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Stella Tack

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Beschreibung

Eine Pianistin mit absolutem Gehör und ein skandalumwitterter DJ – kann ihre Liebe die Beats überstehen? Summer Price, als Klavier-Wunderkind bekannt, steht kurz vor der Aufnahme ins renommierte New York-Orchestra. Doch niemand ahnt, dass sie heimlich Melodien für die Songs ihres Zwillingsbruders Xander, einen skandalumwitterten DJ, komponiert. Eher unfreiwillig begleitet sie ihn auf das pulsierenden Beat it up-Festival. Nicht nur der Lärm und Trubel machen Summer zu schaffen, auch Xanders Erzrivale Gabriel bringt mit seinem Charme und seiner frechen Art ihr Herz in Aufruhr. Gegen jede Vernunft kommen sich die beiden näher – doch kann Summer dem geheimnisvollen DJ wirklich vertrauen? Spiegel-Bestsellerautorin Stella Tack entführt uns mit Beat it up in die aufregende Welt der DJs und spinnt eine humorvolle, prickelnde Liebesgeschichte voller Gegensätze. Ein mitreißender New-Adult-Liebesroman über die Kraft der Musik und die Herausforderungen der großen Liebe, der von der ersten bis zur letzten Seite fesselt.

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Beat it up

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Über dieses Buch

Summer Price ist wegen ihres absoluten Gehörs als Klavier-Wunderkind bekannt und steht kurz vor der Aufnahme ins New York-Orchestra. Niemand ahnt, dass sie heimlich Melodien für die Songs ihres Zwillingsbruders Xander schreibt, einen skandalumwitterten DJ. Eher unfreiwillig begleitet sie ihn auf das Beat it up-Festival. Doch nicht nur der Lärm und Trubel machen Summer zu schaffen, auch Xanders ärgster Konkurrent Gabriel wirbelt mit seinem Charme und seiner Unverschämtheit ihr Leben gehörig durcheinander. Gegen jede Wahrscheinlichkeit kommen sich die beiden näher – doch kann Summer Gabriel wirklich trauen?

Inhaltsübersicht

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

Danksagung

Leseprobe »LOVE IT UP«

1

»Das klingt absolut grauenhaft, Summer. Meine Ohren bluten gleich.«

Schmunzelnd sah ich auf. Meine Finger lagen immer noch auf der Quinte, deren Klang durch den Musiksaal hallte. Unter meinen Fingerspitzen fühlte sich das weiche Elfenbein beinahe schon warm an, und ich musste ein paarmal blinzeln, um ins Hier und Jetzt zurückzukehren. Dabei huschte mein Blick zur Uhr, die über der geöffneten Tür zum Übungssaal hing. Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich erkannte, dass es bereits kurz vor halb acht war. Ich hatte über vier Stunden gespielt und … Mein Blick wanderte zu dem Jungen mit dem sandfarbenen Haar, der im Türrahmen lehnte und mich schief angrinste.

»Shit! Ich habe unser Abendessen verpasst!«, platzte es aus mir heraus.

»Ja … wieder einmal«, seufzte Ethan und stieß sich mit seinen durchtrainierten Schultern am Türrahmen ab. Das Lacoste-Shirt spannte dabei an seinen Oberarmen, und seine Haarspitzen sahen noch nass aus, als hätte er gerade erst geduscht. Als er näher kam, stieg mir sein vertrauter Geruch nach Seife und frisch gemähtem Gras in die Nase.

»Hast du trainiert?«, erkundigte ich mich ein wenig irritiert, als mein Blick zu seinen Shorts hinunterglitt.

»Jep!« Ethan blieb vor mir stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Nachdem es für dich wohl Wichtigeres als mich gibt, musste ich ja ein bisschen Zeit totschlagen.«

Er guckte grimmig und beugte sich zu mir herab. Die breiten Schultern und der Bizeps, den er mir dabei sehr anschaulich präsentierte, waren erst mit dem Sportstudium gekommen, und ich ertappte mich in letzter Zeit immer wieder dabei, wie ich ihn heimlich anstarrte und mich fragte, wann er so männlich geworden war. Heiß wollte ich es nicht nennen, denn Ethan sexy zu finden war in etwa so, als würde ich meinen Bruder anziehend finden, und von beiden wusste ich, wie sie aussahen, wenn sie sich Pommes in die Nase steckten.

»Tut mir leid, ich habe die Zeit vergessen«, entschuldigte ich mich schwach und fuhr mit dem Finger den aufgeklappten Klavierdeckel entlang. Ein wenig Staub lag auf dem glänzenden schwarzen Lack.

»Darauf wäre ich nie gekommen«, neckte mich Ethan und pflanzte seine Einsachtzig neben mich auf den Klavierhocker, der so schmal war, dass ich praktisch auf seinem Schoß sitzen musste, um nicht herunterzufallen.

»Wie gut«, brummte er und begann in seinem alten blauen Rucksack zu wühlen, »dass ich ein guter Freund bin und weiß, dass Summer Price alles um sich herum vergisst, wenn sie Klavier spielt. Inklusive essen, trinken und atmen.«

Schwungvoll zog er seine Hand aus dem Rucksack und hielt mir ein leicht zerdrücktes Sandwich unter die Nase.

»Äh … danke? Ethan, ich will ja nicht unhöflich sein, aber wie lange liegt das schon dort drinnen?«, erkundigte ich mich misstrauisch und nahm das Brot mit spitzen Fingern entgegen.

Ethan schnaubte belustigt und holte ein zweites Sandwich heraus. Es sah sogar noch schlimmer aus als meines.

»Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Sei froh, dass sich zumindest einer von uns beiden darum kümmert, dass du nicht vor Hunger vom Klavierhocker fällst.«

»Dem letzten Gaul hatte ich aber leider eine Lebensmittelvergiftung zu verdanken«, zog ich ihn auf, begann jedoch brav, das Brot auszupacken.

Der Geruch von Pastrami und Mayonnaise stieg mir in die Nase, und prompt grummelte mein Magen. Ethan hatte recht, ohne ihn würde ich kläglich verhungern. Ich konnte mich nicht einmal wirklich daran erinnern, ob ich gefrühstückt hatte. Doch, hatte ich! Zumindest wenn man einen Pop-Tart als Frühstück zählte.

»Das war doch keine Lebensmittelvergiftung!« Ethan holte zwei Trinkpäckchen heraus und pikte mir den Strohhalm ins Plastik wie einem kleinen Kind.

»Doch, ich lag eine Woche lang kotzend im Bett«, lachte ich und nahm einen Schluck Apfelsaft. Der kühle, süße Geschmack rann über meine Zunge, und der Nebel in meinem Kopf, den die Musik immer in mir auslöste, verzog sich allmählich.

»Nein, das war die Frühlingsgrippe. Die hatte damals jeder«, behauptete Ethan gut gelaunt, während er sich herabbeugte und, ohne zu fragen, aus meinem Halm trank. Das tat er bereits, seit wir uns kannten, sodass es mich nicht wirklich störte, trotzdem brachte ich den Saft schnell in Sicherheit. Wenn Ethan einmal anzog, blieb meistens nichts mehr übrig.

»Wie war dein Tag?«, wechselte ich das unschöne Thema und biss im gleichen Augenblick wie er ins Sandwich.

»Gu…«, setzte Ethan an, aber weiter kam er nicht.

»Um Himmels willen«, nuschelte ich um den muffigen Bissen in meinem Mund herum.

»Das schmeckt ja furchtbar«, stimmte mir Ethan mit vollem Mund zu.

Wir würgten beide. Ich spuckte das Brot in die Folie zurück und musste gleichzeitig lachen, weil Ethan um die Nase herum immer grüner wurde.

»Vielleicht war es doch schon länger in der Tasche«, brachte er heraus.

Gierig trank ich meinen Saft leer, um den verdorbenen Geschmack auf meiner Zunge loszuwerden. Wer hätte gedacht, dass Pastrami so fies schmecken konnte?

»Okay, Plan B: Ich habe vorhin so was wie einen Apfel in meiner Tasche gesehen, vielleicht ist er noch da«, sagte Ethan, und zu meinem Entsetzen verschwand er erneut in der Tiefe seines Rucksacks.

»Himmel, Ethan, Gnade!« Ich zog seine Hände heraus und hielt sie verzweifelt fest. »Wahrscheinlich hat er Füße bekommen und ist weglaufen. Nichts mehr zu essen, bitte.«

Ethan lachte, was seine dunkelbraunen Augen aufblitzen ließ. Sie waren mandelförmig und erinnerten daran, dass ein Teil seiner Familie von den Philippinen kam. Seine Haut besaß einen feinen bronzefarbenen Ton, doch das dunkelblonde Haar hatte er von seinem Dad, und nach der Dusche sah es aus wie nasser Sand.

Seine Hände schlossen sich fester um meine, und sein Daumen strich sanft über meine Fingerknöchel. Ein warmes, beinahe schon kribbelndes Gefühl stieg in mir auf. Ein Ziehen, das mich in letzter Zeit zunehmend irritierte. Es war im Grunde vollkommen normal, dass Ethan mich berührte. Wir kuschelten, wenn wir miteinander Fernsehen guckten, wir hielten Händchen, wenn wir spazieren gingen, wir schliefen sogar regelmäßig im selben Bett. Aber irgendetwas war in den letzten Wochen anders zwischen uns geworden. Besonders dann, wenn er mich berührte. Ich war mir nicht sicher, ob er es einfach öfter tat oder auf andere Weise, aber meine Reaktion war jedes Mal eine Mischung aus Verwirrung und Aufregung, in die sich eine schiefe Note von Verunsicherung stahl.

Schnell ließ ich seine Finger los und begann, die Notenblätter vor mir zu sortieren, an denen ich die letzten Stunden über gearbeitet hatte. Es sollte eine kleine Sonate werden, und von den geplanten zehn Seiten fehlten mir noch zwei. Die Musik war heute ein wenig schwerer und träger geflossen als sonst, wie man an den vielen verbesserten Noten und wild durchgestrichenen Zeilen sehen konnte.

Ethan schenkte mir sein typisches offenherziges Lächeln und senkte langsam die Hände. »Sollen wir dann lieber in die Cafeteria gehen? Tyson und ein paar meiner Kommilitonen haben mich vorhin eingeladen.«

Ich zögerte und sah wieder zur Uhr hinauf. Es war Freitag. Heute gab es an der NAU, der Northern Arizona University, viele Abendkurse, und die Mensa war sicher randvoll mit Menschen. Es war nicht so, als hätte ich etwas gegen Tyson oder gegen Menschen allgemein, doch was mich zögern ließ, war der Lärm, den sie machten.

Als Ethan mein Zögern bemerkte, wurde sein Blick sanft, was mich immer ein wenig an Bambi erinnerte. »Kein guter Tag heute?«, fragte er besorgt.

»Nicht so«, nuschelte ich und bekam prompt ein schlechtes Gewissen, als ich den Schatten von Enttäuschung über sein Gesicht huschen sah.

»Gut, dann gehen wir einfach zu mir nach Hause, ja? Es ist Hackbraten-Freitag, und ich liebe Hackbraten, vor allem den von meiner Mum«, sagte er und stand auf.

Ich biss mir in die Innenseite meiner Wange und spürte, wie das schlechte Gewissen mir einen Stich versetzte. Es war schon das dritte Mal in den letzten beiden Wochen, dass er den Abend mit mir allein verbringen musste, obwohl mir klar war, dass er sich gerne mit seinen Kommilitonen getroffen hätte. Es war ja nicht so, dass ich keine Zeit mit Tyson und den anderen verbringen wollte. Ethans Freunde waren allesamt cool und umgänglich – alle, außer Tyson –, nur reagierte ich in letzter Zeit sogar noch empfindlicher auf Lärm als sonst. Die Kopfschmerzen waren inzwischen kaum noch in Schach zu halten und störten sowohl meine Selbstbeherrschung als auch meine Konzentration, was sich vor allem in dem Geschmiere, das ich die letzten Tage fabriziert hatte, niederschlug. Musik war es jedenfalls keine.

»Du hasst Hackbraten, vor allem den von deiner Mum«, erinnerte ich ihn.

»Ach, so schlimm ist es auch wieder nicht. Zumindest hat sie aufgehört, ihn aus Tofu zu machen«, log er, obwohl wir beide wussten, von wem er sein mangelndes Talent für essbare Nahrung geerbt hatte.

Ich seufzte, während ich meine Notenblätter fein säuberlich in eine Mappe legte und diese in meiner Tasche verstaute. Überall auf den hellen Stoff hatte Ethan lustige kleine Cartoons gekritzelt, manche so alt, dass man sie kaum noch erkennen konnte. Ethan hatte schon immer unglaublich gut zeichnen können. Als wir beide vor drei Jahren an der NAU zu studieren begonnen hatten, war ich überzeugt gewesen, dass er Kunst als Hauptfach belegen würde. Als er mir sagte, seine Wahl sei stattdessen auf Sport gefallen, dachte ich erst, er wolle sich über mich lustig machen. Ethan war damals in etwa so sportlich gewesen wie ich eine begabte Zeichnerin, also gar nicht. Trotzdem schrieb er sich für Sport ein und brachte es innerhalb kürzester Zeit von lang, dünn und unscheinbar zu groß, muskulös und einem der beliebtesten Studenten an der NAU.

In dieser Zeit, als er plötzlich umringt war von neuen Freunden und nicht allzu wenigen Frauen, hatte ich Angst bekommen, dass er mich links liegen lassen könnte. Aber Ethan hatte nie – kein einziges Mal! – aufgehört, mein bester Freund zu sein. Egal, ob sein Terminplan vor Trainingseinheiten geplatzt war oder er für die Prüfungen gebüffelt hatte, egal, ob er eine Freundin gehabt hatte oder nicht: Jede freie Minute hatte er mit mir verbracht. Wie immer. Und wenn eine seiner Freundinnen sich darüber beschwerte, war sie nicht mehr lange seine Freundin geblieben. Ethan war der loyalste und liebevollste Mensch, den man sich an seiner Seite wünschen konnte. Wenn er liebte, tat er es mit ganzem Herzen. Ich dagegen hielt ihn nur zurück. Ein Mal, ein einziges Mal konnte ich mich doch zusammenreißen. Für Ethan. Das war ich ihm schuldig.

»Weißt du was?«, unterbrach ich die Stille zwischen uns und wuchtete entschlossen die Tasche über meine Schulter. »Gehen wir in die Mensa.«

Überrascht sah Ethan auf. »Was? Nein, das musst du nicht, Summer. Ich verstehe, wenn du Ruhe brauchst. Vor allem, wenn es dir nicht gut geht.«

»Mir geht es gut«, flunkerte ich und hakte mich bei ihm unter.

»Aber …«

»Nichts aber. Wenn es mit meiner Sozialkompetenz weiter so bergab geht, werde ich irgendwann zum Höhlenmenschen und gebe nur noch Grunzlaute von mir.« Entschlossen klappte ich den Deckel des Klaviers zu. Mein Spiegelbild sah mir kurz entgegen. Das lange blonde Haar straff zurückgebunden, die braunen Augen ein wenig rot vor Müdigkeit, und da war das kleine Grübchen an meinem Kinn, das mein ansonsten sehr markantes Gesicht weicher erscheinen ließ.

»Alles okay?« Ethans sanftes Streicheln an meinem Nacken ließ mich seufzen.

»Ja, komm …« Ich wandte dem Klavier den Rücken zu und zog Ethan aus dem Musikraum hinaus.

Normalerweise musste man sich auf einer Liste eintragen, wenn man hier üben wollte. Ich hatte jedoch eine Art Sondergenehmigung und durfte spielen, wann immer ich wollte. Irgendeinen Vorteil musste es schließlich haben, das Klavier-Wunderkind der NAU zu sein.

Ethan sah mich mit sanften Augen an. Seine Hand stahl sich in meine und drückte sie. Einmal, zweimal. Unser geheimes Zeichen, dass wir uns lieb hatten. Ja, das war kitschig, aber als Sechsjährige war uns das ziemlich egal gewesen. Und jetzt offensichtlich immer noch.

»Danke«, sagte er nur und hauchte mir einen Kuss auf die Wange.

Mein Magen kribbelte wieder. Ich schenkte ihm ein schiefes Lächeln, während wir Richtung Mensa gingen. An einer kleinen Uni wie der NAU zu studieren hatte den Vorteil, dass man nicht jedes Mal kilometerweit laufen musste, um von einem Ende zum anderen zu kommen. Die NAU bestand aus insgesamt vier alten Backsteingebäuden. Sie waren mit modernen Glasgängen verbunden, durch die man auf den gepflasterten Innenhof blicken konnte. Da das Wetter heute ungewöhnlich schlecht gewesen war und die Wolken immer noch tief hingen, war es draußen bereits dunkel, sodass ein paar grelle Lichter die Gänge erhellten. Der Lärm der Mensa war schon im Turnhill-Gebäude, in dem der Wirtschaftszweig unterrichtet wurde, zu hören. Ethan, der mir Anekdoten über seinen Biologieprofessor erzählte, hob, ohne es zu merken, die Stimme.

»Er hat sich heute wieder mal selbst übertroffen. Tyson und ich saßen in der ersten Reihe und hätten trotzdem noch ein Hörgerät gebraucht, um ihn zu verstehen. Inzwischen sind wir uns nicht mehr sicher, ob sein gigantischer Bart sämtliche Laute verschluckt oder ob er unter Logophobie leidet. Die Wetten laufen noch, du kannst also jederzeit einsteigen.«

»Ich tippe auf den Bart, das Ding sieht aus, als wäre ein kleiner Bär auf seinem Gesicht gestorben«, gab ich zurück und hielt Ethans Hand unwillkürlich fester, als die Mensa in Sicht kam. Langsam atmete ich ein und aus. Ich konnte das.

»Wie er wohl ohne dieses Gestrüpp im Gesicht aussieht?«, rätselte Ethan.

Aus der Mensa drang lautes, schrilles Lachen, und etwas zerbrach klirrend. Ich zuckte zusammen, als der Klang schmerzhaft auf meine Ohren traf, und tastete unauffällig nach den Ohrstöpseln in meiner Tasche. Die kleine Schachtel lag noch genau dort, wo ich sie heute Morgen verstaut hatte, und allein das Wissen, dass sie da war, beruhigte mich so weit, dass ich den Schritt in die Mensa wagen konnte. Einer, zwei, dann noch einer, während ich über Ethans Geplapper hinweg unauffällig die Leute musterte. Tatsächlich war nicht so viel los, wie ich befürchtet hatte. Nur etwa die Hälfte der Tische war besetzt, und den meisten Lärm verursachten ein paar Freshmen, die nun aber mitten im Reden verstummten und mich mit großen Augen ansahen.

»Ey, Wunderkind, wir sind hier drüben«, grölte Tyson.

Klasse. War ja klar, dass der seine Klappe nicht halten konnte, damit auch wirklich jeder wusste, wer hier gerade hereinspaziert kam. Jetzt schien die ganze Mensa beim Essen innezuhalten und uns anzustarren. Die gespannte Aufmerksamkeit war mir beinahe so unangenehm wie der Lärm, der zuvor geherrscht hatte. Ethan tat so, als würde er nichts bemerken, beschleunigte aber unauffällig seine Schritte. Als wir uns endlich durch den Tisch- und Stuhldschungel gekämpft hatten, sprang Tyson auf und verbeugte sich mit viel Händegefuchtel vor mir.

»Mylady, bitte lasst mich Euch meinen bescheidenen Platz anbieten. Es ist mir wie immer eine unglaubliche Ehre, mit Euch dinieren zu dürfen.«

»Danke Tyson, wie freundlich von dir«, erwiderte ich amüsiert und setzte mich an den Tisch, während er sich selbst einen anderen Stuhl schnappte und sich verkehrt herum daraufsetzte.

»Hey Mann, mach nicht immer so ein Theater, das ist megapeinlich!«, sagte Ethan und ließ sich neben mich fallen.

»Peinlich?«, fragte Tyson und riss schockiert die blauen Augen auf. »Ich und peinlich? Pardon, der Herr, ich glaube, mich verhört zu haben. Wenn überhaupt, kann man meinen Umgangs…«

»Oh, hör auf zu labern, Ty«, unterbrach ihn Sheyla, ein Mädchen mit pinken Haaren, und verpasste dem Schauspielstudenten eine heftige Kopfnuss, die ihn aufjaulen ließ. »Tut mir leid, Summer, wir nehmen gerade Shakespeare durch, und seitdem hält Ty sich für Hamlet.«

»Au! Sheyla, das ist körperliche Gewalt!«, jammerte Ty und versuchte hektisch, seine Frisur wieder in Ordnung zu bringen.

»Schon gut, Sheyla«, versicherte ich ihr und strich mir eine honigblonde Haarsträhne hinters Ohr. »Ich weiß doch, wie Tyson ist.«

»Sein Ego entspricht der Wurzel zum Quadrat seiner großen Klappe«, witzelte Ethan, während er seine Geldbörse aus der Tasche zog. »Das Übliche?«, wandte er sich an mich. Ich nickte, und er verschwand in Richtung Essensausgabe.

»Mann …«, seufzte May, die Ethan unverhohlen hinterherstarrte. Sie war im vorletzten Semester, doch sonst wusste ich nichts von ihr, außer dass sie zusammen mit Ty und Sheyla Schauspiel studierte. »Kann es sein, dass die Sportstudis gerade die Gesäßmuskulatur durchgehen? Oder war der schon immer so knackig?«

»Ich weiß, was du meinst«, sagte Sheyla versonnen. »Ich überlege die ganze Zeit, wie ich mich in den Kunstkurs einschleichen kann. Die nehmen nächste Woche Aktzeichnen durch, und Ethan soll Modell stehen.«

Tyson und ich verzogen gleichzeitig das Gesicht. Ich war es gewohnt, dass die Mädchen von Ethan schwärmten. Aber wie gesagt, ich erinnerte mich noch, wie er sich als Zehnjähriger Pommes in die Nase gesteckt hatte. Sie nicht.

»Themawechsel, Mädels, sonst bekomme ich Ethans Arsch den ganzen Abend nicht mehr aus dem Kopf«, brummte Ty.

Sheyla schenkte ihm ein süßes Lächeln. »Eifersüchtig?«

»Eher verstört. Wegen euch!«

»So was von eifersüchtig«, stichelte May.

Sie lachten, und ich musste mit einstimmen. Vor allem, weil Tyson aussah, als wollte er die beiden erwürgen. Stattdessen rümpfte er die Nase und legte einen Arm um meine Schultern.

»Ich mag euch nicht mehr. Meine neue beste Freundin ist jetzt Summer. Komm, Summer, wir ignorieren zusammen das Fußvolk.«

»Fußvolk?«, echote May empört.

Ty grinste sie an. »Tja, soweit ich weiß, hast nicht du letzte Woche den Gina-Bachauer-Preis in Salt Lake abgeräumt.«

Und da waren wir wieder. Ich seufzte unwillkürlich, dann lächelte ich schwach.

»Wahnsinn«, stieß Sheyla hervor, »du hast ihn wirklich gewonnen? Ist das nicht einer der größten hier in den Staaten?«, fragte sie mich beeindruckt.

»Ja, habe ich, und ja, ist er«, sagte ich und warf Tyson einen scharfen Blick zu. »Auch wenn das erst nächste Woche bekannt gegeben werden sollte.«

»Wer sagt das?«, winkte er lässig ab. »Es können ruhig alle wissen, was für ein Wunderkind mit uns am Tisch sitzt.«

»Oh, ich glaube, das wissen schon alle«, murmelte May und warf mir einen schiefen Blick zu.

»Was wissen schon alle?«, fragte Ethan und sah mit gerunzelter Stirn zu Tyson hinüber, dessen Arm noch immer um meine Schultern lag.

Dieser erwiderte den finsteren Blick, indem er zweideutig mit den Augenbrauen wackelte. »Dass deine kleine Summer in Salt Lake allen anderen Musikfritzen einen Tritt in den gepuderten Arsch verpasst hat!«, grinste er.

»Wie konntest du ihm nur davon erzählen?«, fragte ich gequält und versuchte, Tys Arm abzuschütteln, was sich als ähnlich schwierig herausstellte, wie einen Oktopus loszuwerden. Erst als ich ihn zu zwicken begann, ließ er aufheulend los.

»Sorry. Ist mir gestern vor lauter Stolz rausgerutscht«, gestand Ethan verlegen und stellte mir das Essen hin. »Aber ich schwöre, ich vertraue ihm nie wieder etwas an.«

»Papperlapapp, ich habe das Video von deinem Auftritt gesehen, Summer. Du warst der Knaller«, sagte Tyson und sah mich mit einer Art Schlafzimmerblick an. »Wir hätten nicht nur unglaublich gut aussehende, sondern auch unglaublich talentierte Babys miteinander. Wie wär’s denn mit uns beiden?« Er wackelte erneut mit den Augenbrauen und handelte sich dabei prompt die nächste Kopfnuss von Sheyla ein. »Aua! Hast du heute was gegen mich?«, jammerte er.

»Du hast es gefilmt?«, fragte ich Ethan vorwurfsvoll, der mit einem seiner entwaffnenden Bambiblicke antwortete. Aufseufzend machte ich mich über meinen Burrito her.

»Es war zu genial, um es nicht zu tun, Summ. Du hast alle in diesem Saal umgehauen.«

»Warst du bei dem Auftritt dabei, Ethan?«, fragte May und stocherte in ihrem Salat herum.

Ethan warf sich gerade einen Burger ein und nickte. »Ja, bin immer bei Summers Auftritten dabei«, sagte er mit vollem Mund.

»Das ist aber süß von dir«, seufzte May und klimperte mit ihren eindeutig falschen Wimpern in Richtung meines besten Freundes.

Der zuckte nur mit den Schultern. »Ist doch selbstverständlich. Außerdem braucht Summer jemanden, der für sie den Weg findet, sonst würde sie sich andauernd verlaufen.«

Er lachte, als ich ihm meinen Ellbogen in die Seite stieß. »Gar nicht wahr«, verteidigte ich mich, obwohl wir beide wussten, dass er recht hatte. In einer fremden Stadt war die Wahrscheinlichkeit, dass ich nicht im Konzertsaal, sondern in einer Eishockeyhalle landete, ziemlich hoch. Alles, was nicht Flagstaff war, verwirrte mich. Ich brauchte meine vertraute Umgebung, Ruhe, Ordnung. Alles, was davon abwich, machte mich nervös. Früher hatten sich meine Eltern zwischen ihren eigenen Auftritten hin und wieder die Zeit genommen, mich zu begleiten. Schöne Erinnerungen, in denen sie stets in der ersten Reihe gestanden und mir mit leuchtenden Augen applaudiert hatten. Mit der Betonung auf hatten. Viel hatte sich in den letzten Jahren geändert, und genauso brüchig wie ihre Ehe war die Aufmerksamkeit geworden, die sie mir schenkten. Nur Ethan war immer an meiner Seite geblieben. Ohne ihn wäre ich absolut aufgeschmissen. Er war die Konstante in meinem Leben. Er war meine Ordnung. Ich lächelte, als mein Blick Ethans traf, und hörte im gleichen Moment, wie Sheyla verträumt seufzte: »Ihr seid so süß.«

»Ja, ein bisschen wie ein altes Ehepaar«, warf Tyson ein.

»Wir sind Freunde«, stellte ich klar.

»Ihr seid das perfekte Paar«, hielt Sheyla dagegen.

»Man nennt euch König und Königin des Campus.«

Ich hielt im Kauen inne und spürte, wie sich mein Magen zusammenzog. Vorsichtig legte ich den letzten Bissen auf meinem Plastikteller ab und wischte mir die Finger an der Serviette sauber. »Das wäre, als würde ich meinen Bruder daten«, sagte ich schaudernd.

Ethan runzelte die Stirn. »So schlimm wie Xander bin ich nun auch wieder nicht.«

»Du hast einen Bruder?«, fragte May neugierig.

Ich nickte nur und nahm einen großen Schluck von meinem Wasser. Schnell das Thema wechseln. So tun, als wäre nicht … so tun, als ob …

»Sogar einen Zwillingsbruder«, posaunte Ty heraus. Arrrgh!

»Tyson!«, sagte ich scharf, doch der war ganz versessen darauf, den Klatsch loszuwerden.

»Und nicht nur das. Ratet mal, wer er ist.«

Ich stöhnte, als die Mädchen ihn mit großen Augen ansahen.

»Ty, lass es«, warnte Ethan.

»Spielt er auch Klassik wie du?«, fragte Sheyla neugierig.

»Nein, tut er nicht«, antwortete ich und sah, wie Tysons Augen vor Sensationsgier aufleuchteten.

»Oh nein. Summers Bruder ist Xander Price. Du kennst ihn. Gestern bist du im Spanks zu seiner Musik ganz schön abgegangen«, sagte er süffisant und warf theatralisch sein Haar nach hinten.

»Also ist er auch Musiker?«, hakte May nach.

»Nein, er ist …«

»… DJ«, platzte Ty erneut dazwischen. »Er ist PriceX.«

Die Mädchen schnappten nach Luft.

»Danke, Tyson«, seufzte ich und tauschte einen leicht genervten Blick mit Ethan.

»D…dein Zwillingsbruder ist der DJ PriceX?«, fragte mich Sheyla mit einer Stimme, die klang, als wäre mein Bruder die Queen.

»Ist er hier auf die Uni gegangen?«, fragte May fast im gleichen Augenblick.

»Ja, ist er, und nein, ist er nicht«, antwortete ich knapp.

»Er hat nie ein College besucht«, warf Ethan ein.

»Ich habe ihn einmal getroffen«, schwärmte Ty und sonnte sich sichtlich in der Aufmerksamkeit der beiden Mädchen. »Er ist so was von cool!«

»Moment, du warst nur einmal dabei, als er mich angerufen hat«, stellte ich klar.

Tyson winkte ab. »Ich habe seine Stimme gehört. Das zählt als Treffen. Außerdem sind wir Facebook-Freunde.«

»Jaaa, wie ungefähr vier Millionen andere Menschen auch«, erwiderte ich.

»Du bist so ein Holzkopf, Ty«, sagte May amüsiert.

Ich hoffte schon, dass sie das Thema jetzt fallen lassen würden, doch Sheyla sah mich immer noch mit diesen beunruhigend glänzenden Augen an. Wegen Blicken wie diesem versuchte ich, meinen Bruder so selten wie möglich zu erwähnen. Sobald die Leute herausfanden, dass ich mit PriceX verwandt war, löcherten sie mich mit Fragen, und je lauter es um mich herum wurde, desto mehr wuchs meine Nervosität. Die Sache war natürlich kein Geheimnis, aber eigentlich war ich ganz froh, dass es an der Uni all die Jahre noch nicht die Runde gemacht hatte. Bis Tyson kam. Ich warf dem Schuldigen einen finsteren Blick zu, den er unschuldig erwiderte.

»Kommt dein Bruder oft zu Besuch?«, fragte Sheyla, und ihre Stimme klang eine Spur zu hoch.

»Nein, leider gar nicht«, antwortete ich knapp.

»Oh, warum nicht?« Sie war sichtlich enttäuscht.

»Er … hat viel zu tun«, murmelte ich ausweichend und sah Ethan an, damit er merkte, wie unwohl ich mich zu fühlen begann.

»Also, Leute, wir gehen dann mal«, sagte dieser sofort und stand geräuschvoll auf.

»Was? Nein! Wir wollten doch heute wieder ins Spanks, Mann«, rief Tyson empört.

»Sorry, heute nicht. Summer und ich haben noch die letzte Staffel Vampire Diaries vor uns.«

»Vampire Diaries?«, fragte Ty entsetzt, während May leise lachte. »Sie zwingt dich, das zu sehen?«

Eigentlich zwang Ethan mich, aber das musste ja keiner wissen.

»Ja, sorry, Leute, Damon geht vor«, sagte ich und stand ebenfalls auf.

»Summer kann doch mit ins Spanks gehen«, schlug Tyson vor und sah mich treuherzig an.

»Nein danke, Ty. Das nächste Mal vielleicht«, log ich und nahm die Hand, die Ethan mir entgegenhielt. »Bis dann.«

Ich winkte, während wir uns von der Gruppe entfernten. Der Lärm der vielen Menschen war wie ein ständiges Pulsieren in meinem Kopf, das erst nachzulassen begann, als wir die Mensa endlich verließen. Nach ein paar Schritten blieb ich kurz stehen und holte tief Luft.

»Hey, Summ, alles okay?«, flüsterte Ethan mir ins Ohr.

Sein Atem kitzelte meine Ohrmuschel und jagte einen Schauer über meinen Rücken. Unwillkürlich rückte ich ein Stück von ihm ab und schenkte ihm ein Lächeln.

»Ja, war gar nicht so schlimm wie befürchtet«, sagte ich. »Aber hör mal, wenn du mit den anderen noch ins Spanks willst, dann geh ruhig. Ich kann auch …«

»Oh nein«, schnaubte mein bester Freund und zog mich zum Ausgang. »Als ob ich wegen Ty und seiner stümperhaften Imitation eines tanzenden Rasenmähers Damon verpassen wollte.«

Ich lachte und verschränkte meine Finger mit seinen. Was würde ich nur ohne Ethan machen?

2

»Damn it, ich finde Klaus einfach heiß!«

Prustend hob ich meinen Kopf von Ethans Brust. »Es klingt irgendwie falsch, wenn du so was sagst.«

»Aber es ist doch wahr«, seufzte er und grinste auf mich herab.

Popcorn hing ihm im Haar. Keine Ahnung, wie das dorthin gekommen war, aber Ethan war ein Meister darin, mehr Essen auf sich als in sich hineinzubefördern. Ich klaubte ihm das salzige Popcorn vom Kopf und warf es mir in den Mund.

»Es ist schon ziemlich spät«, gähnte Ethan. »Wann genau kommen deine Eltern aus Maine zurück?«

»Um halb neun, glaube ich.«

»Morgens?«

»Morgens«, echote ich und kuschelte mich wieder an seine Brust.

Ethan begann mit meinen Haaren zu spielen. Normalerweise trug ich sie in einem strengen Zopf oder Knoten, da sie mich beim Klavierspielen störten, doch sobald ich zu Hause auf dem Sofa lag, öffnete ich sie, was sich fast genauso gut anfühlte, wie die engen hohen Schuhe abzustreifen. Doch das machte ich meistens heimlich oder höchstens mit Ethan als Zeugen. Nachdem mein Bruder Xander bereits mit sämtlichen Konventionen gebrochen hatte, lag es an mir, die Nerven meiner Mum ruhig zu halten. Die letzten zwei Jahre hatte ich versucht, die Lücke zu füllen, die mein Bruder in der Familie hinterlassen hatte – und war immer wieder gescheitert. Schließlich war ich zu der Einsicht gelangt, dass ich meine Mutter am besten mit augenscheinlicher Perfektion zufriedenstellen konnte. Also hatte ich begonnen, mich zu verändern: T-Shirts waren Blusen gewichen, Chucks High Heels, und statt Lippenbalsam mit Bubblegum-Geschmack trug ich ein tiefes Rot, das nicht nur meine Lippen voller, sondern auch mein ganzes Gesicht älter wirken ließ. Es mochte seltsam klingen, aber seit dieser Veränderung schien meine Mutter endlich wieder im Reinen mit sich selbst zu sein.

Dass ich deswegen an der Uni den Spitznamen Eisprinzessin verpasst bekam, war ein kleines Übel, das ich gerne in Kauf nahm. Zu dem Spitznamen trug wahrscheinlich auch die Tatsache bei, dass ich mich oft zurückzog und nur wenig Kontakt mit anderen Studenten hatte. Aber ich tat das nicht, weil ich mich für etwas Besseres hielt. Es gab schlichtweg Tage und sogar Wochen, in denen schon allein der Alltag für mich so schwer zu bewältigen war, dass mein Aspirinkonsum beängstigende Ausmaße annahm. Ein Wunderkind zu sein war eben nicht immer der Knaller.

»Woran denkst du?«, unterbrach Ethan meine Grübelei.

Ich sah auf und merkte, dass Netflix kurz davor war, auf die nächste Episode zu springen. »Ethan …« Zögerlich rückte ich von ihm ab und zog die Beine an. »Halten mich Tyson und die anderen eigentlich für arrogant?«, fragte ich leise und sah, wie sich Ethans Kiefermuskeln anspannten.

»Nein, natürlich nicht. Wie kommst du denn auf so was?«

Ich lächelte schief. »Ich habe Ohren, die sehr gut hören. Ich weiß doch, was alle sagen.«

»Und was sagen sie?«, fragte Ethan finster.

Ich seufzte und bereute bereits, das Thema angeschnitten zu haben. Aber wir hatten bald Sommerferien, das letzte Trimester an der Uni stand vor der Tür, und während ich mich mit Ty und den anderen unterhalten hatte, war mir einmal mehr aufgefallen, wie … isoliert ich bisher gelebt hatte.

»Sie halten mich für eine zickige Eisprinzessin«, sagte ich unglücklich.

Ethan zog die Augenbrauen zusammen. »Tun sie nicht. Und sollte das einmal jemand in meiner Gegenwart sagen, dann tut er das kein zweites Mal, weil er dann nämlich keine Zähne mehr hat.«

Ich verdrehte die Augen und stieß ihm meinen Ellbogen in die Seite. »Im Ernst, Ethan. Ich weiß, dass dir Tyson und die anderen wichtig sind, und ich will mich gerne mit ihnen anfreunden, aber sie wundern sich bestimmt, warum ich die ganze Zeit in meinem Zimmer sitze und niemals ausgehe.«

»Sie wissen, dass du sehr lärmempfindlich bist«, sagte Ethan sanft, hob eine Hand und streichelte mein Ohr. Ich schauderte. »Auch wenn sie nicht verstehen, wie es ist, mit einem derart sensiblen Gehör leben zu müssen. Selbst ich tue mich manchmal schwer, das nachzuempfinden, und ich kenne dich immerhin schon mein ganzes Leben lang. Aber am wichtigsten ist, dass es dir gut geht. Und wer dich nicht so akzeptiert, wie du bist, der hat deine Freundschaft nicht verdient. Du bist ein wundervoller Mensch, Summer, und jeder, der sich ein paar Minuten Zeit nimmt, dich kennenzulernen, merkt das auch.«

»Du bist so ein Optimist«, sagte ich und spürte, wie mir das Herz warm wurde.

Diesmal zuckte ich nicht zurück, als Ethan mir über die Wange strich. Er lächelte glücklich, und das Braun in seinen Augen geriet in Bewegung. Wieder setzte dieses Kribbeln in meinem Magen ein. Er hob sich, als würde ich einen Looping fahren. Und wieder war ich mir nicht sicher, ob ich dieses Gefühl mochte oder nicht. Ethans Geruch stieg in meine Nase und ließ mich schwindelig werden.

»Summer …«, flüsterte Ethan, während sein Gesicht sich meinem langsam näherte. »Es gibt da etwas, das ich schon länger mit dir besprechen möchte …«

»Mhm?«, flüsterte ich zurück und sah fasziniert, wie er immer näher kam, bis ich seinen Atem an meiner Wange fühlen konnte. Er roch ganz leicht nach salzigem Popcorn und süßer Schokolade.

Ethan schluckte. Die Bewegung ließ seinen Adamsapfel hüpfen, und er biss sich nervös auf die Lippen. Unsere Blicke trafen sich, und obwohl seine Augen mir so vertraut waren wie meine eigenen, glaubte ich, darin etwas zu sehen, das ich noch nie zuvor gesehen hatte. Er wirkte beinahe … sehnsüchtig. Seine Zähne ließen die Unterlippe los, die ein wenig rot wurde. Unsere Nasenspitzen berührten sich, und meine Muskeln spannten sich an, um … Ja, um was? Aufzuspringen? Näher zu kommen? Zu flüchten?

»Summer …«, wisperte er, »ich würde gerne …«

Ein lautes Muhen unterbrach uns.

»Muh!«

»Shit!«

Wir fuhren auseinander. Wütend starrte Ethan sein Handy an, das unschuldig vor uns auf dem Wohnzimmertisch lag und Kuhgeräusche von sich gab.

»Muuuuh! Muuuuh!«

Das Muhen wurde umso lauter und eindringlicher, je länger wir das Handy anstarrten. Ich verkniff mir ein Lachen, als Ethan es sich endlich schnappte und den grünen Button drückte.

»Verdammt schlechter Zeitpunkt, Ty!«, schnauzte er seinen Kommilitonen an und fuhr sich durch das dunkelblonde Haar. »Außerdem, hast du meinen Klingelton verändert? Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du die Finger von meinem Zeug lassen sollst?«

Was Tyson antwortete, verstand ich nicht, doch es ging noch eine Weile hin und her, während Ethan in seine Schuhe schlüpfte. Mit einem Knurren legte er auf.

»Probleme?«

Ethan schnaubte. »Mit Ty? Immer!« Sichtlich angepisst, stieß er in die Ärmel seines blauen Hoodies. »Dieser Idiot und Sheyla haben es im Spanks ein wenig zu wild getrieben und brauchen ein Opfer, das sie nach Hause fährt.« Ich lächelte, er lächelte, und irgendwie fühlte sich die Situation seltsam an. Ethans Blick blieb einen Moment zu lange an meinen Lippen hängen. »Also, ähm, ja … bis morgen«, stotterte er, wuschelte mir durchs Haar, als wäre ich fünf Jahre alt, und flüchtete praktisch zur Tür hinaus. Seufzend schaltete ich den Fernseher aus. Ich mochte Filmmusik, aber gerade bei Serien war die nicht immer gut eingespielt, und jeder leicht schiefe Ton verursachte mir Kopfschmerzen. Um meinen Gedanken ein wenig Ruhe zu gönnen, legte ich klassische Musik auf und ging die Stufen zu meinem Zimmer nach oben.

Selbst dort war der Perfektionismus meiner Mutter kaum zu übersehen. Alles hatte seinen Platz. Die Bücher standen in Reih und Glied, und falls mich spontan die Lust zu spielen überkam und ich dafür nicht nach unten ins Musikzimmer gehen wollte, wartete unter dem Fenster ein glänzendes Keyboard. Das Einzige, was sich der Kontrolle meiner Mutter entzog, waren meine Noten. Sie waren im ganzen Raum verteilt. Sie klebten mit Tesafilm an den Wänden, bedeckten meinen Schreibtisch, und selbst an der Decke hingen ein paar Zettel. Angefangen mit Kompositionen, die ich als Zehnjährige verfasst hatte, bis hin zu den kleinen Melodien, die ich manchmal beim Frühstück summend auf eine Serviette kritzelte. Selbst auf Klopapier komponierte ich hin und wieder. Ich war wirklich ein kleiner Freak, aber ich konnte es nicht zurückhalten. Musik war in meinem Kopf, Musik war in meiner Seele, und wenn ich die Augen schloss, träumte ich von einer Melodie, die mich mit sich forttrug, bis ich selbst zu Musik wurde. Mein Vater hatte einmal im Scherz behauptet, dass ich keine Adern, sondern Notenlinien hätte. Manchmal kam es mir so vor, als wäre Musik das Einzige, was ich wirklich verstand in dieser Welt.

Ich schlüpfte in eines von Ethans aussortierten T-Shirts, die ich als Nachthemd trug. Dann kroch ich unter die Decke. Prompt knisterte es, und ich zog eine Supermarktrechnung hervor, auf die ich ein paar Noten gekritzelt hatte. Wann hatte ich denn das gemacht? Ich summte die Melodie nach, die ein wenig nach modernem Jazz klang. Gar nicht so schlecht.

Schulterzuckend stopfte ich den Zettel zurück unter das Kissen und ließ meine Wange daraufsinken. Müde entsperrte ich mein Handy und sah ein letztes Mal in mein E-Mail-Postfach, doch da war nichts Neues. Zumindest nicht die Mail, auf die ich seit Wochen wartete. Das New York Orchestra suchte eine neue Pianistin. Meine Mum hatte auf einem ihrer eigenen Konzerte Wind davon bekommen, noch bevor das Orchester die Stelle offiziell ausgeschrieben hatte, und meine Bewerbung war wahrscheinlich als erste in ihrem Briefkasten gelandet. Allein bei dem Gedanken, Teil dieses unglaublichen Orchesters sein zu dürfen, kribbelte mein gesamter Körper vor Aufregung. Seit ich die Bewerbung vor drei Wochen abgeschickt hatte, checkte ich beinahe stündlich meine Mails. Meine Chancen, angenommen zu werden, standen auch nicht wirklich schlecht. Die letzten Jahre hatte ich beinahe jeden klassischen Musikwettbewerb in den USA gewonnen, und durch mein absolutes Gehör wurde ich – zumindest in Flagstaff – als eine Art Wunderkind angesehen. Obwohl dieses Phänomen gar nicht so selten auftrat, vor allem bei Kindern, die früh mit Musik in Berührung gekommen waren. Mein Gehör war jedoch nicht nur so gut, dass ich jeden Ton allein an seinem Klang bestimmen konnte, sondern auch so sensibel, dass es mir schwerfiel, irgendetwas nicht zu hören. Ich hatte große Schwierigkeiten damit, Hintergrundgeräusche auszublenden, weshalb akustische Reize mich schnell überforderten. Besonders, wenn sie laut oder schief waren. Radio, Straßenverkehr, Stimmengewirr. Alles Reize, die auf mich einprasselten und es mir beinahe unmöglich machten, mich zu konzentrieren oder einfach nur zu entspannen. In einen Klub zu gehen war für mich beinahe undenkbar. Außer ich trug Ohrstöpsel und trank einen Haufen Alkohol, der mein sensibles Gehör außer Gefecht setzte.

Ich hatte es ein paarmal mit Ethan probiert und dadurch sogar meinen ersten – und bislang einzigen – Freund Clyde kennenlernt. Eine Beziehung, die genauso schnell beendet war, wie sie begonnen hatte. Ethan nannte sie bis heute die »Drive-through-Beziehung«. Nur wusste Ethan nicht alles, was während dieses Drive-through passiert war, und ich versuchte, nicht mehr daran zu denken. Danach war ich nicht mehr ausgegangen, denn mich jedes Mal krampfhaft zu betrinken, nur um für ein paar Stunden in einem Raum mit lauter Musik stehen zu können, das war es mir letztendlich nicht wert.

Anders als mein Bruder, der sich in die Klubs gestürzt hatte, sobald er alt genug ausgesehen hatte, um seinen Ausweis fälschen zu können. Sein Zimmer hatte damals im Keller gelegen und war schalldicht isoliert gewesen, damit er seine Boxen aufdrehen konnte. Und wie ich hatte er komponiert. Tag und Nacht. Allerdings keine klassische Musik, sondern moderne Tracks, die er nach seinen eigenen Vorstellungen abgemischt und mit Beats unterlegt hatte. Xander nahm sich die Freiheit, die ich niemals besitzen würde, und er genoss sie nicht nur, er ließ sich von ihr in die Höhe tragen, bis sie zu einer Flutwelle geworden war, die unsere Familie beinahe zerschmettert hätte. Doch im Gegensatz zu meinen Eltern konnte ich ihm das nie zum Vorwurf machen.

Da ich ohnehin nichts Besseres zu tun hatte, öffnete ich Facebook und sah nach, was Xander machte. Seinen letzten Post hatte er vor drei Stunden eingestellt, und die Likes waren bereits in schwindelerregende Höhen geschossen. Ich sah meinen Bruder, wie er vor der Skyline von New York posierte. Eine honigblonde Augenbraue war hochgezogen, und seine schönen hellbraunen Augen, die wie meine ein wenig ins Grün tendierten, wurden von einer Sonnenbrille verdeckt, doch er hatte sein typisches jungenhaftes Grinsen aufgesetzt. Unter dem Foto stand:

 

Chillin’ out in good old NYC – look forward to great NEWS!

 

Darauf folgten so viele unsinnige Emojis, dass es schon fast an Missbrauch grenzte.

Xander besaß eine Wohnung in New York. Mein Zwillingsbruder war ein gut gelaunter, leicht arroganter, ungestümer Idiot, der mit achtzehn von zu Hause ausgezogen war, um seinen Traum zu verwirklichen. Und tatsächlich hatte er in den letzten zwei Jahren vier internationale Hits gelandet. Ich war stolz auf ihn, auch wenn ich das niemandem sagen konnte. Alles, was er heute besaß, hatte er sich selbst erarbeitet.

Ich setzte ein Herzchen unter seinen Post und scrollte weiter. Dort wurde mir der Feed eines anderen DJs vorgeschlagen. Gerade wollte ich wegklicken, als mein Blick an dem Bild hängen blieb. Es war nicht viel zu sehen. Nur ein Paar schöne blasse Hände, die auf Klaviertasten lagen. Darüber stand:

 

New song – for a new season. Brace yourself, cause I’m gonna BEATITUP.

 

Darunter war ein blauer Link. Neugierig klickte ich darauf und wurde zu einer Seite weitergeleitet, die … Ich stutzte: Beat it up war ein Festival.

»Drei Wochen – sechs Städte – ein unvergessliches Erlebnis: Willkommen beim Beat it up-Festival!«, las ich laut und runzelte die Stirn. Hatte Tyson nicht neulich von einem gigantischen Festival erzählt, das durch die gesamten USA tourte? Solche Sachen gingen im Normalfall an mir vorbei. Wenn ich schon keinen Klub aushielt, ohne einen Nervenzusammenbruch zu bekommen, wollte ich mir gar nicht vorstellen, wie es sein musste, unter dem Lärm eines Festivals begraben zu werden.

Ich schauderte und kehrte zu Facebook zurück. Gerade wollte ich nachsehen, wer der DJ war, der den Link gepostet hatte, als mein Handy zu klingeln begann. Ethan!, schoss es mir durch den Kopf, doch es war …

»Xander?«, fragte ich misstrauisch.

»Hey, Summ Summ«, kam es gut gelaunt zurück.

»Du bist es tatsächlich«, stieß ich hervor. »War das gerade so ein abgedrehtes Zwillings-Gedankenübertragungs-Dingsbums?«

»Hä?«, fragte Xander nicht ganz unberechtigt. Im Hintergrund konnte ich laute Musik und das Rauschen des New Yorker Straßenverkehrs hören.

»Nichts, ich habe nur gerade an dich gedacht«, erklärte ich und hörte Xander lachen.

»Du denkst an mich? Habe ich vergessen, den Müll rauszubringen?«

»Schlimmer: Mum hat eine dreckige Socke von dir auf dem Küchentisch gefunden.«

»Autsch! Wie viel Hausarrest bekomme ich?«

»Mindestens drei Tage. Und du musst eine Strafarbeit über deine drei prägendsten Komponisten aus dem frühen achtzehnten Jahrhundert schreiben.« Ja, die Strafen meiner Mutter waren ebenso kreativ wie zermürbend gewesen.

»Diesen verdammten Aufsatz habe ich bis heute nicht fertig«, knurrte mein Bruder.

Ich lachte und drehte mich auf den Rücken. »Schön, dich zu hören, Xan«, flüsterte ich. »Wie geht es dir?«

»Gut, sehr gut. Eigentlich fantastisch. Hör zu, ich muss dir was erzählen. Ich …« Er brach mitten im Satz ab. Im Hintergrund hörte ich eine weibliche Stimme seinen Namen rufen, gefolgt von lauter werdender Musik, deren wummernder Bass mein Handy vibrieren ließ. Leicht gequält verzog ich das Gesicht und hielt das Handy ein Stück von meinem Ohr weg.

»Ich komme gleich«, brüllte Xander zurück. Die andere Stimme rief irgendetwas Genervtes, und mein Bruder brummte gereizt zurück.

»Xan, kannst du ein wenig von dort weggehen, wo auch immer du gerade bist?«, bat ich und stellte auf Lautsprecher, damit mein Trommelfell zumindest nicht direkt strapaziert wurde.

»Ja klar, sorry, bin gerade mit ein paar Leuten unterwegs, und es ist arschkalt hier draußen.«

»Aber es ist Juni.«

Mein Bruder schnaubte. »Ja, aber das scheint die City noch nicht kapiert zu haben. Da vermisst man das gute alte Arizona beinahe.« Ich konnte seine Schritte auf dem Asphalt hören. Die Musik wurde immer leiser, bis sie beinahe nicht mehr zu hören war. Dann allerdings durchschnitt die schrille Sirene eines Krankenwagens oder eines Polizeiautos unser Gespräch. New York war einfach zu laut.

»Sag mal, ist es bei dir nicht schon drei Uhr morgens?«, erkundigte ich mich, als mir die Zeitverschiebung wieder einfiel.

»Ja … und?«

»Und? Du rufst mich um drei Uhr morgens einfach so an?«

»Klar. Ist ja noch früh.«

»Früh. Sicher.« Ich musste lachen, weil ich wusste, dass Xander es ernst meinte. Selbst als er noch in Arizona gewohnt hatte, war er eine Nachteule gewesen. Wenn er schlafen ging, stand ich auf.

»Und warum bist du so spät noch wach, Schwesterchen? Solltest du nicht längst im Bett liegen und den Schlaf der Gerechten schlafen?«

Ich verdrehte die Augen. »So spät? Ich bin zwanzig Jahre alt, Xander, ich kann durchaus bis Mitternacht wach bleiben, wenn ich das will.«

»Oho, wird da jemand spätpubertär rebellisch?«, lachte Xander. Ich liebte sein Lachen. Es war rau und warm wie seine Umarmungen. Ich vermisste ihn.

»Ich kann nicht schlafen«, vertraute ich ihm an und starrte an die Zimmerdecke. Als Xan und ich zehn Jahre alt gewesen waren, hatten wir dort im Dunkeln leuchtende Sterne angeklebt. Sie waren nie wieder abgegangen, hingen immer noch dort oben zwischen meinen Notenblättern und warfen leuchtende Kleckse auf meine Bettdecke.

»Schlechten Tag gehabt?«, fragte Xander besorgt.

»Immer öfter.« Ich warf einen Blick auf meinen Nachttisch, wo das Aspirin lag. Die Packung war schon wieder zur Hälfte leer.

»Warst du beim Arzt?«

»Ja, vor dem Auftritt letzte Woche.«

»Und?« Ich hörte das Knistern von Plastik, gefolgt von einem tiefen Einatmen.

»Nichts Neues. Er meinte, es läge am Stress und … Sag mal, rauchst du schon wieder?«, fragte ich vorwurfsvoll.

Xander atmete hörbar aus. »Nein«, log er.

Ich schnaubte. »Xan! Im Ernst, hör auf damit! Pro Zigarette hast du fünf Minuten weniger zu leben.«

»Wirklich? Scheiße, dann bin ich vorgestern gestorben.«

»O Mann, Xander …«, stöhnte ich, doch mein Bruder unterbrach mich, bevor wir wieder die Xander-stirbt-an-Lungenkrebs-Diskussion beginnen konnten.

»Hör mal, Summer, ich rufe eigentlich an, weil ich dich um einen Gefallen bitten wollte.«

»Nein, ich fälsche Mums Unterschrift nicht, damit du dir ein Tattoo stechen lassen kannst.«

»Ha, ha. Das habe ich dich nur einmal gefragt, und da war ich sechzehn.«

»Und? Bist du zufrieden mit deinem Arschgeweih?«

»Es ist kein Arschgeweih.«

»Ach nein? Wie nennt man das Gekritzel an deinem Hintern denn dann?«

»Kunst.«

»Arschgeweihkunst?«

»Argh … Summer, du machst mich fertig«, stöhnte er, was mich laut auflachen ließ.

»Sorry, Xan, also, schieß los: Was willst du von mir?«

Kurz war es still, zwei, drei Sekunden, in denen ich ihn nur rauchen hörte.

»Du musst mir … noch einen Song schreiben.«

Ich erstarrte und registrierte erstaunt, wie viele Emotionen gleichzeitig durch meinen Körper zucken konnten: erschrockene Anspannung, juckende Nervosität und kribbelnde Vorfreude.

»Summer? Bist du noch da?«

»Ich … ähm, ja.« Schnell räusperte ich mich, drehte mich zur Seite und nahm das Handy in die Hand, um mich an etwas festhalten zu können. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich Zeit dafür habe, Xander. Du weißt, wenn das New York Orchestra mich einlädt, muss ich mich voll und ganz auf mein Vorspiel konzentrieren, und dann reicht meine Zeit dafür einfach ni…«

»Nur ein Song«, unterbrach mich mein Bruder eindringlich. »Bitte, Summer. Ich weiß, du hast viel zu tun, und ich will dir nicht noch mehr Arbeit aufbürden, aber hör zu …« Es raschelte, als hätte er sich gerade anders hingestellt. »Sagt dir das Beat-it-up-Festival etwas?«

Gerade wollte ich den Mund aufmachen, um zu verneinen, als ich verblüfft innehielt. »Beat it up, ähm, ja, ich habe gerade davon gelesen. Das ist ziemlich groß, oder?«

»Das ist nicht ziemlich groß, es ist das größte Festival in den USA«, stellte Xander klar. Seine Stimme klang rau vor Aufregung, und ich sah ihn in diesem Augenblick bildlich vor mir. Mein groß gewachsener Bruder, der mitten in New York stand, das blonde Haar vom kalten Wind zerzaust, während in seinen großen braunen Augen ein begeistertes Funkeln glomm. Wie jedes Mal, bevor er etwas richtig Dummes anstellte.

»Das ist das Festival des Jahres. Es dauert drei Wochen und tourt durch insgesamt sechs Staaten. Dort spielt die Crème de la Crème. Ich rede hier von Guetta, Garrix, Skrillex, Hardwell … Das ist nicht nur groß, das ist mind-blowing. Und ich würde dich jetzt nicht anrufen, wenn ich dich nicht fragen müsste, wer als einer von drei Newcomern engagiert wurde.«

»Wer als einer von …? Xan, du willst mir jetzt doch nicht erzählen …«

»Mhm, fängt mit Price an und hört mit X auf.«

»Wow, Xander! Das ist großartig!«, stieß ich hervor und spürte, wie sich ein Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitete.

Xander lachte. »Ja, ist es. Aber das Beste kommt noch.«

Gespannt spitzte ich die Ohren. Ich konnte die fiebrige Aufgeregtheit meines Bruders förmlich spüren.

»Wer am Ende die höchsten Besucherzahlen bei seinen Gigs hat und in L.A die Sponsoren überzeugt, bekommt einen Vertrag bei Sony und eine Europatournee.«

»Oh, mein Gott, Xander, das klingt ja unglaublich«, rief ich begeistert.

»Ich weiß!« Er lachte, und es klang fast ein wenig hysterisch. Wie lange hatte er wohl nicht mehr geschlafen? Bei Xander wusste man das nie so genau. Er schien zu glauben, dass man Schlaf durch Koffein ersetzen konnte.

»Und genau deshalb musst du mir ja auch helfen, Summer. Ich muss einen neuen Song aufnehmen. Ich muss diesen verdammten Vertrag kriegen.«

»Aber du bist doch schon bei einem Label, oder?«

Xander schnaubte. »Bei einem Label … Ich bin bei einer mickrigen Agentur. Versteh mich nicht falsch, das, was sie dort für mich getan haben, ist ja nicht nichts, aber …«

»Xander, du warst innerhalb von zwei Jahren mit vier Hits in den Charts. Das würde ich mehr als nur nicht nichts nennen.«

»Natürlich, aber Summer, diese Chance kann ich mir einfach nicht entgehen lassen. Auf so etwas habe ich all die Jahre hingearbeitet. Das alles, dieses Festival, das ist meine Masterdisziplin. Jetzt muss ich beweisen, was ich kann, und dafür – dafür brauche ich dich.«

Zögernd begann ich auf meiner Unterlippe zu kauen. »Xander, ich weiß wirklich nicht, ob ich dir helfen kann. Wenn herauskommt, dass ich Songs für dich schreibe, dann …«

»Es kommt nicht heraus. Ist es bisher doch auch nicht«, unterbrach er mich ein wenig zu scharf. Ich funkelte das Handy an.

»Bisher nicht, aber wie lange kann das noch gut gehen? Je bekannter du wirst, desto mehr Leute interessieren sich für dich. Die Presse wird jedes schmutzige Detail ausgraben und mich dazu! Wenn sie herausfinden, dass ich zum Teil deine Songs schreibe, dann nimmt mich kein klassisches Orchester der Welt mehr ernst! Geschweige denn auf! Dann kann ich meine Karriere vergessen, Xan – und du deine auch. Du bist unglaublich talentiert in dem, was du tust. Ich bin sicher, du kannst deinen nächsten Hit auch ohne mich schreiben. Dein letzter eigener Song war doch auch in den Charts, oder?«

»Ja, aber nicht so weit oben wie deine. Bitte, Summer. Ich bin vielleicht gut, aber gut ist nicht gut genug. Mit dir bin ich unschlagbar. Wir beide, wir sind unschlagbar. Bitte, Summer, nur dieser eine Song.«

»Ach Xander, ich weiß nicht …«

»Warum weißt du es nicht? Du bist doch ohnehin im Sommer für das Vorspiel in New York. Nimm dir einfach ein bisschen mehr Zeit. Zwei Wochen reichen schon. Ich … bitte, ich brauche dich.«

Seine Stimme brach am Ende, und in der angespannten Stille, die darauf folgte, konnte ich hören, wie seine Emotionen tobten. Ich sagte nichts und kaute nur noch heftiger auf meiner Unterlippe herum. Während ich nachdachte, zündete sich Xander die nächste Zigarette an, und diesmal verkniff ich mir einen Kommentar. Sein tiefes Ein- und Ausatmen war eine ganze Weile das einzige Geräusch zwischen uns.

In meinem Kopf huschten die Gedanken wild umher. Vor etwa einem halben Jahr hatte ich den letzten Song mit Xander geschrieben. Beauty & Evil stand vier Wochen auf Platz eins der Charts und weitere zwei Monate in den Top Ten. Ich müsste lügen, wenn ich behaupten wollte, dass es mir keinen Spaß gemacht hätte. Aber auf Spaß kam es letztendlich nicht an. Schon damals war es schwierig gewesen zu verheimlichen, dass ich Xander geholfen hatte. Er war über Weihnachten für zwei Wochen zu Besuch gewesen. Da sich unsere Eltern jedoch geweigert hatten, ihn ins Haus zu lassen, war er ins Blue Inn Motel gezogen. Doch ein Song schrieb sich nicht über Nacht von selbst, also hatte ich ihn jeden Tag besucht. Die gesamte Zeit bis Neujahr hatten wir nichts anderes getan, als über Melodien, Texte und Basslinien zu sprechen. Xander war überzeugt, dass jede Art von Musik, selbst die beatbasierte, erst dann richtig gut klang, wenn darin eine echte Ohrwurmmelodie steckte. Weshalb er zuerst mich das Lied komponieren ließ, das er dann in den Computer einspielte und so lange veränderte, bis es sich in etwas ganz Eigenes verwandelte. Das Endergebnis war dann ein hypnotischer Mix aus Klängen, der in den Knochen vibrierte und die Menschen scharenweise auf die Tanzfläche lockte. Aber das war Xanders Welt, nicht meine. Durch einen blöden Zufall wurde damals ein Paparazzo auf meine häufigen Besuche im Blue Inn aufmerksam, und es hatte uns einige Anstrengung gekostet, geheim zu halten, was wir da taten. Danach hatten wir beschlossen, dass Xander alleine weitermachen sollte.

Die Einzigen, die von der Sache wussten, waren Xanders Agentur und Ethan. Und Ethan war sowieso der Meinung, dass mein Bruder nur dann zu Besuch kam, wenn er mich brauchte. Vielleicht steckte da sogar ein Körnchen Wahrheit drin, aber die ganze Wahrheit war es sicher nicht. Es stimmte zwar, dass Xander, wenn er anrief, öfter etwas von mir wollte. Doch als wir mit der Musik angefangen hatten und unser erster Song vollkommen überraschend von YouTube aus in die Charts eingestiegen war, hatte Xander angeboten, sämtliche Rechte und Einnahmen mit mir zu teilen. Der Vertrag war schon aufgesetzt, ich hätte nur noch unterschreiben müssen. Ich habe es nicht getan.

Ich schrieb Musik, weil es mir Spaß machte. Songs für Xander zu schreiben war eine neue Herausforderung, und vor allem konnte ich damit meinem Bruder helfen. Der Rest interessierte mich nicht. Zumindest nicht so sehr, um dafür meinen Traum aufzugeben, Solopianistin zu werden. In der Welt der Musik hieß es entweder – oder. Entweder klassische Virtuosin oder wildes Nachtleben. Beides zusammen ging nicht, deshalb durfte niemand wissen, dass ich an Xanders Songs mitgeschrieben hatte. Das war eines meiner wenigen Geheimnisse, und es musste um jeden Preis unter Verschluss bleiben. Vor allem, da ich so kurz davorstand, meinen eigenen Traum zu verwirklichen. Prompt hatte ich den hohen, bohrenden Ton von Gewissensbissen im Ohr. Stellte ich gerade meine Karriere über die meines Bruders?

»Xander, ich kann nicht«, sagte ich schließlich leise. Ein Kloß im Hals drückte mir die Luft ab, und ich musste mehrmals schlucken. Xander fluchte. Seine Enttäuschung kam mich hart an.

»Es tut mir wirklich leid, Xan. Du weißt, ich liebe dich, aber für mich steht so viel auf dem Spiel. Ich kann das nicht riskieren. Du bist ein unglaublicher Musiker, du schaffst das auch ohne mich.«

Xander stöhnte. Ich stellte mir vor, wie er frustriert den Kopf gegen die nächste Wand lehnte und die Augen schloss.

»Nein, das tue ich nicht«, sagte er überraschend ehrlich.

»Woher willst du das wissen?«

»Weil ich schon seit Wochen versuche, einen Song zu schreiben, und nichts auf die Reihe bekomme. Gefällt es mir, mag es mein Produzent nicht. Mag es der Produzent, fallen mir fast die Ohren ab. Und dann muss ich im Studio auch noch die ganze Zeit die Visage von diesem Blazon sehen.«

Vorsichtig fragte ich nach, wer Blazon war.

»Ein Idiot«, kam die mürrische Antwort.

»Ein anderer DJ also?« Mein Bruder brummte nur.

»Du schaffst das schon, Xan«, sagte ich liebevoll. »Ich glaub an dich. Wirklich.«

»Schön, dass du an mich glaubst. Ich aber nicht. Bitte, Summer, ich brauche dich. Ich brauche dein Gehör, ich brauche dein Können, ich brauche deine Fantasie. Du bist doch ohnehin in New York, oder?«

Ah. Das war der springende Punkt. War ich in New York? Ich wusste es nicht. »Ich habe noch keine Antwort auf meine Bewerbung erhalten. Vielleicht haben sie kein Interesse an mir«, sagte ich zögerlich.

Mein Bruder schnaubte. »Darüber machst du dir ernsthaft Gedanken, Summer? Sie wären doch dumm, wenn sie dich nicht nehmen würden. Du bist genial, die ganze Welt weiß das.«

»Schön, dass es die ganze Welt weiß. Ich aber nicht.«

»O doch, du weißt das ganz genau. Du kannst alles schaffen, die ganze Welt steht dir offen. Du hast nur Angst davor, was passieren könnte, wenn du dich darauf einlässt.«

»Ach, und was könnte passieren?«

»Du könntest anfangen, richtig zu leben«, kam die trockene Antwort.

Ich sog scharf die Luft ein und merkte, wie ich die Geduld für dieses Telefonat verlor. So gern ich meinen Bruder auch mochte, es war immer dasselbe. Wenn ich ihm einen Wunsch abschlug, schlug er zurück. Und blieb dabei selten über der Gürtellinie.

»Ich leg jetzt auf, Xan«, sagte ich kühl, weil ich wusste, dass alles Weitere in einem Streit enden würde.

»Nein, warte!« Xanders Stimme nahm sofort einen entschuldigenden Tonfall an. »Bitte überleg es dir noch einmal.«

»Xander, nein.«

»Doch, bitte. Wenn du die Zusage vom Orchester bekommst – und das wirst du –, dann rufst du mich noch mal an, okay? Dann kann ich dir alles noch mal in Ruhe erklären.«

»Ich … in Ordnung«, sagte ich knapp, um endlich seinem Pitbullbiss in meinem Nacken zu entkommen.

Ich hörte meinen Bruder seufzen. Er lief jetzt weiter, seine Schritte hallten von den Häuserwänden wider, und der Stadtlärm drängte sich erneut in den Vordergrund. Ich konnte Menschen lachen hören. Autos hupten. Etwas ging zu Bruch.

»Danke und bye, Schwesterlein.«

»Tschüss, Xan«, sagte ich und legte auf.

Meine Augen brannten. Ich war schrecklich müde. Xander hatte recht, Mitternacht war einfach nicht meine Zeit. Ich war eine Frühaufsteherin und eine Früh-ins-Bett-Geherin. Trotzdem dauerte es lange, bis ich mich von diesem Gespräch so weit gelöst hatte, dass ich einschlafen konnte.

Ich träumte in dieser Nacht von schlanken Fingern auf Klaviertasten und tiefen Beats, die mich in einen unaufhaltsamen Strudel hinabrissen.

3

Akribisch platzierte ich die frisch polierte Gabel auf dem gedeckten Tisch und rückte sie nach einem kritischen Blick noch einen Millimeter weiter nach rechts. Im Hintergrund lief klassische Musik. Der Liebestraum von Franz Liszt war eines von Mums Lieblingsstücken, und wenn sie von einem Konzert zurückkam, hörte sie es oft stundenlang in Dauerschleife. Da sie in fünf Minuten mit dem Taxi eintreffen sollte, hatte ich die Stereoanlage vorsorglich schon einmal eingeschaltet. Der Frühstückstisch war gedeckt. Der Toast sprang gerade aus dem Toaster, und die Kaffeemaschine piepste, als der Kaffee durchgelaufen war. Alles war perfekt. Zufrieden zupfte ich die Blumen in der Mitte des Tisches zurecht, die ich schon gestern besorgt hatte, danach nahm ich die Schürze ab und strich mein Kleid glatt. Meine Mum mochte es besonders gerne an mir. Sie schenkte mir jedes Mal ein Lächeln, wenn ich es trug. Sie meinte, ich sähe darin erhaben aus, wie eine Lady aus einem anderen Jahrhundert. Ethan meinte, ich sähe darin aus wie Alice im Wunderland. Mit achtzig. Er war manchmal so ein Idiot.

Gerade als ich überlegte, noch ein wenig zu putzen, damit Mum keinen Grund hatte, sich über irgendetwas aufzuregen, hörte ich das Knirschen von Kies in der Auffahrt. Ich spähte aus dem Küchenfenster und verdrehte die Augen, als ich sah, wie Ethan aus seinem alten Truck herausstolperte. Sein Haar stand in alle Richtungen ab, und sein Hemd hatte er scheinbar im Halbschlaf zugeknöpft. Also war er gestern doch noch aus gewesen.

»Na, du Saufnase«, begrüßte ich ihn und lehnte mich mit einem spöttischen Grinsen gegen den Türrahmen.

Ethan stöhnte nur und schob sich eine Sonnenbrille vor die lichtempfindlichen Augen. »Nächstes Mal, wenn ich Tyson abholen will, halt mich bitte auf, ja?«, sagte er müde und schleppte sich ins Haus, um dort auf das blütenweiße Sofa zu sinken.

Dann waren nur noch seine Füße zu sehen, die in die Höhe ragten, während er ein weiteres gequältes Stöhnen ausstieß. Ich schnaubte spöttisch, ging in die Küche, kramte Aspirin aus der Schublade und Tomatensaft aus dem Kühlschrank und brachte ihm beides.

»Hier, kipp das runter, bevor meine Mum kommt. Wenn sie dich so sieht, glaubt sie noch, dass du einen Exorzismus brauchst.«

»Kennt deine Mum denn keinen Kater?«, brummte Ethan, schraubte den Saft auf und warf die Tabletten ein.

»Sicher nicht«, lachte ich und strich ihm über die unrasierte Wange. »Und selbst wenn, dann würde sie dich eher zum nächsten Priester schleifen, um dir den Teufel der Trunksucht austreiben zu lassen.«

»O Mann, Summer, deine Mum hat echt einen Knall, habe ich das schon mal erwähnt?«

»Brauchst du nicht, das weiß jeder, der sie kennt«, sagte ich und strich ihm durchs Haar. »Darum bist du auch mein Held in strahlender Rüstung und kommst sogar verkatert zum Frühstück, nur damit ich nicht mit ihr allein sein muss.«

»Ja, ich bin schon ein toller Hecht«, stimmte mir Ethan großspurig zu und setzte sich ächzend auf. »Wo ist eigentlich dein Dad?«

»Wie es aussieht nicht in Maine mit Mum, sondern in Boston. Ich habe eine SMS bekommen, dass er länger bleibt.«

»Wirklich?« Skeptisch zog mein Ethan eine Augenbraue hoch. »War nicht seine aktuelle Affäre in Boston?«

»Ist sie, aber wir sprechen nicht darüber. Schon gar nicht vor Mum«, erinnerte ich ihn streng.

Mein Vater war einer der angesehensten Cellisten in den USA