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Polen ist ein Schlemmerland und seine Küche unserer sehr ähnlich: Borschtsch wärmt den Magen, Kohlrouladen machen richtig satt, Piroggen schmecken immer und Sernik (Käsekuchen) versüßt den Tag. In "Babka" begegnet der Autor den traditionellen Gerichten mit jungem Blick und spielt mit Tradition und Moderne: Bigos im Burger, Krupnik (Suppe) vegetarisch, Kopytka (polnische "Gnocchi") ganz klassisch. Dieses Buch wärmt Herz und Magen.
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Seitenzahl: 82
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Marcin Jucha
Die junge polnische Küche
Einleitung
Für den Vorrat
Rote-Bete-Saft
Essiggurken mit Chili
Sauerkraut
Suppen
Klarer Borschtsch mit eingelegten Roten Beten
Kalter Borschtsch mit jungen Rote-Bete-Blättern
Tomatensuppe mit Mozzarella
Grüne Erbsencreme-Suppe
Essiggurkensuppe
Klare Gemüsesuppe mit Austernpilz-»Kutteln«
Snacks & Salate
Chicoréesalat mit Orangen
Apfel-Chinakohl-Salat
Ofenkartoffeln mit würzigem Hüttenkäse
Grüne Bohnen mit Walnüssen und Feta
Rucola mit Birne und Käse
Carpaccio von Roter Bete und Radieschen
Lachscreme-Törtchen
Herzhafte Muffins mit Paprika und Feta
Rote-Bete-Pesto
Vegane Champignonpastete
Bohnenaufstrich
Slawisches Fladenbrot
Belegte Baguettes
Süßkartoffelpommes
Hauptgerichte
Masurische Kartoffel-Babka
Brokkoli-Babka
»Kaszotto« mit Roten Beten und Feta
»Kaszotto« mit Brokkoli und Mandeln
Sauerkraut-Pfannkuchen
Süßkartoffel-Gnocchi
Kaschubischer Hering
Gegrillter Fisch mit Senfbutter und Basilikum-Pesto
Kabeljau auf Spinat
Fischburger mit Krautsalat
Seelachs mit Pfirsich-Salsa
Hackbällchen mit Kohl in Tomatensauce
Kroketten mit Fleischfüllung
Jägereintopf »Bigos«
Piroggen – 3 Grundrezepte
Piroggenteig »Basic«
Piroggenteig »Traditionell«
Piroggenteig »Dinkel«
Piroggen mit Sauerkraut und Shiitake-Pilzen
Teigtaschen mit Pilzen
Piroggen mit Waldbeeren
Süßes
Apfel-Kokos-Kuchen
Kürbismuffins
Mayo-Babka
Grießpudding mit Beeren
Marmorkuchen mit Kirschen
Käsekuchen mit Mascarpone
Krapfen oder »Engelsflügel«
Hefezopf
Orangen-Karotten-Ingwer-Marmelade
Pflaumen-Rum-Konfitüre
Getränke
Apfelgetränk mit Zimt
Punsch mit geräuchertem Trockenobst
Holunderblütensirup
Hausgemachter Himbeersirup
Jägertee
Bisongras-Wodka mit Apfel
Bisongras-Wodka mit Gurke
»Mad Dog« – Wodka mit Himbeersirup und Tabasco
Register
Über den Autor und Fotograf
Impressum
Einen Einblick in die junge polnische Küche wollen wir in diesem Buch mit seinen Rezepten geben – das klingt verheißungsvoll und spannend, oder nicht? Aber wenn es eine junge polnische Küche gibt, wie sieht dann eigentlich die traditionelle aus und was unterscheidet die beiden?
In der Küche eines Landes spiegelt sich immer auch etwas von dessen Kultur wider, von den Menschen an den Kochtöpfen und davon, wie sie leben, feiern und genießen. Und sie ist vor allem auch geprägt von seinen landschaftlichen und klimatischen Gegebenheiten, von dem, was Boden, Wälder und Gewässer anzubieten haben.
In Bezug auf Polen lässt das vermuten: Die Küche des Landes muss unglaublich vielfältig sein, so vielfältig wie die Bevölkerung des Landes, das durch seine Lage zwischen Ost- und Westeuropa im Laufe der Geschichte vielen politischen und kulturellen Strömungen ausgesetzt war. Und so vielfältig wie die verschiedenen geografischen Regionen Polens mit Pommern oder der Masurischen Seenplatte im Norden, den fruchtbaren Böden Schlesiens oder den bergigen Landschaften im Süden.
Werfen wir doch einen Blick darauf, was und wer die polnische Küche geprägt hat und wie sie sich heute von Sterneküche bis zu Food-Märkten präsentiert, bevor wir zum Kochlöffel greifen und uns dem Genuss widmen.
Westslawische Volksstämme siedelten sich einst im Gebiet des heutigen Polens vor allem in den fruchtbaren Regionen um die Flüsse herum an. Hier konnten sie Ackerbau treiben und Vieh halten. Der Name Polen leitet sich denn auch von den Polanen ab, die sich zwischen Oder und Weichsel, vor allem um Posen und Gnesen herum, niederließen. Deren Name wiederum geht auf »pole« für Feld zurück.
In der fruchtbaren Region Großpolen rund um Gnesen, der ersten Hauptstadt des polnischen Königreiches, ist man stolz auf das hier prächtig gedeihende Gemüse, vor allem auf den berühmten Spargel. Andere Siedler zog es an die Küste, die zwar kargere Böden hatte, dafür aber reich an Fisch war. So ist viel Fisch, von Fischsuppe über eingelegten Hering bis zu geräuchertem Aal, in der Küche Pommerns zu finden. Ergänzend wurde die Kartoffel hier zu einem wichtigen Teil des Speiseplanes, denn sie gedieh in den Böden optimal. Die Gebiete der Tatra wiederum waren das Revier von Jägern und Viehzüchtern. Daher sind neben Fleisch Milchprodukte traditionelle Nahrungsmittel der Region und noch heute kommt der berühmte Oscypek, ein geräucherter Schafskäse, von hier. Lange Zeit entwickelten sich die einzelnen Gegenden unabhängig voneinander und die so gewachsenen regionalen Unterschiede lassen sich bis heute noch finden. Eine exakte Einteilung dieser kulinarischen Regionen vorzunehmen ist schwierig, doch es sind mindestens zehn an der Zahl, die sich unterscheiden lassen: Podhale, Masowien, Großpolen (Wielkopolska), Schlesien, Podlasie, Kleinpolen, Kurpie, Kujawien, Ermland-Masuren und die Pommersche Seenplatte. Auch von außen wurde die polnische Küche beeinflusst. Die Ansiedlung von Armeniern im 14. Jahrhundert auf Betreiben der Politik hin sowie jüdische Zuwanderer bereicherten den polnischen Speiseplan ebenso wie die Teilung des Landes, die außerdem zu kulinarischen Einflüssen aus Preußen, Russland und Österreich-Ungarn führte. Doch wenn auch das Land Polen zwischen 1795 und 1914 als eigenständiger Staat von den Landkarten verschwand, lebte es im Herzen seiner Bewohner weiter. Und ein Stück der eigenen Identität findet und bewahrt man immer auch in den Bräuchen und Gerichten. So ging das Wissen um traditionelle Rezepte nicht verloren, sondern wurde eher noch gestärkt. Daran konnten dann selbst später im kommunistischen Polen Misswirtschaft, Rationierungen und die überall aus dem Boden schießenden Milchbars mit ihren spartanischen Angeboten nichts ändern.
Wenn von typisch polnischer Küche die Rede ist, so denkt wohl fast jeder an Bigos, Borschtsch und Piroggen. Bei allen regionalen Unterschieden sind diese Klassiker heute quer durch die polnische Landschaft zu finden, aber eben auch mit regionalen Variationen.
Bigos, jener bäuerliche Schmortopf, der getrost als polnisches Nationalgericht gelten kann, basiert auf frischem und gesäuertem Weißkraut und Fleisch und/oder Wurst. Bigos hat seinen Weg vermutlich von Litauen aus quer durch Polen gemacht. Je nach Saison und Vorratskammer wird er mit Pilzen, Tomaten, Tomatenmark, Trockenpflaumen, saurer Sahne und unterschiedlichen Fleisch- und Wurstsorten zubereitet. Da hat nicht nur jede Region, sondern auch jede Familie und jedes Restaurant ein eigenes Rezept zu bieten.
Beim Borschtsch verhält es sich ähnlich: Die Rote-Bete-Suppe, über deren Urheberschaft sich Russland und die Ukraine streiten, zeigt sich in Polen in vielerlei Abwandlungen. Oft mit Fleischbrühe, manchmal mit Pilzbrühe, meist mit Kartoffeln, manchmal mit Nudeln. Weißkohl darf bei vielen ebenfalls im Borschtsch nicht fehlen. Während man in Russland unvergorene Rote Beten verwendet, setzen polnische Köche und Köchinnen meist auf eingelegte Rüben. Aber eines ist sie definitiv immer, diese Lieblingssuppe der Polen: rot!
Und dann sind da noch die Piroggen. So wie die Schwaben die Maultaschen, die Chinesen die Dumplings und die Italiener die Ravioli schätzen, so erfreuen sich die Polen an ihren »Pierogis«. Die gefüllten Teigtaschen kommen mal süß, mal herzhaft daher und eignen sich als Hauptspeise ebenso wie als Dessert oder als schneller Imbiss zwischendurch. Ursprünglich waren die Piroggen als bäuerliches Essen meist mit Kartoffeln und Quark gefüllt, mittlerweile sind auch Hackfleisch, Pilze, Speck und allerlei Gemüse als Füllung beliebt. Piroggen haben es sogar zum unverzichtbaren Bestandteil festlicher Menüs und Büfetts gebracht. Und aktuell haben sie ein ganz neues kulinarisches Publikum gewonnen: Sie stehen im Mittelpunkt der polnischen Streetfood-Szene und erobern auch Deutschland im Sturm.
Diese drei Gerichte können natürlich nur stellvertretend für das stehen, was typisch polnische Küche ausmacht. »Viele Suppen« lässt sich da noch als wichtiges Merkmal hervorheben. »Viele Milchprodukte« und »ausgiebiges, reichhaltiges Frühstück« dürfen sicher ebenfalls nicht fehlen. Ja, leicht ist sie wohl nicht, die traditionelle polnische Küche, eher deftig und üppig. Und so hat auch sie in den vergangenen Jahren den Trend des »light« und »fettarm« über sich ergehen lassen müssen. Doch wie sieht sie heute aus? Wie erlebt die junge Generation »typisch polnisch«?
Es ist keine Frage: Auch in Polen sind Pizza, Döner, Spaghetti, Hamburger und Sushi längst angekommen und haben sich ihren Platz in der Food-Szene erobert. Wie bei uns herrscht dort ein buntes Nebeneinander, sowohl was Restaurants angeht als auch beim heimischen Speiseplan. Doch so wie bei uns nach wie vor Bratwürste, Rouladen, Zwiebelrostbraten, Maultaschen, Knödel, Grünkohl, Hackepeter oder Sauerkraut die typisch deutsche Küche vertreten, so hat sich auch Polen sein kulinarisches Erbe bewahrt.
Heute lässt sich in Polen ein ähnlicher Trend wie bei uns in Deutschland beobachten: Bewährte Rezepte, wie sie Oma schon kannte, sind wieder in. Doch diese Traditionsliebe geht durchaus Hand in Hand mit dem Bewusstsein, dass sich so manche fettreichen und schweren Rezepte der polnischen Küche anpassen und ernährungsbewusst umsetzen lassen. Regionalität und Saisonalität haben einen ganz neuen Stellenwert gewonnen und man besinnt sich auf die Zeit vor der Machtergreifung der künstlichen Aromen und Konservierungsstoffe. Man will nicht »naturidentisch« kochen, sondern natürlich.
Dabei gehen auch polnische Food-Blogger und YouTuber mit gutem Beispiel voran und präsentieren traditionelle Gerichte in neuen Variationen. Das Bewusstsein der Regionalität hat einen hohen Stellenwert und auch in den Gasthöfen und Restaurants sind regionale Spezialitäten wieder deutlicher im Fokus, als sie es in den vergangenen 20, 30 Jahren waren. Dieser Trend »Back to the roots« wird außerdem zunehmend von touristischen Veranstaltern unterstützt. So lassen sich beispielsweise kulinarische Entdeckungsreisen und organisierte Food-Tours zu gastronomischen Highlights oder bodenständigen Insidern buchen.
Die Regionalität wird dort gepflegt, wo sie gelebt wird, aber wer sich heute in Sachen angesagter moderner Food-Szene in Polen umschauen möchte, der hat es trotzdem relativ einfach: Die Hotspots lassen sich hauptsächlich auf zwei Städte eingrenzen. Egal ob es um Sterneküche geht, um Food-Märkte oder angesagte Szenelokale, der Weg führt vor allem nach Warschau und mittlerweile auch nach Krakau.
Bei einem Besuch von Warschau auf einen Bummel durch die Hala Koszyki zu verzichten ist schon fast ein kulinarischer Frevel. In der restaurierten alten Markthalle locken zwischen hippen kleinen Läden mehr als 18 Restaurants und Bars mit verschiedensten kulinarischen Angeboten. Internationales Schlemmen ist angesagt, aber ebenso moderne polnische Küche.
Wer Food-Märkte liebt, sollte sich den Targ Sniadaniowy nicht entgehen lassen. Jedes Wochenende verwöhnen sowohl polnische als auch äthiopische, koreanische und viele andere internationale Anbieter die Besucher. Es herrscht eine Art Picknickatmosphäre auf diesem Markt, der an wechselnden Standorten in Warschau stattfindet. Vor allem tagsüber kommen Jung und Alt, Hipster und Geschäftsleute hierher. Man kommt leicht ins Gespräch miteinander, wenn einem danach ist, oder man hält ganz einfach entspannt die Nase in die Sonne und lässt es Leib und Seele gut gehen. Am Abend schlägt die Stunde des Nocny Market mitten im Herzen Warschaus, ganz in der Nähe des Bahnhofs. Hier ist die Szene unter sich und feiert in lockerer Atmosphäre ein Multikulti-Streetfood-Festival. Aber auch hier gibt es lange Schlangen vor den Food-Trucks, die polnische Spezialitäten anbieten. Immer ganz vorne mit dabei