Baumeister Solneß - Henrik Ibsen - E-Book

Baumeister Solneß E-Book

Henrik Ibsen

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Beschreibung

Baumeister Solneß ist ein Theaterstück von Henrik Ibsen aus dem Jahr 1892. Darin setzt sich der Dramatiker mit Konflikten um soziale Konventionen des 19. Jahrhunderts innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft auseinander. Baumeister Solness, ein kaltschnäuziger, skrupelloser Bauunternehmer, hat seine Firma hauptsächlich auf Kosten der Konkurrenz und der Ausnutzung seiner Mitarbeiter aufgebaut. Der eigentliche Aufstieg kam allerdings erst, als durch einen Brand des Elternhauses seiner Frau ihm ein großes Grundstück zufiel. In Folge des Brandes starben auch seine beiden Kinder (Zwillinge). Er empfindet dadurch vermeintliche "Schuld", doch diese wird durch ständiges Streben nach mehr Reichtum infolge neuer Bauaufträge verdrängt. Seine Frau Aline lebt allerdings seit zehn Jahren wie in Trance ... (aus wikipedia.de)

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Baumeister Solneß

Henrik Ibsen

Inhalt:

Henrik Ibsen – Biografie und Bibliografie

Baumeister Solneß

Personen.

Erster Aufzug.

Erster Auftritt.

Zweiter Auftritt.

Dritter Auftritt.

Vierter Auftritt.

Fünfter Auftritt.

Sechster Auftritt.

Siebenter Auftritt.

Achter Auftritt.

Neunter Auftritt.

Zehnter Auftritt.

Elfter Auftritt.

Zwölfter Auftritt.

Zweiter Aufzug.

Erster Auftritt.

Zweiter Auftritt.

Dritter Auftritt.

Vierter Auftritt.

Fünfter Auftritt.

Sechster Auftritt.

Siebenter Auftritt.

Achter Auftritt.

Neunter Auftritt

Zehnter Auftritt.

Dritter Aufzug.

Erster Auftritt.

Zweiter Auftritt.

Dritter Auftritt.

Vierter Auftritt.

Fünfter Auftritt.

Sechster Auftritt.

Siebenter Auftritt.

Achter Auftritt.

Neunter Auftritt.

Zehnter Auftritt.

Elfter Auftritt.

Baumeister Solneß, H. Ibsen

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849626167

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Henrik Ibsen – Biografie und Bibliografie

Henrik Ibsen, der größte Dramatiker Norwegens und einer der gewaltigsten Geister der neuern Zeit, geb. 20. März 1828 zu Skien in Norwegen, war der älteste Sohn eines erst wohlhabenden Kaufmanns dänischer Abstammung. Nach dem Konkurs seines Vaters verfloß seine früheste Jugend in beschränkten Verhältnissen. In Skien erhielt er eine notdürftige Schulbildung und kam, 15 Jahre alt, als Apothekerlehrling nach Grimstad. Hier entstanden seine ersten dichterischen Versuche, Spottverse, die den Schrecken der Stadtbewohner bildeten, mondscheintrunkene Lyrik, die von den Damen des Ortes fleißig gelesen und gesammelt wurde, und vor allem der »Catilina« (1850, neue Ausg. 1875), ein Drama, in dem sich der Sturm der Zeit und der brausenden Jugendkraft des Dichters entlädt. 1850 siedelte I. nach Christiania über, ging in Heltbergs »Presse« und bestand bereits nach fünf Monaten das medizinische Vorexamen. Dabei fand er Zeit, das kleine, unselbständige Drama »Das Hünengrab« (»Kjœmpehøien«) zu schreiben. Außerdem gab er damals zusammen mit Botten-Hansen und Vinje ein politisch-satirisches Wochenblatt (»Manden«, gewöhnlich »Audhrimer« genannt) heraus, das indessen schon nach neun Monaten wieder einging. Aber man war auf den jungen I. aufmerksam geworden: im November 1851 berief ihn Ole Bull an das norwegische Nationaltheater in Bergen, wo er nun bis 1857 als Regisseur und Theaterdichter wirkte. Alljährlich zum 2. Januar, dem Gründungstag des Hauses, lieferte er ein Stück, und entrichtete in diesen Werken der nationalen Romantik seinen Tribut. Es entstanden: »Die Johannisnacht« (1853; ungedruckt), »Die Herrin von Östrot« (»Fru Inger ti! Östraat«, 1854; gedruckt 1857, neue Ausg. 1874), »Das Fest auf Solhaug« (»Gildet paa Solhaug«, 1855) und »Olaf Liljekrans« (1856; erstmalig gedruckt in Ibsens »Sämtlichen Werken«, Bd. 2, Berl. 1898). Im I. 1857 siedelte I. als artistischer Direktor an das Norwegische Theater in Christiania über, im folgenden Jahr vermählte er sich mit Susanna Daae Thoresen aus Bergen. Sein Aufenthalt in Christiania dauerte bis 1864, und es entstanden in dieser Zeit: »Die Helden auf Helgoland « (»Nordische Heerfahrt«, »Hærmændene paa Helgeland«, 1858), unter dem Eindruck der isländischen Familiengeschichten, besonders der »Völsungasaga«, bei aller Gewalt der darin ausgedrückten Stimmungen ein Meisterwerk klarer dramatischer Technik; »Die Komödie der Liebe« (»Kjælighedens Komedie«, 1862), eine scharfe Satire gegen die landesüblichen Auffassungen von Ehe und Liebe, das einen Sturm der Entrüstung entfesselte-die Spießbürger fühlten sich in ihren heiligsten Gefühlen verletzt- und »Die Kronprätendenten« (»Kongsæmnerne«, eigentlich: »das Holz, aus dem Könige geschnitzt werden«, 1863), Ibsens erste große Dichtertat, durch die er verkündet, »daß stets der. Königsgedanke' einer neuen Zeit siegt, und daß da keine Hoffnung ist für die, die nur das Vergangene, schon Dagewesene wiederholen können« (Woerner, »Henrik I.«). Gekränkt durch den Unverstand des Publikums und der Kritik und aufs höchste erbittert über das Verhalten Norwegens in dem dänisch-preußischen Konflikt, verließ I. im April 1864 Christiania und reiste über Berlin nach Rom. Er wurde heimatfrei. Die Weltgeschichte berührte ihn. Die Keime zu einem Drama über das untergehende römische Kaiserreich fallen in seine Brust. Zunächst aber befreit er sich von den Lebenseindrücken, die er aus Skandinavien mitbrachte, durch zwei gewaltige, im höchsten Sinne kritische Versdramen: »Brand« (1866) und dessen Gegenstück »Peer Gynt« (1867). In beiden Werken werden die Gebresten des norwegischen Volkes gegeißelt, nur wird, wie Brandes sagt, im »Brand« norwegische Schlaffheit wenigstens[729] von einer norwegischen Idealgestalt abgeurteilt, während im »Peer Gynt« der Held als der typische Vertreter norwegischer Willensschwäche und Phantasterei angelegt und gestaltet ist. Auch ein unausgesprochener Protest gegen die Idealisierung norwegischer Bauerngestalten, wie sie um diese Zeit Björnson vornahm, läßt sich in beiden Dichtungen nicht verkennen. 1868 verließ I. Rom und ging nach Dresden, wo er zunächst das Lustspiel »Der Bund der Jugend« (»DeUnges Forbund«, gedruckt 1869), in mancher Beziehung ein Hinweis auf die Gesellschaftskritik seiner spätern Werke, ausführte. Erst unter dem Einfluß der großen Zeit, die das Deutsche Reich entstehen sah, konnte er das welthistorische Schauspiel in zwei Teilen, »Kaiser und Galiläer« (»Keiser og Galilæer«) im Frühling 1873 abschließen; es schildert den Kampf der Antike mit dem Christentum, den Untergang Julians des Apostaten, und ist »das Fundament dessen, was I später geschaffen hat, wodurch er eigentlich erst er selbst geworden ist« (Schlenther), ein historisches Schauspiel, das vieles von dem Ideengehalt seiner Gegenwartswerke einschließt, deutet und ergänzt. Erst jetzt läßt I. die Scholle tief unter sich. Er wird trotz des Heimatsduftes, den seine Werke nie abstreifen, und ohne den sie in ihren letzten Gründen unverständlich bleiben, der Bahnbrecher einer neuen dramatischen Kunst, einer neuen Zeit. Der Dichter schlug sein Hauptquartier seit 1875 abwechselnd in München und in Rom auf, besuchte aber auch Skandinavien, wo man ihn wie einen Triumphator empfing. Seit 1892 wohnt er in Christiania. Es erschienen: »Die Stützen der Gesellschaft« (»Samfundets Stotter«, 1877), »Ein Puppenheim« (»Et Dukkehjem«, 1879), »Gespenster« (»Gjengangere«, 1881), »Ein Volksfeind« (»En Folkefiende«, 1882), »Die Wildente« (»Vildanden«, 1884), »Rosmersholm« (1886), »Die Frau vom Meer« (»Fruen fra Havet«, 1888), »Hedda Gabler« (1890), »Baumeister Solneß« (»Bygmester Solness«, 1892), »Klein Eyolf« (»Lille Eyolf«, 1894), »John Gabriel Borkmann« (1896) und der dramatische Epilog »Wenn wir Toten erwachen« (»Når vi Døde vågner«, 1899). Gemeinsam ist diesen Werken, daß sie soziale und menschliche Verhältnisse der Gegenwart behandeln. Problem- oder gar Tendenzdichtungen sind sie nicht. Der Ausgangspunkt liegt immer in der Anschauung menschlicher Charaktere, bedeutender Geschicke. Aber die Liebe und der Haß, die den Dichter erfüllen, veranlassen Auseinandersetzungen, die Kritik alter Anschauungen, die Prägung neuer Werte. Die Grundstimmung ist ein großartiger Optimismus, ein unerschütterlicher Glaube an »das dritte Reich«, in dem »der Geist der Wahrheit und der Geist der Freiheit« herrschen werden. Als Techniker des Dramas greift I. auf die Tradition der Griechen zurück. Er gibt fünfte Akte, in denen sich mit unvergleichlicher Folgerichtigkeit lange Lebensschicksale entschleiern und lösen. Zu erwähnen sind noch Ibsens »Gedichte« (zuerst 1871, dann in vermehrter Auflage 1875). Ibsens »Sämtliche Werke« erschienen in einer kritischen deutschen Ausgabe mit guten Einleitungen von Brandes und Schlenther (Berl. 1898–1903, 9 Bde.), dazu als Bd. 10 eine Auswahl aus Ibsens Briefen, hrsg. von I. Elias und H. Koht (das. 1904). Vgl. G. Brandes, Björnson und I. (Kopenh. 1881) und Henrik I. (das. 1898); H. Jäger, Henrik I. 1828–1888 (1888; deutsch von Zschalig, 2. Aufl., Dresd. 1898); R. Woerner, Henrik I. (Münch. 1900, Bd. 1); Lothar, Henrik I. (2. Aufl., Leipz. 1902); E. Reich, H. Ibsens Dramen. 20 Vorlesungen, gehalten an der Universität Wien (4. Aufl., Dresd. 1902); B. Litzmann, Ibsens Dramen (Hamb. 1901.

Baumeister Solneß

Personen.

Baumeister Halvard Solneß.Frau Aline Solneß, seine Gattin.Dr. Herdal, Hausarzt.Knut Brovik, ehemals Architekt, jetzt Assistent bei Solneß.Ragnar Brovik, sein Sohn, Zeichner.Kaja Fosli, seine Nichte, Buchhalterin.Fräulein Hilde Wangel.Einige Damen.Volksmenge auf der Straße.

Ort der Handlung: das Haus des Baumeisters Solneß Rechts und links vom Schauspieler.

Erster Aufzug.

Ein einfach ausgestattetes Arbeitszimmer beim Baumeister Solneß.

*

Eine Flügelthür an der Wand links führt zum Vorzimmer. Rechts ist die Thür zu den inneren Räumen des Hauses. An der Hinterwand eine offene Thür zum Zeichenzimmer. Im Vordergrund links ein Pult mit Büchern, Briefschaften und Schreibmaterialien. Oberhalb der Thür ein Ofen. In der Ecke rechts ein Sofa mit Tisch und ein paar Stühlen; auf dem Tische Wasserkaraffe und Glas. Ein kleinerer Tisch mit Schaukelstuhl und Lehnstuhl im Vordergrund rechts. Angezündete Arbeitslampen auf dem Tische im Zeichenzimmer, auf dem Tische in der Ecke und auf dem Pulte.

*

Rechts und links vom Schauspieler.

Erster Auftritt.

Knut Brovikund sein Sohn Ragnar sitzen im Zeichenzimmer mit Konstruktionen und Berechnungen beschäftigt. Knut Brovik ist ein schmächtiger alter Mann mit weißem Haar und Bart; er trägt einen etwas fadenscheinigen, aber sauber gehaltenen schwarzen Rock, eine Brille und eine weiße, etwas vergilbte Halsbinde. Ragnar Brovik ist in den dreißiger Jahren, gutgekleidet, blond, mit leicht vornüber gebeugter Haltung. Kaja Fosli, steht im Arbeitszimmer am Pulte, im Hauptbuche eintragend; sie ist ein zart gebautes junges Mädchen von einigen zwanzig Jahren, aber von kränklichem Aussehen; ein grüner Schirm schützt ihre Augen. Alle drei arbeiten eine Weile schweigend.

Knut Brovik(erhebt sich plötzlich, wie von Angst getrieben, vom Zeichentische, atmet tief und mit Mühe, indem er zur Thüröffnung vorgeht). Nein, jetzt halt ich es bald nicht länger aus.

Kaja(geht zu ihm hin). Es ist dir gewiß recht schlecht heut Abend, Onkel?

Brovik.Ach, mir scheint, es wird schlimmer von Tag zu Tag.

Ragnar(hat sich erhoben und kommt näher). Du solltest lieber heimgehen, Vater. Versuchen ein wenig zu schlafen –

Brovik(ungeduldig). Zu Bett gehen vielleicht? Willst du denn, daß ich rein ersticke!

Kaja.Aber dann mach doch einen kleinen Spaziergang.

Ragnar.Ja, thu das. Ich begleite dich.

Brovik(heftig). Ich geh nicht, ehe er kommt! Heut Abend red ich grad heraus mit – (in verbissener Wut) mit ihm – dem Prinzipal.

Kaja(angstvoll). Ach nein, Onkel – warte doch ja damit!

Ragnar.Ja, lieber warten, Vater.

Brovik(holt mühsam Atem). Ha – ha –! Ich hab wohl keine Zeit, recht lange zu warten.

Kaja(horchend). Still! Da hör ich ihn unten auf der Treppe!

Alle Drei(gehen wieder an ihre Arbeit).

(Kurze Pause.)

Baumeister Halvard Solneß(tritt durch die Vorzimmerthür ein; er ist ein etwas älterer Mann, gesund und kräftig, mit kurzgehaltenem, krausem Haar, dunklem Schnurrbart und dunkeln dichten Augenbrauen, trägt eine graugrüne zugeknöpfte Jacke mit Stehkragen und breiten Aufschlägen, einen weichen grauen Filzhut und unter dem Arme ein paar Mappen).

Zweiter Auftritt.

Die Vorigen. Solneß.

Baumeister Solneß(an der Thür, weist gegen das Zeichenzimmer hin und fragt flüsternd). Sind sie fort?

Kaja(leise, schüttelt den Kopf). Nein. (Sie legt den Augenschirm ab.)

Solneß(geht durchs Zimmer, wirft seinen Hut auf einen Stuhl, legt die Mappen auf den Sofatisch und nähert sich dann wieder dem Pulte).

Kaja(schreibt ununterbrochen, scheint aber nervös und unruhig).

Solneß(laut). Was tragen Sie denn da ein, Fräulein?

Kaja(zusammenfahrend). O es ist nur etwas, das –

Solneß.Lassen Sie mich sehen, Fräulein. (Er beugt sich über sie, thut, als ob er im Hauptbuche nachsähe und flüstert:) Kaja?

Kaja(schreibend, leise). Ja?

Solneß.Warum nehmen Sie denn immer den Schirm da ab, wenn ich komme?

Kaja(wie oben). Ich sehe ja so häßlich aus damit.

Solneß(lächelnd). Und das wollen Sie nicht, Kaja?

Kaja(blickt halb zu ihm auf). Nicht um alles in der Welt. Nicht in Ihren Augen.

Solneß(fährt ihr leicht über das Haar). Arme, arme kleine Kaja –

Kaja(senkt den Kopf). Still – sie könnten Sie hören!

Solneß(geht nachlässigen Schrittes nach rechts, kehrt um und bleibt an der Thür des Zeichenzimmers stehen). War jemand da, der nach mir gefragt hat?

Ragnar(erhebt sich). Ja, die jungen Leute, die die Villa gebaut haben wollen draußen bei Lövstrand.

Solneß(brummend). Ach die? Ja, die müssen warten. Ich bin mit mir selber noch nicht im Reinen über den Plan.

Ragnar(näher, etwas zögernd). Es wäre ihnen so sehr daran gelegen, die Zeichnungen bald zu bekommen.

Solneß(wie oben). Ja, das versteht sich – das wollen sie ja alle miteinander!

Krovik(aufblickend). Sie sehnten sich nämlich so über alle Maßen danach, ihr eigenes Haus zu beziehen, sagten sie.

Solneß.Jawohl, jawohl! Man kennt das! Und dann nehmen sie's so, wie es sich gerade trifft. Schaffen sich so'ne – 'ne Wohnung. Eine Art von Zufluchtsort bloß. Aber kein Heim. Nein, ich danke! Mögen sie sich dann lieber an einen andern wenden. Sagen Sie ihnen das, wenn sie wiederkommen.

Krovik.(schiebt die Brille auf die Stirn hinauf und sieht ihn stutzend an). An einen andern? Würden Sie die Arbeit abgeben?

Solneß(ungeduldig). Ja, ja doch, zum Teufel! Wenn's durchaus sein muß, dann – Lieber das, als so ins Blaue hineinbauen. (Herausplatzend.) Denn ich kenne ja die Leute noch so wenig!

Krovik.Die Leute sind solid genug. Ragnar kennt sie. Er geht mit der Familie um. Sehr solide Leute.

Solneß.Ach, solid – solid! Das ist's ja gar nicht, was ich meine. Du lieber Gott – verstehen auch Sie mich jetzt nicht mehr? (Heftig.) Ich will mit den fremden Menschen nichts zu schaffen haben. Mögen sie sich meinetwegen wenden, an wen sie wollen.

Brovik(erhebt sich). Ist das Ihr Ernst?

Solneß(mürrisch). Jawohl. – Für dies eine Mal. (Er geht durchs Zimmer.)

Brovik(wechselt einen Blick mit Ragnar).

Ragnar(macht eine warnende Gebärde).

Brovik(geht ins Vorderzimmer hinein). Gestatten Sie mir, ein paar Worte mit Ihnen zu reden?

SolneßSehr gern.

Brovik(zu Kaja). Geh da hinein derweile, du.

Kaja(unruhig). Ach, aber Onkel –

Brovik.Thu wie ich dir sage, Kind. Und schließ die Thüre hinter Dir zu.

Kaja(geht zögernd ins Zeichenzimmer hinein, wirft verstohlen Solneß einen ängstlich bittenden Blick zu und schließt die Thür).

Brovik(etwas gedämpft). Ich will nicht, daß die armen Kinder erfahren, wie schlecht es mit mir steht.

Solneß.Sie sehen auch wirklich recht elend aus in diesen Tagen.

Brovik.Mit mir ist's bald vorbei. Die Kräfte nehmen ab – von einem Tag zum andern.

Solneß.Setzen Sie sich ein wenig.

Brovik.Wenn Sie erlauben?

Solneß(rückt den Lehnstuhl ein wenig zurecht). Da, bitte. – Nun?

Brovik(hat mit Mühe Platz genommen). Ja, es handelt sich also um das da mit Ragnar. Das ist das allerschwerste. Was soll mit ihm werden?

Solneß.Ihr Sohn, der bleibt natürlich hier bei mir, so lange er nur will.

Brovik.Aber das ist's ja eben, was er nicht will. Nicht so recht mehr kann – wie ihm scheint.

Solneß.Nun, er wird denn doch ganz gut bezahlt, sollt ich meinen. Sollte er aber mehr verlangen, wäre ich nicht abgeneigt, ihm –

Brovik.Nein, nein! Das ist's durchaus nicht. (Ungeduldig.) Aber er muß doch auch einmal Gelegenheit bekommen, auf eigene Hand zu arbeiten.

Solneß(ohne ihn anzusehen). Glauben Sie, daß Ragnar dazu alle die rechten Anlagen hat?

Brovik.Nein, sehen Sie, das ist ja eben das Entsetzliche, daß ich angefangen habe, an dem Jungen zu zweifeln. Denn Sie sagten ja nie soviel wie – wie ein ermunterndes Wort über ihn. Aber dann scheint's mir wieder, es ist unmöglich anders. Er muß die Anlagen haben.

Solneß.Nun ja, er hat aber doch nichts gelernt – recht gründlich. Außer dem Zeichnen, versteht sich.

Brovik(blickt ihn mit geheimem Hasse an und sagt mit heiserer Stimme): Sie hatten auch nicht recht viel vom Fach gelernt, damals, als Sie bei mir im Dienste standen. Aber Sie machten sich dennoch auf den Weg. (Er holt mühselig Atem.) Und kamen vorwärts. Und überholten sowohl mich wie – wie so viele andere.

Solneß.Ja, sehen Sie, das fügte sich nun so für mich.

Brovik.Darin haben Sie recht. Alles fügte sich für Sie. Dann können Sie's aber auch nicht übers Herz bringen, mich ins Grab gehen zu lassen – ehe ich sehe, wozu Ragnar taugt. Und dann möchte ich die zwei ja auch gern verheiratet sehen – ehe ich scheide.

Solneß.(unwirsch). Ist sie es, die's so haben will?

Brovik.Kaja nicht so sehr. Aber Ragnar geht herum und redet jeden Tag davon. (Bittend.) Sie müssen – Sie müssen ihm jetzt zu irgend einer selbständigen Arbeit verhelfen. Ich muß