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Jason Westmorelands Stimme jagt Bella wohlige Schauer über die Haut. Seit dem heißen Kuss kann Bella nur noch daran denken, wie sie sämtliche Spielarten der Lust mit ihm entdeckt. Da macht er ihr einen Antrag! Doch Jason will eine Vernunftehe …
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Seitenzahl: 200
IMPRESSUM
AUF MEINEN LIPPEN BRENNT NOCH DEIN KUSS erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2011 by Brenda Streater Jackson Originaltitel: „The Proposal“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1819 - 2014 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Brigitte Bumke
Abbildungen: George Doyle/Thinkstock
Veröffentlicht im ePub Format in 12/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733743215
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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„Hallo, Ma’am, ich bin Jason Westmoreland, und ich möchte Sie in Denver willkommen heißen.“
Noch ehe sie sich umdrehte, verspürte Bella Bostwick beim Klang dieser tiefen, männlichen Stimme ein Prickeln auf der Haut. Und als sie dann in seine Augen blickte, musste sie sich zwingen, normal weiterzuatmen. Vor ihr stand der attraktivste Mann, den sie je gesehen hatte.
Einen Moment lang war sie unfähig zu sprechen und musste sich aufs Äußerste beherrschen, um ihn nicht immer wieder hingerissen anzustarren.
Er war hochgewachsen, deutlich über eins achtzig, hatte dunkelbraune Augen, hohe Wangenknochen und ein markantes Kinn. Aber am faszinierendsten war sein Mund. Die sinnlichen Lippen passten perfekt zu seinem verführerischen Lächeln.
Der Unbekannte hatte sich mit dem Namen Westmoreland vorgestellt, und da der Wohltätigkeitsball, auf dem sie sich befanden, zugunsten der Westmoreland-Stiftung stattfand, konnte sie nur vermuten, dass er zu den Westmorelands gehörte.
Bella ergriff die Hand, die er ihr hinstreckte, und wünschte, sie hätte es nicht getan, weil sie augenblicklich wie elektrisiert war. Vergeblich versuchte sie, das Hitzegefühl zu ignorieren. „Und ich bin Elizabeth Bostwick – oder einfach Bella, das ist mir am liebsten.“
Sein Lächeln vertiefte sich kaum merklich, doch es reichte, um ihr weitere Hitzeschauer durch den Körper zu jagen. „Hallo, Bella.“
Die Art, wie er ihren Namen aussprach, war unglaublich sexy. Sein Lächeln war betörend und auf jeden Fall ansteckend, und genau deshalb konnte sie es auch so leicht erwidern. „Hallo, Jason.“
„Zunächst einmal möchte ich Ihnen mein Beileid zum Ableben Ihres Großvaters aussprechen.“
„Danke.“
„Und dann hoffe ich, dass wir beide einmal über die Ranch, die Sie geerbt haben, reden können. Falls Sie sie verkaufen wollen, würde ich gern ein Gebot abgeben. Sowohl für die Ranch als auch für Hercules.“
Bella holte tief Atem. Ihr Großvater, Herman Bostwick, war letzten Monat verstorben und hatte ihr sein Land und seinen preisgekrönten Hengst hinterlassen. Sie hatte das Pferd gesehen, als sie zur Testamentseröffnung in die Stadt kam. Ein bildschönes Tier.
Erst gestern war sie von Savannah nach Denver zurückgekehrt, um weitere Formalitäten zu erledigen. „Ich habe mich noch nicht entschieden, was ich mit der Ranch machen werde. Sofern ich verkaufe, werde ich berücksichtigen, dass Sie interessiert sind. Allerdings gibt es meinem Onkel Kenneth zufolge bereits andere Interessenten.“
„Ja, da bin ich mir sicher.“
Kaum hatte er das gesagt, tauchte plötzlich ebendieser Onkel auf und ergriff das Wort. „Westmoreland.“
„Mr Bostwick.“
Bella spürte sofort, dass sich die beiden Männer nicht mochten. Sie fand ihre Vermutung bestätigt, als Kenneth knapp bemerkte: „Zeit zum Aufbruch, Bella.“
Sie blinzelte. „Aufbruch? Aber wir sind doch eben erst angekommen, Onkel Kenneth.“
Lächelnd nahm ihr Onkel sie am Arm. „Ja, meine Liebe, aber du bist erst seit gestern in der Stadt und hattest seitdem ziemlich viel Geschäftliches zu erledigen.“
Mit hochgezogenen Brauen sah sie ihren Großonkel an, von dessen Existenz sie erst vor ein paar Wochen erfahren hatte. Als er auf ihre Begleitung heute Abend bestand, hatte es ihn nicht gekümmert, wie erschöpft sie war. Schließlich sei es ihre Pflicht, anstelle ihres Großvaters an dieser Gala teilzunehmen.
„Gute Nacht, Westmoreland. Ich bringe meine Nichte nach Hause.“
Ihr blieb kaum Zeit, sich von Jason zu verabschieden, weil ihr Onkel sie zur Tür geleitete. Beim Hinausgehen schaute sie über die Schulter zurück und fing dabei Jasons Blick auf. Es war klar, dass Jason die schroffe Art ihres Onkels missbilligte.
Und dann sah sie, dass er erneut lächelte. Sie konnte nicht anders, als dieses Lächeln zu erwidern. Flirtete er etwa mit ihr? Und sie mit ihm?
„Jason Westmoreland ist jemand, den du bestimmt nicht kennenlernen willst, Bella“, sagte Kenneth Bostwick unwirsch, weil er anscheinend ihre vielsagenden Blicke bemerkt hatte.
Sie wandte sich ihrem Onkel zu, während sie in die Nacht hinausgingen. Es kamen immer noch Gäste an. „Warum?“
„Er will Hermans Land. Keiner der Westmorelands ist es wert, dass man ihn kennt. Sie glauben, sie könnten in dieser Gegend tun, was ihnen gefällt.“ Nach einem Moment fuhr er fort: „Sie sind eine große Familie, und sie besitzen eine Menge Land am Stadtrand.“
„In der Nähe von Großvaters Ranch?“
„Ja. Jason Westmorelands Besitz grenzt direkt an Hermans Grund und Boden.“
„Wirklich?“ Jasons Anwesen lag direkt neben dem, das sie geerbt hatte, sie waren also quasi Nachbarn. Bella gefiel die Vorstellung.
Kein Wunder, dass er mein Land kaufen will.
„Es ist gut, dass du Hermans Land verkaufen willst, aber ich würde es unter keinen Umständen an ihn verkaufen.“
Bella runzelte die Stirn, als Kenneth ihr die Wagentür öffnete. „Ich habe noch nicht entschieden, was ich mit der Ranch machen will, Onkel Kenneth.“
„Was gibt es da zu entscheiden? Du verstehst nichts vom Betreiben einer Ranch, und eine Frau mit deiner Erziehung und Kultur gehört nach Savannah, nicht hierher nach Denver, um eine Ranch von hundert Morgen zu bewirtschaften und strenge Winter zu ertragen. Wie gesagt kenne ich jemanden, der die Ranch mitsamt dem Tierbestand kaufen will – besonders diesen Zuchthengst Hercules. Sie bieten eine Menge Geld. Denk doch nur an all die Schuhe, Kleider und Hüte, die du dir davon kaufen kannst, ganz zu schweigen von einem wirklich schönen Haus am Atlantik.“
Bella erwiderte nichts. Es war wohl nicht der geeignete Zeitpunkt, um ihm zu sagen, dass es durchaus eine Menge zu entscheiden gab, da ihr an all den Dingen, die er aufgezählt hatte, nichts lag. Sie würde keine überstürzte Entscheidung treffen.
Während ihr Onkel vom Parkplatz fuhr, lehnte sie sich in den weichen Ledersitz zurück und dachte an genau den Moment zurück, in dem ihre Blicke sich mit denen von Jason Westmoreland gekreuzt hatten.
Sie bezweifelte, dass sie diese Begegnung je vergessen würde.
Einen Monat später
„Hast du gehört, dass Herman Bostwicks Enkelin zurück in Denver ist, und es heißt, dass sie hierbleiben will?“
Jason Westmoreland wurde auf die Unterhaltung seiner Schwägerin Pam mit seinen beiden angeheirateten Cousinen Chloe und Lucia aufmerksam. Er lag im Haus seines Bruders Dillon ausgestreckt auf dem Fußboden im Wohnzimmer, um mit seinem sechs Monate alten Neffen Denver zu spielen.
Obwohl die Frauen am Tisch im Esszimmer saßen, war es leicht, ihr Gespräch mit anzuhören, und er fand nichts dabei. Besonders, weil sie über die Frau sprachen, die ihn sofort in ihren Bann gezogen hatte, als er ihr vor einem Monat auf dem Wohltätigkeitsball begegnet war. Seitdem konnte er nicht aufhören, an sie zu denken.
„Sie heißt Elizabeth, nennt sich aber Bella“, erklärte Lucia, die kürzlich Jasons Cousin Derringer geheiratet hatte. „Sie war neulich in Dads Farbenladen, und ihr glaubt nicht, wie bildschön sie ist. Sie wirkt hier in Denver richtig deplatziert, eine echte Südstaatenschönheit inmitten einem Haufen von ungehobelten Kerlen.“
„Und wie ich höre, will sie die Ranch allein betreiben. Ihr Onkel Kenneth hat verlauten lassen, dass er keinen Finger rühren wird, um ihr zu helfen“, sagte Pam empört. „Wie kann man nur so verdammt eigennützig sein. Er hat damit gerechnet, dass sie an Myers Smith verkauft, der ihm eine Menge Geld versprochen hat, falls der Deal zustande kommt. Wie es scheint, ist jeder auf dieses Land aus und besonders auf den Zuchthengst Hercules.“
Einschließlich mir, dachte Jason, während er den Ball zu seinem Neffen hinüberrollte. Er hatte nicht gewusst, dass Bella Bostwick wieder in Denver war, und er fragte sich, ob sie sich überhaupt an sein Kaufinteresse erinnerte. Er hoffte es sehr.
Dann wanderten seine Gedanken zu Kenneth Bostwick. Dessen Haltung überraschte ihn nicht. Er verhielt sich von jeher so, als hätte er auf der Ranch das Sagen, was vermutlich auch der Grund war, warum er und Herman sich nie verstanden hatten.
Und seit Hermans Tod hatte Kenneth in der Stadt verbreitet, dass das Land, das Bella geerbt hatte, eigentlich ihm zustand. Offensichtlich hatte Herman das nicht so gesehen und alles seiner Enkelin hinterlassen, die er nie kennengelernt hatte.
„Na, ich hoffe, sie ist vorsichtig bei der Auswahl ihrer Rancharbeiter. Eine derart hübsche Frau zieht Männer sicher in Scharen an, und vor einigen sollte sie sich besser in Acht nehmen“, meinte Chloe.
Bei der Vorstellung, dass Männer von ihr angezogen wurden, runzelte Jason die Stirn und begriff nicht ganz, warum er so reagierte. Lucia hatte recht, Bella war bildschön. Er war völlig hingerissen gewesen, als er sie zum ersten Mal sah. Und Kenneth Bostwick hatte ihn eindeutig nicht in der Nähe seiner Nichte haben wollen.
Kenneth hatte ihn nie gemocht und ihm seine Beziehung zum alten Herman Bostwick geneidet. Die meisten Leute hier in der Gegend hielten Herman für boshaft, mürrisch und eigensinnig, aber Jason nicht. Er würde nie vergessen, wie er mit elf Jahren einmal von zu Hause weggelaufen war und sich in Bostwicks Scheune versteckt hatte.
Der Alte hatte ihn entdeckt und zu seinen Eltern zurückgebracht. Aber vorher machte er ihm ein leckeres Frühstück und ließ ihn helfen, die Eier einzusammeln und die Kühe zu melken. Damals merkte Jason, dass Herman Bostwick keineswegs boshaft war, sondern eher ein einsamer alter Mann.
Im Laufe der Jahre besuchte Jason Herman oft und war auch vor Ort, als Hercules auf die Welt kam. Er wusste sofort, dass das Fohlen etwas Besonderes war. Herman hatte ihm sogar versprochen, dass das Pferd eines Tages ihm gehören würde.
Vor ein paar Monaten war Herman im Schlaf gestorben, und nun gehörte seine Ranch mit allem Drum und Dran, einschließlich Hercules, seiner Enkelin. Alle gingen davon aus, dass sie die Ranch verkaufen würde, doch wie er hörte, war sie inzwischen von Savannah nach Denver gezogen.
Er hoffte sehr, dass sie sich das gut überlegt hatte. Die Winter in Colorado waren streng, besonders in der Gegend von Denver. Und eine Ranch in dieser Größe zu betreiben, war selbst für einen erfahrenen Rancher nicht leicht. Er mochte gar nicht daran denken, wie es für jemanden sein musste, der absolut nichts davon verstand.
Falls sie Marvin Allen als Vorarbeiter behielt, würde es vermutlich nicht ganz so schlimm werden, aber es waren noch andere Rancharbeiter da, und manche Männer waren nicht begeistert von einer unerfahrenen Frau als Boss.
„Ich finde, als ihre Nachbarn sollten wir ihr einen Besuch abstatten und sie hier willkommen heißen. Zudem sollten wir sie wissen lassen, dass sie auf uns zählen kann, falls sie irgendwie Hilfe braucht“, sagte Pam in Jasons Gedanken hinein.
Lucia und Chloe stimmten sofort zu.
Jason tat das insgeheim ebenfalls. Auch er würde seine neue Nachbarin besuchen. Er mochte keine Chance mehr haben, die Ranch zu bekommen, doch Hercules wollte er immer noch.
Aber vor allem wollte er Bella Bostwick näher kennenlernen.
Bella trat auf die Veranda hinaus und sah zu den Bergen hinüber. Der malerische Anblick raubte ihr den Atem und bestärkte sie einmal mehr in dem Entschluss, sich ihrer Familie zu widersetzen und von Savannah hierherzuziehen.
Ihre übertrieben besorgten Eltern hatten versucht, ihr diese große Dummheit, wie sie es nannten, auszureden. Aber der Hauptgrund war, dass sie ihre Tochter nicht aus den Augen lassen wollten.
Es war schlimm genug, dass sie als Teenager täglich von einem Chauffeur zu einer Privatschule gefahren und bis zu ihrem einundzwanzigsten Lebensjahr auf Schritt und Tritt von einem Bodyguard begleitet worden war. Damit musste ein- für allemal Schluss sein.
Besonders traurig fand sie, dass sie nichts von ihrem Großvater gewusst hatte, bis sie durch die Testamentseröffnung von ihm erfuhr. Sie war nicht einmal rechtzeitig informiert worden, um zu seiner Beerdigung zu kommen. Und so ganz konnte sie ihren Eltern immer noch nicht verzeihen, dass sie ihr den Großvater verschwiegen hatten.
Bella wusste nicht, was Vater und Sohn dauerhaft entzweit hatte. Aber was es auch war, der Zwist hätte nicht auf sie übertragen werden dürfen. Es wäre ihr gutes Recht gewesen, Herman Bostwick kennenzulernen.
Wenn sie an all die Sommerferien dachte, die sie hier mit ihm hätte verbringen können statt in irgendwelchen Feriencamps, dann wurde sie richtig wütend. Sie hatte diese Camps gehasst und erst recht die hochnäsigen Kinder, die dort waren.
Vor dem Wegzug aus Savannah hatte sie ihren Eltern gesagt, sie sei mit fünfundzwanzig alt genug, um selbst zu entscheiden, was sie mit ihrem Leben anfangen wolle. Der Treuhandfonds, den ihre Großeltern mütterlicherseits für sie eingerichtet hatten, und diese Ranch, die sie nun von ihrem Großvater väterlicherseits geerbt hatte, machten es sehr viel leichter, für sich selbst zu sorgen. Zum ersten Mal war sie wirklich ihr eigener Herr.
Es war zu viel verlangt zu erwarten, dass David und Melissa Bostwick das genauso sahen. Im Gegenteil, es würde Bella nicht überraschen, wenn sie in just diesem Moment bei ihrem Anwalt säßen, um eine Möglichkeit zu finden, sie auf juristischem Wege zurück nach Hause zu zwingen. Da würden sie allerdings auf Granit beißen. Die Ranch hier war jetzt Bellas Zuhause, und sie hatte fest vor zu bleiben.
Wenn es nach ihren Eltern ginge, würde sie sich in Savannah demnächst mit Hugh Pierce verloben. Zugegeben, für die meisten Frauen wäre der hochgewachsene und gut aussehende Hugh, der zudem aus vermögender Familie stammte, ein Hauptgewinn. Und wenn sie angestrengt darüber nachdachte, sah sie das genauso. Doch genau da lag das Problem. Sie musste angestrengt nachdenken.
Sie und Hugh hatten sich zwar ein paarmal verabredet, aber es war nie der entscheidende Funke übergesprungen. Sie versuchte, es ihren Eltern so schonend wie möglich beizubringen, doch das hielt die beiden nicht davon ab, Bella weiterhin mit Hugh verkuppeln zu wollen. Was nur einmal mehr bewies, wie herrschsüchtig sie sein konnten.
Apropos herrschsüchtig … Ihr Onkel Kenneth war ein weiteres Problem. Er war der fünfzig Jahre alte Halbbruder ihres Großvaters, den sie bei der Verlesung des Testaments zum ersten Mal gesehen hatte.
Er schien sicher zu sein, dass er die Ranch erben würde, und folglich war er umso enttäuschter, dass dem nicht so war. Als Bella aber nicht verkaufen, sondern die Ranch behalten wollte, war er wütend geworden. Er erklärte, dass er keinen Finger rühren würde, um ihr zu helfen. Sie solle auf die harte Tour herausfinden, welchen Fehler sie gemacht habe.
Bella sank auf den Schaukelstuhl auf der Veranda. Nein, es konnte unmöglich ein Fehler sein, sich für ein Leben hier zu entscheiden. Sie hatte sich sofort in die Ranch verliebt, als sie das Anwesen bei der Testamentseröffnung zum ersten Mal sah.
Und sie war schnell zu dem Entschluss gekommen, mit dem ihr unbekannten Großvater in Verbindung zu treten, indem sie sein Geschenk annahm. Irgendwie schien er gewusst zu haben, wie unglücklich ihre Kindheit war, und hatte ihr nun die Chance auf ein besseres Leben als Erwachsene gegeben.
Die Rancharbeiter, die sie zusätzlich eingestellt hatte, schienen bis jetzt gern hier zu arbeiten und mit dem Lohn, den sie ihnen zahlte, zufrieden zu sein.
Bella war gerade im Begriff, ins Haus zurückzukehren, als sie einen Reiter bemerkte. In der ländlichen Umgebung von Denver waren die Leute oft mit dem Pferd unterwegs, und Bella war froh, dass ihre Eltern stets auf Reitunterricht bestanden hatten. Sie hatte sich immer ein eigenes Pferd gewünscht, nun besaß sie gleich mehrere.
Der Reiter kam näher, und sie verspürte ein wohliges Kribbeln, als sie ihn erkannte. Jason Westmoreland. Vom Wohltätigkeitsball her erinnerte sie sich gut an ihn, aber am deutlichsten war ihr sein sexy Lächeln im Gedächtnis. Sie hatte oft überlegt, ob er wirklich so unglaublich attraktiv war wie in ihrer Erinnerung. Und nun fand sie genau das bestätigt.
Er sah wie ein Cowboy aus dem Bilderbuch aus, allerdings wie ein moderner. Er ritt sein Pferd so gekonnt und wirkte dabei so unglaublich männlich, dass ihr Herz heftig zu klopfen begann.
Sein Blick ruhte fest auf ihr, und sie konnte nicht anders, als diesen Blick zu erwidern. Eine Hitzewelle kroch ihren Rücken hinauf, und sie verspürte ein erregendes Pochen in den Adern. Gleichzeitig bekam sie eine Gänsehaut. Er war zweifellos der erste und einzige Mann, auf den sie je derart reagiert hatte.
Bella fragte sich, warum er sie besuchte. Auf dem Ball hatte er Interesse an ihrem Land und an Hercules bekundet. War er gekommen, um sie davon zu überzeugen, dass ihr Einzug auf der Ranch ein Fehler war, genau wie ihre Eltern und ihr Onkel? Würde er versuchen, sie zum Verkauf von Ranch und Pferd zu überreden? Falls ja, hatte sie die gleichen Neuigkeiten für ihn wie für die anderen. Sie blieb, wo sie war, und Hercules würde ihr gehören, bis sie anders entschied.
Jason brachte sein Pferd am Fuß der Verandatreppe zum Stehen. „Hallo, Bella.“
„Jason.“ Sie sah in seine dunkelbraunen Augen und hätte schwören können, ein hitziges Funkeln darin zu entdecken. Das Timbre seiner Stimme löste ein Prickeln in ihr aus, genau wie damals beim Ball. „Gibt es einen Grund für Ihren Besuch?“
Er lächelte. „Wie ich höre, wollen Sie es mit dem Bewirtschaften einer Ranch versuchen.“
Bella reckte das Kinn vor. „Das stimmt. Haben Sie ein Problem damit?“
„Nein, gar nicht. Aber Sie wissen sicher, dass die Dinge nicht leicht für Sie sein werden.“
„Ja, das ist mir nur allzu bewusst. Wollten Sie sonst noch irgendetwas?“
„Ja. Wir sind Nachbarn, und falls Sie Hilfe brauchen, in welcher Hinsicht auch immer, dann sagen Sie mir einfach Bescheid.“
Sie blinzelte. Hatte er ihr tatsächlich seine Hilfe angeboten? Es musste einen Haken geben, und sie kam schnell dahinter. „Sind Sie deshalb so nett, weil Sie immer noch Hercules kaufen wollen? Falls ja, dann muss ich Ihnen sagen, dass ich noch keine endgültige Entscheidung getroffen habe.“
Sein Lächeln verschwand, und seine Miene wurde plötzlich ernst. „Ich bin nett, weil ich mich selbst für einen netten Menschen halte. Und was Hercules betrifft, ja, ich will ihn immer noch kaufen, aber das hat nichts mit meinem Angebot zu tun, Ihnen als Nachbar zu helfen.“
Es tat ihr augenblicklich leid, dass sie ihn gekränkt hatte. Normalerweise war sie nicht so misstrauisch. Aber da einige Leute so vehement gegen ihr Leben auf einer Ranch protestierten, war das Thema für sie sehr heikel.
Trotz seines Kaufinteresses hatte Jason ihre Entscheidung akzeptiert. Er bot ihr sogar die Hilfe an, die ihr eigener Onkel ihr verweigerte. „Vielleicht hätte ich keine vorschnellen Schlüsse ziehen sollen.“
„Ja, da könnten Sie recht haben.“
Weil er ihr dabei fest in die Augen schaute, wurde Bella ganz schwindelig. In diesem Moment wusste sie, dass sein Hilfsangebot ernst gemeint war. „Sie haben recht. Ich entschuldige mich.“
„Entschuldigung angenommen.“
„Danke.“ Und weil sie wieder auf gutem Fuß mit ihm stehen wollte, erkundigte sie sich: „Wie geht es Ihnen denn so, Jason?“
Seine Miene entspannte sich. „Ich kann mich nicht beklagen.“ Er schob den Stetson in den Nacken, ehe er sich von seinem Pferd schwang.
Und ich kann mich auch nicht beklagen, dachte Bella, während sie zusah, wie er die Verandatreppe heraufkam. Beim Anblick eines solchen Mannes konnte sich keine Frau beklagen.
Es verschlug ihr die Sprache, als er gleich darauf direkt vor ihr stand. Heißes Verlangen durchflutete sie, und sie vermochte kaum zu atmen. Erst recht nicht, als sein Blick den ihren mit der gleichen Intensität gefangen hielt wie in jener Ballnacht.
Heute im hellen Sonnenschein entdeckte sie Dinge an ihm, die ihr im gedämpften Licht des Ballsaals verborgen geblieben waren: Er hatte strahlend weiße Zähne, unglaublich dichte Wimpern und beeindruckend breite Schultern. Und erneut fielen ihr seine vollen sinnlichen Lippen auf.
„Und was ist mit Ihnen, Bella?“
Sie blinzelte. „Was soll mit mir sein?“ Er lächelte sie an, und dieses Lächeln verführte sie zu Gedanken, die sie nicht haben sollte. Zum Beispiel wie wahnsinnig gern sie diesen lächelnden Mund küssen würde.
„Wie geht es Ihnen so … außer dass Sie viel zu tun haben?“
Bella holte tief Atem. „Ja, ich habe wirklich viel zu tun, manchmal sogar wahnsinnig viel.“
„Das glaube ich gern. Und ich habe es vorhin ernst gemeint. Falls Sie bei irgendetwas Hilfe brauchen, sagen Sie Bescheid.“
„Danke für das Angebot, ich weiß es wirklich zu schätzen.“ Sie hatte die Abzweigung zu seiner Ranch gesehen. Ein Schild wies den Weg zu „Jason’s Place“. Und sofern sie das durch die Bäume sehen konnte, war es ein weitläufiges Anwesen mit einem wunderschönen eingeschossigen Ranchhaus.
Schnell besann sie sich auf ihre guten Manieren. „Ich wollte gerade eine Tasse Tee trinken. Möchten Sie auch eine?“
Er lehnte sich an einen Pfeiler, und sein Lächeln vertiefte sich. „Tee?“
„Ja.“
Sicher fand er ihr Angebot amüsant. Das Letzte, wonach es einen Cowboy nach einem Ausritt verlangte, war eine Tasse Tee. Ein kaltes Bier wäre wahrscheinlich eher sein Geschmack, aber Bier hatte sie leider nicht im Kühlschrank. „Ich hätte Verständnis dafür, wenn Sie lieber keinen wollen.“
Er lachte leise. „Doch, eine Tasse Tee klingt gut.“
„Bestimmt?“
„Ja, ganz bestimmt.“
„Na schön.“ Sie öffnete die Verandatür, und er folgte ihr ins Haus.
Außer dass sie einfach bildschön war, fand Jason, dass Bella Bostwick auch wunderbar duftete. Er wünschte, er könnte die Hitze ignorieren, die plötzlich seinen ganzen Körper durchströmte.
Und dann ihre Art, sich zu kleiden. Zugegeben, sie sah in ihrer Jeans und der Seidenbluse hinreißend aus, aber auch irgendwie fehl am Platz. Als sie jedoch graziös vor ihm herging, konnte er nur noch ihren süßen Po bewundern. Sie ist der Inbegriff einer Südstaaten-Schönheit, dachte Jason.
Einem Mann, der von einer solchen Frau träumte, konnten etliche schlaflose Nächte blühen.
„Wenn Sie sich schon mal setzen wollen, Jason, ich bringe den Tee sofort.“
„In Ordnung.“
Er sah ihr nach, wie sie in der Küche verschwand. Doch statt Platz zu nehmen, blickte er sich um, und ihm fielen die Veränderungen auf, die sie im Haus vorgenommen hatte. An der Wand hingen Bilder, Vasen waren mit Blumen gefüllt, auf dem Holzboden lagen Flickenteppiche, und an den Fenstern hingen bunte Gardinen. Es war offensichtlich, dass hier eine Frau wohnte. Und was für eine Frau!
Sie hatte nicht gezögert, ihre Meinung zu sagen, als sie eigennützige Gründe hinter seinem Besuch vermutete. Er nahm an, dass Kenneth Bostwick ihre Entscheidung gegen einen Verkauf missbilligt hatte und er ihr nun das Leben schwermachte. Jason selbst missbilligte ihre Entscheidung überhaupt nicht, im Gegenteil.
Jason sah sich weiter im Zimmer um. Vieles war unverändert, zum Beispiel Hermans Lieblingssessel, der noch am gleichen Platz stand. Aber Bella hatte ein schickes neues Sofa dazugestellt. Das alte war wirklich durch gewesen. Herman hatte sich zu Weihnachten ein neues kaufen wollen – ohne zu ahnen, dass er dann nicht mehr leben würde.
Jason holte tief Atem, während er an seine letzte Begegnung mit Herman Bostwick dachte. Das war einen Monat vor dessen Tod gewesen. Er war herübergekommen, um nach Herman zu sehen und mit Hercules auszureiten. Jason war einer der wenigen, die Hercules reiten konnten. Das lag vor allem daran, dass Herman ihm seinerzeit gestattet hatte, den Hengst zuzureiten.
Da hörte er Bella zurückkommen und drehte sich zu ihr um. Ihre kurzen braunen Locken ließen den leicht gebräunten Teint noch zarter erscheinen und unterstrichen ihre haselnussbraunen Augen und die hohen Wangenknochen.
Sie wirkte irgendwie elegant, doch er hatte das Gefühl, dass sie sich durchaus behaupten konnte, wenn es sein musste. Das hatte sie vorhin bewiesen, als sie ihm unterstellt hatte, dass er ihr nur aus egoistischen Gründen seine Hilfe anbot.