«
Sternfeuer starrte den Haufen an. Die Knochen lagen ungeordnet auf dem Boden verteilt. »Sie stammen immerhin nicht von einem Menschen«, stellte sie erleichtert fest.
»Natürlich nicht!«, erwiderte Federspiel aufgebracht. »Dann hätte man sie wohl kaum einfach so liegen lassen.« Sie bedachte ihren Bruder mit einem seltsamen Blick. »Lass uns weitersuchen«, sagte sie leise. »Ich bin sicher, dass diese Halle noch mehr Geheimnisse birgt.«
Weiter hinten ragten seltsame, kastenartige Gebilde auf. Die Geschwister gingen darauf zu, und bei jedem Schritt stießen sie auf Hinweise darauf, dass diese Halle einst bewohnt gewesen sein musste.
»Ich möchte wissen, wo sie die Maschinen gelassen haben«, murmelte Federspiel.
Sternfeuer ging um einen der Kästen herum. »Hier ist eine Tür«, rief sie leise.
Federspiel hatte eine Ahnung kommenden Unheils. »Warte!«, sagte er hastig.
Aber es war bereits zu spät. Seine Schwester hatte die Tür geöffnet.
Der Zufall übernahm die Regie. Eine der wenigen Lampen befand sich schräg über dem Kasten und schickte ihr Licht in den winzigen Raum hinein.
»Menschen«, flüsterte Sternfeuer erschrocken.
Federspiel war endlich bei ihr. Sekundenlang standen sie nebeneinander in der Tür, stumm vor Fassungslosigkeit, und starrten die Mumien an, die vor ihnen auf dem Boden lagen.
»Eine Grabstätte?«, fragte Federspiel schließlich unsicher.
Sternfeuer schüttelte nur den Kopf. Sie gingen zum nächsten Kasten. Dort bot sich ihnen das gleiche Bild.
»Sie sind hier drin umgekommen«, sagte Sternfeuer tonlos. »Verhungert und verdurstet. In der trockenen Luft sind ihre Körper erhalten geblieben.«
»Aber warum? Zum Teufel, die Verhältnisse an Bord der SOL waren nicht erfreulich, als man uns in Tiefschlaf versetzt hat, aber es kann doch nicht so weit gekommen sein, dass Solaner einfach verhungern!«
»Nein, natürlich nicht«, erwiderte Sternfeuer wie in Trance. »Wir befinden uns in einer verbotenen Zone. Irgendwann ist hier etwas Schreckliches geschehen, etwas, das auch für andere Bereiche der SOL gefährlich werden konnte. Das Gebiet musste isoliert und sterilisiert werden. Eine Gruppe von wilden Farmern weigerte sich, die verbotene Zone zu verlassen.«
Sie zuckte zusammen, als Federspiel sie um die Schultern fasste.
»Schon gut«, murmelte sie. »Ich hatte telepathischen Kontakt zu einem unserer Verfolger. Sie haben dieses Gebiet umstellt – hinein wagen sie sich allerdings nicht.«
»Warum? Haben sie etwa Angst vor den Geistern der Verstorbenen?«
»Nein, sie fürchten sich vor den giftigen Substanzen, die hier zur Anwendung kamen.«
»Allmählich komme ich zu dem Schluss, dass du recht hast«, murmelte Federspiel erschüttert. »Verbotene Zone, giftige Substanzen, wilde Farmer – haben diese armen Teufel hier etwa Gemüse angebaut?«
»Offensichtlich.«
»Vielleicht gab es gar keine Gefahr«, bemerkte Federspiel bitter. »Vielleicht hatte man nur vor den wilden Farmern Angst.«
»Das glaube ich kaum. Der Ausdruck bedeutet lediglich, dass diese Leute ohne die Genehmigung der SOLAG arbeiteten und das anbauten, was sie selbst zum Leben brauchten.«
»SOLAG – ist das etwa diese Arbeitsgemeinschaft, die schon damals von sich reden machte?«, fragte Federspiel.
Sternfeuer nickte. »Inzwischen hat sie offenbar die Macht an Bord übernommen. Erinnerst du dich an den Dicken, den wir nach unserem Erwachen gesehen haben und der sich Chart Deccon nannte? Er ist ihr Anführer.«
Federspiel erinnerte sich noch deutlich.
Wegen dieses Dicken waren sie geradezu vom Ort ihrer Erweckung geflohen. Sternfeuer hatte Chart Deccons Gedanken aufgefangen und erkannt, dass er finstere Pläne wälzte. Sie hatte es deshalb für klüger gehalten, schleunigst zu verschwinden.
»Vielleicht hätten wir doch nicht weglaufen sollen«, meinte Federspiel nachdenklich.
»Unsinn«, widersprach Sternfeuer energisch. »Es war das Vernünftigste, was wir tun konnten.«
»Du hättest die anderen wenigstens warnen können!«
»Wozu das? Hast du vergessen, dass Bjo bei ihnen ist? Atlan kennt seine Fähigkeiten, ich dagegen bin für ihn eine fast unbekannte Größe. Vielleicht erinnert er sich noch an mich, aber ich war damals schließlich erst zehn Jahre alt.«
»Trotzdem ...«, sagte Federspiel zögerlich.
»Es hätte keinen Sinn gehabt, glaub mir das!« Sternfeuer zögerte und fuhr dann fort: »Ich konnte für kurze Zeit Atlans Gedanken lesen, nicht sehr deutlich, denn er ist mentalstabilisiert, aber es reichte ... Er hat sich lange Zeit verborgen gehalten, ist immer wieder vor Chart Deccons Leuten geflohen – und er hatte dieses Spiel satt. Er hat so gut wie nichts damit erreicht. Aber er muss nun etwas tun, und es muss schnell geschehen. Er dachte an einen Quader. Ich weiß nicht, was er damit meinte, aber er war entschlossen, das Ding auszuschalten. Er setzt dabei auf Joscan Hellmut und Bjo Breiskoll, die ihm helfen sollen. Ob ihm auch Gavro Yaal von Nutzen sein kann, konnte er nicht abschätzen, aber über uns weiß er einfach zu wenig. Ich glaube nicht, dass wir ihm bei diesem Vorhaben entscheidend helfen könnten. Es ist besser, wenn wir uns im Hintergrund halten, bis wir wirklich gebraucht werden. Ich glaube, er wäre damit einverstanden.«
»Woher willst du das wissen? Du hättest es ihm erklären sollen.« Federspiel schüttelte den Kopf.
»Dazu hatten wir zu wenig Zeit«, gab seine Zwillingsschwester zurück. »Für Chart Deccon sind wir Relikte aus grauer Vorzeit. Als wir plötzlich leibhaftig vor ihm standen, war er innerlich wie gelähmt vor Ehrfurcht und Staunen. Aber Deccon ist nicht der Mann, der sich länger als ein paar Minuten von solchen Gefühlen ablenken lässt. Er war bewaffnet, und er hatte ein Funkgerät bei sich. Über kurz oder lang hätte er seine Leute alarmiert – du hast doch erlebt, wie schnell er uns die Haematen auf den Hals gehetzt hat. Wenn wir keinen so großen Vorsprung gehabt hätten, wäre uns die Flucht niemals geglückt.«
»Und wie soll es nun weitergehen?«, fragte Federspiel.
»Auf jeden Fall sind wir frei. Solange dieser Zustand anhält, sind wir auch in der Lage, etwas für Atlan und die anderen zu tun.«
Federspiel lachte bitter auf. »Wir haben weder Proviant noch Waffen, nicht einmal Wasser. Wir befinden uns in einem offenbar verseuchten Gebiet, und wenn wir versuchen, nach draußen zu gelangen, haben wir diese sogenannten Haematen sofort wieder am Hals. Wie sollen wir anderen unter diesen Bedingungen helfen?«
»Uns wird schon etwas einfallen«, meinte Sternfeuer gelassen.
»Wir sollten machen, dass wir weiterkommen«, sagte Federspiel ernst. »Denen hier können wir definitiv nicht mehr helfen.«
Die Mumien starrten ihnen aus ihren toten Augen nach, als sie den Kästen den Rücken kehrten.
Sternfeuer sah sich noch einmal um. »Wenn ich mir diese Halle im hellen Licht vorstelle«, sagte sie leise, »voll von Pflanzen, mit diesen rechteckigen Behausungen in der Mitte – es war sicher gar kein übler Anblick. Ich kann verstehen, warum sie nicht weggehen wollten. Es war ihre Heimat.«
»Ja«, murmelte Federspiel. »Und sie haben mit der Sturheit daran gehangen, die für uns Solaner seit jeher typisch ist.«
Sie verließen die Halle und wanderten weiter durch die verbotene Zone. Nun sahen sie die Gänge und Verteiler mit anderen Augen. All der Unrat – waren das die Behälter gewesen, in denen sich die Chemikalien befunden hatten? Und diese Staubhügel – das Gift selbst? Aber warum hatte man keine ungefährlicheren Mittel angewendet? Die SOL war schließlich ein Fernraumschiff, eines mit ungeheuren Möglichkeiten noch dazu. Gewiss, auch zu ihrer Zeit hatten die Zwillinge erleben müssen, dass vieles unmöglich wurde, was zu Perry Rhodans Zeiten keinerlei Schwierigkeiten gemacht hätte, und sie hatten vergeblich gegen diese Entwicklung gekämpft.
Sie wussten, dass sie diesen Kampf verloren hatten, aber es war ihre Hoffnung gewesen, dass andere da weitermachten, wo sie hatten aufhören müssen. Was war aus diesen anderen geworden? Waren sie sang- und klanglos untergegangen?
Wie dem auch sein mochte – es war nicht notwendig, innerhalb der SOL ein derart primitives Vorgehen an den Tag zu legen. Man hätte das Gebiet, in dem eine mögliche Gefahr aufgetaucht war, abschotten können. Ein künstlich herbeigeführter Vakuumeinbruch, anschließend notfalls auch noch eine kurzfristige Bestrahlung, und der Schiffsabschnitt wäre wieder bewohnbar gewesen.
Es sei denn ...
»Vielleicht handelte es sich um eine ganz andere Bedrohung«, sagte Sternfeuer leise. »Eine Lebensform, die auch im Vakuum existieren kann. Wie die Buhrlos. Oder eine Strahlung – weiß der Teufel, womit man hier experimentiert hat!«
»Wir werden es wohl kaum herausbekommen«, meinte Federspiel entmutigt. »Diese Umgebung geht mir auf die Nerven.«
Sternfeuer schwieg.
Staub, Unrat, leere, kaum beleuchtete Korridore – sonst nichts. Immer mal wieder öffneten sie ein Schott. Dahinter herrschte stets Finsternis. Meistens waren es Maschinenräume, in die sie hineinsahen – diese Region war niemals dazu bestimmt gewesen, dass Menschen in ihr lebten. Hierher waren die Solaner früherer Tage nur gekommen, um Wartungsarbeiten vorzunehmen oder Maschinen zu überwachen. Aber nun gab es nichts mehr, was man hätte warten können; die Maschinen standen still. Sie waren ohne Energie, genau wie die Roboter, auf deren metallische Leichen die Zwillinge hier und da trafen.
Sternfeuer erinnerte sich an eine Zeit, die weit zurücklag, an einen Tag, an dem sie begriffen hatte, dass man auch mit einem Roboter Mitleid haben konnte. Damals hatten die Solaner diese Maschinen gehasst. Sie hatten sich nicht darauf beschränkt, die Roboter zu zerstören, sondern sie hatten sie vorher verhöhnt, sie lächerlich gemacht.
War das ein Omen gewesen? Hatten sich schon damals Anzeichen gezeigt, die unweigerlich zum Untergang der SOL führen mussten?
Es war nicht das erste Mal, dass sie darüber nachdachte. Es war ihr damals lediglich zum ersten Mal aufgefallen, und sie war später immer wieder auf solche und ähnliche Indizien gestoßen.
Für die Solaner waren die Roboter noch bedeutungsloser als Sklaven. Bei einem Sklaven rechnete man damit, dass man auf Widerstand traf – bei einem Roboter nicht. Ein Roboter hatte keine Seele, keinen eigenen Willen, kein Bewusstsein – oder er war kein Roboter.
Die Solaner früherer Tage hatten dennoch ihrem Schiff all das zuerkannt, was sie den Robotern nicht zubilligen wollten. In ihren Augen hatte die SOL einen eigenen Willen – besonders dann, wenn dieser den Wünschen der Terraner widersprach – und ein eigenes Bewusstsein.
Sternfeuer schickte ihre Gedanken auf die Reise. Es gab unendlich viele Impulse, die sie auffing, aber nur sehr wenige davon waren erfreulich. Sie spürte Solaner auf, die das Schiff hassten, und solche, die sich gar nicht mehr der Tatsache bewusst waren, dass sie in einem künstlich geschaffenen Objekt lebten, das dazu bestimmt war, in die Tiefen des Weltraums vorzudringen.
Die Mutantin spürte die Schwingungen des Schiffes um sich herum und gleichzeitig etwas, das außerhalb lag.
»Uns droht eine große Gefahr«, sagte sie leise. »Die SOL ist gefangen. Eine Art Traktorstrahl zieht uns auf einen Planeten zu. Ich kann nicht erkennen, was uns dort erwartet.«
»Eine Gefahr?«, fragte Federspiel nach.
»Ja, aber auch eine Verheißung. Dieser Planet kann unseren Untergang bedeuten. Er kann aber auch einen Wendepunkt darstellen.«
»Du sprichst wieder einmal in Rätseln, Schwesterchen«, sagte Federspiel seufzend.
Sternfeuer lachte leise auf. »Weißt du, welches Jahr wir schreiben?«, fragte sie sanft.
»Es ist möglich, dass Chart Deccon eine Zahl genannt hat«, erwiderte Federspiel gedehnt. »Aber ich habe sie nicht mitbekommen. Ich war zu beschäftigt – mit dem, was du mir zu sagen hattest.«
»3791. Eigentlich ist es gar nicht so viel, aber ich komme mir trotzdem wie ein lebendes Fossil vor. Die SOL ist erst seit rund zweihundert Jahren unterwegs, aber sie ist schon so heruntergekommen, dass man ernste Zweifel an ihrer Zukunft hegen muss. Was immer wir auf diesem fremden Planeten finden werden – es könnte den Solanern helfen, indem es sie zur Besinnung bringt.«
»Und wenn das Schiff stattdessen vernichtet wird?«
Sternfeuer warf ärgerlich den Kopf zurück. »Was redest du da für einen Unsinn? Ganz so leicht ist es nicht, die SOL zu vernichten. Komm weiter, hier gefällt es mir nicht.«
Die Eintönigkeit des Gebiets, durch das sie gehen mussten, wirkte bedrückend. Hier gab es nichts Lebendiges, nicht einmal Roboter bewegten sich in den schmutzigen Gängen.
Schon früher, bevor man die Schläfer in ihre Tanks gesteckt hatte, war man mitunter gezwungen gewesen, Planeten aufzusuchen, um Rohstoffe an Bord zu nehmen. Bei diesen Gelegenheiten waren auch fremde Lebensformen an Bord gelangt. Manche wurden absichtlich in die SOL gebracht, andere schlüpften heimlich hinein. Den wenigsten behagte es an Bord so gut, dass sie sich fortpflanzten, aber einige waren äußerst erfolgreich in der Kunst, sich den ungewohnten Lebensbedingungen anzupassen. Die Zwillinge erinnerten sich noch sehr deutlich an eine bestimmte Sorte winziger, pelziger Kreaturen, von denen man ein knappes Dutzend ihrer Possierlichkeit wegen ins Schiff geholt hatte. Binnen weniger Monate waren diese Wesen zu einer Plage geworden, und es war nie gelungen, sie völlig auszurotten – wenigstens nicht in der Zeit vor dem langen Schlaf. Aber selbst solche ungebetenen Gäste fehlten in der Umgebung, in der Sternfeuer und Federspiel sich nun aufhielten.
»Entweder hat man sie schließlich doch umgebracht, oder das eingesetzte Gift wirkt nach wie vor«, sagte Federspiel.
»Wenn es noch wirkt«, erwiderte seine Schwester nachdenklich, »warum merken wir dann nichts davon?«
»Die Wirkung kann sich immer noch einstellen.«
Weit vor ihnen tauchte ein Lichtfleck auf. Sie blieben stehen und beobachteten die Erscheinung. Der helle, annähernd runde Fleck bewegte sich und tanzte unruhig auf und ab. Die Zwillinge verhielten sich still, bis sie sicher waren, dass sich ihnen das Licht näherte. Dann allerdings wichen sie – wie auf ein unhörbares Kommando – nach verschiedenen Seiten hin aus und verbargen sich in den Schatten der Verstrebungen, die an dieser Stelle aus den Wänden des Ganges hervorragten.
Was ist das?, dachte Federspiel konzentriert.
Auf jeden Fall lebt es, erwiderte Sternfeuer lautlos. Aber ich kann seine Gedanken nicht richtig erfassen. Ich glaube nicht, dass es eine Gefahr für uns ist.
Warum hast du Schwierigkeiten?, wollte Federspiel wissen.
Die Gedanken wirken verworren und ungeordnet. Es könnte ein Solaner sein, aber wenn, dann ist er nicht mehr bei klarem Verstand.
Geduldig harrten sie aus, bis die Lichtquelle nahe genug heran war und sie sie als eine Lampe identifizieren konnten, die wie ein Helmscheinwerfer auf dem Kopf eines höchst erstaunlichen Wesens befestigt war.
Der Fremde war fast zwei Meter groß und über und über behaart. Seine Beine waren kurz und stämmig, die Arme lang und muskulös. Das Wesen stützte sich beim Gehen immer wieder mit den Händen ab. Es wirkte fast wie ein riesiger Affe. Dass es dennoch kein Tier war, zeigte sich zum einen an der Lampe, zum anderen in dem Umstand, dass der Fremde einen breiten Gürtel trug, an dem so etwas wie ein Lendenschurz befestigt war. Der Hüne trottete schwerfällig dahin; er schien der Erschöpfung nahe zu sein.
»Er ist friedlich«, sagte Sternfeuer halblaut und trat aus ihrer Deckung hervor.
Das Wesen sah die Solanerin und ließ sich vor Schreck zu Boden sinken. Es kauerte sich angstvoll zusammen, versuchte, sein Gesicht hinter seinem linken Arm zu verbergen, und schaltete mit der freien Hand hastig die Lampe aus. Dann verhielt es sich so still, dass man glauben konnte, es wäre zu Stein erstarrt.
»Du liebe Güte«, murmelte Federspiel erschüttert. »Wie kann ein solcher Riese so ängstlich sein?«
»Ich fürchte, er hat allen Grund dazu«, bemerkte Sternfeuer knapp. Sie ging auf den Fremden zu und hockte sich vor ihm auf den Boden, hielt sich dabei aber bewusst außerhalb der Reichweite seiner muskelbepackten Arme.
»Du brauchst dich nicht vor uns zu fürchten«, sagte sie sanft. »Wir tun dir nichts. Sieh doch, wir sind unbewaffnet.«
Der Fremde lugte vorsichtig mit einem Auge unter dem Arm hervor, ging aber sofort wieder in Abwehrstellung. Immerhin zeigte seine Reaktion, dass er Interkosmo verstand.
Sternfeuer sondierte vorsichtig seine Gedanken. Sie waren jedoch so chaotisch, dass sie wenig damit anzufangen wusste. Nur ganz allmählich kristallisierte sich ein halbwegs klares Bild heraus. Sie begriff die Zusammenhänge immer noch nicht ganz, aber was sie mittlerweile wusste, reichte aus, um ihren Zorn zu wecken.
»Er ist gejagt worden«, sagte sie leise und ohne sich umzudrehen. »Man wollte ihn töten.«
»Er sieht gar nicht wie ein Verbrecher aus«, bemerkte Federspiel.
»Er ist auch keiner. Er wird wegen seines Aussehens verfolgt.«
Federspiel trat überrascht einen Schritt näher heran. Sternfeuer hob warnend die Hand, denn das Wesen vor ihr reagierte auf die plötzliche Bewegung mit einem neuen Angstschub. Wenn seine Furcht eine gewisse Schwelle überschritt, würde es vermutlich blindlings angreifen.
»Das ist doch völlig unmöglich«, flüsterte Federspiel erregt. »Du musst dich verhört haben, Sternfeuer.«
Die junge Frau schüttelte nur den Kopf und vertiefte sich erneut in die wirren Gedanken des Fremden. Allmählich kam sie dahinter, wie sie dieses Wesen zu nehmen hatte.
»Wir sind keine Jäger«, sagte sie behutsam. »Ganz im Gegenteil: Hinter uns sind sie auch her.«
Der linke Arm ging ein wenig in die Höhe. Wieder lugte ein Auge hervor. »Keine ... Monster«, brachte das Wesen mit kehliger Stimme heraus.
»Hat man dich so genannt?«, fragte Sternfeuer. »Hat man gesagt, dass du ein Monster bist?«
»Keine Monster ... Jäger!«
»Nein, das stimmt nicht. Wir sehen zwar nicht so aus wie du, aber wir werden trotzdem gejagt. Du kannst uns vertrauen. Woher kommst du?«
Keine Antwort.
»Hat man dich gewaltsam von einem Planeten entführt?«, fragte Sternfeuer.
Das Auge glotzte sie verständnislos an.
»Wo bist du geboren?«, ließ die Mutantin nicht locker.
»SOL.«
»Und wo sind deine Eltern?«
»SOL.«
»Warum helfen sie dir nicht?«
»Jäger.«
»Dann sind deine Eltern auch ... äh ... Monster?«
»Solaner.«
»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.« Federspiel schüttelte den Kopf.
»Hab Geduld«, empfahl Sternfeuer. Sie wandte sich wieder an den Fremden. »Wie heißt du?«
»Poll.«
»Gut. Pass auf, Poll: Deine Eltern sind Solaner, habe ich das richtig verstanden?«
»Solaner.«
»Aber sie helfen dir nicht?«
»Jäger.«
»Du willst sagen, dass es deine Eltern waren, die dich töten wollten?«
»Eltern. Viele Jäger.«
»Deine Eltern und andere Solaner waren hinter dir her. Stimmt das?«
»Stimmt.«
»Warum?«
Keine Antwort.
»Warum jagen sie dich denn?«, versuchte Sternfeuer es erneut.
»Poll Haare.«
»Man jagt dich, weil dein Körper behaart ist?«
Poll ließ den Arm sinken und starrte Sternfeuer an. Die Solanerin blickte in ein menschliches Gesicht. Es war halb von langen Haaren und einem sehr ausgeprägten Bartwuchs verborgen, aber sie erkannte in diesem Dickicht einen breiten, volllippigen Mund, eine schmale, leicht gebogene Nase und gutmütige braune Augen.
»Stimmt«, sagte Poll. Er streckte den Arm aus und deutete auf Sternfeuer und Federspiel. »Keine Haare. Töten. Jäger.«
»Nein, das stimmt nicht. Wir sind unbewaffnet. Du brauchst keine Angst zu haben. Niemand wird dir wehtun.«
Poll musterte die Solanerin zweifelnd. Offensichtlich passte es nicht in seine Vorstellungswelt, dass Sternfeuer und Federspiel keine Monster waren und ebenso keine Jäger. Er traf Anstalten, sich wieder hinter seinem Arm zu verbergen.
»Die Jäger werden uns umbringen, wenn sie uns erwischen«, fuhr Sternfeuer ungerührt fort. »Darum sind wir hier. Sie wagen es nicht, uns hierher zu folgen.«
Polls Arm war schon wieder auf halber Höhe gewesen, nun aber fiel er zurück. »Stimmt«, sagte er mit seiner kehligen Stimme.
»Da siehst du es. Bist du sicher, dass deine Eltern Solaner sind?«
»Ja, sicher.«
»Du stammst nicht von einem anderen Planeten?«
»Planeten?«
»Schon gut. Weißt du, Poll, manchmal glaubt man, dass man etwas Schlimmes angestellt hat und seine Eltern einem so böse sind, dass sie einen davonjagen werden. Hast du irgendetwas getan, worüber sie sich geärgert haben?«
»Poll ... Haare.« Die Antwort klang unsicher.
»Bestimmt hat er etwas ausgefressen«, meinte Federspiel. »Wahrscheinlich suchen sie ihn bereits händeringend. Ich brauche nur daran zu denken, wie du ...«
»Das hier ist etwas anderes«, fiel ihm Sternfeuer ins Wort.
»Haare ... Haare«, wiederholte Poll und zerrte an seinem Fell. »Dumme Haare.«
Für einen Augenblick erhaschte Sternfeuer einen Gedanken an Polls Eltern – ganz normale Solaner. Ein Irrtum war ausgeschlossen. »Er ist eine Mutation«, sagte die Frau leise.
»Unmöglich«, widersprach Federspiel.
»Warum?«
»Weil man so etwas verhindern kann, und das weißt du genau.«
»Es hat auch früher schon Mutationen gegeben. Die Buhrlos ...«, setzte Sternfeuer an.
»Das war etwas anderes«, unterbrach diesmal Federspiel. »Man hat es im Voraus gewusst und gebilligt. Überall in der SOL begrüßte man die Entstehung der Weltraummenschen. Nur darum wurden diese Kinder geboren.«
»Ja, ich weiß. Aber die Verhältnisse haben sich geändert. Aus Polls Gedanken weiß ich, dass die Jäger gelacht haben. Sie hatten Spaß an der Sache. Und ich fürchte, Poll ist nicht der Einzige seiner Art.«
»Ich kann und will das nicht glauben!«
Sternfeuer wandte sich wieder an Poll. »Gibt es noch mehr Wesen wie dich?«
»Monster«, stieß der Riese dumpf hervor.
»Werden sie auch gejagt?«
»Ja. Viele Jäger. Viele Monster. Viele Jagden ...«
»Da hast du es«, sagte Sternfeuer.
»Aber wie kann so etwas ...« Federspiel brach ab, weil ihm offenbar die Worte fehlten.
»Es gibt unendlich viele Möglichkeiten. Sieh dich nur um. Hier hat man Gift zur Anwendung gebracht und einen ganzen Sektor unbewohnbar gemacht, ohne Rücksicht darauf, dass noch Menschen in diesem Gebiet lebten. Die Chemikalien müssen irgendwo hergestellt werden, und dabei kann es Pannen geben. Und die Maschinen der SOL müssen gewartet werden. Dabei werden Menschen Strahlung ausgesetzt. Glaubst du wirklich, dass hier alle Sicherheitsvorkehrungen beachtet werden?«
»Man kann aber doch noch immer dafür sorgen, dass solche Kinder nicht geboren werden«, erwiderte Federspiel verbissen.
»Vielleicht will man das gar nicht. Es gab auch zu unserer Zeit Solaner, deren Jagdinstinkte über Gebühr entwickelt waren.«
»Sie können jederzeit Planeten ansteuern und sich dort austoben«, blieb Federspiel stur.
»Ja, das könnten sie. Aber sie tun es nicht. Sie machen es sich bequemer. Warum sollen sie sich Unannehmlichkeiten aussetzen, wenn die Beute direkt vor ihrer Nase herumläuft? Federspiel, hier an Bord werden mutierte Menschen gejagt – zum Vergnügen! Als Sport!«
Federspiel schwieg lange. Er betrachtete Poll, der der Unterhaltung mit ängstlicher Miene gelauscht hatte. Offensichtlich war Poll zu der Ansicht gelangt, dass Federspiel etwas gegen ihn hatte. Er starrte den Solaner angstvoll an.
»Es ist alles in Ordnung, Poll«, sagte Federspiel nach geraumer Zeit. Seine Stimme klang belegt. »Wenn ... wenn ich dir Angst gemacht habe, tut es mir leid. Wir werden dir helfen.«
Poll verharrte regungslos. Federspiel kam behutsam näher heran und hockte sich neben seine Zwillingsschwester.
»Ich meine es ehrlich«, sagte er eindringlich. »Bleib bei uns – wenigstens vorerst. Du kannst jederzeit gehen, wenn du willst. Aber bleib, bis wir dieses Gebiet verlassen haben. Hier gibt es nichts, wovon du leben kannst.«
Poll gab seine abwehrende Haltung endgültig auf. »Jäger!«, bellte er und deutete in die Richtung, aus der er gekommen war.
»Ja«, nickte Federspiel. »Wir werden uns etwas ausdenken müssen.«
Zu dritt setzten sie ihre Wanderung fort. Poll war anfangs noch immer sehr scheu, aber allmählich gab er seine Zurückhaltung auf. Wenn die Zwillinge eine Rast einlegten – und das geschah immer häufiger, denn sie litten Hunger und Durst –, versuchte er, mit ihnen zu spielen. Seine Spiele waren die eines kleinen Kindes, aber für einen erwachsenen Menschen, der andere Sorgen im Kopf hatte, mitunter überaus anstrengend. Als die Zwillinge infolge immer stärkerer Erschöpfung ihre Teilnahme verweigerten, schmollte das Monster zunächst. Erst als sie ihm mit viel Mühe erklärten, worum es ging, gab Poll endlich Ruhe.