Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Weiße Sandstrände und türkisfarben schimmerndes Meer, bunte Fischschwärme und Korallenriffe – Barbados, St. Lucia und Grenada gehören zur Inselgruppe der Kleinen Antillen und erfüllen jede Postkartenvorstellung von der karibischen Inselwelt. Seit Jahren steigt die Zahl der Karibik-Reisenden, die gern mehrere Inseln besuchen möchten – sei es auf einer individuell geplanten Tour, als Kreuzfahrttourist oder als Segler. Barbados, St. Lucia und Grenada sind von Deutschland aus mit Direktflügen zu erreichen. Ein gut ausgebautes innerkaribisches Flugliniennetz verbindet die einzelnen Inseln miteinander. Barbados ist für seinen Rum und die herrschaftlichen Kolonialvillen bekannt – hier lässt sich die bewegte Geschichte der Karibik auf Schritt und Tritt erleben. St. Lucia beeindruckt durch seine Traumstrände und die berühmten Lavaberge. Auf der kleinen Gewürzinsel Grenada dreht sich alles um Muskat, Nelken, Zimt: Hier gibt es noch viel Unbekanntes zu entdecken. Die erfahrene Karibik-Autorin Heidrun Brockmann beschreibt ausführlich die einzelnen Inseln und macht Vorschläge für Erkundungen auf eigene Faust. Sie empfiehlt Kombinationsreisen und gibt Unterkunfts- und Restaurant-Tipps für alle Reisebudgets. Urlauber finden zahlreiche praktische Hinweise für Outdoor-Aktivitäten wie Wandern, Baden, Tauchen, Schnorcheln und Segeln. Die rund 20 Detailkarten inklusive Reisetipps können per QR-Code kostenfrei auf das Smartphone oder das Tablet geladen werden und sind somit überall dabei. - Drei beliebte Karibik-Inseln mit Direktflugverbindung in einem Band! - Individuelle Reisetipps zu Unterkunft, Restaurants und Outdoor-Aktivitäten - Nicht nur bei Kreuzfahrt-Touristen im Trend: Karibik-Reisen auch bei Individualtouristen immer beliebter
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 496
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Heidrun Brockmann
Barbados
St. Lucia & Grenada
Im Internet:
www.iwanowski.de
Hier finden Sie aktuelle Infos zu allen Titeln, interessante Links – und vieles mehr!
Einfach anklicken!
Schreiben Sie uns, wenn sich etwas verändert hat. Wir sind bei der Aktualisierung unserer Bücher auf Ihre Mithilfe angewiesen:
Barbados, St. Lucia & Grenada1. Auflage 2017
© Reisebuchverlag Iwanowski GmbHSalm-Reifferscheidt-Allee 37 · 41540 DormagenTelefon 0 21 33/26 03 11 · Fax 0 21 33/26 03 [email protected]
Titelfoto: Worthing Beach, Barbados © huber-images.de / Canali PietroAlle anderen Farbabbildungen: s. Abbildungsverzeichnis S. 304Layout: Monika Golombek, KölnKarten und Reisekarte: Astrid Fischer-Leitl, MünchenTitelgestaltung: Point of Media, www.pom-online.deRedaktionelles Copyright, Konzeption und deren ständige Überarbeitung: Michael Iwanowski
Alle Rechte vorbehalten. Alle Informationen und Hinweise erfolgen ohne Gewähr für die Richtigkeit im Sinne des Produkthaftungsrechts. Verlag und Autoren können daher keine Verantwortung und Haftung für inhaltliche oder sachliche Fehler übernehmen. Auf den Inhalt aller in diesem ebook erwähnten Internetseiten Dritter haben Autoren und Verlag keinen Einfluss. Eine Haftung dafür wird ebenso ausgeschlossen wie für den Inhalt der Internetseiten, die durch weiterführende Verknüpfungen (sog. „Links“) damit verbunden sind.
ISBN epub: 978-3-86457-226-5ISBN Mobipocket: 978-3-86457-227-2ISBN pdf: 978-3-86457-228-9
Alle Karten zum Gratis-Download – so funktioniert’s
In diesem Reisehandbuch sind alle Detailpläne mit sogenannten QR-Codes versehen, die vor der Reise per Smartphone oder Tablet-PC gescannt und bei einer bestehenden Internet-Verbindung auf das eigene Gerät geladen werden können. Alle Karten sind im PDF-Format angelegt, das nahezu jedes Gerät darstellen kann. Für den Stadtbummel oder die Besichtigung unterwegs hat man so die Karte mit besuchenswerten Zielen und Restaurants auf dem Telefon, Tablet-PC, Reader oder als praktischen DIN-A-4-Ausdruck dabei.
Sollten Probleme beim Karten-Download auftreten, wenden Sie sich bitte direkt an den Verlag. Unter [email protected] erhalten Sie die entsprechende Linkliste zum Herunterladen der Karten.
Barbados, St. Lucia und Grenada –ganz besondere Perlen der Karibik
1. LAND UND LEUTE
Barbados, St. Lucia & Grenada in Kürze
Barbados
St. Lucia
Grenada
Historischer Überblick
Zeittafel von Barbados, St. Lucia und Grenada
Die Ureinwohner der karibischen Inseln
Das Saladoid • Die Taínos
Die Besiedlung von Barbados, St. Lucia und Grenada
Die Ankunft der Europäer in der Karibik
Die Ankunft der Europäer auf Grenada, St. Lucia und Barbados
Kolonialmächte und Kolonialkriege
Kolonialisierung durch die Franzosen • Kolonialisierung durch die Briten
Sklaven auf den „Zuckerinseln“
Das 20. und 21. Jahrhundert
Wirtschaft und Gesellschaft
Barbados
St. Lucia
Grenada
Landschaftlicher Überblick
Geologie und Landschaftsformen der Karibik
Was sind die Antillen?
Geologische Entwicklung
Das Meer
Klima und Reisezeit
Hurrikans
Flora und Fauna
Flora • Fauna
Karibisches Kaleidoskop – Gesellschaft, Kunst und Kultur
Die Bevölkerung
Religionen auf den Antillen
Sprachenvielfalt und Sprachverwirrung
Literatur
Architektur
Bildende Kunst
Musik – Calypso, Karneval und Steelbands
Essen und Trinken auf den Antillen
Speisen • Getränke
2. BARBADOS, ST. LUCIA UND GRENADA ALS REISEZIEL
Allgemeine Reisetipps A–Z
Die Grünen Seiten:Das kostet das Reisen auf Barbados, St. Lucia und Grenada
3. BARBADOS
Überblick
Inseltouren
Barbados entdecken
Die Hauptstadt Bridgetown
Stadtzentrum • Nördlich des Stadtzentrums • Östlich des Stadtzentrums • Südlich des Stadtzentrums • Das historische Bridgetown und die Garnisonsstadt • Needham’s Point
Die Südküste: zwischen Needham’s Point und South Point
Hastings • Rockley Beach • St. Lawrence Gap • Oistins
Die Westküste: von Bridgetown nach Speightstown
Holetown • Speightstown
Der Norden von Barbados
Zum North Point • Von Speightstown zur Ostküste über St. Nicholas Abbey
Die Ostküste: über Bathsheba in den Süden
Bathsheba • Crane Beach
Das Inselinnere: quer durch Barbados
Von Bridgetown zum Chalky Mount • Von Bridgetown nach Bathsheba • Von Bridgetown zum Ragged Point Lighthouse • Von Bridgetown zum Sunbury Plantation House
4. ST. LUCIA
Überblick
Inseltouren
St. Lucia entdecken
Die Hauptstadt Castries
Stadtzentrum • Am Stadtrand von Castries
Der Norden St. Lucias
Östlich von Castries • Nördlich von Castries • Der äußerste Norden
Der Westen und Südwesten: über Soufrière nach Vieux Fort
Von Castries nach Soufrière • Soufrière und Umgebung • Weiter in den Süden
Der Osten St. Lucias: über Dennery nach Vieux Fort
Von Castries an die Ostküste nach Dennery • Von Dennery weiter nach Vieux Fort
5. GRENADA
Überblick
Inseltouren
Grenada entdecken
Die Hauptstadt St. George’s
Stadtzentrum • Weitere Sehenswürdigkeiten im Umkreis
Der Südwesten: südlich von St. George’s
Halbinsel Lance aux Epines
Der Norden von Grenada
Von St. George’s an der Westküste entlang bis zur Sauteurs Bay • Von Sauteurs an der Ostküste entlang nach Süden und durchs Inselinnere zurück nach St. George’s
Der Osten und Südosten von Grenada
Von St. George’s durchs Inselinnere nach Grenville • Von Grenville am Atlantik entlang nach St. George’s
Weitere Inseln im Three Island State Grenada
Carriacou • Petite Martinique • Kleinere Inseln
6. ANHANG
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Bildnachweis
Danksagung
Weiterführende Informationen
Christoph Kolumbus
Neo-Kolonialismus durch die US-Amerikaner
Bukaniere und Filibuster – das Zeitalter der Piraten
Wie entsteht ein Hurrikan?
Der blaue Sack
Wie entsteht Rum?
Von der einstigen Pionierfahrt ins Paradies bis zum Wirtschaftszweig Kreuzfahrt
The Barbadian Rum Shop
Tanzen zu bunten Farben und unterschiedlichsten Klängen
Wo kommt der Rum eigentlich her?
Fliegende Fische
Chattel Houses
Kwéyòl – kulturelles Erbe und Gegenwart
St. Lucia Jazz & Arts Festival
Wandern im Edmund Forest Reserve und im Quilesse Forest Reserve
Fond Gens Libre und die Wanderung auf den Gros Piton
Hash time
Der Fish Friday in Gouyave
Karten und Grafiken
Barbados – elf Kirchspiele
Bridgetown
Castries
Die vier Reisen von Christoph Kolumbus
Der Dreieckshandel im 17. Jh.
Garrison
Grenada
Inselbögen/ Nördliche Antillen
Plattentektonik in Mittelamerika
Rodney Bay
Soufriére
St. George’s
St. Lucia
St. Lucia Norden
St. Lucia Süden
Südküste Barbados
Südlich von St. George’s/Grand Anse
Vieux Fort
Westküste Barbados
Überblick Barbados
Überblick St. Lucia
Überblick Grenada
Karte Barbados, St. Lucia, Grenada - Übersicht
Karte Barbados
Barbados, St. Lucia und Grenada erfüllen jede Postkartenvorstellung von der karibischen Inselwelt, ob helle Sandstrände und türkisfarben schimmerndes Wasser, bunte Fischschwärme und faszinierende Korallenriffe, Palmen am schwarzen Vulkanstrand oder sattgrüne tropische Vegetation und fruchtbare Vulkanberge. Die drei Inseln gehören zu den Kleinen Antillen. Diese im Englischen Lesser Antilles genannten Inseln werden vor allem deswegen „klein“ genannt, weil sie eine weit geringere Größe aufweisen als z. B. Kuba oder Jamaika, die zu den Großen Antillen zählen. Und das wiederum bedeutet, dass sich auf den Kleinen Antillen Inselgefühl pur erleben lässt.
Wer St. Lucia oder Grenada bereist, kann Wanderungen im tropischen Regenwald unternehmen und anschließend im Karibischen Meer schnorcheln, auf St. Lucia kann man zudem Muskelentspannung im vom Vulkan erwärmten Wasser betreiben. Auf Barbados ist das Schwimmen mit Schildkröten ein besonderes Erlebnis, daneben bietet sich an den vielen schönen Stränden das Liming an der Strandbar oder in einem der zahlreichen Rum Shops an, also das gepflegte Nichtstun und Trinken. Mit dem Auto, dem Bus oder Taxi lassen sich die durch vulkanische Aktivität entstandenen Inseln St. Lucia und Grenada sowie das aus Korallengestein bestehende Barbados gut in ein bis zwei Tagen umrunden. Wohl kein Besucher kann sich dabei dem Zauber der landschaftlich abwechslungsreichen karibischen Inselwelten entziehen.
Die Bevölkerung der Inseln ist jeweils aus einem Schmelztiegel indianischer, europäischer, afrikanischer und asiatischer Einflüsse hervorgegangen. So findet sich heute auf den Inseln eine bunte Vielfalt unterschiedlicher Ethnien, Sprachen, Religionen und Lebensweisen. Elementen dieser karibischen Kultur begegnet man auf den Märkten und in den Gassen der Inselstädte, auf den lokalen Festen und auf dem Speisezettel der Kleinen Antillen. Diese reizvolle Mixtur ist allerdings – und das ist die Kehrseite des Paradieses – das Resultat einer oftmals brutalen Geschichte. Das Auftauchen der Europäer war der Beginn der Ausrottung der indigenen Bevölkerung, der Leidensgeschichte der schwarzen Sklaven sowie der blutigen Kolonialkriege. Relikte der wechselhaften Historie sind allenthalben zu entdecken: jahrtausendealte Felszeichnungen der Urbevölkerung, Sklavenhütten, Landhäuser der Zuckerbarone, Festungen, die vor Piraten oder verfeindeten europäischen Mächten schützen sollten, dänische Bürgerhäuser, niederländische Windmühlen, französische Kirchen.
Seit Jahren steigt die Zahl der Reisenden, die mehrere Inseln miteinander verbinden möchten – sei es auf einer individuell geplanten Tour, als Kreuzfahrttourist oder als Segler. Barbados, St. Lucia und Grenada sind von Deutschland aus durch Direktflüge ab Frankfurt sehr gut zu erreichen. Innerkaribische Fluglinien sorgen dafür sodass man auch zwei oder alle drei Inseln gut besuchen kann. Wie auch immer Sie Ihren Urlaub planen und einteilen, nehmen Sie sich vor allem Zeit und lassen Sie sich auf die Paradiese der karibischen Inselwelt mit ihrer eigenen Gangart ein. Jede einzelne Insel ist auf ihre Art eine ganz besondere Perle der Karibik.
Hamburg, im November 2016Heidrun Brockmann
Auf Barbados (ausgespr.: Ba-bei-dos) gibt es immer etwas zu unternehmen und das macht die Insel für die meisten Besucher so attraktiv. Langweilig wird es hier nicht. Die nur 36 km lange und 24 km breite Insel ist nicht größer als die Hansestadt Bremen, zählt aber zu den größeren Inseln der Kleinen Antillen. Barbados ist außerdem die östlichste Insel der Karibik, sie gleicht einem weit in den Atlantik hinausgeschobenen Vorposten, den Schiffsreisende aus Europa als ersten Teil der Neuen Welt erblicken. Von hier aus liegt St. Lucia 174 km Luftlinie weiter nordwestlich, im Südwesten befindet sich Grenada 246 km entfernt – mit dem Flugzeug ist man in 30 bis 45 Minuten da.
Weiße Sandstrände sind von keiner Unterkunft weit entfernt, egal ob man sich an der teureren „Platin-Küste“ im Westen einquartiert oder die günstigere Südküste als Ausgangspunkt gewählt hat. Die Restaurant-Szene auf Barbados ist in ihrer Vielfalt und Qualität beeindruckend, von der Straßenparty mit auf Holzkohle gegrillten karibischen Leckerbissen bis hin zur gehobenen Sterneküche sind feinste kulinarische Erlebnisse garantiert.
Raus aufs Wasser ist das Motto auf Barbados, ob zum Schnorcheln im seichten, klaren Wasser, für einen Segeltörn weiter draußen auf dem Meer, um im Mini-U-Boot die Unterwasserwelt zu erkunden, zum Tiefseefischen, zum Kitesurfen am Sandy Beach oder zum Wellenreiten an der Soup Bowl von Bathsheba.
Die Strände von St. Lucia (ausgespr. „Sänt Luh-scha“) sind auf jeden Fall einladend, keine Frage, aber die Insel ist vulkanischen Ursprungs und zum Teil sehr gebirgig (höchster Berg: Mt. Gimie mit 951 m ü. d. M.), von daher gibt es nur wenige lange und helle Sandstrände, sondern es überwiegen dunkle Strandabschnitte aus Vulkangestein und Korallen. Der Reduit Beach im Norden St. Lucias glänzt mit seinem langen goldenen Sandstrand am allerschönsten. Im Süden zeugt der schwarze Strand der Anse Chastanet von der vulkanischen Herkunft der Insel.
Bekannt ist St. Lucia für exzellente Tauchbedingungen, vor allem im Südwesten der Insel. Die Tauchshops des nördlich von Soufrière gelegenen Luxushotels Anse Chastanet sowie des weiter nördlich an der Anse Cochon befindlichen Ti Kaye Resorts sind in Tauchgänge direkt vom Strand aus spezialisiert.
Tiefseeangler kommen rund um die Insel auf ihre Kosten. Ein Segeltörn auf einem Katamaran ist sicherlich die schönste Möglichkeit, von der Inselhauptstadt Castries nach Soufrière zu gelangen. Dabei nähert man sich entlang der Westküste den weltberühmten Pitons, erkalteten Vulkankernen, vom Meer aus.
Ein weiteres Pfund, mit dem St. Lucia punkten kann, ist der geschützte Regenwald, den man auf geführten Wanderungen unterschiedlicher Schwierigkeitsstufen erkunden und erleben kann. Die Besteigung des Gros Piton, während der man bei tropischen Temperaturen steil bergauf 600 Höhenmeter überwindet, ist dabei ein ganz besonderes Erlebnis. Hinterher sorgt warmes Wasser aus den Thermalquellen für die nötige Muskelentspannung.
Grenada, die südlichste der Windward-Inseln der östlichen Karibik, ist wie St. Lucia vulkanischen Ursprungs und geprägt von üppigem Regenwald. Jedes Wochenende fällt der Startschuss zur hash time, einer Art Schnitzeljagd für jedermann, die querfeldein oder auf und ab durch tropische Vegetation sowie an Wasserfällen vorbeiführt und in einer feucht-fröhlichen After-Walk-Party mit viel Rum und karibischem Bier endet.
Grenada wird aufgrund des Anbaus von Kakao, Muskatnüssen, Nelken und anderen Gewürzen auch die Isle of Spice (= Gewürzinsel) genannt. Überall auf der Insel entdeckt man neue Produkte, die aus der Muskatfrucht gemacht werden, wie etwa Muskatnuss-Marmelade oder Muskatnuss-Sirup.
Rund um die Insel finden Taucher und Schnorchler paradiesische Reviere. Besonders interessant ist das Wrack „Bianca C“, das 5 km von der Küste entfernt liegt, sowie das künstliche Riff im Unterwasserskulpturenpark, das auch für Schnorchler gut zu erreichen ist.
Die bequemste und schönste Art, die grenadischen Gewässer kennenzulernen, ist die Teilnahme an einem Segeltörn. Liebhaber haben dafür alte, typisch grenadische Segelboote nachgebaut. Die Schaluppen transportierten im 18. Jh. Waren von Grenada zu den Nachbarinseln. Eine Fahrt mit der Fähre nach Carriacou und Petit Martinique macht die Erkundung des Staats Grenadas komplett und ermöglicht die Ansicht der Hauptinsel von der Meeresseite aus.
Die Geschichte der Antillen reicht weit vor das Jahr 1492 zurück, in dem Christoph Kolumbus und seine Gefährten als erste Europäer die Inseln der Karibik betraten. Rund 6.000 Jahre zuvor, möglicherweise auch schon früher, ließen sich hier Menschen nieder und begründeten eigenständige Kulturen, die sich im Laufe der Jahrtausende weiterentwickelten, immer wieder beeinflusst durch Kontakte zum Festland und neue Zuwanderer. Doch die Zeugnisse, die von den einstigen Bewohnern der Antillen künden, sind spärlich und oftmals schwer zu deuten. Sie selbst kannten keine Schrift. Die einzigen schriftlichen Dokumente, die von den Ureinwohnern berichten, sind daher einige Aufzeichnungen der europäischen Eroberer. Diese aber beruhen vor allem auf Hörensagen und sind zumeist geprägt von Missverständnissen und Vorurteilen. Die Aussagen der vermeintlichen „Entdecker“ bieten tatsächlich nicht mehr als eine äußerst lückenhafte und stark verzerrte Momentaufnahme aus der Zeit um 1500, und alle späteren Berichte zeigen die indigenen Kulturen bereits in einem Zustand, der massiv durch das Vordringen der Europäer beeinflusst ist – in einer Phase des Rückzugs also, der Verteidigung und schließlich des Niedergangs bis hin zur vollständigen Auslöschung.
Auskünfte über jene Menschen, die schon lange vor Kolumbus die Antillen bevölkerten, können daher einzig archäologische Funde bieten. Die ältesten Zeugnisse menschlicher Besiedlung der karibischen Inselwelt sind mehr als 7.000 Jahre alt und wurden auf Trinidad gefunden. Vielleicht erreichten frühe Einwanderer die heute nahe der südamerikanischen Küste gelegene Insel, als diese noch über Landbrücken mit dem Festland verbunden war. Von dort gelangten Menschen vermutlich zunächst nach Tobago und weiter zur etwa 130 Kilometer entfernten Insel Grenada. Nur einige Jahrhunderte jünger als die ältesten Funde auf Trinidad sind jedoch Überreste am anderen Ende des Antillenbogens, im Westen Kubas. Viele Forscher nehmen deshalb an, dass Menschen diese Region zunächst von Mittelamerika aus erreichten: Die kürzeste Entfernung zwischen der Halbinsel Yucatán im heutigen Mexiko und der Westspitze Kuba beträgt rund 200 Kilometer. Die weitere Besiedlung erfolgte dann von beiden Seiten der Inselkette, wobei stets nur deutlich geringere Distanzen mit Booten über das offene Meer zurückgelegt werden mussten und die jeweils nächste Insel fast immer schon in Sichtweite lag. Die zwei Ausbreitungsbewegungen trafen sich möglicherweise vor rund 4.500 Jahren auf Puerto Rico. Die Zeugnisse, die inzwischen auf zahlreichen Inseln gefunden wurden, legen jedenfalls ein solches Szenario nahe.
Felsmalereien der Ureinwohner (Guadeloupe)
Als Jäger und Sammler lebten die Angehörigen dieser ersten Kulturen auf den Antillen – Wissenschaftler sprechen von der „archaischen Phase“ – vermutlich in kleinen Gruppen, zogen von Lager zu Lager, ohne sich dauerhaft niederzulassen, und ernährten sich von Pflanzen und Landtieren, vor allem aber wohl von Meeresschnecken, Muscheln und Fisch. Neben vielfältigen Werkzeugen aus Stein fertigten sie auch figürliche Darstellungen und Schmuck. Die Materialien lassen darauf schließen, dass weiterhin Kontakte zum südamerikanischen Festland bestanden – wahrscheinlich besaßen die archaischen Bewohner hochseetüchtige Kanus.
Inzwischen gehen die Archäologen davon aus, dass schon die Nachfahren der ersten Siedler begannen, Pflanzen zu kultivieren und Gefäße aus Ton zu formen. Doch um etwa 500 v. Chr. siedelten sich zahlreiche Menschen auf den Antillen an, die den Ackerbau (besonders Maniok) und das Wissen um die Herstellung von Keramik aus Südamerika mitbrachten. Gefundene Überreste dieser Bewohner sind Kultplätze, wunderschöne Keramiken (Töpfe, Krüge, Figuren, Schmuck) sowie Arbeitsgerät, Schmuck, Waffen und Musikinstrumente. Rund 1.000 Jahre lang blieb der Stil der Keramikgefäße weitgehend gleich, die Forscher bezeichnen die Kultur dieser Zeit als das Saladoid.
Doch ab etwa 500 n. Chr. kamen neue Formen auf. Für die folgenden Jahrhunderte bis zum Eintreffen der Europäer unterscheiden Archäologen eine ganze Reihe von Keramik-Stilen, die sich offenbar zu verschiedenen Zeiten auf den einzelnen Inseln entwickelt haben. Während man früher dachte, solche Wandlungen seien ein Zeichen von größeren Siedlungsbewegungen, bei denen womöglich die Neuankömmlinge die vorherigen Bewohner gewaltsam unterwarfen, geht man heute davon aus, dass es einen permanenten Austausch auch von Menschen, vor allem aber von Kulturtechniken gab. Die Bewohner lebten keineswegs isoliert auf ihren jeweiligen Inseln, sondern waren hoch mobil, sie pflegten Kontakte zum Festland und entlang des gesamten Antillenbogens. So konnten sich Innovationen, Verzierungsstile und vermutlich auch Sprachen verbreiten – und das ohne große Wanderungen.
Die Spanier nannten die Menschen, denen sie ab 1492 auf Hispaniola (heute Haiti und Dominikanische Republik) und anderen Inseln der Großen Antillen begegneten, „Taínos“. Vermutlich bezeichneten sich einige Bewohner selbst mit diesem Wort, das aber wohl nicht der Name ihres Volkes war, sondern „gut“ oder „nobel“ bedeutete. Ihre Sprache, die aus Ortsbezeichnungen und Aufzeichnungen der Europäer teilweise rekonstruiert werden kann, war verwandt mit dem Idiom der Arawak, einem Volk, das bis heute in Venezuela, Guyana und Surinam lebt, weshalb die Taínos häufig ebenfalls als Arawak bezeichnet werden.
Die „Entdeckung“ Amerikas – zeitgenössischer Holzschnitt
Obwohl die Taínos und ihre Sprache untergegangen sind, sind einige ihrer Wörter bis heute lebendig, denn sie bezeichnen Kulturtechniken, die in die westliche Welt eingegangen sind: beispielsweise das Kanu (in der Taíno-Sprache canoa), den Tabak (tabaco) oder das Barbecue (barbacoa). Und aus hamaca wurde über das englische hammock im Deutschen die „Hängematte“.
Wohl ebenfalls auf ein Wort der Taínos geht die Bezeichnung der ganzen Region – der Karibik – zurück: cariba. Möglicherweise aufgrund eines Missverständnisses benutzten es die Spanier für die Menschen, die sie auf vielen Inseln der Kleinen Antillen antrafen – und die ihnen, anders als die Taínos, massiven Widerstand entgegenbrachten. Daraus entstand eine Art Mythos, der sich bis heute hartnäckig in vielen Darstellungen hält: Demnach lebten auf den Antillen vor allem zwei Völker, die friedfertigen Taínos und die kriegerischen Kariben. Letztere hätten die Kleinen Antillen erst relativ kurz vor dem Eintreffen der Europäer erobert, die männlichen Einwohner versklavt und die Frauen geraubt. Zudem seien sie Menschenfresser gewesen (auch das Wort „Kannibale“ ist von cariba, in anderer Schreibung caniba, abgeleitet).
Heute gehen Wissenschaftler davon aus, dass auf den Antillen um 1500 eine Vielzahl von unterschiedlichen Völkern und Stämmen lebte, die untereinander rege Verbindungen und Handelskontakte pflegten, teils aber auch verfeindet waren. Die angebliche brutale Eroberung der Kleinen Antillen durch die Kariben dürfte dabei ebenso eine Fiktion sein wie ihr Kannibalismus – beides aber war den Spaniern ein willkommener Vorwand, die Bewohner zu versklaven oder gleich zu töten. Deren kriegerisches Verhalten wiederum hatte seinen Grund womöglich einfach darin, dass sich die wenig friedfertigen Absichten der Europäer, die sie bald schon auf Hispaniola offenbarten, schnell auch auf den anderen Inseln herumsprachen.
Die ersten Menschen erreichten die Inseln Barbados, St. Lucia und Grenada möglicherweise bereits 3000 v. Chr. oder noch früher. Im Zuge der Wanderbewegungen, die vom südamerikanischen Festland und Trinidad aus entlang des Antillenbogens bis nach Puerto Rico vordrangen, sind höchstwahrscheinlich immer wieder Gruppen an diesen Inseln vorbeigekommen. Doch ob die Menschen dieser frühen Epoche den Archipel nur als Zwischenstation nutzten oder auch dauerhaft hier lebten, lässt sich nicht sagen.
So erblickten die ersten Ankömmlinge St. Lucia vom Kanu aus
Die ältesten bekannten Zeugnisse fester Besiedlung stammen aus einer Phase ab etwa 300 n. Chr., als sich Ackerbau treibende Angehörige der Saladoid-Kulturen auf den Kleinen Antillen ausbreiteten. Die Saladoid-Kulturen wurden dort eventuell von komplexeren politischen Systemen ersetzt, mit lokalen Häuptlingen an der Spitze, sogenannten nitainos oder mitaines, die einem obersten Häuptling oder cacique unterstanden. Die Menschen dieser Kultur sind bekannt als Tainos (von dem Wort nitainos): Die Tainos tauschten Waren zwischen den Großen Antillen, den Kleinen Antillen und Südamerika aus.
Die in Troumassée in St. Lucia gefundenen Post-Saladoid-Keramiken haben dieser Periode ihren alternativen Namen verliehen: Troumassoid. Sie begann zwischen 600 und 850 n. Chr. In dieser Zeit umfassten die Siedlungen auf den Kleinen Antillen 30 bis 70 Personen. Betrachtet man die drei in diesem Buch vorgestellten Inseln, so ist St. Lucias archäologische Vergangenheit die am spätesten untersuchte und steht im engen Zusammenhang mit anderen Windward Islands. Die Menschen, denen die Europäer zuerst auf der Insel begegneten, waren vermutlich erst Spätankömmlinge. Ausgrabungen haben eine frühere Besiedlung durch die sogenannten Arawaken offenbart.
Nach Barbados kamen die ersten Siedler wahrscheinlich zwischen 350 und 650 n. Chr. Sie rodeten das Land auf der Insel, um Ackerbau zu betreiben. Möglicherweise brachten sie dadurch das Ökosystem aus dem Gleichgewicht. Nach 650 n. Chr. wurden auch auf Barbados Keramiken entwickelt, die über die frühe Ära der Saladoid-Kultur hinausgingen. Diese Phase dauerte bis ungefähr 1100 n. Chr. und fällt auch unter die Bezeichnung Troumassoid-Kultur. Die Endphase der prähistorischen Besiedlung von Barbados wird Suazoid genannt und ging kurz vor oder nach der Ankunft der Europäer in der Region im späten 15. Jh. zu Ende. Eine der wichtigsten archäologischen Stätten ist Changery Lane im Südosten der Insel, eine Stätte, die offenbar von Amerindians und ihren Nachfahren über einen Zeitraum von 1.000 Jahren bewohnt wurde. Hier wurden typische Keramiken – wie Gerätschaften zum Sieben von Cassava-Mehl – gefunden, die Hinweise auf spätere Troumassoid- und Suazoid-Präsenz geben.
Grenadas archäologische Vergangenheit ist weit weniger bekannt als die anderer Antillen-Inseln, obwohl die Insel in prähistorischer Zeit ein strategisches Sprungbrett von Trinidad-Tobago im Süden zu den anderen Antillen-Inseln weiter im Norden war. Erst in jüngster Zeit wurden 1964 in Pearls in der Nähe des Flughafens vorgenommene Ausgrabungen wieder aufgenommen. Keramiken deuten darauf hin, dass in der Saladoid-Ära zwischen 300 v. Chr. und 400 n. Chr. erstmals Menschen hier siedelten. Auch Stätten der Suazoid-Phase wurden untersucht (1000–1450 n. Chr.). In dieser Zeit lebten die Ureinwohner anscheinend in der Nähe der Strände oder in Mangrovensümpfen und ernährten sich hauptsächlich von Weichtieren, Fischen und Schildkröten. Als die Europäer die Insel entdeckten, waren die Suazoid-Menschen bereits verschwunden und an ihre Stelle die Kariben getreten, die aus Südamerika eingewandert waren. Sie nannten die Insel Camerhogue.
Dass Kolumbus nicht der erste Europäer in der Neuen Welt war, hat sich inzwischen herumgesprochen. Durch archäologische Ausgrabungen auf Neufundland sind mittlerweile etwa die Fahrten der Wikinger nachgewiesen, die dort um 1000 n.Chr. kleinere Kolonien gründeten und den Nordatlantik regelmäßig auf der Route Island – Grönland – Nordamerika befuhren. Dass Europäer auch schon früh die Karibik erreichten, ist zwar nicht dokumentiert, aber durchaus plausibel: Die im Atlantik liegenden Inseln wie die Kanaren und die Kapverden waren schon den Seefahrern der Antike bekannt; wer aber in diesen Gewässern mit Segelschiffen unterwegs ist, kann durch die vorherrschenden Winde und Strömungen leicht weit nach Westen abdriften – zum südamerikanischen Festland oder auch zu den Antillen (genau auf diese Wind- und Strömungsverhältnisse im Atlantik waren später dann die Routen des sogenannten Dreieckshandels im 17. und 18. Jh. abgestimmt).
Gleichwohl: Die Geschichte der Inbesitznahme Amerikas durch die Europäer beginnt mit der Fahrt des Christoph Kolumbus im Jahr 1492. Für Europa bedeutete dies in politischer, kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht Umwälzungen allergrößten Ausmaßes – und für Amerika den Untergang der alten Kulturen. Es ist erstaunlich, wie schnell der Doppelkontinent und besonders auch die Inseln der Karibik erforscht und erobert werden konnten. Eine Lawine war losgetreten worden, die nahezu in jedem Jahr zu neuen Expeditionen, Entdeckungen und Koloniegründungen führte. Bereits 1496 konnte Kolumbus’ Bruder Bartolomeo auf Hispaniola die erste europäische Stadt auf amerikanischen Boden gründen: Santo Domingo, heute die Hauptstadt der Dominikanischen Republik. Ab 1499 nahm der Florentiner Amerigo Vespucci an mehreren Fahrten teil, bei denen er die Küste Südamerikas erkundete – und zu der Gewissheit gelangte, dass Kolumbus nicht den Westweg nach Indien, sondern einen völlig neuen Erdteil gefunden hatte. 1507 benannte der deutsche Kartograf Martin Waldseemüller die Neue Welt nach Vespuccis Vornamen: Amerika.
In Konkurrenz zu den Spaniern bemühten sich schon früh auch die Portugiesen um Besitztümer – so nahm Pedro Álvarez Cabral im Jahr 1500 Brasilien für den portugiesischen König in Besitz. 1503 erreichte der Spanier Juan de Bermúdez den nach ihm benannten Bermuda-Archipel. Fünf Jahre später gründete Juan Ponce de León, der auch zu den Begleitern von Kolumbus gezählt hatte, eine erste Kolonie auf Puerto Rico, 1513 entdeckte er Florida. Spätestens 1536, als der portugiesische Seefahrer Pedro a Campos auf Barbados landete, waren die Kleinen Antillen dem europäischen Horizont erschlossen. Im Vergleich zu den riesigen Gebieten Mittel- und Südamerikas und zu den Inseln der Großen Antillen schienen sie jedoch wirtschaftlich nur wenig attraktiv und besaßen allenfalls strategische Bedeutung. Jene Gold- und Silberschätze wie in Peru oder Mexiko, die sich schon Kolumbus erhofft hatte, gab es hier nicht.
Zwar beanspruchten die Spanier den Besitz der Kleinen Antillen, doch beschränkten sich ihre Aktivitäten vor allem auf Raubexpeditionen mit dem Ziel, Bewohner der Inseln zu versklaven und nach Hispaniola zu verschleppen. Im Laufe des 16. Jhs. aber weckten die Eilande mehr und mehr das Interesse von Europäern aus anderen Staaten – vor allem von Engländern, Niederländern und Franzosen, später auch von Dänen, Deutschen und Schweden. Sie waren es, die in der Folgezeit die Geschichte der Kleinen Antillen prägten.
Auf seiner berühmten ersten Reise 1492/93 erreichte Christoph Kolumbus zunächst eine vermutlich zu den Bahamas zählende Insel und besuchte dann Kuba und Hispaniola. Zu den Kleinen Antillen gelangte Kolumbus erst bei seiner zweiten Reise. Die erste kleine Insel, die seine Männer nach der Fahrt über den Atlantik am 2. November 1493 sichteten, nannte er Desiderada, „die Ersehnte“, die heute eine Insel des französischen Überseedépartements Guadeloupe ist.
info
Christoph Kolumbus
Der 1451 in Genua geborene Seefahrer Christoph Kolumbus (ital.: Cristoforo Colombo; span.: Cristóbal Colón) fasste im Glauben an die Kugelgestalt der Erde schon in jungen Jahren Pläne, den Westweg nach Indien zu finden. Portugal, die größte europäische Seemacht der damaligen Zeit, gab ihm Gelegenheit, auf ausgedehnten Reisen bis nach Island im Norden, zu den atlantischen Inselgruppen im Westen und nach Afrika im Süden nautische Erfahrungen zu sammeln. Weil er bei der portugiesischen Krone kein Gehör für seinen eigentlichen Traum fand, trat er in spanische Dienste. Doch auch hier dauerte es noch viele Jahre, bis er schließlich, nach vielem Hin und Her, die Königin Isabella für das Projekt gewinnen konnte.
Christoph Kolumbus
Am 3. August 1492 verließ Kolumbus als Großadmiral und zukünftiger Vizekönig aller neuentdeckten Gebiete die südspanische Atlantikküste in westlicher Richtung. Seine kleine Flotte umfasste die drei Karavellen „Santa Maria“, „Pinta“ und „Niña“. Als er nach drei Monaten, am 12. Oktober 1492, endlich eine Insel sichtete, glaubte er, Indien erreicht zu haben. Deswegen nannte er die Inselgruppe auch „Westindische Inseln“ und ihre Einwohner „Indianer“ (Indios).
Nach überwiegender Forschermeinung war das erste Eiland, das Kolumbus betrat und auf den Namen „San Salvador“ taufte, die Insel Guanahani (= Watling’s Island), die zu den Bahamas gehört. Weitere Anlaufpunkte der „Santa Maria“ waren Kuba und Hispaniola, bevor Kolumbus in die Heimat zurückkehrte. Noch insgesamt dreimal sollte der Seefahrer später zum vermeintlichen Westindien aufbrechen.
Persönlich konnte Kolumbus durch seine Fahrten nicht den erhofften Erfolg erzielen. Die entdeckten Inseln und Landstriche bargen nur wenige Reichtümer, Intrigen und Missgunst verhinderten eine steile Karriere. So starb er enttäuscht und unbeachtet im Jahre 1506 in Valladolid – bis zum Schluss im Glauben, den Seeweg nach Indien gefunden zu haben, und ohne die Tragweite seiner Entdeckungen zu ahnen.
Viele Inseln der Kleinen Antillen tragen heute noch den Namen, den ihnen Kolumbus bei seinen Entdeckungsfahrten gegeben hat.
Zu Beginn seiner dritten Reise im Jahre 1498 entdeckte Kolumbus die Insel Grenada, die er Conceptión nannte. Daraus wurde bald Mayo und schließlich Grenada, wie die spanische Stadt. Zu diesem Zeitpunkt waren dort die Suazoid-Menschen, die Ureinwohner der Insel, bereits von den aus Südamerika eingewanderten Kariben verdrängt worden. Diese konnten die Insel vom ersten Kontakt mit den Europäern bis Mitte des 17. Jhs. immer wieder erfolgreich verteidigen. Im Jahre 1650 landete schließlich eine französische Truppe, die nach angeblich freundlichen Absichten all ihre Gastgeber tötete. Dem Volksglauben nach begingen die Überlebenden lieber Selbstmord, als sich den Franzosen auszuliefern. Dazu stürzten sie sich an der Nordküste von den Felsen, die heute als Morne des Sauteurs oder Caribs’ Leap bezeichnet werden, ins Meer.
Welche Europäer als Erstes Barbados sahen und wann, ist unklar. Der erste Verweis auf die Insel scheint die spanische Erwähnung der „Isla de los Barbudos“ aus dem Jahre 1518 zu sein. Die Namensgebung hingegen wird portugiesischen Seefahrern zugesprochen, die die Insel Barbados („die Bärtigen“) nannten: nach den frei herabhängenden Wurzeln der Feigenbäume, die an Bärte erinnern. Berichte über Begegnungen mit den Ureinwohnern liegen nicht vor, sodass die letzten Suazoid-Bewohner die Insel wahrscheinlich schon zuvor verlassen hatten. 1627 gründeten die Engländer eine Kolonie auf der Insel, auf der bereits einige Jahrzehnte später 40.000 Europäer lebten. Die meisten waren mittelständische Bauern, von denen viele nach der Etablierung der großen Zuckerplantagen in den 1650er-Jahren die Inseln wieder verließen. Einige blieben auf der Insel, konnten aber nur noch wenig ertragreiches Land erwerben. Sie wurden Teil einer verarmten Gruppe von Kolonialisten, die heute noch existieren und als „Poor Whites“ bezeichnet werden. Die Lage von Barbados außerhalb des Bogens der karibischen Antillen-Inseln führte dazu, dass das Eiland von den meisten Konflikten der britischen und französischen Kolonialgeschichte in der Region verschont blieb.
Das von Engländern und Franzosen gebaute Fort George (Grenada)
Erstaunlicherweise weiß man auch bei St. Lucia nicht, wer von den Europäern und wann die Insel zuerst sah und betrat. Auf St. Lucia wird die Meinung vertreten, dass es Christoph Kolumbus selbst am 13. Dezember 1502 (St. Lucia’s Day) gewesen ist. Dies haben Historiker allerdings widerlegt, nachweislich hat Kolumbus selbst nie einen Fuß auf die Insel gesetzt. Die St. Lucians feiern dennoch jedes Jahr an dem Datum und haben den Tag einfach von Discovery Day in National Day umbenannt. Auf einer frühen europäischen Karte ist die Insel als Santa Lucia eingetragen, weshalb vermutet wird, dass St. Lucia von den Spaniern entdeckt und in Besitz genommen wurde, sie sich aber nie auf der Insel ansiedelten. Das taten als erste Europäer die Briten im Jahre 1605. Nachdem sie zunächst einige Zeit bei den Kariben verbracht und von ihnen gelernt hatten, Cassava-Brot zu backen, verschlechterte sich das Verhältnis zwischen ihnen, und die Kariben griffen die Engländer an. Die Überlebenden flohen von der Insel. Später versuchten mehrmals die Franzosen, Intrigen anzuzetteln und die Kariben zu vertreiben, doch diese blieben bei ihrem Widerstand und töteten einige französische Gouverneure. Später war St. Lucia teilweise eine englische, überwiegend jedoch eine französische Kolonie.
Das Zeitalter des Kolonialismus bzw. später die Epoche des Imperialismus brachte alle führenden Seemächte der Zeit zu den Antillen, wo in sogenannten Stellvertreterkriegen europäische Zwistigkeiten ausgetragen wurden. Ob nun Holländer gegen Spanier, Spanier gegen Briten, Briten gegen Franzosen oder Franzosen gegen Holländer kämpften, ob der kriegerische Hauptschauplatz nun Amerika oder Europa war – die karibische Inselwelt war immer mit betroffen. Mit dem Verfall des spanischen Einflusses und dem Aufstieg der anderen europäischen Mächte begann ein wahrer Wettlauf in die Karibik, bei dem die Inseln zu einem Spielball der wechselnden Koalitionen und andauernden Kriege wurden.
Pro-Kariben attackieren das englische Lager in Vieux Fort, 1606
Im Kampf um die Kleinen Antillen könnten die Spanier als die großen Verlierer bezeichnet werden; allerdings bemühten sie sich nie ernsthaft um eine Wiedereroberung der als wenig lukrativ angesehenen Archipele. Und so überließen sie, mit Ausnahme von Trinidad (das 1498–1797 spanisch war), eine ehemalige Besitzung nach der anderen den Niederländern, Briten oder Franzosen. Trotzdem ist nicht nur in den Inselnamen, die oftmals noch auf Kolumbus zurückgehen, sondern auch in der Kolonialarchitektur und in sprachlichen Eigenheiten ein spanisches Element fast überall bis heute erhalten.
Anders als die Briten und Franzosen gaben die Niederländer später dem Handel den Vorzug vor landwirtschaftlicher Nutzung ihrer Kolonien, außerdem konzentrierten sie sich auf nur einige Inseln, die auch heute noch mehr oder weniger eng an die Niederlande gebunden sind. Neben Siedlern und Soldaten aus den europäischen Seefahrernationen kamen in jenen verworrenen Tagen beispielsweise auch katholische Schotten mit den Franzosen in die Karibik, außerdem wurden Tausende von Iren unter Cromwell nach Barbados deportiert.
Die Franzosen blieben trotz vieler Verluste die bestimmende Großmacht in Westindien, auch nachdem sie 1763 von den Briten endgültig aus Nordamerika vertrieben worden waren. Zeitweilig sah es sogar so aus, als könnte Frankreich dem gesamten karibischen Raum seinen Stempel aufdrücken. Bis 1782 hatte das Königreich fast alle britischen Inseln eingenommen. Der letzte Schritt, um die Eroberung Westindiens zu vollenden, geriet den Franzosen allerdings zur Katastrophe: Trotz eines Aufgebotes von 35 Kriegs- und 150 Frachtschiffen unterlagen sie am 17. April 1782 während des Unabhängigkeitskrieges der Vereinigten Staaten in der entscheidenden Seeschlacht vor der Südküste von Guadeloupe der englischen Flotte des gefürchteten Admirals George Rodney nach dem die Bucht im Norden von St. Lucia benannt wurde. Frankreich hatte den Verlust von 1.500 Menschenleben und allen Schiffen zu beklagen. 1783 unterzeichneten Großbritannien, Spanien und Frankreich einen Friedensvertrag, der die Grenzen zwischen den britischen, spanischen und französischen Kolonien auf den Antillen-Inseln festlegte.
Die Schlacht bei den Saintes im April 1782
Kurze Zeit später veränderten die Ideen der Französischen Revolution das gesellschaftliche Gefüge auf den Antillen. Und fast gleichzeitig (1791–1803) brach der berüchtigte Aufstand der Haitianer gegen ihre Kolonialherren aus, der in der Etablierung des Kaiserreichs von Haiti und somit zum – nach den USA – zweiten unabhängigen Staat Amerikas mündete. Damit war Frankreichs Großmachtrolle endgültig Geschichte, was aber nicht bedeutete, dass die Zeiten friedlicher wurden.
Neue Kämpfe flammten auf, in denen einerseits die Franzosen Eroberungen machten, andererseits die Engländer zeitweise Martinique und Guadeloupe einnehmen konnten.
Heute nehmen sich die „Französischen Antillen“ im Vergleich zum ehemaligen Besitz bescheiden aus, wenn auch Inseln wie Martinique und Guadeloupe zu den größten des Raumes gehören. Ungebrochen ist der französische Einfluss in Sprache, Orts- und topografischen Namen, Religion und Gebräuchen in der gesamten Karibik. Von Trinidad im Süden bis hinaus nach St. Thomas haben sich französische Kulturgruppen erhalten, das Créole ist die übliche Umgangssprache, und die kreolische Kolonialarchitektur zeigt eindeutig französische Eleganz.
Englands Aufstieg zur See- und Kolonialmacht begann, nachdem Königin Elizabeth I. die spanische Armada Philipps II. besiegt hatte. Noch unter ihrer Regentschaft erwarben die Engländer erste Kolonialgebiete in Nordamerika (im Jahre 1581 Virginia unter Sir Walter Raleigh), während Freibeuter vom Schlage eines Francis Drake und eines John Hawkins im Karibischen Meer den Boden für die spätere Kolonisation bereiteten. Im Jahre 1605 besetzten die Engländer St. Lucia, anschließend St. Kitts (1623), Barbados und Tobago (1625), Dominica (1627), Barbuda (1628), Antigua (1636) und weitere Inseln. In der zweiten Hälfte des 17. Jhs. war fast der gesamte Ozean um die Kleinen Antillen in rein britischer Hand.
Ihren schärfsten Widersacher fanden die Briten im aufstrebenden Frankreich, mit dem sie erbittert um jede einzelne Insel rangen: Es gibt kaum ein Eiland im südkaribischen Raum, das nicht wenigstens für einige Jahrzehnte unter französischer Herrschaft war.
In der zweiten Hälfte des 18. Jhs., als sich die Franzosen kurzzeitig fast aller britischen Inseln bemächtigen konnten, war die Flottenbasis English Harbour auf Antigua der wichtigste militärische Stützpunkt der Engländer im karibischen Raum. Im Jahre 1784 wurde Admiral Horatio Nelson, der spätere Seeheld von Trafalgar, deren Befehlshaber. In seine Zeit fällt auch jene entscheidende Seeschlacht bei den Îles des Saintes/Guadeloupe (1782), in der die Briten den Franzosen eine solche Niederlage beibrachten, dass die britische Vorherrschaft über die Antillen für die nächsten Jahrzehnte gesichert war. Dieser Einfluss ist heute vor allem an der Bezeichnung der Wasserstraßen, der Orts- und topografischen Namen und der Einteilung in Leeward und Windward Islands ablesbar.
Barbados und Grenada, ehemals karibische Kolonien der Briten, entließ Königin Elizabeth II. nach dem Zweiten Weltkrieg als freie Mitglieder des Commonwealth in die Unabhängigkeit. Sie ist jedoch immer noch deren offizielles Staatsoberhaupt und bestimmt (meist auf Vorschlag der einheimischen Regierung) einen General-Gouverneur. St. Lucia war 150 Jahre ein Spielball der militärischen Auseinandersetzungen von Engländern und Franzosen. Durch den Vertrag von Paris im Jahre 1814 wurde St. Lucia schließlich britisch, erlangte 1979 die Unabhängigkeit von der britischen Kolonialherrschaft und ist heute Mitglied des Commonwealth.
info
Neo-Kolonialismus durch die US-Amerikaner
Die USA konnten erst in dem Moment kolonisatorisch tätig werden, als sie selbst im Jahre 1776 ihren kolonialen Status abgelegt und ihre Unabhängigkeit von Großbritannien erklärt hatten. Als erster Staat der Neuen Welt mischten sie sich dann jedoch sehr bald schon in die bis dato rein europäischen Auseinandersetzungen ein: Als Erstes versuchten sie, die Engländer von den Bahamas zu verdrängen. In der Folgezeit übernahmen die USA schrittweise die Großmachtrolle von den Europäern und betrachteten den gesamten karibischen Raum als ihr ureigenstes Interessengebiet.
Berühmt wurde die Erklärung des US-Präsidenten James Monroe vom Dezember 1823, in der es hieß: „Jede europäische Einmischung in die Angelegenheiten unabhängiger amerikanischer Regierungen und umgekehrt ist zurückzuweisen, und die Vereinigten Staaten von Amerika sind als Schutzmacht der mittel- und südamerikanischen Staaten anzusehen.“
Nach dieser sogenannten „Monroe-Doktrin“ war es nur konsequent, wenn US-Streitkräfte im 19. und 20. Jh. bei Unruhen oder politischen Problemen mehrfach auch auf den Großen Antillen intervenierten, u. a. in Puerto Rico, der Dominikanischen Republik, in Kuba und in Haiti. Ein solches militärisches Eingreifen bezeichnen Historiker als „Neo-Kolonialismus“, obwohl das betreffende Land nicht in den direkten Besitz der USA überging, sondern „nur“ ein ihnen genehmes Regime eingesetzt wurde.
Außerdem griffen die USA nicht nur „lenkend“ ein, sondern erwarben auch Territorien, wie z. B. auf den Großen Antillen Kuba (1898–1902) und Puerto Rico (ab 1898). Dauerhaft setzten die Amerikaner ihren Fuß auf die Kleinen Antillen erst im Jahre 1917, als sie Dänemark die westlichen Jungferninseln abkauften. Kulturell ist die nordamerikanische Präsenz überall zu spüren, wobei dem Tourismus eine wichtige Rolle zukommt. Und die Auseinandersetzungen um Grenada in den 1980er-Jahren zeigten, dass sich die USA nach wie vor als politisch-militärische Schutzmacht der Karibik verstehen.
info
Bukaniere und Filibuster – das Zeitalter der Piraten
Die meisten Piratengeschichten haben die Antillen zum Schauplatz, wo ab dem 16. Jh. niederländische, französische und britische Piraten in einer solchen Zahl auf den Plan traten, dass geradezu von einem Zeitalter der Seeräuber gesprochen werden kann. Diese Ära ist jedoch nicht von der Epoche der Sklaverei oder der Kolonialkriege zu trennen, sondern bezeichnet nur eine der vielen schillernden Seiten der Karibik in der frühen Neuzeit.
Britischer Bukanier – Holzschnitt um 1700
Den Grund für die Piraterie lieferten die reichen Gold- und Silberschätze, die die Spanier und Portugiesen bei der Ausplünderung der amerikanischen Hochkulturen einsammelten und nach Europa verschifften. Obwohl nach den ersten Überfällen im Konvoi gesegelt wurde und Kriegsschiffe die reiche Fracht begleiteten, stellten die bis zum Rand mit Kostbarkeiten gefüllten, unbeweglichen Frachter ein so verlockendes Ziel dar, dass sie Kaperattacken geradezu provozierten.
Unterstützt wurde die Seeräuberei durch den Umstand, dass sich die europäischen Mächte im permanenten Kriegszustand befanden und Angriffe auf die spanische Handelsflotte daher von vornherein den Segen der anderen Nationen hatten. Als sogenannte „Freibeuter“, die bei den Engländern auch als Privatiere (privateers) und Bukaniere (buccaneers), bei den Franzosen als Korsaren (corsaires) und bei den Niederländern als Filibuster (filibustiere) bezeichnet wurden, operierten die Piraten mit ihren wendigen Schaluppen teils auf eigene Rechnung, teils ganz offen mit Wissen und im Auftrag der heimatlichen Marine.
Insofern liefert das Phänomen der Freibeuterei nicht nur Stoff für Abenteuerromane, sondern ist auch von größerem historischem Interesse. In dem Moment nämlich, in dem das Aufbringen spanischer Schiffe zu einem lukrativen Geschäft wurde, entbrannte ein Wettlauf um die günstigsten Piratenstützpunkte. Aus diesen Schlupfwinkeln entwickelte sich kurze Zeit später nicht selten die Keimzelle der jeweiligen europäischen Kolonisation.
Wie viel Gold, Silber, Edelsteine und andere Preziosen durch Piratenüberfälle an Land oder zur See für immer verloren gingen, weiß heute niemand mehr zu sagen. Da das gegenseitige Misstrauen der Freibeuter bekannt war, machten bald schon Geschichten über sagenhafte Schätze die Runde, die sorgfältig vergraben und auf geheimnisvollen Karten verzeichnet gewesen sein sollen. Tatsache ist, dass noch heute viele Hobby-Archäologen und professionelle Schatzsucher mit Spaten, Metalldetektor und Tauchausrüstung nach dem Gold der Spanier fahnden und bisweilen auch erfolgreich sind.
Alle europäischen Freibeuter (besonders die britischen und französischen, aber auch die spanischen) bekämpften sich gegenseitig und jagten einander die Beute ab. Und als die Sklavenhalter begannen, ihr „schwarzes Gold“ über den Atlantik zu transportieren, wurden auch deren Schiffe Ziel von Überfällen.
So legendär wie das abenteuerliche Leben auf See und die rumgeschwängerte Atmosphäre in den Spelunken der Schlupfwinkel, so legendär wie der Stolz und der Ehrenkodex der Piraten, so legendär wurden schließlich auch ihre abenteuerlichsten Gestalten. Längst nicht alle davon starben im Pulverdampf einer Seeschlacht: So manche durchliefen eine erstaunliche Karriere, beschlossen ihr Leben als begüterte und angesehene Mitglieder der Gesellschaft, stiegen gar zu Nationalhelden auf und gingen in die Geschichte der Seefahrt ein. Das Zeitalter der Piraten endete allerdings in jenem Moment, als die Seemächte, die früher von der Freibeuterei gegen die Spanier profitiert hatten, immer häufiger selbst zur Zielscheibe von Seeräubern wurden.
Die europäische Ausbeutung der karibischen Inselwelt begann praktisch mit ihrer Entdeckung durch Kolumbus. Und da der Genuese bald merkte, dass die Antillen nicht über die erwarteten Edelmetalle verfügten, wurde er nach seinen Fahrten nicht müde, der Krone vom anderweitigen Wirtschaftsnutzen der Gebiete vorzuschwärmen. „Gewürze, Baumwolle und Mastixharz“, so schrieb er, stünden im Übermaß zur Verfügung, selbst Rhabarber und Zimt glaubte er gefunden zu haben. Und schließlich seien da die Menschen selbst, die man versklaven und zur Arbeit nach Spanien schicken könne.
Gemeint hatte er damit die Kariben, die sich gegen die Europäer zur Wehr setzten und sich nicht scheuten, mit ihren Kanus sogar die Schiffe der Eroberer anzugreifen. Folglich nahmen die Spanier alle Kariben gefangen, falls diese nicht im Kampf getötet wurden oder fliehen konnten. Dies war nach Kolumbus Meinung auch moralisch gerechtfertigt; schließlich seien die Ureinwohner „Wilde“ und „Menschenfresser“ und würden die „friedliche Besiedlung der Inseln“ verhindern.
Kolumbus selbst beteiligte sich mehrfach an diesem ersten transatlantischen Sklavenhandel: Im Februar 1495 z. B. schickte er vier Schiffe nach Spanien mit 500 Sklaven im Alter zwischen zwölf und 35 Jahren, vier Monate später nochmals 300 Sklaven. Dem Klimawechsel und der anstrengenden Arbeit fielen alle Kariben innerhalb von fünf Jahren zum Opfer. Vielleicht war dies der Grund, warum man im Jahre 1500 die Verschiffung von Indianersklaven nach Spanien verbot.
Auf den Antillen jedoch blieb die Indianersklaverei erlaubt, wenn auch im Jahre 1542 Schutzgesetze Einschränkungen vorsahen. Immerhin galten wegen der spanischen Inbesitznahme die Eingeborenen als freie Untertanen des Königs. Wer sich aber der Bekehrung widersetzte oder „sonst als Wilder bekannt“ war, musste für die Spanier arbeiten. Obwohl selbst Papst Julius I. in einer Bulle 1513 erklärt hatte: „Jawohl, die Indios sind Menschen (veri homines) und als solche zu behandeln“, waren auch nach den sogenannten Schutzgesetzen unvorstellbare Gräueltaten an der Tagesordnung.
Kolumbus’ paradiesisches Bild der Antillen wurde nur 50 Jahre später durch die Berichte des dominikanischen Geschichtsschreibers Bartolomé de Las Casas durch ein Szenario des Schreckens ersetzt: „Sie (= die Spanier) drangen unter das Volk, schonten weder Kind noch Greis, weder Schwangere noch Entbundene, rissen ihnen die Leiber auf und hieben alles in Stücke, nicht anders, als überfielen sie eine Herde Schafe. Sie wetteten miteinander, wer unter ihnen einen Menschen auf einen Schwertstreich mitten voneinander hauen könne. Sie machten auch breite Galgen und hingen zu Ehren und zur Verherrlichung des Erlösers und der zwölf Apostel je 13 Indianer an jeden derselben, legten dann Holz und Feuer darunter, und verbrannten sie alle lebendig!“
Schon 1524 wurden die ersten schwarzen Sklaven zu den Antillen transportiert. In einer Art Arbeitsteilung waren es zunächst hauptsächlich Portugiesen, die für die Sklavenjagd in Afrika und deren Verschiffung verantwortlich waren, doch bald schon beteiligten sich auch Piraten, Strandräuber und Kaufleute anderer Nationalitäten an diesem lukrativen „Handel“.
Über dieses düstere Kapitel der Menschheitsgeschichte ist viel geschrieben worden. Doch können Worte nicht wiedergeben, was an bestialischen Grausamkeiten zwischen dem 16. und 19. Jh. diesseits und jenseits des Atlantiks zum Alltag gehörte: Angefangen mit dem Überfall auf afrikanische Dörfer, dem planmäßig kalkulierten Aufhetzen lokaler Stämme bzw. Häuptlinge gegeneinander bis hin zu regelrechten Sklavenkriegen; dann das Selektieren und Brandmarken im Heimatland sowie die Verschiffung der lebenden „Ware“; weiter die unsäglichen Verhältnisse an Bord der Sklavenschiffe, die für Unzählige den Tod durch Erschöpfung, Krankheiten und Hunger, Selbstmord oder Kannibalismus bedeuteten; schließlich der entwürdigende Verkauf am Zielort, die monotone Arbeit auf den Plantagen des Sklavenhalters, die drakonischen Strafen und ein Leben in Unfreiheit.
Die Schwarzen arbeiteten zunächst vorwiegend auf Tabakplantagen, bis 1639 der europäische Markt übersättigt war und die Preise ins Bodenlose fielen. Die Kolonisten reagierten, indem sie auf den Antillen andere Kulturpflanzen pflanzten, etwa Baumwolle und Indigo. Den größten Erfolg und die höchsten Preise erzielte man jedoch mit dem Anbau von Zuckerrohr, der im 17. Jh. wiederum eine verstärkte Einfuhr von Sklaven notwendig machte. Wie auf mehreren Inseln im Indischen Ozean wurden Zucker und dessen Nebenprodukte (Melasse) zum wichtigsten Kapital der Karibik, das den Erwerb oder die Eroberung der Gebiete für alle seefahrenden Mächte Europas einträglich machte. Auf den „Zuckerinseln“, wie man die Antillen bald schon nannte, wurde jene verhängnisvolle Monokultur installiert, die bis heute Hemmschuh der wirtschaftlichen Entwicklung bleibt.
Zuckerfabrik auf den Antillen im 17. Jh.
Seit 1630 auf Barbados zum ersten Mal von einem aus Zuckerrohr hergestellten Schnaps die Rede war, entwickelte sich auch der Rum zu einem begehrten Exportartikel. Auf St. Lucia wurde die Plantagenwirtschaft ebenfalls mithilfe afrikanischer Sklaven zum Florieren gebracht. Die Wassermühle, die Kaffeebetriebe und die Sklavenunterkünfte aus dem 18. Jh. auf der Zuckerplantage Balenbouche Estate legen davon noch heute Zeugnis ab. Die Franzosen importierten auf Grenada, nachdem sie 1650 alle Kariben entweder umgebracht oder in den Selbstmord getrieben hatten, neue Sklaven aus Afrika für die Arbeit auf den Tabak-, Kakao-, Kaffee- und Zuckerfeldern. Die Insel war eine Art Pfand im Schachspiel zwischen Briten und Franzosen, bis sie 1783 im Vertrag von Versailles schließlich an die Briten ging. Nicht lange Zeit später bauten die Briten Muskatnüsse und Nelken an und legten den Grundstein dafür, dass Grenada heute als „Spice Island“ bekannt ist.
Die Sklavenhändler – neben Franzosen, Briten und Niederländern übrigens erstaunlich viele Norddeutsche bzw. Dänen – fanden heraus, dass sie nicht nur vom Leben und Tod der Afrikaner, sondern auch in anderer Hinsicht vom Sklavenhandel profitieren konnten: Sie folgten den Wind- und Strömungsverhältnissen im Atlantik und der Karibik, und nachdem sie die Sklaven transportiert hatten, verschifften sie die Produkte der Sklavenarbeit: Tabak, Baumwolle, Indigo, Zucker und Rum. Diese Waren brachte man zu den Absatzmärkten in Europa, wo man wiederum all das einlud, was in den Handelsniederlassungen an der afrikanischen Küste gegen Sklaven getauscht werden konnte (u. a. Alkohol, Schusswaffen, Manufakturprodukte). Daraufhin begann der Kreislauf von Neuem.
Unter dem Stichwort Dreieckshandel ist jene koloniale Form der Weltwirtschaft des 17. und 18. Jhs. in die Geschichte eingegangen: Europa lieferte die Konsumgüter, Afrika die Sklaven und die Karibik Zucker und andere Produkte. Obwohl die Schätzungen weit auseinandergehen, wie viele Menschen damals gefangengenommen, gefesselt, gebrandmarkt und wie Vieh verschickt wurden (zwischen 30 und 100 Millionen Menschen!), handelt es sich hier in jedem Fall um die gewaltigste Massendeportation in der Geschichte.
Eine kleine, im Luxus lebende Schicht weißer Großgrundbesitzer und Zuckerbarone stand einer überwältigenden Mehrheit von rechtlosen Sklaven gegenüber. Deren Behandlung richtete sich allein nach den menschenverachtenden Grundsätzen der „Wirtschaftlichkeit“: nach fünf Jahren härtester Arbeit auf den Plantagen waren die meisten tot oder am Ende ihrer Kräfte, sodass billiger Nachschub aus Afrika die Lücken füllen musste. Frankreich als führende Kolonialmacht transportierte von 1713–1793 im Rahmen des transatlantischen Sklavenhandels schätzungsweise 1,1 bis 1,2 Millionen versklavte Afrikaner nach Amerika. 524.000 Sklaven wurden 1790 auf den Inseln wie Britisch-Westindien, Jamaika, Barbados und Trinidad gezählt. Die größte Sklavenflotte führte das Vereinigte Königreich. Jedes vierte Schiff, das von Liverpool und Bristol Ende des 17. Jhs. den Atlantik überquerte, war ein Sklaventransport.
Das „Menschenmaterial“ wurde nicht nur bei der Schufterei verschlissen, sondern überdies durch drakonische Strafen, sadistische Quälereien weißer Aufseher und unsägliche Wohn- und hygienische Verhältnisse stark misshandelt. Es ist einleuchtend, dass die Schwarzen angesichts dieser Zustände und ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit entweder jede Möglichkeit zur Flucht wahrnahmen oder sich zusammen mit Leidensgenossen zur Wehr setzten.
Die Chronik der Sklavenaufstände reicht bis ins 16. Jh. zurück (Kuba, Jamaika) und erreichte ihren Höhepunkt im 18./19. Jh., als die Gedanken der Amerikanischen und Französischen Revolution auch in den karibischen Raum gelangten. Gemeint ist hier nicht nur der berühmte Große Aufstand der haitianischen Sklaven gegen die Franzosen ab 1791, der schließlich zur Installierung des Kaiserreiches von Haiti und damit zum zweiten unabhängigen Staat Amerikas (1803) führen sollte. Auch auf den Kleinen Antillen regte sich Widerstand, so auch 1795 auf Grenada und St. Lucia und schließlich 1816 auf Barbados.
Aufgrund solcher Vorfälle, aber mehr noch wegen der scharfen Kritik in den Kolonialstaaten und wegen eines geänderten Bewusstseins verboten im ersten Viertel des 19. Jhs. die meisten Länder den Sklavenhandel: zuerst Dänemark im Jahr 1803, dann Großbritannien (1807), Frankreich (1817), die Niederlande (1818), Spanien (1820) und Schweden (1824). Eine Generation später wurde schließlich auch die Sklaverei in den Kolonien abgeschafft: 1834 auf den britisch besetzten Inseln, 1848 in den französischen und dänischen Kolonien, 1863 in den niederländischen und zum Schluss in den spanischen Gebieten (1886).
Für die freigelassenen Sklaven bedeutete dieser „Emancipation Act“ freilich nicht sofort eine Besserung ihrer sozialen Lage. Noch lange Zeit mussten sie auf St. Lucia, Grenada und Barbados in mehr oder weniger starken Abhängigkeiten von den ehemaligen Sklavenhaltern leben und arbeiteten auf den Plantagen als Saisonarbeiter. Andererseits bedeutete die Aufhebung der Sklaverei erneut einen Mangel an billigen Arbeitskräften, der durch den „Import“ von Arbeitern aus China, Indien und dem Nahen Osten ausgeglichen wurde. Diese Menschen, deren Arbeitsbedingungen sich zunächst nur unwesentlich von denen der Sklaven unterschieden, haben erheblich zur ethnischen Vielfalt auf einigen Inseln beigetragen.
Auch auf den Kleinen Antillen waren die Auswirkungen der beiden Weltkriege zu spüren, zusätzlich erlebte und erlitt der Raum tiefgreifende Veränderungen. Die Emanzipation der Kolonien war begleitet von blutigen Unruhen und sozialer Verunsicherung, von Tendenzen gleichzeitigen politischen Auseinanderstrebens und ökonomischen Zusammenwachsens. Politisch blieb bis zur Hälfte des Jhs. fast alles beim Alten. Wirtschaftlich hatte die Eröffnung des Panama-Kanals im Jahre 1914 für die Kleinen Antillen große Bedeutung. Dadurch geriet der Inselbogen wieder in den Gesichtskreis der internationalen Schifffahrtslinien. 1910 wurde auf Trinidad Erdöl entdeckt, was sehr schnell die Eröffnung großer Raffinerien (u. a. auf Curaçao und Aruba) nach sich zog. Da sich nun einige der lange vernachlässigten Inseln den großen Konzernen für Investitionen als Spekulationsobjekte anboten, unterschied man bei der südlichen Karibik ökonomisch zwischen einem entwickelten, industrialisierten und verhältnismäßig wohlhabenden sowie einem ärmeren, technisch und wirtschaftlich kaum entwickelten Teil, dessen einzige Lebensgrundlage der Zuckerrohranbau bleiben musste.
Langsam aber stetig wurden die Kleinen Antillen auch als tropisches Paradies für erholungsbedürftige Europäer und Amerikaner entdeckt – die ersten touristischen Einrichtungen entstanden. Gesellschaftlich waren die Inseln selbst viele Jahrzehnte nach der Sklaverei noch vom überkommenen kolonialzeitlichen System geprägt, das der farbigen Mehrheit weder soziale Gleichberechtigung noch kulturelle Eigenständigkeit zubilligte. Seitdem bildete sich jedoch eine zwar kleine, aber politisch aktive Schicht farbiger Anwälte, Künstler und Intellektueller heraus, die dafür sorgte, dass einiges in Bewegung geriet, die Farbigen ein neues Selbstbewusstsein entwickelten und sich die Weißen immer häufiger von liebgewonnenen und bequemen Verhaltensweisen verabschieden mussten.
Die Naturschönheiten wurden als Einnahmequelle entdeckt
Stellvertretend für viele sei hier nur der Schriftsteller Aimé Césaire aus Martinique genannt, der in den 1930ern als Mitbegründer der sogenannten Négritude-Bewegung in Erscheinung trat. Dadurch angeregt, entstand zunächst in den karibischen Industriestandorten eine politische Arbeiterschicht. Die Wut über die diskriminierenden Lebensumstände machte sich u. a. auf Barbados und Trinidad in blutigen Aufständen Luft. Schließlich bildeten sich auf den Antillen die ersten politischen Parteien, auf deren Fahnen der Begriff „Unabhängigkeit“ stand.
In dieser Umbruchzeit brachte der beginnende Zweite Weltkrieg eine Periode militärischer Gefährdung und wirtschaftlicher Schwierigkeiten. Neben den Versorgungsnöten der Antillen darf nicht vergessen werden, dass viele Einwohner zum Militärdienst innerhalb der jeweiligen Kolonialmacht herangezogen worden waren – auf den europäischen Schlachtfeldern starben auch Menschen von den karibischen Inseln! Vielleicht lag es an den Erfahrungen der kolonialen Kriege, dass sich ab 1945 Stimmen mehrten, die eine völlige Loslösung von den herrschenden Mächten befürworteten. Da auch ein großer Teil der öffentlichen Meinung in Europa auf die Lage der Antillen-Inseln aufmerksam wurde und nach einer anderen Politik verlangte, wurde vor allem London aktiv und suchte nach neuen administrativen Strukturen. Dies war umso wichtiger, als die veränderte weltpolitische Lage nach dem Krieg inzwischen auch das Interesse der Sowjetunion für den karibischen Raum geweckt hatte. Denn nachdem auf Kuba die Revolutionstruppen Fidel Castros und Che Guevaras 1959 den Sieg über den verhassten Diktator Batista erringen konnten, war sozusagen ein sozialistischer Brückenkopf in der Region aufgebaut. Von nun an hatten alle Kolonien ein politisches Modell vor Augen, das zumindest in der Anfangsphase Gleichberechtigung versprach und sich zur Nachahmung zu empfehlen schien. Den kubanischen Sonderweg kopierte später in Grenada der charis matische Maurice Bishop, der nach seinem im März 1979 durchgeführten Putsch gegen den damals diktatorisch regierenden Eric Gairy einen prokubanischen Kurs einschlug. Er nahm Kubas technische Hilfe an wie auch die Hilfsangebote Kanadas, Venezuelas und der Europäischen Gemeinschaft. 1983 wurde er von seinen eigenen Leuten ermordet. Die US-amerikanischen Invasionstruppen beendeten dann den revolutionären Prozess in Grenada und wurden dabei durch einige Inselstaaten der Region unterstützt.
Die Flagge von Barbados vor dem Sunbury Plantation House
Viele Jahre zuvor ging es London bereits darum, das Gefüge der englischsprachigen Windward- und Leeward-Inseln politisch und wirtschaftlich neu zu strukturieren, ohne sie an den Sozialismus zu verlieren. Aus diesem Grund hatte man 1958 die sogenannte Westindische Föderation ins Leben gerufen, man gab den einzelnen Mitgliedstaaten z. T. eigene Verfassungen und bot ihnen insgesamt die Unabhängigkeit an. Die wirtschaftlich stärksten Mitglieder der Föderation (Jamaika sowie Trinidad und Tobago) waren jedoch nicht bereit, sich einer westindischen Zentralregierung und einem gemeinsamen Steuersystem zu unterwerfen, und erklärten 1962 einseitig ihre Souveränität.
Nachdem so die Idee der Föderation gestorben und 1966 auch das wirtschaftlich ebenfalls starke Barbados in die Unabhängigkeit abgesprungen war, blieb eine Gemeinschaft der „Kleinen Acht“ übrig, die Großbritannien 1967 zu „assoziierten Staaten“ (West Indies Associated States) machte – was eine autonome Regelung der inneren Angelegenheiten bedeutete, während die Außen- und Verteidigungspolitik in London verblieb. Das Ziel war jedoch weiterhin der Schritt in die volle Souveränität, vor dem sich zunächst noch manche einheimische Politiker fürchteten, den andere aber herbeisehnten und forderten. 1974 wurde Grenada unabhängig, gefolgt von Dominica (1978), St. Lucia, St. Vincent und den Grenadinen (1979), Antigua (1981) und schließlich St. Kitts und Nevis (1983).
Innerhalb weniger Jahre war damit aus einem zusammenhängenden Kolonialgebiet ein System von Zwergstaaten geworden, deren politische Autonomie nichts mit wirtschaftlicher Lebensfähigkeit zu tun hatte. Deswegen gab es neben den auseinanderdriftenden politischen Tendenzen von Anfang an das Bestreben, den karibischen Raum wirtschaftlich zusammenzuschließen. Bereits ein Jahr nach der Etablierung der West Indies Associated States wurde von Antigua und Barbuda, Barbados, Guyana sowie Trinidad und Tobago 1968 die Freihandelszone CARIFTA (Caribbean Free Trade Area) gegründet, der sich später auch Anguilla, Belize, Dominica, Grenada, Jamaika, St. Kitts und Nevis, Montserrat, St. Lucia sowie St. Vincent und die Grenadien anschlossen.
1973 wandelte man die CARIFTA in den Karibischen Gemeinsamen Markt CARICOM (Caribbean Common Market) um. Weitere Schritte auf dem Weg zu stabiler Einheit waren die Gründung der Karibischen Entwicklungsbank Caribbean Development Bank (CDB) im Jahre 1969 und vor allem die Einrichtung der Organisation of East Caribbean States (OECS) im Jahre 1982. Die OECS brachte die englischsprachigen Staaten Antigua und Barbuda, Dominica, Grenada, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und Grenadinen sowie die britische Kolonie Montserrat zusammen. Sie alle haben die gleiche Währung, den East Caribbean Dollar (EC-$), und eine gemeinsame Zentralbank.
Der historische Überblick zeigt, dass die paradiesische Landschaft der Kleinen Antillen nicht gleichbedeutend ist mit paradiesischen Verhältnissen. Die brutale Eroberung, die Versklavung von Millionen von Menschen, die Ausnutzung der Plantagenarbeiter, der schmerzhafte Weg der politischen und kulturellen Emanzipation – all das ist mehr als bloße Vergangenheit. Der europäische Besucher muss sich immer darüber im Klaren sein, dass er für die meisten Einwohner allein schon wegen seiner Herkunft ein Teil ihrer kolonialen Geschichte ist.
Heute fühlen sich die Antillenbewohner nicht mehr als Niederländer, Briten oder Amerikaner, sondern nennen sich selbstbewusst nach ihrer Insel Bajan, St. Lucian oder Grenadian. Als Besucher sollte man dem Nationalstolz und neuen Selbstwertgefühl dieser freundlichen Menschen mit Sympathie begegnen, sich nicht nur für ihre Natur, sondern auch für ihre Geschichte interessieren und tunlichst das hässliche Wort „Bananenrepubliken“ vermeiden. Sicher ist der Fremdenverkehr für fast alle Inseln der Devisenbringer Nummer eins. Als Besucher daraus aber irgendwelche Privilegien ableiten zu wollen, hieße, den Werdegang des Gastlandes zu verkennen.
Stolz und Selbstbewusstsein auf Grenada