BERLIN - Eugen Szatmari - E-Book

BERLIN E-Book

Eugen Szatmari

0,0

Beschreibung

Eugen Szatmaris schwelgerisch-feuilletonistischer Reiseführer entführt uns in das Berlin von 1927 und ermöglicht uns wertvolle Einblicke in die damalige Zeit. Als E.T.A. Hoffmann und Heinrich Heine bei Lutter und Wegner täglich ihren Wein tranken. Als Richard Tauber mit Rudolfo Valentino und Charlie Chaplin noch einen Schlummertrunk an der Bar im Adlon kippte. Als sich Alt und Jung im Jänner beim großen Bockbierfest trafen. Im Jahr 1927 erschien in der Buchreihe Was nicht im Baedeker steht ein beredter Berlin-Reiseführer. Der Journalist und Autor Eugen Szatmari beschreibt in eloquentem Stil die Stadt, in der er jahrelang lebte. In 23 Kapiteln wird uns das damalige Berlin nähergebracht: Essen und Trinken, die angesagtesten Lokale und Hotels, Kunst & Kultur. Szatmari widmete sein Interesse aber auch abgelegeneren Orten wie der Berliner Unterwelt. Oder den Berliner Redensarten. Der "Nacht der Zwanzigtausend". Und das Kapitel "Das Volk von Berlin" ist eine Liebeserklärung an die 4 Millionen Berliner, die "obwohl sie auf die Stadt schimpfen, neben manchen Eigenheiten der Herkunft ihre Sprache, die Denkart und den Mutterwitz von ihr, und nur von ihr haben". Das Buch beinhaltet alles, was der Tourist und Einheimische über die damals drittgrößte Stadt der Welt wissen musste. Apropos, wussten Sie: … dass man im Restaurant Horcher abends Elisabeth Bergner Austern schlürfen sah? … dass man zum Hundegustav ging, wenn man echte Verbrecher sehen wollte? … dass das alljährliche Sechstagerennen eine Woche lang Berlins größtes Ereignis war, und Conrad Veidt, Emil Jannings und Käthe Dorsch treue Fans? … dass im Augustkeller erst nach der Polizeistunde der eigentliche Betrieb begann? Der beliebteste Reiseführer der späten 1920er Jahre. Mit einem interessanten Nachwort von Magnus Klaue. "Und das ist auch ein klein wenig Berliner Poesie, wie sie da in den Gärten an den Ufern sitzen, auf die Ruderboote gucken, deren Lichter auf dem Wasser hin- und herschwanken, wie sie auf harten Stühlen lange Stunden sitzen bleiben, weil sie doch auch etwas vom Sommer haben wollen, wie sie dann ganz langsam aufstehen, um sich wieder hineinrütteln zu lassen in die dumpfen Straßen bis zu den Mietskasernen. Das Volk ist ja gar nicht so unbescheiden und schlimm, wie die von ihm sagen, die es nicht kennen. Es ist laut, weil die Stadt laut ist, aber es kann ganz leise und andächtig sein, wenn ein Stück vom Sommerabend sich über die Ufer der Spree senkt."

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 256

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



EUGEN SZATMARI (1892–1952)

Geboren am 23. Januar 1892 in Budapest, war ein in deutscher und ungarischer Sprache schreibender Journalist, Übersetzer sowie Buch- und Drehbuchautor. Er schrieb in den frühen 1920er-Jahren Deutschland-Reportagen für das deutschsprachige Prager Tagblatt in Böhmen und arbeitete auch als Redakteur für das Berliner Tageblatt. Für den Piper Verlag verfasste er 1927 den Auftaktband der 16-bändigen Reihe Was nicht im »Baedeker« steht für Berlin, wo er von 1925 bis 1933 lebte. Auch für mehrere Drehbücher deutscher und ungarischer Spielfilme zeichnete er allein oder im Autorenkollektiv verantwortlich. 1934 kehrte er nach Ungarn zurück.

Nach 1945 journalistische Tätigkeit für die Basler Nachrichten und die Hearst Newspapers. 1950 wurde Szatmari aus politischen Gründen verhaftet, er starb 1952 im Gefängnis.

Der beliebteste Reiseführer

der 1920er Jahre

Berlin

VON EUGEN SZATMARI

Mit Originalzeichnungen von

Rudolf Großmann, Erich Godal,

Dolbin, Derso, Conny, Adalbert

Sipos und Heinrich Zille

Mit einem Nachwort von

Magnus Klaue

INHALT

Ankunft in Berlin

Tipps für den Automobilisten

Wo wohnt man in Berlin?

Vormittagsspaziergang durch Berlin

Zwischen Wilhelmstraße und Platz der Republik

Wo isst man in Berlin?

Um fünf Uhr nachmittags …

Wenn der Vorhang sich hebt

Die flimmernde Leinwand

Das Romanische Café

Das Künstlervölkchen

Berliner Nächte

Die Unterwelt Berlins

Der grüne Rasen

Die Nacht der Zwanzigtausend

Berliner Bälle

Das musikalische Berlin

Das Volk von Berlin

Berliner Redensarten

Berliner Wochenende

Will der Herr Graf ein Spielchen wagen?

Potsdam

Nachwort

Sachregister

Personenregister

ANKUNFT IN BERLIN

Erster Eindruck auf dem Bahnhof. –

Berlin lockt zu jeder Saison.

Erster Eindruck

Der Reisende, der in einer fremden Stadt eintrifft, erhält seinen ersten Eindruck auf dem Bahnhof, und mag dieser Eindruck auch noch so falsch, noch so verzeichnet sein – er ist eben der erste und nicht zu unterschätzen. Der erste Berliner, den der Fremde sieht, ist der Gepäckträger, die erste Berliner Einrichtung der Schutzmann, der die Automarken verteilt. Und er wird seinen ersten Eindruck von diesem Gepäckträger herleiten, von diesem Schutzmann, von den vielen Tafeln mit strengen Inschriften, die er auf dem Bahnhof sieht und auch von dem Auto, das ihn in sein Hotel bringen soll.

Träääger!

Der Gepäckträger ist nun ein braver, freundlicher Mann, dem man auch den Gepäckschein gibt, damit er das große Gepäck auslöst. Will man etwas auf dem Bahnhof hinterlassen, so führt der Gepäckträger zur Aufbewahrungsstelle. Die Tafeln mit den strengen Inschriften werden wohl manchem Fremden auffallen, und er wird sich denken, wie der brave Henri Béraud, dass hier alles verboten sei, aber man möge doch nur zwei Minuten lang überlegen, und wird dann wohl einsehen, dass diese Tafeln sehr nützlich sind, denn auf einem Berliner Bahnhof wird sich selbst der unerfahrenste Fremde viel leichter zurechtfinden, als zum Beispiel auf dem Gare de Lyon, wo man stundenlang suchen muss, bis man den Gepäckschalter findet.

In dem Schupomann, der unten steht, die Automarken verteilt und dem Fremden die erste Bekanntschaft mit der oft genannten Berliner Polizei vermittelt, wird der Fremde einen höflichen und freundlichen Beamten finden, der ihm sehr gern eine Auskunft geben wird, und wenn er es nicht tun kann, so wird er den Fremden an das Auskunftsbüro des betreffenden Bahnhofs weisen, wo jede Auskunft erhältlich ist.

Die ersten zwei Berliner, die der Fremde kennenlernt

Altertümliche Gefährte

Anders verhält es sich schon mit den Autos. Die Autos, die an den Berliner Bahnhöfen stehen, sind ein Missgriff der Verkehrspolizei. Denn eben infolge des Nummernsystems, das den Reisenden zwingt, jenes Auto zu nehmen, das ihm der Schupomann zugewiesen hat, sammeln sich an den Berliner Bahnhöfen Tag für Tag alle jene altertümlichen und altehrwürdigen Gefährte, die sonst niemals eine Fuhre bekommen würden und eigentlich ins Museum oder auf den Alteisenhaufen gehören. Es ist freilich ein Unsinn, dass der Fremde, der in Berlin ankommt, gezwungen wird, sich in eine Klappermühle zu setzen, die offenbar aus den Kinderjahren des Automobils stammt, aber die hohe Verkehrspolizei hat sich bisher noch nicht überreden lassen, diesen Museumskarren die Umgebung der Berliner Fernbahnhöfe zu verbieten, und so ist es meine Pflicht, dem Fremden zuzurufen, dass die Berliner Bahnhofsautos nicht die besten, sondern die allerältesten Autodroschken der Stadt sind.

Ein zweiter Nachteil dieser Methode ist der, dass man das zugeteilte Auto nicht rasch genug finden kann. Die Reihenfolge, in der die Nummern ausgegeben werden, stimmt nämlich durchaus nicht mit dem Standplatz des Autos überein, sodass man leicht die ganze Reihe von Wagen ablaufen muss, bis man das zugeteilte Fahrzeug findet. Durch diese unverständliche Art der Regelung ist also die Abfahrt vom Bahnhof für den Fremden erschwert.

Wirbelndes Chaos

Mit Ausnahme des Bahnhofs Charlottenburg, des Schlesischen Bahnhofs und vielleicht auch noch des Lehrter Bahnhofes stehen die Berliner Bahnhöfe mitten in der Stadt und ihre Treppen führen mitten in das wirbelnde Chaos des Berliner Verkehrs hinein. Wer am Bahnhof Friedrichstraße ankommt, den setzt der Zug gleich inmitten des heftigsten Verkehrsorkans ab und selbst, wenn er die allerehrwürdigste Autodroschke aufgefischt haben sollte, wird er sogleich ein Bild von dem mörderischen Spektakel bekommen, mit dem Berlin sein Arbeitsjoch zieht – um seine Ohren werden die Schreie der Autohupen gellen, die roten und grünen Lichter der Verkehrssignale in seine Augen blinken.

Aufenthaltsbewilligung

Mit der Polizei wird der Fremde sonst nicht allzu oft in Berührung kommen. Eine Anmeldepflicht besteht, aber die Anmeldung wird durch die Hotels automatisch besorgt. Wer privat absteigt, muss sich anmelden und die Anmeldung abstempeln lassen. Läuft sein Sichtvermerk ab, oder bleibt er so lange, dass er einer Aufenthaltsbewilligung bedarf, so muss er allerdings persönlich zum Revier und von dort auf das Polizeipräsidium gehen, aber diese Prozeduren werden jetzt ziemlich schnell und reibungslos abgewickelt. Die Schlangen, die früher so gefürchtet waren, gehören der Vergangenheit an – das Fremdenbüro des Polizeipräsidiums arbeitet schnell und höflich.

Rundfahrten für Fremde, die sich Berlin kurz und schmerzlos ansehen wollen, gibt es mehrere. Der Hotelportier gibt darüber Auskunft. Dann besteigt der Wissbegierige einen Riesenautobus, fährt hübsch rund um die Stadt und wird durch einen Cicerone über die Sehenswürdigkeiten aufgeklärt.

Die beste Zeit für Berlin

Wann soll man nach Berlin kommen? Zu welcher Zeit, wenn man in der Reichshauptstadt nicht gerade geschäftlich zu tun hat, sondern zu seinem Vergnügen reist? Vor dem Kriege hatte Berlin, wie auch die anderen großen Fremdenstädte Europas, in den Sommermonaten von Mai bis September den stärksten Besuch. Die besten Monate waren die internationalen Reisemonate, Juli und August. Nach dem Kriege hat sich das Bild geändert: Die Monate mit dem stärksten Fremdenverkehr sind jetzt März, Oktober und November, wogegen Mai und Juni, aber auch noch der Juli den schwächsten Besuch aufweisen. Diese Erscheinung hat ihren Grund vielleicht darin, dass Berlin keine »Saison« hat. In den Wintermonaten lockt das heiß pulsierende künstlerische Leben Berlins viele Fremden an: Ist doch Berlin die größte Theaterstadt Europas und vielleicht die größte Musikstadt der Welt – von April bis September glaubt aber der Fremde, dass ihm Berlin im Gegensatz zu Paris und Baden-Baden, zu Rom und London, wo Mai und Juni ausgesprochene Saisonzeiten sind, nichts zu bieten vermag.

Im Sommer

Das ist zum Teil vielleicht richtig, aber nur zum Teil. Die Opernhäuser sind zwar geschlossen, doch lediglich im Juli und August, ebenso die Konzertsäle, und die großen Jahresausstellungen finden zwar auch nicht im Sommer statt, aber trotzdem kann Berlin auch in dieser Zeit vieles bieten. Es hat seine Rennplätze, sein prachtvolles Stadion, seine großen Ausstellungen. Auf der Avus werden die größten Autorennen im Sommer ausgetragen, Tennisturniere locken nach dem Grunewald, Motorbootrennen nach dem Wannsee, die große Regatta nach Grünau. Und noch eines: Berlin hat eine der reizendsten Umgebungen unter allen Großstädten Europas.

Zudem will das Berliner Fremdenverkehrsamt, geleitet von dem ewig lächelnden, stets freundlichen und eminent tüchtigen Direktor Schick und von dem vor Vitalität übersprudelnden, ideenreichen Karl Vetter, der wie gar so viele tüchtige Leute aus der Zeitungsbranche kommt, nun im Sommer besondere Anstrengungen machen: Operngastspiele sollen veranstaltet werden mit berühmten Kräften, Theateraufführungen allerersten Ranges, auf dem riesigen Messegelände sollen besonders interessante Ausstellungen stattfinden, im Stadion werden sich große Sportfeste abspielen. Man will in Berlin eine Saison schaffen, die die Lücke ausfüllen soll, umso mehr, als die Berliner Fremdenindustrie immer wieder die Klage erhebt, dass die meisten Fremden, die in den Sommermonaten nach Berlin kommen, nur recht kurze Zeit bleiben. Trotzdem – die Statistik beweist, dass Berlin eine Fremdenstadt erster Ordnung ist. Im vergangenen Jahre kamen 1.600.000 Fremde nach Berlin, darunter 30.000 Amerikaner. Und die vielen Gäste aus dem Dollarland wären gewiss nicht gekommen, wenn ihnen Berlin nichts zu bieten hätte.

Abreise

Fliegen

Wer Sorgen wegen seiner Abreise hat und sich nicht vom Hotelportier die für die Abreise notwendigen Billetts besorgen lässt, findet Unter den Linden ein halbes Dutzend Reisebüros, wendet sich aber, wenn er nach einer anderen deutschen Stadt oder nach dem näher gelegenen Ausland weiterreisen will, zweckmäßiger an das amtliche Reisebüro im Gebäude des Potsdamer Bahnhofs, wo er Fahrkarten und Schlafwagenplätze zu den offiziellen Preisen, ohne Aufschlag erhalten kann. Wer internationale Verbindungen, insbesondere die Expresszüge oder Schlafwagen der Waggon-Lits benutzen will, der wendet sich an die Berliner Agentur der Internationalen Schlafwagengesellschaft Unter den Linden. Über Fluglinien und Flugverkehr überhaupt gibt die Deutsche Lufthansa Auskunft, deren Reisebüro sich gleichfalls Unter den Linden befindet, wo auch die Vertretungen des Norddeutschen Lloyd und der Hamburg-Amerika-Linie zu finden sind. Für den Fremden, der größeres Gepäck hat und nicht in einem Hotel wohnt, ist auch der Gepäckzustelldienst der Bahnhöfe zu empfehlen. Das Gepäck wird in der Wohnung abgeholt und man erhält es am Bahnhof gegen eine geringe Gebühr ausgefolgt.

Auch bei der Ankunft kann man das Gepäck an den Schaltern des Zustelldienstes abgeben. Allerdings erhält man das Gepäck erst einen Tag später zugestellt. Sobald man das Gepäck vom Träger übernommen und im Coupé verstaut hat, gehe man womöglich nicht mehr aus dem Waggonabteil heraus und behalte Gepäck und abgelegte Kleidungsstücke ständig im Auge. Die Berliner Bahnhofsdiebe sind sehr flink und in den Abteilen der Züge, die auf die Abfahrt warten, werden sehr viele Gepäckdiebstähle verübt. Die Bahnhofspolizei ist zu schwach und nicht imstande, diese Diebstähle ganz abzustellen. Es bleibt daher nur der Selbstschutz des Reisenden übrig.

TIPPS FÜR DEN AUTOMOBILISTEN

Strenge Verkehrsvorschriften –

Brennpunkt Alexanderplatz – Hotelgaragen.

Strenge Vorschriften

Heutzutage, wo das Auto sich immer mehr zu einem vollwertigen Verkehrsmittel entwickelt hat, das nicht nur zum innerstädtischen Verkehr, sondern auch zu langen Touren geeignet ist, wird es gewiss viele Leute geben, die nicht mit der Eisenbahn in der Reichshauptstadt eintreffen, sondern als Touristen mit dem Auto kommen, sei es, dass sie einen Chauffeur besitzen, sei es, dass sie den Wagen selbst lenken. Da Berlin sehr strenge Verkehrsvorschriften hat, die sich angesichts des geradezu unheimlich anwachsenden Verkehrs als unbedingt notwendig erwiesen haben, so erscheint es nötig, den Automobilisten mit einigen Tipps zu unterstützen.

Das Hineinfahren in eine Stadt ist immer leichter als das Hinausfahren, denn jede Chaussee mündet schließlich irgendwie in die Stadt, die als eine Art Riesenmagnet alle Wege einfängt. Immerhin will ich an erster Stelle kurz erwähnen, in welche Straßenzüge die großen Oberlandchausseen münden, die den Autofahrer nach Berlin bringen.

Von Hamburg her führt die große Heerstraße an Döberitz vorbei und mündet in den Kaiserdamm, von wo aus durch Bismarckstraße und Charlottenburger Chaussee ein gerader Weg zum Herzen Berlins, zu der Straße Unter den Linden, führt. Von Warnemünde und also von Kopenhagen kommend, gelangt man in die gleiche Chaussee, während der Weg aus Swinemünde, über Prenzlau kommend, durch Pankow geht und in die Prenzlauer Allee mündet, von wo aus man zweckmäßig über den Alexanderplatz in die Stadt gelangt.

Alexanderplatz

Der Alexanderplatz ist überhaupt der große Brennpunkt aller Zufahrtsstraßen, die vom Osten und Norden her nach Berlin führen. Hier mündet die Stettiner Chaussee, die durch Weißensee nach Berlin hineinführt, dann die aus Frankfurt an der Oder und Küstrin kommenden Straßen, die durch Lichtenberg gehen und dann durch die Frankfurter Allee Berlin erreichen. Wer aus Prag, aus Wien oder aus Budapest kommt, der gelangt durch Mariendorf, Tempelhof und durch die Belle-Alliancestraße fahrend zum Halleschen Tor, während man aus Leipzig entweder durch Torgau und Jüterbog fährt, um dann ebenfalls am Halleschen Tor zu landen, oder aber man nimmt den Weg über Bitterfeld, Wittenberg und Potsdam, um dann durch die Avus nach Berlin zu gelangen. Durch Potsdam werden auch jene fahren, die aus der Schweiz oder aus Italien kommen und den Weg über Halle nehmen, wie auch diejenigen Touristen, die durch Magdeburg und Brandenburg aus dem Westen kommen. Potsdam ist das große Sammelbecken der aus dem Westen und Südwesten nach Berlin führenden Wege, und der Automobilist gelangt aus Potsdam durch Wannsee und die Avus schnell und bequem nach Berlin.

Die Garagenfrau

Hotelgaragen

Ein Problem, das für den Automobilisten von größter Bedeutung ist, das aber in Berlin nur sehr unzureichend gelöst wird, ist die Garagenfrage, denn an Garagen, insbesondere an richtigen Großgaragen, die auch für den fremden Autofahrer in Frage kommen könnten, leidet Berlin ausgesprochenen Mangel. Im Zentrum gibt es fast keine Großgaragen, und was da vorhanden ist, ist meistens voll besetzt. Im Westen und Norden kann man schon eher geeignete Garagen finden, aber auch in diesen ist es nicht leicht, seinen Wagen unterzustellen, denn die meisten Garagen sind schon mit Berliner Autos überfüllt. Die Einrichtung der Hotelgaragen ist in Berlin unbekannt – allerdings stehen viele der großen Hotels mit einigen Garagen in Verbindung, sodass in diesen Hotels wohl die Portiers eine Garage empfehlen können, wobei allerdings keineswegs dafür garantiert werden kann, dass in der betreffenden Garage dann auch eine Box frei sein wird. Eine sehr gute Garage ist im Westen die Telosgarage am Kurfürstendamm, ferner einige Garagen in Halensee, die Garage in der Wilmersdorfer Straße, die Mommsengarage, die Garage in der Nestorstraße, Nestorgarage, im Zentrum die Luisengarage und die Garage neben dem Postscheckamt. Die Unterstellung kostet in diesen Garagen durchschnittlich 2,50 bis 3 Mark täglich, ohne Waschen. Der Herrenfahrer, der seinen Wagen auch waschen lassen will, muss diese Arbeit pro Stunde bezahlen. Reparaturwerkstätten und Monteure finden sich in jeder Garage, wenn man aber seinen Wagen gründlich nachsehen lassen will, so tut man gut daran, sich an die Generalvertretung der Fabrik, deren Auto man fährt, zu wenden, die sehr gern einen Spezialmonteur zu Verfügung stellen wird. Insbesondere ist dies ausländischen Fahrern zu empfehlen, die bestimmt besser dran sein werden, wenn sie ihren Wagen durch einen Monteur nachsehen lassen, der die Maschine ganz genau kennt.

Zollvorschriften

Die Einfuhr- und Zollvorschriften sind für Deutschland genau die gleichen, wie für die anderen europäischen Staaten. Ein Tryptique, das man bei seinem heimatlichen Automobilklub erlangen kann, genügt, der Wagen muss ein Schild mit dem Zeichen seines Heimatlands tragen, muss den deutschen Beleuchtungsvorschriften usw. genügen, und der Führer oder die Führer müssen mit einem internationalen Fahrausweis ausgestattet sein.

Verkehrsvorschriften

Wichtig für den Fremden, insbesondere aber für den Ausländer, sind die Verkehrsvorschriften, umso mehr, da sie in Deutschland noch durchaus nicht einheitlich geregelt sind und jede Stadt über eigene Verkehrsvorschriften verfügt. Während man zum Beispiel in Hamburg an einer Straßenbahnhaltestelle, an der gerade ein Wagen hält, überhaupt nicht vorbeifahren darf, ist dies in Berlin gestattet, allerdings in Schritttempo. Wichtig ist vor allem der Grundsatz des RECHTSFAHRENS, denn es gibt in Europa auch zahlreiche Länder, in denen links gefahren werden muss, wogegen in Deutschland das Rechtsfahren allgemeine Vorschrift ist.

Die verkehrsreichsten Straßen in Berlin gelten als sogenannte Verkehrsstraßen erster Ordnung. In diesen Straßen – wie Friedrichstraße, einem Teil der Charlottenstraße, Friedrich-Ebert-Straße, Joachimstaler Straße, Potsdamer Straße und Tiergartenstraße – darf kein Fahrzeug wenden, und von 3 bis 7 Uhr nachmittags darf in diesen Straßen kein Wagen längere Zeit halten. Wer seinen Wagen warten lassen will, muss mit ihm in die nächste Querstraße fahren und ihn dort stehen lassen. Sitzt der Fahrer nicht am Steuer, so darf der Motor nicht laufen. Er muss abgestellt werden, wenn der Fahrer den Wagen verlässt. In Straßen, die nur einen Fahrdamm haben, aber nach beiden Richtungen hin befahren werden, darf auch zum Überholen anderer Fahrzeuge – man muss stets links überholen – nicht über die Straßenmitte hinausgefahren werden. Einbiegen darf man stets nur in Schritttempo. Autos, die nach links einbiegen, müssen den Bogen so weit ausfahren, dass sie stets rechts vom Mittelpunkt der Straßenkreuzung bleiben, während beim Einbiegen nach rechts der kleinste mögliche Bogen genommen werden muss. Wie bereits erwähnt, darf an einer an der Haltestelle haltenden Straßenbahn vorbeigefahren werden, aber nur in einem Abstand von mindestens einem Meter von der Bahn und in Schritttempo. Das Halten fünf Meter vor und ebenso viel hinter den Haltestellen der Straßenbahnen und der Autobusse ist verboten. Auf Plätzen, Straßenkreuzungen und Brücken darf man andere Kraftfahrzeuge niemals überholen.

Besonders zu achten ist auf die Lichtsignale, mit denen jetzt in der City der Verkehr allgemein geregelt wird. Diese Lichtsignale werden von den sogenannten Verkehrsampeln gegeben, die über den Straßenkreuzungen hängend angebracht sind. Auf dem Potsdamer Platz, wo der Verkehr am stärksten ist, werden sie von einem Verkehrsturm aus gegeben.

Halt!

Achtung!

Straße frei!

Das rote Licht bedeutet »Halt«. Es sperrt die Straße, und jedes Fahrzeug muss beim Erscheinen des roten Haltsignals so weit vor dem für den Fußgängerverkehr mit weißen Strichen bezeichneten Schutzweg halten, dass kein Teil des Wagens die Striche überragt. Das gelbe Licht bedeutet »Achtung« und kündet den nahen Wechsel an. Auf dieses Signal hin darf in der bisher freigegebenen Straße kein Wagen mehr kreuzen. Die bereits an der Kreuzung befindlichen Wagen haben sie schnellstens zu verlassen und die vor ihr haltenden Fahrzeuge haben sich zum sofortigen Anfahren fertig zu machen. Das grüne Licht schließlich bedeutet »Straße frei«, und gibt die Straße für den Wagenverkehr frei. Wagen, die in eine gesperrte Straße nach rechts einbiegen wollen, dürfen die kurze Biegung in Schritttempo ausführen, Wagen dagegen, die nach links einbiegen wollen, dürfen die Biegung in die gesperrte Straße erst dann ausführen, wenn wieder das gelbe Licht erscheint. Bis dahin haben sie auf der Kreuzung hintereinander – nicht nebeneinander – zu halten. Wo es keine Lichtsignaleinrichtungen gibt, wo aber eine Regelung erforderlich ist, wird diese Regelung durch einen Schupobeamten ausgeführt, und zwar durch entsprechende Armbewegungen. Der waagerecht ausgestreckte Arm bedeutet dann für die Fahrzeuge, die von vorn und von hinten kommen, »Halt«. Der hocherhobene Arm bedeutet »Achtung«. Winken in der Fahrtrichtung bedeutet »Freie Fahrt«.

Wichtig sind auch die sogenannten Einbahnstraßen, die nur in einer Richtung befahren werden dürfen. Besonders am Lützowufer, an der Königin-Augusta-Straße, am Schöneberger Ufer, ferner in der Gegend des Alexanderplatzes, wo es eine ganze Menge von kleineren und größeren Einbahnstraßen gibt, wird der fremde Autofahrer gut daran tun, auf das Zeichen der Einbahnstraße zu achten. Sie wird auf der Einfahrtsseite durch einen weiß-roten Pfeil in der zugelassenen Fahrtrichtung gekennzeichnet, während auf der Ausfahrtseite ein rundes weiß-rotes Schild mit drei schwarzen Punkten die Einfahrt verbietet …

Höflich, aber streng

Da diese Art Verkehrsregelung nicht allerorts bekannt ist, wird der nach Berlin kommende Autotourist gut daran tun, sich die Vorschriften zu merken, wenn er keine Unannehmlichkeiten haben und keine Strafe bezahlen will. Die Beamten der Verkehrspolizei sind höflich, aber streng, und die Strafen sind manchmal recht empfindlich bemessen. Es ist auch jedem zu raten, die vorgeschriebene Fahrgeschwindigkeit von 35 Kilometer nicht zu überschreiten und von der Hupe weitgehenden Gebrauch zu machen – in seinem eigensten Interesse. Die Berliner Chauffeure, insbesondere die Droschkenchauffeure, fahren nicht gerade rücksichtsvoll, und die meisten Unfälle ereignen sich gerade an den »stillen« Straßenkreuzungen, an denen keine Beamten stehen, und wo jeder Droschkenchauffeur glaubt, mit Vollgeschwindigkeit durchrasen zu können.

WO WOHNT MAN IN BERLIN?

Die Luxushotels – Das berühmte Adlon –

Abendessen im Hotel – Tipps für den kleinen Beutel.

Eine hotelarme Stadt

Eine Frage, die eigentlich nicht leicht zu beantworten wäre, die man aber in Berlin erheblich leichter beantworten kann als in anderen Großstädten, weil Berlin im Verhältnis zu seiner Ausdehnung, zu seiner wirtschaftlichen und politischen Bedeutung, vor allem aber im Verhältnis zu seinem Fremdenverkehr eine ausgesprochen hotelarme Stadt ist. Die großen Hotels kann man an den Fingern abzählen, und zwar nicht nur die Luxushotels, sondern auch jene Häuser, die zwar nicht als Luxushotels gelten – was sie vielleicht auch gar nicht wollen –, die aber dem Fremden mit ruhigem Gewissen empfohlen werden können. Die Luxushotels und die Hotels ersten Ranges sind durchweg sehr bequem und mit jedem modernen Komfort versehen, besonders die kleineren Häuser sind in Berlin vielleicht noch bequemer eingerichtet als in anderen Städten. In jedem guten bürgerlichen Berliner Hotel kann man heute sein Zimmer mit fließendem Wasser und Telefon bekommen, wenn auch die Errungenschaften des modernen amerikanischen Hotelbaues hier noch nicht bekannt sind. Es mag aber dahingestellt bleiben, ob jene fast vollkommen maschinelle Einrichtung der Bedienung, wie sie die amerikanischen Hotels eingeführt haben, wirklich eine Errungenschaft ist …

Hotel Adlon – Europa

Berlins bekanntestes Hotel ist zweifellos das HOTEL ADLON. Schon kraft seines Namens. Denn Grand Hotels und Bristols, Imperials und Excelsiors, Savoys und Continentals gibt es fast in jeder großen Stadt, aber ein Hotel Adlon gibt es nur in Berlin, genauso wie es ein Hotel Sacher oder ein Hotel Meißl und Schadn nur in Wien gibt. Die alte Anekdote von dem Brief, der aus Amerika mit der Adresse: Hotel Adlon, Europa, eintraf und auf dem kürzesten Wege befördert wurde, kann leicht wahr sein – das Adlon dürfte im Ausland Berlins bekanntestes Hotel sein. Das ergibt sich schon aus der Tatsache, dass es ein Hauptquartier der Politik, der Diplomatie und der Presse ist. Fremde Diplomaten und Journalisten, die Berlin aufsuchen, wohnen zumeist im Adlon, wo seinerzeit auch die französische Militärmission, damals noch mit General Nollet an der Spitze, untergebracht war, und ich erinnere mich noch sehr lebhaft an die bedeutende Rolle, die das Adlon in den Tagen des Kapp-Putsches gespielt hat, als die ganze internationale Presse in der Halle dieses Hotels saß. Wie weit die Berühmtheit des Hotels Adlon gerade in Amerika geht, beweist der Umstand, dass, als die »Chicago Tribune«, eine der größten Zeitungen der Staaten, sich entschloss, in Berlin ein eigenes Büro zu errichten, der hiesige Korrespondent des Blattes den strikten Auftrag bekam, das Büro im Gebäude des Adlon einzurichten – koste es, was es wolle …

Valentino, Chaplin, Negri, Fairbanks, Pickford, Reinhardt

Für Diplomaten und Politiker ist also das Adlon der geeignetste Aufenthalt in Berlin – und für Journalisten erst recht. Aber auch Künstlern und insbesondere Filmschauspielern würde ich – da ich nun einmal vollkommen uneigennützig diese Ratschläge gebe – zum Adlon raten, wenn sie mich befragen würden, wo sie in Berlin absteigen sollen. Denn Rudolph Valentino hat ebenso im Adlon gewohnt wie Pola Negri oder Charlie Chaplin, wie Douglas Fairbanks und Mary Pickford, wie Frieda Hempel und der Kammersänger Tauber. Auch Morris Gest, der größte Theatermanager der Welt, pflegt stets im Adlon abzusteigen mit seinem Freund Rudolf Kommer, der Max Reinhardt nach Amerika gebracht hat; und auch Sam Rachmann, der große Vermittler, hatte sein Hauptquartier hier aufgeschlagen, als die deutsche Künstlerwelt noch mit schüchternen Augen nach dem Lande jenseits des großen Teichs schielte.

Die Halle des Adlon ist ein Kapitel für sich. Da herrscht ein geschäftlicher und geschäftiger Betrieb erster Ordnung, und es ist keine Übertreibung, wenn ich sage, dass es Leute gibt, die diese Hotelhalle als ständiges Büro benutzen. In der einen Ecke sitzen sehr geheimnisvoll zwei Industriekönige nebeneinander, in der anderen lässt sich Arnold Rechberg interviewen, und am dritten Tisch kommt soeben ein amerikanischer Filmvertrag zustande. Eine Zeit lang galt die Halle des Adlon als Hauptquartier der großen Vermittler. Generaldirektor Bratz, der ewig junge, beschaffte hier eine Million nach der anderen für die Ufa, und wenn der Oberkellner, der in der Halle bedient, einmal seine Memoiren schreiben würde, so könnte er gewiss Wertvolles zur Zeitgeschichte Berlins beisteuern. Pagen laufen in ihren himmelblauen Jacken hin und her, rufen Namen aus, es herrscht ein ewiges Kommen und Gehen, auf silbernen Tabletts werden Besuchskarten präsentiert, schöne Frauen passieren auf dem Wege zum Fünf-Uhr-Tee die Halle. Gerüchte, Klatsch, Börsentipps, gesellschaftliche Sensationen und Nichtsensationen schwirren in der Luft.

Das Gespräch in der Adlonhalle: »Also … mindestens hunderttausend …«

Aber das Adlon hat auch andere Gäste. Der erste gekrönte Herrscher, der seit Kriegsende durch Berlin reiste, König Gustav von Schweden, ist im Adlon abgestiegen. Hier hat der Maharadscha von Kutsch gewohnt, und hier wohnt stets, wenn er nach Berlin kommt, auch eine andere Fürstlichkeit, nämlich Gerhart Hauptmann. Das Adlon spielt in Berlin dieselbe Rolle, wie das Ritz in Paris. Hier wohnen die reichen Amerikaner – zum größten Teil –, denn sowohl der Herr des Hauses, Louis Adlon, wie sein getreuer Generalstabschef Generaldirektor Kretschmar haben es verstanden, während wiederholter Besuche in den Staaten die Sympathien der Fifth Avenue für das Hotel Adlon zu gewinnen.

Die großen Hotels: Bristol

Ebenso international wie das Adlon sind noch BRISTOL und ESPLANADE, während der Kaiserhof viel eher ein Hotel der deutschen Gesellschaft ist. Im Bristol wohnt man vielleicht ruhiger als im Adlon – der Betrieb des Highlife ist nicht so groß. Hier pflegt der Zar Ferdinand von Bulgarien abzusteigen, wenn er aus Koburg eine kurze Reise nach Berlin unternimmt, und auch der Fürst Bülow wohnt im Bristol – zumeist im selben Appartement im ersten Stock –, wenn er seine schöne Villa Malta in Rom verlässt, um der Reichshauptstadt einen Besuch abzustatten. Fürst Fugger, Fürst Hohenlohe, Fürst Lynar, die Fürstin von Pleß sind ebenso Stammgäste des Bristol wie der ungarische Minister Baron Szterényi, Franz Lehár, der Sänger Schaljapin, oder, um Namen zu nennen, die aus der Hautevolee der deutschen Wirtschaft stammen, der Geheimrat von Opel, Generaldirektor Dr. Porsche, Generaldirektor Köngeter und manche Diplomaten. Im Bristol war auch der finnische Diktator General Mannerheim abgestiegen, und hier hat auch der Generalsekretär des Völkerbunds Sir Eric Drummond gewohnt, als er Berlin zum ersten Mal einen Besuch abstattete.

Esplanade

Das HOTEL ESPLANADE, das einst das Berliner Hauptquartier von Hugo Stinnes war – eines der am schönsten und modernsten eingerichteten Berliner Hotels –, hat in der Politik gleichfalls eine bedeutende Rolle gespielt, denn es hat seinerzeit einen großen Teil der Dawes-Kommission beherbergt, als man noch über die Reparationsfragen debattierte. Aber neben seiner internationalen Kundschaft, zu der unter anderem auch die beiden Nordpolforscher Amundsen und Rasmussen gehörten, wird das Hotel Esplanade vor allem von den Kohlenbaronen und Stahlfürsten der deutschen Schwerindustrie bevorzugt – vielleicht schon aus dem Grund, weil es ja auch heute noch zum Stinneskonzern gehört. Hier wohnen die Beherrscher des Ruhrgebiets, die Herren der ewig rauchenden Schlote von Westfalen und von Oberschlesien.

Kaiserhof

Das HOTEL KAISERHOF vereinigt, wie bereits gesagt, viel eher die deutsche Gesellschaft. Es ist ein altbekanntes, gutes, solides und vornehmes Haus, das aber einer Modernisierung dringend bedarf, wenn es die Konkurrenz mit den anderen großen Luxushotels der Stadt Berlin aushalten soll.

Eden

Das HOTEL EDEN, das erheblich kleiner ist als die vorgenannten Häuser, ist mit dem Hotel Claridge in Paris zu vergleichen, es ist ein elegantes mondänes Hotel, in dem man sehr gute Musik hören und ausgezeichnet Tango tanzen kann, wobei es keinem Menschen einfallen wird, dass dieses Haus vor sieben Jahren das Hauptquartier der deutschen Spartakisten war. Im Eden hat auch der mexikanische Präsident Calles während seines Berliner Aufenthalts gewohnt.

Excelsior: Europas größtes Hotel

Das HOTEL FÜRSTENHOF und das HOTEL EXCELSIOR – Letzteres Europas größtes Hotel, eine riesige Karawanserai mit fünfhundert Zimmern – werden mehr von einem durchreisenden Publikum besucht, da sie in unmittelbarer Nähe des Potsdamer bzw. Anhalter Bahnhofs liegen, aber auch sie haben ein Stammpublikum, das sich aus den guten Gesellschaftskreisen der deutschen Provinz rekrutiert.

Die großen Luxushotels in Berlin sind ungefähr genauso teuer wie die gleichrangigen Hotels im Ausland. Ein einbettiges Zimmer ist in diesen Häusern von etwa 10 bis 12 Mark an zu haben, ein zweibettiges von 20 bis 30 Mark an, ein Appartement, aus Salon, Schlafzimmer und Badezimmer bestehend, von 50 Mark an. Die leidige Trinkgeldfrage ist fast in allen Berliner Hotels durch die Einrichtung der zehnprozentigen Bedienungsabgabe zur beiderseitigen Zufriedenheit gelöst – auf die Wochenrechnung werden 10 Prozent aufgeschlagen und damit hat der Gast seine Verpflichtungen gegenüber dem Bedienungspersonal erfüllt. Das Spießrutenlaufen des abreisenden Gasts zwischen den Spalieren der trinkgeldsüchtigen Angestellten ist in diesen Berliner Häusern vollkommen unbekannt. Im Edenhotel kann man ein Zimmer sogar schon für 9 Mark bekommen, im Excelsior für 7 Mark. Das erste Frühstück ist in den meisten Berliner Hotels nicht mehr obligatorisch, dagegen wird meistens gewünscht, dass man eine der Hauptmahlzeiten im Hotel einnehmen soll, was man auch ruhig tun kann, da die Restaurants der großen Hotels nicht im Geringsten teurer sind als die gleichwertigen Gaststätten. Für ein Mittagessen werden 3,50 bis 5,50 Mark verlangt, und da der Weinzwang überall aufgehoben ist – nicht zuletzt unter dem Einfluss der amerikanischen Gäste –, so kann man auch in den Hotels recht preiswert speisen. Im Übrigen verabreicht ein großer Teil der Berliner Cafés und Konditoreien ein Frühstück, das als ausgesprochene Konkurrenz gegen die Hotels gedacht ist – für 1,25 Mark kann man da Kaffee, Tee oder Schokolade, dazu Butter, Brot, Eier, Schinken und Käse bekommen.

Tun Sie Geld in Ihren Beutel!

Abends sind die großen Hotels teurer – das Menü zu vier Gängen kostet 10 Mark. Aber mit der großen Wandlung, die seit dem Krieg alle großen Berliner Hotels durchgemacht haben, hat sich auch das abendliche Bild der Hotels erheblich geändert. Während früher die Hotels lediglich für die Fremden bestimmte Gaststätten waren, sind sie jetzt Mittelpunkte der Berliner Gesellschaft geworden. Die in England längst verbreitete Mode, Gäste im Hotel zu empfangen und zu bewirten, hat sich jetzt auch in Berlin eingebürgert, und besonders die in den letzten zwei Jahren eingeführten Galaabende – im Adlon donnerstags – sind unbedingt sehenswert. Ein solcher Galaabend bietet ein überwältigendes Bild. Was da an eleganten Toiletten, an Schmuck und an schönen Frauen aufmarschiert, kann heute auch in Paris oder London kaum überboten werden, und einen solchen Galaabend muss man, wenn man nach Berlin kommt und die Berliner Gesellschaft kennenlernen will, unbedingt mitgemacht haben. Die Preise an den Galaabenden sind nicht erhöht – das große Gedeck kostet zwar 20 Mark, aber man kann ein kleineres Menü von vier Gängen ebenso für 10 Mark bekommen, wie an den anderen Tagen, und da kein besonderer Eintrittspreis verlangt wird, so ist ein solcher Galaabend eigentlich keine so kostspielige Angelegenheit, als dass man auf ihn nur aus Sparsamkeitsrücksichten verzichten sollte.

Wer hier isst

Dr. Martin Carbe

In den Restaurants der Hotels verkehren auch jene gesellschaftlichen Kreise Berlins, die man sonst nur selten sehen kann, die Leute, die nicht zur Lebewelt, sondern zur Arbeitswelt gehören. Da sieht man manchen Minister oder Staatssekretär, die gedrungene Gestalt Dr. Luthers, den bieder aussehenden Dr. Wirth, den schlanken Baron von Rheinbaben, Freiherrn von Richthofen, dann die Herren der Bankwelt wie Franz Urbig oder Franz von Mendelssohn, Jakob Goldschmidt oder Herbert Gutmann, den großen Förderer des deutschen Golfsports, die Feldherren der Berliner Industrie, wie etwa den Geheimrat von Borsig, den jüngeren Siemens, die Brüder Tietz oder auch die kluge Gnomgestalt des Geheimrats Felix Deutsch, des Leiters der AEG, und die hohe schlanke Figur des Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht. Da sieht man den in der Berliner Gesellschaft wohlbekannten Staatssekretär Dr. Weißmann, den kleinen blonden Grafen Arco, einen der bekanntesten Pioniere