Auszeiten für die Seele in und um Berlin - Susanne Herrmann - E-Book

Auszeiten für die Seele in und um Berlin E-Book

Susanne Herrmann

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Beschreibung

Innehalten, lauschen, aufblühen. Ob Tierbeobachtung im Naturpark Südgelände, mit allen Sinnen den Botanischen Garten genießen oder ein Spaziergang an einem der zahlreichen Seen im Berliner Umland - nachweislich genügen bereits 30 Minuten im Grünen, um das Stresslevel effektiv zu senken. "Auszeiten für die Seele" stellt Naturplätze vor der Haustür vor, die auf schönen Wegen erreichbar sind und zum Kraft finden und Herunterkommen einladen. Jede Auszeit macht vertrauter mit den kleinen und großen Wundern der heimischen Tier- und Pflanzenwelt, bereitet Vergnügen, schärft den Blick und spendet neue Energie. Mit Entspannungsübungen und liebevoll illustrierten Tier- und Pflanzen-Porträts zum Vor- und Nachlesen.

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Seitenzahl: 168

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Impressum

© eBook: 2023 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2023 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Film, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeglicher Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

Text: Susanne Herrmann

Redaktion und Projektmanagement: Susanne Kronester-Ritter; Anne-Katrin Scheiter

Lektorat: Beate Martin

Schlusskorrektur: Ulla Thomsen

Bildredaktion: Nora Goth

Covergestaltung: Britta Rungwerth, Düsseldorf

Karten: Diana Köhne

Koordination Kartographie: Julia Hirner

eBook-Herstellung: Pia Schwarzmann

ISBN 978-3-8464-0975-6

1. Auflage 2023

GuU 4-0975 04_2023_02

Bildnachweis

Coverabbildung: stock.adobe.com/lovelyday12

Fotos: Susanne Herrmann; Alamy Stock Photo/David Noton Photography; Getty Image; Getty Images/EyeEm; Getty Images/Westend61; Jochen Herrmann; HUBER IMAGES/Jürgen Busse; Imago/A. Friedrichs; Imago/Jürgen Ritter; Martina Klein; Ralf Küpper; laif/Nora Bibel; laif/Katja Hoffmann; laif/Dagmar Schwelle; laif/Gerhard Westrich; laif/Zenit/Paul Langrock; Picture Alliance/dpa-Zentralbild; Shutterstock; Stock.adobe.com; Hartmut Teske; Westend61/Gaby Wojciech

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LESERSERVICE

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Grillparzerstraße 12, 81675 München

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Die Polyglott-Homepage finden Sie im Internet unterwww.polyglott.de

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WICHTIGER HINWEIS

Die Daten und Fakten für dieses Werk wurden mit äußerster Sorgfalt recherchiert und geprüft. Wir weisen jedoch darauf hin, dass diese Angaben häufig Veränderungen unterworfen sind und inhaltliche Fehler oder Auslassungen nicht völlig auszuschließen sind. Für eventuelle Fehler oder Auslassungen, Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch vorgestellten Informationen resultieren, können Gräfe und Unzer und die Autorin keinerlei Verpflichtung und Haftung übernehmen. Die Darstellung der GPX-Tracks kann in ver- schiedenen Tracking-Apps externer Anbieter variieren. Der Verlag kann daher nicht garantieren, dass alle Tourendetails exakt deckungsgleich mit den im Buch abgebildeten Karten sind.

MIT KLEINEN ÜBUNGEN ZUM

INNEHALTEN

Übungen zum Innehalten, den Blick nach innen zu richten und die Achtsamkeit zu schulen

LAUSCHEN

Übungen zum Lauschen, Spüren, Riechen, Schmecken, Hören – hier werden alle Sinne angesprochen

AUFBLÜHEN

Übungen, die kreativ werden lassen und ermuntern, etwas Neues auszuprobieren

Dieses Buch möchte Sie einladen, die Natur auf besondere Art und Weise mit Ihren Sinnen zu erkunden. Die beschriebenen Übungen unterstützen Sie bei der Entschleunigung, damit Körper und Geist zur Ruhe kommen können. Durch Schlendern, Eintauchen in die Natur, Naturbetrachtungen, Genießen von Ruhe oder Weite, ergänzt durch faszinierende Augenblicke erleben Sie eine effektive Auszeit vom hektischen Alltagstrubel.

Mittlerweile untermauert ein großer Studienfundus die positiven Wirkungen von Aufenthalten in der Natur auf das psychische und körperliche Befinden. So fördert bereits ein 20-minütiger Waldspaziergang die positive psychisch-emotionale Regulierung und stimuliert den Entspannungsnerv (Parasympathikus), wodurch der Stresspegel sinkt. Regelmäßige wöchentliche Unternehmungen im Grünen von mindestens drei Stunden zeigen dabei die stärksten gesundheitsförderlichen Effekte.

Naturaufenthalte erzielen besonders in Verbindung mit Achtsamkeitsübungen eine Verbesserung der psychischen Stimmung und weisen eine hohe Erholungsfunktion auf, egal, ob man schlendernd oder joggend im Wald unterwegs ist. Ergänzend unterstützt das lokale »grüne« Bioklima die Gesundheit: Im schattigen Grün ist die Lufttemperatur im Sommer deutlich kühler, wodurch das Thermoregulationssystem entlastet wird. Dies ist vor allem ideal für Kinder und ältere Menschen, um der innerstädtischen Hitzebelastung zu entkommen. Auch die bessere Luftqualität und beruhigende Naturklänge statt urbaner Lärmkulisse tragen zur Entspannung bei.

Entdecken Sie die heimische Natur z.B. im Großen Tiergarten, im Alten Luisenstädtischen Friedhof oder am Eichwerder Steg, machen Sie einen Ausflug zum Teufelsseemoor, wandern Sie rund um den Caputher See, um diesen aus einer anderen Perspektive – mit Ihren Sinnen – wahrzunehmen und zu erleben.

Kommen Sie bewusst und aktiv durch Übungen, die alle Sinne ansprechen, zur Ruhe, und genießen Sie Ihre persönliche Auszeit für Körper, Geist und Seele.

Dr. rer. biol. hum. Gisela Immich

GÖNNEN SIE SICH EINE AUSZEIT

Berlin, unsere trubelige Hauptstadt, bietet hippen urbanen Lebensstil, aber auch Hektik, Lärm und Menschenmengen – manchmal kann der Alltag hier ganz schön anstrengend sein.

Über die Jahre hinweg habe ich auch eine andere Seite Berlins entdeckt: Stadtnahe Wälder und Wasserflächen, weitläufige Parks und alte Friedhöfe laden ein, die artenreiche Stadtnatur zu erkunden. An diesen Orten finde ich Ruhe, kann durchatmen und lerne eine Menge über die Natur. Dabei geht es mir nicht um das WO – es braucht kein spektakuläres Gebiet mit seltenen Tieren oder Pflanzen zu sein –, das WIE steht im Fokus. Ich folge meiner Neugierde, finde hier eine Tierspur, da ein Schneckenhaus, dort eine Pflanze, die mein Interesse wecken. Mir geht es um Entschleunigung, ums Langsamwerden, um bewusstes Verweilen. Durch das Eintauchen mit allen Sinnen, durch achtsames Wahrnehmen kann ich in Kontakt mit der Natur treten.

Mein roter Faden durch das Jahr ist ein Naturtagebuch, ein Nature Journal, in das ich meine Beobachtungen notiere oder einzeichne. Nahe Orte besuche ich regelmäßig, doch ist Berlins Stadtnatur so vielfältig, dass sich auch der Weg in andere Kieze und an den Stadtrand lohnt.

Methoden aus der Natur- und Wildnispädagogik und dem Achtsamkeitstraining unterstützen dabei, mit der Natur in Verbindung zu treten. Ich bin froh und dankbar, dass Menschen von nah und fern dazu ein vielfältiges Repertoire entwickelt und weitergegeben haben. Bei diesen Übungen geht es nie um ein »richtig« oder »falsch«, sondern immer nur um die eigene Wahrnehmung. Gemeinsam haben alle Ansätze, dass Wiederholungen und regelmäßige Routinen Wirkung entfalten – zum einen zur Beruhigung unseres Nervensystems, zum anderen zur Stärkung unserer Naturbeziehung.

Ich freue mich, dass Sie sich mit auf den Weg machen – zu mehr Naturverbindung, zu mehr Entspannung, zu mehr Auszeiten für Ihre Seele.

Ihre Susanne Herrmann

HERBSTSTIMMUNG IM LEISEPARK

TOUR 1

STILLES REFUGIUM

LEISEPARK

Der klitzekleine Park mitten im trubeligen Prenzlauer Berg ist etwas Besonderes. Auf den ehemaligen Friedhof kann man sich zurückziehen, die leicht verwilderte Natur genießen, unter alten hohen Bäume Schatten suchen und die frechen Eichhörnchen beobachten.

START Prenzlauer Allee
ZIEL Greifswalder Straße
DISTANZ ca. 1 km
DAUER 1 Std.
ANFAHRT

Tram M2 Prenzlauer Allee/Metzer Straße

MITNEHMEN Sitzkissen
GUT ZU WISSEN

barrierefreier Hauptweg

Dass es heute diesen lauschigen Park gibt, ist einer Bürgerinitiative zu verdanken: Als die evangelische Kirche einen Teil des seit 1970 nicht mehr genutzten FRIEDHOFS ST. MARIEN-ST. NIKOLAI verkaufte, machten sich Anwohner dafür stark, dass dort nicht weitere Neubauten den Kiez verdichteten, sondern eine Parkanlage geschaffen wurde. Sie brachten den Berliner Senat dazu, das Grundstück zu erwerben und gemeinsam ein Konzept für die Gestaltung der Grünfläche zu entwickeln. Den Namen »Leisepark« haben sich Kinder einer nahe gelegenen Grundschule ausgedacht.

NATURWISSEN
EICHHÖRNCHEN – KLETTERAKTROBATEN

Die geschäftigen kleinen Nagetiere leben gern in alten Bäumen, ihre waghalsigen Kletterkünste lassen sich häufig in Parks beobachten. Eichhörnchen sind Kulturfolger – das heißt, sie leben gern in der Nähe der Menschen. Als Säugetiere bauen sie ihre Nester hoch in Baumkronen in sogenannten Kobeln – kugelförmige Bauten, die als Behausung und Kinderstube dienen. Die Paarungszeit beginnt im Winter, mit etwas Glück kann man ihnen dann beim Kobelbau zusehen. Nachwuchs können sie zwei Mal pro Jahr bekommen.

Eichhörnchen ernähren sich saisonal: Nüsse, Früchte, Beeren und Samen stehen auf dem Speiseplan, auch Knospen, Blüten und Pilze finden sie schmackhaft, ebenso wie Würmer, Vogeleier und sogar Jungvögel. Im Herbst kann man sie beobachten, wie sie Nüsse in den Boden eingraben: Vorräte für den Winter!

Herausgekommen ist ein zauberhafter Ort, bei dem die vormalige Nutzung deutlich sichtbar ist: Eine Auswahl an Grabsteinen und der alte Baumbestand wurden bewahrt. Neu angelegt wurde ein Lehrpfad zu Flora und Fauna, verschiedene Sitz- und Spielgelegenheiten, ein barrierefreier Rundweg und kleine Pfade. Dabei ist wertvoller Lebensraum für Tiere und Pflanzen erhalten geblieben. Bekanntschaft macht man zügig mit den frechen EICHHÖRNCHEN, die sehr direkt anfragen, ob man auch an die Nüsschen für die kleinen Nager gedacht hat.

GEGEN BÖSE GEISTER UND DÄMONEN

Geht man durch das Tor und betritt den  LEISEPARK, empfängt einen sogleich eine leicht verwunschene Atmosphäre. Eine kurze, dennoch stattliche Allee führt einmal quer durch das Gelände. Vielleicht ist es auch gar nicht leise, sondern schallt Kinderlachen aus einer Ecke. Gern werden hier Geburtstage gefeiert, der Ort ist ideal für Fang- und Laufspiele. Trotzdem gibt es stille Ecken. Über die kleinen Pfade kann man den ehemaligen Friedhof mit seinen Verweilgelegenheiten, etwa mehreren  HÄNGEMATTEN, wunderbar erkunden.

Wer genau hinschaut, findet auf dem Areal eine der ältesten einheimischen Baumarten Europas: die EIBE. Man mag sich fragen, was ein Baum, bei dem fast alle Teile hochgiftig sind, an einem Ort macht, wo auch Kinder spielen. Die immergrüne Eibe, die als Strauch oder als kleiner bis mittelgroßer Baum wächst, hat dunkelgrüne weiche Nadeln und trägt von August bis Oktober leuchtend rote, beerenartige Früchte. In der Mythologie galt die Eibe als Baum des Todes, aber auch als Schutzbaum gegen böse Geister und Dämonen. Das erklärt, warum Eiben so häufig auf Friedhöfen gepflanzt wurden. Eiben wachsen sehr langsam und können bis zu tausend Jahre alt werden. Der seit Jahrhunderten heimische Baum mit dem harten Holz steht heute auf der Vorwarnliste der gefährdeten Arten und damit unter Naturschutz.

BEWUSST ATMEN

Schließen Sie die Augen. Atmen Sie tief durch die Nase ein. Spüren Sie bewusst, wie die Luft durch die Nasenflügel einströmt und bis in die Lungen weiterfließt. Nehmen Sie wahr, wie sich beim Ein- und Ausströmen/Atmen der Bauch hebt und senkt. Atmen Sie über den Mund aus, so als wollten Sie ganz sanft eine Kerze ausblasen. Zählen Sie beim Ein- und Ausatmen mit (z.B. bis Fünf), damit Sie in einen gleichmäßigen rhythmischen Atem kommen. Öffnen Sie nach einer Weile die Augen, atmen Sie ruhig, aber normal weiter. Bewusstes Atmen beruhigt das vegetative Nervensystem – ein wunderbarer Zustand, um jetzt ganz in Stille das Naturgeschehen zu beobachten.

Daneben finden sich alte Kastanien- und Ahornbäume, Linden, Birken und Holunderbüsche. Auch einige WILDPFLANZEN haben sich angesiedelt, beispielsweise der Beifuß. Viele Vögel, etwa Amsel, Kohl- und Blaumeise, finden hier ebenfalls ein Zuhause.

Hat man die kleine Oase ausführlich erforscht, so suche man sich ein Plätzchen, das einen besonders anzieht, und nehme auf dem mitgebrachten Sitzkissen Platz. Wer noch länger in der Friedhofsatmosphäre verweilen möchte, kehrt nach dem Spaziergang durch den Leisepark im  CAFÉ NONNA & CO ein, das einen Blick auf den Friedhof Georgen-Parochial I gewährt.

WEITERE INFOS:

→ Nonna Café & Co: Greifswalder Str. 229 www.nonnacafe.berlin

IM KOLONNADENHOF VOR DER ALTEN NATIONALGALERIE

TOUR 2

ROMANTISCHE BILDERWELTEN

ALTE NATIONALGALERIE

Einem Tempel ähnlich thront die Alte Nationalgalerie auf der Museumsinsel und bietet ein kleines Entkommen aus dem Alltag – so herrlich kann man versinken in den Kunstwerken der großen Meister des 19. Jh., die an Strände, in Gebirgslandschaften und zu Sonnenuntergängen führen.

START UND ZIEL

Alte Nationalgalerie, Bodestr. 1–3

DAUER 1 Std.
ANFAHRT

S3, S5, S7, S9 Hackescher Markt oder U5 Museumsinsel

GUT ZU WISSEN

barrierefrei • jeden 1. So im Monat Eintritt frei

In der  ALTEN NATIONALGALERIE lässt sich eine bedeutende Sammlung der Kunst des 19. Jh. bestaunen. Sie gehört zum Bauensemble der MUSEUMSINSEL. Hier versammeln sich Meisterwerke französischer Künstler wie Claude Monet, Paul Cézanne und Auguste Renoir und Gemälde der deutschen Romantik, etwa von Adolph von Menzel und Caspar David Friedrich.

Bevor man die heiligen Hallen betritt, halte man einen Moment inne: Imposant ist das 1876 eröffnete Gebäude im Stil des preußischen Klassizismus, das auf einem hohen Sockel Platz nimmt. Auf vier Etagen kann man hier Kunst betrachten – ebenerdig Statuen und Gemälde des Klassizismus, in der ersten Etage die Werke von Adolph von Menzel, in der zweiten die impressionistischen Kunstwerke von Monet, Renoir oder Manet und im dritten Stock die Gemälde der Romantik. Das Highlight: ein ganzer Raum mit Bildern von Caspar David Friedrich.

Um tiefer in ein Gemälde einzutauchen, muss man kein Kunsthistoriker sein. Zumeist erschließt sich dem Betrachtenden sehr schnell, was ihn an einem Bild fasziniert. Das können die LICHTVERHÄLTNISSE und der LICHTEINFALL sein – so etwa die Darstellung von Tageszeiten wie der Morgen, die Dämmerung oder Mondnächte. Das Thema Licht kann auch im Zusammenhang mit Wetterphänomenen wie etwa aufsteigender Morgennebel interessant sein. Auch BLICKRICHTUNGEN sind spannend: Wie wird der Blick gelenkt? Wird man in die Weite geführt? Wird man auf Details hingewiesen? Schätzt man in der Natur die großartigen Ausblicke, so gefällt einem vermutlich auch in Gemälden ein weiter Blick. Manchmal spürt man auch einfach eine gewisse Magie, die von einem Bild ausgeht, ohne dass man es sich analytisch erklären kann. Wunderbar – tief hineinsinken in das Gefühl!

IN KUNST EINTAUCHEN

Die Räume in der Alten Nationalgalerie sind weitläufig gestaltet, jedes Kunstwerk hat ausreichend Platz, so dass es gut zur Geltung kommen kann. Somit ist es für Besuchende möglich, die Kunstwerke von nah und fern auf sich wirken zu lassen. Probieren Sie es einmal aus: Bleiben Sie vor einem Bild stehen, das Sie besonders anspricht. Betrachten Sie das Bild von etwas weiter weg: Wie wirkt es als Ganzes auf Sie? Welche Stimmung nehmen Sie wahr? Was löst das Bild in Ihnen aus?

Treten Sie nun näher heran: An welchen Details, wie etwa Farbschattierungen, Strukturen, Formen, Linien und Lichteinfall, bleibt Ihr Blick hängen? Was empfinden Sie beim Anblick der im Gemälde abgebildeten Menschen, Tiere und Naturphänomene? Was macht Sie neugierig? Was berührt Sie?

Überlegen Sie abschließend: Was bedeutet das Bild für Sie? Welches Gefühl erzeugt es in Ihnen?

VON BILD ZU BILD

Wie Bilder wirken, ist individuell sehr unterschiedlich. Man sollte es einfach ausprobieren. Hier einige Vorschläge, welche Gemälde besonders zum Eintauchen einladen:

Der in Greifswald geborene David Caspar Friedrich ist der berühmteste Maler der deutschen Romantik. Stimmungsvolle Sonnenuntergänge, nebelverhangene Bergketten und einsame Menschen inmitten der Natur prägen seine Werke. Wichtig sind ihm die Emotionen, die seine Werke auslösen. Die Ehrfurcht vor dem Göttlichen und der übermächtigen Natur soll dabei erfahren werden. »DER MÖNCH AM MEER« ist eines seiner bekanntesten Werke. Versinken kann man auch in den Abendhimmel im Gemälde »Das Riesengebirge« und in die Mondnacht, dargestellt im Bild »Mondaufgang am Meer« (3. Etage, Caspar-David-Friedrich-Raum).

Der in Neuruppin geborene Karl Friedrich Schinkel war vielseitig begabt – neben der Malerei war er auch als Zeichner, Bühnenbildner, Baubeamter, Stadtplaner und Architekt tätig. Berlin-Mitte ist vor allem durch seine Bauwerke geprägt. Zum Thema Licht ist Schinkels Bild »DER MORGEN« beeindruckend (Raum 3.05). Auch hier gilt: vor das Gemälde stellen, die besondere Stimmung im Bild auf sich wirken lassen und in sich hineinspüren, was für Gedanken aufkommen und welche Gefühle entstehen.

NEBELKRÄHEN AM ABENDHIMMEL

ZURÜCK IN DIE WIRKLICHKEIT

Am Ende der Tour kann man im Museumsshop stöbern oder auf ein Getränk im Museumscafé einkehren. Wer danach noch reale Natur erleben will und wenn es bereits auf die Dämmerung zugeht: Im nahe gelegenen  MARX-ENGELS-FORUM und vom  ROTEN RATHAUS aus lassen sich wunderbar Nebelkrähen beobachten. Ein richtiges Spektakel ist es, wenn Hunderte Krähen mit krächzendem Radau in Schwärmen am Abendhimmel kreisen und schließlich zu ihren Schlafplätzen in den Baumkronen des kleinen Parks fliegen.

WEITERE INFOS:

→ Alte Nationalgalerie: Bodestr. 1–3, www.smb.museum/museen-einrichtungen/alte-nationalgalerie

DIE STUFENBRÜCKE IM GROSSEN TIERGARTEN

TOUR 3

»RAINDROPS KEEP FALLING ON MY HEAD«

GROSSER TIERGARTEN

Die Decke fällt einem auf den Kopf, aber draußen ist es trüb und regnerisch? Dann ab in den Tiergarten, den man bei grauem Wetter fast für sich allein hat. Die bedächtige Ruhe eines Regentags lässt sich dort besonders gut erfahren.

START UND ZIEL

S- und U-Bahnhof Brandenburger Tor

DISTANZ 5,5 km
DAUER 1–1,5 Std.
ANFAHRT

S1, S2 und U5 Brandenburger Tor

MITNEHMEN

Regenschirm, Regenmantel und Gummistiefel, Sitzkissen, Thermoskanne mit warmem Getränk

GUT ZU WISSEN

teilweise barrierefrei

Eine bewegte Geschichte hat er hinter sich, der GROSSE TIERGARTEN mitten in Berlin. Jede Epoche seines Bestehens hat ihn geprägt. Was ihn heute ausmacht? Große Wiesen, alte Alleen, historische Denkmäler und Statuen, Teiche und Wasserläufe, romantische Brückchen, hübsch beblumte Gartenanlagen. Fuchs und Hase sagen sich regelmäßig gute Nacht, aber auch Waschbären, Wiesel und Zwergfledermäuse grüßen sich zum Abend. Schildkröten bewohnen manche der kleinen Seen, im Sommer können sie beim Sonnenbad beobachtet werden. Daneben fühlen sich dort auch verschiedene Vogelarten wohl, wie etwa der Buntspecht und die Bachstelze. Auch größere gefiederte Großstadtbewohner wie Graureiher, Habichte und Mäusebussarde sind anzutreffen.

TIERE IN DER GROSSSTADT: WILDKANINCHEN

BLICK INS GESCHICHTSBUCH

Die 210 ha große Parkanlage erstreckt sich zwischen Potsdamer Platz, Regierungsviertel, Brandenburger Tor und Zoologischem Garten. Bereits 1527 ließ der damalige Kurfürst von Brandenburg das Areal anlegen – als JAGDREVIER vor den Toren des Berliner Stadtschlosses. Einen Zaun aufgestellt und Wildtiere ausgesetzt – schon konnten die hohen Herren nach Lust und Laune ihr Abendessen erlegen. In der Folgezeit wurde das Gebiet immer wieder in Richtung Norden und Westen erweitert.

Das Herz Friedrichs des Großen brannte nicht für die Jagd – er ließ die Zäune einreißen und einen barocken Lustgarten für die Bevölkerung mit Springbrunnen, Skulpturen, Blumenbeeten und Bänken anlegen. Dabei wurde auch eine FASANERIE errichtet, die als Ursprung des Zoologischen Gartens gilt. Friedrich III. wiederum wünschte sich einen LANDSCHAFTSPARK nach englischem Vorbild, und so gestaltete der preußische Hofgärtner Peter Joseph Lenné die Grünflächen um: Weite Rasenflächen wurden geschaffen, Wasserläufe eingezogen, Brückchen gebaut und ein breites Wegenetz angelegt. In dieser Form blieb der Park bis zur Mitte des 20. Jh. fast unverändert.

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Tiergarten stark zerstört, und die verbliebenen Bäume verheizten die Berlinerinnen und Berliner in den Wintern der Nachkriegsjahre. Auf der frei gewordenen Fläche bauten sie auf über 2500 Parzellen Kartoffeln und Gemüse an. Ab 1949 wurden wieder Bäume gepflanzt, die aus dem ganzen Bundesgebiet gespendet wurden. 1959 sah der einstige Acker wieder aus wie ein Park. Mit dem Mauerbau 1961 avancierte die Grünfläche zu einem wichtigen Naherholungsgebiet für die West-Berliner. Nach der Wende wurde er als GARTENDENKMAL unter Schutz gestellt.

AUF PROMINENTEN SPUREN

Viele Wege führen durch den Tiergarten – unsere Tour bei trübem Wetter lässt sich von den großen Männern der Geschichte leiten. Der Startpunkt liegt am BRANDENBURGER TOR, von dort geht es in Richtung der Löwengruppe in den Park.  JOHANN WOLFGANG VON GOETHE wird der erste Besuch abgestattet, der Dichter thront selbstbewusst in luftiger Höhe. Weiter führt der Weg, vorbei an vielen Pfützen, zum Dramatiker Lessing – unterwegs ein kurzes Innehalten am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen, das als schwarzer Quader gestaltet ist. Bei  GOTTHOLD EPHRAIM LESSING sollte man einen Blick auf die Eule werfen, die rückseitig zu finden ist und einige Pergamentrollen bewacht. Als nachtaktives Tier steht sie für das aufklärerische Durchdringen der geistigen und moralischen Dunkelheit.

Im nächsten Wegabschnitt sind, sogar im Nassen, auf einer Wiese einige WILDKANINCHEN zu beobachten. Dann wird Friedrich Wilhelm III. aus der Ferne gegrüßt, dafür gibt es einen Stopp bei – ausnahmsweise einer Frau – Königin Luise auf ihrem gleichnamigen hübsch gestalteten  INSELCHEN. Die beliebte und verehrte Königin ist jung gestorben, in Berlin erinnern mehrere Denkmäler und Statuen an sie.

NATURWISSEN
WILDKANINCHEN

Wildkaninchen sind in Berlin häufig anzutreffen, für manche sogar zu häufig. Sie fressen bodennahe Pflanzen und Gehölze. Kaninchen sind deutlich kleiner als Hasen, und ihr Fell ist variantenreich gefärbt, da sich wilde und ausgebüxte Hauskaninchen kreuzen. Sie leben in Familienkolonien in weitverzweigten bis zu 2,5 m tiefen Gangsystemen. Wer sie beobachten möchte, zieht am besten am späten Nachmittag oder frühen Abend los.

In der Nähe der Luiseninsel hat ein HABICHT sein Nest, das bei Greifvögeln als Horst bezeichnet wird. Vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) als »heimlicher Herrscher des Großen Tiergartens« bezeichnet, ist der Jäger mit dem weiß gestreiften Bauch in der Tierwelt durchaus gefürchtet: Tauben, Krähen, Eichhörnchen, Kaninchen und sogar Haushühner gehören zu seiner Beute.

AM MUSIKER-DENKMAL

Vorbei geht es an  RICHARD WAGNER über die Große Sternallee zum  BAUMDANK-DENKMAL. Es erinnert an die Baumspenden für die Wiederaufforstung nach dem Zweiten Weltkrieg. Gleich darauf taucht die ROUSSEAU-INSEL samt denkmalgeschützter  SÄULE auf, die man dem französisch-schweizerischen Philosophen, Schriftsteller und Pädagogen gewidmet hat. In einer kleinen Bucht am Teich lohnt ein Stopp, hier kann man wunderbar dem Regen beim Tropfen zuschauen oder lauschen … Ist man zwischen November und März unterwegs, kann man am Wasser oder auf den Bänken die Teepause vornehmen. Sonst steuert man die nächste Station an: den zauberhaften  ROSENGARTEN.