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Dieser Band enthält Goethes Briefe aus den Jahren 1786 - 1791. Goethe war ein sehr produktiver Briefeschreiber, was sich in diesem Werk ebenfalls widerspiegelt.
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Seitenzahl: 792
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Briefe 1786 – 1791
Johann Wolfgang von Goethe
Inhalt:
1786 (bis zur italienischen Reise)
Weimar 1775-1786 (aus der Zeit vor der italienischen Reise)
1786 (nach dem Beginn der Italienischen Reise)
1787
1788
1789
1790
1791
Briefe 1786 - 1791, J. W. Goethe
Jzzybee Verlag Jürgen Beck
Loschberg 9
86450 Altenmünster
ISBN: 9783849616410
www.jazzybee-verlag.de
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7/2232.
An Charlotte von Stein
Guten Morgen Geliebte. Ich bleib zu Hause und richte mich ein. Gebe uns der Himmel ein gutes Jahr. Ich liebe dich herzlich. bleibe mir wenn auch ietzt getrennter als sonst, das mir offt fast zu schwer wird. Lebe wohl. ich bin dein.
d. 1. 86.G.
7/2233.
An Charlotte von Stein
Wie wäre es wenn meine liebe diesen Nachmittag gleich nach Tische zu mir käme? Es ist so schön Wetter und du könntest dich mit dem Mikroscop unterhalten. Auf den Abend lüd ich die Imhof und Herders. Wie sehr wünscht ich wieder einmal ein Paar Stunden mit dir zu seyn.
d. 3. Jan. 1786.G.
7/2234.
An Charlotte von Stein
Wie vergnügt ich war dich wieder gestern zu besitzen kann ich dir nicht ausdrucken, da ich um dich zeither soviel Unruhe gehabt habe.
Hier ist der Kalender Lebe wohl.
d. 4. Jan. 86.G.
7/2235.
An Johann Gottfried Herder
Da wie ich höre ein Rescript an das Oberkonsistorium die Schulverbesserung betreffend nach deinen Vorschlägen ergangen; so will ich, dem guten Exempel deiner Hausfrauen zu Folge, meine pädagogischen Wünsche für das Jahr 86 nicht länger bey mir behalten.
1) Ersuche ich dich deinen Plan auf die Militar Schule zu erstrecken, und darüber nach Belieben zu schalten.
2) Wünschte ich du dirigirtest mit einem Finger die Erziehung der Mandelslohs. Erst waren sie bey Herzen wie die Schweine, iezt sind sie bey Lossius wie die Schafe, und es will nichts menschlichs aus den Knaben werden.
3) Empfehle ich dir Ernst Stein und wollte du nähmst auch einmal Fritzen vor. Damit man die Zukunft einleitete und vorbereitete. Ich will dir über beyde meine Ideen sagen, da ich aber selbst nichts weis, verstehe ich mich auch nicht draus was andere und besonders Kinder wissen sollen.
Ist dir's recht; so sende ich dir den Kriegs Registrator Seeger, um dich wegen der zwey ersten Punckte in forma ersuchen zu lassen, damit ich was zu den Ackten kriege. Lebe wohl.
Vhß. d. 6. Jan. 86.
G.
7/2236.
An Charlotte von Stein
Schon lange sage ich dir einen guten Morgen ohn dir ihn schreiben zu können, nimm ihn ietzt, obgleich spät doch herzlich.
Ich war fleisig, und werde diesen Nachmittag fortfahren, gegen Abend bey dir seyn und mich deiner Liebe freuen. Gestern lies ich dich gar ungerne. Lebe wohl.
d. 6. Jan. 1786.G.
7/2237.
An Charlotte von Stein
Hier das Zettelgen das mir so zuwider ist. Meine Noten mündlich. Liebe mich meine Gute.
Heut Abend bin ich bey dir. Lebe wohl.
d. 7. Jan. 86.G.
7/2238.
An Charlotte von Stein
Ich bin fleisig, habe ein Geschäffte das mich interessirt und werde den Tag damit zubringen.
Auf den Abend steht mir die Freude bevor an deiner Seite den Hamlet durchzugehn und dir auszulegen was du lange besser weisst. Liebe mich. Immer dein
d. 8. Jan. 86.G.
7/2239.
An Charlotte von Stein
Ich habe mich kurz und gut resolvirt nach Jena zu fahren, da die Wasser gros sind und ich den Effeckt der neuen Wasserbaue gern sehn mögte ich lasse mir bey Stein ein leichtes Wägelgen ausbitten. Wenn du glaubst daß es Ernsten nicht schadet; so laß ihn sich geschwinde anziehen. Ich will ihn abholen. Er kann ja sein Knie verwahren. Abends bin ich wieder bey dir.
d. 10. Jan. 86.G.
7/2240.
An Charlotte von Stein
Danck meine beste für das späte frühe Zettelgen. Mein Herz ist dir zärtlich ergeben was auch mein Auge für einen Blick haben mag. Ist nicht der letzte Theil von Schmidts teutscher Geschichte bey dir? Schicke mir ihn. Hier ein guter Brief vom Prinzen.
d. 11. Jan. 86.G.
7/2241.
An Charlotte von Stein
Einen guten Morgen und einen Wunsch daß, ich bey meiner Rückkehr meine Liebe recht wohl antreffen möge.
d. 12. Jan. 86.
G.
7/2242.
An Charlotte von Stein
Meiner lieben schicke ich hier Zuckerwerck und Blumen damit sie ein Bild habe wie süs und schön meine Liebe zu ihr sey.
Gehst du heute zu deinem Bruder er hat mich einladen lassen?
d. 14. Jan. 86.G.
7/2243.
An Charlotte von Stein
Ich freue mich deines Gruses, und schicke dir ein Frühstück. Wie gern wäre ich bey dir und thäte was ich zu thun habe in deiner Nähe.
Heute ordne ich und weis nicht ob ich Abends in das Conzert komme. Lebe wohl ich sehe dich doch.
d. 15. Jan. 86.G.
7/2244.
An Charlotte von Stein
Hier schicke ich die Zeitungen und einen Brief des Prinzen. Gingst du wohl um zwölfe spazieren?
Es ist zwar ein wenig Wind. Ich kann es kaum mehr ertragen so von dir getrennt zu seyn.
d. 16. Jan. 1786.G.
7/2245.
An Charlotte von Stein
Gestern Abend meine Gute ist es nicht zum schlimmsten gegangen wenngleich nicht zum Besten.
Im Ganzen fehlt Präcision und Energie wodurch sich der Meister auszeichnet und wird immer fehlen. Bey Tafel wars lustig.
Hier ein Brief von Knebeln an die Herzoginn. Schicke mir ihn balde wieder. Imhof hat mir schöne Mineralien geschickt. Diesen Abend komme ich. Liebe mich wie du mich liebst.
d. 17. Jan. 86.G.
7/2246.
An Charlotte von Stein
Die regierende Herzoginn hat mich zur Tafel gebeten, vorher komme ich ein wenig zu dir, dir zu sagen wie sehr ich mich deiner Liebe freue.
d. 18. Jan. 86.
G.
7/2247.
An Charlotte von Stein
Herders kommen und also erwarte ich meine liebste auch. Wäre es hell Wetter so lüd ich dich auf einige Mikroscopische Betrachtungen früher ein. Lebe wohl. Stein kommt doch auch.
d. 19. Jan. 86.G.
7/2248.
An Charlotte von Stein
[19. Januar.]
Es thut mir recht weh daß du nicht kommst. Weil ich Herders vor meinem Gothaischen Abschied nicht wohl wieder haben kann will ich sie nur kommen lassen in der Hoffnung daß du heut Abend zum Essen kommst. Lebe wohl, Liebe mich.
G.
7/2249.
An Charlotte von Stein
Das Wetter ist so schön daß ich mit dir auszufahren wünschte. Wir wollten nach Belweder wo ich mit Reichardten allerley botanica zu tracktiren habe. Wie freu ich mich deiner Liebe.
d. 20. J. 86.G.
Ich will um halb 11 bey dir seyn.
7/2250.
An Charlotte von Stein
Hier meine liebe, Kaysers Brief und meine Antwort. Da es so schön Wetter ist wirst du wohlthun mich um 11 Uhr mit dem Wagen abzuhohlen. Bis dahin trinck ich Crystallwasser. Lebe wohl! liebe mich!
d. 22. Jan. 86.G.
Eben erhalte ich dein Zettelgen gern will ich mit dir nach Hause fahren mit dir essen und so lang es geht bey dir bleiben.
7/2251.
An Charlotte von Stein
Ich bin ganz leidlich meine Gute und will morgen reisen. Diesen Abend seh ich dich. Hast du etwa meinen Egmont, die Vögel oder sonst etwas von meinen dramatischen Schrifften? die benandten Sachen fehlen mir und noch mehr.
Weimar d. 23. Jan. 86.G.
7/2252.
An Philipp Christoph Kayser
Sie haben mir meinen langen Brief, dergleichen, wie ich wohl sagen darf, seit Jahren nicht geschrieben durch Ihre Antwort reichlich vergolten und bewegen mich abermals ausführlich zu seyn. Ihre Bemerckungen zeugen von Ihrem Nachdencken über die Sache, von Ihrer Kunstgewissenhafftigkeit und gutem Geschmack. Hier, was ich zu erwiedern habe.
Den ersten Ackt, dächt ich liesen wir nun wie und wo er ist, bis Sie mit dem ganzen Stücke durchsind, es selbst als ein Ganzes übersehen, hernah wollen wir weiter drüber reden und Sie werden ohne viel reden das beste thun.
Ganz recht sagen Sie von meinem Stücke daß es gewissermasen komponirt sey, man kann in eben dem Sinne sagen daß es auch gespielt sey. Wenn Sie bey dem Gleichnisse bleiben wollen: Die Zeichnung ist bestimmt, aber das ganze helldunckel, in so fern es nicht auch schon in der Zeichnung liegt, die Farbengebung bleibt dem Componisten. Es ist wahr er kan in die Breite nicht ausweichen aber die Höhe bleibt ihm bis in den dritten Himmel, wie hoch haben Sie Sich über den Gemeinplatz der Melodien und Melancholien, des Wasserfalls und der Nachtigall erhoben. Ich habe das Stück in Absicht auf Sie gemacht Sie verstehn mich und übertreffen meine Erwartungen, mein nächstes ist wieder für Sie, wenn Sie's wollen, wir werden uns schon besser verstehn, und sonst habe ich mit niemand für's erste zu schaffen.
Die andre Bemerckung ist leider eben so richtig daß das Stück für ein musikalisch Drama zu angezogen, zu angestrengt ist. Zu viel Arbeit für drey Personen.
Dazu kann ich nun nichts sagen, als daß ich keins wieder machen werde (ob ich gleich ein allerliebstes Süjet zu 3 Personen noch habe, das fast noch reicher und toller als dieses ist).
Jede Erfindung hat etwas willkührliches. Mein höchster Begriff vom Drama ist rastlose Handlung, ich dachte mir das Süjet, fing an und sah zu spät daß es zum musikalischen Drama zu überdrängt war, ich sann auf Mittel und lies es über ein halb Jahr liegen. Endlich endigt ich's, und so ists nun.
Es ist ein Bravourstück, haben wir keine Ackteurs dafür; so mögen sie sich daran und dazu bilden.
Es ist wahr der Sänger will phisisch mehr Ruhe haben, zu laufen, zu springen zu gestikuliren, sich zu balgen und zu singen, so etwas geht wohl in einem Final, aber durchaus fühl ich wohl ists zu toll. Das nächste ist in allem Sinne sedater.
Ihre Erinnerungen wegen des Rhytmus kamen zur rechten Zeit. Ich will Ihnen auch darüber meine Geschichte erzählen.
Ich kenne die Gesetze wohl und Sie werden sie meist bey gefälligen Arien, bey Duetts wo die Personen übereinstimmen oder wenig von einander in Gesinnungen und Handlungen abweichen, beobachtet finden. Ich weis auch daß die Italiäner niemals vom eingeleiteten fliesenden Rhytmus abweichen und daß vielleicht eben darum ihre Melodien so schöne Bewegungen haben. Allein ich bin als Dichter die ewigen Jamben, Trochäen und Dacktylen mit ihren wenigen Maasen und Verschränckungen so müde geworden, daß ich mit Willen und Vorsatz davon abgewichen bin. Vorzüglich hat mich Gluckens Composition dazu verleitet. Wenn ich unter seine Melodien statt eines französchen Textes einen deutschen unterlegte, so müßte ich den Rhytmus brechen den der Franzose glaubte sehr fliesend gemacht zu haben, Gluck aber hatte wegen der Zweifelhaftigkeit der französchen Quantität würcklich Längen und Kürzen nach Belieben verlegt und vorsäzlich ein andres Sylbenmas eingeleitet als das war dem er nach dem Schlender hätte folgen sollen. Ferner waren mir seine Compositionen der Klopstockischen Gedichte die er in einen musikalischen Rytmus gezaubert hatte merckwürdig. Ich fing also an den fliesenden Gang der Arie wo Leidenschafft eintrat zu unterbrechen, oder vielmehr ich dachte ihn zu heben, zu verstärcken, welches auch gewiss geschieht, wenn ich nur zu lesen zu deklamiren brauche. Eben so in Duetten wo die Gesinnungen abweichen, wo Streit ist, wo nur vorübergehende Handlungen sind den Paralellismus zu vernachlässigen, oder vielmehr ihn mit Fleis zu zerstören, und wie es geht wenn man einmal auf einem Weege oder Abweege ist man hält nicht immer Maas.
Noch mehr hat mich auf meinem Gange bestärckt daß der Musickus selbst dadurch auf Schönheiten geleitet wird, wie der Bach die lieblichste Krümme durch einen entgegenstehender Fels gewinnt. Und haben Sie nicht selbst Recitativstellen auf eine unerwartet glückliche Weise in Rytmischen Gang gebracht.
Doch es ist genug daß Sie es erinnern daß es Ihnen hinderlich ist und ich will mich wenigstens in acht nehmen und ob ich gleich nicht ganz davon lassen kann, so will ich Ihnen in solchen Fällen eine doppelte Lesart zuschicken und wenn ich es ia versäumen sollte auf Ihre Erinnerung ieder Zeit nachbringen.
Überhaupt wollen wir an der nächsten nicht eher zu komponiren anfangen, biß wir über das Stück einige Briefe gewechselt, beym ersten wars gut zu thun und nicht zu reden.
Wie wünscht ich Ihnen überhaupt den Plan der neuen Oper vorlegen zu können, im Model kann man noch rucken und drucken, wenn der Stein zugehauen ist nicht Hand und Fus mehr wenden. Eigensinnig bin ich gar nicht, das wissen Sie, ehe zu leichtsinnig in diesen Dingen.
Lassen Sie mich noch einiges sagen was hierher einschlägt. Meistermäßig haben Sie das Duett: aus dem Becher behandelt und auf das glücklichste den Parallelismus der Worte genutzt, und es ist mir schon auf das Duett: Nimm o nimm zum Voraus wohl, wo Sie gewiss das Ihrige gethan haben.
Meine Idee dabey war daß der Ackt auslaufen sollte und indem beyde Scapinen auf dem Rollsessel hineinschieben, dieses Final mit dem: stille! stille! fort! fort! gleichsam verklingen sollte, damit das Final des ganzen Stücks desto brillanter vorsteche und überhaupt ieder Ackt anders endige. Die Trompeten und Paucken nehmen sich herrlich am Ende des zweiten und alle Weiber freuen sich über das: wir haben ihn und singen gefangen, gefangen Chorus mit. Neulich haben wir in der Ordnung die Arie Gern in stillen, nach dem Tanze dal segno wiederhohlt wo sie sich herrlich und befriedigend ausnimmt. Überhaupt wird iedermann iedesmal die Musick lieber, und unsre Proben sind für uns indessen gut, die wir nicht Partituren lesen und uns wie der glückliche Componist eine Oper im Kopfe aufführen können. Ob ich gleich nie ohne heimlichen Ärger noch eine Probe verlassen habe.
Daß Scapin im vierten Ackte gewissermassen sich der Zärtlichkeit nähert werden Sie schon leiten und führen. Der Musikus kann alles, das höchste und tiefste kann, darf, und muß er verbinden, und blos in dieser Überzeugung habe ich mein Proteus artiges Ehpaar einführen können und wollte noch tolleres Zeug wagen, wenn wir rechte Sänger Ackteurs und ein groses Publikum vor uns hätten. Die Stelle im ersten Ackte: ich sah ihn an pp nimmt sich recht gut aus.
Mit Erwin und Elmire habe ich vor Statt Mutter und Bernardo noch ein Paar iunge Leute einzuführen die aus eine andre Weise in Liebes Uneinigkeit leben, also zwey Intriguen die sich zusammenschlingen und am Ende beyde sich in der Einsiedeley auflösen. Vom Gegenwärtigen bliebe nichts als die singbarsten Stücke die Sie auswählen könnten.
Von Claudinen bliebe auch nur was an der Fabel artig und interessant ist. Dem Vater würde ich mehr dumpfen Glauben an das Geister und Goldmacher Wesen geben wie er in unsern Zeiten herrschend ist. Den Basko zu einem klugen mystischen Marcktschreyer und Betrüger machen. Crugantino behielte seinen Charackter, eben so Claudine und Pedro. Die Nichten würden karackteristischer und stufenweise subordinirt auch in die Intrigue mehr eingeflochten. Die Vagabunden, die man durch Nachahmung so eckelhafft gemacht hat, würde ich durch eine neue Wendung aufstutzen, sie machten das männliche Chor, ein weibliches wollte ich auch noch anbringen. pp. Wenn Sie Zeit und Lust haben lesen Sie doch das Stück sagen Sie mir was Ihnen bezüglich auf Musick darinnen gefällt und misfällt, vier Augen sehn mehr wie zweye. Auch ist mir drum zu thun daß ich in beyden Stücken nichts wegwerfe was Ihnen lieb ist. In Claudine würde ich den Sebastian wegwerfen den Pedro thätiger machen und wir haben immer noch Leute genug.
Da ist denn allerley zum Nachdencken und auf Jahre hinaus Arbeit. Es kommt nur drauf an wenn unser erstes Stück fertig ist, daß wir uns ein Publikum suchen, damit alles lebendig werde und auch etwas eintrage.
Die Leichtigkeit die Sie am Re Teodoro rühmen giebt sich blos durch die lebendige Übung, sie fehlt mir selbst noch bey meinen Arbeiten. Der Einsame mögte gern das Werck in sich vollkommen haben und erschweert sich's selbst, wer für Menschen arbeitet, sieht daß eine relative Vollkommenheit würckender ist und bequemer hervorgebracht wird, dieser Begriff leitet ihn und seine Wercke werden würcklich vollkommner indem sie mehr lebendige Folge haben.
Leben Sie wohl und schicken und schreiben balde.
Weimar d. 23. Jan. 86.G.
Wegen der Prosodie lassen Sie Sich nicht bange seyn was einer schreiben kann wissen wir alle, und das seinere hängt mehr vom Geschmack ab als von irgend einer Regel, wie in ieder lebendigen Kunst.
7/2253.
An Charlotte von Stein
Ich befinde mich wohl und gehe mit besserem Zutraun. Lebe wohl ich nehme dich im Herzen mit.
Hier der Schlüssel der alle deine Papiere beschliest. Liebe mich ich bin dein.
Wahrlich bin ich an der Operette kranck, denn ich habe schon heute früh daran schreiben müssen.
d. 24. Jan. 86.
G.
Ich schicke dir den Ring, laß mir ihn doch machen.
7/2254.
An Charlotte von Stein
Nun muß ich meiner Liebsten ein Wort sagen. Ich bin über Hoffen wohl und es geht mir recht gut. Die Herzoginn sieht übel aus und spricht sehr heiser. Des Abends wird gelesen und man scheint mit mir zufrieden, der Wind saußt entsetzlich auf dem Schlosse, und bläst mein ganzes Zimmer durch, so daß ich am Ofen sitze, an der einen Seite brate, an der andern erstarrt bin.
Der Theater Calender, den ich gelesen hat mich fast zur Verzweiflung gebracht; noch niemals hab ich ihn mit Absicht durchgesehn wie ietzt und niemals ist er mir und sein Gegenstand so leer, schaal, abgeschmackt und abscheulich vorgekommen.
Man sieht nicht eher wie schlecht eine Wirthschafft ist, als wenn man ihr recht ordentlich nachrechnet und alles umständlich bilancirt. Mit der desolantesten Kälte und Redlichkeit, ist hier ein Etat aufgestellt woraus man deutlich sehen kann daß überall, besonders in dem Fache das mich iezt interessirt, überall nichts ist und nichts seyn kann. Meine arme angefangne Operette dauert mich, wie man ein Kind bedauern kann, das von einem Negersweib in der Sclaverey gebohren werden soll. Unter diesem ehrnen Himmel! den ich sonst nicht schelte, denn es muß ia keine Operetten geben. Hätte ich nur vor zwanzig Jahren gewusst was ich weis. Ich hätte mir wenigstens das Italienische so zugeeignet, daß ich fürs Lyrische Theater hätte arbeiten können, und ich hätte es gezwungen. Der gute Kayser dauert mich nur, daß er seine Musick an diese barbarische Sprache verschwendet. Unglücklicher Weise habe ich den Pariser Theater Almanac auch hier gefunden, von dem der deutsche eine deutsche Nachahmung ist. Du kannst dir das Elend dencken, Seckendorfs Prolog des Improvisatore, Vulpius Lob Gedichte auf Herrn Kurz und Mad. Ackermann, ein Prolog von Kozebue auf dem Jenaischen Bubentheater machen die Gedichte aus. Mit den Exkremente der Weimarischen Armuth würzt Herr Reichardt seine oder vielmehr die deutsche Theater Miserie.
Lebe wohl. Ich habe niemanden als dich dem ich meinen grosen Verdruß klagen kann. Ich lese nun meine Sachen hier vor und schäme mich von Herzen indem man sie bewundert und darf nur gegen den Prinzen meine Herzensmeynung sagen, der sehr brav und sehr Kranck ist.
Lebe wohl. Liebe mich ich bin ganz und gar dein, du musst mir eben alles ersezen, ich halte mich an dich.
Gotha d. 26. Jan. 86.
G.
Grüse Stein und Fritz.
Ich komme wohl erst Sonntag Abends, da mich der General Superintendent so gedultig anhört, denn er ist alle Mittag und Abend da; so muß ich auch so höflich seyn und ihn hören. Nach der Kirche sez ich mich ein und fahre fort.
G.
7/2255.
An Charlotte von Stein
Du bist sehr lieb sagst mir aber nichts von deinem Befinden. Ich freue mich dich zu sehen und dir allerley zu erzählen, wozu man allein seyn muß.
d. 30. Jan. 86.
G.
Dancke für's Frühstück.
7/2256.
An Friedrich Heinrich Jacobi
[Januar.]
Deinen Brief habe ich wohl erhalten und die Litteratur Zeitung gleich bestellt. Es wundert mich daß sie noch nicht ankommt, ich will sie gleich erinnern. Die Rechnung lege ich bey was du mir noch schuldig bist.
Wieland hat ich weis nicht welch Bedencken, die Recension einzurücken, also ists recht gut.
Mendelsohns Todt war sehr unerwartet, die zurückgebliebnen werden nun für den Todten fechten und sie haben dadurch gut Spiel. Da ich ausser Herdern niemand sehe noch höre den diese Angelegenheit interessirt so weis ich nicht was deine Schrifft und Mendelsohns Betragen im Publiko für Sensation macht. Überhaupt liegt die Sache zu sehr ausser dem Gesichtskreis der meisten.
Der Herzog ist nach Berlin, dort wie natürlich wohl aufgenommen. Der abgelebte Löwe mag ihn mit seinem letzten Athem seegnen. Der Fürstinn hab ich geschrieben und etwas geschickt. Sende mir doch was sie von Frau v. Stein schreibt, du kannst dencken daß ich neugierig bin. Ich verspreche daß niemand es sehen, noch dessen daseyn erfahren soll.G.
7/2257.
An Johann Gottfried Herder
[Anfang Februar.]
In beyliegendem Blatte wirst du etwas von Moses Mendelsohns Testament finden. Ich bin sehr neugierig auf das Ganze. Die ausgezogene Stelle finde ich sehr brav.
Der Garnison Informator ist bey mir gewesen und hat dringend gebeten daß bey einer Vakanz die sich iezt ereignet für ihn gesorgt werden möge. Ich weis nicht inwiefern er die nächsten Ansprüche dazu hat. Könnte man nicht mit der Verbesserung der Garnisonschule auch seine Verbesserung verknüpfen. Sage mir überhaupt ein Wort über die Sache die ich gar gerne los seyn mögte.
Es ist iezt etwas von einer heimgefallnen Besoldung da, ehe das auch wieder einen andern Weeg nimmt.
G.
7/2258.
An Charlotte von Stein
Was macht meine Beste? Ich werde dich heute nicht sehen. Durch meine Abwesenheit bin ich sehr zurück gesetzt. Mein erster Rechnungs Monat ist um und ich muß heute Abend nothwendig arbeiten und rechnen. Lebe wohl sage mir etwas guts.
d. 1. Febr. 86.G.
7/2259.
An Charlotte von Stein
Ich erkundige mich ob meine Geliebte in die Gesellschafft geht? Wonicht, so komme ich gegen sieben.
Schicke mir den Schlüssel den ich dir aufzuheben gab. Ich bin wohl und grüse dich herzlich.
d. 3. Febr. 86.G.
7/2260.
An Jakob Friedrich von Fritsch
Ew. Excell.
werden mir einen gehorsamsten Vortrag mit einer Anfrage erlauben.
Der Geh. Cammerrath Büttner wird täglich stumpfer und hat am Ende des verflossen Jahrs, gleichsam Abschied von dem Collegio genommen und wird vor der Hand zu Hause bleiben. Die Pachtsachen waren sein vorzüglichstes Referat, und ob er gleich das nothwendigste durch seinen Sohn besorgen lässt, so wünscht ich doch diesen Haupttheil der Cammergeschäffte in eines thätigen Mannes Händen um alle Stockungen beseitigt zu sehn.
Er hat auch die Aufsicht über das Archiv gehabt wofür er 100 f. Emolument erhält. Beyde Geschäffte würde der Geh. Cammerrath Gülicke gern übernehmen, und der iunge Büttner könnte die Aufsicht über das Schloßbrauwesen überkommen die sein Vater auch bisher geführt hat.
Es fragt sich also ob man ihn veranlassen dürfe um völlige Dispensation von der Arbeit nachzusuchen und ob man ihm Hoffnung machen könne, daß er die bisher genossnen Emolumente bis an seinen Todt geniesen solle? Oder ob ihm wenigstens die 100 f. für die Archivs Aussicht abzunehmen und dem Geh. Cammerrath Gülicke zuzulegen seyn mögten?
Ich werde sobald mir Serenissimi gnädigste Gesinnungen darüber bekannt geworden, das nötige zu besorgen ohnermangeln.
Mich mit vollkommenster Ehrfurcht unterzeichnend
Ew. Exzell.
ganz gehorsamster Diener
Goethe.
Weimar
d. 4. Febr. 86.
7/2261.
An Jakob Friedrich von Fritsch
Zugleich bringe ich den iungen Batsch in Erinnerung der Ew. Exzell. nicht unbekannt ist und dessen ich neulich erwähnte.
Beyliegender von ihm auf meine Veranlassung gefertigter Aufsatz wird ihn noch mehr, als einen bescheidnen iungen Mann, der innerlichen Trieb zu seiner Wissenschafft empfindet und sie im Stillen ohne Aufmunterung immer verfolgt empfehlen.
Die Absicht wäre ihn sobald als möglich nach Jena hinüber zu bringen, damit er wieder in den Gang des Akademischen Lebens käme und durch lehren sich üben und gemeinnützig machen könnte. Er würde zugleich einen Plan zu einem botanischen Garten überdencken und vorlegen können und diese drüben fast gänzlich vermisste Wissenschafft wieder einführen und in die Höhe bringen. Unter seiner Aufsicht könnte ein Theil des Fürstengartens zu diesem Gebrauch gewiedmet werden und man würde nach und nach so wohl dadurch daß man das was hier und in Jena an Pflanzen zerstreut ist versammelte, als auch durch Tausch und andre Gelegenheiten ohne grose Kosten dem Institute einen soliden Grund geben können.
Sollte alsdenn der junge Dietrich den Durchl. bey dem Hofgärtner Reichardt in die Lehre gethan, wie er sich anlässt, gut einschlagen, so würde man in der Folge auch um einen botanischen Gärtner nicht verlegen seyn.
Zu den nothwendigsten Bedürfnissen würde Batsch bey seinem Jenaischen Aufenthalte gegen zweyhundert Thaler brauchen und es fragt sich nur was Durchl. der Herzog ihm an dieser Summe gnädigst bewilligen wollen, um einen wahrhafft guten und brauchbaren Menschen aus dem Drucke eines ängstlichen Lebens herauszuziehen und ihn in eine Laufbahn zu versetzen wo er sich zum Vortheile der Akademie für die soviel geschieht bilden könne. Von dem gnädigsten Entschlusse erbitte ich mir einige gefällige Nachricht.
Weimar d. 4. Febr. 1786.Goethe.
7/2262.
An Charlotte von Stein
Hier Geliebte den Brief wie er an Carlen abgehn soll. Heut Abend seh ich dich beym Thee und freue mich deiner.
d. 6. Febr. 86.
G.
7/2263.
An Charlotte von Stein
Laß mich hören meine Gute was du machst? und was du heute vorhast. Ich sollte heute Abend in das Conzert, wenigstens um die neue Parforce Horn Symphonie zu hören, wenn ich meine Tour machen wollte. Lebe wohl. Liebe mich! Wie hast du geschlafen?
d. 12. Febr. 86.G.
7/2264.
An Charlotte von Stein
Wirst du denn heute Abend zur Feyerlichkeit kommen? Ich bitte gar sehr drum.
d. 13. Febr. 86.
G.
7/2265.
An Charlotte von Stein
Ich bin zum Herzog eingeladen sonst käm ich zu dir. Ich bin wohl und freue mich wenn du es auch bist und meiner in Liebe gedenckst. Eh ich an Hof gehe komme ich dir einen guten Tag zu sagen.
d. 15. Febr. 86.G.
7/2266.
An Charlotte von Stein
Den ganzen Morgen hofft ich auf ein Wort von dir. Du erfüllst diesen Wunsch du Gute. Habe du nur mit mir Geduld und laß dich nicht irren wenn mir's manchmal fatal wird. Du bist mein bestes. Das einzige recht zuverlässige auf Erden. In die Comödie will ich gehn.
d. 18. Febr. 86.G.
7/2267.
An Charlotte von Stein
Ich weis noch nicht was ich machen werde, bey Hofe geh ich nicht. Ich mag dem Hofe gern alles zu gefallen thun nur nicht bey Hofe.
Mit Noth und Angst habe ich einige Pinselstriche gemacht und lasse nun Rähmgen ziehen die sollen das beste thun. Ich suche dich auf, früh oder spat. Ietzo schreibe ich an dem Duzend Briefe. Lebe wohl du Liebste.
d. 19. Febr. 86.G.
7/2268.
An Christine Gräfin Brühl
Vous etes bien bonne charmante amie de vouloir penser a un ingrat, de lui donner de Vos nouvelles et de l'assurer de Votre souvenir. Il est vrai que je ne le merite pas, cependant Vos lettres me font toujours un plaisir sensible, continues moi Vos bontés et ne me laisses pas trop longtems dans l'inquietude sur Votre santé.
On racconte une histoire qui m'affligeroit beaucoup, si elle etoit vraie, c'est que Naumann a fait une perte considerable qu'on lui a volé quelques mille ecus. Vous ne m'en parles pas, et je la crois fausse car surement Vous l'auries scu et Vous m'en auries dit un mot.
J'ai lu les Vers de Mr. Neumann, adressés au Sprudel et au rochers du Carlsbad. (Il me vient l'idee de parler de Neumann en parlant de Naumann, on les a vu si longtems s'unir pour chanter Vos louanges qu'on est accoutumé a les regarder comme freres rivaux inseparables.) J'ai donc lu ces poesies ou il y a de bien belles choses, surtout l'idee des pleurs sublimés par la chaleur du Sprudel jusques au cieux, m'a paru tout a fait neuve et sublime, il y a encore d'autres mais qui ne valent pas celle la. Mon esperance de Vous retrouver aussi dans ces strophes a eté satisfaite vers la fin. La Reine de Rossignols n'auroit pu etre mieux placée et je souhaite qu'elle se porte bien dans son Lorbeernest.
Notre Duc est revenu de Berlin toutafait content, il a vu Darbes et il a eté tres content du peintre et de ses peintures. On me dit que ce Maitre coquin cache tres bien son pied fourchu, qu'il contrefait le Sage, le complaisant, le modeste, enfin qu'il plait a tout le monde. A ces traits je reconnois mon admirable Mephistophele.
Deux actes de mon opera sont composés par un homme de genie, d'ailleurs solitaire et inconnu, mais qui ne fait que revenir de l'Italie. Je serois curieux de scavoir ce que diroit ma bonne amie de cette composition. Surement il y a des airs qui ne devroit etre chantés que par Vous. J'attends avec impatience le troisieme Acte dont la moitie devroit deja etre arrivée.
On se porte passablement bien ici cet hyver, Mad. la Duchesse Mere nous donne des inquietudes depuis quelques iours, elle est malade d'une fievre dont elle a eté saisie tout d'un coup.
Le printems nous donne les plus belles esperances, le tems se calme et il paroit que les beaux jours vont nous surprendre, puissies Vous en sentir toute l'influence.
Si Vous aimies Vos amis tant que Vous voules nous le faire accroire, Vous auries plus de soin pour Votre santé, Vous ecarteries toutes les idées facheuses et Vous ne Vous occuperies que du plaisir d'etre aimée de tant de personnes, pui trouvent leur bonheur dans Votre felicité.
Mille Compliments a Maurice et a Lolo. Sansdoute que ce petit personnage aura grandi.
Aves vous deja formé des Plans pour cet eté, je ne scais pas encore ce que je pourrois entreprendre, je depends trop des circonstances. Adieu que Votre amitié ne s'altere jamais, c'est ce qu'on peu demander a une jolie femme.Adieu.
Weimar ce 19. Febr. 86.G.
7/2269.
An Charlotte von Stein
Ich wünsche daß du glücklicher mit des Juden Testament seyn mögest als ich, denn ich habe es nicht auslesen können. Ernsten will ich bedeuten sobald ich ausgehe, schrifftlich wird es zu weitläufig. Adieu liebe mich du gehst doch heute in die Comödie, damit wir wenigstens zusammen leiden.
d. 20. Febr. 86.G.
7/2270.
An Johann Gottfried Herder
[20. Februar.]
Ich vermelde daß ich das Jüdische neuste Testament nicht habe auslesen können, daß ich es der Frau v. Stein geschickt habe die vielleicht glücklicher ist, und daß ich gleich den Spinoza aufgeschlagen und von der Proposition: qui Deum amat, conari non potest, ut Deus ipsum contra amet, einige Blätter mit der grösten Erbauung zum Abendsegen studirt habe. Aus allem diesem folget daß ich euch das Testament Johannis aber und abermal empfehle, dessen Inhalt Mosen und die Propheten, Evangelisten und Apostel begreift.
Kindlein liebt euch.
und so auch mich. Lebt wohl.
G.
7/2271.
An Charlotte von Stein
Hier meine Liebe die neusten Acktenstücke! Wie klein wird das alles und wie armseelig. Kann doch nicht einmal ein armer Jude ohne geneckt zu werden aus der Welt gehn. Liebe du mich und das recht herzlich, denn ich bin dir ganz eigen.
d. 21. Febr. 86.G.
7/2272.
An Charlotte von Stein
Gar zu gerne hätte ich dich gestern begleitet. Es that mir das Herz recht weh dich alleine gehn zu lassen.
Ich grüse und liebe dich und hoffe dich heute zu sehen. Lebe wohl. Hier der Rahm.
d. 23. Febr. 86.G.
7/2273.
An Charlotte von Stein
Ich muß zu Hause bleiben, es will mir gar nicht recht werden. Schon war ich frisirt und im Begriff mich anzuziehen. Wie befindest du dich meine Liebe und was hast du heute vor? Schicke mir meine Zeichnung und deine Pinsel ich habe Lust. Adieu. Liebe mich
d. 26. Febr. 86.G.
7/2274.
An Charlotte von Stein
N. S. Schon am 1ten Jenner dieses Jahrs, habe ich die Juwelen und Spitzen an Frau von Stein mit dem Postwagen überschickt – Ich hoffte von Zeit zu Zeit auf antwort des glücklichen ankommens – aber vergebens – da nun die garanti des Postams bald zu Ende geht so erbitte ich mir nur zwey Zeilen, um aus der Verlegenheit zu kommen.
Hier ein Wort von meiner Mutter.
Es soll mir sehr angenehm seyn euch heute zum Thee bey mir zu sehen zu Tisch kann ich euch nicht behalten. Wenn Imhof mit käme wäre es recht artig ich will es Herdern sagen lassen, ihr müsstet aber bey Zeiten kommen. Du hast mich doch recht lieb wie ich dich. Gestern Abend hat mir deine Gegenwart rechte wahre stille Freude gemacht. d. 28. Febr. 86.
G.
7/2275.
An Philipp Christoph Kayser
Weimar den 28ten Febr. 1786.
Wenn wir uns noch eine Zeitlang wechselsweise erklären, so werden wir uns gewiß verstehen und vereinigen. Wir sind die Meinungen eines Künstlers, der das mechanische seiner Kunst verstehet immer höchst wichtig, und ich setze sie über alles. Es komt nicht darauf an, was man mit dem einmal gegebenen Organe machen will, sondern was man machen kan.
Sie werden in der Folge sehen in wie fern Sie mich bekehrt haben, und ie mehr wir zusammen arbeiten, ie übereinstimmender werden wir würcken.
Lassen Sie uns iezt vor allen Dingen die erste Oper endigen, Sie sollen alsdenn einige Stücke, und eine Übersicht von der zweyten erhalten, und auch nach Belieben sogleich daran anfangen. Sodann bin ich bereit auch zu einer ernsthaften Oper zu helfen, über deren Manier wir uns zum voraus vergleichen müßen. Wir werden am besten thun dem Fußpfad des Metastas zu folgen, ein erhabenes rührendes Sujet zu wählen, nicht über sechs Personen zu steigen, weder allzugroße Pracht noch Dekorationen zu verlangen, für Chöre zu sorgen, und so weiter. Das alles wird sich finden wenn wir der Sache näher kommen, und uns durch die Opera Buffa erst mit und an einander gebildet haben.
Für unser gegenwärtiges Werck laßen Sie sich nicht bange seyn, es wird sich schon forthelfen, es werden sich Entreprenneurs und Akteurs finden, um die Aufführung möglich zu machen. Haben sie doch ietzo in Mannheim den Götz von Berlichingen wieder hervorgesucht, nachdem man ihn zehn Jahr als einen allzuschweren Stein hatte liegen laßen.
Der Anfang des dritten Akts ist endlich auch angekommen. Ich bin höchst neugierig ihn zu hören, ich habe ihn mir noch nicht einmal können am Clavier vortragen laßen. Daß Sie die höchste Raserei unserer Heldin in den Kahn gestellet, und die Überfarth über den Cozith gleichsam mit stürmender Hand geschehen laßen, dagegen die Arie wo sie den Mißethäter vor Plutos Trohn schlept, auf einen flehenden Vortrag angelegt, und also dadurch den Gang des Dichters umgekehrt haben, mögen Sie verantworten, oder vielmehr wird Ihre Ausführung rechtfertigen. Was Sie übrigens in dem der Partitur beigelegten Blatte empfehlen, will ich bestens besorgen, und Ihnen zur Zeit von allem bestimmte Nachricht geben.
Zu der Pantomime nach der Arie, in eurem finstern Hause, hätte ich folgendes zu erinnern und zu rathen.
Scapine fällt ohnmächtig in den Seßel, der Docktor bleibt ihr zu Füßen liegen, endlich springt er auf, ist ängstlich, sie scheint sich zu erholen, er stehet ihr bei, läuft hin und wieder, bringt ihr zu riechen, sie fällt wieder in Gebährden des Schmertzens, und stößt von Zeit zu Zeit Seufzer und ängstliche Laute aus.
So wünschte ich daß Sie die gedachte Stelle, in dem geschriebenen Exemplar der Oper erst korrigirten.
Dieses stumme Spiel kan wenn es nöthig ist wiederholt werden, und solten Sie es nicht in verschiedenen Theilen mit Reprisen setzen können? wie es bei Balleten geschiehet, so daß es alsdenn von dem Akteur und der Aktrice abhienge, ob sie die Pantomime verlängern oder abkürtzen wollen.
Zulezt wo sie in die Töne des Schmertzens ausbricht, kan ia der Doktor mit dem folgenden Gesang einfallen, und es dadurch zu einer Art von Duett werden.
Skapin läßt sich dann von außen hören, sie klagt und iammert auch noch wenn dieser hereintritt, und ich dencke es soll keinen übeln Effeckt thun, wenn Sie die Interiektionen, ach! weh! weh mir! o Schmertz! u.s.w. in den übrigen Gesang gleichsam hineinsäen.
Ich schicke Ihnen hier eine Arie des vierten Akts, wie ich sie verändert habe. Vieleicht finden Sie solche iezt rithmischer, und ich hätte große Lust einige andere auch auf diese Weise zu behandeln, und sie dadurch Ihrem Wunsche näher zu bringen. Hätten Sie überhaupt noch etwas über den vierten Akt zu sagen, so wär es noch Zeit.
Still ist es, stille
Stille so stille
Regt sich doch kein Mäusgen!
Rührt sich doch kein Lüfftgen!
Nichts, Nichts.
Regt sich doch und rühret sich doch nichts.
War es der Donner pp.
Ich habe diesen Brief dicktirt weil ich nicht wohl bin und keine Lust zu schreiben habe, und Sie doch nicht lange wollte warten lassen.
Ihr Vater hat das Geld. Sie wohl auch. Leben Sie wohl, lieben Sie mich und arbeiten fleisig fort.
Weimar d. 1. März 1786.G.
Grüsen Sie Frau Schulthes.
Noch eins, wie steht es mit dem Italienischen? Üben Sie Sich fleisig in dieser einzigen Sprache des Musikers.
7/2276.
An Charlotte von Stein
Es scheint als wenn mir die Arzeney recht wohl bekommen wollte, es wurde mir gestern Abend nach 8ten noch viel besser. Liebe mich du gutes Herz und bleibe mir. Ich will so in der Stille fort weben.
d. 1. März 1786.G.
Knebel hat mir sehr schöne Zeichnungen von Kobel mit gebracht.
7/2277.
An Charlotte von Stein
Es ist mir heute ganz leidlich du bist auch nicht recht fühle ich an deinem Briefgen. Liebe mich und laß dir es eine Freude seyn daß ich dich herzlich liebe.
d. 3. März.
G.
7/2278.
An Charlotte von Stein
Ich dancke dir für dein Wort, vielleicht komme ich gegen Mittag gelaufen, sonst habe ich nicht Hoffnung dich zu sehen. Ich freue mich deiner Liebe, und dencke an dich. Übrigens halt ich mich stille und treibe mein Wesen. Die Ostindischen Händel hab ich durch.
d. 4. März 86.G.
7/2279.
An Charlotte von Stein
Könnte ich mich doch recht offt deiner Gegenwart freuen wie gestern Abend, ich habe gut geschlafen und bin wohl. Knebel will gerne mitfahren. Laß mir so doch auch einen Plaz leer daß ich mich allenfalls einschieben könnte. Liebe mich wie ich dich.
Weimar d. 6. März 1786.G.
7/2280.
An Charlotte von Stein
Dieser Tag ist vorbey gegangen ohne daß ich etwas von dir gesehen noch gehört hätte. Ich will dann auch so still für mich endigen. Sag mir ein Wort. Ich war fleisig um das nachzubringen was ich bisher versäumte.
Lebe wohl. Liebe mich.
d. 10. März 86.G.
7/2281.
An Charlotte von Stein
Sage mir beste wie es mit deiner Gesundheit ist und daß du an mich denckst und mich liebst.
d. 12. März 86.
G.
7/2282.
An Christine Gräfin Brühl
Si les hommes etoit nés avec un peu de conscience, surement ils seroit confondus et desolés par la loyauté des femmes. La veste plus que belle que Vous aves eu la bonté de m'envoyer charmante amie, me prouve combien Vous etes esclave de Votre parole, ou plus tot combien le devoir de la remplir Vous est cher.
Mille et mille remercimens pour ce beau present, j'y reconnois Votre gout, Votre main, Vous meme, pardonnes! il y a un je ne sai quoi qui Vous ressemble et qui me fait un plaisir infini.
Les graces ont presidé a ce travail, diroit notre cher Wieland et j'entends en meme tems Mephistophele s'ecrier: voila de ce Firlefanz enchanteur qui me fait sauter et rire.
J'ai d'abord envoyé ce chef d'oeuvre au tailleur le plus entendu et j'attends avec impatience le moment de me voir paré de Vos mains.
Vous aves bien diviné que ce don m'arriveroit pour un jour de féte et de gala Mdme la Duchesse Mere apres une maladie dangereuse nous est rendue et nous pouvons esperer de la voir bieutot entierement retablie. C'est en me presentant devant Elle pour la feliciter, pour lui offrir mes voeux, que je porterai pour la premiere fois la piece la plus precieuse de ma garderobe presente et avenir. Pour d'autres fêtes je n'en connois pas et je crains fort que nous en resterons la.
Cette lettre devoit partir il y a quinze jours. Vous pardonneres le retard, la maladie de notre chere Duchesse nous a tenu en suspends jusqu' ici, presque tous les jours critiques j'usqu' au 21. ont été marqués par quelque accident facheux et ce n'est que depuis avanthier que nous respirons librement.
Adieu charmante amie. Bien des compliments pour Maurice. Notre Duc ne lui a point ecrit, a ce que j'ai pu scavoir.
Embrasses le bon Lolo plus qu'a l'ordinaire et que ce soit pour moi que Vous l'embrasses. S'il m'aime un peu c'est parceque je l'aime beaucoup, imites ce bon exemple. Adieu encore une fois.
Weimar ce 12. Marz 1786.G.
7/2283.
An Charlotte von Stein
Wir ists gestern Abend recht wohl gelungen und ich will sehen, ob es heute wieder so geht. Doch seh ich dich vorher. Wenn ich dich nur recht wohl wüsste. Ich habe Hoffnung mit dem nächsten Buche vorzurucken, wenn ich es auch nicht sobald endige. Der Anfang ist immer das schweerste das übrige giebt sich lebe wohl, grüse Stein auf die Reise.
d. 13. März 1786.G.
7/2284.
An Charlotte von Stein
Einen guten Morgen und hier den Avant coureur in dem 8ten Blatte wirst du über Werthern etwas finden das mit dem übereinstimmt was ich dir offt gesagt habe. Werde nicht müde wenn ich dir offt wiederhohle daß ich dich herzlich liebe. Gestern Abend ist an der Operette geschrieben worden.
d. 14. März 86.G.
7/2285.
An Charlotte von Stein
Ich bitte um dein Mikroscop ich will es mit dem meinigen verbinden und einige Beobachtungen machen ich habe Infusions Thiergen von der schönsten Sorte. Heute Abend seh ich dich bey der Imhof. Ich gehe noch erst in die Commödie, halte sie aber nicht aus.
Liebe mich.
d. 16. März 86.G.
7/2286.
An Charlotte von Stein
Ich habe mich recht herzlich gefreut gestern mit und neben dir zu seyn.
Dancke für das Frühstück. Was mir heute der Geist zurufen wird weis ich nicht mein Herz spricht aber immer von der Liebe zu dir.
d. 17. März 86.G.
7/2287.
An Charlotte von Stein
Ich bleibe nur zu Hause um dir Freude zu machen. Die Operette und Wilhelm rucken zusammen. Du musst mich recht lieb haben. Heute ess ich beym Herzog und nach Tafel besuche ich dich, Abends schreibe ich wieder und hoffe Donnerstags dir und Herders etwas zu lesen.
d. 21. März 86.G.
7/2288.
An Charlotte von Stein
Mit einer Anfrage wie du geschlafen hast, schicke ich den Brief von Miss Gore. Liebe mich obgleich meine Gestalt sich verändert hat.
d. 23. März 86.
G.
7/2289.
An Charlotte von Stein
Da die Boten gehn will ich meiner Geliebten ein Wort schreiben. Ich bin glücklich angekommen der Abend war gar schön und ich fand Knebeln unter den Steinen.
Er grüst dich recht sehr.
Wir schwäzen viel und was ich auch höre und rede; so sehe ich doch daß es am besten ist dich recht lieb zu haben.
Gute Nacht. Ich habe allerley Gedancken und Erfindungen die dich zur Rechten Zeit unterhalten sollen. Adieu.
[Jena] d. 24. März 86.G
7/2290.
An Charlotte von Stein
Wie befindet sich meine beste. Es war mir gestern eine rechte Freude dich vergnügt bey mir zu sehn. Es schien mir auch als wenn du mich recht lieb hättest. Heute hab ich viel zu thun, gehe auch gegen Abend zur Herzoginn Mutter. Dann seh ich dich wenigstens einen Augenblick, ich mögte gern an meinen Werckgen schreiben.
d. 29. März 86.G.
7/2291.
An den Herzog Carl August
Landsmannschafften und andere Verbindungen der Studierenden können vielleicht nicht ganz ausgerottet, sie können aber geschwächt werden.
Aus denen vorliegenden Votis, die sehr verschiedene Gesinnungen enthalten und deren wenige mit einander übereinstimmen, ziehe ich folgendes in's Kurze.
Anhaltende Aufmercksamkeit und fortdaurende Würckung auf denselben Zweck können das Übel mindern, ihm Einhalt thun, dessen Ausbrüchen zuvorkommen.
Wie sollten Männer die ihre Lebenszeit an Einem Orte zubringen, Erfahrung und Gewalt haben, nicht mit jungen Leuten die längstens alle drey Jahre wechseln fertig werden können? Aber Uneinigkeit und Lässigkeit dieser Häupter, läßt das Übel einschleichen und einwurzeln.
Die Besten zu vereinigen, suche man die Form des Concilii arctioris auszudehnen und seine Gewalt zu vermehren.
Zu dem Prorecktor und den vier Dekanis könnte man noch vier Beysitzer aus den vier Fakultäten hinzusetzen. Z.B. vorerst: Griesbach, Reichart, Loder, Eichhorn.
Zum Versuch auf ein Jahr; man würde die Aufsicht auf die Landsmannschafftlichen Verbindungen diesem Collegio zur Hauptpflicht machen und da es sich zugleich mit allem dem beschäfftigte was bisher die Incumbenz des concilli arctioris gewesen, würde solches durch eine natürliche Folge bald die ganze Disciplin umfassen.
Es bestünde aus 9 Personen, eine Anzahl die weder zu stark noch zu schwach ist, man könnte sich mehr darauf verlassen, als auf das bisherige concil. arct., es hätte nicht die Unbequemlichkeit einer perpetuirlichen Commission pp.
Zum Anfange würde keine weitläufige Instrucktion nötig seyn, wenige Hauptpunckte wären festzusetzen.
Wenn obengenannte Männer eine Zeitlang auf Einen Punckt gemeinschafftlich würcken, wird sich die beste Handelsweise von selbst zeigen.
Dieses neue concilium arctius hätte verbunden mit dem Prorecktor
1.
Auf vorsichtige Annahme zu halten.
Arme kann man nicht geradezu abweisen, so wenig als Studenten die von einer andern Akademie ohne Zeugniß, aber zur rechten Zeit anlangen; iedoch Aufsicht soll man aus dergleichen Leute mehr haben als auf andere. Hingegen die zwischen den halben Jahren ankommen, die von einer andern Akademie relegirte, oder durch ein consilium abeundi entfernte können eher zurückgewiesen werden.
2.
Wäre die Aufsicht auf das Betragen der jungen Leute der Klugheit des Concil. arct. zu überlassen. Fragt sich ob man die Anzahl der Pedellen vermehren, oder den gegenwärtigen etwas zulegen solle? Das Pro und contra liegt in den Votis.
3.
Die Wegschaffung schädlicher Mitglieder auf die glimpflichste Weise, wäre sodann das Hauptgeschäffte des neuen Collegii.
Das gegenwärtige Conc. arct. hat schon das Recht einen unfleißigen, untauglichen Studenten brevi manu wegzuschaffen, weil aber das Gesetz nur gegen solche gerichtet ist, die keine Collegia besuchen, so ist es durch simulirten Fleis der Landsmannschafftlichen Senioren eludirt worden, und es hat ein solches Consil. abeundi bisher nicht stattgefunden.
Man erstrecke die Gewalt auf die Landsmannschafftlichen Verbindungen und damit man für Misbrauch sicher sey, lassen sich verschiedene Bedingungen festsetzen, z.B. daß ein solches cons. abeundi nicht auf einen einzigen Fall gegeben werde, sondern nur solche Studenten treffen könne, deren Lebenswandel schon mehrmal zur Sprache gekommen und die man als schädliche Glieder der Akademie längere Zeit beobachtet.
Die Vota sowohl derer Glieder die bey einer solchen Ertheilung des Cons. abeundi zu als derer die abstimmen, wären zu den Ackten zu geben.
Die Majorität von 5 gegen 3, denn der Prorecktor hat kein Votum, sicherte an sich schon vor dem Misbrauch.
Das Cons. abeundi würde erst nur als Rath, sich binnen einer gewissen Frist wegzuverfügen, ertheilt.
Im Weigerungsfall erst mit dem förmlichen cons. abeundi vorgeschritten.
Überhaupt wäre der Prorecktor mehr an das Conc. arctius zu knüpfen. Er hätte in Zukunft demselben die Untersuchungsackten vorzulegen und nicht blos wie bisher daraus zu referiren.
Um die Untersuchungen förmlicher zu machen, wären die Verhöre im concil. Zimmer anzustellen. Dem neuen akademischen Syndico könnte man bey seiner Annahme zur Pflicht machen, dem Verhöre beyzuwohnen und dem Prorecktor zu assistiren.
Noch manches wird sich bey näherer Prüfung, das sicherste aber durch einen Versuch finden.
Nach diesen Vorschlägen wäre, wenn sie Beyfall fänden, ein Projeckt zu entwerfen und an die mitnährenden Höfe zu communiciren, und zwar sollte es nur das allgemeinste enthalten, damit man in keine Contestationen geriethe und die Sache bald durchginge.
Wäre das Concil. arctius einmal instituirt, so würde man von hier aus mit demselben immer in Connexion bleiben und ohne Aussehn die academische Disciplin dirigiren können.
Die eingesendeten Vota enthalten noch manche gute Vorschläge die theils zugleich mit diesem theils nach und nach in's Werck gesetzt werden könnten.
Nur müßte man sich hüten nicht zu viel thun zu wollen und nicht zu sehr in's kleine zu gehen.
Von der Verlängerung der Prorecktorate schwiege man noch ganz und brächte diese Einrichtung nicht eher zur Sprache, als bis ein Prorecktor im Amte wäre, den man zu behalten wünscht. Gegenwärtig ist es Hennings, auf ihn folgt der Theologe Schmidt, auf diesen ein Juriste, unter diesen könnte sich die neue Form des Conc. arctioris festsetzen, sodann folgen Loder, Eichhorn und Griesbach auseinander und man könnte durch Verlängerung dieser drey Prorecktorate, auf mehrere Jahre hinaus vieles Gute schaffen.
d. 7. Apr. 86.G.
7/2292.
An den Herzog Carl August
Ich bin recht unglücklich daß ich Ihrer Einladung so nicht folgen kann und zu Hause bleiben muß. Ein Knötgen an dem Zahn der mir vorm Jahr in Neustadt soviel zu schaffen machte und das ich schon eine Woche dissimulire ist nun zum Knoten geworden, spannt und zuckt so daß ich mich ieden Augenblick eines übeln Anfalls versehe. Garten und Wiese habe ich verlassen und bin mit Papieren und Ackten wieder heraufgezogen. Ihre Expedition können Sie zwar gar wohl ohne mich vornehmen und ich werde Wetken der die Sache inne hat hinauf schicken, nur thut es mir leid daß ich Sie nicht in unsere Grüffte einführen soll.
Ihre Frau Mutter grüst und lässt sagen: sie übe sich Ihnen entgegen zu kommen, wenn Sie zurück kehren. Ihrer Frau Gemahlinn ist sie heute schon entgegen gegangen.
Hier ist die Note zurück. Die Situation des französchen Ministerii scheint mir sehr richtig geschildert, und ebendeswegen glaube ich nicht daß etwas zu befürchten ist. Wenn man auch im einzelnen zu schwancken und der Gegenpartey nachzugeben scheint; so wird man gewiss doch in Hauptpunckten festhalten und den Kayser nicht gewähren lassen. Wer Franckreich bereden will, es könne ohne Schaden in den Umtausch von Bayern willigen, glaubt es selbst nicht, und kein vernünftiger Mensch wirds ihm glauben.
Auerhähne und Schnepfen und die Begattung dieses wilden Geflügels werde ich diesmal weder zu hören noch zu sehen kriegen, es scheint als wenn mir nur die Jagd der Infusionsthiere beschieden wäre.
Heute Abend ist das grose Ehrenfest der Schauspieler. Die Frauen werden gezogen, wir wünschen Wielanden alle die Metzner. Einsiedel ist sehr verdrüslich und die Schröter in Verzweiflung! Der Baron Charles tracktirt die bewusste Rolle mit der grösten Negligenz und will erst drey Tage vor der Aufführung zu lernen anfangen. Aus seinem Lesen in der ersten Probe hat man nicht die geringste Hoffnung schöpfen können.
Leben Sie recht wohl und vergnügt und behalten uns empfohlen.
Weimar d. 7. Apr. 86.G.
7/2293.
An Charlotte von Stein
Mein Backen ist dick doch ohne Schmerzen. Ich brauche ein Mundbad, und dencke es soll vorüber gehn. Liebe mich. Ich hoffte gestern fast dich noch zu sehn.
Ich lasse Infusionsthiergen zeichnen. Wollt ihr etwa Thee bey mir trincken.
d. 8. Apr. 86.G.
7/2294.
An den Herzog Carl August
Es thut mir sehr leid daß ich Ihre Parthie verderbe und das Geschäft hindre, mit meinem Übel ist es geworden wie ich voraus sah, der Backen ist dick und ich bin genötigt mich mit Kräuterkisslein zu zieren.
Knebel empfiehlt sich, er ist heute nach Jena, sehr schlecht erbaut von seinem patriotisch theatralischen Schmaus. Wielanden ist würcklich ein Streich passirt er zieht ein Loos wen er zu Tische neben sich haben und eigentlich versorgen soll, er liest Mad. Ackermann und ist höchst glücklich. Nachher findet es sich daß Knebel diese Schöne gezogen und wie der Alte sein Billet besieht ists Herr Ackermann. Er will mit aller Gewalt wieder eine Oper machen, ich glaube er hat schon angefangen.
Dagegen ist Herder herab gestiegen und hat ein ABC Buch geschrieben das recht sehr gut und trefflich gedacht ist.
Hierbey schicke ich die verlangte Charte und wünsche ein freundliches Leben.
Weimar d. 8ten Apr. 86.Goethe.
7/2082.
An Carl Ludwig von Knebel
[8. April]
Ich kann dir selbst sagen daß ich wieder auf guten Weegen bin. Mein Backen ist noch geschwollen, es wird aber auch sich balde geben. Ich dancke für deine Liebe, deinen Anteil, und freue mich der Zeit die uns zusammenbringen wird. Herders büchlein ist köstlich. Adieu. behalte mich in einem guten Herzen.
G.
7/2295.
An Charlotte von Stein
Gar süs wäre es mir gewesen dich bey mir zu sehen, allein du bist auch kranck und stille bey dir. Ich habe den ganzen Nachmittag gezeichnet, es wandelte mich wie ein Fieber an.
Nun noch eine gute Nacht, und laß mir auch ein Wort von dir hören.
d. 8. Apr. 86.G.
7/2296.
An Charlotte von Stein
Ich bin immer im stillen bey dir und habe nie sehnlicher gewünscht mit dir unter Einem Dache zu seyn als ietzt. Ich fange nun wieder an zu zeichnen und will wenigstens auf dem Papier leben. Mein Backen ist noch ein wenig dick ohne Schmerz wenn ich dich doch recht wohl wüsste.
d. 9. Apr. 86.G.
7/2297.
An Charlotte von Stein
Der Geschwulst vermindert sich und ich bin noch immer ohne Schmerzen. Sehr wohl wäre mirs wenn du bey mir seyn könntest. Gestern Abend war Herder bey mir und wir haben viel durchs Mikroscop gesehen. Liebe mich, ich habe dich herzlich lieb.
d. 10. Apr. 86.G.
7/2298.
An den Herzog Carl August
Wie gut war es daß Sie mein Übel für dem gestrigen Ritte bewahrt hat, in Ilmenau mag es nicht freundlich aussehn. Noch besser ists daß Sie Sich auf dem alten Schlosse wohlbefinden und Sich dort ein Quartier bereiten. Der Bauinspecktor soll kommen. Hier folgen die verlangten Ackten und das Buch. Zugleich das Büchlein aller Bücher das Abc. Die Briefe werden bestellt.
Ich muß zu Hause bleiben, mein Übel dauert noch, ohne Schmerz. Hier schicke ich einen Traum aus hiesiger Gegend, und wünsche zur stillen Woche ein still glückliches Leben.
d. 10. Apr. 86.G.
Vielleicht sind beykommende Bücher Wilhelms eben in der Jahrs Zeit. Im sechsten werden Sie einige Schreibefehler entschuldigen.
Den zweyten Feyertag will eine Gesellschafft iunger Leute auch zu Ehren der wiedergenesen Herzoginn essen und tanzen und bittet um Erlaubnis ihr Fest im hintern untern Zimmer des Commödien Hauses halten zu dürfen.
7/2299.
An Charlotte von Stein
Hier einige Briefe von den schönen Frauen und auch meine Berechnung wegen Fritz. Wie lebst du der Tag scheint heute schön zu werden. Wenn du ausgehst besuchst du mich doch, ich halte mich noch zu Hause. Liebe mich.
d. 11. Apr. 86.G.
7/2300.
An Charlotte von Stein
Ich grüse meine Gute und werde sie heute sehn. Gestern freute mich deine Gegenwart recht herzlich. Ich habe noch eine Arie zur Operette gemacht. Vielleicht komm ich auch ein wenig zu Herders. Die Oliva sollst du haben. Alle Mährgen sobald sie erzählt sind haben den Reiz nicht mehr als wenn man sie nur dunckel und halb weis. Lebe wohl. Liebe mich.
d. 13. Apr. 86.G.
7/2301.
An Charlotte von Stein
Einen Guten Morgen meine Beste und den Brief an die Rheingräfinn. Siehe zu daß du das Memoire der Oliva von der regierenden Herzoginn erhältst.
Der Herzog hat es weggenommen. Was hast du heute vor. Gegen 12 will ich spazieren gehn, es ist herrliches Wetter. Adieu.
d. 14. Apr. 86.G.
7/2302.
An Friedrich Heinrich Jacobi
Ich weis nicht mehr wo ich mit dir bin lieber Bruder solange habe ich nicht geschrieben und so vielerley ist mir durch den Kopf gegangen. Meinen gewöhnlichen Geschäfften gesellet sich so manche Liebhaberey zu daß ich offt nicht weis wo hinaus.
Botanick und Microscop sind ietzt Hauptfeinde mit denen ich zu kämpfen habe. Dagegen lebe ich auch in einer Einsamkeit und Abgeschiedenheit von aller Welt die mich zuletzt stumm wie einen Fisch macht. Hier ist der Fürstinn Brief der einen glücklichen Humor hat, ich wollte es käm ihr auch der Humor mir einmal ein Wort zu sagen. Die Silhouette hat mir viel Freude gemacht und dir dancke ich für das schöne Kupfer und den Pendant.
Eine neue komische Oper von mir die ietzo komponirt wird macht mir viel Freude. Es wird mit derselben ein Componiste hervortreten, dergleichen sich nicht viele im Stillen bilden.
Hier ist denn endlich auch einmal meine Note, du schickst das Geld gelegentlich.
Was machst du alter Metaphysikus? Was bereitest du Freunden und Feinden?
Grüse die deinigen! Liebe mich.
Wenn dir mit Infusionsthiergen gedient wäre könnte ich dir einige Millionen verabfolgen lassen.
Lebe wohl, und schreibe bald.
Weimar d. 14. Apr. 86.G.
7/2303.
An Charlotte von Stein
[Mitte April.]
Ich hatte gestern Abend das gröste Verlangen dich zu sehn, zumal da ich dir die köstlichste Geschöpfe zu zeigen hatte. Hätte ich nur meinen Vorsatz ausgeführt, ich wollte nach Hof schicken und dirs sagen lassen. Ich habe nunmer schon Thiere die sich den Polypen nahen, fressende Infusonsthiere.
Liebe mich.
G.
7/2330.
An Charlotte von Stein
[Mitte April]
Ich bin wohl und fleisig und liebe dich durch alles durch. Um 11 Uhr kommt Wieland meine Orest Maske liegt schon da und wird der Alceste aufgeopfert werden. Ich sehe dich heute Abend.
G.
7/2304.
An Charlotte von Stein
Eben wollt ich dir schreiben um etwas von dir zu hören. Heute der Tag wird mir ohne dich hingehn. Doch seh ich dich einen Augenblick.
Du bist mir herzlich lieb, und ich habe dir recht schöne neue Sachen zu erzählen.
d. 24. Apr. 86.G.
7/2305.
An Charlotte von Stein