Bäuerinnen, Brot und Sehnsucht - Elisabeth Ruckser - E-Book

Bäuerinnen, Brot und Sehnsucht E-Book

Elisabeth Ruckser

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Beschreibung

MEHL, WASSER, SALZ UND LIEBE - UND SONST NICHTS. KLINGT GUT, ODER? Ein faszinierender Brot-Trip - oder was freilaufende Gänse und üppige Gemüsegärten mit Brotbacken zu tun haben? Für die meisten wahrscheinlich nicht viel. Wer sich aber mit Elisabeth Ruckser auf die Reise begibt, darf sich nicht nur auf MEHR ALS 50 LIEBLINGSREZEPTE, sondern auch auf viele INSPIRIERENDE GESCHICHTEN freuen: von MODERNEN BÄUERINNEN, die BROTBACKEN auf eine ganz neue Art interpretieren. BROTBACKEN IST MEHR ALS EIN HANDWERK. ES IST EINE LEBENSEINSTELLUNG. So wie Franziska Krimmel, die sich das Anstellgut für den Sauerteig zwar ganz klassisch von ihrer Oma holt - beim Backen aber ERFRISCHENDE ZUTATEN wie Kürbis, Feta oder Rosmarin-Thymian-Butter verwendet. Bei Isabella Kerschbaumer dreht sich eigentlich alles um Hühner, aber wenn die versorgt sind, lässt es sich auch einmal entspannt verreisen und REZEPTIDEEN SAMMELN: von Kanutouren in Schweden hat sie etwa spezielle Lagerfeuerbrote mit Heidelbeeren mitgebracht. Wie ein Bauernhof in der Zukunft aussehen könnte? Das zeigt ein erfolgreiches Gemeinschaftsprojekt von fünf begeisterten Brotliebhabern. Jeder packt mit an, das Getreide wird selbst angebaut, in der eigenen Mühle vermahlen und in der Backstube werden schnurstracks WUNDERBARE BROTE daraus, wie zum Beispiel ein Baguette mit Balsamico oder ein Roggenmischbrot mit Dinkel. Allein Brot zu backen ist dir zu langweilig und GEMEINSAMES KOSTEN UND GENIESSEN sowieso dein Ding? Dasselbe haben sich vier Brot-Bäuerinnen gedacht: Sie treffen sich einmal im Monat im Dorfzentrum und backen dort im eigens dafür gebauten Holzofen groß auf. WERDE AUCH DU ZUM EIGENBRÖTLER! Wer die Portraits der ProtagonistInnen liest, spürt sie sofort, die LEIDENSCHAFT, die sie allesamt fürs Brotbacken und für die NATUR haben. Für sie ist es mehr als reine Lebensmittelbeschaffung - es ist eine LEBENSEINSTELLUNG. Auch du kannst es nun kaum erwarten, das MEHL IN DEINEN HÄNDEN ZU SPÜREN, es mit Wasser und Salz zu einem Teig zu vermischen, diesen zu kneten und deine KÜCHE MIT KÖSTLICHEM DUFT zu FÜLLEN? Mit den Rezepten dieser Bäuerinnen gelingt dir eines ganz gewiss: Brot! - Backe, backe … Brot: Verwandle deine Küche in eine Brotbackstube - MIT ÜBER 50 LIEBLINGSREZEPTEN wie helle Dinkelbrötchen, Roggenvollkornbrot oder Müsli-Heidelbeerbrot - Brotbacken ist ein Gefühl! Das Mehl durch die Hände rieseln lassen, den Teig kneten und wirken, mit allen Sinnen zur Ruhe kommen und vor allem: IN WARMES, KNUSPRIGES BROT BEISSEN! - WIE BÄUERINNEN HEUTE LEBEN: ob auf Gemeinschaftshöfen, mit Angus-Rindern oder als Winzerinnen - aber ganz bestimmt immer mit Brot! - Beste Bio-Zutaten, ein bisschen Liebe und ganz viel Begeisterung - das ist alles, was in die Teigschüssel darf: ÜBER LEBENSMITTEL, ZUBEREITUNGSARTEN, REZEPTIDEEN

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Inhalt

Es duftet schon ...!

Mehl, Wasser, Salz & Liebe

Einfach & natürlich: die Grundzutaten für Brot und was du darüber wissen musst

So fängt alles an: auf den Getreidefeldern

Wertvolle Inhaltsstoffe im Getreide und was beim Mahlen davon übrig bleibt

Millionen kleine Helferlein: Hefen und Milchsäurebakterien

Wie unglaublich das duftet: Brotgewürze

Bevor es richtig losgeht: der Sauerteig und andere Vorstufen

Anstellgut

Sauerteig

Brühstück

Quellstück

Kochstück

Mischen, kneten, rasten: Wie der Teig zum Teig wird

Der erste Schritt zu gutem Brot: mischen und kneten

In Ruhe rasten lassen: die Gare

Teigworkout: dehnen und falten

Vom Teig zum Gebäck: das Aufarbeiten

Formen und wirken: Wie aus einem Teig ein Baguette wird. Oder ein schöner Brotlaib.

Das Herz beim Brotbacken: der Ofen

Eine Frage der Hitze: die richtige Backtemperatur

Warm, hohl, goldgelb oder: Wann ist mein Brot fertig gebacken?

Dem Brot (den richtigen) Dampf machen: beschwaden

Was beim Brotbacken sonst noch hilfreich ist

Die Bäuerinnen und ihre Brotrezepte

Wohin die Reise führt

„Den Sauerteig hol ich mir bei meiner Oma“Franziska Krimmel

Roggenbrot mit Sauerteig und Honig

Kürbiskern-Feta-Dinkelbrot im Topf

Saftiges Zucchini-Kastenbrot

Kürbis-Buns mit Rosmarin-Honig-Glasur

Gefülltes Zupfbrot („Brotschnecken“)

Einfache Tortillafladen aus der Pfanne

Mini-Brioche-Zöpfchen

Gesunde Schummelbrote für die KinderIsabella Kerschbaumer

Kamut-Walnuss-Kastenbrot

Schummelbrot mit vielen Körnchen

Lustiges Dreierlei

Schnelle Dinkelmuffins

Einkorn-Urdinkel-Stangen

Müsli-Heidelbeer-Brot

Popcorn-Mais, Hühner und selbstgemachtes BrotManuela Berchtold

Manuelas Hausbrot

Kartoffelbrot

Dinkelvollkornbrot mit Saaten

Mariannes Birnenbrot

Vinschgerln (Traditionelles Roggengebäck)

Dinkelbrötchen (Knopf-Semmeln)

Dinkel-Laugenbrötchen

Hefezopf mit langer Teigführung

Knuspriges Brot aus eigenem GetreideJanine Puck

Roggenvollkornbrot

Dinkelvollkornbrot

Vollkorn-Mischbrot

Karottenbrot

Kärntner Reindling

Briochezopf

Zusammen läuft’s einfach besser!Anna, Maria und Magdalena Gumpold

Vollkornbrot mit Flocken

Roggenbrot

Bauernbrot

Buchweizenbrot mit glutenfreiem Sauerteig

Roggenbrötchen

Ähren-Baguette

Milchbrot

Brote mit wilden KräuternVěra Vyškovsky

Karotten-Walnuss-Brot

Dinkel-Saatenbrot

Wurzelbrot mit Wildkräutern

Gefüllte Feuerbrötchen

Schafgarbe-Tomaten-Brot im Glas

Gemeinsam backen macht fünf Mal FreudeDie Bäuerinnen von Hatting

Margits Bauernbrot

Mischbrot mit Vollkornmehl

Theresias Dinkelbrot

Weizenbaguette

Vinschgerle

Andreas Mehrkornbrot

Barbaras Bergbrot

Die Erde, die Mühle, die Märkte und die BackstubeHafner zu Wanzbach

Helles Roggenbrot

Roggenvollkornbrot mit Saaten

Helles Dinkelbaguette mit Balsamico

Helles Dinkelgebäck mit Mohn

Dinkelvollkornbrötchen

Backen? Gehört dazu wie Atmen …Waltraud Kedl

Dinkel-Hirse-Brot

Dinkelvollkorn-Sauerteigbrot mit Karotten

Dinkeltoastbrot

Dinkel-Sauerteigbrot

Buchweizenbrötchen (hefe- und glutenfrei)

Dinkel-Salzstangen

Vom Brotbacken in einer kleinen Stadt an der GrenzeErste Waldviertler Bio-Backschule

——Es duftet schon ...!——

Liebe Brotbäckerinnen, Sauerteigjunkies und Hefeteigstreichler!

Der Teig, die Kruste, die Haptik, der Duft – es gibt immer wieder und immer noch so viel Wunderbares rund ums Brot und Backen zu erzählen. Von Menschen und Feldern, vom Geruch der Erde und des Mehls, von Erfahrung und Neugier, von überlieferten Rezepten und neuen Ideen, von der Arbeit der Hände und der Wärme des Backofens. Und außerdem gibt’s ja noch jede Menge zu backen!

Seit Jahren beschäftige ich mich mittlerweile aus verschiedenen Perspektiven mit dem Thema. Als Journalistin, die recherchiert, was es Spannendes gibt; als Genussethikerin, die genau wissen will, wo, von wem und wie Lebensmittel hergestellt werden; als Gründerin der Ersten Waldviertler Bio-Backschule, einem unglaublich bereichernden neuen Teil meines beruflichen Lebens – Kurs für Kurs darf ich hier tolle Teilnehmer begrüßen, die nach getaner Arbeit mit selbst gemachtem, duftendem Gebäck erschöpft, aber glücklich von dannen ziehen. Und last but not least als Privatperson, die schon einmal zu den seltsamsten Uhrzeiten in der Küche steht, um Brotteige anzusetzen, aufzuarbeiten oder in den Ofen zu schieben.

Begonnen hat mein ganz persönliches „Brotokoll“ mit Gesprächen und Erlebnissen im Rahmen der Recherche zu meinem ersten Brotbuch im Jahr 2014. Plötzlich tauchten alte Geschichten aus meiner eigenen Familie wieder auf. Ich erinnerte mich an Erzählungen meiner Mutter aus ihrer Kindheit im burgenländischen Seewinkel. Von diesem speziellen Holztrog etwa, in dem die Großmutter Woche für Woche eine riesige Teigmenge für die elfköpfige Familie per Hand mischte und knetete. Vom Schubkarren, in dem die Brotlaibe dann zum Bäcker gebracht wurden, um dort als so genanntes „Störbrot“ gebacken zu werden. Und auch von der Ernsthaftigkeit und Dankbarkeit, mit der das Nahrungsmittel stets bedacht wurde. Auch die Geschichte des Bruders meines Vaters kam mir wieder in den Sinn, der den Bäckerberuf aus ganz anderen Gründen in Wien erlernte. Weil Brot Teil seines Gehaltes war und er seine Geschwister dadurch mit Essen versorgen konnte. Ich stellte auch fest, dass vieles an wertvollem Wissen drauf und dran war, verloren zu gehen: Handwerks-Bäcker hatten vor der wirtschaftlichen Unmöglichkeit kapituliert, mit industriellen Fertigungsmethoden mithalten zu können, und daheim in den Familien war es die knapp gewordene Zeit, die Brotbacken nicht gerade rasend attraktiv erscheinen ließ.

Kochen und Backen rangierten aber schon immer ganz oben auf meiner Agenda – warum also nicht selbst Brot machen? So schwer kann das doch nicht sein, dachte ich. (Nun ja, so einfach allerdings auch wieder nicht, wie ich bald bemerkte.) Etliche Brote und Brotversuche haben inzwischen meinen Küchenofen verlassen – und mehr als 600 Menschen meine Workshops besucht. Ich habe viel gelernt, vor allem von jenen engagierten Bäckerinnen und Bäckern, die inzwischen Kurse zusammen mit mir geleitet haben. All diesen Profis möchte ich an dieser Stelle besonderen Dank dafür sagen, dass sie mit ihrem Wissen, ihrer Erfahrung und ihrer Liebe zum Beruf den Weg in die Brotwelt auch für mich geebnet haben.

Auf der Suche nach Eigenbrötlern

Für dieses Buch habe ich nun wieder ganz neue „Eigenbrötler“ gesucht, gefunden und ihnen beim Backen neugierig über die Schulter geschaut. Ich war zu Gast in neun landwirtschaftlichen Betrieben in ganz Österreich – einer in jedem Bundesland –, in denen Brot & Backen eine wichtige Rolle spielen. Fotografin Sonja Priller und ich haben bäuerliche Familienbetriebe kennen gelernt, in denen Rezepte von Mutter und Großmutter lebendig bleiben, wir haben an großen Esstischen herausragendes Brot und Gebäck verkostet oder Gemeinschaftsprojekte besucht, in denen Brot vom Acker bis zum Ofen einen ganz besonderen Stellenwert einnimmt. Jeder Betrieb hat dazu auch seine besten und vielfach erprobten Rezepte für dieses Buch zur Verfügung gestellt: Roggen- & Milchbrote, Kürbis-Brioche & Laugengebäck, Dinkelbrötchen & Ährenbaguette und noch viele mehr, die quasi auf der Stelle zum Nachbacken einladen.

Es sind besondere und engagierte Projekte, in denen ebenso großer Wert auf die Auswahl der verwendeten Grundprodukte gelegt wird wie auf handwerkliches Können und behutsames Umgehen mit wertvollen Ressourcen. Manche sind kleine Unternehmen geworden und vermarkten ihre Brote auf Märkten und im eigenen Hofladen, andere backen für ihre Gäste oder auch „nur“ für die Familie daheim. Teils wird von den Protagonist*innen – übrigens allesamt keine gelernten Bäcker – nach überlieferten, alten Rezepturen gebacken, teils mit neu entwickelten Methoden. Und der klassische Sauerteig zählt ebenso dazu wie gekonnte Teigführungen, überraschende Zutaten und eine ganz großartige Vielfalt an Gebäck-Varianten.

Erfahrungsaustausch und intensive Gespräche mit spannenden Menschen gehören zu den schönsten Seiten meines Berufes. Sie bringen neue Sichtweisen und Möglichkeiten, voneinander und miteinander zu lernen. Was noch dazu kommt? Die ansteckende Begeisterung all jener, die sich einer Passion ganz und gar verschrieben haben, der gemeinsame Spaß am Genuss und die Freude am Erzählen besonderer Geschichten. Ergänzt wird das Buch noch durch Rezepte, Tipps und Erfahrungen aus den zahlreichen Workshops der Ersten Waldviertler Bio-Backschule. Kurz gesagt: Die wunderbare und uralte Tradition bäuerlichen Brotbackens zeigt sich in spannendem, neuem Gewand.

Viel Spaß damit wünscht

Elisabeth Ruckser,

Autorin, Genussethik-Expertin, Backschul-Leiterin

——Mehl, Wasser, Salz & Liebe——

Was es zur Herstellung von gutem Brot und Gebäck braucht

Brot. Es gehört nicht viel dazu. Und gerade deshalb ist es jedes Mal ein kleines Wunder, was aus diesen so einfachen Zutaten werden kann: Mehl, Wasser, Salz, gemischt mit handwerklichem Können und Zeit, um in Ruhe zu reifen. Zusammen ergeben diese Zutaten ein Lebensmittel, das in einer schier unglaublichen Vielzahl von Aromen, Konsistenzen, Farben und Formen existiert. Sein Geschmack und sein Aussehen sind so vielfältig wie seine Geschichte rund um den Erdball. Es wird vom einfachsten Fladen bis zum kunstvollsten Gebilde hergestellt und gehört so selbstverständlich zu unserer Kulturgeschichte wie die sprichwörtliche Butter auf dasselbe. Seit Jahrtausenden sind Getreide, Mehl und alles, was sich daraus machen lässt, mit unserer Nahrung, unserem Überleben, unserem Brauchtum und Handwerk verbunden. Am Anfang waren es zerriebene Samen wilder Gräser, die mit Wasser zu einem Brei vermischt und auf heißen Steinen zu Fladen gebacken wurden. Generationen von Bäckern, Müllern, Hausfrauen, Bauern und Bäuerinnen haben das Wissen um Korn und Brot seitdem bewahrt, tradiert, perfektioniert. Dichter und Künstler haben ihm Denkmäler für die Ewigkeit geschaffen, und Dankbarkeit für Brot gehört zu vielen religiösen Ritualen. Das Korn auf dem Feld ist bis heute eine ganz wesentliche Lebensgrundlage für viele von uns. Gerade jetzt, wo das Thema eine wunderbare Renaissance erlebt und die Sehnsucht nach gutem Brot unseren Blick wieder auf das richtet, was in den letzten Jahrzehnten stark in den Hintergrund geraten, ja fast verloren gegangen ist, liegt es an uns, dieses Wissen für die Zukunft zu erhalten und erneut weiterzugeben.

Einfach & natürlich: die Grundzutaten für Brot und was du darüber wissen musst

Die Auswahl der Grundstoffe ist wie bei allen Lebensmitteln ganz entscheidend. Oder wie es ein alter Bäckermeister einmal formuliert hat: „Ich kann aus guten Zutaten schon auch ein schlechtes Brot machen – aber umgekehrt geht’s nicht.“ In diesem Kapitel findest du einen kurzen Überblick über die wichtigsten Komponenten und Inhaltsstoffe rund ums Brotbacken. Die Verwendung biologisch bzw. ökologisch produzierter Mehle und Zutaten leistet dabei sowohl einen Beitrag zum Natur-, Boden- und Klimaschutz wie auch zur Erhaltung der eigenen Gesundheit.

So fängt alles an: auf den Getreidefeldern

Als Getreide, die zur Herstellung von Brot geeignet sind, gelten Weizen, Dinkel und Roggen. Man bezeichnet diese Arten auch als eigenbackfähig. Zusätzlich können andere Getreidearten wie Gerste, Hafer, Hirse, Reis, Emmer, Einkorn oder Mais ebenfalls zu einem bestimmten Prozentsatz in den Teig gemischt werden. Weizen gehört neben Gerste zu unseren ältesten Getreidearten, lange Zeit war er ein Luxusgut, dessen Mehl nur zu besonderen Anlässen wie Ostern oder Weihnachten verbacken wurde. Heute liegt Weizen nach Mais auf Platz 2 der Weltgetreideernte. Dinkel ist eine verwandte Weizenart, die vermutlich in der Jungsteinzeit entstanden ist. Weniger züchterisch bearbeitet als Weizen gilt er nicht zuletzt deshalb heute als sehr bekömmliches Brotgetreide. Dinkel kann nicht ausgedroschen werden, er muss aus dem fest mit dem Korn verwachsenen so genannten Spelz geschält oder geschliffen werden. Der Roggen schließlich ist unser klassisches Brotgetreide Nummer eins, nicht umsonst steht die Bezeichnung „Korn“ etwa in Österreich oder Altbayern synonym für Roggen. Mit Roggen wird Anstellgut für Sauerteig angesetzt.

Wertvolle Inhaltsstoffe im Getreide und was beim Mahlen davon übrig bleibt

Ein Getreidekorn besteht aus Getreidekeimling, Mehlkörper, Schale und der dazwischen liegenden Randoder Aleuronschicht. Der größte Teil ist der Mehlkern, der fast zur Gänze aus Stärke und einem geringen Anteil Protein besteht. Der Keimling ist der wertvollste Teil des Korns, er enthält Öle, Vitamine und so gut wie alles, was die Pflanze später für einen Start ins Leben braucht. Beim Vermahlen in der Mühle werden die ganzen Körner je nach Verfahren in 3 bis 18 Stufen mittels Walzen, Mühlsteinen oder Stiften zerkleinert. Schale und Keimling werden entweder mitvermahlen (Vollkornmehle) oder ausgesiebt. Je nachdem, wieviel Schalenanteil im Endprodukt verbleibt, erhält man hellere oder dunklere Mehle. Der Grad der Vermahlung und damit des Schalenanteils wird in Mehltypen (schau auf Seite 16) angegeben. Bei Haushaltsmühlen kann im Allgemeinen nicht ausgesiebt werden, sie stellen mehr oder weniger feinen Vollkorn-Getreideschrot oder -grieß her.

Abgesehen von der Getreideart (Weizenmehl, Dinkelmehl usw.) unterscheidet man auch die „Mehltype“ oder „Type“. Dieser Begriff aus der Fachsprache der Müller und Bäckerinnen sagt etwas über Schalenanteil, Farbe und Backeigenschaften des Mehles aus. Niedrige Mehltypen haben einen geringen Schalenanteil und sind hell, hohe Typen sind dunkel und enthalten viele Schalenanteile. Vollkornprodukte sind nicht typisiert.

Zur Typisierung gilt in Deutschland die DIN-Norm 10355. Um sie zu ermitteln, wird eine kleine Menge Mehl im Labor verbrannt. Der dabei entstehende Aschenanteil entspricht im Wesentlichen dem Schalenanteil (Mineralstoffgehalt) des Mehls. Bleiben etwa 0,55 Prozent Asche übrig, dann ist das ein Mehl der Type 550.

In Österreich wird die DIN-Typisierung nicht angewendet, die Mehle tragen andere Nummern. Aber auch hier gilt: Je höher die Type, desto dunkler das Mehl. Zusätzlich kann auch nach Mehlkorngröße in glatt, universal, griffig oder doppelgriffig unterschieden werden. Glattes Mehl hat dabei laut österreichischem Lebensmittelkodex eine Korngröße von weniger als 150 Mikrometer (My), griffiges Mehl ist größer als 150 My.

Glattes Mehl wird meist bei den ersten Mahlvorgängen aus den äußeren Schichten des Mehlkörpers gewonnen, die mehr Protein enthalten. Das Mehl „klebt“ daher gut, der Teig wird elastisch und ist ideal für Brot, Strudelteig oder Hefezöpfe geeignet. Griffiges Mehl ist gröber und enthält meist weniger Proteine. In der Küche ist es gut für Teige geeignet, die quellen sollen (Knödel, Klöße etc. oder wie meine Großmutter gesagt hat: „Für alles, was nass wird.“). Doppelgriffiges Mehl ist noch gröber vermahlen und Universalmehl eine Mischung aus glatt und griffig.

In der Schweiz wird ebenfalls anhand der Ausmahlgrade und des Schalenanteils unterschieden: Es gibt Weißmehl, Halbweißmehl, Ruchmehl oder Vollkornmehl.

Selber mahlen!

Bei der Herstellung der Mehle arbeiten Mühlen nach sehr unterschiedlichen Prinzipien. Mehlen dürfen heute auch Substanzen zugesetzt werden, die z.B. ihre Lagerfähigkeit verlängern und die nicht zwingend auf dem Etikett deklariert werden müssen. Will man also genau wissen, was das verwendete Mehl enthält, zahlt es sich aus, zu recherchieren und z.B. eine (Bio-)Mühle in der Nachbarschaft zu suchen oder einen landwirtschaftlichen (Bio-)Betrieb, der sein Korn selbst vermahlt.

Wer Getreide daheim mahlt, kann sich sicher sein, dass das Mehl keine unerwünschten Zusatzstoffe enthält. Allerdings ist Mehl aus Haushaltsmühlen gröber, verfügt daher über etwas andere Backeigenschaften und kann meist auch nicht ausgesiebt werden.

Die Rezepte in diesem Buch werden von den Bäuerinnen und Bäckern überwiegend mit den Mehlen aus Getreide gebacken, das auf dem eigenen Grund und Boden wächst, selbst vermahlen wird oder von Mühlen aus der Region stammt. Die Angaben wurden für handelsübliche Mehle adaptiert.

Alle Mehltypen auf einen Blick. Und wofür du sie am besten verwendest

 

Weizen

Österreich

Deutschland

Ideal für

Type 480

Type 405

Kuchen und Torten

Type 700

Type 550

helles Brot und Kleingebäck, Hefeteige, Mischbrote (z.B. mit Roggen)

Type 1600

Type 1050

dunkles Brot

Roggen

Österreich

Deutschland

Ideal für

Type 500(auch Vorschussmehl genannt)

Type 815

helles Roggenbrot

Type 960

Type 997

reines Roggenbrot und Mischbrote (z.B. mit Weizen oder Dinkel), Lebkuchen

Type 1200

Type 1150

dunkles Roggenbrot

Dinkel

Österreich

Deutschland

Ideal für

Type 700

Type 630

helles Dinkelbrot und Kleingebäck, Mischbrote (z.B. mit Roggen)

Type 1600

Type 1050

dunkleres Brot

Millionen kleine Helferlein: Hefen und Milchsäurebakterien

Hefen sind die kleinen Helfer im Brotteig und überhaupt in der Natur. Sie werden als so genannte Knospungspilze bezeichnet, die Zucker oder Stärke aufspalten und dabei Gase (Kohlendioxid) freisetzen. Im Teig bewirken sie, dass er „aufgeht“. Sauerteig enthält ebenfalls Hefepilze, die in diesem Fall eine Lebensgemeinschaft mit Milchsäurebakterien eingehen. Sowohl die wilden Hefepilze als auch die Bakterien sind in der Luft vorhanden. Hefen sind entgegen ihres Rufes durchaus auch von gesundheitlicher Bedeutung für unseren Organismus. Was sie nicht vertragen, ist zu viel Hitze und direkter Kontakt mit Salz. Aus wilden Hefen werden Kulturhefen wie Bier-, Wein- und Backhefe mit spezifischen Eigenschaften gezüchtet. Ökologisch produzierte oder Bio-Hefe wird meist auf Getreidebasis ohne den Einsatz von Chemikalien (wie Schwefelsäure, Ammoniak oder synthetischen Ölen) gezüchtet. Auch sind die verwendeten Mikroorganismen und andere Rohstoffe frei von gentechnisch veränderten Organismen. Seit 2009 wird Bio-Hefe auch als solche deklariert. In den Rezepten wird, wenn nicht anders angegeben, Frischhefe verwendet.

Wie unglaublich das duftet: Brotgewürze

Die klassische Brotgewürzmischung besteht aus den Samen von Koriander, Kümmel, Fenchel und Anis. Die Gewürze können ganz, grob geschrotet oder fein vermahlen verwendet werden. Vermahlen werden sie am besten unmittelbar vor der Verwendung, damit das Aroma erhalten bleibt. Dazu eignet sich z.B. eine elektrische Kaffeemühle oder eine Haushalts-Getreidemühle. Je nach Geschmack können auch andere Gewürze verwendet werden, erlaubt ist natürlich, was schmeckt: Bockshornklee oder der eng verwandte Schabzigerklee (beide werden oft auch „Brotklee“ genannt), Senfsamen (die Senföle erhöhen die Haltbarkeit des Brotes), Kreuzkümmel, Schwarzkümmel, Gewürzmischungen wie Curry und vieles mehr. In unserer Bio-Backschule verwenden wir gern gemahlene Koriander- und Fenchelsamen im Verhältnis 1:1.

Bevor es richtig losgeht: der Sauerteig und andere Vorstufen

Sauerteig ist das Triebmittel im Brot und macht Roggen backfähig. Er wird 12–18 Stunden vor der Herstellung des Brotteiges mithilfe von Anstellgut zubereitet und zählt wie das Brühstück, Quellstück oder Kochstück zu den so genannten Vorstufen.

Anstellgut

Das Anstellgut ist die Essenz, die den Fermentationsprozess im Sauerteig startet, und wird aus Mehl und Wasser über 3 Tage angesetzt.

1. Tag

50 g Roggenmehl mit 50 g lauwarmem Wasser mit einem Löffel in einem größeren Einmachglas oder einer Schüssel gut verrühren und an einem warmen Ort (Küche) bei Zimmertemperatur 24 Stunden ruhen lassen. Dabei mit einem Tuch oder einem Deckel lose zudecken, aber nicht luftdicht verschließen.

2. Tag

Zum Teig vom Vortag werden wieder 50 g Roggenmehl und 50 g lauwarmes Wasser hinzugefügt und verrührt. Anschließend wieder 24 Stunden bei Zimmertemperatur ruhen lassen.

3. Tag

Erneut 50 g Roggenmehl und 50 g lauwarmes Wasser abwiegen und mit dem Sauerteig vermischen. Wieder 24 Stunden bei Zimmertemperatur rasten lassen.

4. Tag

Am 4. Tag ist das Anstellgut fertig. Es kann nun zur Herstellung von Sauerteig dienen und gekühlt über lange Zeit aufbewahrt werden.

Tipps rund ums Anstellgut

Fertiges Anstellgut im Kühlschrank aufbewahren.____________________

Als Behälter zur Aufbewahrung eignet sich am besten ein Einweckglas mit Glasdeckel ohne Gummidichtung.____________________

Anstellgut kann mit jedem Roggenmehl angesetzt werden.____________________

Etwa einmal in der Woche wird das Anstellgut mit gleich viel Mehl und Wasser (z.B. je 25 g) „gefüttert“.____________________

Dazu das Glas aus dem Kühlschrank nehmen, Mehl und Wasser dazumischen und zum „Anspringen“ einige Zeit bei Raumtemperatur stehen lassen. Danach wieder in den Kühlschrank stellen.____________________

Der beste Zeitpunkt dafür ist 2 Tage vor dem Backtag bzw. 1 Tag vor dem Ansetzen des Sauerteigs.____________________

Das Anstellgut soll immer angenehm säuerlich riechen und keine starken Farbveränderungen oder gar Schimmelbildung aufweisen. (Andernfalls von vorne anfangen.)____________________

Sauberes Arbeiten ist wichtig, um Fehlgärungen zu vermeiden.____________________

Das Glas zum Aufbewahren am besten vorher mit mildem Essigwasser ausspülen.____________________

Anstellgut wird klassisch mit Roggenmehl angesetzt, am 1. Tag kann auch etwas Bio-Apfelsaft oder -Joghurt zusätzlich beigemischt werden, um den Start des Gärprozesses zu beschleunigen.____________________

Fertiges Roggen-Anstellgut kann auch mit anderen Mehlen „gefüttert“ werden und dann zum Beispiel als Basis für Dinkel-Sauerteig verwendet werden. Das ist eine probate Methode für den Hausgebrauch. (Das Ansetzen von z.B. reinen Weizensauerteigen unterliegt anderen Gesetzmäßigkeiten.)____________________

Wie viel Anstellgut für die Sauerteig-Herstellung benötigt wird, ist jeweils bei den einzelnen Rezepten angegeben.____________________

Sauerteig

Nach dem Ansetzen des Anstellgutes folgt die Herstellung von Sauerteig. Er wird am Vortag des Backtages oder 12–18 Stunden vor dem Backen aus Anstellgut, Roggenmehl und lauwarmem Wasser hergestellt. Nach einer 12–18-stündigen Ruhezeit ist er fertig und kann zur Herstellung von Brotteig verwendet sowie mit den restlichen Zutaten je nach Rezept vermischt werden. Als Faustregel gilt, dass die Menge des Anstellgutes etwa 10 Prozent des zu versäuernden Mehles betragen soll, genaue Angaben finden sich jeweils bei den einzelnen Rezepten.

Brühstück

Das Brühstück ist ebenfalls eine Art Vorteig, auch Vorstufe genannt, der zur Vorverquellung von Zutaten dient. Dabei wird Mehl oder Getreide bzw. Getreideschrot mit heißem Wasser (70–100 °C) übergossen und vermischt und kann dann mehrere Stunden verquellen. Das erhöht vor allem bei Broten, die dazu neigen, rasch trocken zu werden (z.B. Dinkelgebäck), die im Teig gebundene Wassermenge. Damit verlängert sich die Frischhaltung. Außerdem werden harte Getreideteile weich.

Quellstück

Beim Quellstück werden Saaten, Schrot oder Mehle mit kaltem bis lauwarmem Wasser (10–ca. 35 °C) übergossen und vermischt und können dann mehrere Stunden verquellen. Das Quellstück wird wie das Brühstück ohne Hefe oder Sauerteig angesetzt und dient der besseren Wasseraufnahme des Teiges sowie der längeren Frischhaltung von Brot.

Kochstück