Aus meiner Knabenzeit - Mark Twain - E-Book
SONDERANGEBOT

Aus meiner Knabenzeit E-Book

Mark Twain

0,0
1,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 0,00 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Für Leser, die sich für autobiographische Literatur, amerikanische Geschichte und den einzigartigen Stil von Mark Twain interessieren, ist "Aus meiner Knabenzeit" ein absolutes Muss. Die humorvolle Darstellung von Twains Kindheitserinnerungen, gepaart mit seiner scharfen Beobachtungsgabe, macht das Buch zu einem faszinierenden Leseerlebnis. Tauchen Sie ein in die Welt von Mark Twain und erleben Sie die Abenteuer und Missgeschicke seiner Jugendjahre auf eine Weise, die nur Twain selbst zu erzählen vermag.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Mark Twain

Aus meiner Knabenzeit

          Books

Inhaltsverzeichnis

I.
II.
III.

I.

Inhaltsverzeichnis

Als ich nach neunundzwanzigjähriger Abwesenheit (1882) meinem Heimatort einen kurzen Besuch machte, fand ich daselbst ebensoviel anders geworden, wie überhaupt am ganzen Mississippi. Die Stadt Hannibal, wie sie früher gewesen, stand mir noch klar und lebhaft im Gedächtnis, ich hätte sie malen können. Ich trat ans Ufer und mir war zu Mute wie einem Menschen aus einer längst begrabenen Generation, der wieder unter den Lebenden wandelt. Ein ähnliches Gefühl müssen, denke ich, die Gefangenen der Bastille gehabt haben, wenn sie nach jahrelanger Kerkerhaft ans Licht des Tages kamen und sich nun in Paris umschauten, wo ihnen alles so fremd und doch so vertraut war.

Wohl sah ich die neuen Häuser – sie standen ja leibhaftig vor mir – aber die Bilder aus alter Zeit, die in meiner Erinnerung lebten, berührte das nicht; durch die festgefügten Mauern hindurch sah ich die alten Häuser, die ehemals an ihrem Platz gestanden, mit größter Deutlichkeit.

Es war Sonntag-Morgen und alles lag noch in den Federn. So schritt ich denn durch die leeren Straßen, sah die Stadt nicht wie sie ist, sondern wie sie war und begrüßte im Geist hundert mir wohlbekannte Gegenstände, die vom Erdboden verschwunden waren. Schließlich stieg ich den Holiday-Hügel hinauf, um einen weiten Überblick zu gewinnen. Nun lag die ganze Stadt zu meinen Füßen ausgebreitet und ich konnte jedes Gebäude, jede einzelne Örtlichkeit genau bestimmen. Natürlich hatte ich Mühe, meine Rührung zu bemeistern. Ich sagte mir: »Von den Leuten, die ich einst in diesem friedlichen Hafen meiner Kindheit gekannt habe, sind schon viele in den Himmel gegangen, manche aber auch sicherlich nach einem andern Ort der Vergeltung.«

Alles, was ich rings um mich sah, rief meine Knabengefühle wieder wach; ich war überzeugt, ich sei noch ein Knabe und hätte nur einen ungewöhnlich langen Traum gehabt. Allein, sobald ich anfing zu überlegen, schwand diese Vorstellung. »Da drüben stehen etwa fünfzig alte Häuser,« sagte ich zu mir, »und ich brauche nur einzutreten, um überall Männer und Frauen zu finden, die noch in der Wiege lagen oder nicht geboren waren, als ich zuletzt von hier oben hinabschaute, vielleicht sogar eine Großmutter, die damals eine blühende junge Braut war.«

Man hat von jener Anhöhe aus einen unbegrenzten Blick den Fluß hinauf und hinunter und über die großen Waldungen von Illinois; die Aussicht ist wunderschön, fast möchte ich sagen, eine der schönsten am Ufer des Mississippi, aber das ist eine kühne Behauptung, denn die 800 Meilen, die der Fluß von St. Paul nach St. Louis durchläuft, bieten eine ununterbrochene Reihe der reizendsten Landschaftsbilder. Möglich, daß meine Vorliebe für die in Frage stehende Aussicht mein Urteil beeinflußt – ich weiß es nicht gewiß. Jedenfalls gewährte sie mir die vollste Befriedigung, denn sie hatte vor allem andern Lieben und Bekannten, was ich wiedersehen sollte,einesvoraus – sie war ganz unverändert. So jung und frisch, so reizend und anmutig sah ich sie vor mir, wie sie je gewesen, während die Gesichter meiner ehemaligen Freunde natürlich alt sein mußten und voller Narben vom Kampf des Lebens. Sie alle trugen wohl Spuren ihrer Niederlagen und Kümmernisse und konnten mein Gemüt nicht erheben.

Ein alter Herr, der auf seinem Morgenspaziergang begriffen war, kam jetzt herbei. Wir tauschten zuerst unsere Bemerkungen über das Wetter aus und gerieten dann auf andere Unterhaltungsstoffe. Sein Gesicht war mir unbekannt; er sagte, er wohne schon 28 Jahre hier am Ort, das war nach meiner Zeit, ich hatte ihn also noch nie gesehen. Ich zog nun allerlei Erkundigungen ein; zuerst fragte ich nach einem meiner Kameraden aus der Sonntagsschule – was wohl aus ihm geworden wäre.

»Er ging mit Ehren von einer Universität im Osten ab, dann zog er in die weite Welt, doch nirgends wollte es ihm glücken; jetzt ist er längst aus aller Gedächtnis geschwunden, man glaubt, er sei gestorben und verdorben.«

»Er war ein begabter Junge, der zu den besten Hoffnungen berechtigte.«

»Jawohl, aber in Erfüllung gegangen sind sie nicht.«

Nun fragte ich nach einem andern meiner Mitschüler, dem klügsten im ganzen Ort.

»Auch seine Studien im Osten waren vom besten Erfolg gekrönt, aber im Leben hat er bei jedem Kampf den kürzeren gezogen; schon vor Jahren ist er irgendwo in den Territorien gestorben – ein gebrochener Mann.«

Ich erkundigte mich nach einem dritten begabten Jungen.

»Dem ist’s gut gegangen, alles gelingt ihm, ich glaube es wird ihm immer glücken.«

Hierauf fragte ich nach einem jungen Mann, der damals gerade in die Stadt gekommen war, um sich in seinem Beruf auszubilden.

»Er hat umgesattelt, ehe er noch fertig war – erst wollte er Advokat werden, dann Mediziner, dann noch etwas anderes. Ein Jahr lang war er fort, kam mit einer jungen Frau wieder, ergab sich dem Trunk, später auch dem Spiel; endlich brachte er seine Frau und zwei kleine Kinder zu ihrem Vater zurück und ging nach Mexico, sank immer tiefer herunter und starb dort, ohne einen Cent, um das Bahrtuch zu bezahlen, ohne einen Freund, der seiner Leiche folgte.«

»Schade um ihn – es war der gutmütigste Mensch von der Welt, immer heiter und hoffnungsvoll.«

Von einem andern Knaben, den ich nannte, hieß es:

»O, mit dem ist alles in Ordnung; er hat Frau und Kinder und sein gutes Fortkommen.«

Derselbe Bescheid ward mir noch über viele meiner früheren Kameraden.

Nun fragte ich nach drei Mitschülerinnen:

»Die beiden ersten leben hier mit Mann und Kindern, die dritte ist schon lange tot – geheiratet hat sie nicht.«

Mit Herzklopfen nannte ich jetzt den Namen einer meiner frühesten Flammen.

»Der geht’s gut. Sie war dreimal verheiratet. Zwei Männer hat sie begraben, vom dritten ist sie geschieden und ich höre, daß sie jetzt einen alten Menschen nehmen will, der irgendwo draußen in Colorado lebt. Ihre Kinder sind in der ganzen Welt verstreut.«

Auf einige Fragen lautet die Antwort sehr kurz:

»Im Kriege gefallen.«

Von einem Knaben, nach welchem ich fragte, hieß es:

»Mit dem ist’s seltsam gegangen! Jedermann in der ganzen Stadt wußte, daß der Junge der reinste Strohkopf war, ein Dummrian erster Sorte, ein Esel, der seinesgleichen nicht hatte. Das war allbekannt, kein Mensch zweifelte daran. Und was ist aus ihm geworden? – denken Sie nur: der angesehenste Advokat im ganzen Staate Missouri.«

»Wahrhaftig?!«

»Wie ich Ihnen sage. Es ist die lauterste Wahrheit.«

»Wie läßt sich das aber erklären?«