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Mir werden immer wieder zwei Fragen gestellt: Ursula, wie hast du das Trauma überhaupt überlebt? Und: Wie hast du dich aus diesen Fesseln befreien und deine Verletzungen heilen können? Auf die zweite Frage gehe ich in diesem Buch ein. Ich nehme Dich mit durch die ersten sieben Jahre meiner Befreiungs- und Aufarbeitungszeit und zeige Dir die psychologischen und seelischen Prinzipien, die mich unterstützt und begleitet haben. Von heiliger Führung und Fügung in Australien, der Begegnung mit meinem "Seelenretter" in Hamburg, bis zum Leben im Opferschutz - es waren Befreiungsschläge nach innen und außen geführt, die mir halfen, mein Leben wieder zurück zu gewinnen. Ein Buch, das den Wunsch hat, Dich zu inspirieren, zu berühren und zu motivieren, Deinen nächsten Schritt zu tun, egal, wo Du gerade stehst!
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Seitenzahl: 160
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Überleben war ein Wunder.
Den Weg in meine Freiheit zu schaffen auch.
Ich danke Gott und allen guten Kräften und Menschen, die mich dabei unterstützt und mir geholfen haben.
Besonders meinem Seelenretter Dietmar Schoof.
Trigger Warnung
Einleitung
Der Weg in die Freiheit
Von guten Kräften geleitet
Neuland
Erste Öffnung
Leben in zwei Welten
Lachen lernen
Der Seelenweg in sieben Stufen
Stufe #1, „Das abgebrannte Seelenhaus“
Stufe #2, „Der See der Traurigkeit“
Die Seelenwunde
Selbstverlust und Selbstbestimmung
Wut, der Schlüssel zum Grenzensetzen
Stufe #3, „Das innere Kind und das Seelengefängnis“
Stufe #4, Das Labyrinth der Seele“
Projektion und Introjektion
Der Schicksalsschlag, der die Wende brachte
Schutzgemeinschaft
Erste Schritte im Opferschutz
Umprogrammieren
Stufe #5, „Der Pilgerweg“
Stufe #6 „Der Gipfel und der Weg nach Hause“
Lebensgefühl: Freiheitskämpferin
Stufe #7, „Das neue Seelenzuhause“
Grundsatzfrage
Heilende Präsenz
Ein weiterer Neuanfang
Biografie der Autorin
Über meine Arbeit
Das Buch beschreibt meinen Weg der Aufarbeitung traumatischer Erfahrungen im Bereich sexualisierter Gewalterfahrung während meiner Kindheit und Jugend in meiner Familie.
Das Thema bringt es mit sich, dass ich immer wieder auch über traumatische Erlebnisse sprechen werde.
Bitte achte gut auf Dich und Dein Wohlbefinden! Überfordere Dich nicht beim Lesen.
Wenn Dich die Inhalte dieses Buches triggern, lege es bitte zur Seite.
Hole Dir ggf. Hilfe durch einen oder Deinen Therapeuten oder Therapeutin.
Das Wort „triggern“ kann man auch mit „aktivieren“ vergleichen. Es wird etwas in uns aktiviert, was bereits da ist an Erinnerungen und Gefühlen. Die Frage ist: Wie viel Aktivierung tut gut und wie will man damit umgehen?
Ein positiver Umgang mit dem Trigger kann zu unglaublich viel Heilung und Wachstum führen.
Zwei Fragen werden mir immer wieder gestellt:
„Ursula, wie hast du das Ganze überlebt?“
und:
„Wie bist du dieser Hölle entkommen und zu dem Menschen geworden, der du heute bist?“
Die erste Frage habe ich in meinen Büchern „Mi Amor – Winter im Frühling des Lebens“ und „Geboren, um zu sterben – gestorben, um zu leben“ beantwortet.
Die zweite soll Grundlage dieses Buches sein. Ich möchte hier die ersten sieben Jahre meines Befreiungsweges mit Dir teilen. Ganz persönlich und direkt.
Wie befreit man sich, innerlich wie äußerlich, aus den Verstrickungen jahrelanger traumatischer Erfahrung? Zudem noch, wenn diese in der eigenen Familie stattgefunden haben und die Übergriffe nicht aufhören, „nur“ weil man volljährig geworden ist?
Wie findet man zurück zu sich selbst, zu diesem Selbst, das man hat aufgeben müssen, das so zerschlagen wurde und manipuliert wurde, dass es sich nicht mehr wie das Eigene anfühlt?
Wie wird man wieder – vielleicht zum ersten Mal im Leben – wirklich glücklich und findet seinen Weg?
Viele Fragen… Mein Wunsch ist es, mit meinen ganz persönlichen Antworten nicht nur Einblicke in meine eigene Entwicklung zu geben, sondern anderen, die Ähnliches erlebt haben, Inspiration und Motivation sein zu dürfen.
Sicherlich hat jedes Einzelschicksal, wie auch das meine, seine sehr persönliche, individuelle Bedeutung und Wichtigkeit. Wichtig ist mir aber darüber hinaus allgemeingültige Prinzipien und Wege aufzuzeigen, wie Befreiung aus emotionalen Verstrickungen und Heilung auch nach schwerem Trauma gelingen können, innerlich wie äußerlich. Ich möchte Erkenntnisse und praktisches Handwerkszeug anderen zur Verfügung stellen, die an ähnlichen Punkten in ihrem Leben und auf dem Weg ihrer Aufarbeitung sind.
Natürlich kann ich nur einige Stationen meiner Befreiungszeit hier wiedergeben und beschränke mich auf die ersten sieben Jahre meiner Aufarbeitungszeit. Deshalb kann und will ich mit diesem Buch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben, weder was meinen Weg, noch was das Thema angeht.
Dieses Dir hier vorliegende Buch ist meine persönliche Geschichte. Möge es Dir Erkenntnis, Klarheit und Ermutigung schenken.
Es begann in Australien, am Ende der Welt. Genauer gesagt: In der Wüste, im sogenannten Outback. Ich hatte etwas gemacht, was man nicht unbedingt tun sollte: Hatte mich allein, zu Fuß, auf den Weg in die Wüste gemacht zu einem besonderen Ort, einer kleinen Oase. Es war nicht nur unvernünftig, sondern auch in vielerlei Hinsicht gefährlich. Ohne Handy (war damals erst im Kommen). Ohne genügend Wasser (so viel hätte ich gar nicht tragen können), allein als junge Frau mit 19 Jahren, irgendwo im Nirgendwo. Nur dem Jungen am Empfang einer überfüllten Jugendherberge, in der ich Teile meines Gepäcks gelassen hatte, hatte ich Bescheid gegeben, damit wenigstens einer wusste, wo ich war. Bei meiner Rückkehr arbeitete er nicht mehr dort…
Man muss wissen, im Outback ist es heiß. Sehr heiß. Der Körper braucht unglaublich viel Wasser, umso mehr bei körperlicher Anstrengung, um sich herunter zu kühlen. Man läuft nicht einfach so in die Wüste es sei denn, man hat einen Grund.
Mir war das bewusst.
Bewusst war mir aber auch, dass es vor allem um eines ging: Mein Leben.
Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Das war der Grund für diese Entscheidung.
Ich wollte Antworten haben, wollte wissen, ob und wie es weiter gehen würde und ob mein Leben den Sinn bekommen würde, den ich brauchte, um die Kraft aufzubringen, überhaupt den nächsten Schritt zu tun.
Eine Kindheit und Jugend mit schwerster Traumatisierung hatte ich überlebt. Und hatte nach meinem Abitur die Scherben meiner selbst und meines jungen Lebens zusammen gekehrt und hatte mich mit letzter Kraft und Hoffnung in einen Flieger nach Australien gesetzt.
Ich wusste, ich brauchte ein Wunder, um weiter zu machen. Denn meine Kraft war am Ende.
Aufgebraucht im täglichen Überlebenskampf.
Ausgebeutet von der Gier eines Menschen, der sich immer wieder mittels sexualisierter Übergriffe und brutaler Gewalt an meiner Lebenskraft aufgetankt hatte.
Danach: Ausgebrannt. Ausgelaugt. Beraubt. Orientierungslos. Haltlos.
So blieb ich zurück.
Von außen sah man mir das nur bedingt an. Ich hatte das beste Abi des Jahrgangs in der Tasche und man vermutete wahrscheinlich, ich würde mich nach einer kleinen Australienreise ins Studium stürzen… Dass ich innerlich die Tage zählte und mir jeden Morgen Mut zusprach, den Tag zu überstehen, wusste niemand.
Mein letzter Halt, mein letzter Hoffnungsschimmer war die Vision, die ich in einer Nahtoderfahrung erlebt hatte, ein Ausblick auf das, was mein Leben sein würde. (Es gibt zwei Interviews zu dieser Erfahrung auf YouTube).
In diesem Ausblick auf mein Leben hatte ich sehen können, dass mein Leid erst einmal weitergehen würde, ich aber mit Anfang zwanzig einen Menschen treffen würde, den ich damals als meinen „Seelenretter“ wahrnahm. Ein Mensch, der so stark und klar in sich ist, dass er mich zutiefst verstehen und mir dabei helfen würde, mich selbst und das Erlebte zu verstehen, anzunehmen, zu verarbeiten und zu heilen. Ich konnte ihn damals in dieser Nahtoderfahrung „sehen“, d.h. seine Energie, seine energetische Signatur wahrnehmen und übersetzte diesen Eindruck in das Bild eines weisen Mannes, der, weil er so besonders, so weise und stark war, in meiner Vorstellung nur in einer Höhle am Ende der Welt zurückgezogen leben konnte. Mit langem Bart, wissendem Blick und so gütigem Herzen, dass man sich in seiner Gegenwart nur geborgen fühlen und öffnen konnte.
Er war meine Hoffnung. Es musste ihn geben!
Ich war bereit, alles dafür aufzugeben, um ihn zu finden!
War das, was ich in meiner Nahtoderfahrung gesehen hatte, wirklich real oder das Wunschdenken einer gequälten Seele? – Diese Frage drängte sich mir immer wieder auf und die Vorstellung, dass mein Erlebnis ein Hirngespinst war, brachte mich an den Rand meiner Möglichkeiten.
Wenn ich nicht auf meine innere Stimme und meine seelisch-geistige Wahrnehmung vertrauen konnte – auf was dann?
Wenn dich die eigene Familie missbraucht und misshandelt… wenn das nächste soziale Umfeld wie Klassenkameraden, Lehrer, Freunde nichts von deinem Schicksal mitbekommt, es nicht weiß und auch nicht glauben kann oder will, weil es zu heftig ist, dann bist du verdammt alleine.
So machte ich mich auf den Weg. In die Wüste. Auf die Suche nach meinem Seelenretter. Ziel war eine kleine Oase im Outback. Zwei Tage unterwegs auf einem Trampelpfad, von dem ich hoffte, dass er ausreichend gekennzeichnet sein würde.
Ich lief los. Meine Vision im Herzen und vor Augen. Mit der Bitte an das Leben/Gott/Universum/meine Seele, dass sie mir doch endlich ein Zeichen schicken und mir Weisung geben mögen…
Es war ein Aufbäumen und letzter Versuch. Ich war bereit, alles zu geben, um weiterzuleben. Ich war auch bereit alles loszulassen und von dieser Erde zu gehen, sofern es keine Hilfe für mich geben würde.
In einer seltsam heiligen Stimmung wanderte ich durch die glühende Hitze.
Wenn du bereit bist, alles aufzugeben, wird das Leben plötzlich leicht. Meine Wasservorräte schwanden mit jeder Stunde. In der Mittagshitze kroch ich unter ein Dornengestrüpp, das mir etwas Schatten bot.
Am Nachmittag erreichte ich die in meinem Reiseführer angegebene Wasserstation (es war noch vor der Zeit von Smartphones und instant Information über das WWW): Ein großer Wasserkanister, der an der Weggabelung vom „Trail“ (Wanderweg) stand und mit einem Geländewagen zu erreichen war.
Hier wollte ich die Nacht verbringen. Pause machen und mich erholen.
Und: Natürlich meine Wasservorräte auffüllen.
Doch der Kanister war leer.
Es war ein Schock!
Ich begann zu zittern und wusste nicht, ob es vor Angst war oder Erschöpfung war.
Was sollte ich tun?
In meiner Not begann ich zu beten.
Viel mehr blieb mir nicht übrig zu tun.
Irgendwann rollte ich meinen Schlafsack aus und kroch hinein. Es wurde kalt. Nicht nur in mir, sondern auch in der Wüste.
Über mir war der klarste und schönste Sternenhimmel, den man sich vorstellen kann. Dort oben musste das Gute irgendwo wohnen und auf mich hinabschauen. Ich lag auf dem Rücken und starrte nach oben. Und begab mich, als ich mich auf den Bauch drehte, um einzuschlafen, bewusst in die Hände einer höheren Macht.
Ich wurde wach durch die Sonne, die mir ins Gesicht schien.
Es war noch kalt. Ich blinzelte vorsichtig ins Licht.
Neben mir am Boden war die Spur einer Schlange. Sie hatte wohl angekuschelt an mich die Nacht verbracht und sich über die unverhoffte Wärmequelle gefreut.
Ich erschrak. In Australien leben die giftigsten Schlangen der Welt…
Und gleichzeitig empfand ich ihren Besuch als gutes Zeichen, denn Schlangen stehen für Heilung und Transformation. Und beides brauchte ich.
Heute stehen entlang des Trails Schutzhütten, die die Gelegenheit geben, auf erhöhten Podesten schlangensicher zu schlafen.
Mit einer seltsamen inneren Gelassenheit begann ich, meinen Schlafsack zusammen zu rollen, um mich auf den Weg zu machen. Alles würde gut werden, das spürte ich. Nur wusste ich nicht, wie dieses „gut“ aussehen würde. Aber ich vertraute.
Ich fühlte mich, endlich wieder, verbunden mit dem Leben. Getragen.
Gesehen. Vielleicht sogar geliebt. Wie hatte ich mich nach diesem Gefühl gesehnt…
Ich schaute noch einmal in den Kanister in der Hoffnung, er hätte sich über Nacht wie durch ein Wunder gefüllt. Aber er war leer. Ich wollte gerade losgehen, als ich ein Motorgeräusch in der Ferne hörte. Es wurde lauter. Und wenig später tauchte ein Geländewagen in einer riesigen Staubwolke auf. Er fuhr direkt auf mich zu.
Freude und Angst machten sich in mir breit. Ich war gerettet und hatte gleichzeitig Angst, allein hier draußen mit einem Fremden zu sein. Meine bisherigen Erfahrungen ließen mich oftmals das Schlimmste nicht unbedingt vermuten, aber dennoch als Möglichkeit in Erwägung ziehen.
Ein Mann stieg aus und stellte sich als Ranger vor. Er war entsetzt, mich hier allein anzutreffen und wütend zugleich. Wie konnte man sich so in Gefahr bringen?
Er schaute nach dem Kanister und erklärte mir etwas, was ich nicht wirklich verstand… Er war wohl nicht immer gefüllt, auch wenn es im Reiseführer stand. Verstehen tat er, dass ich Wasser brauchte und Elektrolyte – und zwar dringend. Beides hatte er im Auto.
Ich stieg ein und auf dem Weg, der ein Weg zurück ins Leben für mich war, brummte er, dass er an diesem Morgen den unerklärlichen Impuls gehabt habe, hierher zu fahren und nun froh sei, es getan zu haben und dass er eine Tochter in meinem Alter hätte… Den Rest der Fahrt schwieg er.
Er brachte mich zur nächsten Station des Trails, dem sog. Simpsons Gap, wo ich hoffte, meinen Seelenretter oder einen Hinweis auf ihn zu finden. In dieser kleinen Oase gab es Wasser, Toiletten, Gasgrills und eine Camping-Area. Um diese Uhrzeit war es dort noch still. Ich war ganz alleine. Kein Camper, kein Tourist.
Stille. Ich nutzte die Zeit, um am Wasser zu sitzen. Dieser Moment war magisch.
Mein Seelenretter tauchte nicht - wie erhofft – auf. Aber meine innere Stimme sprach nach so langer Zeit des Schweigens endlich wieder mit mir, lauter und klarer als jemals zuvor:
„Flieg zurück nach Deutschland. Er wartet dort auf dich. In Hamburg!“
Erleichtert und schockiert zugleich nahm ich die Botschaft auf.
Erleichtert, weil ich endlich eine klare Richtung hatte und schockiert, weil es zurück nach Deutschland gehen sollte. Ausgerechnet! Wo ich doch nie wieder zurück wollte und extra ans andere Ende der Welt gereist war!
Mit dem Zielort Hamburg konnte ich nichts anfangen.
Ich entschied mich für die Erleichterung in mir und freute mich jetzt auf eine entspannte Restzeit in Australien.
Den Rückflug würde ich im nächsten Reisebüro buchen und vertrauen, dass sich alles fügen und finden würde. Auch in Deutschland.
Die scheinbar unendliche Weite Australiens hatte meine Seele geöffnet. Diese rote Erde hatte nicht nur meinen Körper durch und durch gewärmt, sondern auch und ganz besonders in meiner Seele etwas zum Schmelzen gebracht.
Über Wochen hinweg hatte ich mich aufgesogen mit der einzigartigen Schönheit des Outbacks, das ich so liebte. Das besondere Blau des Himmels, die feuerrote Erde, die Eukalyptusbäume, die unter schwierigsten Bedingungen wuchsen und stolz und schön ihre Äste gen Himmel streckten…
Es hatte etwas Meditatives, tagelang im Bus zu sitzen und durch das Outback zu fahren. Monoton könnte man sagen. Ich empfand es als zutiefst inspirierend und heilend. Je nach Straße, ob asphaltiert oder Sandpiste, wurde man sanft durchgeschaukelt und hin und her gewogen – allerdings nicht nur in den physischen Schlaf, sondern gleichzeitig auf seelischer Ebene sanft geweckt.
Ich hatte den Eindruck, dieser Kontinent „sprach“ zu mir, weckte Erinnerungen an das, was Leben sein könnte jenseits von körperlicher und seelischer Unterdrückung und Qual. Es waren Erinnerungen, die tief vergraben nur als Ahnung in meiner Seele wohnten und als Hoffnungsfunken aufstiegen.
Die Gewissheit in mir wurde immer stärker: Ich kann es schaffen! Wenn ich Hilfe bekomme, dann kann ich es tatsächlich schaffen und leben!
Wirklich leben!
Nicht wie ein seelenloser Zombi die große To-Do-Liste des Lebens abarbeiten (Studium/Ausbildung, Mann, Haus, Kinder, Arbeit. Erledigt.) sondern wirklich und wahrhaftig Leben.
Das Leben selbst und an sich erfahren und erleben und lebendig sein – das wollte ich!
Der Tag der Abreise rückte näher. Früher als gedacht flog ich zurück. Der Impuls war da und ich vertraute ihm. Während des Fluges über Australien durfte ich für einen Moment vorne ins Cockpit, den Piloten über die Schulter schauen. Wir flogen der Sonne nach, die das feuerrote Herz Australiens entflammte. Ein letzter Gruß an mich, die ich ins Ungewisse flog.
Und so stand ich Stunden später etwas verloren am Hamburger Flughafen, es war kalt und nass und ich war froh, dass mich mein Freund (der „Engel“ aus dem Buch „Geboren um zu sterben, gestorben um zu leben“) abholte und in Empfang war. Er hatte mir beim Abflug zugeflüstert „bitte, komm wieder!“, als hätte er geahnt, dass ich diese Entscheidung noch nicht getroffen hatte.
An einem der darauffolgenden Tage erlebte ich etwas ganz Besonderes: Ich war mit der Frage eingeschlafen: „Liebes Leben/Gott/Universum, jetzt musst du mir zeigen, wie es weiter geht! Ich bin zurück geflogen und was soll ich nun hier tun?“
So viele Fragen standen an: Wie würde es weiter gehen?
Was würde ich studieren?
Am liebsten – das war mir in Australien klar geworden – würde ich gerne wissen wollen wie
Letztendlich wollte ich wissen, was die Welt – auch mich als ein Teil von ihr – im Innersten zusammenhält. Wie alles funktioniert. Das war ja auch schon der Wunsch von Goethes „Faust“ gewesen.
Konkret hieße das gleich drei Studiengänge zu belegen: Psychologie, Medizin, Theologie, vielleicht noch Philosophie. Unmöglich, das war mir klar. Aber etwas in mir sagte: Doch, das geht!
Du kannst genau in diesen verschiedenen Themen gleichzeitig wachsen! Zum Glück sprach ich mit niemandem darüber, der mir die Unmöglichkeit meines Wunsches vor Augen geführt hätte, sondern blieb im Vertrauen, dass die Genialität des Lebens selbst mir zur Hilfe kommen würde.
Merke: Wenn Du große Wünsche hast, die unmöglich erscheinen, lebe mit der Powerfrage: „Was wäre, wenn es eine Möglichkeit gäbe, die außerhalb meiner jetzigen Wahrnehmung läge?“
Folge den Impulsen aus Deinem Inneren und ertrage auch die Leere, wenn sich noch keine Antworten einstellen. Sie brauchen manchmal, um sich zu manifestieren. Und teile Deine Vision nur mit Menschen, die Visionen halten können und nicht mit einem limitierenden sog. „Realitätsbewusstsein“ das zarte Gebäude zerstören.
Ich war also nun eingeschlafen mit der Bitte um Anweisung und Führung. Als ich am nächsten Morgen in die Küche ging, lag dort wie zufällig auf dem Tisch die Broschüre einer Heilpraktiker Schule, die ihre Ausbildung vorstellte. Ich blätterte das Heft durch. Der Beruf des Heilpraktikers hatte für mich etwas „Altbackenes“, es rief mich nicht, konnte ich in meiner Vorstellung und noch weniger in dieser Broschüre, meine Vision in diesem erkennen.
Gedankenverloren blätterte ich durch das Heft, wieder und wieder. Bis plötzlich meine innere Stimme in ganz besonderer Klarheit zu mir sagte:
„Hole die „Gelben Seiten“!“
(Anmerkung für alle, die jüngerer Generation sind als ich: Die Gelben Seiten war eine Art Telefonbuch, also aus Papier, in dem sämtliche Betriebe, Unternehmen, Geschäfte und Dienstleister vertreten waren und in dem man per Hand nachschlug, um eben diese zu finden).
Und dann die nächste Anweisung meiner inneren Stimme: „Hamburg!“
Und als nächstes: „Heilpraktiker Schulen.“
Ich hatte gelernt, in solchen Momenten einfach zu vertrauen und zu folgen und keine „dummen Fragen“ zu stellen und damit den Flow zu stören.
Ich folgte also dem Impuls und setzte meinen Zeigefinger oben auf der Seite an. Es gab unglaublich viele Heilpraktiker Schulen in Hamburg… „Gehe mit dem Finger nach unten“, kam der Impuls.
Und dann: „Stopp!“
Ich hatte Gänsehaut am ganzen Körper und zitterte voller Freude und Anspannung zugleich. Etwas Besonderes, ja, geradezu Heiliges passierte hier. Etwas Kostbares, auf das ich so lange gewartet hatte!
„Ruf dort an, jetzt!“, hatte ich den Impuls.
Zum Glück war ich allein im Haus und konnte in Ruhe telefonieren. Eine freundliche Frauenstimme war am anderen Ende. Sie erzählte mir von der Ausbildung zum Heilpraktiker. Nach den ersten Sätzen wusste ich:
Das. Ist. Es.
Medizin, Psychologie, Psychosomatik (das Zusammenspiel von Psyche und Körper), Philosophie in Form von Astrologie, Seelenlehre… - alles das, was ich mir so gewünscht hatte!
Konnte das wahr sein?
Ich hörte ihr kaum noch zu, denn ich hatte mich schon längst entschieden. „Wann geht es los?“ unterbrach ich sie irgendwann. Die Ausbildung hatte bereits begonnen, am Vortag und ich könnte direkt mit einsteigen!