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Dieses Buch beschreibt den gesamten Lebenszyklus von Software als Medizinprodukt. Es deckt den kompletten CPMS-Lehrplan (Foundation Level) ab und ergänzt ihn durch weitere Informationen. Behandelt werden im Einzelnen:
- Rechtliche Grundlagen
- Qualitäts- und Dokumentenmanagement (ISO 13485)
- Risikomanagement und -analyse (ISO 14971)
- Best Practices des Software Engineering (IEC 62304)
- Gebrauchstauglichkeit (Benutzungsschnittstellen und IEC 62366)
- Medizinische Informatik
- IT-Security
Das Buch eignet sich zur individuellen Vorbereitung auf die CPMS-Zertifizierungsprüfung und als Begleitliteratur zu den entsprechenden Vorbereitungsschulungen.
Die 3. Auflage wurde komplett überarbeitet und beinhaltet den aktuellen Stand der Normen und Richtlinien für die Medizintechnik.
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Seitenzahl: 328
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Professor Christian Johner unterrichtete an mehreren Hochschulen u.a. in Konstanz, Würzburg, Krems, St. Gallen und Stanford Software Engineering, Softwarearchitektur, Softwarequalitätssicherung und Medizinische Informatik. Am Johner Institut bildet der promovierte Physiker im Rahmen von berufsbegleitenden Masterstudiengängen und Seminaren Personen aus, die IT-Lösungen für das Gesundheitswesen entwickeln, prüfen, anwenden und betreiben. Mit seiner Firma berät er Medizinproduktehersteller bei der Entwicklung, Qualitätssicherung und Zulassung von medizinischer Software.
Matthias Hölzer-Klüpfel studierte Physik an der Universität Würzburg. Seit 2002 ist er als Entwickler, Berater und Projektleiter tätig. Er führte zahlreiche Projekte im Bereich Medizintechnik durch und war dabei sowohl bei KMU-Firmen als auch in Großunternehmen im Einsatz. Heute ist er freiberuflicher Berater und unterstützt seine Kunden bei Fragen rund um die Software- und Systementwicklung in der Medizintechnik. Neben seinen beruflichen Tätigkeiten schloss er im Juli 2009 den Masterstudiengang »IT im Gesundheitswesen« ab. Matthias Hölzer-Klüpfel ist Mitbegründer des Vereins »ICPMSB e.V.«, der die Grundlagen für die Zertifizierungen zum »Certified Professional for Medical Software« erarbeitet, und Vorsitzender des Fachausschusses »Software in der Medizintechnik« im Verein Deutscher Ingenieure (VDI).
Sven Wittorf hat Elektro- und Informationstechnik an der TU Darmstadt studiert und einen Abschluss als Master of Science im Bereich IT im Gesundheitswesen. Seit 2012 ist er geschäftsführender Gesellschafter der Medsoto GmbH, die Softwarewerkzeuge zur Unterstützung des normenkonformen Arbeitens in der Medizintechnik erstellt. Er ist Gründungsmitglied des ICPMSB e.V. und Mitglied im nationalen Normungsgremium der IEC 62304 sowie im VDI-Fachausschuss »Qualitätssicherung für Software in der Medizintechnik«. Für das Johner Institut arbeitet er als Trainer für das CPMS-Programm.
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Christian Johner · Matthias Hölzer-Klüpfel · Sven Wittorf
Aus- und Weiterbildung zumCertified Professional for Medical Software
Unter Mitarbeit vonThomas Geis, Dr. Christof Gessner und Markus Manleitner
3., überarbeitete und aktualisierte Auflage
Christian Johner
Matthias Hölzer-Klüpfel
Sven Wittorf
Lektorat: Christa Preisendanz
Copy-Editing: Ursula Zimpfer, Herrenberg
Satz: Birgit Bäuerlein
Herstellung: Stefanie Weidner
Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN:
Print 978-3-86490-743-2
PDF 978-3-96910-057-8
ePub 978-3-96910-058-5
mobi 978-3-96910-059-2
3., überarbeitete und aktualisierte Auflage 2021
Copyright © 2021 dpunkt.verlag GmbH
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69123 Heidelberg
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Die Welt des Medizinprodukterechts dreht sich weiterhin schnell: Die EU-Medizinprodukteverordnungen (MDR und IVDR) haben die EU-Richtlinien weitestgehend abgelöst. Für die Hersteller bedeutet(e) dieser Umstieg eine hohe Belastung, zumal sich die Anzahl der benannten Stellen mehr als halbiert und damit die Verfügbarkeit benannter Stellen stark beeinträchtigt hat.
Für die Firmen und deren Mitarbeitende bleibt es herausfordernd, mit den Interpretationen der neuen Verordnungen, mit den Updates der Normen (z.B. zu den Software-Lebenszyklus-Prozessen und zur Gebrauchstauglichkeit), mit den neuen EU-Leitlinien sowie den Common Specifications Schritt zu halten.
Gleichzeitig nimmt der internationale Wettbewerb zu, neue Themen wie die künstliche Intelligenz und das Internet of Things wollen verstanden und beherrscht sein, und die Entwicklungszyklen werden immer kürzer.
Daher ist es wichtig, dass die Entwicklung medizinischer Software nicht durch unnötige QM-Bürokratie und missverstandene Regularien behindert wird.
Die dritte Auflage dieses Buches soll einen Beitrag dazu leisten, dass Firmen Medizinprodukte, die Software enthalten oder selbst Software sind, schnell, sicher und gesetzeskonform entwickeln können und damit im Markt erfolgreich und den Patienten dienlich sind.
Das Buch wurde um die Veränderungen und Neuerungen seit der letzten Auflage erweitert sowie an den aktualisierten Lehrplan des CPMS-Programms angepasst. Dadurch ist ein weiteres Kapitel zum Thema IT-Sicherheit hinzugekommen. Die bewährte Struktur des Kapitels zu den rechtlichen Grundlagen wurde beibehalten, alle Informationen wurden aber um die Inhalte der neuen Medizinprodukteverordnung ergänzt. Wir haben uns bewusst dazu entschieden, die Anforderungen der drei Richtlinien für Medizinprodukte noch nicht komplett aus dem Inhalt zu entfernen, da diese durch Übergangsfristen und möglicherweise weitere Verschiebungen noch mehrere Jahre relevant sein könnten.
Christian Johner, Matthias Hölzer-Klüpfel, Sven WittorfKonstanz, Würzburg, Seeheim-Jugenheim, im August 2020
Viel hat sich ereignet seit der ersten Auflage dieses Buches:
Skandale, wie der Einsatz gesundheitsgefährdender Brustimplantate, haben die Medizinproduktewelt aufgerüttelt, mit Folgen, deren Tragweite noch immer nicht ganz abschätzbar ist: Die europäischen Gesetzgeber haben die komplette Rechtsprechung überdacht, und es zeichnet sich ab, dass die Medizinprodukterichtlinien durch eine Medizinproduktverordnung abgelöst werden. Auf die daraus entstehenden Folgen für die Hersteller gehen wir in dieser zweiten Auflage ein. Des Weiteren wurden die benannten Stellen noch stärker zu unangekündigten Audits verpflichtet. Umso wichtiger ist es, dass die Hersteller die regulatorischen Forderungen einhalten, wozu dieses aktualisierte Buch ebenfalls beitragen wird.
Kontroverse Diskussionen innerhalb der EU haben dazu geführt, dass scheinbar über Nacht und ohne Übergangsfrist die Risikomanagementnorm EN 14971 zum 1. September 2012 überarbeitet wurde. Natürlich berücksichtigt das überarbeitete Kapitel 4 (»Risikomanagement«) diese Neuerung.
Doch nicht nur die Folgen regulatorischer Änderungen werden wir in dieser zweiten Auflage diskutieren, sondern auch auf aktuelle Trends wie die Mobile Medical Apps eingehen. Fehler in der ersten Auflage haben wir verbessert.
Christian Johner, Matthias Hölzer-Klüpfel, Sven WittorfKonstanz, Würzburg, Seeheim-Jugenheim, im Februar 2015
Wenn sich 70 Personen aus ganz Deutschland zusammenfinden, um – ohne dass sie dafür in irgendeiner Weise vergütet würden – ein Thema zu besprechen, dann scheinen sie ein aufrichtiges und gemeinsames Anliegen zu haben.
Diese Personen, die bei Medizinprodukteherstellern, bei sogenannten benannten Stellen, in Krankenhäusern oder bei Trainingsanbietern arbeiten, stellen sich alle die gleichen Fragen:
Was müssen Entwickler, Auditoren, Betreiber oder Anwender von Medizinprodukten, die Software enthalten oder eigenständige medizinische Software sind, wissen und können? Welche Begriffe müssen sie kennen? Was müssen sie tun, um die rechtlichen Rahmenbedingungen einzuhalten und gleichzeitig effektiv und effizient zu arbeiten? Welche Dokumente müssen sie erstellen? Wie sollen sie das Risikomanagement anwenden? Wie kommen sie zu gebrauchstauglichen Produkten? Und am wichtigsten: Wie schaffen sie es, Software zu entwickeln, mit der die Anwender Patienten schnell und zuverlässig diagnostizieren, therapieren und überwachen können, ohne dabei die Anwender, Patienten und Dritte unnötig zu gefährden?
Es sind genau diese Fragen, die die 70 Personen verbinden, die zu den ersten Mitgliedern und Interessenten des Vereins »International Certified Professional for Medical Software Board« (ICPMSB) zählen. Daher haben sie sich in ihrem Verein das Ziel gesetzt, einen Kanon an Wissen und Fähigkeiten zu definieren und dafür Konzepte zur strukturierten Weiterbildung sowie zur Zertifizierung zu entwickeln.
Dass es dieser Weiterbildung dringend bedarf, wird gleich mehrfach schmerzlich deutlich: Zum einen steigt die Anzahl der Probleme mit Medizinprodukten ständig. So veröffentlicht das Bundesamt für Arzneimittel etwa zwei Hinweise der Hersteller zu Risiken mit Softwarebezug – pro Woche! Des Weiteren fehlt in den meisten Curricula der einschlägigen Hochschulstudiengänge wie Medizintechnik oder Medizininformatik das Thema »gesetzeskonforme Entwicklung medizinischer Software«. In Folge finden sich zahlreiche Firmen, die medizinische Software auf sehr »hemdsärmelige« Art entwickeln. Viele dieser Firmen drängen erstmalig in den für sie neuen Markt Gesundheitswesen. Das Gesundheitswesen ist inzwischen die größte Branche in Deutschland. Eine Branche, die sich dadurch auszeichnet, dass fehlerhafte Produkte besonders direkte und fatale Auswirkungen auf die Gesundheit und das Leben von Menschen haben können.
Möge dieses Buch dazu beitragen, dass die Medizinproduktehersteller ebenso wie deren Kunden (z.B. Krankenhäuser) medizinische Software künftig noch kompetenter, verantwortungsvoller und der Gesundheit von Patienten dienlicher entwickeln, betreiben und anwenden und so der gemeinsamen Verantwortung gerecht werden. Denn damit ginge ein großer Wunsch nicht nur der 70 Personen in Erfüllung.
All diesen unermüdlichen Helfern danken die Autoren von Herzen. Ohne sie wäre das Buch nicht entstanden. Sie werden auch für den weiteren Erfolg des Vereins wesentlich sein. Besonderer Dank gilt unseren Koautoren Thomas Geis, Dr. Christof Gessner und Markus Manleitner.
Allen Lesern, seien es Hersteller von Medizinprodukten, seien es Mitarbeiter von Krankenhäusern, Arztpraxen oder benannten Stellen, seien es Studenten oder Anbieter und Teilnehmer von Trainingsprogrammen, wünschen wir vor allem dies: viel Freude beim Lesen sowie viele Erkenntnisse und Anregungen, die sie direkt im beruflichen Alltag umsetzen können.
Christian Johner, Matthias Hölzer-Klüpfel, Sven WittorfKonstanz, Würzburg, Darmstadt, im Februar 2011
1Einleitung
2Rechtliche Grundlagen
3Qualitätsmanagement
4Risikomanagement
5Lebenszyklus medizinischer Software
6Gebrauchstauglichkeit
7Dokumentenmanagement
8Medizinische Informatik
9IT-Sicherheit bei Medizinprodukten
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Quellenverzeichnis
Index
1Einleitung
1.1Aufbau dieses Buches
1.2Initiative »Certified Professional for Medical Software« (CPMS)
1.3Zuordnung der Kapitel dieses Buches zum Curriculum des CPMS
2Rechtliche Grundlagen
2.1Die Rechtslage in Europa
2.1.1Das sogenannte neue Konzept für Produktregulierung innerhalb der Europäischen Union
2.1.2Regulatorische Landkarte für Medizinprodukte
2.2Regulatorische Vorgaben für Medizinprodukte
2.2.1Die Medizinprodukterichtlinie und die Medizinprodukteverordnung
2.2.2Besonderheiten für aktive implantierbare medizinische Geräte
2.2.3Besonderheiten für In-vitro-Diagnostika
2.2.4Die Gesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland
2.3Harmonisierte Normen
2.3.1Das neue Konzept der Europäischen Union
2.3.2Entstehung von harmonisierten Normen
2.3.3Veröffentlichung von harmonisierten Normen
2.4Relevante harmonisierte Normen
2.4.1Qualitätsmanagement (EN ISO 13485)
2.4.2Risikomanagement (EN ISO 14971)
2.4.3Software-Lebenszyklus-Prozesse (EN 62304)
2.4.4Gebrauchstauglichkeit (EN 62366 und EN 60601-1-6)
2.4.5Normenfamilie EN 60601 über medizinische elektrische Geräte
2.5Anwendung und Kontrolle rechtlicher Vorgaben
2.5.1Lebenszyklus eines Medizinproduktes
2.5.2Überwachung von Herstellern
2.5.3Überwachung von benannten Stellen
2.6Weltweite Harmonisierungsbemühungen – die GHTF und das IMDRF
2.7Die Situation in den USA
2.7.1Aufbau der Gesetzgebung
2.7.2Federal Food, Drug, and Cosmetic Act (FD&C Act)
2.7.3Code of Federal Regulations Title 21 (21 CFR)
2.7.4Food and Drug Administration (FDA)
2.7.5Klassifizierung von Medizinprodukten
2.7.6Inverkehrbringen von Medizinprodukten
2.7.7Softwarespezifische Vorgaben
2.7.8Vergleich mit Europa
2.8Weitere internationale Behörden
3Qualitätsmanagement
3.1Aufbau der Norm ISO 13485
3.2Prozessorientierter Ansatz
3.3Dokumentationsanforderungen
3.3.1Qualitätsmanagement-Handbuch
3.3.2Zu dokumentierende Verfahren
3.3.3Dokumente und Aufzeichnungen
3.4Verantwortung der Leitung
3.5Management von Ressourcen
3.6Produktrealisierung
3.6.1Planung
3.6.2Einbindung des Kunden
3.6.3Design und Entwicklung
3.6.4Beschaffung
3.6.5Produktion und Dienstleistungserbringung
3.6.6Umgang mit Kundeneigentum
3.6.7Überwachung von Messmitteln
3.7Messung, Analyse und Verbesserung
3.7.1Sammeln von Rückmeldungen
3.7.2Internes Audit
3.7.3Messung von Prozessen
3.7.4Fehlerhafte Produkte
3.7.5Verbesserung
4Risikomanagement
4.1Einführung
4.1.1Regulatorischer Rahmen
4.1.2Bedeutung des Risikomanagements
4.1.3Begriffe
4.2Die Risikobewertungsmatrix
4.2.1Definition der Achsen
4.2.2Risikoakzeptanz
4.3Verfahren zur Risikoanalyse
4.3.1Vorläufige Gefährdungsanalyse (PHA)
4.3.2Fehlerbaumanalyse (FTA)
4.3.3Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse (FMEA)
4.3.4Abschätzen von Wahrscheinlichkeit und Schweregrad
4.4Die ISO 14971
4.4.1Allgemeine Anforderungen an das Risikomanagement
4.4.2Der Risikomanagementprozess
4.4.3Dokumentation
4.5Zusammenspiel mit anderen Normen
4.5.1Zusammenspiel mit der ISO 13485
4.5.2Zusammenspiel mit der IEC 62304
4.5.3Zusammenspiel mit der IEC 62366-1
4.6Risikomanagement bei Software
4.6.1Definition Softwaresicherheitsklassen
4.6.2Wahrscheinlichkeit und Softwaresicherheitsklassen
4.6.3Dekomposition des Softwaresystems
4.6.4Einflüsse auf die Architektur
4.7Zusammenfassung
5Lebenszyklus medizinischer Software
5.1Softwareentwicklungsprozesse
5.1.1Regulatorische Anforderungen
5.1.2Vorgehensmodelle
5.1.2.1Einführung
5.1.2.2Wasserfallmodell
5.1.2.3V-Modell
5.1.2.4Iterativ-inkrementelle Modelle
5.1.3Prozessbeschreibung
5.1.3.1Einführung
5.1.3.2Prozessgebiete festlegen
5.1.4Konformitätsnachweis
5.1.4.1Einführung
5.1.4.2Audits bestehen
5.2Softwareentwicklung
5.2.1Entwicklungsplanung
5.2.1.1Einführung
5.2.1.2Softwareentwicklung planen
5.2.1.3Entwicklungsprozesse anpassen
5.2.1.4Standards, Methoden und Werkzeuge auswählen
5.2.1.5Projekte planen
5.2.2Softwareanforderungsanalyse
5.2.2.1Einführung
5.2.2.2Softwareanforderungen ableiten
5.2.2.3Softwareanforderungen formulieren
5.2.2.4Softwareanforderungen verifizieren
5.2.3Softwarearchitektur
5.2.3.1Einführung
5.2.3.2Softwarearchitektur beschreiben
5.2.3.3Sicherheitsklasse reduzieren
5.2.3.4Risikobehandlung sicherstellen
5.2.3.5SOUP einsetzen
5.2.3.6Softwarearchitektur verifizieren
5.2.4Softwaredesign
5.2.4.1Einführung
5.2.4.2Softwaredesign beschreiben
5.2.4.3Schnittstellen definieren
5.2.4.4Design verifizieren
5.2.5Implementierung
5.2.5.1Einführung
5.2.5.2Softwareeinheiten implementieren
5.2.5.3Akzeptanzkriterien festlegen
5.2.5.4Codierrichtlinien einsetzen
5.2.5.5Softwareeinheiten verifizieren
5.2.6Integration
5.2.6.1Einführung
5.2.6.2Software-Build beherrschen
5.2.6.3Integrationsstrategie festlegen
5.2.6.4Integration verifizieren
5.2.7Softwaretest
5.2.7.1Einführung
5.2.7.2Testebenen auswählen
5.2.8Tests planen
5.2.8.1Tests durchführen
5.2.8.2Tests verifizieren
5.2.8.3Änderungen prüfen
5.2.9Freigabe
5.2.9.1Einführung
5.2.9.2Entwicklung abschließen
5.2.9.3Software archivieren
5.2.9.4Validierung durchführen
5.3Softwarekonfigurationsmanagement
5.3.1Einführung
5.3.2Konfigurationskontrolle
5.3.2.1Konfigurationselemente identifizieren
5.3.2.2Elemente und Versionen kennzeichnen
5.3.2.3Versionskontrollsystem nutzen
5.3.2.4Softwareversionen benennen
5.3.2.5SOUP identifizieren
5.3.3Änderungskontrolle
5.3.3.1Änderungsanforderungen genehmigen
5.3.3.2Änderungen implementieren
5.3.3.3Rückverfolgbarkeit sicherstellen
5.4Softwareproblemlösung und -wartung
5.4.1Einführung
5.4.2Softwareproblemlösung
5.4.2.1Problemberichte erstellen
5.4.2.2Probleme lösen
5.4.2.3Problemlösung verifizieren
5.4.2.4Trends analysieren
5.4.3Softwarewartung
5.4.3.1Wartung planen
5.4.3.2Rückmeldungen behandeln
5.4.3.3Änderung implementieren
5.4.3.4Software freigeben
5.5Umgang mit älterer Software
5.5.1Einführung
5.5.2Risikomanagement
5.5.2.1Rückmeldungen auswerten
5.5.2.2Risikomanagementaktivitäten durchführen
5.5.3Umgang mit Lücken
5.5.3.1Lücken identifizieren
5.5.3.2Aktivitäten planen
5.5.3.3Lücken schließen
5.5.4Dokumentation
5.5.4.1Version dokumentieren
5.5.4.2Nutzung begründen
6Gebrauchstauglichkeit
6.1Einführung
6.1.1Bedeutung der gebrauchstauglichkeitsorientierten Entwicklung
6.1.2Übersicht
6.1.3Definitionen
6.2Regulatorisches Umfeld
6.2.1EU-Verordnungen, Gesetze und Behörden
6.2.2Normen
6.3Weg zu validen Anforderungen
6.3.1Benutzer identifizieren und charakterisieren
6.3.2Kontext erheben und Zweckbestimmung festlegen
6.3.3Nutzungsanforderungen ableiten
6.4Benutzungsschnittstelle konzipieren
6.4.1Nutzungsszenarien für jede zu unterstützende Kernaufgabe konstruieren
6.4.2Benutzungsschnittstelle spezifizieren
6.4.3Prototyp entwerfen und prüfen
6.5Prüfung: Verifizierung und Validierung
6.5.1Inspektionsverfahren
6.5.2Teilnehmende Beobachtung (Usability-Test)
6.5.3Qualitative und quantitative Benutzerbefragungen
6.5.4Zusammenfassung der Prüfverfahren
6.6IEC-62366-1-konforme Dokumentation
6.6.1Gebrauchstauglichkeitsorientierter Entwicklungsprozess
6.6.2Gebrauchstauglichkeitsakte
6.7UOUP: Benutzer-Produkt-Schnittstellen unbekannter Herkunft
6.8Zusammenfassung
7Dokumentenmanagement
7.1Einführung
7.2Allgemeine Anforderungen an Dokumente
7.3Geforderte Dokumentation
7.3.1Qualitätsmanagement
7.3.2Risikomanagementakte
7.3.3Gebrauchstauglichkeitsakte
7.3.4Dokumentation der Softwareentwicklung
7.3.5Technische Dokumentation
7.3.6Sonstige Dokumente
7.3.7Übersicht über geforderte Dokumente
7.4Umgang mit Dokumenten
7.5Zusammenfassung
8Medizinische Informatik
8.1Einführung
8.1.1Gesundheitswesen
8.1.2Informationssysteme
8.2Interoperabilität
8.2.1Interoperabilitätsebenen
8.2.2Kommunikationsstandards
8.2.3Semantische Standards
8.3Zusammenfassung
9IT-Sicherheit bei Medizinprodukten
9.1Einführung
9.1.1Probleme mit der IT-Sicherheit
9.1.2IT-Sicherheit: Begriffsdefinition und Ziele
9.1.3Das STRIDE-Modell
9.2Regulatorische Rahmen
9.2.1MDR und IVDR
9.2.2Normen
9.2.3MDCG 2019-16
9.2.4Nationale Vorgaben für Medizinprodukte
9.2.5Vorgaben an die IT-Sicherheit, die nicht spezifisch für Medizinprodukte gelten
9.3IT-Sicherheit im Produktlebenszyklus
9.3.1Allgemeines
9.3.2Zweckbestimmung und Stakeholder-Anforderungen
9.3.3System- und Softwareanforderungen
9.3.4System- und Softwarearchitektur
9.3.5Testaktivitäten
9.3.6Softwarefreigabe
9.3.7Überwachung des Produktes im Markt nach dem Inverkehrbringen
9.4Produktanforderungen
9.4.1Authentifizierung und Autorisierung
9.4.2Daten und Kommunikation
9.4.3Audit-Log
9.4.4Begleitmaterialien
9.5Zusammenfassung
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Quellenverzeichnis
Index
In atemberaubender Geschwindigkeit wächst der Anteil der Wertschöpfung, der durch Software generiert wird. Das gilt auch für den Markt der Medizinprodukte. Besonders offenbart sich dieser Trend bei eigenständiger Software wie Diagnose- oder Therapieplanungssystemen. Aber auch bei vielen klassischen Medizingeräten hängt die Wettbewerbsfähigkeit davon ab, wie schnell und zuverlässig Informationen verarbeitet und dem medizinischen Personal zur Verfügung gestellt werden. Das betrifft beispielsweise die Bildverarbeitung in CTs oder Kernspingeräten ebenso wie die Navigationssysteme für die Chirurgie.
Als weiterer Trend lässt sich das Zusammenwachsen von Medizintechnik und Medizin-IT beobachten: Es gibt kaum ein Medizingerät, das nicht in ein Netzwerk einzubinden ist und das nicht mit klinischen Informationssystemen Daten austauschen muss. Die viel diskutierte Telematikinfrastruktur zielt sogar auf eine deutschlandweite Vernetzung von medizinischen Systemen.
Dieser technologische Fortschritt bedeutet jedoch nicht nur große Chancen im Sinne einer wirkungsvolleren, schnelleren und kosteneffizienteren Diagnostik und Therapie. Er bedeutet auch zusätzliche Risiken für Patienten, Anwender und Dritte. Diese Risiken führen zu Gesundheitsschädigungen – bis hin zum Tod. Künftige Entwicklungen wie die personalisierte Medizin, die auf Methoden der Bioinformatik und Molekularmedizin basiert, werden es sicher nicht einfacher machen, ein ausgewogenes Chancen-Risiko-Verhältnis dieser neuen Technologien und Verfahren zu wahren.
Als Reaktion auf vermehrte Probleme, vor allem mit Bezug zur Software, verschärfen viele Länder seit nun fast einem Jahrzehnt die regulatorischen Vorgaben.
Im Jahr 2010 wurde das Medizinproduktegesetz (MPG) novelliert.
Im Jahr 2010 wurde die Norm IEC 80001-1 über das Risikomanagement von IT-Netzwerken verabschiedet.
2012 erschien die ISO 14971:2012, in der Risiken nicht mehr einfach als akzeptabel klassifiziert werden dürfen.
Seit 2013 haben die benannten Stellen (verstärkt) begonnen, unangekündigte Audits durchzuführen.
Die FDA hat in diesen Jahren zahlreiche Guidance-Dokumente veröffentlicht u. a. zu Medical Apps, zur Cybersecurity und zum Thema künstliche Intelligenz.
Die Auditoren bauen die eigene Softwarekompetenz aus und verschärfen die Audits.
Seit dem Jahr 2017 werden die Medizinprodukterichtlinien nach und nach durch Verordnungen abgelöst. Diese legen wesentlich strengere Maßstäbe an den Nachweis der Wirksamkeit von Medizinprodukten an und erhöhen massiv die Verpflichtungen für alle Wirtschaftsakteure im Gesundheitswesen, die mit Medizinprodukten umgehen.
Diese erhöhten regulatorischen Anforderungen führen aber nicht zwangsläufig und unmittelbar zu besseren, weil sicheren Medizinprodukten. Sie führen jedoch in den meisten Fällen zu einem erhöhten Aufwand bei Herstellern und Betreibern, besonders die Dokumentation betreffend. Häufig empfinden es beide als einen Spagat, die regulatorischen Anforderungen erfüllen zu müssen und den dabei entstehenden Aufwand vertretbar zu halten.
In den folgenden Kapiteln will dieses Buch darlegen, dass es hier nicht notwendigerweise um einen Kompromiss geht, sondern es will Wege aufzeigen, mit denen eine Entwicklung (und der Betrieb) nach Best Practices implizit zur Gesetzeskonformität und gleichzeitig zu einem effektiven, kosten- und zeitsparenden Arbeiten führt. Und genau das möchten die Autoren der Normen auch erreichen. Es geht somit nicht um Kompromisse, sondern vielmehr um eine Portion gesunden Menschenverstand.
Kapitel 2 führt in die rechtlichen Grundlagen ein. Diese zu kennen und zu verstehen ist die Grundvoraussetzung für das Verständnis der weiteren Kapitel. Nach dem Lesen dieses Kapitels sollte es klarer sein, wie Richtlinien, Gesetze, Verordnungen und Normen ineinandergreifen und wo man bei welchen Fragen nachschauen muss.
Kapitel 3 stellt die ISO 13485 vor. Diese Norm nennt Anforderungen an ein Qualitätsmanagement und ist für die medizinische Software die unspezifischste Norm. Sie gibt jedoch den »großen Rahmen« vor.
Alle für medizinische Software relevanten Normen verweisen auf das Risikomanagement. Ohne ein adäquates Risikomanagement lässt sich kein Audit bestehen. Nur wer die Risiken seines Medizinproduktes kennt, kann viele Fragen beantworten, die im Laufe der Spezifikation, beim Entwickeln und dem Testen von medizinischer Software auftauchen. Daher widmet sich das Kapitel 4 ausschließlich dem Thema Risikomanagement und stellt die entsprechenden Bezüge zu den folgenden Kapiteln her.
Zu diesen Kapiteln zählt das Kapitel 5 zum Lebenszyklus medizinischer Software. Hier geht es sowohl um Aspekte und Best Practices des Software Engineering als auch um die Forderungen der IEC 62304. Für Softwarearchitekten und Programmierer wird dieses Kapitel eines der wichtigsten sein.
Das wahrscheinlich am meisten unterschätzte und gleichzeitig das bedeutendste Thema ist die »Usability«, die Gebrauchstauglichkeit, der Medizinprodukte. Fast alle Hersteller glauben zu wissen, was ihre Kunden benötigen, glauben, dass man durch ein Befragen dieser zu den Anforderungen kommt. Die Alltagsrealität kennt aber Feststellungen wie »die Kunden wollen jetzt etwas anderes« oder »es gibt neue oder geänderte Anforderungen«. Und genau diese Feststellungen sind ein trauriger Beweis des Gegenteils. Ebenso wie die Statistik der FDA, die 70% aller softwarebezogenen Rückrufe auf mangelnde Gebrauchstauglichkeit zurückführt. Aus diesem Grund geht das Kapitel 6 dediziert auf dieses Thema und die dazu relevanten Normen ein, die IEC 60601-1-6 und IEC 62366.
Gleichsam als verbindende Klammer um die vorangegangenen Kapitel dient das Kapitel 7 zum Dokumentenmanagement. Es hat zum Ziel, die wichtigsten Anforderungen an die Erstellung und Lenkung von Dokumenten zu erläutern und Hinweise zu einer Dokumentenlandschaft, also dem Aufteilen der Dokumente auf die verschiedenen Akten, zu geben.
Medizinprodukte sind wie oben beschrieben heute nur selten als isolierte Systeme zu sehen. Vielmehr müssen sie in einen Verbund aus anderen Medizingeräten und Informationssystemen integriert werden und mit diesen zusammenspielen. Die Interoperabilität ist somit eine wesentliche Voraussetzung. Kapitel 8 »Medizinische Informatik« geht der Frage nach, welche Systeme wie zu integrieren sind und welche Standards und Klassifikationen es auf den unterschiedlichen Integrationsebenen zu kennen und zu beachten gilt. Das 2020 in den Lehrplan aufgenommene Thema »IT-Sicherheit« wird in Kapitel 9 behandelt.
Genauso wie Normen helfen sollen, einheitliche Standards – in diesem Fall bei der Entwicklung medizinischer Software – zu schaffen, können Zertifizierungsprogramme dazu beitragen, einen einheitlichen Kanon an Wissen zu definieren, über den Personen verfügen sollen, die medizinische Software normen- und gesetzeskonform entwickeln, zulassen oder betreiben. Solch ein Kanon wird nur dann Anerkennung finden, wenn er durch ein unabhängiges Gremium erarbeitet, weiterentwickelt und geprüft wird.
Genau dieses Ziel hat sich der Verein »International Certified Professional for Medical Software Board e.V.« (ICPMSB e.V.) gesetzt. Seine Mitglieder – z.B. Vertreter von Herstellern, benannten Stellen, Trainingsanbietern und Beratern – definieren die Lehrinhalte, Lernziele und Prüfungsmodalitäten. Der Verein akkreditiert Trainingsanbieter und Institutionen, welche die Prüfungen abnehmen, und stellt so eine Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit der Lehr- und Prüfungsinhalte sowie Prüfungsmodalitäten sicher.
Dieses Buch basiert auf dem Curriculum, welches das Gremium des ICPMSB e.V.1 erarbeitet hat, das die Lehrinhalte und Lernziele definiert. Seine Kapitelstruktur deckt sich mit den Modulen des Basiscurriculums.
Die folgende Tabelle listet die bei Drucklegung gültige Kapitelstruktur des CPMS (v3.0) auf und verweist auf das Kapitel innerhalb dieses Buches, in dem die dortigen Themen behandelt werden. Da sich die Lernziele und die Struktur des Lehrplans mit fortschreitenden Veränderungen der Regularien ebenfalls verändern werden, ist eine jeweils aktuelle Tabelle online unter www.dpunkt.de/cpms verfügbar.
CPMS Curriculum v3.0
Buchkapitel
Kapitel
Titel
1
Curriculum Regulatorische Landschaft
Kapitel 2
1.1
Rechtliche Grundlagen
Abschnitt 2.1 und 2.3
1.1.1
Begriffe und Akteure
Abschnitt 2.1.1
1.1.2
Rechtliche Grundlagen in Europa
Abschnitt 2.1.1 und 2.3
1.2
Die europäischen Verordnungen
Abschnitt 2.2.1
1.2.1
Die Medizinprodukteverordnung (MDR)
Abschnitt 2.2.1
1.2.3
Umsetzung in nationales Recht
Abschnitt 2.2.4
1.3
Die harmonisierten Normen
Abschnitt 2.3 und 2.4
1.3.1
EN ISO 13485
Abschnitt 2.4.1
1.3.2
EN ISO 14971
Abschnitt 2.4.2
1.3.3
EN 62304
Abschnitt 2.4.3
1.3.4
EN 62366
Abschnitt 2.4.4
1.3.5
Die Normenfamilie EN 60601-x
Abschnitt 2.4.5
1.4
Kontrollen
Abschnitt 2.5
1.4.1
Kontrollen im Lebenszyklus eines Medizinprodukts
Abschnitt 2.5
1.4.2
Überwachung durch Behörden und Benannte Stellen
Abschnitt 2.5
1.5
Regularien außerhalb der EU
Abschnitt 2.7 und 2.8
1.5.1
Regulatorische Grundlagen für den US-Markt
Abschnitt 2.7
1.5.2
Zulassungsverfahren in anderen Ländern
Abschnitt 2.8
2
Curriculum Risikomanagement
Kapitel 4
2.1
Einführung in das Risikomanagement
Abschnitt 4.1
2.1.1
Regulatorische Forderungen
Abschnitt 4.1.1
2.1.2
Begriffsdefinitionen
Abschnitt 4.1.2
2.1.3
Risikomanagementplanung
Abschnitt 4.1.2
2.1.4
Risikomanagementakte
Abschnitt 4.4.3
2.2
Der Risikomanagement-Prozess nach ISO 14971
Abschnitt 4.4
2.2.1
Allgemeine Anforderungen
Abschnitt 4.4.2
2.2.2
Der Risikomanagementprozess
Abschnitt 4.4.2
2.2.3
Zweckbestimmung und bestimmungsgemäßer Gebrauch
Abschnitt 4.4.2
2.2.4
Gefährdungs- und Risikoanalyse
Abschnitt 4.4.2
2.2.5
Risikobewertungsmatrix
Abschnitt 4.2
2.2.6
Risikobewertung und Risikoakzeptanz
Abschnitt 4.2.2 und 4.4.2
2.2.7
Risikobeherrschung
Abschnitt 4.4.3
2.2.8
Risiko-/Nutzenbewertung
Abschnitt 4.4.2
2.2.9
Gesamt-Restrisiko und Risikomanagementbericht
Abschnitt 4.4.3
2.2.10
Nachgelagerte Phase
Abschnitt 4.4.2
2.3
Verfahren zur Risikoanalyse
Abschnitt 4.3
2.3.1
Grundlegendes zu Risikoanalyse
Abschnitt 4.3
2.3.2
Preliminary Hazard Analysis
Abschnitt 4.3.1
2.3.3
Fault Tree Analysis
Abschnitt 4.3.2
2.3.4
Failure Mode and Effects Analysis (FMEA)
Abschnitt 4.3.3
2.4
Dokumentation
Abschnitt 4.4.3
2.5
Risikomanagement bei Software
Abschnitt 4.3 und 4.4
2.6
IEC 80002-1
Abschnitt 4.5.2
3
Curriculum Software-Engineering
Kapitel 5
3.1
Softwareentwicklungsprozesse
Abschnitt 5.1
3.2
Entwicklungsplanung
Abschnitt 5.2.1
3.3
Software-Anforderungsanalyse
Abschnitt 5.2.2
3.3.1
Anforderungen ermitteln
Abschnitt 5.2.2.2
3.3.2
Anforderungen dokumentieren
Abschnitt 5.2.2.3
3.3.3
Anforderungen verifizieren
Abschnitt 5.2.2.4
3.3.4
Anforderungen verwalten
Abschnitt 5.2.2
3.4
Softwarearchitektur
Abschnitt 5.2.3
3.4.1
Softwarearchitektur beschreiben
Abschnitt 5.2.3.2
3.4.2
Sicherheitsklassen
Abschnitt 5.2.3.3 und 4.6
3.4.3
Risikobehandlung sicherstellen
Abschnitt 5.2.3.4
3.4.4
Softwarearchitektur verifizieren
Abschnitt 5.2.3.6
3.5
SW-Design
Abschnitt 5.2.4
3.5.1
Softwaredesign beschreiben
Abschnitt 5.2.4.1
3.5.2
Schnittstellen definieren
Abschnitt 5.2.4.3
3.5.3
Design verifizieren
Abschnitt 5.2.4.4
3.6
SW-Implementierung
Abschnitt 5.2.5
3.6.1
Softwareeinheiten implementieren
Abschnitt 5.2.5.2
3.6.2
Akzeptanzkriterien festlegen
Abschnitt 5.2.5.3
3.6.3
Codierrichtlinien einsetzen
Abschnitt 5.2.5.4
3.6.4
Softwareeinheiten verifizieren
Abschnitt 5.2.5.5
3.7
Software-Integration
Abschnitt 5.2.6
3.8
Softwaretest
Abschnitt 5.2.7 und 5.2.8
3.8.1
Allgemeine Anforderungen aus der IEC 62304
Abschnitt 5.2.7 und 5.2.8
3.8.2
Verifizierung vs. Validierung
Abschnitt 5.2.9.4
3.9
Software-Freigabe
Abschnitt 5.2.9
3.10
Softwarekonfigurationsmanagement (im LP alt 5.2)
Abschnitt 5.3
3.10.1
Konfigurationselemente
Abschnitt 5.3.1
3.10.2
Notwendigkeit des Konfigurationsmanagements
Abschnitt 5.3.1
3.10.3
Konfigurationselemente identifizieren
Abschnitt 5.3.2.2
3.10.4
Werkzeuge für das Konfigurationsmanagement
Abschnitt 5.3.2.3
3.10.5
Konfigurationsmanagementplan
Abschnitt 5.3.2.1
3.10.6
Änderungsmanagement
Abschnitt 5.3.3
3.11
Software-Wartung
Abschnitt 5.4
3.11.1
Planung der Software-Wartung
Abschnitt 5.4.3.2
3.11.2
Analyse von Problemen und Änderungen
Abschnitt 5.4.3.2 und 5.4.3.3
3.11.3
Implementierung von Änderungen
Abschnitt 5.4.3.3 und 5.4.3.4
3.12
Software-Problemlösung
Abschnitt 5.4
3.13
Traceability im SW-Entwicklungsprozess
Abschnitt 5.2.2.4
3.13.1
Grundlagen
Abschnitt 5.2.2.4
3.13.2
Tracing durchführen
Abschnitt 5.2.2.4
3.14
Software of Unknown Provenance (SOUP)
Abschnitt 5.2.3.5
3.14.1
Definition und Beispiele für SOUP
Abschnitt 5.2.3.5
3.14.2
Umgang mit Software of Unknown Provenance
Abschnitt 5.3.2.5, 4.3.3, 5.4.3.1 und 5.2.3.5
4
Curriculum Usability
Kapitel 6
4.1
Grundlagen Usability
Abschnitt 6.1
4.1.1
Allgemeine Anforderungen
Abschnitt 6.1.1
4.1.2
Begrifflichkeiten im Kontext der Gebrauchstauglichkeit
Abschnitt 6.1.3 und 6.2.2
4.2
Regulatorische Forderungen
Abschnitt 6.2
4.2.1
Regulatorische Anforderungen (Europa)
Abschnitt 6.2.1
4.2.2
Normen und weitere Richtlinien
Abschnitt 6.2.2
4.3
Forderungen der IEC 62366-1
Abschnitt 6.2.2
4.4
Vom Nutzungskontext zu Nutzungsanforderungen
Abschnitt 6.3
4.4.1
Grundlagen
Abschnitt 6.3.1
4.4.2
Nutzungskontext
Abschnitt 6.3.2
4.4.3
Ableiten der Nutzungsanforderungen
Abschnitt 6.3.3
4.5
Benutzungsschnittstelle
Abschnitt 6.4
4.5.1
Benutzungsschnittstelle konzipieren
Abschnitt 6.4.2
4.5.2
Benutzungsschnittstelle und Risiken
Abschnitt 6.6.2
4.6
Methoden der Evaluierung
Abschnitt 6.5
4.6.1
Grundlagen
Abschnitt 6.5
4.6.2
Formative Evaluation
Abschnitt 6.5
4.6.3
Summative Evaluation
Abschnitt 6.5
4.7
Dokumentation
Abschnitt 6.6
5
Curriculum Qualitäts- und Dokumentenmanagement
Kapitel 3 und 7
5.1
Qualitätsmanagement
Kapitel 3
5.1.1
Prozessorientierter Ansatz
Abschnitt 3.2
5.1.2
Dokumentationsanforderungen an das Qualitätsmanagementsystem
Abschnitt 3.3
5.2
Allgemeine Anforderungen an die Dokumentation
Kapitel 7
5.2.1
Lebenszyklus von Dokumenten und Aufzeichnungen
Abschnitt 7.4
5.2.2
Anforderungen an die Erstellung von Dokumenten
Abschnitt 7.2
5.2.3
Anforderungen an die Prüfung und Freigabe von Dokumenten
Abschnitt 7.4
5.3
Geforderte Dokumentation
Abschnitt 7.3
5.3.1
Grundlagen
Abschnitt 7.3
5.3.2
Die Technische Dokumentation
Abschnitt 7.3.5
6
Curriculum Medizinische Informatik
Kapitel 8
6.1
Informatik im Gesundheitswesen
Abschnitt 8.1.1
6.1.1
Grundlagen
Abschnitt 8.1.1
6.1.2
Daten im Gesundheitswesen
Abschnitt 8.1.1
6.1.3
Informationssysteme
Abschnitt 8.1.2
6.2
Interoperabilität
Abschnitt 8.2
6.2.1
Prinzipien der Interoperabilität
Abschnitt 8.2.1
6.2.2
Ordnungssysteme
Abschnitt 8.2.3
6.2.3
Interoperabilität medizinischer Daten
Abschnitt 8.2.2
6.2.4
Interoperabilität von Nachrichten
Abschnitt 8.2.2
6.2.5
Interoperabilität von Prozessen
Abschnitt 8.2.2
6.2.6
Praktische Umsetzung der Interoperabilität
Abschnitt 8.2
7
Curriculum IT Security
Kapitel 9
7.1
Allgemeine Anforderungen
Abschnitt 9.1 und 9.2
7.2
Anforderungen an die Prozesse
Abschnitt 9.3
7.3
Anforderungen an das Produkt
Abschnitt 9.4
Dieses Kapitel beschreibt die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen in Deutschland und international Medizinprodukte entwickelt werden müssen. Es wirft zunächst einen Blick auf die Rechtslage in Europa und erläutert danach die europäischen Regularien, die sich mit Medizinprodukten beschäftigen. Es fasst die anwendbaren Normen zur Erfüllung dieser Regularien zusammen. Die nachfolgenden Kapitel dieses Buches gehen im Detail darauf ein und zeigen auf, wie diese regulatorischen Vorgaben die Planung, Entwicklung und Herstellung eines Medizinproduktes beeinflussen. Nach der Schilderung der Situation in Europa gibt der letzte Teil dieses Kapitels einen Überblick über internationale Anstrengungen und die Situation in den USA.
Neueinsteiger in die Thematik sollten dieses Kapitel von Anfang bis Ende durchlesen und sich nicht von der hohen Informationsdichte abschrecken lassen. Erfahreneren Lesern soll es als Nachschlagemöglichkeit dienen.
Eines der großen europäischen Ziele ist der Abbau von Handelshemmnissen innerhalb des europäischen Binnenmarktes und die technische Harmonisierung bestimmter Produktgruppen. Hierzu wurde 1985 das sogenannte »neue Konzept« (engl. New Approach) eingeführt1. Im Sinne dieses neuen Konzeptes wurden seitdem für über 30 Produktgruppen europäische Richtlinien und Verordnungen erstellt. Neben Medizinprodukten sind dies z.B. Spielzeuge, Messgeräte, einfache Druckbehälter, Maschinen, Verpackungen und Verpackungsabfälle, Explosivstoffe für zivile Zwecke, Sportboote oder Aufzüge. Diese Richtlinien und Verordnungen beruhen auf den folgenden Prinzipien2:
Die Harmonisierung beschränkt sich auf die wesentlichen Anforderungen
.
Nur Produkte, die den wesentlichen Anforderungen entsprechen, können in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden
.
Bei [Konformität mit den] harmonisierten Normen, deren Fundstellen im Amtsblatt veröffentlicht und die in nationale Normen umgesetzt worden sind, ist eine Übereinstimmung mit den entsprechenden wesentlichen Anforderungen anzunehmen
.
Die Anwendung harmonisierter Normen oder anderer technischer Spezifikationen bleibt freiwillig, und den Herstellern steht die Wahl jeder technischen Lösung frei, solange die Konformität mit den wesentlichen Anforderungen gewährleistet ist
.
Hersteller haben die Wahl zwischen verschiedenen Konformitätsbewertungsverfahren, die in den anwendbaren Richtlinien vorgesehen sind
.
Die meisten Produktgruppen werden derzeit noch durch europäische Richtlinien reguliert. Diese Richtlinien haben aber in den Mitgliedsländern noch keinen rechtsverbindlichen Charakter; sie müssen zuerst innerhalb einer bestimmten Frist in nationales Recht umgesetzt werden. Allein dieses Recht ist die Grundlage für Hersteller, allerdings zitieren und verweisen diese Gesetze oft auf die Richtlinien, sodass eine enge inhaltliche Übereinstimmung vorhanden ist. Der Hauptteil der Richtlinien beschäftigt sich mit Regeln zum freien Handel und gibt keinerlei technische Vorgaben. Technische Vorgaben werden in den sogenannten wesentlichen oder grundlegenden Anforderungen (engl. Essential Requirements) immer in Anhang I einer Richtlinie zusammengefasst. Zum Nachweis deren Einhaltung können sogenannte harmonisierte Normen herangezogen werden, die sich mit einzelnen Anforderungen auf technischer Ebene beschäftigen. Welche Normen dies sind, wird durch die Europäische Kommission festgelegt und veröffentlicht. Die Normen selbst werden von Fachgremien erstellt und von den entsprechenden nationalen oder internationalen Normungsinstitutionen veröffentlicht. Die Mitarbeit in den Fachgremien steht allen Interessierten offen. Die wichtigsten Normen werden in Abschnitt 2.4 vorgestellt. Die Einhaltung aller wesentlichen Anforderungen wird durch das sogenannte Konformitätsbewertungsverfahren nachgewiesen und bestätigt. Auf dieses wird in Abschnitt 2.2.1 näher eingegangen.
Da die Umsetzung von europäischen Richtlinien in nationale Gesetze ein recht zeitaufwendiger, allerdings rein formaler Akt ist, wurde in den vergangenen Jahren die Regulierung bei vielen Produktgruppen von Richtlinien auf Verordnungen umgestellt. Europäische Verordnungen gelten im Gegensatz zu europäischen Richtlinien in den Mitgliedsländern unmittelbar und müssen nicht in nationales Recht umgewandelt werden, sondern sind diesen im Konfliktfall sogar übergeordnet. Dies wird als »Durchgriffswirkung« bezeichnet. Auch europäische Verordnungen listen in ihren Anhängen die zu erfüllenden grundlegenden Anforderungen auf und ermöglichen den Nachweis deren Erfüllung durch Anwendung von harmonisierten Normen.
In der Regulierung von Medizinprodukten ist mit der Umstellung auf europäische Verordnungen mit den sogenannten »Gemeinsamen Spezifikationen« noch ein weiterer Dokumententyp hinzugekommen. Gemeinsame Spezifikationen sind in ihrer Art vergleichbar mit Normen, denn auch sie enthalten konkrete technische oder prozessuale Vorgaben. Sie werden aber im Gegensatz zu Normen durch ein beauftragtes Expertengremium der Europäischen Kommission und nicht durch die Industrie erstellt. Das dahinterstehende Ziel ist, der Kommission die Möglichkeit zu geben, bei offensichtlichen Regulierungslücken oder im Falle einer Gefährdung der Bevölkerung schnell rechtsverbindliche Vorgaben erstellen und in Kraft setzen zu können.
Abbildung 2–1 veranschaulicht die Beziehungen zwischen den oben beschriebenen Dokumententypen.
Abb. 2–1Zusammenhang zwischen europäischen Richtlinien, europäischen Verordnungen, gemeinsamen Spezifikationen, nationalen Gesetzen und internationalen Normen
In Deutschland werden Gesetze gegebenenfalls durch Verordnungen ergänzt und konkretisiert. Diese Aufteilung hat überwiegend praktische Gründe, da ein parlamentarisches Gesetzgebungs- oder Änderungsverfahren sehr zeitaufwendig ist, Verordnungen dagegen von der Regierung oder von Verwaltungsstellen bearbeitet werden können und einen kürzeren Weg bis zum Inkrafttreten zurücklegen müssen. Um einen Missbrauch dieses Ansatzes zu verhindern, legt das einer Verordnung zugrunde liegende Gesetz den Geltungsbereich sowie die Verantwortlichkeiten für diese Verordnung fest. Deutsche Verordnungen, oft auch »Rechtsverordnungen« genannt, dürfen nicht mit europäischen Verordnungen verwechselt werden.
Durch die Umstellung auf europäische Verordnungen werden nationale Gesetze nicht vollständig überflüssig. Es werden weiterhin nationale Gesetze benötigt, die z.B. die Umsetzung der Verordnungen auf administrativer Ebene regeln. Weiterhin ist es jedem Mitgliedstaat möglich, weitere Regelungen zu treffen, die nicht im Konflikt mit den Zielen des neuen Konzeptes stehen, wie z.B. die Kommunikation und Verpflichtungen von Herstellern gegenüber nationalen Behörden.
Die im vorhergehenden Abschnitt aufgezeigten Zusammenhänge von regulatorischen Dokumenten sollen in diesem Unterkapitel für Medizinprodukte konkretisiert werden. Für Medizinprodukte bilden auf europäischer Ebene drei Richtlinien die Basis:
Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte (engl. Medical Device Directive, häufig als MDD abgekürzt
[MDD]
)
Richtlinie 98/79/EG über In-vitro-Diagnostika (IVDD
[IVDD]
)
Richtlinie 90/385/EWG über aktive implantierbare medizinische Geräte (AIMDD
[AIMDD]
)
Diese drei recht ähnlichen Richtlinien werden in Deutschland alle durch das Medizinproduktegesetz (MPG) in nationales Recht umgesetzt. Das MPG wird durch einige, teilweise sehr weitreichende Verordnungen ergänzt.
Die oben genannten Richtlinien werden ab dem Jahre 2017 nach und nach durch die beiden folgenden Verordnungen abgelöst:
Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte (Medical Device Regulation, MDR)
Verordnung (EU) 2017/746 über In-vitro-Diagnostika (In-vitro-Diagnostic Regulation, IVDR)
In der MDR gehen dabei die MDD und die AIMDD, in der IVDR die IVDD auf. Für bereits auf dem Markt befindliche Produkte gelten teilweise weitreichende Übergangsfristen, sodass ein unverändertes Produkt gegebenenfalls noch bis zum Jahr 2025 nach den Regeln der Medizinprodukterichtlinie in Verkehr gebracht werden kann. Da zur Drucklegung dieses Buches, bedingt durch die im Frühjahr 2020 ausgebrochene Corona-Pandemie, einige dieser Fristen sehr kurzfristig verändert wurden und es nicht ausgeschlossen werden kann, dass dies erneut geschehen wird, muss an dieser Stelle für konkrete Datumsangaben auf Onlinequellen verwiesen werden.
In den grundlegenden Anforderungen verlangen alle oben erwähnten Richtlinien und Verordnungen die Beachtung von vier wesentlichen Disziplinen:
Berücksichtigung von Qualitätsaspekten
Durchführung von Risikomanagement
Berücksichtigung von Software-Lebenszyklus-Prozessen
Nachweis der Gebrauchstauglichkeit
Zu diesen vier Aspekten existieren jeweils eigene europäische Normen, die bezüglich der Richtlinien und Verordnungen harmonisiert sind, nämlich:
EN ISO 13485 Medizinprodukte – Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen für regulatorische Zwecke
EN ISO 14971 Anwendung des Risikomanagements auf Medizinprodukte
EN 62304 Medizingeräte-Software – Software-Lebenszyklus-Prozesse
EN 62366 Anwendung der Gebrauchstauglichkeit auf Medizinprodukte
EN 60601-1-6 Medizinische elektrische Geräte – Teil 1–6: Allgemeine Festlegungen für die Sicherheit einschließlich der wesentlichen Leistungsmerkmale – Ergänzungsnorm: Gebrauchstauglichkeit
Diese Normen referenzieren sich auch untereinander, so hat die EN 62304 eine verpflichtende Referenz auf die EN ISO 14971 und sie empfiehlt die EN ISO 13485 ebenso, wie die EN ISO 13485 die EN ISO 14971 empfiehlt. Die Norm EN 62366 berücksichtigt im Gegensatz zur EN 60601-1-6 nicht nur medizinische elektrische Geräte, sondern alle Medizinprodukte. Sie wird daher vielfach als deren »Nachfolger« angesehen.
Der Inhalt und die Forderungen dieser Dokumente werden in den folgenden Unterkapiteln näher vorgestellt.
Dieses Unterkapitel stellt die für Medizingeräte relevanten europäischen Vorgaben vor. Besonderheiten der deutschen Gesetzgebung sind Thema des Abschnitt 2.2.4. Den Vorgaben mit dem breitesten Anwendungsbereich, jenen über Medizinprodukte, ist in diesem Abschnitt der größte Raum gewidmet. Hierbei wird nur an den Stellen, wo es explizit relevant ist, unterschieden, ob eine Forderung aus einer Richtlinie oder einer Verordnung stammt.
In-vitro-Diagnostika sowie implantierbare medizinische Geräte sind Untermengen von Medizinprodukten, für die teilweise eigene Regeln und spezifischere Forderungen existieren. Diese Besonderheiten werden nachfolgend erläutert.
Hauptanliegen der europäischen Regulierung ist das Ermöglichen des freien Warenverkehrs innerhalb Europas. Deshalb richtet sich ein Großteil der Artikel sowohl der Richtlinie als auch der Verordnung an die Mitgliedsländer und behandelt Themen, die nichts mit Medizinprodukten, deren Technik oder Patienten zu tun haben, wie z.B. die Einrichtung von Ausschüssen, Institutionen und Ähnlichem. Das vorliegende Buch beschäftigt sich im Schwerpunkt mit medizinischer Software, deshalb sollen im Folgenden ausschließlich die fachlichen Anforderungen an Medizinprodukte und deren Hersteller im Vordergrund stehen.
Die Medizinprodukterichtlinie besteht aus insgesamt 26 Artikeln und zwölf Anhängen.
Artikel 1:
Begriffsbestimmungen, Anwendungsbereich
Artikel 2:
Inverkehrbringen und Inbetriebnahme
Artikel 3:
Grundlegende Anforderungen
Artikel 4:
Freier Verkehr, Produkte für besondere Zwecke
Artikel 5:
Verweis auf Normen
Artikel 6:
Ausschuss »Normen und technische Vorschriften«
Artikel 7:
Ausschuss »Medizinprodukte«
Artikel 8:
Schutzklausel
Artikel 9:
Klassifizierung
Artikel 10:
Informationen über Vorkommnisse nach dem Inverkehrbringen
Artikel 11:
Konformitätsbewertung
Artikel 12:
Sonderverfahren für Systeme und Behandlungseinheiten
Artikel 13:
Klassifizierung und Abweichklausel
Artikel 14:
Meldung der für das Inverkehrbringen verantwortlichen Personen
Artikel 14a:
Europäische Datenbank
Artikel 14b:
Besondere Gesundheitsüberwachungsmaßnahmen
Artikel 15:
Klinische Prüfungen
Artikel 16:
Benannte Stellen
Artikel 17:
CE-Kennzeichnung
Artikel 18:
Unrechtmäßige Anbringung der CE-Kennzeichnung
Artikel 19:
Verbote und Beschränkungen
Artikel 20:
Vertraulichkeit
Artikel 20a:
Zusammenarbeit
Artikel 21:
Aufhebung und Änderung von Richtlinien
Artikel 22:
Durchführung, Übergangsbestimmungen
Artikel 23:
(ohne Titel)
Die Artikel sind relativ kurz und enthalten jeweils wenige Forderungen oder Klarstellungen. Deutlich umfangreicher sind die Anhänge, auf die innerhalb der Artikel verwiesen wird.
Anhang I:
Grundlegende Anforderungen
Anhang II:
EG-Konformitätserklärung (Vollständiges Qualitätssicherungssystem)
Anhang III:
EG-Baumusterprüfung
Anhang IV:
EG-Prüfung
Anhang V:
EG-Konformitätserklärung (Qualitätssicherung Produktion)
Anhang VI:
EG-Konformitätserklärung (Qualitätssicherung Produkt)
Anhang VII:
EG-Konformitätserklärung
Anhang VIII:
Erklärung zu Produkten für besondere Zwecke
Anhang IX:
Klassifizierungskriterien
Anhang X:
Klinische Bewertung
Anhang XI:
Mindestkriterien für die Beauftragung der zu benennenden Stellen
Anhang XII:
CE-Kennzeichnung
Die Medizinprodukteverordnung übersteigt im Umfang die Medizinprodukterichtlinie um ca. das Dreifache und enthält 123 Artikel und 17 Anhänge. Die Artikel wurden allerdings im Gegensatz zur Richtlinie thematisch sortiert, sodass sich ein recht übersichtliches Bild ergibt:
Kapitel I:
Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen
Kapitel II:
Bereitstellung auf dem Markt und Inbetriebnahme von Produkten, Pflichten der Wirtschaftsakteure, Aufbereitung, CE-Kennzeichnung, freier Verkehr
Kapitel III:
Identifizierung und Rückverfolgbarkeit von Produkten, Registrierung von Produkten und Wirtschaftsakteuren, Kurzbericht über Sicherheit und Klinische Leistung, Europäische Datenbank für Medizinprodukte
Kapitel IV:
Benannte Stellen
Kapitel V:
Klassifizierung und Konformitätsbewertung
Abschnitt 1:Klassifizierung
Abschnitt 2:Konformitätsbewertung
Kapitel VI:
Klinische Bewertung und Klinische Prüfungen
Kapitel VII:
Überwachung nach dem Inverkehrbringen, Vigilanz und Marktüberwachung
Abschnitt 1:Überwachung nach dem Inverkehrbringen
Abschnitt 2:Vigilanz
Abschnitt 3:Marktüberwachung
Kapitel VIII:
Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten, der Koordinierungsgruppe Medizinprodukte, Fachlaboratorien, Expertengremien und Produktregister
Kapitel IX:
Vertraulichkeit, Datenschutz, Finanzierung und Sanktionen
Kapitel X:
Schlussbestimmungen
Bei der Medizinprodukteverordnung machen die Anhänge in etwa die Hälfte des Umfangs aus. Auch bei ihnen beschreibt der Titel recht gut den Inhalt, weshalb sie im Folgenden aufgelistet sind.
Anhang I:
Grundlegende Sicherheits- und Leistungsanforderungen
Anhang II:
Technische Dokumentation
Anhang III:
Technische Dokumentation über die Überwachung nach dem Inverkehrbringen
Anhang IV:
EU-Konformitätserklärung
Anhang V:
CE-Konformitätskennzeichnung
Anhang VI:
Mit der Registrierung von Produkten und Wirtschaftsakteuren gemäß Artikel 29 Absatz 4 und Artikel 31 vorzulegende Informationen; in die UDI-Datenbank zusammen mit der UDI-DI gemäß den Artikeln 28 und 29 einzugebende zentrale Datenelemente; das UDI-System
Anhang VII:
Von den Benannten Stellen zu erfüllende Anforderungen
Anhang VIII:
Klassifizierungsregeln
Anhang IX:
Konformitätsbewertung auf der Grundlage eines Qualitätsmanagementsystems und einer Bewertung der technischen Dokumentation
Anhang X:
Konformitätsbewertung auf der Grundlage einer Baumusterprüfung
Anhang XI:
Konformitätsbewertung auf der Grundlage einer Produktkonformitätsprüfung
Anhang XII:
Von einer Benannten Stelle ausgestellte Bescheinigungen
Anhang XIII:
Verfahren für Sonderanfertigungen
Anhang XIV:
Klinische Bewertung und klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen
Anhang XV:
Klinische Prüfungen
Anhang XVI:
Verzeichnis der Gruppen von Produkten ohne medizinische Zweckbestimmung gemäß Artikel 1 Absatz 2
Anhang XVII:
Entsprechungstabelle
Die in diesem Buch beschriebenen Anforderungen gelten für Hersteller von Medizinprodukten. Deswegen ist es unerlässlich, zunächst zu verstehen, was ein Produkt zu einem Medizinprodukt macht. Die Definition eines Medizinproduktes wurde in den letzten Jahren mehrfach angepasst und umformuliert. An dieser Stelle soll die aktuellste Definition, nämlich jene aus der Medizinprodukteverordnung, angeschaut werden. Diese lautet:
[»Medizinprodukt« bezeichnet] »Ein Instrument, einen Apparat, ein Gerät, eine Software, ein Implantat, ein Reagenz, ein Material oder einen anderen Gegenstand, das dem Hersteller zufolge für Menschen bestimmt ist und allein oder in Kombination einen oder mehrere der folgenden spezifischen medizinischen Zwecke erfüllen soll:
Diagnose, Verhütung, Überwachung, Vorhersage, Prognose, Behandlung oder Linderung von Krankheiten
,
Diagnose, Überwachung, Behandlung, Linderung von oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen
,
Untersuchung, Ersatz oder Veränderung der Anatomie oder eines physiologischen oder pathologischen Vorgangs oder Zustands
,