Bilder aus dem Londoner Verkehrsleben - Anonym - E-Book

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Anonym

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Beschreibung

In "Bilder aus dem Londoner Verkehrsleben" präsentiert der anonyme Autor eine lebendige und facettenreiche Darstellung des städtischen Lebens im London des späten 19. Jahrhunderts. Das Werk ist eine meisterhafte Sammlung von Essays, die mit scharfem Witz und tiefgründiger Beobachtungsgabe die verschiedenen Facetten des urbanen Verkehrs und die sozialen Interaktionen innerhalb der Stadt erläutern. Der literarische Stil ist geprägt von einem realistischen Ansatz, der durch eine reichhaltige Bildsprache und akribische Detailgenauigkeit besticht, und spiegelt die rasante Entwicklung Londons in dieser Epoche wider, in der technische Neuerungen wie Eisenbahnen und elektrischer Straßenverkehr die urbane Landschaft revolutionieren. Der Autor, dessen Identität bis heute unbekannt bleibt, schuf dieses Werk möglicherweise, um die Herausforderungen und Absurditäten des alltäglichen Lebens in einer aufstrebenden Metropole zu beleuchten. Seine anonymen Überlegungen könnten aus persönlicher Erfahrung oder tiefer Verwurzelung in den sozialen Gefügen Londons stammen und heben die Erfahrungen der Gestrandeten und Passanten ebenso hervor wie die der Schaffenden der städtischen Infrastruktur. Dieses Buch empfiehlt sich nicht nur für Liebhaber der Londoner Geschichte, sondern für jeden, der ein Interesse an urbanen Studien und der sozialen Dynamik der Städte hat. Die prägnanten und oft humorvollen Beobachtungen des Autors bieten einen einzigartigen Blickwinkel auf das Verkehrsleben und spiegeln das ständige Ringen um Identität und Orientierung in einer schnelllebigen Welt wider.

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Anonym

Bilder aus dem Londoner Verkehrsleben

Eine Reise durch die Vielfalt und Dynamik der modernen Metropole
Veröffentlicht im Good Press Verlag, 2024
EAN 8596547839606

Inhaltsverzeichnis

Cover
Titelblatt
Text

Bilder aus dem Londoner Verkehrsleben

Inhaltsverzeichnis
Bilder aus dem Londoner Verkehrsleben.
1.
(Mit Abbildung.)
Das Ungeheuere des Londoner Verkehrs. – Die nothwendig werdenden neuen Verkehrsmittel. – Achtzehn neuprojectirte Eisenbahnen durch die Stadt, über und unter den Straßen. Eine mitten unter der Themse. – Die Untergrund-Eisenbahn. – Die Charing-Croßbahn mit ihrer achtzehnfachen Straßenüberbrückung. – Die pneumatische Brief- und Paketbeförderung und ihre Hauptstation.

Wer weiß nicht, daß um das Jahr 4000 unserer Zeitrechnung der berühmte neuseeländische Tourist des seligen Lord Thomas Babington Macaulay auf seiner alterthumsforschenden Weltfahrt kommen wird, um auf dem meilenweiten Trümmerfelde, wo dereinst die Stadt der Städte, das Ungeheuer London, sich gebrüstet hat, seine philosophisch-elegischen Monologe über das „Sic transit gloria mundi“ vom Stapel laufen zu lassen? Der hochcivilisirte und urgelehrte australische Staatsbürger der Zukunft wird sich aber in die Lüfte aufschwingen oder unter die Wellen der Themse hinabsteigen müssen, wenn er die merkwürdigsten Ruinen der alten britischen Herrlichkeit, die Reste der kühnsten und gewaltigsten Stein- und Eisenschöpfungen aufstöbern will, welche die englische Riesenmetropole mit ihren Millionen von Bewohnern und ihrem unerschöpflichen und unendlichen Verkehre dereinst zum Wunder der Welt gemacht haben.

Der Leser fühlt schon heraus, daß wir nicht eigentlich vom heutigen London sprechen, mindestens nicht von dem, wie es heute schon fix und fertig dasteht, wohl aber von einem London, zu dem der Plan auf’s Papier geworfen und zum Theil bereits in Verwirklichung begriffen ist. Doch was sagen wir von Plan? Nein, Pläne, ein paar Dutzend Pläne in Eins muß es heißen; denn volle dreiundzwanzig Projecte für die umfassendste Umgestaltung Londons, insbesondere der lebenwimmelnden City, – der Alt- und eigentlichen Großgeschäftsstadt, die politisch allein als „Commune London“ betrachtet wird, am östlichen Nordufer der Themse – liegen dem gegenwärtig tagenden Parlamente zur Begutachtung und Genehmigung vor. Wie in den dreißiger und Anfangs der vierziger Jahre ist John Bull mit einem Male von einem neuen tollen Eisenbahnfieber ergriffen worden; nur beziehen sich alle die Schienenwege, die er jetzt ausheckt, lediglich auf London selbst. Daß, was seither auch in den größten anderen Städten, selbst in Paris, noch nicht zu geschehen brauchte, die einzelnen Theile dieser häuserbedeckten Provinz durch Eisenbahnen verbunden sind, welche die meilenlange Peripherie der Stadt umgürteln, weil sich trotz aller der unzähligen Omnibusse, Cabs, Frachtkarren und anderen Vehikel, die sich auf den Straßen zu einem permanenten Chaos zusammenstopfen, trotz der Menge von Dampfbooten, welche unablässig themseauf und themseab schießen, das Bedürfniß neuer Verkehrsmittel dringend geltend machte; daß mehrere Bahnen ihre tosenden Züge hoch über die Dächer der südöstlichen und südwestlichen Vorstädte hinwegjagen; daß eine andere selbst in die geheimnißvolle Tiefe hinabgeklettert und in das noch geheimnißvollere Geflecht der Abzugs- und Wasserleitungscanäle gedrungen ist, um halb London zu untertunneln: das ist schon nichts Unerhörtes mehr, wenn gleich uns, die wir an minder überschwängliche Verhältnisse und ruhigern Lebensfluß gewöhnt sind, der Kopf schwindelt bei dergleichen Ungeheuerlichkeiten. Alles dies aber erscheint blos wie ein schüchterner Anfangsversuch gegen die fabelhaften Ungethüme von Unternehmungen, welche plötzlich in’s Werk gerichtet werden sollen.

Von den dreiundzwanzig Projecten, meist mit pompösen Namen, über deren Verwirklichung die Herren am Westminsterplatze entscheiden sollen, streben zwei Drittel den Bau neuer Stadteisenbahnen an. Allerdings hat die mit der Prüfung dieser Pläne betraute Parlamentscommission davon einen und den andern als gar zu chimärisch und abenteuerlich ad acta verwiesen, einige sind von ihren mittlerweile ernüchterten Schöpfern selbst zurückgezogen worden, indessen mehr als anderthalb Dutzend, man denke sich weit über ein Dutzend neue Eisenbahnen in und über und unter der Stadt, sollen wirklich dem Parlamente zur Sanctionirung empfohlen werden, zum Schrecken manches guten Londoner Spießbürgers – denn auch in London giebt es Spießbürger – der im buchstäblichen Sinne des Worts sich den Boden unter den Füßen weggezogen sieht und nicht weiß, wohin er sich in Sicherheit bergen soll.

Wer während der eigentlichen Geschäftszeit, von zehn Uhr Morgens bis vier Uhr Nachmittags, wo der Verkehr zwei Mal zu seiner Fluthhöhe anschwillt, jemals nur einen einzigen Tritt in die City gethan hat, der begreift, wie man nachgerade darauf sinnen muß, dem mit jedem Jahre wachsenden Menschen-, Wagen- und Roßgewirr in Fleetstreet und Ludgatehill, um den St. Paulsdom herum, in Cheapside und namentlich auf Londonbridge, das mit seinen täglichen anderthalbtausend Omnibus und seinen 20,000 sonstigen Vehikeln schließlich jede Ortsbewegung paralysirt und immer lebensbedrohlichere Collisionen in Aussicht stellt, irgendwie einen Ausweg zu schaffen. Soll man etwa Compagnien blaufräckiger Constabler an jede Straßenecke und auf alle Plätze postiren, damit sie die in der Richtung der City heranbrausenden Menschenwogen stauen, indem sie dieselben sectionsweise abtheilen und immer nur ein wohlabgezähltes Menschen- und Wagenquantum auf einmal

Abgang des pneumatischen Depeschenzuges von der Hauptstation auf dem Bahnhofe von Euston-Road in London.Originalzeichnung unseres Londoner Specialartisten.

passiren lassen? Wo in einer einzigen Straße und innerhalb nur dreier Stunden, von 1–4 Uhr Nachmittags, eine halbe Million, im Durchschnitt, auf verhältnißmäßig engem Raume, aber mindestens eine volle Million Menschen tagtäglich, d.h. blos in der oben angeführten Geschäftszeit, auf den Beinen ist, die gefährlichen Vierfüßler sammt ihren rollenden Anhängseln gar nicht gerechnet, – ein ungefähr ebenso erfolgverheißendes Beginnen, als wenn man die Wasser der Themse mit einem Theelöffel ausschöpfen wollte.

Wie also sollen dieser bedrohlichen Ueberfülle Schranken gezogen werden, – ohne dem Verkehr die freie Bewegung zu weiterer Ausdehnung zu hemmen? Es bleibt kein anderes Auskunftsmittel, als durch neue Eisenbahnen einen Theil der Verkehrsströmung über oder unter das Niveau der Straßen zu verweisen. Diese Ueberzeugung hat sich jetzt des Publicums bemächtigt. Und so ist plötzlich jener Wetteifer von Abhülfsprojecten angestachelt worden, die, wie Alles in London, sofort in’s Ungeheuere und Ungeheuerliche geschossen sind.