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In der Nacht nach dem Inselglockenfest wird auf der Nordseeinsel Baltrum ein silbernes Kreuz aus der Alten Inselkirche gestohlen. Kurz darauf verschwindet die Glocke aus dem Holzgestühl der Inselglocke. Inselpolizist Michael Röder stellt sich die Frage, ob jemand eine Abneigung gegen die Kirche hegt, oder ob die Taten einen anderen Hintergrund haben. Er muss schnell handeln. Das Läuten der Glocke hört nämlich nicht auf …
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Seitenzahl: 370
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Ulrike Barow
Baltrumer Glockenschlag
Kriminalroman
Die Todesglocke läutet! In der Nacht nach dem Inselglockenfest wird auf der Nordseeinsel Baltrum ein silbernes Kreuz aus der Alten Inselkirche gestohlen. Kurz darauf meldet Daniel Peters, der auf der Insel Führungen für Gäste macht, dass die Glocke aus dem Holzgestühl der Inselglocke ebenfalls verschwunden ist. Inselpolizist Michael Röder und sein Kollege Wille Weerts, der aus Norden kommt und seinen Inselkollegen seit ein paar Wochen unterstützt, stellen sich die Frage, ob jemand eine Abneigung gegen die Kirche hegt, oder ob die Taten einen anderen Hintergrund haben. Sie müssen schnell handeln. Das Läuten der Glocke hört nämlich nicht auf. Hanna Goedeke, die seit Kurzem bei der Firma Saubär arbeitet, hat ganz andere Sorgen. Sie hat am Festland Schreckliches erlebt und will einfach nur vergessen. Was allerdings nicht so einfach ist, wenn man sich verfolgt fühlt…
Ulrike Barow wuchs in Gütersloh auf und machte eine Ausbildung zur Buchhändlerin. Danach zog es sie zum Lieblingsurlaubsort ihrer Kindheit, der kleinen Nordseeinsel Baltrum. Dort lernte sie ihren Mann kennen und arbeitete im Einzelhandel sowie im familieneigenen Vermietungsbetrieb. Nebenbei verfasste Ulrike Barow Artikel für die Lokalzeitung. Vor einigen Jahren griff sie die Idee auf, Baltrum-Krimis zu schreiben. Viele Kurzgeschichten sind seitdem ebenfalls entstanden. Inzwischen lebt sie mit ihrer Familie nicht mehr auf der Insel, sondern in der schönen ostfriesischen Stadt Leer.
Personen und Handlung sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Die automatisierte Analyse des Werkes, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen gemäß § 44b UrhG („Text und Data Mining“) zu gewinnen, ist untersagt.
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Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
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Alle Rechte vorbehalten
(Originalausgabe erschienen 2019 im Leda-Verlag)
Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt
Satz/E-Book: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Fotos von: © greenpapillon / stock.adobe.com
ISBN 978-3-8392-6392-1
Salomon Bartels warf sich aufs Sofa und lachte. Endlich! Endlich war seine Sitzgarnitur da! Er hatte sie in einem Möbelhaus am Festland bestellt, ein original Friesensofa mit blauem Bezug, und es hatte tatsächlich drei Monate gedauert, bis der erlösende Anruf und kurz darauf Sofa und Sessel mit LKW, Schiff und letztendlich mit dem Pferdewagen bei ihm angekommen waren. Nun konnte er zur Einweihungsparty laden!
Er hatte es getan. Konnte es immer noch kaum glauben, aber er war hier. So als hätte das Sofa den Punkt hinter einen langen Satz gesetzt.
Lächelnd stand er wieder auf und ging in die Küche. Der Kaffee war durch. Er goss Milch in die Tasse, dann den Kaffee und schaute aus dem Fenster. Auch nicht zum ersten Mal heute. Der Anblick des Hellers und des Wattenmeeres löste verlässlich ein Glücksgefühl in ihm aus, das er zuvor selten gespürt hatte.
Natürlich war nicht alles in seinem Leben traurig und trist verlaufen. Da war der Moment gewesen, als er seinen ersten Thriller, frisch aus der Druckerei, in den Händen gehalten hatte. Und der Abend in Weimar. Für ihn eine ganz besondere Lesung, denn seine Eltern waren erschienen. Sie hatten seiner Schriftsteller-Karriere immer skeptisch gegenübergestanden, aber dort hatten sie mit strahlenden Augen Beifall geklatscht. Seitdem war zu Hause nie wieder die Rede von einem anderen, brotsichernden Beruf gewesen. Er konnte seine Eltern besuchen, ohne sich lästigen Fragen ausgesetzt zu sehen. Im Gegenteil. Erst neulich hatte sein Vater ihm von einem Gespräch mit dem Nachbarn erzählt. Der Mann hatte wissen wollen, ob er, Salomon, denn schon oben angelangt sei.
»Nicht oben«, hatte sein Vater geantwortet, »sondern ganz oben.«
Salomon musste immer wieder lachen bei dieser Erinnerung. Natürlich, im Moment war er erfolgreich. Offensichtlich trafen seine Bücher den Nerv der Leser und er konnte vom Schreiben leben. Es ging ihm gut, doch es war auch klar, dass er regelmäßig liefern musste. Sonst war es ganz schnell vorbei mit dem »ganz oben«. Und dass es Kollegen gab, die weitaus höher angesiedelt waren in puncto Prominenz und Beliebtheit, war ebenfalls Tatsache!
Er fühlte sich wohl in seinem Leben, aber die Zufriedenheit, die er hier auf der Insel spürte, war anders. Es war eine Gelassenheit, von der er geglaubt hatte, dass es sie gar nicht geben würde.
Ein gutes Jahr war vergangen, seit er die Insel nach vielen Jahren wieder betreten hatte. Der Aufenthalt damals hatte allerdings unter keinem guten Stern gestanden. Zwei Menschen waren ums Leben gekommen und alle anderen, die in jenem Jahr zu den Baltrumer Krimitagen eingeladen worden waren, hatten nur den einen Wunsch gehabt: die Insel so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Alle, bis auf ihn. Er kannte Baltrum von vielen Besuchen als Kind und hatte sich sofort wieder in die Insel verliebt.
Jetzt passte alles. Das Haus war so eingerichtet, wie er es sich immer vorgestellt hatte, und erste Kontakte zu den Insulanern waren geknüpft.
Er schaute auf die Uhr. Verdammt. Er musste los. Sein Auftritt wartete. Er zog sein weißes T-Shirt an, darüber die Takelbluse, dann die blaue Tuchhose. Die weißen Sneaker steckten mal wieder ganz hinten im Schrank. Was fehlte noch? Nichts. Ein kritischer Blick in den Spiegel verriet ihm: Es war nicht der Thrillerautor, der ihm freundlich entgegenschaute, sondern ein Mitglied des Shantychors Balt’mer Korben. Ein sehr vergnüglicher Anblick. Zumindest wenn er an die nächsten Stunden im Kreis der Musiker dachte.
Im Hinausgehen griff er nach dem Akkordeon und wunderte sich wieder einmal darüber, wie sehr sich sein Leben in den letzten Monaten verändert hatte. Natürlich war er oft an Land. Er hatte Verträge einzuhalten. Mit seinem Verlag. Mit Buchhandlungen, die ihn zu Lesungen baten, und auch die Frankfurter Buchmesse im Oktober und die in Leipzig ließ er nicht aus. Werbetrommel. So war es eben, wenn man als Autor Erfolg hatte.
Er packte sein Akkordeon in die Wippe und hängte sie an das Fahrrad. Ja, auch ein Fahrrad und einen Anhänger, den die Insulaner Wippe nannten, hatte er sich zugelegt. Anders ging es hier nicht, wollte man größere Teile transportieren. So ein Akkordeon wog einiges.
Als er vom Grundstück ab und auf die Straße bog, kam ihm Hartmut Hielscher entgegen.
Salomon bremste. »Na, willst du schauen, ob dein Haus Fortschritte macht?« Er hatte den Satz noch nicht zu Ende gebracht, da merkte er bereits, dass der nicht gut bei dem Mann ankam.
»Hör bloß auf. Meine Frau und ich können ja froh sein, dass wir eine andere Bleibe haben«, winkte Hielscher missmutig ab. »Seit Jahren verfällt das Haus hier immer mehr. Die Denkmalschutzbehörde zeigt einfach kein Einsehen, und so wie ich die kenne, wird es Jahre dauern, bis die das zum Abriss freigeben. Du guckst jeden Tag von deinem Grundstück auf das verfallene Dach. Das kann man doch nicht mehr reparieren!«
Salomon verkniff sich die Frage, warum Hielscher das Haus nicht saniert hatte, als es in einem reparablen Zustand gewesen war, doch der Mann gab ihm die Antwort von selbst. »Du weißt, dass ich es abreißen, ein schönes neues Haus auf dem Grundstück bauen und dann dorthin ziehen will. Mal sehen, wer den längeren Atem hat.«
Das fragte sich Salomon auch manches Mal, wenn er von seiner Terrasse aus auf das Haus mit dem löcherigen Dach schaute. Es gab wirklich erhebendere Anblicke. Auch das Einsteinmauerwerk des alten Friesenhauses war marode. Er war sich sicher: ein kräftiger Schlag, dann würde zumindest die Westwand schlichtweg umfallen.
»Müsst ihr wieder die Gäste beglücken?«, fragte Hielscher.
Salomon nickte. »Ja. Wir singen heute …«
»Ich weiß. Hab bei der Truppe auch schon mitgemacht.«
Ganz zu Anfang von Salomons Shantykarriere war Hartmut Hielscher ein, zwei Mal dabei gewesen. Ob Salomon ihn fragen sollte …? Einen Versuch war es wert. »Hartmut, ich weiß, dass du im Moment nicht mehr dabei bist. Aber du hast jede Menge Erfahrung. Wäre es möglich und hättest du Zeit, mir ein paar Nachhilfestunden in Sachen Shantymusik zu geben? Ich habe ja nach vielen Jahren erst wieder mit dem Spielen angefangen und könnte ein paar Tipps gut gebrauchen.«
Hartmut Hielscher schaute ihn einen Moment schweigend an, dann sagte er: »Wenn du mir das zutraust …«
»Natürlich. Du warst doch ein festes Standbein des Shantychores.«
»Ich war sogar Gründungsmitglied!«
»Gut, ich rufe dich an und wir machen einen Termin. Danke auch.« Er winkte dem Mann zu und fuhr weiter. Wenn er noch mehr Leute traf, würde er glatt zu spät kommen und das war im Shantychor gar nicht gerne gesehen. Wäre auch ziemlich schlecht, wenn die ohne seine Begleitung anfangen müssten. Es war sowieso eine große Ausnahme, dass er nach den wenigen Proben, an denen er im Winter hatte teilnehmen können, schon öffentlich mit auftreten durfte. Die Sänger hatten eine wesentlich längere Vorlaufzeit. Schließlich mussten die Lieder perfekt sitzen. Da konnte ihm zusätzliche Hilfe von Hartmut gewiss nicht schaden.
Bei Salomon hatte alles angefangen, als er kurz nach seinem Entschluss, auf die Insel zu ziehen, auf den Geburtstag seines Nachbarn eingeladen worden war. Dort war auch Björn Buse gewesen und hatte von einem Auftritt seines Chors in Essen auf dem Weihnachtsmarkt erzählt. »Damals war alles gut«, hatte er berichtet, »aber uns fehlt wohl bald ein Akkordeonspieler. Einer der alten wird aufhören und wir brauchen dringend einen Nachfolger.«
Salomon war auf der Stelle das Instrument eingefallen, das seit Jahren auf dem Dachboden der Wohnung seiner Eltern sein Dasein fristete. Vorsichtig hatte er erwähnt, dass er mit einem Akkordeon umgehen konnte und schon hatte Björn ihn zur Probe eingeladen. Bei seinem nächsten Besuch zu Hause hatte er sehr zur Verwunderung seiner Eltern das alte Stück hervorgeholt, jedoch feststellen müssen, dass es nicht mehr zu gebrauchen war. Es war schlichtweg vergammelt. Der Balg war gerissen und auch sonst sah es nicht mehr gut aus. Er hatte nicht lange überlegt und sich ein neues bestellt. Was gar nicht so einfach gewesen war. Es gab eben zu viele Ausführungen. Eines wusste er jedoch sehr schnell: Je teurer es war, desto schwerer wurde es. Und wenn er sich vorstellte, er würde damit stundenlang auf der Bühne herumstehen … Er hatte nach Absprache mit Björn Buse eines mit sechsundneunzig Bässen genommen. Fünf Kilo, das war zu verkraften. Der Preis und die Farbe, ein kräftiges Rot, gefielen ihm auch.
Er wollte dabei sein, sich ins Baltrumer Leben eingliedern, und wie ging das besser als mit einer Mitgliedschaft im Shantychor?! Er hatte inständig gehofft, dass sein Talent nicht ebenso eingerostet war wie das alte Instrument vom Dachboden, doch als er die ersten Töne auf seinem neuen gespielt hatte, war ihm klar geworden, dass er nichts vergessen hatte.
Auch das Vorspielen hatte gut geklappt, und seitdem hatte er, wann immer es ging, Mittwoch für Mittwoch an den Übungsabenden teilgenommen. Der erste Auftritt vor Publikum war gut gelaufen, obwohl ihn das Lampenfieber arg mitgenommen hatte. Dieses Gefühl hatte er nicht gekannt, vor seinen Lesungen war er die Ruhe selbst. Aber vor dem Saisonstart der Shanty-Sänger im Haus des Gastes hatten seine Nerven geflattert und er war von der Toilette kaum runtergekommen. Erst nach dem vierten oder fünften Konzert war ein wenig Routine eingezogen. Er war nicht mehr ganz so nervös.
Er fuhr am Spielteich vorbei und bog am Hotel Fresena ab ins Dorf. Bei der Volksbank überholte er Kenny Jannssen. Auch der trug bereits seine Shanty-Dienstkleidung.
*
»Huhu, kommst du mit? Es wird Zeit!« Ewelina und Paulina schoben sich kichernd ins Büro. »Die warten auf uns.«
Hanna Goedeke bemühte sich, nicht zu stöhnen, doch so ganz konnte sie es nicht verhindern. »Ich habe zu tun. Außerdem warte ich auf Florian.«
»Der ist bestimmt schon auf der Hüpfburg. Es gibt so viel zu erleben, du musst einfach dabei sein«, rief Ewelina mit theatralisch zitternder Stimme. Ihr polnischer Akzent verstärkte sich in Momenten wie diesem. Doch meistens wandte sie ihn nur an, wenn sie Mitleid erwartete. Sei es, dass sie vergessen hatte, den Gästen eine Flasche Mineralwasser bereitzustellen oder dass ihr Fahrrad wieder mal einen Platten hatte.
Allerdings, Hanna musste es zugeben, kam es selten vor. Ewelina und Paulina waren seit Langem ein eingeschworenes Putzteam bei der Firma Saubär. Sie selbst war erst seit Saisonbeginn dabei. Hanna erinnerte sich wie heute an ihren ersten Tag, damals, als sie mit Florian auf die Insel gekommen war und keine Ahnung hatte, was sie hier erwartete. Sie hatte ihr bisheriges Leben hinter sich lassen wollen und sich auf die Anzeige beworben, die sie im Internet gesehen hatte. Sie war auf die Insel gefahren, hatte sich bei Werner Bärmann vorgestellt und war eingestellt worden, ohne dass er irgendwelche Papiere hatte sehen wollen. Am liebsten wäre sie gleich dageblieben, aber Florian musste ordnungsgemäß aus der Schule abgemeldet werden und auch sonst war einiges zu regeln gewesen. So war sie also zunächst einmal zurück in ihre alte Heimat gefahren. Doch eine Woche später hatte sie drei Koffer und ihr Kind gepackt und war an die Nordseeküste gereist.
»Geht ihr mal. Ich muss nach der Wäsche schauen. Außerdem wird sich Florian vermutlich nicht auf der Hüpfburg vergnügen. In seinem Alter ist das uncool.«
Die beiden winkten und verschwanden lachend. Sie hatten versprochen, am Bratwurststand zu helfen.
Es war wieder einmal großer Wechsel in den von der Firma Saubär betreuten Ferienwohnungen gewesen. Ihr Chef und ihre Chefin begrüßten gerade im Auftrag der Wohnungsbesitzer, die nicht auf der Insel lebten, die letzten Gäste. Danach war Feierabend für heute. Hanna schob die letzte Fuhre Wäsche in den Trockner. Für die Büroarbeiten war sie ebenfalls eingestellt. Darum würde sie sich ab morgen verstärkt kümmern. Jetzt wartete erst einmal das Inselglockenfest.
»Mama, bist du so weit?«
Sie erschrak, als Florian plötzlich neben ihr stand. »Sofort. Aber sollen wir wirklich? Es wird sicher ziemlich voll dort.«
Florian verzog das Gesicht, dann stampfte er mit dem Fuß auf. »Wenn du nicht willst, gehe ich allein. Ist sowieso doof, mit der Mutter dort aufzukreuzen. Die anderen kommen auch allein!«
Sie seufzte. Genau genommen war ihr die Lust schon wieder vergangen. Beim Aufwachen heute Morgen war sie fest entschlossen gewesen, endlich mal was anderes zu sehen als ihr Büro und die Waschküche. Aber jetzt … Sollte sie nun Florian ein paar Euro in die Hand drücken und ihn allein …? Hier konnte schließlich nichts passieren. Oder? Nein. Es war besser, wenn sie mit ihm ging.
»Ich bin in zehn Minuten durch. Dann können wir. Warte in der Wohnung. Ich muss mich nur umziehen.«
So schnell, wie Florian aufgetaucht war, verschwand er wieder. Sie war gespannt, ob er auf sie wartete.
Doch als sie in ihr kleines Appartement kam, saß er auf dem Sofa und spielte mit seinem Handy. »Papa ruft einfach nicht an«, sagte er missmutig.
Sie schwieg. Zu oft hatte sie ihren Sohn schon vertröstet, ihm verschwiegen, dass sein Vater sich nie mehr melden würde. Sie zog eine langärmelige, aber luftige weiße Bluse und die dreiviertellange pinkfarbene Hose an, die sie zwei Tage zuvor bei Stadtlander gekauft hatte, fuhr sich durch ihre kurzen blonden Haare und lächelte sich im Spiegel zu. Auf los geht’s los. »Florian, wir können.«
Träge, als koste es ihn eine unendliche Überwindung, stand er auf, steckte sein Handy in die Tasche und folgte ihr. »Ich verstehe das einfach nicht.«
»Was verstehst du nicht?«, fragte sie gegen ihren Willen.
»Das mit Papa. Er ist mein Freund. Aber er geht einfach nicht ran!«
»Manchmal müssen sich auch Freunde für eine Weile trennen«, machte sie den müden Versuch einer Erklärung. Sie war es so leid! Sie hatte keine Antworten mehr. Sie hatte es schon oft gesagt, aber er fragte immer wieder. »Ab aufs Rad.«
Sie wäre am liebsten gelaufen, aber da würde Florian nicht mitmachen. Fahrradfahren war das einzige, was ihm auf dieser Insel von Anfang an Spaß gemacht hatte. Er nahm sein Rad aus dem Ständer und sauste los, ohne sich umzublicken. Sie hatte keine Chance, in Sichtweite zu bleiben.
Bald standen ihr die ersten Schweißperlen auf der Stirn. Es war Juli und sehr warm. Sie war gespannt, ob wirklich viele Besucher bei der Inselglocke waren, oder ob sich die Gäste bei diesem Wetter lieber am Strand aufhielten. Doch schon kurz hinter der Post füllte sich die Straße zusehends. Sie stellte ihr Fahrrad ab. Damit würde sie ohnehin nicht weiterkommen. War Florian zu sehen? Nein, sie sah weder ihn noch sein Rad. Stattdessen Pagodenzelte, jede Menge Menschen und zwei Hüpfburgen auf dem Gras um die Inselglocke.
»Hanna, wie schön, dass Sie da sind. Endlich kommen Sie mal aus dem Haus.« Ingrid Bärmann stand vor ihr und schaute sie freundlich an. »Werner und ich sind auch mit der Arbeit durch und wollen uns eine Bratwurst gönnen. Kommen Sie, ich lade Sie ein.«
»Aber Florian … Ich wollte …« Hanna sah ein, dass sie keine Chance hatte. Ihre Chefin hatte sie untergehakt und zog sie zu dem Zelt, von dem ein einladender Duft ausging.
»Falls Florian vorbeikommt, kriegt er natürlich auch eine. Aber erst einmal sind wir dran. Werner, stellst du dich an?« Ingrid Bärmann nickte ihrem Mann zu, der etwas abseits im Gespräch war, schob Hanna auf eine freie Partybank und setzte sich daneben.
Hanna musste lachen. Ihre Chefin lud sie ein und überließ alles Weitere ihrem Mann … Hoffentlich hatte der überhaupt mitbekommen, was seine Aufgabe war.
Er hatte. Tatsächlich beendete er das Gespräch und reihte sich in die Schlange der Wartenden vor dem Grill ein.
»Wenn wir gegessen haben, möchte ich unbedingt ein paar Lose …« Der Rest von Ingrid Bärmanns Satz verlor sich im Gesang des Shantychores, der sich vor dem Restaurant Zum Seehund aufgereiht hatte und Der Käpt’n, der Bootsmann, der Stürmann und ik anstimmte.
Es dauerte nicht lange, da stellte Werner Bärmann ihnen drei Pappteller mit Bratwürsten hin, die er vorsichtig zum Tisch jongliert hatte, und setzte sich dazu. »Ewelina und Paulina haben mir die schönsten rausgesucht. Guten Appetit.« Genussvoll biss er in ein Würstchen.
Die Wurst schmeckte tatsächlich sehr lecker und Hanna hätte wohl eine zweite essen können, aber ihre Chefin stupste sie an und deutete auf das nächste Zelt. Dort gab es die Lose. Hanna schaute sich um. Von Florian war immer noch nichts zu sehen. Sie folgte Ingrid Bärmann, suchte zehn Papierröllchen aus dem Eimer, den eine junge Frau ihr lächelnd entgegenhielt, und bezahlte.
Leider nichts gewonnen. Versuchen Sie es wieder. Bloß nicht aufgeben. Nein, würde sie nicht. Vorsichtig knibbelte sie den nächsten Papierring ab, der das Röllchen zusammenhielt. Beim vorletzten Los hatte sie Glück. 555. Endlich, ein Gewinn! Sie juchzte auf. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie ein Akkordeonspieler des Shantychores zu ihr herüberblickte. Dann stimmten die Männer ein neues Lied an.
Sie reichte ihr Los über den Tisch, auf dem Bücher, Baltrumtassen, Netze mit Sandspielzeug und Strohhüte lagen, und hielt bald darauf einen kleinen, blauen Stoffelefanten in der Hand. Toll! Was sollte sie mit einem blauen Elefanten? Florian war mit seinen zehn Jahren eindeutig zu groß für dieses bunte Kuscheltier.
»Das kann meine Nichte gut gebrauchen.« Ingrid Bärmann deutete auf den Elefanten und hielt Hanna ein mit kleinen Seepferdchen bedrucktes Tuch vor die Nase. »Sollen wir tauschen?«
»Gerne.« Seepferdchen waren Hannas Lieblingstiere. Es passte also wunderbar.
»Und nun?« Ihre Chefin ließ den Elefanten in der Jackentasche verschwinden.
»Nun suche ich erst einmal nach Florian«, sagte Hanna entschlossen.
»Alles klar.« Ingrid Bärmann winkte ihr zu und setzte sich neben ihren Mann. »Wir werden den Sonntag hier ein wenig genießen und dann nach Hause gehen. Sonst ist das Fest ja meistens auf einem Mittwoch und da haben wir einfach keine Zeit. Wir sehen uns morgen.«
Begleitet von einer wunderbaren Melodie der Shanty-Sänger ging Hanna zu den Hüpfburgen. Sie kannte das Lied, nur der Titel wollte ihr nicht einfallen.
Je näher sie den bunten Ungetümen kam, desto lauter wurde das fröhliche Gekreische der Kinder, die im Bällebad herumsprangen oder die Rutsche hinuntersausten. Ob Florian doch hier auftauchte? Sie konnte es sich kaum vorstellen. Aber zumindest war es einen Versuch wert. Hanna wartete eine ganze Weile hinter dem weißen Holzzaun, schaute hin und her, rief sogar einmal, wohl wissend, dass sie gegen den Lärm nicht ankommen würde. Florian meldete sich tatsächlich nicht. Aber irgendwo musste ihr Junge sein. Sie stieg über den Zaun. Ein paar Meter weiter stand Klaas Geuken. Sein Sohn Marko war in Florians Klasse. »Hast du Florian gesehen?«, rief sie ihm zu.
Doch der schüttelte den Kopf. »Jetzt nicht mehr. Er war kurz hier, ist dann aber weg.«
»Danke.« Wo sollte sie suchen? Sollte sie überhaupt weitersuchen? Florian lief auch an anderen Tagen ohne sie über die Insel. Schließlich musste sie arbeiten. Trotzdem – ihr war nicht wohl bei dem Gedanken. So viele Menschen … Was wäre, wenn …? Unruhe machte sich in ihr breit.
»Na, haben Sie Ihren Sohn gefunden?« Ihr Chef war neben ihr aufgetaucht.
Sie schüttelte den Kopf.
»Dann haben Sie ein wenig Zeit für mich? Vielleicht könnten wir ja …«
»Nein«, sagte sie und passte auf, dass ihre Stimme in diesem Moment nicht das wiedergab, was sie empfand. »Ich werde mich um meinen Sohn kümmern.«
»Keine Sorge. Der taucht schon wieder auf. Hier geht keiner verloren.«
Eigentlich wollte Hanna ihm zustimmen, ihre Sorge als grundlos empfinden. Hier auf der kleinen Insel waren sie sicher. Dennoch. Das Leben hatte überall seine Schattenseiten. Da waren zum Beispiel die Nachstellungen ihres Chefs. Immer wieder versuchte er, mehr als betrieblichen Kontakt zu ihr aufzubauen. Bisher hatte sie ihn freundlich aber bestimmt in die Schranken weisen können.
Sie ging zurück zu einem der Zelte, wo sich eine lange Schlange vor dem Zapfhahn aufgebaut hatte. Wenn sie schon hier war, konnte sie sich ein Bier gönnen, während sie den Platz weiter mit ihren Augen absuchte. Der Junge musste hier irgendwo stecken!
Zu ihrem Erstaunen bekam sie ihr Bier recht zügig. An einem der Tische war Platz. Nun nichts wie los, bevor alles besetzt war. Es waren nur ein paar Meter, doch gerade, als sie ihr linkes Bein über die Bank heben wollte, spürte sie einen kräftigen Schubs in den Rücken. Nicht nur sie, sondern auch das Bierglas schwankte bedrohlich und der halbe Inhalt spritzte über den Tisch. Zum Glück saß auf der anderen Seite auch gerade keiner, sonst wäre die Dusche perfekt gewesen.
»Entschuldigung«, hörte sie eine Stimme.
Als sie sich gefangen hatte und sich umdrehte, sah sie den großen Mann mit den schwarzen, lockigen Haaren vor sich, der ihr schon bei den Shantymen aufgefallen war. Auch er hielt ein Bierglas in der Hand, das allerdings gut gefüllt war.
»Es … es tut mir echt leid, aber ich bin gestolpert, und da ist es passiert.«
»Schon gut.« Sie zog ein Taschentuch heraus, wischte die Bank ab und setzte sich.
»Sollen wir tauschen? Sie bekommen mein volles Glas und ich nehme Ihres«, schlug der Mann vor.
Wollte er einfach nur nett sein, oder war das als Anbiederungsversuch zu werten? Sie würde es sicherlich erfahren. Denn genau in diesem Moment wurde der Platz neben ihr frei und der Mann setzte sich einfach zu ihr.
»Machen Sie hier Urlaub?«
Sie wollte eigentlich gar nicht antworten, doch dann schüttelte sie leicht den Kopf. »Nein. Ich arbeite hier. Und jetzt gerade warte ich auf meinen Sohn.« Der sollte gleich wissen, worauf er sich einließ!
Hanna konnte sich ein Lachen kaum verkneifen, als ihr bewusst wurde, was sie da gerade gedacht hatte. Nur weil er gerade mal zwei Fragen gestellt hatte, standen sie nicht kurz vor der Verlobung! Wahrscheinlich wollte der nur mit ein paar netten Sätzen von seinem Malheur ablenken. Sie griff nach ihrem halbleeren Glas und nahm einen kräftigen Schluck. Er konnte sein Bier selber trinken.
»Salomon Bartels. Ich bin mit dem Shantychor hier.«
Was jetzt? Namen nennen oder einfach aufstehen und gehen? »Hanna Goedeke«, nuschelte sie.
»Und wo sind Sie beschäftigt?«
»Bei Bärmanns.« Wieder nahm sie einen Schluck. Wann war endlich dieses verdammte Glas leer?
»Ich kenne Kenny Jannssen vom Shantychor. Der arbeitet auch bei Saubär, oder? Er hat mir im Garten geholfen. Ein echter Glücksfall. Aber hier auf der Insel hilft man sich eben. War nämlich ganz schön was dran zu tun.«
Kenny. Natürlich. Er war fürs Grobe in der Firma zuständig. Wenn ein Abfluss verstopft war, wenn Äste von einem Baum gefallen waren und beseitigt werden mussten, wenn dienstags etwas auf der Müllumschlagstation entsorgt werden musste, und das war eigentlich immer der Fall – Kenny war da. Im Sommer beinahe jeden Tag. Hanna hatte das Gefühl, dass seine Arbeit eigentlich das ganz große Hobby dieses Mannes war. Sie sah ihn, wenn er mal ins Büro kam, nur lächeln und in der Zeit nach ihrer Ankunft hatte er oft Florian mitgenommen und ihm das Inselleben gezeigt.
»Das kann ich mir vorstellen«, erwiderte sie. Dabei war ihr völlig klar, dass sie erstens Salomons Garten überhaupt nicht kannte. Und zweitens, dass sie den Mann in Gedanken gerade Salomon genannt hatte. Es reichte. Sie wollte keinen Menschen hier näher kennenlernen. Schon gar nicht einen Mann. »Entschuldigen Sie, aber ich muss nach meinem Sohn schauen.«
Doch ehe sie im Gewühl verschwinden konnte, tauchte Florian wie aus dem Nichts vor ihr auf. »Mama, gibst du mir Geld? Ich will Lose kaufen.«
In die Erleichterung, dass ihr Sohn heil und munter vor ihr stand, mischte sich Hilflosigkeit. Welchen Grund sollte sie nun anbringen, um zu gehen? Neuer Versuch! »Ich komme mit.«
»Nein. Gib mir einfach das Geld«, stöhnte Florian genervt. »Meine Freunde warten.«
Der Mann neben ihr lachte.
Sie zog ihre Börse aus der Tasche. »Hier. Fünf Euro. Bring ordentlich Gewinne mit.«
Das war’s dann mit dem Abgang. Als Salomon Bartels anbot, ein weiteres Bier von der Theke zu holen, nickte sie.
Kurz darauf war er mit den beiden Getränken wieder da. »Ich spiele Akkordeon im Shantychor und ansonsten wohne ich hier und schreibe Thriller.«
Da waren im letzten Jahr doch diese Krimitage gewesen, die in einem Desaster geendet hatten. Sie erinnerte sich. Nicht, weil sie es selbst miterlebt hatte, sondern weil Ewelina und Paulina ihr mit verschwörerischen Gesichtern eines Abends davon erzählt hatte. Sie war drauf und dran gewesen, die Insel wieder zu verlassen, bei dem Gedanken, dass auch hier auf diesem Flecken, den sie für sich und ihren Sohn als Nest ausgesucht hatte, so schlimme Dinge passierten. Aber am nächsten Morgen hatte sie beschlossen, sich davon nicht in Angst versetzen zu lassen. Etwas Schreckliches war zwar geschehen, wenn alles so stimmte, wie ihre beiden Kolleginnen es ihr berichtet hatten, aber der Fall war aufgeklärt. Sie würde Salomon jetzt nicht fragen, ob er damals etwas mit den Geschehnissen etwas zu tun gehabt hatte.
Er prostete ihr zu. »Hier duzt man sich. Sollen wir nicht auch …?«
Das musste ja so kommen. Sie hob ihr Glas und stieß vorsichtig an. »Meinetwegen.« Sie wusste, dass das nicht gerade euphorisch klang, aber zu mehr Enthusiasmus war sie nicht in der Lage.
Salomon schien es nicht zu bemerken. »Ich war schon als Kind hier«, erzählte er. »Meine Verwandten haben hier gewohnt. Als die weggezogen sind, war meine schöne Baltrumzeit vorbei. Bis ich dann im letzten Jahr wieder einmal angereist bin. Tja. Und ich bin geblieben. Und du?«, fragte er. »Wie bist du auf die Insel gekommen?«
Sie zögerte. Jetzt war es wirklich Zeit zu gehen. »Eine Anzeige im Internet«, sagte sie kurz.
»Echt? Ist dein Mann auch hier?«
Sie schüttelte den Kopf, nahm einen letzten Schluck und stand auf. »Ich muss los.« Sie ließ das Glas zurück und ging zur Losbude.
Florian strahlte und zeigte ihr stolz einen Kescher. »Damit können wir Krebse fangen.«
»Und was machen wir mit den Krebsen?«, fragte sie.
»Du kaufst ein Aquarium«, schlug er vor. »So eins wie im Nationalparkhaus. Da setzen wir die dann rein und können die super beobachten.«
»Ich glaube, dafür ist unsere Wohnung zu klein«, erwiderte sie. »Außerdem habe ich keine Ahnung, was Krebse fressen.«
»Dann musst du die Frau im Nationalparkhaus fragen. Oder den Mann, der die Krebse gefüttert hat.«
»Ich denke, es ist besser, wenn wir die Tiere dort anschauen. Oder da, wo sie wohnen. Für deinen Kescher finden wir eine andere Aufgabe.« Mein Sohn ist nicht dumm, dachte sie, und die Schule hier tut ihm gut. Kleine Klassen und engagierte Lehrer. Nicht wie in der Stadt. Dort war er in den ersten beiden Jahren beinahe untergegangen im Durcheinander der vielen verschiedenen Kinder. »Ich möchte nach Hause. Kommst du mit?«
»Nein, ich will noch etwas hierbleiben. Nimmst du den Kescher mit?«
»Klar.« Sie nahm Florian den Kescher ab, winkte ihm zu und ging zu ihrem Fahrrad. Er würde sicher auch bald zu Hause sein. Sie hatte ihm Pfannkuchen zum Abendessen versprochen.
Mühsam schälte sich Michael Röder aus seiner Bettdecke. Es war spät geworden gestern Abend. Doch das Klingeln seines Telefons zeigte ihm unmissverständlich an, dass er gebraucht wurde. Er langte zum Nachttisch hinüber, stieß den Wecker um und fegte beinahe sein kleines Radio herunter. Dann, endlich, fand er das Telefon. »Röder. Polizei Baltrum«, nuschelte er.
»Hallo, Michael. Hier ist Verena. Wir räumen gerade auf und der Mann, der die Hüpfburg abbaut, hat bemerkt, dass bei der alten Inselkirche etwas nicht stimmt. Die grüne Holztür steht weit offen und das Schloss der Glastür scheint defekt.«
»Bin gleich bei euch.«
Ein Morgen ohne Frühstück ist wie …? Nein, dachte er. Es ist eigentlich egal. Wenn Sandra, seine Frau, zu Hause war, dann war ein ordentliches Frühstück angesagt, ja. Aber sie weilte bereits vierzehn Tage am Festland zu Besuch bei ihrer Freundin Wiebke. Eigentlich hatte er zum Wochenende auch hinfahren wollen, aber sein Hilfssheriff hatte für eine Nacht nach Hause müssen. Notfall in der Familie. So war Michael auf der Insel geblieben und hatte fest versprochen, Sandra am nächsten Wochenende abzuholen. Er freute sich darauf, weil er dann seinen Freund Arndt Kleemann sehen würde, der mit Wiebke einen ganz neuen Lebensweg ging. Er hatte sich als Ermittler freistellen lassen und war Bauer geworden. Das Ehepaar hatte eine kleine Landwirtschaft in der Krummhörn gepachtet und baute Obst und Gemüse an.
Seitdem war sein Freund ein ganz anderer Mensch geworden. Es war, als sei das Wort Entspannung in sein Gesicht geschrieben. So ruhig und gelassen hatte er Arndt als ermittelnden Kommissar die letzten Jahre über nicht erlebt.
Röder griff nach Hemd und Hose und wurde kurz darauf in der Küche von Amir, dem Heidewachtel, begrüßt. »Kommst du mit?«, fragte er den Hund, wohl wissend, dass es dieses Satzes nicht bedurft hätte, um Amir aus dem Körbchen zu locken. Er konnte ihm kaum folgen, so schnell, wie der draußen war.
Er holte sein Fahrrad aus dem Schuppen und fuhr los. Es war schon ordentlich Leben auf den Straßen. Vor der Backstube Störtebeker standen die Menschen bis an die Straße, alle beseelt von dem Wunsch nach frischen Brötchen. Andere zogen ihren Bollerwagen zum Strand. Darin saßen Kinder umgeben von Liegen, Schaufeln, Bällen und allem, was man zum Leben am und im Wasser so benötigte. Auch der eine oder andere Pferdewagen mit Fracht war unterwegs, um die Lebensmittelmärkte zu versorgen. Die am Wochenende frisch angekommenen Gäste hatten die Regale leer geräumt, daher warteten die Mitarbeiter montags immer besonders dringend auf neue Ware vom Festland.
Auf dem Platz vor dem Restaurant Zum Seehund herrschte ebenfalls reges Treiben. Zelte wurden abgebaut und die Hüpfburgen lagen schlapp mit abgelassener Luft auf dem Rasen vor der Inselglocke. Mitten im Gewühl sah er Verena. Er stellte sein Rad ab und winkte ihr zu. »Was soll ich mir ansehen?«, rief er.
»Komm mit.«
Er folgte ihr zur alten Inselkirche. Die grüne Holztür stand tatsächlich offen. Auch die Glastür, die normalerweise fest verschlossen war, wenn nicht eine Hochzeit, eine Taufe oder ein Abendgottesdienst dort stattfand, war nur angelehnt. Ein Riss ging längs durch das Glas und am Schloss konnte er Bruchspuren erkennen. »Hast du was mitbekommen? Geräusche oder etwas anderes?«
Verena schüttelte den Kopf. »Nein. Das Inselglockenfest zog sich heute Nacht ziemlich hin. Es dauerte eine ganze Weile, bis die letzten Gäste weg waren. Das heißt, die Allerletzten sind, nachdem wir draußen Schluss gemacht hatten, noch auf ein Bier mit in die Gaststätte gekommen. Als endlich Feierabend war, bin ich todmüde ins Bett gefallen. Ich hätte nicht einmal gehört, wenn die die ganze Kirche abgerissen hätten.«
»Ist dir aufgefallen, ob irgendwas fehlt?«
Sie lachte. »Wie soll ich das wissen? Ich wohne zwar neben der Kirche, habe aber ewig nicht mehr reingeschaut.«
Röder schaute zum Altar. Er kam ihm merkwürdig leer vor. Es war zwar auch bei ihm schon eine ganze Weile her, dass er einen Blick in die Kirche geworfen hatte, aber er meinte sich zu erinnern, dass dort ein blauer Kelch gestanden hatte. »Ich rufe Nadja Recknagel an. Sie ist die Expertin.«
Er knotete Amirs Leine an den weißen Holzzaun und wartete.
Es dauerte keine fünf Minuten, da war die Pastorin zur Stelle. »Was ist passiert? Habe ich das eben richtig verstanden? Ein Einbruch? Ach, guten Tag erst einmal«, sprudelte sie atemlos heraus, während sie von ihrem Fahrrad sprang.
»Wir wissen gar nichts. Dafür brauchen wir Sie«, erklärte Röder.
Nadja Recknagel drängte sich an ihm vorbei und starrte auf die zerbrochene Glastür. »Was ist das? Das sieht echt nach Einbruch aus!«
»Es kann natürlich auch sein, dass einer von den Gästen angeschickert gegen die Tür geknallt ist, was die dann nicht überlebt hat. Alle Möglichkeiten sind offen«, sagte Röder. »Ich möchte zunächst wissen, ob etwas fehlt.« Er deutete auf den Blumenstrauß, der zerfleddert vor dem Altar lag. »Stand noch mehr auf dem Altar?«
»Ein silbernes Kreuz. Ich kann es nicht entdecken. Und normalerweise ein blauer Abendmahlskelch. Den habe ich aber hinter den Altar gestellt.«
»Ist das Kreuz wertvoll?«, fragte Verena. »Wenn ja, hätte man es besser nicht da stehen lassen sollen. Das bietet sich doch zur Mitnahme an.«
Nadja Recknagel schaute die Wirtin ungläubig an. »Hier auf der Insel? Wer rechnet denn damit, dass das Ding geklaut wird? Außerdem war die Tür immer abgeschlossen.«
»Was jedoch für den Dieb kein Problem war, oder?«, hakte Verena nach.
»Offensichtlich nicht.« Nadja Recknagel wollte die Kirche betreten, doch der Inselpolizist hielt sie zurück. »Bitte nicht. Ich möchte erst einmal auf Spurensuche gehen. Da wäre es unklug, eben diese jetzt zu verwischen. Fehlt sonst etwas?«
»Nicht, soweit ich es von hier aus erkennen kann.« Die Pastorin atmete tief durch. »Wie gut, dass unser wertvollstes Stück hier nicht gestanden hat. Es ist ein Kelch. Er wurde der Gemeinde zwischen fünfzehnhundertfünfundfünfzig und -neunundfünfzig von Katharina von Schweden geschenkt. Sie war die Frau von Graf Edzard dem Zweiten. Der Kelch steht aber gut verwahrt in der Johannes-A-Lasco-Bibliothek in Emden. Ich gebe zu, dass es sinnvoll war, ihn sicher unterzubringen, bei dem Wert. Aber für das kleine Kreuz habe ich nie eine Gefahr gesehen. Der Geldwert ist nicht hoch.«
»Aber für den einen oder anderen vielleicht der ideelle«, überlegte Verena.
Nadja Recknagel schaute die Wirtin des Seehunds verblüfft an. »Sie denken doch nicht, dass Gäste zur Erinnerung an ihre Hochzeit das Kreuz haben mitgehen lassen?«
»Egal ob Gäste oder Einheimische, das Kreuz ist weg«, antwortete Verena trocken.
»Gut, dann werde ich meinem Kollegen Bescheid geben, dass er mit dem Spurensicherungsköfferchen erscheinen soll.« Röder schaute auf die Uhr. Das Schiff, mit dem sein Kollege Wille wieder zurück auf die Insel kommen wollte, hatte bereits angelegt. »Sie, Frau Recknagel, möchte ich bitten, nachzusehen, ob Sie ein Bild oder eine genaue Beschreibung des Kreuzes in den Unterlagen haben.«
»Ich bringe Ihnen alles auf die Wache.« Genauso schnell, wie die Frau erschienen war, verschwand sie wieder.
»Und ich, kann ich auch gehen?«, bat Verena. »Wir haben so viel zu tun heute Morgen.«
Röder nickte. »Kein Problem, ich weiß, wo ich dich gegebenenfalls finde.«
Wilfried Weerts, genannt Wille, meldete sich sofort und versprach zu kommen. Röder wartete vor der Tür und sah, wie zwei von Verenas Mitarbeitern die Theke ins Haus trugen. Die werde ich auch befragen, überlegte er. Schließlich wohnten die nicht weit entfernt. Vielleicht hatten sie etwas gehört.
Er zuckte zusammen, als es direkt neben ihm heftig quietschte. Die Bremse von Willes Pedelec konnte tatsächlich mal wieder etwas Reinigung vertragen, aber das würde er seinem Hilfssheriff überlassen, er selbst hatte zu so etwas einfach keine Lust. Daher war die Pflege der Räder seit Jahren der Job der Kollegen, die im Sommer zu seiner Unterstützung auf die Insel kamen. Bei ihm war das Pedelec für den täglichen Gebrauch bisher ohnehin nicht so recht angekommen. Es war auf den roten Verbundsteinen sehr rutschanfällig. Bei Minusgraden war es sogar äußerst gefährlich. Ein Schlenker oder ein wenig zu scharf gebremst und schon verlor man die Kontrolle.
»Na, alles gut zu Hause?«, begrüßte er seinen Kollegen.
Wille stöhnte leicht. »Nicht wirklich. Meine Mutter hatte einen Schlaganfall. Jetzt wird sie im Krankenhaus versorgt. Die Ärzte haben jedoch eine ganz positive Prognose abgegeben. Warten wir mal ab. Meine Schwester kümmert sich. Aber jetzt – was liegt hier an?«
»Eine aufgebrochene Kirchentür, etwas Randale und ein verschwundenes Kreuz«, sagte Röder knapp, während Wille den Koffer vom Fahrrad hob. »Was genau dahintersteckt, ob Diebstahl oder eine aus dem Ruder gelaufenen Fete – ich habe bis jetzt keine Ahnung.«
»Na, dann lass uns mal mit der Tatortarbeit beginnen und die Spuren sichern. Vielleicht kommen wir der Sache dann näher.« Wille öffnete den Koffer und reichte ihm Schutzkleidung.
Musste das sein? Schließlich lag kein Toter in der Kirche. Und Fingerabdrücke? Die waren reichlich vorhanden. So ungefähr jeder zweite Inselbesucher hatte mit Sicherheit schon einmal versucht, die Glastür zu öffnen, um einen näheren Blick in die Kirche werfen zu können. Aber Wille hatte recht. Wozu waren sie Polizisten? Er zog sich die Schutzkleidung an, nahm Pinsel und Rußpulver und begann mit der Arbeit.
Er schaute unter die Bänke, ob sich nicht dort das silberne Kreuz finden ließ, doch er konnte nichts entdecken. Was ihm allerdings auffiel, war der kräftige Geruch nach Bier. Und tatsächlich, neben der Orgel lag ein leeres Glas. Die Orgel selber glänzte klebrig und je näher er kam, desto intensiver wurde der Alkoholgeruch. »Da hat jemand die Pfeifen unter Bier gesetzt«, sagte er zu Wille.
Sein Kollege beugte sich über die Orgel. »Ich schätze mal, das war nicht nur ein Glas voll. Hier hat sich jemand richtig ausgetobt! Was soll das nur? Wie besoffen muss man denn sein, um so einen Schweinkram zu veranstalten?«, schimpfte er. »Oder wie groß muss der Hass auf die Kirche sein? Welchen Grund gibt es? Ach Mist, was heißt hier Grund – es gibt keinen Grund, so ein Elend hier zu hinterlassen. Ich bin echt gespannt, ob die Orgel weiter bespielbar ist.«
»Ich spreche mit der Pastorin, wenn sie das Bild von dem Silberkreuz in die Wache bringt. Sie kann dann Kontakt mit einem Restaurator aufnehmen.«
»Es wäre wirklich ein Jammer, wenn das gute Stück kaputt wäre«, wiederholte Wille. »Bei uns in Norden in der Ludgeri-Kirche gibt es eine Arp-Schnitger-Orgel. Du müsstest mal erleben, wenn sie gespielt wird. Da wird man ganz klein in der Kirchenbank. Hier die Orgel ist natürlich viel einfacher, eben der Kirche angepasst, aber die Orgel ist Herz und Seele einer Kirche.«
»Sie muss mit Sicherheit gewartet werden, dann wissen wir mehr«, versuchte Röder seiner Kollegen zu beruhigen. »Außerdem werde ich vorschlagen, dass die Figur dort oben zumindest für eine gewisse Zeit entfernt wird.« Er zeigte auf eine weiße Madonnen-Skulptur.
»Könnte besser sein«, bestätigte Wille. »Wenn es wirklich jemand auf die Kirche abgesehen hat, möchte ich keine Garantie übernehmen. Übrigens sollten wir uns Gedanken um die anderen Kirchen auf der Insel machen. Wer weiß, was dort so alles passiert in den nächsten Tagen.«
»Das ist eben die große Frage: Kirchenhasser oder Saufbold? Das sollten wir möglichst schnell herausfinden«, erwiderte Röder.
Sie hatten Spuren genommen, Röder hatte Amir nach Hause gebracht, und dann hatten sie die gesamte Nachbarschaft rund um die kleine Inselkirche befragt. Zumindest all die Menschen, die sie an diesem schönen Sommertag hatten erreichen können. Doch keiner hatte etwas Wesentliches zur Aufklärung beitragen können.
Später würden sie sich einige Teilnehmer des Inselglockenfestes vornehmen. Die, mit denen sie bis jetzt gesprochen hatten, hatten ratlos mit den Schultern gezuckt und lediglich Auskunft über die leckere Bratwurst oder einen Erfolg bei der Tombola geben können. Aber nun, nach ein paar Stunden der Ermittlungen, zog Röder seine verschwitzte Dienstkleidung aus und seine Malerhose an. Eine Stunde Pause, das musste einfach sein, bevor es wieder losging.
Röder entrollte die Tapete auf dem Tapeziertisch und schnitt eine Bahn ab. Hoffentlich war es diesmal die richtige Länge. Die erste war genau zehn Zentimeter zu kurz gewesen.
Er überstrich die Wand des Flures mit Kleister, pappte die Tapete möglichst zielsicher neben die andere Bahn und schaute vorsichtig nach unten. Prima. Sie passte genau. Er strich sie glatt, bis keine Delle mehr zu sehen war, dann bestrich er das nächste Stück Wand mit Kleister. Wenn er weiter so viel Glück hatte, wäre er gegen Abend fertig.
Sandra würde sich ganz schön wundern. Sie hatte zwar mal angedeutet, dass der Flur wieder eine neue Tapete gebrauchen konnte, würde jedoch nie damit rechnen, dass er sich tatsächlich an die Arbeit gemacht hatte. Er hatte noch an ihrem Abfahrtstag alles bestellt, was er benötigte, und ein paar Tage später waren die Sachen angeliefert worden. Wille hatte angeboten, ihm zu helfen, aber Michael hatte ihn gebeten, den Dienst zu versehen, damit er selbst sich, wenn nicht viel zu tun war, freinehmen konnte. Das ging jetzt, wo sie zu zweit ihre Arbeit aufteilen konnten, besser als in der Winterzeit, in der er allein für alles zuständig war.
»Der Bericht ist fertig!«
Röder erschrak. Beinahe wäre ihm der Quast aus der Hand und in den Kleistereimer gefallen.
Wille lachte. »Wo warst du denn mit deinen Gedanken, lieber Michael? Konzentrier dich auf die Arbeit. Nicht, dass die Streifen schräg über die Wand verlaufen.«
Das wäre tatsächlich nicht gut.
War es denn überhaupt gut? Er hatte ein dezent gestreiftes Muster ausgewählt, das ihm auf der Seite des Herstellers gut gefallen hatte, aber jetzt kam er sich mit der neuen Tapete vor wie ein Orang-Utan in einem Zoo hinter Gittern. Es war Jahre her, dass sich dieses Bild bei ihm eingeprägt hatte, aber er hatte den Blick dieses traurigen Menschenaffen nie vergessen können. Seitdem war er kein Freund von Zoobesuchen mehr, obwohl er wusste, dass sich in der Haltung der Tiere inzwischen viel getan hatte.
Er würde sich schon dran gewöhnen. Außerdem – wenn erst die Garderobe wieder an der Wand stand, würde das Muster gar nicht mehr so auffallen.
»Ich habe übrigens mit einem der Bewohner der Alten Schule gesprochen«, berichtete Wille. »Wir hatten ihn heute Morgen nicht erreicht. Das Haus steht ja direkt neben der Kirche, aber der Mann sagte, er habe nur mal ein wenig Gegröle und Geschimpfe gehört, als er kurz in der Küche war. Aber er war fest der Meinung, dass das vom Fest herübergeschallt ist.«
»Wann war das? Hat er eine Uhrzeit gesagt?« Röder maß ein neues Stück Tapete aus.
»So gegen zweiundzwanzig Uhr, meinte er. Da war es ja fast noch hell. Wenn da einer die Tür eingetreten hätte, wäre das doch aufgefallen, denke ich. Trotz der feuchtfröhlichen Lautstärke auf dem Platz.«
»Das glaube ich auch«, sagte Röder. »Allerdings haben wir keine Zeugenaussage, die belegen kann, wann in der Kirche noch alles in Ordnung war.«
»Das ist richtig«, bedauerte Wille. »Wir können also nur beten, dass irgendjemand etwas bemerkt hat. Habe aber nicht viel Hoffnung.«
Die hatte Röder auch nicht. Sie hatten am Morgen Verenas Mitarbeiter befragt, aber keinem war etwas Ungewöhnliches aufgefallen. Keiner hatte Personen auf dem Schirm gehabt, die sich auffällig benommen hatten.
»Was ist mit den beiden jungen Frauen hinter der Wursttheke?«, fragte Wille.
»Ewelina und Paulina meinst du?«
»Aha, woher kennt mein Kollege die Vornamen?« Wille grinste.
»Nun mach mal halblang. Verena hat sie mir genannt und auch erzählt, dass sie bei Saubär arbeiten. Daraufhin habe ich mit Bärmann besprochen, dass er den Damen Bescheid sagt und ich so gegen sechzehn Uhr dort auftauche. Dann haben die nämlich Feierabend und sind nicht damit beschäftigt, Ferienwohnungen zu putzen.« Röder schaute auf die Uhr. »Noch zwei Bahnen, dann fahre ich los.«
»Wasch dir aber vorher die Hände, damit du nicht aus Versehen an den Damen festklebst. Das könnte Sandra …«
»Raus!«
Wille zog lachend die Tür zum Wachraum hinter sich zu.
Röder schaffte es ziemlich zügig, die beiden Bahnen an die Wand zu kleben. Er zog die Malersachen aus und seine Dienstkleidung an. Machte sich immer besser, offiziell aufzutreten.
Michael klopfte an die Bürotür und eine freundliche Stimme bat ihn herein. Er öffnete und sah am Schreibtisch eine Frau mit kurzen blonden Haaren sitzen. Ihr Alter schätzte er auf Mitte dreißig.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte sie mit leiser Stimme.
»Ich suche die beiden Damen, die hier arbeiten sollen. Röder. Polizei Baltrum. Und wer sind Sie?«
»Hanna Goedeke.« Sie stand auf. »Ich hole die beiden.«