Auch Prinzen müssen Pipi - Stephanie Katerle - E-Book

Auch Prinzen müssen Pipi E-Book

Stephanie Katerle

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Beschreibung

Wann klappt es endlich mit der Liebe? Viele Singles spüren die Sehnsucht nach dem Traumprinzen oder der Prinzessin. Doch der Anforderungskatalog an den Partner ist oft endlos - da wird der verwachsene Fußnagel schnell zum Ausschlusskriterium. Die gleiche Makellosigkeit erwartet man natürlich auch von sich selbst - und scheitert an den eigenen Ansprüchen. Liebe braucht keine Perfektion: Der Schlüssel ist Gelassenheit.

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Seitenzahl: 178

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Stephanie Katerle

Auch Prinzen müssen Pipi

Warum der perfekte Partner nicht perfekt sein muss – und wie Sie ihn finden

Impressum

© KREUZ VERLAG

in der Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2015

Alle Rechte vorbehalten

www.kreuz-verlag.de

Umschlaggestaltung: Vogelsang Design

Umschlagmotiv: © shutterstock.com – Jason Stitt

Autorinnenfoto: © privat

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN (Buch) 978-3-451-61312-8

ISBN (E-Book) 978-3-451-80279-9

Inhalt

Vorwort: Perfekte Partner

Einleitung: Was ist Liebe?

1. Ich bin eine gute Idee

2. Wer bin ich und wenn nein, wen stört’s?

3. Ein gemeinsames Süppchen kochen – Hauptsache, es schmeckt!

4. Verliebt sein ist toll!

5. Auch Prinzen müssen Pipi: Alltagsschrecken und wie man ihnen die Sprengkraft nimmt

6. Der Siegeszug der Partnerbörse: Matching-Points sind Hokuspokus

7. Pleiten, Pech und Pannen – Liebe braucht Fehler

8. Sex – Vom Rauchen und Zischen

9. Schöner Schein und schlimme Schrullen

10. Wer sich gut fühlt, fühlt sich auch gut an

11. Generation Photoshop: Junge Singles und das Netz

12. Ältere Singles: »20 Jahre mit Moni – und jetzt?«

13. Alles neu macht der Mai(k)

Schlusswort: Erkenne dich selbst!

Literaturempfehlungen

Vorwort: Perfekte Partner

»Ich bin komplett renoviert, Bräute haben was zu glotzen. Kerngesund, durchtrainiert, Weltmeister im Schach und Boxen«, singt Peter Fox in »Alles neu«. Und bei Ich + Ich heißt es: »So soll es sein, so kann es bleiben, so hab ich es mir gewünscht, alles passt perfekt zusammen, weil plötzlich alles stimmt …«

Irgendwo zwischen diesen beiden Zuständen bewegen sie sich: unsere Träume, Wünsche und Hoffnungen, was Partnersuche angeht. Strotzend vor Kraft, Charme und Attraktivität wollen wir die Welt erhellen, bis er oder sie uns findet – endlich! Und dann geht es los, das glückliche Leben mit der wahren, unendlichen Liebe. Doch in dieser Denkweise steckt ein logischer Fehler: Wenn ein Boxer oder ein Schachspieler absolute Perfektion erreicht hat – was kommt danach? Und was passiert, wenn er auf einen ebenso perfekten Gegner trifft? Gibt es da noch Entwicklungspotenzial? Wer kann sein Leben lang Schachweltmeister sein, bei wem bleibt es in der Liebe perfekt? Ich glaube: Je perfekter wir sein wollen, um zum »Weltmeister« zu passen, und je länger wir nach unserem idealen Gegenstück suchen, desto sicherer geht alles schief. Begriffe wie »Traumpartner« oder »Idealpartnerin« entlarven, was sich dahinter verbirgt: die Illusion der Perfektion mit dem Namen »Eine/r für alles und für immer!« Zu erkennen, dass dies eine Seifenblase ist, wenn auch eine ziemlich hübsche, bedeutet den Abschied von vielen lieb gewonnenen Märchenvorstellungen. Viele unromantische Tatsachen wollen wir lieber nicht hören. Aber es muss sein! Kein Frosch verwandelt sich in Wirklichkeit je in einen Prinzen. Keine Prinzessin auf der Erbse war jemals gut zum Pferdestehlen. Es gibt Schach spielende Froschmädchen, boxende Erbsenprinzen, dicke, dünne, alte und junge Königskinder. Alle haben irgendwo eine Macke. Manche außen, manche innen. Und das ist gar nicht schlimm, sondern wunderbar. Wir sind eben nicht perfekt. Diese Binsenweisheit auch wirklich zu glauben und zu leben ist der Schlüssel zum wahren Glück. Sei unperfekt,1 liebe Frau auf der Erbse, und bleib in Gottes Namen ein Frosch, lieber Mann. Wer weiß, in was euch das Leben noch alles verwandelt.

Wer sich noch »Luft nach oben« lässt, also Zeit und Platz zum Wachsen, hat echte Chancen auf das Glück zu zweit. Wer von seinem Partner nicht erwartet, das eigene Leben zu erlösen und für ewiges Glück zu sorgen, wer liebevoll auf Schwächen und Makel bei sich selbst und anderen schauen kann, der hat bessere Karten im Spiel der Liebe. Und wer beherzt ans Kehren vor der eigenen Tür geht, darf hoffen, dass das Glück sich eingeladen fühlt, kommt und tatsächlich bleibt. Vielleicht nicht für immer, aber für lange Zeit.

Haben Sie einmal vor Ihrer Tür nachgesehen? Oft hängen dort nämlich unsichtbare Warnschilder, hinderliche Glaubenssätze, irrationale Ansprüche und unbegründete Ängste. Diese Warnschilder sind es, die den Partner fürs Leben abschrecken – nicht die fünf Kilo zu viel oder die mangelnden Muskeln. Alle Prinzessinnen, Frösche und andere unperfekte Wesen, die sich selbst furchtlos kennenlernen und ihren unperfekten Seiten mutig begegnen, profitieren dauerhaft. Durch den Blick in den »Entzauberungs-Spiegel« wird man nicht schöner, schlanker oder jünger – aber zufriedener! Und wenn sie nicht gestorben sind, dann wachsen sie noch heute.

Einleitung: Was ist Liebe?

»Hauptsache, die richtige Religion.« (Faouzi, 24, Tunesien)

»Partnersuche? Das erledigen meine Onkels und Tanten für mich. Ich hoffe, ich habe Glück.« (Dilara, 15, Iran)

»Irgendwie ist gerade nichts auf dem Markt!« (Jana, 34, Hamburg)

»Partnersuche? Was soll das denn sein? Ich schaue, wer hier im Ort in meinem Alter ist, Geld hat und vielleicht nett aussieht.« (Johanna, 16, anno 1840, Possendorf in Thüringen)

»Ich finde niemanden, der zu mir passt.« (Wolfgang, 45, Bremen)

Liebe spricht viele Sprachen

Liebesglück und Partnerwahl: Das sind Begriffe, die es noch gar nicht so lange und längst nicht überall auf der Welt gibt. Man muss nur 200 Jahre in der Zeit zurückreisen, aufs Land ziehen oder einen Besuch auf einem anderen Kontinent machen, um sich klar darüber zu werden, dass die Partnerwahl in unseren Breiten ganz anderen Bedingungen gehorcht, als dies in fast allen anderen Teilen der Welt und zu anderen Zeiten der Fall war – und ist. Was für uns wichtig, unverzichtbar und selbstverständlich ist, finden viele Angehörige anderer Kulturen nebensächlich und ziemlich kleinlich.

Dieses Buch will sich weniger mit dem »Warum« der Liebe befassen. Das haben andere Autoren meisterlich getan. Es soll um das »Wozu« der Liebe und das »Wie« in der Partnerwahl gehen. Das »Wie« lassen Sie sich gefallen, nehme ich an. Beim »Wozu« der Liebessuche aber runzeln Sie vielleicht die Stirn. Bei einem so hehren Gefühl wie der Liebe vom Zweck zu sprechen scheint Ihnen zu sachlich? Dabei ist diese Frage die einzige, die zu Lösungen und neuen Ideen führt, heraus aus dem Treibsand der modernen Mythen um Liebe und Partnerschaft. Lassen Sie sich von der folgenden Passage nicht irritieren. Es geht wirklich um Liebe.

Kiss, Cash, Trash

Unser Paar(ungs)verhalten ist heute in allen Lebensbereichen von der Geschichte und Kultur der Industrienationen geprägt. Wir leben in einer Umgebung, die seit Jahrhunderten das Werben und die Partnersuche als Themen etabliert und verfeinert hat – parallel zu der Kultur des Konsumierens und des Marktes. Angebot und Nachfrage dominieren in den Läden und in der Wirtschaft. Sie regeln den Preis der Ware und verlangen nach Verkaufsgesetzen. Sie bestimmen, wer was wann haben darf. Und sosehr wir auch behaupten, nichts gehorche weniger dem freien Willen und nichts so sehr dem Schicksal wie die Liebe, ist diese doch unserer Kultur angepasst und gehorcht den geltenden Regeln.

Liebe ist an unterschiedlichen Orten der Welt nicht gleich. Sie weiß, dass sie in Westeuropa auf ganz andere Bedingungen stößt als in Indien und dass sie hier zu einem völlig anderen Zeitpunkt der Biografie und in anderer Gestalt auf die Bühne des Lebens tritt, als das im Iran oder in Grönland der Fall sein mag. In manchen Kulturen kennt man sie gar nicht in dieser Form oder unter diesem Namen. Vor mehreren hundert Jahren war sie auch hier in Deutschland ein relativ unbekannter Begriff. Keiner zumindest, den man für die Partnersuche in allen Bevölkerungsschichten verwendete. Arme Leute kannten keinen Namen für das, was wir heute Liebe nennen.

Heute glaubt jeder zu wissen, wie die Liebe aussieht. Vom Kleinkind bis zum Greis kann jeder sagen, wie sie angeblich funktioniert. Jeder singt das Lied der Liebe, von der Wiege bis manchmal ins Grab. Was wir oft vergessen ist, dass die Liebe nicht nur auf verschiedenen Kontinenten unterschiedliche Sprachen spricht, sondern dass auch jeder einzelne Mensch eine eigene Interpretation des Liedes hat, das über die Liebe gesungen wird. Deswegen will dieses Buch Sie ermutigen, Ihre eigene Stimme zu vernehmen und auf sie zu hören. Finden Sie Ihr eigenes Liebeslied und Sie werden sich vielleicht wundern, welche Stimme damit harmoniert.

Lerne Liebe lebenslang …

Liebe in Westeuropa erscheint heute bereits früh auf der Bühne des Lebens. Jeder Teenie glaubt zu wissen, wie sich die Liebe anfühlt, wie groß der Schmerz bei ihrem Verlust sein kann, und sucht doch keine zwei Wochen später wieder aufs Neue nach ihr. Schon Kindergartenkinder spielen »Liebe«, laufen sich hinterher, um sich zu küssen oder küssen zu lassen und dabei zu verkünden, man habe ihn oder sie zum Heiraten gefunden.

Wer wen heiratet oder großartig findet, war durch die Jahrhunderte nicht immer interessant. Und die Choreografie, die bei der sogenannten großen Liebe abzulaufen hat, hat sich erst im vorletzten Jahrhundert entwickelt, als es nicht mehr nur den Reichen und Adeligen vorbehalten war, sich romantisch für einen anderen Menschen zu begeistern. Verlieben ist mit der Industrialisierung in Europa eine Kulturtechnik geworden, die man lernen kann wie Dressurreiten, Lesen oder Blockflöte spielen.

Kulturtechniken ziehen allerdings immer Konsum nach sich. Wer lesen kann, braucht Bücher, wer reiten will, braucht ein Pferd und einen Lehrer, liebt vielleicht Bibi und Tina und die olympischen Spiele. Die meisten Menschen aber haben deutlich größeres Interesse am Verlieben als zum Beispiel am Blockflötenspiel, sodass Millionen Mal mehr Umsatz mit der Partnersuche als mit Flötenkonzerten oder Steigbügeln gemacht werden kann. Verlieben als Kulturtechnik ist also zumindest teilweise erworben und erlernbar. Und sie ist enorm lukrativ. Dabei unterliegt die Partnersuche auch immer einer gewissen Machbarkeits- und Perfektionierungsidee.

Wer Fahrradfahren lernen kann, lernt auch früher oder später die Gesetze des Verliebens. Und er vergisst sie niemals mehr. »The pursuit of happiness«, das Streben nach Glück, ist bei vielen ebenso wie das Streben nach der großen Liebe zum Lebensmotto geworden. »Seines Glückes Schmied« ist man auch im deutschen Sprichwort. Man hat also gefälligst dafür zu sorgen, dass es klappt mit dem (Liebes-)Glück. Schmieden soll man, bearbeiten, verfeinern, polieren und schließlich präsentieren und zum Verkauf stellen. Und genau damit lässt sich noch viel, viel mehr Geld verdienen. Ratgeberautoren und Diätclubs, Designer, Sportvereine und Parfumhersteller wollen (fast) alle nur eines: verkaufen, nämlich die Illusion vom perfekten Glück. Sie alle singen in Endlosschleife ein Lied vom vollkommenen Liebestaumel, dem wir kaum etwas entgegenzuhalten haben.

… und zahle!

Zu unserer Kultur gehören auch Bilder und Töne, die dieses Gefühl illustrieren und begleiten. Von der Plakatwand mit den H&M-Models, die sich frenetisch küssen, über alle Liebeslieder dieser Welt bis hin zu Büchern, Filmen und Werbespots werden wir von früh bis spät mit frisch verliebten Paaren bombardiert. Ein total verliebter Partner ist das »Must-have« jeder Saison. Die Verliebtheitsphase ist für unsere Kultur extrem interessant. Wer sie im Augenblick nicht genießen darf, will sie haben. Dafür sind alle bereit, das Portemonnaie zu öffnen. Ziel ist der Moment des Bewusstseins: »Ja, der/die ist es.« Dann geht das Spiel von vorne los, denn dauerhafte Partnerschaften sind weniger lukrativ.

Das glauben Sie nicht? Sehen Sie sich einmal eine Folge der beliebten »Bachelor«-Show an. Wochenlang sucht sich ein dümmlich grinsender Millionär aus einer Reihe von Frauen ohne Rückgrat diejenige aus, die der Programmdirektor bereits am Anfang der Show als Siegerin vorgesehen hat. Millionen Zuschauer fiebern mit. In dem Moment, in dem die »Beziehung« beginnt, ist die Show zu Ende. Und so sicher wie die nächste Staffel ist die Gewissheit, dass spätestens nach vier Wochen irgendein Online-Nachrichtenkanal das tragische »Liebes-Aus« der beiden ausweiden wird.

Bestehende Paare interessieren den Markt erst bei der Hochzeit kurzfristig wieder (Konjunktur für Brautmoden, Pferdekutschen, Gastronomie und Tourismus) und schließlich aufs Neue, wenn die Kinder auf die Welt kommen (Autos, Kindersitze, Babynahrung). Dann schaben die Banken noch ein bisschen mit Werbespots von fröhlichen Eltern im eigenen Garten am Einkommen der jungen Familien. Denn die brauchen zu ihrem Glück nichts mehr als ein schmuckes Eigenheim – und der Rest ist Schweigen.

»Boy meets girl« soll möglichst in den werbefreundlichen Zeitkorridoren stattfinden. Wer bis 35 noch unversorgt ist, hat sich wohl zu sehr um die Karriere gekümmert oder ist offenbar von der Natur benachteiligt. Er oder sie wird, abgesehen davon, dass man freundlicherweise täglich auf ihre oder seine Makel hinweist und teure Abhilfe verspricht, nicht weiter beachtet. Bis, ja, bis die große Scheidungswelle anrollt. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, wird eine riesengroße Konsumentenschicht endlich wieder frei: die späten Singles ab 40, die oftmals bereit sind, ein Vermögen für das Tuning ihres Körpers auszugeben, Datingbörsen zu frequentieren und noch einmal neu auf die Suche nach der großen Liebe zu gehen. In den Gazetten überwiegen Stars und Sternchen dieser Altersklasse, die sich wie die Teenies verlieben, wieder trennen, wieder neu die große Liebe verkünden, um sich kurz darauf wieder zu trennen.

Damit die Singles jenseits der 40 auch brav konsumieren, wird nonstop mit jung gebliebenen Vorbildern wie Halle Berry oder Brad Pitt vor ihrer Nase herumgewedelt, damit auch niemand auf die Idee käme, sich etwa gut genug zu fühlen. Zufriedenheit ist der Feind des Konsums. »A bisserl was geht immer«, scheint das Motto auf der Suche nach größtmöglicher Perfektion zu sein.

Miesmach-Millionen

Den Mangel zu betonen, Handlungsbedarf zu erzeugen, die Leute um Himmels willen niemals so zu lassen, wie sie nun einmal sind, verspricht größten Profit. Das Versprechen, »den perfekten Partner« zu finden, scheint unwiderstehlich. So haben Partnerbörsen unerhörten Zulauf. Da gibt es Unternehmen, bei denen man sich topgestylt und makellos fast anonym präsentieren und gleichzeitig aus einem menschlichen Warenkorb den idealen Partner aussuchen kann. Einfach Körpergröße und Wohnort (und Lieblingsfarbe, Fremdsprachenkenntnisse, Musikgeschmack und Schulbildung sowie weitere 76 Parameter) eingeben und los geht’s.

Und wir? Wir gehen mit. So sehr haben wir diese Werte von Optimierung und Perfektion in uns aufgesogen, dass wir keine Skrupel haben, einen ellenlangen Wunschzettel an unsere Tür zu hängen. Nur wer diese Vorgaben erfüllt, darf überhaupt daran denken, anzuklopfen. Wer in einer Winzigkeit nicht passt, wird oftmals gnadenlos weggeschickt. (»Igitt, du trägst ja karierte Hemden, das stand doch auf meiner schwarzen Liste!«, aber auch: »Oh, für dich bin ich aber gewiss nicht schön genug!«) So sind wir zu jeder Tages- und Nachtzeit bereit, auf Fehlersuche zu gehen, bei uns und bei anderen. Der Fokus bleibt auf dem Mangel. Das liebenswert Unperfekte, das uns zu den wunderbaren Menschen macht, die wir sind, wird zum Makel, der mit allen Mitteln beseitigt gehört.

Fang das Lieben neu an!

Was also ist zu tun? Auf der einen Seite soll die Lektüre dieses Buches beim Aufräumen helfen. Beim Auskehren alter Glaubenssätze, dem Entfernen klebriger Reste von Werbestrategien und dem Einmotten kleinerer Komplexe wäre es Ihnen gerne behilflich. Großartig wäre es, wenn Sie Kapitel für Kapitel erkennen könnten, dass Sie im Haus Ihrer Persönlichkeit die Türen weit aufmachen dürfen. Da drinnen sieht es toll aus. Was Sie als schlimmen Makel betrachten mögen, ist für die meisten anderen Menschen ein absolut liebenswerter Zug. Sie selbst sind nicht perfekt, müssen und werden es nicht sein. Gleichzeitig werden Sie erkennen, dass andere, auch potenzielle Partner, sich in Ihrer Nähe wohlfühlen, weil Sie sich selbst in Ihrer Nähe wohlfühlen. Kein Pfauenrad und kein Versteckspiel mehr, sondern gerade, freie Blicke auf unperfekte Körper und Seelen. Ich wünsche Ihnen das erleichternde Gefühl, dass es Spaß machen kann, Fehler zu haben und Fehler zu machen.

Auf der anderen Seite bietet Ihnen das Buch neue Perspektiven an. Lenken Sie Ihren Blick auf das Wesentliche, auf das Schöne, Wertvolle, und lernen Sie Nein zu sagen zu allen, die Ihnen erzählen wollen, dass es an Ihrem Äußeren, an »den Männern«, »den Frauen« oder »den Genen« liegt, wenn die Partnersuche nicht verläuft wie im Lehrbuch. Die Erkenntnis, dass ein Partner oder eine Partnerin kein »Must-have«, sondern ein höchst unberechenbares, zum Wachstum bereites Wesen ist, hilft ebenfalls, mit den Überraschungen umzugehen, die solche seltsamen Fremden oft mitbringen.

Es wäre schön, wenn Sie manchmal ein amüsiertes Lächeln auf den Lippen hätten, mit dem Sie sich selbst erkennen und trotzdem immer noch mögen. Und es wäre ein Gewinn, wenn Sie erkennen könnten, dass es nicht von einem Partner abhängen muss, sich wunderbar zu fühlen. Wer sich wunderbar fühlt, fühlt sich auch wunderbar an, ganz gleich, in welcher Gestalt. So einfach, so wahr.

Und eines verspreche ich hoch und heilig: Es wird keine Gebote und Verbote geben in diesem Buch. Niemand wird Ihnen Illusionen machen, die Sie nicht selbst schon pflegen. Weder Dos noch Don’ts werden proklamiert, denn es gibt eine Grundannahme, von der ich ausgehe: Sie sind eine gute Idee und absolut liebenswert. So unperfekt, wie Sie nun einmal sind.

1. Ich bin eine gute Idee

Me, myself and I

Ich bin eine gute Idee – na ja, das klingt ja ganz gut, mag der eine oder die andere einwenden. Aber was bedeutet diese markige Aussage konkret? Was heißt das, sich als »gute Idee« zu fühlen? Wieso sind manche überzeugt, Gottes Geschenk an die Menschheit zu sein, während andere sich ihr Leben lang fragen, wer und warum sie denn bitteschön überhaupt hier unterwegs sind? Es gibt unendlich viele Vorschläge, aus welcher Perspektive man diesen Begriff des »Ich« betrachten könnte. Nichts ist schwieriger zu fassen als das, was den Menschen ausmacht. Wir jonglieren mit Begriffen wie »Identität« und »Ego«, »Selbst«, »Selbstwertgefühl«, »Selbstbewusstsein«, »Selbstgefühl« und »Selbstwahrnehmung«. Nähern wir uns also dem Thema »Ich« als philosophische Anfänger.

So, wie Sie nun mit dem Buch oder dem E-Reader dasitzen, erfährt die Welt schon einiges über Sie. Alter, Geschlecht, Sprache, Herkunft, Größe, Gewicht und Körperform sowie Haar- und Augenfarbe. All das, von der Fußsohle bis zum Zustand Ihrer Zähne, gehört zu Ihrer Identität, so wie Ihr Fingerabdruck. Aber das ist noch nicht genau genug. Es gibt sicher eine Menge deutscher Frauen, die Gaby Meyer heißen, 1,68 Meter groß, 65 Kilo schwer sind und mittelblondes Haar haben. So viele Ähnlichkeiten gibt es, dass wir weitersuchen müssen, wenn wir dem Kern des Selbst auf die Spur kommen wollen. Denn eine Frau oder ein Mann gleichen Namens, gleicher Größe und gleicher Herkunft ähnelt Ihnen doch immer nur bedingt. Es gehört noch mehr zu Ihnen. Ihre Familie, Ihre Heimat, Ihre Gewohnheiten und Traditionen, Vorlieben und Abneigungen. Da sind dann nämlich frappierende Unterschiede zwischen all den Gabys zu erkennen, so ähnlich sie auch äußerlich scheinen mögen.

Talente, Fähigkeiten, Eigenschaften, Antriebe und Ängste machen uns unterscheidbar. Je konkreter wir sie kennen, desto authentischer wirken wir, desto überzeugender treten wir auf, desto unverwechselbarer werden wir. Erfahrungen und Lebensmotivationen sind es, die uns zu dem machen, was wir sind. Alles, was uns ausmacht, alle Wahrnehmungen und Erfahrungen, bilden das Selbst aus. Als Kontrast dazu gibt es auch noch unser Ego. Erlauben Sie mir, diese menschliche Seite hier einmal so zu nennen, wenn auch Psychologen wahrscheinlich andere Definitionen wählen würden. Dieses Ego, das sich gerne ausbreiten will, hat im Selbstbild auch noch ein Wörtchen mitzureden. Es lenkt unsere Schritte nach dem Lust-Unlust-Prinzip. Es sucht nach Erfahrungen, die »günstig fürs System« sind, und meidet Erfahrungen, die »ungünstig fürs System« sein könnten. Leider ist das Ego ziemlich beschränkt in seiner Urteilskraft. Es vereinfacht für sein Leben gern und will eigentlich immer alles so lassen, wie es ist. Das Selbst hingegen hat Interesse am Wachstum, kann über den Tellerrand eigener Befindlichkeiten auch die Bedürfnisse anderer sehen und ist flexibel. So ist das Selbst auch in der Lage, Liebe zu suchen und zu geben.

Das, was wir fühlen, wenn wir unsere Kinder pflegen, mit dem Partner eine Liebesnacht verbringen, oder beim Kraulen unserer Katze spüren, was über uns kommt, wenn wir euphorisch zu besonderen Anlässen wildfremden Menschen in den Armen liegen, nennen wir Liebe. Tieren ist die Liebe, wie wir sie kennen, fremd. Ihnen fehlt die Sprache dafür. Natürlich ist Liebe mehr als nur ein Wort, aber es ist ein Wort, das wir verwenden, um etwas zu beschreiben, was zutiefst abstrakt ist.

Spieglein, Spieglein

Essenziell wichtig für die Liebe zu anderen Menschen ist die Liebe zu uns selbst. Erich Fromm sagt: »Liebe ist grundsätzlich unteilbar. Man kann die Liebe zu anderen Liebes-›Objekten‹ nicht von der Liebe zum eigenen Selbst trennen.«2

Selbstliebe scheint vielen Menschen ein schwierig zu fassender Begriff zu sein. Wenn Sie nicht genau wissen, was unter Selbstliebe zu verstehen sein mag, können Sie sich Folgendes fragen: Wie viel Fürsorge, Verantwortung, Achtung und Erkenntnis haben Sie für sich selbst vorgesehen? Wie gut sind Sie darin, ihre eigenen Unperfektheiten zu ertragen, sich mit Ihren vermeintlichen Makeln und Unzulänglichkeiten zu mögen, ohne sich dauernd damit zu geißeln, und wie gut können Sie sich selbst etwas Liebes tun? Immer noch leben wir in einer Kultur, in der die Aufopferung für andere als besonders tugendhaft honoriert wird. Liebe ist scheinbar ein Reichtum, den man nicht für sich selbst behalten darf. Sie gehört restlos verteilt. Kritiklos investieren gerade Frauen, insbesondere Mütter, ihre sämtliche Liebe in andere, ohne auch nur darauf zu achten, selbst ein bisschen davon abzubekommen. Auch in Partnerbeziehungen wird auf den anderen geschaut. IHM will man gefallen, für IHN oder SIE würde man sein Leben lassen, für IHN oder SIE alles tun.

Diese fehlende Selbstliebe kann allerdings auch selbstsüchtige Züge annehmen. Wer sich selbst zum Lieben nie sucht und findet, entwickelt ein suchendes Sehnen nach der Fürsorge für sich selbst. Dieses Gefühl kann allerdings auch so stark werden, dass man sich nicht mehr nur sehnt, sondern süchtig sucht. Selbst-Sucht folgt daraus, ein Kreisen ums Ego. Im schlimmsten Fall kann das arme Wesen ohne ausreichende Selbstliebe gar keinen Kontakt mehr zur Außenwelt aufnehmen, wie einst der Jüngling Narziss, der, gefesselt vom eigenen Spiegelbild, die Welt um sich herum ausblendete. Schon ist man vom Altruismus in den Narzissmus gewechselt, und der ist mit seiner selbstbezogenen Blindheit unerträglich für alle Mitmenschen, insbesondere für potenzielle Partner. Narzissmus macht unglücklich. Ein Spruch, der Audrey Hepburn zugeordnet wird, lautet: »Wenn ich mich selbst liebe, mache ich wenigstens einen Menschen auf der Welt glücklich.« Ein wahres Wort.