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Die Lebenserinnerungen der „Zeitzeugin“ Erika Albrecht erzählen in berührender Weise eine Lebensgeschichte, die authentisch und mit erstaunlicher Detailtreue ein aufgewühltes und ereignisreiches Leben nachzeichnet. So erfährt der Leser nicht nur etwas über die Biografie der Autorin, sondern auch von den Wirren nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, den Nöten der Eltern in der Weltwirtschaftskrise sowie von den Demütigungen durch die Siegermächte. Im Bewusstsein des Wohlstandes der heutigen Zeit sollte der ungebeugte Wille zum Leben der Kriegsgeneration nicht vergessen werden! Dieses Buch schenkt dem Leser ein Stück bedeutender Zeitgeschichte.
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Seitenzahl: 1044
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Erika Albrecht
Auf den Spuren meiner Träume
Seit zehn Jahren auf den Weltmeeren unterwegs
AUGUST VON GOETHE LITERATURVERLAG
FRANKFURT A.M. • WEIMAR • LONDON • NEW YORK
Die neue Literatur, die – in Erinnerung an die Zusammenarbeit Heinrich Heines und Annette von Droste-Hülshoffs mit der Herausgeberin Elise von Hohenhausen – ein Wagnis ist, steht im Mittelpunkt der Verlagsarbeit. Das Lektorat nimmt daher Manuskripte an, um deren Einsendung das gebildete Publikum gebeten wird.
©2013 FRANKFURTER LITERATURVERLAG FRANKFURT AM MAIN
Ein Unternehmen der Holding
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Medien- und Buchverlage
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seit 1987
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Lektorat: Dr. Helga Miesch
ISBN 978-3-8372-5008-4
Die Autoren des Verlags unterstützen den Bund Deutscher Schriftsteller e.V., der gemeinnützig neue Autoren bei der Verlagssuche berät. Wenn Sie sich als Leser an dieser Förderung beteiligen möchten, überweisen Sie bitte einen – auch gern geringen – Beitrag an die Volksbank Dreieich, Kto. 7305192, BLZ 505 922 00, mit dem Stichwort „Literatur fördern“. Die Autoren und der Verlag danken Ihnen dafür!
Seit vielen Jahren auf den Weltmeeren unterwegs.
Kreuzfahrterlebnisse aus aller Welt.
Meine erste Flugreise in die Karibik
Alles begann mit einem Urlaub in der DOMINIKANISCHEN REPUBLIK.
Ein Karibik-Urlaub vom 3. bis 18. April 1999.
Das völlig unvorbereitete, spontan gewagte Abenteuer veränderte mein bisheriges Leben.
Ohne es zu ahnen, folgte ich den Spuren meiner Träume.
Der erste Monat im Jahr 1999 geht zu Ende.
Überall wird Glatteis gemeldet und viel, viel Schnee soll noch fallen.
Schreckliche Lawinenkatastrophen erschüttern im Februar die betroffenen Urlauber.
Auch Sabine sitzt in Hochfügen fest und Hubschrauber fliegen Freunde aus Galthür aus.
Wie sehr sehnt man sich nach Sonne und Wärme, träumt von Urlaub am warmen Meer!
Unerwartet erreicht mich mitten in diesen Träumen Cornelias Anruf mit der Frage:
„Fliegst du mit mir in die Karibik?“ „Ich?“, frage ich ganz verwirrt.
„Das kann ich doch nicht, wie soll das gehen?“
Alle meine Sinne wirbeln durcheinander. „Ja, wann denn um Gottes willen?“ Mir fehlen die Worte.
Karibik! Meer, Sonne, weiße Strände, Urlaub in einer fremden Welt!
Eben träumte ich noch davon, kann ich mich damit vertraut machen?
So schnell?
Es bleibt nicht viel Zeit zum Überlegen.
„Du musst dich ganz schnell entscheiden!“, höre ich am anderen Ende.
„Ja, aber ...“
Spontan sage ich einfach zu.
Danach kreisen die Gedanken in meinem Kopf, dass mir fast schwindlig ist.
Gar nicht teuer, hat Cornelia gesagt, alles inklusive, ein schönes Hotel.
Das erste Mal in meinem Leben werde ich fliegen, davor habe ich keine Angst, warum auch, ungezählte Menschen fliegen täglich von einem Ende der Welt zum anderen.
Aber ... ich soll einen solchen Urlaub machen? So weit fort?
Ich spreche kaum ein Wort Spanisch, hab’ alles vergessen in den fünfzig Jahren seit dem Abitur und mein Englisch ist auch nicht so toll, wie wird das gehen?
Noch gestern hätte ich mir nicht träumen lassen, wie sehr ein einziger Anruf mein Selbstwertgefühl erschüttern kann.
Kann er das wirklich?
Wie sehr hatte ich in all den Jahren meine Freiheit gepriesen und meine Unabhängigkeit, endlich tun zu können, was mir gefälIt. Und jetzt befällt mich Zweifel?
Ich habe zugesagt.
Cornelia hat bereits bei der Schweizer Reisegesellschaft „Vögele“ gebucht. Beate, die Freundin von Cornelia, wird auch dabei sein. Die Gedanken beginnen zu rotieren.
Als Erstes kaufe ich einen Sprachkurs in Englisch und Spanisch.
Ein bisschen muss ich wenigsten auffrischen, was ein halbes Leben zurückliegt.
Jeden Tag lerne ich fleißig.
Morgens drei Stunden mit Kasette und Buch.
Vokabeln übe ich auf den Spaziergängen durch den Wald.
Mit eiserner Energie behalte ich doch vieles, was nur verschüttet war.
Erstaunlich, was man mit festem Willen erreichen kann, und das Selbstvertrauen kommt auch zurück.
Als die Buchungsbestätigung eintrifft, beginne ich mich sogar zu freuen auf dieses ungewöhnliche Unternehmen, zahle prompt die geforderte Anzahlung und bekomme umgehend die wichtigen Unterlagen und Informationen für die Reise. Ein neuer Pass wird noch rechtzeitig ausgestellt, die empfohlene Impfung ist schnell erledigt und eine kleine Reiseapotheke angelegt.
Es wird wirklich ernst!
Ende März besucht mich Cornelia an einem Wochenende, um mich in Kleiderfragen zu beraten.
Leichte Sachen habe ich genügend, das wird nicht schwierig.
Allerdings irritiert es schon, wenn man bei noch immer kalten Temperaturen draußen für den Sommer planen soll.
Wir machen uns zwei schöne Tage, gehen zum Fischessen und zum Italiener.
Der Leichtsinn beginnt schon jetzt!
Die Beschreibung und die Fotos vom Hotel versprechen einen erlebnisreichen Urlaub, der unsere Träume von dieser Wunderwelt verstärkt.
Auf der Bank bestelle ich Dollars und Traveler-Checks.
Jetzt beginnt die Zeit zu fliegen, letzte Vorbereitungen mit ein bisschen Herzklopfen.
Am 2. April ist das Auto gepackt, das Haus abgeschlossen.
Die Reise in ein ungewisses Abenteuer beginnt für mich mit der Fahrt zu meiner Tochter.
Was wird mich erwarten?
Bei Cornelia packen wir die Koffer um, dies und jenes muss noch mit.
Bis zum Abend ist alles geschafft und Schwiegersohn Hellmuth spendiert Sekt, Einstimmung auf den Urlaub und die weite Reise.
Ich schlafe selig.
Am nächsten Morgen bringt uns Hellmuth zum Flughafen nach Zürich.
Cornelia, die Flugerfahrene, übernimmt das Einchecken, nachdem wir zu mehreren Schaltern geschickt wurden. Es ist viel Betrieb, aber dann sind die großen Koffer davon gerollt, keine Beanstandung, kein Übergepäck!
Wir schlendern durch die Halle und freuen uns über ein kleines Präsent vom „Vögele“-Schalter.
Für mich als absoluten Flugneuling ist alles ein bisschen zum Staunen.
Unsere Maschine, eine Boing 747 von der LTU steht bereits da. Der Flug LT 1010 um elf Uhr fünfunddreißig wird pünktlich sein.
Cornelia ringt noch mit dem Gedanken an ein Telefongespräch, aber lässt es dann doch.
Da hören wir schon den Aufruf für den Flug nach PUNTA CANA mit Zwischenstopp in PUERTO PLATA.
Ich höre sehr aufmerksam zu, denn das sind ganz neue Erfahrungen und frage mich im Geheimen, ob ich wohl allein damit zurecht käme?
Unsere Plätze im Flieger sind in der Mitte, gleich hinter den Tragflächen, Reihe 26. Unsere Stimmung ist ausgelassen, wir lachen viel, die Freude auf den Urlaub ist unverkennbar.
Für Flugprofis nimmt nun alles seinen gewohnten Lauf.
Die Kontrolle durch die Stewardessen, ob alle Passagiere angeschnallt sind, manche müssen eine extra Aufforderung bekommen. Die Durchsagen der Sicherheitsbestimmungen.
Die Begrüßung durch den Kapitän und dann heulen die Triebwerke auf, wir rollen auf das Flugfeld, bekommen Startgenehmigung und wenig später fliegen wir schon.
Ich habe weder Angst noch ein unangenehmes Gefühl.
Im Flugzeug tut sich jetzt einiges.
Zeitschriften, Kopfhörer, Kopfkissen, kleine Kulturtaschen werden ausgeteilt.
Auf dem Monitor sind Flughöhe, Außentemperatur, Flugrichtung, vor uns liegende Flugkilometer angezeigt.
Danach laufen Filme zur Unterhaltung.
Die hübschen, adretten Stewardessen lächeln freundlich und teilen schon bald ein warmes Mittagessen aus.
Rotwein, Weißwein, Orangensaft, Mineralwasser gibt es dazu.
Einige Turbulenzen schütteln die Maschine für kurze Zeit.
Das Weinglas muss man festhalten, aber irgendwann ist es wieder vorüber.
Ich wundere mich, dass wir von Zürich nicht nach Westen oder Süden fliegen, sondern Kurs nach Norden Richtung Irland nehmen.
Von dort liegt der lange Weg über den Atlantik vor uns.
Zehn Stunden wird der Flug dauern, der uns so manche Turbulenz beschert.
Die roten Leuchtsymbole fordern zum Anschnallen auf und die heimliche Hoffnung, dass das Rütteln bald vorüber sein wird, stellt sich dann immer wieder ein.
Aber über dem Meer wird der Flug ruhig.
Kaffee, Tee, kalte Getränke werden gereicht und die erste Gelegenheit zum Einkauf hübscher Dinge aller Art. Schmuck, Uhren, Parfüm, edle Alkoholika und natürlich Zigaretten werden von den Flugbegleitern angeboten.
Da befällt mich doch schon der erste Anfall von Leichtsinn.
Ich kaufe mir eine Sonnenbrille von „JOOP“ für hundertachtundsiebzig DM.
Vielleicht schwinden die Hemmungen in zehntausend Meter Höhe.
Kann man das mit „Höhenflug“ übersetzten?
Mit den angebotenen verführerischen Düften liebäugele ich auch noch, aber verkneife mir den erneuten Anflug von Leichtsinn.
Der Urlaub fängt doch gerade erst an.
Ein interessanter Zeitvertreib ist es trotzdem.
Die Passagiere um uns herum dösen, lesen, hören Musik oder verfolgen einen Film nach dem anderen.
Eine dunkelhäutige Mitreisende, die anfangs massiv wegen des Gebrauchs ihres Handys verwarnt werden musste, unterhält sich sehr lautstark mit ihrer Nachbarin in Spanisch. Vor dem Start bekreuzigten sie sich vehement, zwei schillernde Gestalten.
Neben uns, nur durch den Gang getrennt, sitzt eine junge Familie. Sohn und Töchterchen sind eifrig mit Schulaufgaben beschäftigt. Sicher müssen sie noch vor dem Beginn der Ferien erledigt sein. Am nächsten Tag begegnen wir ihnen in unserem Hotel.
Je weiter wir uns von Europa entfernen, umso mehr verschiebt sich die Zeit. Schließlich sind es sechs Stunden.
Nach dieser neuen Zeit landen wir um sechzehn Uhr dreißig in PUERTO PLATA an der Nord-Küste der Dominikanischen Republik. Für viele Passagiere endet hier der lange Flug.
Bis der Vogel sich noch einmal in die Luft erhebt, haben wir eine Wartepause von anderthalb Stunden.
Braungebrannte Urlauber steigen ein, die den Heimflug nach vierzehn Tagen Sonne und Wärme antreten.
Nach dreißig Minuten Flug landen wir in PUNTA CANA, unserem Zielflughafen. Ein langer Flug, mein allererster, es wird nicht der letzte gewesen sein!
So ganz glauben kann ich es noch nicht.
Aber es ist wahr, ich betrete den Boden einer der Inseln der Großen Antillen, die Christoph Kolumbus vor fünfhundert Jahren entdeckt hat.
Ein gebirgiges, grünes Eiland, das er „HISPAÑOLA“ – Kleinspanien nannte. Eine Insel zwischen dem Atlantik und dem Karibischen Meer gelegen. Ich bin in der Karibik angekommen, ein Traum, der einer Utopie gleicht, erfüllt sich in diesem Augenblick, romantische Vorstellungen, heimliche Sehnsüchte sind augenblicklich Wirklichkeit.
Nun stehe ich auf dem kleinen Flugfeld, sehe die mit Palmen gedeckten Dächer des Flughafengebäudes, höre die ersten Merengueklänge.
Da muss man tief Luft holen, um zu begreifen, dass uns dunkelhäutige Dominikaner empfangen. Überall spielen fröhliche Einheimische temperamentvoll auf den landestypischen Instrumenten diese mitreißende Musik.
Ehe wir das alles begriffen haben, sind wir schon von jungen schwarzhaarigen Mädchen in langen bunten Kleidern umgeben und auf einem Foto festgehalten.
An einer einfachen Sperre bekommt unser Pass einen Stempel.
Es dauert eine Weile, bis die Koffer auf dem Band erscheinen, aber ganze Gruppen von Trägern scharen sich um uns, sie wollen alle ein paar Dollar oder Pesos verdienen.
Große, moderne Autobusse stehen auf dem weiträumigen Platz vor dem Flughafen-Ausgang zur Weiterfahrt bereit.
Inzwischen ist es neunzehn Uhr geworden.
Daheim wären wir längst im Bett.
Eine deutsch sprechende Reiseleiterin von „Vögele“-Reisen verabschiedet uns mit den Worten: „Sie haben noch zweieinhalb Stunden Busfahrt vor sich, gute Reise und einen schönen Urlaub.“
So geht es nun ins Land hinein. Die Stadt Punta Cana liegt schnell hinter uns. Die Straße führt durch die Pampa.
Weite braune Gestrüpp-Felder, baumhohe Kakteenwälder, armselige, kleine Dörfer. Hin und wieder ein Esel, einige Ziegen zeigen sich vor Wellblechhütten, oft ganz einsam in der Wildnis.
Dann sehen wir Lichter, kleine Städtchen mit Straßenbeleuchtung und regem Verkehr, zerbeulte, unentwegt hupende Autos, Mopeds, Fahrräder, ein verwirrendes Durcheinander.
Langsam ist es dunkel geworden.
Jede Lichtquelle, die auftaucht, erweckt die Hoffnung, angekommen zu sein. Leider noch immer nicht.
Aber irgendwann nach drei Stunden liegt endlich das Ziel vor uns. JUAN-DOLIO ein Ferienort direkt am Karibischen Meer mit vielen schönen hell beleuchteten Hotels.
Unser gebuchtes Hotel „TALANQUERA BEACH & COUNTRY“ ist erreicht!
Der Bus hält vor einem großzügigen, strahlend hellen Portal, das von Palmen gesäumt, im Durchblick einen herrlichen, tropischen Garten erkennen lässt. Auch hier sind wir gleich von flinken, schwarzen Gepäckträgern umringt. Aber es vergeht einige Zeit, bis alle neuen Gäste ihre Zimmerschlüssel haben.
Die Hotelanlage ist ausgedehnt und weitläufig.
Lauter kleine Bungalows inmitten wunderschöner Parks.
Die licht gesäumten Wege schlängeln sich unter großen Gummibäumen, Benjaminen, Palmen und blühendem Hibiskus, Oleander und üppigen Bougainvillen durch den Garten.
Sehr romantisch, fast märchenhaft mutet das in der Dunkelheit an. Unser Zimmer 133 finden wir mit Hilfe des Trägers ohne Not. Der Ort der ersehnten Ruhe ist wie eine Erlösung von den Strapazen des langen Tages.
Aber der Schlüssel passt nicht.
Er ist ja auch für Zimmernummer 159!!!
Morgen muss das reklamiert werden!
Auch für Beate gibt es ein Schlüsselproblem und ihr Zimmer liegt so weit von unserem entfernt, sie ist verzweifelt.
Die Nerven sind jetzt doch sehr dünn!
Für ein Abendessen haben wir keinen Sinn mehr, wir sind einfach tot!
Vor vierundzwanzig Stunden reisten wir in Deutschland ab, verständlich, dass selbst die herrliche Wärme hier nicht mehr für Hochstimmung sorgen kann.
Auch die weiteren Mängel registrieren wir nur noch im Unterbewusstsein. Die Klimaanlage macht einen Höllenlärm, ein veraltetes Ding, dessen Stecker ich gleich herausziehe.
Dass wir uns ein Französisches Bett teilen müssen mit einer Decke, geht auch nicht. Doch jetzt schlafen wir erst einmal wohlverdient, tief, fest und gut.
Am nächsten Morgen stellen wir noch zusätzliche Beanstandungen fest. Die Koffer sind eh noch nicht ausgepackt, da können wir getrost noch einmal umziehen.
Schon um halb neun genießen wir alle drei das umfangreiche Frühstücks-Büfett, betreut durch adrette, junge Kellner, die uns fröhlich mit „buenos dias, ola“ begrüßen. Der wunderhübsche, weiträumige Sitzplatz auf verschiedenen Ebenen marmorgefliest, ist nur mit den typischen Palmblättern überdacht und durch kleine Teiche und Wasserläufe unterbrochen.
Das Büfett bietet alles, was das Herz begehrt.
Warme und kalte Köstlichkeiten schon am frühen Morgen.
Rührei, weiche und hart gekochte Eier, Schinken und Käsevariationen, kleine, süße Pfannkuchen, Brot und Brötchen, süße Kuchen, Plátanos, die gebackenen Koch-Bananen, Salate und die frischesten Früchte, die man sich nur denken kann.
Und das alles in der schon warmen, strahlenden Sonne!
Um halb zehn findet ein Einführungsgespräch mit unserem Reiseleiter Michael Schulze statt.
In einem überdachten, offenen, luftigen Raum lauschen wir dem kleinen Vortrag über Land und Leute, Gebräuche und hören aufmerksam die Hinweise zum Verhalten in der für uns noch unbekannten Welt.
Ein erfrischendes Getränk tut jetzt schon wieder gut und stimmt zugleich in den Urlaub ein.
Michael Schulze, groß, schlank, blond, blauäugig findet bei Cornelia und Beate gleichermaßen Beachtung.
Ein toller Mann!
Dazu sehr sympathisch, das finde ich auch.
Leider stellt sich etwas später heraus, dass er mit der Weiblichkeit nichts im Sinn hat. Schwul, wie man das wohl nennt.
Trotzdem kann man ja ein bisschen schwärmen.
Wir finden den Weg zum Strand.
Eine hoteleigene Strandanlage mit einer hübschen Bar und einem geräumigen Restaurant, einer großen Terrasse mit weißen Tischen und Stühlen liegt einladend vor uns. Im weißen Sand versprechen schon jetzt Liegestühle in mehreren Reihen unter ausladenden Sonnenschirmen aus Palmblättern die schönsten Mußestunden am Meer. Mit flachen Wellen läuft das türkisfarbene Wasser an den heißen Strand. Ein angenehmer Wind macht die Hitze gut erträglich.
Am Mittags-Büfett erwarten uns dampfende Kupferkessel mit den unterschiedlichsten Speisen.
Exotische, karibische, mexikanische, creolische und amerikanische.
Yucca, Süßkartoffeln und wieder die kleinen Kochbananen, die „plátanos“, die süßsauer köstlich schmecken.
Doch nach dem Essen müssen wir uns um ein neues Zimmer bemühen.
Mit Spanisch-Englisch gelingt das ganz gut.
Nun haben wir getrennte Betten, packen endlich die Koffer aus.
Am nächsten Morgen tropft im Bad Wasser von der Decke!
Ein herbei gerufener Hotelmonteur entfernt die Holzverkleidung und ein Schwall von Wasser stürzt auf Klo und Dusche.
Die getrockneten Rohre versprechen ein schnell behobenes Problem.
Aber weit gefehlt! Es muss doch ein größerer Defekt sein.
Wir ziehen ein drittes Mal um.
Zimmer 141 ist nun endlich in Ordnung, nachdem eine massive Beschwerde an der Rezeption, das Verlangen nach dem Geschäftsführer und ein Anruf bei Herrn Schulze vorausgegangen waren.
Von der Schranktüre, die aus den Angeln neben dem Schrank steht, nehmen wir jetzt keine Notiz mehr. Die Betten sind ausgezeichnet, der Fernseher geht, die Klimaanlage funktioniert leise, ist sogar abzustellen, was wollen wir mehr?
Sehr beruhigt haben wir uns zum Abendessen in der Beach-Bar angemeldet. „Sea-Food!“
An weiß gedeckten Vierertischen mit Stoffservietten können wir aus einer Speisekarte unter verschiedenen Fischgerichten auswählen.
Weiß- oder Rotwein wird serviert und das Meer rauscht noch immer an den Strand.
Eine leichte Brise weht angenehm zu uns her.
Die karibischen Klänge fehlen auch hier nicht, sie verleiten zum Mitsummen und Fröhlichsein.
Da haben wir das kalte Europa schon fast vergessen und die ersten Ärgernisse auch.
Die erste bunte Show auf der Bühne am Pool vor der Bar erleben wir anschließend.
Bildhübsche, kaffeebraune Dominikanerinnen und feurige, dunkelhäutige, junge Animateure bringen die Gäste schnell in Schwung.
Ohne Pause wechseln die süffigen, anregenden Getränke über den Bartresen.
Die Wahl fällt schwer, doch nach und nach werden wir sie alle probiert haben.
Rumpunsch, Planters Punsch, Maitai, Bananamama, Piñacolada, Kubalibre, Borsolino, Morlinomarina, Guayavaberry und noch viele mehr.
Viel Eis mit Rum, Gin, süße Liköre, Fruchtsäfte mit Aqua gemischt füllen die Gläser, lockern die Stimmung, lösen die Zunge, lassen Augen strahlen und Hemmungen schwinden.
Die Barkeeper muntern mit ihren spanischen Sprüchen, die wir nicht alle verstehen, und den funkelnden Augen verführerisch zu manchem Blödsinn auf.
Auf der Bühne werden Spiele gemacht, wozu Mitspieler aus dem Publikum geholt werden. Alle Nationen finden sich dort ein.
Der Chef der Truppe, ein unglaublich temperamentvoller, gut aussehender, dunkler, glatzköpfiger Typ mit Sonnenbrille, Ghi mit Namen, feuert die Zuschauer in allen Sprachen zum Mitmachen an:
„Aplauso, ein wondervol aplauso! Oh mein Gott, ich liebe mein Job!
My wondervol Job, vor ever! All my people, aplauso, aplauso!
Oh, oh, oh, klatschi, klatschi, klappi, klappi!“
Alles klatscht und lacht und manche haben kaum noch Kontrolle über sich selbst. Kubalibre ist ein Teufelszeug!
Aber auch für Aktivitäten am Strand ist reichlich gesorgt. Jimmy, der tolle Bursche aus Jamaika mit den glühenden, rollenden Augen, und Kelvin, sicher ein Haitianer, schwarz wie die Nacht, animieren Mitspieler für Volleyball und Wettspiele. Aerobic, Gymnastik werden angeboten.
Und Spanisch lernen am Strand unter der Sonne bei angenehmem Wind bei Daniel, dem Diskjockey, das hat doch was, oder?
Manches Mal frühstückt er sogar mit uns und die tolle Kasette mit dem Ohrwurm „Casa marina“ hat er uns auch besorgt.
In diesem Land gehen wirklich die Uhren anders.
Hier ändern sich die Empfindungen, hier bleiben die Sorgen auf der Strecke, hier beginnt man zu schweben.
In diesem Land stellt die Sonne die Weichen und die Wärme bestimmt das Leben. Für die Reichen erleichtern zudem die Annehmlichkeiten der Technik das Dasein. Klimaanlagen in Hotels, Bussen und Autos, Kühlschränke und Waschmaschinen in den Häusern machen das Leben leicht.
In den Wellblechhütten der Armen sieht das anders aus.
Oft fällt der Strom aus, manchmal stundenlang.
Dann gibt es kein Wasser und der Fernseher, das einzige geliebte Spielzeug für Jung und Alt, bleibt schwarz.
Nur den Schaukelstuhl, der überall zu finden ist, kann nichts zum Stillstehen bringen.
Die Sonne strahlt vom tiefblauen Himmel, die Wärme verwöhnt uns schon zu früher Stunde, das Frühstück ist köstlich mit den frischen Früchten.
Ananas so süß wie nie zuvor.
Am Strand machen wir die ersten Fotos, laufen am Wasser bis zu dem großen Steg, an dem die Hochsee-Fischfangjachten liegen.
Die kleinen, schnellen Motorflitzer fliegen an uns vorbei, weit ins Meer hinaus.
Paddelboote mühen sich, gegen die Wellen anzukommen.
Schnellboote bringen Taucher hinaus zum Riff, preschen übers Meer, dass nur noch weiße Gischt aufspritzt.
Ich liege unter dem Palmenschirm und schaue dem Badebetrieb zu.
Langsam lassen wir das mit dem Sonnenbad angehen. Die Sonne ist zu stark, da ist wirklich Vorsicht geboten.
Die Katamaran-Fahrt haben wir für die nächste Woche gebucht.
Am 7. April holt uns der Bus zu einem Tagesausflug nach SANTO DOMINGO in die Hauptstadt ab.
Ruben, ein großer, lustiger Dominikaner in Jeans mit einer Schirmmütze auf dem Kopf, die er niemals abnimmt, begrüßt uns in gutem Deutsch.
Eine Stunde dauert die Fahrt über eine gut ausgebaute Landstraße, die am Flughafen vorbei bis zu einer Sperre führt, an der einige Pesos kassiert werden.
Ruben hat ein bisschen über die Geschichte des Landes erzählt, bis wir den ersten Halt in einem parkähnlichen Gelände machen.
Die erste Sehenswürdigkeit: „Los tres Ochos“.
Eine Lagunenhöhle mit drei glasklaren, türkisblauen Seen in der Tiefe.
Eine lange Treppe führt hinunter, wo wir den zauberhaften Lichteinfall bewundern.
Souvenirstände, wie überall vor solchen Attraktionen, finden sich vor dem Eingang.
Als Nächstes besuchen wir ein 1991 eröffnetes Meeresaquarium.
Hier ist die heimische Fischwelt zu bestaunen.
Hinter großen Glasscheiben ziehen Haie, Barrakudas und Riesenrochen vorüber. Schildkröten und unzählige bunte Tropenfische in allen Größen zeigen sich in schillernden Farben.
Nach kurzer Weiterfahrt stehen wir in der Calle Las Damas vor dem Heiligtum der Nation, dem „Panteon national“, dessen Geschichte von Ruben ausführlich erklärt wird. Es stimmt schon nachdenklich, wenn diese tiefe Verehrung deutlich wird.
Wir betrachten auf der Plaza de España den ehemaligen Palast „Alcázar de Colón“, der heute ein Museum ist.
Kolumbus soll hier nie gelebt haben, erfahren wir, aber sein Sohn Diego mit seiner Frau Maria de Toledo und dem Hofstaat.
In der Kathedrale, einer weiteren Sehenswürdigkeit, die mehrmals umgebaut wurde, sind im Baustil Spätgotik und Renaissance vereint.
Ein Bischofsgrab aus dem Jahre 1644, das Bildnis der Nuestra Señora de las Augustias, der mit Silber verzierte Hauptaltar aus dem 18. Jahrhundert und das Gnadenbild der Maria de las Mercedes sind hervorzuheben.
Mich bezaubern überall auf den Plätzen vor den historischen Bauten die blühenden Jacarandabäume, die mit ihrer Blütenpracht die Stadt in lila Farbe tauchen. Palmen und Divi-Divi Bäume, wohin man schaut und in den Gärten Hibiskus, Oleander und Bougainvillea in den schönsten Farben.
Unter einem riesengroßen, Schatten spendenden Baum, der seine dunkelgrünen Blätter über Sitzbänke ausbreitet, sammelt sich unsere Gruppe auf der Plaza de España wieder.
Wir besuchen ganz in der Nähe ein Kaufhaus.
Schmuck, Spirituosen, Zigaretten kann man kaufen und das Nationalgetränk darf man probieren.
Ein verführerisches Gesöff aus Rum und Kräutern.
„Gut für Potenzia“, schmunzelt der Verkäufer mit listigen Augen.
Der Larimar-Schmuck in unübersehbarer Auswahl in Glasvitrinen lässt die Herzen der Damen höher schlagen und weckt Wünsche.
Larimar, der Halbedelstein, der nur in der Dominikanischen Republik gefunden wird, erhielt seinen Namen nach der Frau des Entdeckers Larissa.
Ein bisschen Zeit bleibt zum Stöbern und vielleicht auch zum Kaufen.
Cornelia findet ein Armband aus Süßwasserperlen und ich liebäugele mit einem Elefanten aus Lapizlazuli geschnitzt, der mir aber doch zu teuer ist. Ich verkneife mir den Wunsch.
Wir fahren weiter durch die pulsierende Stadt, die fünfundzwanzigtausend Einwohner zählt.
Auf der ältesten, traditionsreichen Einkaufsstraße, der „Calle el Conde“ haben wir noch einmal Zeit zum Bummeln.
Elegante, hochmoderne Geschäfte für höchste Ansprüche, vermitteln für einen Moment den Eindruck, in Europa zu sein.
Von sorgfältig gekleideten, jungen Männern, in blütenweißen Hemden werden wir gebeten einzutreten.
Übrigens erfahren wir, dass alle Dominikaner großen Wert auf saubere Erscheinung legen.
In einem Kaufhaus, das in übersichtlichen Abteilungen alles bietet, was man sich nur denken kann, probiert Beate eine schicke Jeans an und nimmt sie mit, während Cornelia zwei bunte Frottee-Laken mit karibischem Aufdruck für Hellmuth und Sebastian ersteht.
Eines lässt sie sich sogar aus dem Schaufenster holen.
Danach sind alle Pesos ausgegeben.
Wenige Schritte in die Seitenstraßen der großen Avenue lassen sehr schnell Ernüchterung aufkommen.
Beim Anblick der Müllberge an den Bordsteinen und der Fassaden der Häuser, der kreuz und quer verlaufenden elektrischen Leitungen, wird uns rasch bewusst, dass hier noch lange nicht die Kolonialherrschaft überwunden ist.
Die Armut der Bevölkerung schaut aus den Fenstern, aus denen der Lärm der Radios schallt, als sollte die Not übertönt werden.
Das Gegenteil ist das Mittagessen im Inter Conti Hotel, wo ein Mehrgänge-Büfett auf uns wartet.
Auf der Rückfahrt nach Juan-Dolio gibt es einen Fotostopp am Denkmal für die Zuckerrohrbauern mit ihrem Ochsenwagengespann.
An der Kathedrale aus weißem Marmor, dem Monument „Faro a Colón“, dem Grab des Kolumbus, steigen wir die breiten Treppen hinauf, um die Größe dieses Bauwerkes zu begreifen, das nachts aus ungezählten Strahlern ein riesiges Kreuz an den dunklen Himmel malt.
Der anstrengende Tag in der Hitze einer Millionenstadt findet einen fröhlichen Abschluss mit viel Rotwein zum reichhaltigen Abendessen.
Eine neue Show am Pool mit Power, Merengue und natürlich dem „Casa-Marina“-Schlager, der durch die ganze Anlage klingt.
An der Bar fließt ein Drink nach dem anderen durch die Kehlen und die verheißungsvollen Aufforderungen der flinken, feurigen Barkellner „Vamos a la cama?“ haben bei uns ein „no, no, no“ zur Antwort.
Der Abend ist lau und schön, aber ich gehe allein „á mi habitation“, freue mich auf mein Bett (cama) und halte die vielen Eindrücke im Tagebuch fest.
Unter bedecktem Himmel gehen wir am nächsten Morgen zum Strand.
Sehr schwül ist die Luft.
Ein gelbes Bändchen am Arm lässt uns ohne Aufenthalt den bewachten Eintritt passieren.
Die Strandhändler sind schon unterwegs.
Sie haben eine Lizenz dafür, dass sie ihre Waren am Hotelstrand anbieten dürfen.
Ein Kärtchen mit Lichtbild und Namen hängt am T-Shirt.
Von weitem hört man sie schon.
„Autsch, autsch“, ruft der Badeschuhverkäufer.
„Buenos dias! German, Alemania?“, fragt er. „Deutsch gut!“
Der kleine Miguel klappt seinen Schmuckkoffer auf und lässt uns schauen.
Ketten, Armbänder, Ringe.
Schöne in Silber gefasste Larimarsteine, helle, dunkle, verlocken zum Kauf.
„No dinero!“
Er lacht: „Deutsch immer gut!“
„Kein Geld! Zu teuer!“, ist unsere Antwort.
Aber er lässt sich nicht entmutigen.
„Heute ganz billig“, sagt er, „morgen teuer.“
„Mama, du kaufen, schöne Kette, ganz gut!“
„No, no, zu teuer, no dinero!“ Hier muss man handeln.
Er klappt seinen Koffer zu, lacht und sagt: „Du große Mafia!“
Und schon ist er am nächsten Liegeplatz.
Keine Sorge, er wird morgen wieder hier sein.
Da steht schon der nächste Händler vor uns.
Ein schmaler, fast dürrer junger Mann mit durchdringenden Augen. Er hat seinen Arm voller T-Shirts und breitet sie vor uns aus. Karibik, Santo Domingo, Juan Dolio, bunt bedruckt mit Palmen. Beate kauft eines und ich bestelle ein schwarzes mit Golddruck in Größe S. Wir zahlen einen annehmbaren Preis, und er bringt es wirklich am nächsten Tag. Er erzählt von seinen kleinen Kindern und der Familie, die er mit dem Handel ernähren muss.
Mein Gott, denke ich, er ist ja selber fast noch ein Kind.
Da ist schon der Dritte, ein großer, breitschultriger, sehr dunkelhäutiger Mann. Er bietet Pareos an.
Bunte, mit und ohne Fransen, hübsche Muster sind dabei. Kurze Hüfttücher zum Binden. Wir suchen aus der Vielfalt des Angebotes eifrig aus.
Beate entscheidet sich für ein Binderöckchen, das schnell in ihren Besitz wechselt und ich nehme zwei Pareos, muss aber erst Traveler-Checks im Hotel in Pesos umtauschen.
Dazu erhandeln wie noch jeder eine Sonnenbrille, zwei für einen Preis! „Gute Brille, gute Brille“, sagt der schwarze Mann und schaut lüstern zu uns herunter.
Ja, ja, die dominikanischen Männer sind leichtlebig und schnell zu einem Flirt bereit, wenn nicht sogar zu mehr in lauschigen Musik erfüllten Nächten.
Miguel ist am folgenden Morgen wieder da.
Schon aus der Entfernung ruft er laut: „ Ola, Mama, buenos dias!“
Er öffnet auf meinem Liegestuhl seinen Koffer mit den glitzernden Kostbarkeiten.
Heute macht er das Geschäft der Woche bei uns.
Cornelia sucht sich eine Kette, ein Armband und einen Ring mit den hübschen Larimarsteinen aus.
Auch ich finde, was mir gefällt.
Beate nimmt sich einen Anhänger aus Silber.
Da kommt was zusammen.
Wir handeln hartnäckig und erfolgreich.
Miguel jammert: „Ich bankrotto, du große Bandito ! Ich hole Wasserpistole, mache bum bum!“
Wir haben viel Spaß dabei.
Aber dann sagt er: „Mama, du gut, du kommen in meine kleine Simmer, wir machen Tür zu, du in halbe Stunde Spanisch sprechen, ich drei Viagra.“
Vor lauter Lachen können wir kaum noch antworten.
Da zeigt er sein Schlüsselbund und sagt: „Ich habe Mercedes“ und schlenkert die Schlüssel vor uns hin und her, „hat aber ein Bein kaputt, está el buro.“
Also ein Esel!
So ein Witzbold.
Er besucht uns nun jeden Tag.
Unter Palmen geschützt, im Schatten, lassen sich immer mehr Mädchen und Damen von den geschickten Händen der schwarzen Schönen, Perlen in die Haare flechten. In einzelnen Zöpfen oder rund um die Köpfe glitzern nun goldene, silberne oder bunte Kugeln, das ist die große Mode hier.
Beate hat sich mit Manfred angefreundet.
Im Flugzeug sahen wir ihn schon, der mit dem roten Hemd und dem Sohn Alexander.
Ein wenig schüchtern schien er zu sein.
Nun sitzen sie in der prallen Sonne, trinken viel Kubalibre und haben sichtbar nicht endenden Gesprächsstoff.
Beide quälen wohl Probleme und dabei merken sie nicht, dass die Sonne ihnen die Haut verbrennt.
Wie gut, dass in meiner kleinen Apotheke auch dagegen eine Salbe zu finden ist.
Der immerwährende Wind lässt die Hitze erträglich sein, ich fühle mich wohl in der herrlichen Sonne, die ich jeden Tag in vollen Zügen genieße.
Das Wasser hat fünfundzwanzig Grad und spült leicht um meine Füße, wenn ich am Ufer nach Muscheln und Schnecken und angespülten Korallen suche, die ich sicher im Koffer mit nach Hause nehmen darf.
Dann träume ich beim Faulenzen von diesem, noch immer unglaublichen Glück, das ich hier erfahren darf.
Ein kühler Drink von der Bar macht den Traum perfekt, nicht einmal zum Mittagessen müssen wir ins Hotel gehen.
Im Strandrestaurant bestellen wir „Polio frito, ensalada y una plata frutas“. Leicht und schmackhaft dazu ein „Jugo de naranja“, mal keinen Alkohol.
In der Nacht klingelt das Telefon, es ist Mitternacht, Beate ist mit Cornelia noch in der Disko.
Wolfgang, Beates Mann, ruft an, sie soll sofort zurückrufen!
Was ist passiert?
Ich hänge eine Nachricht an Beates Zimmertür.
Große Aufregung! Eheprobleme!
Beate ist völlig außer sich am Morgen.
Eine Gruppe Kanadier ist neu angekommen.
Darunter ein Vater mit seinen erwachsenen Kindern.
Paul, ein lustiger, untersetzter, stämmiger, älter wirkender Witwer mit Brille, kniekurzen Shorts, die die prallen Waden auffällig sehen lassen, wenn er am Strand mit schnellem Schritt vorüber läuft.
Er hat es auf Cornelia abgesehen, wie viele andere auch.
Er lädt sie in die Disko ein, verfolgt sie überall, schiebt sogar Liebesbriefchen unter unserer Tür durch, lässt Zettel mit Hibiskusblüten auf ihr Bett legen. Schließlich macht er ihr einen Heiratsantrag, womit die Töchter und der Schwiegersohn einverstanden sein sollen, wie er versichert und lädt sie nach Toronto ein. Er muss wohl ein gut situierter Unternehmer sein. Aber so weit kann doch ein Urlaubsflirt nicht gehen!
Cornelia wehrt sich und versteckt sich.
Gott sei Dank reist er nach einer Woche ab.
Da sind doch die kleinen Tändeleien mit den Dominikanern oberflächlich und lustig dazu.
In den wunderschönen Parkanlagen rund um unser Hotel bezaubern mich jeden Tag aufs Neue die Teiche mit den bunten Fischen, den kleinen Schildkröten und den Seerosen.
Stege und Brückchen führen darüber zu den verzweigt liegenden Bungalows. Palmen, Gummibäume, Bananenstauden und blühende Sträucher in den verschiedensten Farben stehen überall in voller Pracht.
Vor unserer Zimmertür wächst eine Bananenstaude, deren Blüte und Fruchtstand ich jeden Tag bewundere. Noch sind die kleinen Früchte grün und unreif, wir werden sie nicht mehr ernten können.
Der schöne Tropengarten wird gepflegt, geharkt, geschnitten, gewässert und geputzt von fleißigen Gärtnern, die immer mit einem freundlichen „Ola, buenos dias“ grüßen.
Dass es manchmal nur kaltes Wasser gibt, wenn wir vom Strand kommen, ist so schlimm nicht, es fällt halt auch hier manchmal der Strom aus.
Samstag, 10. April, heute reist Manfred, der Vater mit dem Sohn aus Bad Krozingen, ab.
Wir haben einen Tagesausflug nach BONAO ins Landesinnere gebucht. Der Bus holt uns schon um halb acht vor dem Hotel ab.
Irmgard, eine nette Reiseleiterin, begleitet den Ausflug und berichtet ausführlich von diesem Land.
Später erfahre ich, dass sie aus Trier stammt, mit einem Dominikaner verheiratet ist, der zwei Kinder mitbrachte.
Seit zwei Jahren lebt sie hier und hat ein süßes Baby, sagt sie. Die Straße führt an Santo Domingo vorbei in die Berge, wo die Vegetation fruchtbar erscheint und immer grüner wird.
In der Ferne wird eine Bergkette sichtbar, deren Gipfel bis zu tausendfünfhundert Meter Höhe aufsteigen.
Hier verlassen wir die Zone der Zuckerrohrfelder.
Ananasplantagen liegen an der Strecke und auf den feuchten Terrassen wird sogar Reis angebaut.
Die Palmen tragen süßliche Früchte, die für Soßen und Reisgerichten beigegeben werden.
Diese fruchtbare Region bringt Früchte und Gemüse im Überfluss hervor. Limonen, Grapefruits (torenjas), Orangen, leuchtend rote Tomaten, Yucca-Wurzeln, Süßkartoffeln, Bohnen und Gewürze, Auberginen und Tabak.
Eine schöne Landschaft, rechts und links Bananenstauden.
Meistens sind es die mit den kleinen Plátanos, die mir gekocht so gut schmecken.
Wir halten am Straßenrand an einem Obststand, der fast alle diese herrlichen Früchte, zu Bergen aufgetürmt, feil hält.
Wir dürfen von allem kosten, auch vom Zuckerrohr, dem frisch geschnittenen, das roh wirklich zuckersüß ist.
Das Landleben ist hier perfekt.
Unter einem Dach im Schatten sitzt eine kugelrunde Mama mit blauen Lockenwicklern im pechschwarzen Haar, umgeben von vielen kleinen Kindern jeden Alters. Alle hüpfen und springen barfuß um ein zerbeultes Auto herum, das unter einer Palme abgestellt ist.
Nach wenigen Kilometern erwartet uns die nächste Attraktion.
Ein Spanferkel vom Grill.
Etwas skeptisch betrachte ich diese Angelegenheit, aber es riecht und schmeckt gut.
Da lasse ich mir von dem köstlichen, knusprigen Braten gleich noch einmal ein Stück abschneiden.
Mit der Machete haut der schwarze Grillmeister mit einem Hieb ein großes Stück heraus und dazu verzehre ich mit Genuss einen Maisfladen.
Wie viele Ferkel wohl im Laufe der Woche dran glauben müssen?
„Zwei“, sagt der fleißige Mann am Feuer, „aber zum Wochenende werden es sechs sein, wenn die Dominikaner in die kühlen Berge fahren.“
In den Holzverschlag kann ich nicht hinein schauen, wo es quiekt und schmatzt, aber so ist das halt, gegrillt haben sie gut geschmeckt, die kleinen Ferkelchen.
Unsere Fahrt setzt sich fort.
Das Ziel ist die „Hazienda Helvetia“ der Frau Huber, einer Schweizerin, die seit fünfzehn Jahren hier lebt.
Mit großer Freude werden wir begrüßt und mit einem Frühstück bewirtet.
Unter einer überdachten Terrasse finden wir liebevoll vorbereitete kleine Snacks, gefüllte Blätterteigtaschen und kühle Säfte gegen den Durst.
Danach steigen wir noch einmal in den Bus, um zu einem Wallfahrtsort zu gelangen. „La Vega Mercedes“, hier sehen wir die schwarze Madonna und schauen über den Klostergarten hinunter in das blühende Land.
Entlang der Straßenränder verkaufen Frauen selbstgebackenes, süßes Gebäck.
Zurück auf der Hazienda, stehen im großen Garten gesattelte Pferde, die zu einem Ausritt durch Wiesen, an einem Fluß entlang, um einen See und zurück einladen.
Jeder Reiter bekommt einen Cowboy zugeteilt der Ross und Reiter lenkt.
Ich fotografiere die vergnügte Gesellschaft, die mit „Ho, hü und hei“ davon prescht.
Mit Irmgard, der netten Reiseführerin, mache ich einen Spaziergang zum Fluss.
Dann genießen wir bei Frau Huber in einem luftigen, nach allen Seiten offenen Gartenhaus den köstlichen, starken, süßen Mokka.
Nacheinander kehren die Reiter zurück, ein bisschen geschafft vom ungewohnten Sport.
Wir werden noch einmal verwöhnt.
Ein reichhaltiges Büfett bietet jetzt Schweizer Kartoffelsalat, gegrillte Hähnchen und Bohnen-Tomaten-Mais-Salate auf großen Platten.
Der kleine Shop bietet Rum, das Nationalgetränk gegen alle Krankheiten, wie Frau Huber empfiehlt, Gewürze und junge Ananaspflänzchen zum Verkauf an.
Wie überall im Land wird auch hier der traditionelle Hahnen- kampf groß geschrieben.
Frau Huber veranstaltet einen Schaukampf zwischen eigens dafür gezüchteten Kampfhähnen.
Ich bin froh, dass das Schauspiel unblutig ausgeht.
Man hat zuvor die Tod bringenden Metallsporen mit Stoff zugebunden. Jeder der kleinen und größeren Enkel unserer Gastgeberin besitzt schon seine eigenen Kampfhähne und trägt sie stolz mit sich herum.
Dann geht langsam dieser interessante Tag seinem Ende entgegen. Auf der Rückfahrt sehen wir den Stadtteil von Santo Domingo, in dem sich die Villenviertel befinden.
Große, elegante Häuser von Mauern umgeben, exklusive Portale lassen gepflegte Gärten erahnen, die durch uniformierte Posten bewacht werden. Davor europäische Luxuslimousinen, deren Chauffeure bereit stehen. Hier leben die Privilegierten, die Regierungsbeamten.
Hier wohnt auch der Präsident, der Diktator, der mit seinen neunzig Jahren, fast blind, taub und am Stock gehend, noch einmal die Wahlen gewinnen wird, wie unsere Reiseleiterin sagt, obwohl das Volk geknechtet und unterdrückt wird.
In dieser Region gibt es keinen Stromausfall und der Müll wird täglich abgefahren.
Die Hafenpromenade liegt im Licht der sinkenden Sonne vor uns.
Das Meer ist dunkelblau und scheint sich am Horizont mit dem Himmel zu vereinen.
Gerade hat ein großes Kreuzfahrtschiff abgelegt, zieht langsam aus dem Hafen in das Meer hinaus.
Wir halten für ein Foto von diesem amerikanischen Riesenschiff, das zweitausendfünfhundert Passagiere an Bord beherbergt.
Die „INSPIRATION“ in der untergehenden, karibischen Sonne.
Sonntag!
Hier ist für uns jeder Tag ein Sonntag!
Die Sonne strahlt vom wolkenlosen Himmel.
Ein Traumtag am Strand. Der heftige Wind macht die Hitze gut erträglich. Starke Wellen rollen heute mit weißen Schaumkronen ans Ufer. Faulheit in allen Gliedern!
Nur liegen, träumen in den blauen Himmel schauen, nicht mal lesen möchte ich jetzt. Sehe den Surfern zu, die sich nicht lange aufrecht halten können bei dem Seegang. Aber in dem warmen Wasser ein Vergnügen unterzutauchen.
Ein kleines Segelboot kentert, wird wieder aufgefischt.
Schnorchler paddeln zwischen Schwimmern umher, wollen den Grund im glasklaren Wasser nach Krebsen erforschen, die aber blitzschnell in Sandlöchern verschwinden. Nur die Seenadeln, fast durchsichtige, aalartige Fische, stehen lange unbeweglich, bis man sie überhaupt erkennt.
Wasserskiläufer und Schnellboote flitzen vorüber.
Manchmal kippt die im Schlepp gezogene mehrsitzige, gelbe Gummibanane um und wird mit Gejohle mühsam geentert.
Die Motorflitzer lassen hohe Fontänen hinter sich, wenn sie durch die Wellen preschen.
Dagegen haben die Kanus große Mühe, sich mit aller Kraft durch die Wogen zu kämpfen.
Ein Vergnügen, das alles zu beobachten, die Beach-Bar in der Nähe, wo den lieben langen Tag die leckeren Getränke niemals ausgehen.
Alles „inclusive“, wir sind wirklich im Paradies!
An zu Hause habe ich schon lange nicht gedacht.
Die Strandhändler ziehen wieder vorbei.
Bilder, Holzschnitzkunst, getrocknete Kugelfische, riesengroße Tiefseemuscheln, Kokosnüsse, Ananas, Zigaretten, Langusten, die Palette hat kein Ende.
„Du kaufen, Kredito, kein Problemo!“
Und irgendwann fällt man wieder darauf rein.
Der Leichtsinn treibt in dieser Welt besondere Blüten!
Heute ist wirklich ein Tag zum Träumen.
Ich tue es, abgehoben von aller Wirklichkeit:
Einfach hier bleiben in den Armen eines schwarzhaarigen, drahtigen, dunklen Verführers, der Lebensfreude in seinen glühenden Augen verspricht.
Mein Gott, ist träumen doch schön, losgelöst von jeglicher Verantwortung. Ich genieße es sehr.
Cornelia und Beate sind ausgelassen, flirten, tanzen und singen, ich gönne es ihnen von Herzen.
Wie bald wird alles wieder vorbei sein.
Eine neue Woche beginnt so schön, wie die vergangene aufhörte. In der Chokolata-Bar kaufen wir Ansichtskarten, die wir aber erst in Deutschland aufgeben werden, denn von hier kommen keine Karten am Ziel an, auch das Telefonat nach Deutschland gelingt nicht.
Es ist niemand zu Hause.
Im Hotel sind neue Gäste angekommen.
Amerikaner, Engländer, Franzosen.
Zum Abendessen machen wir uns hübsch.
Beate und Cornelia tanzen in den Geburtstag hinein.
Vielleicht ist auch der ganz schwarze Oberkellner aus dem Italienischen Restaurant unter den Tänzern, ich weiß es nicht.
Cornelia hat einen Tisch für vier Personen bestellt – Geburtstagsdiner – aber Michael Schulze wird nicht kommen.
Cornelias Geburtstag am 13. April beginnt mit Hindernissen.
Wir haben den Ausflug zur Insel SAONA gebucht.
Obwohl wir rechtzeitig an der Rezeption auf den Bus warten, stehen wir eine Stunde später noch dort.
Was ist passiert? Hat man uns vergessen? Hat der Bus eine Panne?
Ein Anruf bei Herrn Schulze.
Er kommt, ordert ein Taxi vor dem Hotel und informiert den Fahrer.
Dann geht es mit Tempo durch die verkehrsreichen Orte SAN PEDRO und LA ROMANA.
Aber den Bus erreichen wir leider nicht mehr.
Die Fahrt nach BAYAHIBE dauert anderthalb Stunden.
Die Katamarane sind auch weg, weit draußen auf dem Meer sieht man sie davon ziehen.
Da stehen wir nun. Und Cornelia hat Geburtstag!
Aber keine Angst, alles wird gut!
Der umsichtige Taxifahrer versucht, den Busfahrer zu finden.
Das gelingt und ich erkenne den Fahrer, der uns nach Santo Domingo fuhr, wieder.
Er hat seine Dienstuniform nicht an, steht mit weißem T-Shirt, kurzen leichten Hosen und einer roten Schirmmütze vor uns.
Er weiß bereits, was mit diesen „drei deutschen Damen“ passiert ist.
Wir wurden vergessen, weil der Computer die Buchung nicht registriert hatte. Ein Fehler des Agenten und deswegen auch die Taxifahrt auf seine Kosten.
Der Busfahrer versucht nun den Reisebegleiter Ruben, den wir doch auch schon kennen, auf dem Katamaran zu erreichen.
Nichts, keine Verbindung.
Schließlich gibt die Agentur grünes Licht für eine Schnellbootfahrt.
Das Boot kommt und alles geht jetzt sehr flott.
Schwimmwesten um, einsteigen, der Motor heult auf und los geht die Fahrt übers Meer.
Immer in Sichtweite zur Küste fliegen wir dem Katamaran nach, der Insel entgegen.
Das Boot klatscht auf die Wellenkämme.
Die Stöße gegen die Wirbelsäule sind unangenehm.
Ich halte mich an der Sitzbank fest.
Neben mir Beate und Cornelia, vor uns der Busfahrer.
Der Bootsführer drückt aufs Tempo, aber vom Katamaran ist nichts zu sehen.
Nach anderthalb Stunden liegt die Insel SAONA vor uns und mehrere Katamarane auch.
Das ist ein Anblick!
Paradies pur, wie im Katalog!
Karibik!
Kristallklares Wasser bis zum Meeresboden, zuckerfeiner, weißer Sand, strahlende Sonne am tiefblauen Himmel, zweiunddreißig Grad Wärme.
Saona, eine unbewohnte Insel, einmalig schön!
Rundtische und Sitzbänke von Palmen umgeben unter Palmschirmen, eine Strandbar, Kuba-Libre, Merengue-Musik und ein üppiges Mittags-Büfett. Schlaraffenland!!
Ruben kommt, begrüßt uns mit „Ola und Hallo“, wir waren wirklich vermisst worden.
Ich lasse mich im Badewannen warmen Wasser umspülen, genieße und glaube, das alles nur zu träumen.
Kann das tatsächlich wahr sein, was ich hier erlebe?
Die Jungen sind auf und davon, aus dem Wasser auf die überdachte Tanzfläche.
Der Bikini trocknet bei der Hitze minutenschnell.
Die fröhlichen Rhythmen lassen einen nicht still sitzen.
Aber bei all der Fröhlichkeit, läuft doch die Zeit unaufhaltsam fort.
Ruben ruft: „Attacke!“
Man möchte sich nicht trennen von dieser Trauminsel.
Die Schnellboote bringen uns zum Katamaran, der weiter draußen auf dem Meer liegt und bald unter den weißen, großen Segeln über die ruhige See gleitet.
Gut gelaunt verläuft die zweieinhalbstündige Seefahrt auf dem offenen Meer. Wie könnte es anders sein, es wird getanzt, getrunken, gespielt. Manche liegen in der Sonne auf den weit ausliegenden Matten des Schiffes, wie Hängematten sehen sie aus.
Die Bootsbesatzung gleicht Piraten.
Glänzende, muskulöse, geschmeidige, braune Körper, Piratentücher um die schwarzen Kraushaare gebunden, springen in der Takelage herum, wie Katzen oder Panter kommen sie mir vor.
Sie pfeifen und singen die gespielte Musik mit und versprühen Verführung aus den dunkelbraunen Augen.
Weit hinter uns tauchen plötzlich Buckelwale auf.
Ihre gewaltige Schwanzflosse ragt hoch aus dem Meer heraus.
Eine Wasserfontäne schießt in den Himmel. Welch ein Erlebnis!
Dann ist Bayahibe in Sicht.
Mit Schnellbooten an Land gebracht, geht die Rückfahrt im Bus, den Plu, so heißt der Fahrer, der jetzt wieder in seiner blauen Uniform am Lenkrad sitzt, lenkt.
Zuvor aber betteln uns kleine, kraushaarige, schwarze Kinder an: „Cinco Peso, cinco Peso, porvavor“ und die kleinen Schuhputzer muss man abwehren, sie würden die hellen Sandalen mit schwarzer Schuhcreme putzen.
Da steht die Armut wieder neben uns, wir hatten sie so einfach verdrängt, die Realität. Hier hat der Hurrikan „George“ im letzten September schwere Verwüstungen angerichtet. Viele armselige Hütten wurden zerstört.
Nur notdürftig mit Wellblech und Pappe oder Karton wurden sie geflickt. Abgebrochene Palmen, verwüstete Landschaft, entwurzelte Mangrovenbäume ließ er zurück, der schreckliche Sturm.
Woher nehmen die Menschen ihre Fröhlichkeit?
In LA ROMANA halten wir vor dem großen Souvenir-Shop. Da gibt es Toiletten. Beate nimmt sich leichtsinnig einen hübschen Pareo mit. Plu spendiert mir einen Ananassaft. Wieso eigentlich?
Er ist ein netter Mann und spricht ganz gut deutsch.
SAN PEDRO, die letzte Stadt vor JUAN DOLIO empfängt uns mit einem unglaublichen Gewirr an Verkehr. Die Straßen sind hoffnungslos verstopft.
Abgase ziehen bis ins Businnere. Ohrenbetäubender Lärm, Hupen von allen Seiten, Lastwagen mit Anhängern hoch voll Zuckerrohr, Autos, die bei uns längst auf dem Schrottplatz gelandet wären, mit acht Personen besetzt und außen hängt auch noch einer an der Tür, vor uns.
Neben uns Mopeds, die Familienkutschen, Vater, Mutter, Kinder, mindestens zwei, zu beiden Seiten Einkaufstaschen!
Wie können die überhaupt noch die Balance halten bei diesem Verkehr. Plötzlich ein Hund, der über die Fahrbahn rennt, mir bleibt fast der Atem stehen. Ich kann nicht hinschauen, und Plu bremst, lässt ihn vorüber laufen. Glück gehabt, noch einmal davon gekommen, denke ich. Aufregend ist das!
Dann sind wir endlich „Zu Hause“.
Glücklich, zufrieden, welch ein gelungener Tag und Cornelia hat Geburtstag!
Warmes Wasser ist da, wir erfrischen uns, gehen zu einem Abendessen voller Genüsse, trinken Rotwein, sehen dann eine spritzige Show „Caribe Tropical“. Cornelia und Beate feiern in der Disco weiter.
Wie schön, noch so jung zu sein!
Mit Riesenschritten nähert sich das Ende des bezaubernden Urlaubs. Schade, schade, hier ließe es sich noch länger aushalten.
Drei Tage noch! Die gehen unglaublich schnell herum.
Daniel findet sich bereit, Cornelia zum Optiker nach San Pedro zu fahren, um ihre Brille richten zu lassen.
An der Rezeption ist ein Fax von Hellmuth und Sebastian mit Geburtstagsgrüßen angekommen. Cornelia hatte schon sehr darauf gewartet.
Happy hour an der Poolbar heitert vor dem kleinen Festessen im Italienischen Restaurant „L’ Ecressiv“ auf.
Wir speisen vorzüglich, schick gemacht, in dem etwas zu kühlen Gourmet-Tempel, von vielen Blicken verfolgt.
Man kennt schon die drei deutschen Damen.
Für mich ist das Bett jetzt, nach einem so schönen, erlebnisreichen Tag der innigste Freund.
Zwei letzte, allerletzte Tage verbringen wir ausgiebig am Strand. Zu Hause liegt Schnee!! Wir erfahren das per Telefon. Nein, nein, kann man das glauben? Das ist unvorstellbar!!
Trotzdem müssen wir Koffer packen.
Abschiedsstimmung.
Die letzte Show, die letzten Drinks.
„Adios – Planters Punch, Banana Mama, Piña Colada – adios!” „Hasta la vista!“
Beate bekommt von Manfred einen Anruf, er wird sie in Zürich abholen. Also hat er sie nicht vergessen.
Was wird wohl daraus werden?
Letzte Rechnungen, Strandtuch abgeben, check-out im Hotel.
Um vierzehn Uhr vierzig steht der Bus vor dem Hotel, die Koffer sind schnell verstaut.
Abschied vom Paradies!
Los geht es in die Mittagshitze.
Zweieinhalb Stunden bis PUNTA CANA und Plu, der nette Busfahrer, fährt.
Am „Aeropuerto“ macht das Einchecken keine Schwierigkeiten. Nur die restlichen Pesos können wir nicht zurück tauschen. Ein paar Fotos noch, die Zeit steht jetzt beinahe still.
Im Beauty-Free-Shop gucken wir nach Parfüm, sehen tolle Uhren, aber die Lust zum Kaufen ist nicht so groß, wir sind traurig.
Von der Wartehalle aus erkennen wir die ankommende LTU Maschine.
Bis zum Abflug vergehen knapp zwei Stunden.
Es ist darüber dunkel geworden.
Die Bauarbeiter legen noch immer Steine, karren Zement an, haben keinen frühen Feierabend, obwohl heute Samstag ist.
Unentwegt spielt die karibische Musikband für ein paar wenige Pesos. Dunkel und schwül ist der Abend.
Endlich der Flugaufruf. Zwanzig Uhr vierzig. Der Vogel hebt ab.
„Adios Caribic!“
Unsere Plätze befinden sich wieder in der Mitte.
Getränke, ein warmes Abendessen, die üblichen Präsente, feuchte Tücher, Decken gegen die Kühle der Klimaanlage, Kopfhörer und Kopfkissen fiir den langen Nachtflug.
Aber an Schlaf ist nicht zu denken, man döst vor sich hin.
Gegen sechs Uhr früh macht mich Cornelia auf den Horizont auf der linken Seite des Fliegers aufmerksam.
Ein immer heller werdender Streifen färbt sich langsam rosa, dann rot und plötzlich erscheint die Rundung der Sonne, bis sie voll aufgegangen ist, während auf der Gegenseite noch tiefschwarze Nacht ist.
Drei Stunden Flug liegen immer noch vor uns.
Auf dem Monitor verfolge ich die Flugroute.
Von Punta Cana aus ging es in Richtung amerikanische Küste bis zur Höhe von New York, dann schwenkten wir über den Atlantik ab bis zur französischen Küste, flogen südlich von Paris nach Zürich.
Der Flug in dreizehntausend Meter Höhe, bei minus zweiundsiebzig Grad Außentemperatur verlief ruhig, fast ohne Turbulenzen.
Erst über den Alpen wackelt es ein wenig, aber da haben wir den Kaffee zum Frühstück schon ausgetrunken.
Als der Flieger um zehn Uhr fünfunddreißig landet, empfängt uns ein unfreundlicher Flughafen in Zürich mit Schneeregen.
Raue Wirklichkeit!
Vorbei das Paradies, oder war es doch nur ein Traum?
Später, schon lange daheim, lege ich oft noch die mitgebrachte Kasette „Casa Marina“ auf. Und was fällt mir alles dabei ein:
Unbeschwerte Lebensfreude im Herzen und der Seele.
Vogelfrei ein herrliches Gefühl, ich durfte es erleben!
Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff
Eine Kreuzfahrt von Gran Canaria nach Genua mit „MS Astra II“
8. bis 18. Dezember 1999
„Kastagnettenklänge und orientalische Märchen“
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