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Die große Sammlung deutschsprachiger Balladen: Neben den bekanntesten Klassikern wie dem Zauberlehrling und dem Erlkönig sind auch Volkslieder und Werke bis in die Moderne enthalten. Inhalte: Verschiedene Autoren Das Buch der Deutschen Balladen idb ISBN Das Lied Ballade Der unsichtbare Flöter Die Blütenfee Erlkönigs Tochter Erlkönig Der Hungrige Teich Der Knabe im Moor Die Lore Lay Lorelei Waldgespräch Ich fürcht nit Gespenster Romanze Zeitelmoos Die Roggenmuhme Das Gewitter Die blitzerschlagene Magd Die Geister am Mummelsee Der Nachtjäger Die schöne Lilofe Zwei Liebchen Winternacht Der Reiter und der Bodensee Der Fischer De Lootsendochter Todtänzerin Der Taucher Die Brück am Tay (28. Dezember 1879) Wunder und Spuk Ulinger Der Vorwirt Der tote Freier Lenore Das kalte Liebchen Die späte Hochzeit De Pukerstock Vorgeschichte Die Braut von Korinth Das Feuerbesprechen Der Feuerreiter Der beständige Freier Der Totentanz Des Pfarrers Tochter von Taubenhain Das Fräulein von Rodenschild Das Nothemd Junker Rechberger Iwer Der Elfenring Der 6. November 1632 Der Tod Mären Hildebrand Der blinde König Roland Schildträger Das versunkene Kloster Schwäbische Kunde Bergschloß Hochzeitlied Graf Eberstein Rolf Düring Ritter Kurts Brautfahrt Graf Eberhard der Rauschebart Alte Landsknechte Der fluchende Bischof Das alte Steinkreuz am Neuen Markt Schelm von Bergen Jan Bart Der Postillon Prinz Eugen Legende von den Schuhen Der Geiger zu Gmünd Legende Der Narr des Grafen von Zimmern In Bulemanns Haus Tafelgüter Has von Überlingen Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland Der getreue Eckart Gutmann und Gutweib Die wandelnde Glocke Der Zauberlehrling Die Jagd des Moguls Chidher Der Schatzgräber Schicksal Belsazar Die Zwillingsgeschwister Einsiedel Wer weiß wo Roni Sattel Das Glück von Edenhall Drei Reiter am Tor König Abels Tod Frau Mette Die Jagd von Winchester Das Lied des James Monmouth Jung-Walter Die Söhne Haruns Graf Egisheim Letzte Fahrt Der Schwimmer Gorm Grymme Die spanischen Brüder Nachtfahrer Schloß Eger König Etzels Schwert Hie Welf! Der letzte Graf von Brederode entzieht sich türkischer Gefangenschaft Der Lindenschmid Der Geiger von Oppenau Aroleid Liebesdienst Die zwei Gesellen Der Soldat Anno domini 1812 Die Grenadiere Der Karfunkel Die Erdbeerfrau Der Tod im Schacht Das Köhlerweib ist trunken »Und alles ohne Liebe« Aflohnt Der Bettler Der schwarze Tod Aus dem Schlesischen Gebirge Am Krüz zwische Zähringe un Wildtal Schuld und Sühne Edward Die Rache Die traurige Krönung Das Schloß in Österreich Die Frau von Weißenburg Der Schatten Die Fei Die Kindsmörderin Der Nachtwandler Der eifersüchtige Knabe Hartwich Reventlow Der Glockenguß zu Breslau Der Wirtin Töchterlein Kurt von Spiegel Die Kraniche des Ibykus Des Sängers Fluch La Blanche Nef Die Rose von Newport Liebe Tannhäuser Der Mordknecht Hannes Maler Hans Steutlinger Auf dem Rhein Es war ein alter König Ritter Olaf Die beiden Königskinder Mutter und Tochter Der Bremberger Graf und Nonne Die Wallfahrt nach Kevlaar Die Tochter der Heide Die drei Raben Die zwei Raben Schön-Rohtraut Entführung Entführung Der Herr von Falkenstein Der Spielmannssohn Der Schäfer putzte sich zum Tanz Schippers Brut Barbara Allen Am Ufer des Stromes Die Winzerin Mit zwei Worten Die Ketzerin Der letzte Tanz Das Wecken Die Hochzeit in der Mühle Ballade vom Brennesselbusch Nun grüße dich Gott, Frau Minne Verdorben – gestorben Der König in Thule Der gute Kamerad Brüder Der gleitende Purpur Heldentum Siegfrieds Schwert Die drei Lieder Das Grab im Busento Rolands Schwanenlied König Karls Meerfahrt Graf Richard Ohnefurcht Taillefer Richard Löwenherz' Tod Das Herz von Douglas Brandolf von Stein Joost van Hee Graf Rudolf vun de Bökelnborg Der Handschuh Tells Tod Der Grenzlauf Nis Randers Pidder Lüng Das Lied vom braven Mann Johanna Sebus John Maynard Der Lotse Bertran de Born Archibald Douglas und viele mehr
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idb
ISBN 9783961501250
Es fuhr ein Knecht hinaus zum Wald, Sein Bart war noch nicht flück. Er lief sich irr im Wunderwald, Er kam nicht mehr zurück.
Das ganze Dorf zog nach ihm aus Vom Früh- zum Abendrot; Doch fand man nirgend seine Spur, Da gab man ihn für tot.
So flossen sieben Jahr dahin, Und eines Morgens stand Auf einmal wieder er vorm Dorf Und ging zum Brunnenrand.
Sie fragten, wer er war, und sahn Ihm fremd ins Angesicht. Der Vater starb, die Mutter starb, Ein anderer kannt ihn nicht.
Vor Tagen hab ich mich verirrt, Ich war im Wunderwald. Dort kam ich recht zu einem Fest, Doch heim trieb man mich bald.
Die Leute tragen güldnes Haar Und eine Haut wie Schnee ... So heißen sie dort Sonn und Mond, So Berg und Tal und See.
Da lachten all: in dieser Früh Ist er nicht Weines voll. Sie gaben ihm das Vieh zur Hut Und sagten, er ist toll.
So trieb er täglich in das Feld Und saß auf einem Stein Und sang bis in die tiefe Nacht, und niemand sorgte sein.
Und die Sonne machte den weiten Ritt Um die Welt, Und die Sternlein sprachen: »Wir reisen mit Um die Welt«; Und die Sonne, sie schalt sie: »Ihr bleibt zu Haus! Denn ich brenn euch die goldnen Äuglein aus Bei dem feurigen Ritt um die Welt.«
Und die Sternlein gingen zum lieben Mond In der Nacht, Und sie sprachen: »Du, der auf Wolken thront In der Nacht, Laß uns wandeln mit dir, denn dein milder Schein, Er verbrennet uns nimmer die Äugelein.« Und er nahm sie, Gesellen der Nacht.
Nun willkommen, Sternlein und lieber Mond, In der Nacht! Ihr versteht, was still in dem Herzen wohnt In der Nacht. Kommt und zündet die himmlischen Lichter an,
Es klingt so süß im Apfelbaum: Wach auf, wach auf vom Mittagstraum! Wie fallen auf dich der Blüten so viel! Sie löste der Flöter mit seinem Spiel, Der Unsichtbare, der Frühlingsgeist, Der Nachtigallen unterweist.
Da flattert hernieder der süße Klang, Und hinter ihm folget der Kinderdrang; Auf dem Platz im Dorfe weilt er mehr, Da ringeln die Kleinen um ihn her. Jetzt scheint er mitten, nun wieder dort: Es wechselt alles mit ihm den Ort.
Und wo er hinflattert und wo er hingeht, Kein Mensch auf den richtigen Füßen steht, Das ganze Dorf, es folgt dem Schall Und jubelt und jauchzt allüberall, Die Wassermühle stehet still, Den holden Geist sie hören will.
Einst hat' ihn einer ins Haus gelockt, Die süßeste Milch ihm eingebrockt: Da spielt' er eine Weile schön, Doch mußt er am End durchs Fenster gehn, Biribitz, wie der Blitz die Scheiben hinaus! Es sprangen die Fenster im ganzen Haus.
Er leidet niemals einen Zwang; In der Stube wird ihm die Zeit zu lang; Doch draußen, so weit der Himmel blau,
Maien auf den Bäumen, Sträußchen in dem Hag. Nach der Schmiede reitet Janko früh am Tag. Blütenschneegestöber segnet seine Fahrt, Lilien trägt des Rößleins Mähne, Schweif und Bart. Lacht der muntre Knabe: »Sag mir, Rößlein traut: Bist bekränzt zur Hochzeit, doch wo bleibt die Braut?«
Horch, ein Pferdchen trippelt hinter ihm geschwind, Auf dem Pferdchen schaukelt ein holdselig Kind. Solche kleine Fante nimmt man auf den Schoß, Auf die Schulter wirft ers spielend: Ei! wie groß! Zappelnd schreit die Kleine: »Böser Bube du! Weh! ich hab verloren meinen Lilienschuh.«
Rückwärts sprengt er suchend ein geraumes Stück. Wie er mit dem Schuhe eilends kam zurück, An des Kindes Stelle saß die schönste Maid. Da geschah dem Jungen süßes Herzeleid. Flüsterte die Schöne: »Liebster Janko mein, Hab ein kostbar Ringlein, strahlt wie Sonnenschein, Bin dir hold gewogen, schenk es dir zum Pfand. Weh! ich habs vergessen, badend an dem Strand.«
Wie er mit dem Ringlein wiederkehrte – schau! Hing gebückt im Sattel eine welke Frau. Ihre Zunge stöhnte: »Janko, du mein Sohn, Weh! ein Tröpfchen Wasser! Schnell! um Gotteslohn.«
Herr Oluf reitet spät und weit, Zu bieten auf seine Hochzeitleut.
Da tanzen die Elfen auf grünem Land, Erlkönigs Tochter reicht ihm die Hand.
»Willkommen, Herr Oluf! Was eilst von hier? Tritt her in den Reihen und tanz mit mir.«
»Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag, Frühmorgen ist mein Hochzeittag.«
»Hör an, Herr Oluf, tritt tanzen mit mir, Zwei güldne Sporen schenk ich dir!«
»Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag, Frühmorgen ist mein Hochzeittag.«
»Hör an, Herr Oluf, tritt tanzen mit mir, Ein Hemd von Seide, das schenk ich dir.
Ein Hemd von Seide so weiß und fein, Meine Mutter bleichts mit Mondenschein.«
»Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag, Frühmorgen ist mein Hochzeittag.«
»Hör an, Herr Oluf, tritt tanzen mit mir, Ein Haupt von Golde, das schenk ich dir.«
»Ein Haupt von Golde, das nahm ich wohl; Doch tanzen ich nicht darf noch soll.«
»Und willst, Herr Oluf, nicht tanzen mit mir, Soll Seuch und Krankheit folgen dir.«
Sie tat einen Schlag ihm auf sein Herz, Noch nimmer fühlt' er solchen Schmerz.
Sie hob ihn bleichend auf sein Pferd: »Reit heim nun zu dein'm Fräulein wert.«
Und als er kam vor Hauses Tür, Seine Mutter zitternd stand dafür:
»Hör an, mein Sohn, sag an mir gleich, Wie ist dein Farbe blaß und bleich?«
»Und sollt sie nicht sein blaß und bleich, Ich traf in Erlenkönigs Reich.«
»Hör an, mein Sohn, so lieb und traut, Was soll ich nun sagen deiner Braut?«
»Sagt ihr, ich sei im Wald zur Stund, Zu proben da mein Pferd und Hund.«
Frühmorgen und als es Tag kaum war, Da kam die Braut mit der Hochzeitschar.
Sie schenkten Met, sie schenkten Wein; »Wo ist Herr Oluf, der Bräut'gam mein?«
»Herr Oluf, er ritt in Wald zur Stund,
Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind; Er hat den Knaben wohl in dem Arm, Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.
Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? – Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht? Den Erlenkönig mit Krön und Schweif? – Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif. –
»Du liebes Kind, komm, geh mit mir! Gar schöne Spiele spiel ich mit dir; Manch bunte Blumen sind an dem Strand, Meine Mutter hat manch gülden Gewand.«
Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht, Was Erlenkönig mir leise verspricht? – Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind; In dürren Blättern säuselt der Wind. –
»Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn? Meine Töchter sollen dich warten schön; Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn Und wiegen und tanzen und singen dich ein.«
Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort Erlkönigs Töchter am düstern Ort? – Mein Sohn, mein Sohn, ich seh es genau: Es scheinen die alten Weiden so grau. –
»Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt; Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.« – Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an! Erlkönig hat mir ein Leids getan! –
Dem Vater grausets, er reitet geschwind, Er hält in den Armen das ächzende Kind,
Weite Felder am Höderup-Deich, Mitten drin der Hungrige Teich.
Die Ähren schütteln sich vor Entsetzen, Der Fisch ängstet haufenweis zu den Netzen,
Wenn aus dem Teich, wie aus tiefer Gruft, Eine Stimme ruft, Eine Stimme, die nie vergeblich ruft! –
Der Pfarrer von Höderup geht über Feld, Johannistag glüht auf der Marschenwelt, Friedliches Stiefelknarren auf staubigem Wege, Sonst kein Laut in Flur und Gehege.
Ein Ährenzittern läuft her, wellengleich ... Da! – Langsam und klar vom Hungrigen Teich Heimatlose Worte wandeln durch das Licht: »Die Stunde ist da, – und der Mensch noch nicht!«
Den Pfarrer packt es, er weiß nicht wie, Er weiß nur das Eine: Flieh! Entflieh! Und wie er läuft, – noch einmal, ganz nah: »Die Stunde ist da...!«
Vor Höderup, wo die Birken stehn, Da hat er den Knaben laufen sehn, Da hat er gewußt: Tu jetzt, was du willst, – Glaub doch nicht, daß du sein Hungern stillst Dem Hungrigen Teich!
»Lütt Pieter, min Jung, seg, wo wistu hin?« Er faßt ihn freundlich unters Kinn, »Nich wid! Wie sün ja dor all gliek, – Eck gah to speelen an Hongrigen Diek!« »Lütt Pieter, du schallst nich tom Water gahn, Lop mal nahn Oberdörpe enan Un seg Herrn Lehr, ... un frag Herrn Lehr, Ob hei hüt Ahmd in Kränzchen wär. Un denn kom gliek to mi torügge, Aber gah dorchs Dorp, – nich över de Brücke!« –
Die Diele im Pfarrhaus war weit und kühl, In der Küche aber, da wallte es schwül, Da standen die Weiber um Kessel und Trog,Und Frau Pastor aus der Türe sich bog: »Katrin, für die feine Wäsche hol gleich Mal noch zwei Eimer vom Hungrigen Teich!«
Und der Pfarrer wußte: Laß sie nur gehn, Der wird da draußen kein Leid geschehn! Und er saß bang. Die Wanduhr tickte, Unerbittlich der Zeiger rückte, Und als er nach dem Zeiger sah, Da wußte er wieder: Die Stunde ist da! Er trocknete sich von der Stirne den Schweiß, Der Mittag brütete gar zu heiß. –
Ein geller Frauenschrei! »Rudolf, Rudolf!! – Schnell, schnell!!« – Lütt Pieter lag Tot auf der Diele, gerührt vom Schlag! Müde und durstig und heißgerannt
O, schaurig ists, übers Moor zu gehn, Wenn es wimmelt vom Heiderauche, Sich wie Phantome die Dünste drehn Und die Ranke häkelt am Strauche,
Unter jedem Tritte ein Quellchen springt, Wenn aus der Spalte es zischt und singt, O, schaurig ists, übers Moor zu gehn, Wenn das Röhricht knistert im Hauche!
Fest hält die Fibel das zitternde Kind Und rennt, als ob man es jage; Hohl über die Fläche sauset der Wind – Was raschelt drüben im Hage? Das ist der gespenstische Gräberknecht, Der dem Meister die besten Torfe verzecht; Hu, hu, es bricht wie ein irres Rind! Hinducket das Knäblein zage.
Vom Ufer starret Gestumpf hervor, Unheimlich nicket die Föhre, Der Knabe rennt, gespannt das Ohr, Durch Riesenhalme wie Speere; Und wie es rieselt und knistert darin! Das ist die unselige Spinnerin, Das ist die gebannte Spinnlenor', Die den Haspel dreht im Geröhre!
Voran, voran! nur immer im Lauf, Voran, als woll es ihn holen! Vor seinem Fuße brodelt es auf, Es pfeift ihm unter den Sohlen Wie eine gespenstische Melodei; Das ist der Geigenmann ungetreu, Das ist der diebische Fiedler Knauf, Der den Hochzeitheller gestohlen!
Da birst das Moor, ein Seufzer geht Hervor aus der klaffenden Höhle; Weh, weh, da ruft die verdammte Margret: »Ho, ho, meine arme Seele!« Der Knabe springt wie ein wundes Reh! War nicht Schutzengel in seiner Näh, Seine bleichenden Knöchelchen fände spät Ein Gräber im Moorgeschwele.
Da mählich gründet der Boden sich Und drüben, neben der Weide,
Zu Bacharach am Rheine Wohnt' eine Zauberin, Sie war so schön und feine Und riß viel Herzen hin.
Und brachte viel' zu Schanden Der Männer ringsumher, Aus ihren Liebesbanden War keine Rettung mehr.
Der Bischof ließ sie laden Vor geistliche Gewalt – Und mußte sie begnaden, So schön war ihr' Gestalt.
Er sprach zu ihr gerühret: »Du arme Lore Lay! Wer hat dich denn verführet Zu böser Zauberei?«
»Herr Bischof, laßt mich sterben, Ich bin des Lebens müd, Weil jeder muß verderben, Der meine Augen sieht.
Die Augen sind zwei Flammen, Mein Arm ein Zauberstab – O legt mich in die Flammen! O brechet mir den Stab!«
»Ich kann dich nicht verdammen, Bis du mir erst bekennt, Warum in deinen Flammen Mein eignes Herz schon brennt!
Den Stab kann ich nicht brechen, Du schöne Lore Lay! Ich müßte dann zerbrechen Mein eigen Herz entzwei.«
»Herr Bischof, mit mir Armen Treibt nicht so bösen Spott, Und bittet um Erbarmen Für mich den lieben Gott!
Ich darf nicht länger leben, Ich liebe keinen mehr – Den Tod sollt Ihr mir geben, Drum kam ich zu Euch her.
Mein Schatz hat mich betrogen, Hat sich von mir gewandt, Ist fort von mir gezogen, Fort in ein fremdes Land.
Die Augen sanft und wilde, Die Wangen rot und weiß, Die Worte still und milde, Das ist mein Zauberkreis.
Ich selbst muß drin verderben, Das Herz tut mir so weh, Vor Schmerzen möcht ich sterben, Wenn ich mein Bildnis seh.
Drum laßt mein Recht mich finden, Mich sterben wie ein Christ! Denn alles muß verschwinden, Weil er nicht bei mir ist.«
Drei Ritter läßt er holen: »Bringt sie ins Kloster hin! Geh, Lore! – Gott befohlen Sei dein bedrückter Sinn.
Du sollst ein Nönnchen werden, Ein Nönnchen schwarz und weiß, Bereite dich auf Erden Zu deines Todes Reis'.«
Zum Kloster sie nun ritten, Die Ritter alle drei, Und traurig in der Mitten Die schöne Lore Lay.
»O Ritter, laßt mich gehen Auf diesen Felsen groß, Ich will noch einmal sehen Nach meines Lieben Schloß.
Ich will noch einmal sehen Wohl in den tiefen Rhein Und dann ins Kloster gehen Und Gottes Jungfrau sein.«
Der Felsen ist so jähe, So steil ist seine Wand, Doch klimmt sie in die Höhe, Bis daß sie oben stand.
Es binden die drei Reiter Die Rosse unten an Und klettern immer weiter Zum Felsen auch hinan.
Die Jungfrau sprach: »Da gehet Ein Schifflein auf dem Rhein; Der in dem Schifflein stehet, Der soll mein Liebster sein!
Mein Herz wird mir so munter,
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, Daß ich so traurig bin; Ein Märchen aus alten Zeiten, Das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl, und es dunkelt, Und ruhig fließet der Rhein; Der Gipfel des Berges funkelt Im Abendsonnenschein.
Die schönste Jungfrau sitzet Dort oben wunderbar, Ihr goldnes Geschmeide blitzet, Sie kämmt ihr goldenes Haar;
Sie kämmt es mit goldenem Kamme Und singt ein Lied dabei, Das hat eine wundersame Gewaltige Melodei.
Den Schiffer im kleinen Schiffe Ergreift es mit wildem Weh; Er schaut nicht die Felsenriffe, Er schaut nur hinauf in die Höh'.
Ich glaube, die Wellen verschlingen
Es ist schon spät, es wird schon kalt, Was reit'st du einsam durch den Wald? Der Wald ist lang, du bist allein, Du schöne Braut! Ich führ dich heim!
»Groß ist der Männer Trug und List, Vor Schmerz mein Herz gebrochen ist, Wohl irrt das Waldhorn her und hin, O flieh! du weißt nicht, wer ich bin.«
So reich geschmückt ist Roß und Weib, So wunderschön der junge Leib, Jetzt kenn ich dich – Gott steh mir bei! Du bist die Hexe Lorelei.
»Du kennst mich wohl – von hohem Stein Schaut still mein Schloß tief in den Rhein.
Ich fürcht nit Gespenster, Keine Hexen und Feen, Und lieb's, in ihre tiefen Glühaugen zu sehn.
Am Wald in dem grünen Unheimlichen See, Da wohnet ein Nachtweib, Das ist weiß wie der Schnee.
Es haßt meiner Schönheit Unschuldige Zier; Wenn ich spät noch vorbeigeh, So zankt es mit mir.
Jüngst als ich im Mondschein Am Waldwasser stand, Fuhr sie auf ohne Schleie Bergengruen r, Ohne alles Gewand.
Es schwammen ihre Glieder In der taghellen Nacht; Der Himmel war trunken Von der höllischen Pracht.
Horch, horch, was singen die Wellen am Strand? Es waren drei Jäger im Oberland, Die wollten fischen und jagen In ihren jungen Tagen.
Sie kamen an einen Wald so grau, Da saß eine wilde, uralte Frau, Die kämmte die weißen Locken, Das Herz tät ihnen stocken.
»Vor tausend Jahren da war ich schön, Da jagt ich die Hirsche auf Bergeshöhn. Kein König zog vorüber, Er küßte mich viel lieber!
Mein Haar ward grau und mein Haupt ward schwer, Mag heute keiner mich küssen mehr, Wollt ihr das Alter nicht ehren? Ich will euch Sitte lehren!«
Drei Haare sie riß aus dem greisen Schopf, Die wirbelt' sie lachend über den Kopf; Drei schöne Mädchen alsbalde Hinschwebten über dem Walde.
Die Jäger standen und staunten sehr,
»Geht heim, ihr Kleinen, wärmet euch am Feuer, Am Abend ists im Zeitelmoose nicht geheuer!« – Die Kleinen lachen.
Und wie er weiter reitet von der Stelle, Wirft sich am Teich ein Mädchen in die kühle Welle... Was will er machen?
Er springt ins Wasser nach, um sie zu retten... Ja, wenn ihn nur die Nixen nicht zum Narren hätten! Die Nixen lachen.
Er tappt zurück zum Roß mit nassen Beinen, Da sitzen auf dem Rosse wiederum die Kleinen... Was will er machen?
Er nimmt die Peitsch und haut sie; aber munter, Heupferdchen ähnlich, springen sie von da herunter Und stehn und lachen.
Auf setzt er sich, doch Angstschweiß muß er schwitzen, Denn hinter sich fühlt wieder er die Kleinen sitzen... Was will er machen?
Sie klammern sich so fest an ihn und kneifen! Er kann sich die Spukgeister nicht vom Halse streifen: Sie aber lachen.
»Im Zeitelmoos ists abends nicht geheuer!« Zirpt eines; – doch er sieht nun Hirten um ein Feuer... Was will er machen?
Er traut sich nicht hin bis zum nächsten Orte Und will herab und gibt den Hirten gute Worte. Die Kleinen lachen.
Nun möcht er gern sie hauen mit dem Stecken, Sie aber fliehn, indem sie mit den Zähnen blecken. Was will er machen?
Die Hirten wollen ihn vom Pferde heben, Da dreht sich gar der Sattel um, er fällt daneben. Die Hirten lachen.
Er schilt sie aus, die Hirten schwinden beide, Er liegt im Moor, am Schimmern einer faulen Weide .. Was will er machen?
Auf springt er, schnallt den Sattel wieder feste, Steigt auf und peitscht: »Fortreiten«, ruft er, »ist das Die Kleinen lachen. Beste!« ...
Er kommt nicht fort, es ist ihm wie im Traume: Der Sattel sitzt am Rosse nicht, nein, an dem Baume... Was will er machen?
Aus allen Ecken rufts: »Geh heim zum Feuer Und wärme dich, im Zeitelmoos ists nicht geheuer!« – Die Kleinen lachen.
Nun bleibt er sitzen. Die Laubfrösche quarren, Die Mücken stechen, alles hat ihn da zum Narren ... Was will er machen?
Er sitzt und sitzt – auskräht der Hahn den Morgen, Da rufen sie: »Nun guter Mann, bist du geborgen!« Und fliehn und lachen.
Er geht zum Roß: es ist ihm wie im Traume,
Dem Barthel sein Kind geht im Roggen rund, So schrickts im Dorfe von Mund zu Mund. – Es geht schon am zweiten Tage Im großen Roggenschlage.
Die Notglocke läutet die Dörfler heran, Und es heben alle zu suchen an. Und suchen mit Mannen und Hunden Und habens nicht gefunden.
Sie suchen schon den dritten Tag. Da war kein Fleck im Roggenschlag Im Breiten und im Langen, Den sie nicht abgegangen. –
Da lag in Mohn und Raden tief Das Kind so süß, als wenn es schlief – Trägt einen Kranz von Mohne Wie eine helle Krone.
Das süße Mündchen war wie rot Und sagte nichts von Todesnot, Die Händchen waren beide Gesträhnte weiße Seide.
Auf seiner Brust ein Blümlein lag,
Urahne, Großmutter, Mutter und Kind In dumpfer Stube beisammen sind; Es spielet das Kind, die Mutter sich schmückt, Großmutter spinnet, Urahne gebückt Sitzt hinter dem Ofen im Pfühl – Wie wehen die Lüfte so schwül!
Das Kind spricht: »Morgen ists Feiertag, Wie will ich spielen im grünen Hag, Wie will ich springen durch Tal und Höhn, Wie will ich pflücken viel Blumen schön; Dem Anger, dem bin ich hold!« – Hört ihrs, wie der Donner grollt?
Die Mutter spricht: »Morgen ists Feiertag, Da halten wir alle fröhlich Gelag, Ich selber, ich rüste mein Feierkleid; Das Leben, es hat auch Lust nach Leid, Dann scheint die Sonne wie Gold!« – Hört ihrs, wie der Donner grollt?
Großmutter spricht: »Morgen ists Feiertag, Großmutter hat keinen Feiertag, Sie kochet das Mahl, sie spinnet das Kleid, Das Leben ist Sorg und viel Arbeit; Wohl dem, der tat, was er sollt!« – Hört ihrs, wie der Donner grollt?
Urahne spricht: »Morgen ists Feiertag, Am liebsten morgen ich sterben mag: Ich kann nicht singen und scherzen mehr, Ich kann nicht sorgen und schaffen schwer, Was tu ich noch auf der Welt?« – Seht ihr, wie der Blitz dort fällt?
Sie hörens nicht, sie sehens nicht, Es flammet die Stube wie lauter Licht:
Ein Erntetag hat ausgebrannt. Fünfzig Fuder sind unter Dach. Die Knechte und Mägde halten Schmaus Und tragen alte Geschichten aus. Eins nach dem andern sinkt an die Wand, Nur der Großknecht Johann bleibt wach.
Bleierne Schwüle kriecht durch die Tür, Geht bis vor an die Bank, Haucht alle Schläfer stickig an, Hockt breit zum alten Knecht Johann, Macht sauer das Krüglein Erntebier Und die Pferde im Stalle krank.
Fernab grollt Donner. Überm Wald. Die Schlummerer wirfts hin und her. Der Großknecht will nach den Pferden sehn; Er kanns nicht, es geht nicht, er kann nicht stehn, Ihm wird die Stirne schweißig kalt. Die Türe dreht sich schwer.
Da steht – o du allbarmherziger Gott! – Die Gret, die Magd, die der Blitz erschlug; Mit dem schwarz gefächerten Gesicht Stiert sie zum Tisch und redet nicht. Sie zittert noch vor Sterbenot Und trägt das Kleid, das sie trug.
Dem Knecht sind die Sinne schier verdorrt, Die Gret schlurft zu ihm heran. Sturm kommt. Der Donner fällt ans Tor. Die Schlummerer nicken wie zuvor. Einen Blitz reißt die Gret von den Wolken fort Und wirft ihn, so rasch sie kann.
Mitten splirrt er den Tisch entzwei. Alle sind schwarz gebrannt.
Vom Berge was kommt dort um Mitternacht spät Mit Fackeln so prächtig herunter? Ob das wohl zum Tanze, zum Feste noch geht? Mir klingen die Lieder so munter. O nein! So sage, was mag es wohl sein?
Das, was du da siehest, ist Totengeleit, Und was du da hörest, sind Klagen. Dem König, dem Zauberer, gilt es zu Leid, Sie bringen ihn wieder getragen. O weh! So sind es die Geister vom See!
Sie schweben herunter ins Mummelseetal – Sie haben den See schon betreten – Sie rühren und netzen den Fuß nicht einmal – Sie schwirren in leisen Gebeten – O schau, Am Sarge die glänzende Frau!
Jetzt öffnet der See das grünspiegelnde Tor; Gib acht, nun tauchen sie nieder! Es schwankt eine lebende Treppe hervor, Und – drunten schon summen die Lieder. Hörst du? Sie singen ihn unten zur Ruh.
Die Wasser, wie lieblich sie brennen und glühn! Sie spielen im grünenden Feuer; Es geisten die Nebel am Ufer dahin, Zum Meere verzieht sich der Weiher – Nur still! Ob dort sich nichts rühren will?
Es zuckt in der Mitten – o Himmel! ach hilf! Nun kommen sie wieder, sie kommen!
Es blies ein Jäger wohl in sein Horn, Alleweil bei der Nacht, Und alles, was er blies, das war verlorn.
Er zog sein Netz wohl über den Strauch, Da sprang ein schwarzbraunes Maidel heraus.
»Deine großen Hunde, die tun mir nichts, Sie wissen meine hohen weiten Sprünge noch nicht.«
»Deine hohen weiten Sprünge, die wissen sie wohl, Sie wissen, daß du heute noch sterben sollst.«
»Und sterb ich nu, so bin ich tot, Begräbt man mich unter die Rosen rot.
Wohl unter die Rosen, wohl unter den Klee, Darunter vergeh ich nimmermeh.« –
Es wuchsen drei Lilien auf ihrem Grab, Es kam ein Reuter, wollts brechen ab.
»Ach Reuter, laß die Lilien stan, Alleweil bei der Nacht,
Es freit ein wilder Wassermann, Er freit nach königlichem Adelstamm, Nach der schönen Lilofe.
Er ließ eine Brücke mit Gold beschlagn, Darauf sollt sie spazieren gahn, Die schöne Lilofe.
Und als sie auf die Brücke kam, Der Wassermann zog sie hinab, Die schöne Lilofe.
Da unten war sie sieben Jahr Und sieben Kind sie ihm gebar, Die schöne Lilofe.
Und als sie bei der Wiege stand, Da hört sie einen Glockenklang, Die schöne Lilofe.
»Ach Wassermann, lieber Wassermann, Laß mich einmal zur Kirche gahn, Mich arme Lilofe.«
Und da sie auf den Kirchhof kam, Da neigt sich Laub und grünes Gras Vor der schönen Lilofe.
Und da sie in die Kirche kam, Da neigt sich Graf und Edelmann Vor der schönen Lilofe.
Der Vater machte die Bank ihr auf, Die Mutter legte das Kissen drauf Der schönen Lilofe.
Sie führten sie darauf zu Tisch' Sie trugen ihr auf viel Fleisch und Fisch, Der schönen Lilofe.
Da sie den ersten Bissen aß, Fiel ihr ein Apfel auf den Schoß, Der schönen Lilofe.
»Ach, liebe Mutter, seid so gut, Werft mir den Apfel in Feuersglut, Mir armen Lilofe.«
»Ei, willst du mich verbrennen hier? Wer wird unsre Kinder ernähren mir, Du schöne Lilofe.«
»Die Kinder wollen wir teilen gleich: Nehm ich ihr vier und du ihr drei, Ich arme Lilofe.«
»Nehm ich ihr drei, nimmst du ihr drei. Das siebente wollen wir teilen gleich, Du schöne Lilofe.
Ein Schifflein auf der Donau schwamm, Drin saßen Braut und Bräutigam, Er hüben und sie drüben.
Sie sprach: »Herzliebster, sage mir! Zum Angebind, was geb ich dir?«
Sie streift zurück ihr Ärmelein, Sie greift ins Wasser frisch hinein.
Der Knabe, der tat gleich also Und scherzt mit ihr und lacht so froh.
»Ach, schöne Frau Done, geb Sie mir Für meinen Schatz eine hübsche Zier!«
Sie zog heraus ein schönes Schwert; Der Knab hätt lang so eins begehrt.
Der Knab, was hält er in der Hand? Milchweiß ein köstlich Perlenband.
Er legts ihr um ihr schwarzes Haar; Sie sah wie eine Fürstin gar.
»Ach, schöne Frau Done, geb Sie mir Für meinen Schatz eine hübsche Zier!«
Sie langt hinein zum andernmal, Faßt einen Helm von lichtem Stahl.
Der Knab vor Freud entsetzt sich schier, Fischt ihr einen goldnen Kamm dafür.
Zum dritten sie ins Wasser griff: Ach weh! da fällt sie aus dem Schiff.
Er springt ihr nach, er faßt sie keck, Frau Done reißt sie beide weg:
Frau Done hat ihr Schmuck gereut, Das büßt der Jüngling und die Maid.
Das Schifflein leer hinunterwallt; Die Sonne sinkt hinter die Berge bald.
Nicht ein Flügelschlag ging durch die Welt, Still und blendend lag der weiße Schnee. Nicht ein Wölklein hing am Sternenzelt, Keine Welle schlug im starren See.
Aus der Tiefe stieg der Seebaum auf, Bis sein Wipfel in dem Eis gefror; An den Ästen klomm die Nix herauf, Schaute durch das grüne Eis empor.
Auf dem dünnen Grase stand ich da, Das die schwarze Tiefe von mir schied;Dicht ich unter meinen Füßen sah Ihre weiße Schönheit Glied um Glied.
Mit ersticktem Jammer tastet' sie An der harten Decke her und hin,
Der Reiter reitet durchs helle Tal, Auf Schneefeld schimmert der Sonne Strahl.
Er trabet im Schweiß durch den kalten Schnee, Er will noch heut an den Bodensee;
Noch heut mit dem Pferd in den sichern Kahn, Will drüben landen vor Nacht noch an.
Auf schlimmem Weg, über Dorn und Stein, Er braust auf rüstigem Roß feldein.
Aus den Bergen heraus, ins ebene Land, Da sieht er den Schnee sich dehnen wie Sand.
Weit hinter ihm schwinden Dorf und Stadt, Der Weg wird eben, die Bahn wird glatt.
In weiter Fläche kein Bühl, kein Haus, Die Bäume gingen, die Felsen aus;
So flieget er hin eine Meil, und zwei, Er hört in den Lüften der Schneegans Schrei;
Es flattert das Wasserhuhn empor, Nicht anderen Laut vernimmt sein Ohr;
Keinen Wandersmann sein Auge schaut, Der ihm den rechten Pfad vertraut.
Fort gehts, wie auf Samt, auf dem weichen Schnee, Wann rauscht das Wasser, wann glänzt der See?
Da bricht der Abend, der frühe, herein: Von Lichtern blinket ein ferner Schein.
Es hebt aus dem Nebel sich Baum an Baum, Und Hügel schließen den weiten Raum.
Er spürt auf dem Boden Stein und Dorn, Dem Rosse gibt er den scharfen Sporn.
Und Hunde bellen empor am Pferd, Und es winkt im Dorf ihm der warme Herd.
»Willkommen am Fenster, Mägdelein, An den See, an den See, wie weit mags sein?«
Die Maid sie staunet den Reiter an: »Der See liegt hinter dir und der Kahn.
Und deckt' ihn die Rinde von Eis nicht zu, Ich sprach, aus dem Nachen stiegest du.«
Der Fremde schaudert, er atmet schwer: »Dort hinten die Ebene, die ritt ich her!«
Da recket die Magd den Arm in die Höh: »Herr Gott! so rittest du über den See!
An den Schlund, an die Tiefe bodenlos, Hat gepocht des rasenden Hufes Stoß!
Und unter dir zürnten die Wasser nicht? Nicht krachte hinunter die Rinde dicht?
Und du wardst nicht die Speise der stummen Brut? Der hungrigen Hecht in der kalten Flut?«
Sie rufet das Dorf herbei zu der Mär, Es stellen die Knaben sich um ihn her;
Die Mütter, die Greise, sie sammeln sich: »Glückseliger Mann, ja, segne du dich!
Herein zum Ofen, zum dampfenden Tisch, Brich mit uns das Brot und iß vom Fisch!«
Der Reiter erstarret auf seinem Pferd, Er hat nur das erste Wort gehört.
Es stocket sein Herz, es sträubt sich sein Haar, Dicht hinter ihm grinst noch die grause Gefahr.
Es siehet sein Blick nur den gräßlichen Schlund, Sein Geist versinkt in den schwarzen Grund.
Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll, Ein Fischer saß daran, Sah nach dem Angel ruhevoll, Kühl bis ans Herz hinan. Und wie er sitzt und wie er lauscht,Teilt sich die Flut empor; Aus dem bewegten Wasser rauscht Ein feuchtes Weib hervor.
Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm: »Was lockst du meine Brut Mit Menschenwitz und Menschenlist Hinauf in Todesglut? Ach, wüßtest du, wie's Fischlein ist So wohlig auf dem Grund, Du stiegst herunter, wie du bist, Und würdest erst gesund.
Labt sich die liebe Sonne nicht, Der Mond sich nicht im Meer? Kehrt wellenatmend ihr Gesicht Nicht doppelt schöner her? Lockt dich der tiefe Himmel nicht, Das feuchtverklärte Blau? Lockt dich dein eigen Angesicht Nicht her in ewgen Tau?«
Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll, Netzt' ihm den nackten Fuß; Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll, Wie bei der Liebsten Gruß.
Se kunn de Nacht ni slapen, De See de gung so swar un lud, De ganze Nacht ni slapen: He weer to fischen ut.
»Min Vader, lat uns rojen, De See de geit so lud un swar, Min Vater, lat uns rojen, De Fischers stat Gefahr.«
De Morgen grau int Osten, De See de gung so hoch, so holl; Wat drev darrop wunt Osten? Dar drev en kentert Joll.
»Ik heff vunnacht ni slapen, Min Vader, wenn': ik bün so siecht.
Sie kam vom Berg gegangen Und zeigte ins Gewänd, Wenn Frager in sie drangen, Wo ihre Hütte stand.
Sie kam durch Wind und Wetter Und tanzte wo sichs fand. Blutrote Ahornblätter Trug sie wie rotes Band.
Die silbergoldnen Haare Trug sie wie einen Kranz. Sie kam einmal im Jahre Ins Rebendorf zum Tanz.
Sie hatte der Wolkenbilder Schneeglanz und Glut des Föhn, Es tanzte keine wilder Und keine halb so schön.
Sie machte die Dirnen weinen, Beschämt ob Tracht und Pracht, Und tanzte immer Einen Todmüd in halber Nacht.
»Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp, Zu tauchen in diesen Schlund? Einen goldnen Becher werf ich hinab! Verschlungen schon hat ihn der schwarze Mund. Wer mir den Becher kann wieder zeigen, Er mag ihn behalten, er ist sein eigen.«
Der König spricht es und wirft von der Höh Der Klippe, die schroff und steil Hinaushängt in die unendliche See, Den Becher in der Charybde Geheul. »Wer ist der Beherzte, ich frage wieder, Zu tauchen in diese Tiefe nieder?«
Und die Ritter, die Knappen um ihn her Vernehmen's und schweigen still, Sehen hinab in das wilde Meer, Und keiner den Becher gewinnen will. Und der König zum drittenmal wieder fraget: »Ist keiner, der sich hinunter waget?«
Doch alles noch stumm bleibt wie zuvor; Und ein Edelknecht, sanft und keck, Tritt aus der Knappen zagendem Chor, Und den Gürtel wirft er, den Mantel weg, Und alle die Männer umher und Frauen Auf den herrlichen Jüngling verwundert schauen.
Und wie er tritt an des Felsen Hang Und blickt in den Schlund hinab, Die Wasser, die sie hinunterschlang, Die Charybde jetzt brüllend wiedergab, Und wie mit des fernen Donners Getose Entstürzen sie schäumend dem finstern Schoße.
Und es wallet und siedet und brauset und zischt, Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt; Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt, Und Flut auf Flut sich ohn Ende drängt; Und will sich nimmer erschöpfen und leeren, Als wollte das Meer noch ein Meer gebären.
Doch endlich, da legt sich die wilde Gewalt, Und schwarz aus dem weißen Schaum Klafft hinunter ein gähnender Spalt, Grundlos, als ging's in den Höllenraum, Und reißend sieht man die brandenden Wogen Hinab in den strudelnden Trichter gezogen.
Jetzt schnell, eh die Brandung wiederkehrt, Der Jüngling sich Gott befiehlt, Und – ein Schrei des Entsetzens wird rings gehört, Und schon hat ihn der Wirbel hinweggespült. Und geheimnisvoll über dem kühnen Schwimmer Schließt sich der Rachen; er zeigt sich nimmer.
Und stille wird's über dem Wasserschlund, In der Tiefe nur brauset es hohl. Und bebend hört man von Mund zu Mund: »Hochherziger Jüngling, fahre wohl!« Und hohler und hohler hört man's heulen, Und es harrt noch mit bangem, mit schrecklichem Weilen,
Und würfst du die Krone selber hinein Und sprächst: Wer mir bringet die Kron, Er soll sie tragen und König sein! Mich gelüstet nicht nach dem teuren Lohn. Was die heulende Tiefe da unten verhehle, Das erzählt keine lebende glückliche Seele.
Wohl manches Fahrzeug, vom Strudel gefaßt, Schoß jäh in die Tiefe hinab; Doch zerschmettert nur rangen sich Kiel und MastHervor aus dem alles verschlingenden Grab. – Und heller und heller, wie Sturmes Sausen, Hört man's näher und immer näher brausen.
Und es wallet und siedet und brauset und zischt, Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt; Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt, Und Well auf Well sich ohn Ende drängt. Und wie mit des fernen Donners Getose Entstürzt es brüllend dem finsteren Schoße.
Und sieh! aus dem finster flutenden Schoß, Da hebet sich's schwanenweiß, Und ein Arm und ein glänzender Nacken wird bloß, Und es rudert mit Kraft und mit emsigem Fleiß, Und er ist's, und hoch in seiner Linken Schwingt er den Becher mit freudigem Winken.
Und atmete lang und atmete tief Und begrüßte das himmlische Licht. Mit Frohlocken es einer dem andern rief: »Er lebt! er ist da! es behielt ihn nicht! Aus dem Grab, aus der strudelnden Wasserhöhle Hat der Brave gerettet die lebende Seele!«
Und er kommt; es umringt ihn die jubelnde Schar; Zu des Königs Füßen er sinkt; Den Becher reicht er ihm kniend dar, Und der König der lieblichen Tochter winkt; Die füllt ihn mit funkelndem Wein bis zum Rande, Und der Jüngling sich also zum König wandte:
»Lang lebe der König! Es freue sich, Wer da atmet im rosichten Licht! Da unten aber ist's fürchterlich, Und der Mensch versuche die Götter nicht Und begehre nimmer und nimmer zu schauen, Was sie gnädig bedecken mit Nacht und Grauen!
Es riß mich hinunter blitzesschnell. Da stürzt' mir aus felsichtem Schacht Wildflutend entgegen ein reißender Quell; Mich packte des Doppelstroms wütende Macht, Und wie einen Kreisel mit schwindelndem Drehen Trieb mich's um, ich konnte nicht widerstehen.
Da zeigte mir Gott, zu dem ich rief, In der höchsten schrecklichen Not, Aus der Tiefe ragend ein Felsenriff; Das erfaßt ich behend und entrann dem Tod. Und da hing auch der Becher an spitzen Korallen; Sonst wär' er ins Bodenlose gefallen.
Denn unter mir lag's noch bergetief In purpurner Finsternis da; Und ob's hier dem Ohre gleich ewig schlief, Das Auge mit Schaudern hinuntersah, Wie's von Salamandern und Molchen und Drachen Sich regt' in dem furchtbaren Höllenrachen.
Schwarz wimmelten da, in grausem Gemisch, Zu scheußlichen Klumpen geballt, Der stachlichte Roche, der Klippenfisch, Des Hammers greuliche Ungestalt, Und dräuend wies mir die grimmigen Zähne Der entsetzliche Hai, des Meeres Hyäne.
Und da hing ich und war's mir mit Grausen bewußt, Von der menschlichen Hilfe so weit, Unter Larven die einzige fühlende Brust, Allein in der gräßlichen Einsamkeit, Tief unter dem Schall der menschlichen Rede, Bei den Ungeheuern der traurigen Öde.
Und schaudernd dacht ich's, da kroch's heran, Regte hundert Gelenke zugleich, Will schnappen nach mir, in des Schreckens WahnLaß ich los der Koralle umklammerten Zweig; Gleich faßt mich der Strudel mit rasendem Toben; Doch es war mir zum Heil; er riß mich nach oben.
Der König darob sich verwundert schier Und spricht: »Der Becher ist dein! Und diesen Ring noch bestimm ich dir, Geschmückt mit dem köstlichsten Edelgestein, Versuchst du's noch einmal und bringst mir Kunde, Was du sahst auf des Meeres tiefunterstem Grunde.«
Das hörte die Tochter mit weichem Gefühl, Und mit schmeichelndem Munde sie fleht: »Laßt, Vater, genug sein das grausame Spiel! Er hat Euch bestanden, was keiner besteht. Und könnt Ihr des Herzens Gelüste nicht zähmen, So mögen die Ritter den Knappen beschämen.«
Drauf der König greift nach dem Becher schnell, In den Strudel ihn schleudert hinein:
When shall we three meet again? Macbeth
»Wann treffen wir drei wieder zusamm?« »Um die siebente Stund, am Brückendamm.« »Am Mittelpfeiler.« »Ich lösche die Flamm.« »Ich mit.« »Ich komme vom Norden her.« »Und ich von Süden.« »Und ich vom Meer.« »Hei, das gibt einen Ringelreihn, Und die Brücke muß in den Grund hinein.«
»Und der Zug, der in die Brücke tritt Um die siebente Stund?« »Ei, der muß mit.« »Muß mit.«
»Tand, Tand Ist das Gebilde von Menschenhand!«
***
Auf der Norderseite, das Brückenhaus – Alle Fenster sehen nach Süden aus, Und die Brücknersleut ohne Rast und Ruh Und in Bangen sehen nach Süden zu, Sehen und warten, ob nicht ein Licht Übers Wasser hin »Ich komme« spricht, »Ich komme, trotz Nacht und Sturmesflug, Ich, der Edinburgher Zug.«
Und der Brückner jetzt: »Ich seh einen Schein Am anderen Ufer. Das muß er sein. Nun, Mutter, weg mit dem bangen Traum, Unser Johnie kommt und will seinen Baum,Und was noch am Baume von Lichtern ist, Zünd alles an wie zum heiligen Christ, Der will heuer zweimal bei uns sein, – Und in elf Minuten ist er herein.«
Und es war der Zug. Am Süderturm Keucht er vorbei jetzt gegen den Sturm, Und Johnie spricht: »Die Brücke noch! Aber was tut es, wir zwingen es doch. Ein fester Kessel, ein doppelter Dampf, Die bleiben Sieger in solchem Kampf, Und wie's auch rast und ringt und rennt, Wir kriegen es unter: das Element.
Und unser Stolz ist unsre Brück; Ich lache, denk ich an früher zurück, An all den Jammer und all die Not Mit dem elend alten Schifferboot; Wie manche liebe Christfestnacht Hab ich im Fährhaus zugebracht, Und sah unsrer Fenster lichten Schein Und zählte und konnte nicht drüben sein.«
Auf der Norderseite, das Brückenhaus – Alle Fenster sehen nach Süden aus, Und die Brücknersleut ohne Rast und Ruh Und in Bangen sehen nach Süden zu; Denn wütender wurde der Winde Spiel, Und jetzt, als ob Feuer vom Himmel fiel', Erglüht es in niederschießender Pracht Überm Wasser unten ... Und wieder ist Nacht.
***
Volkslied
Gut Reuter der ritt durch das Ried, Er schwenkt sich um und sang ein Lied, Ein Lied von dreierlei Stimmen, Das drüben im Walde tat klingen.
Die Jungfrau auf der Zinne stund Und hörte, wie er schön singen kunnt. »Ach könnt ich singen doch wie der, Ich gab ihm mein Treu und mein Ehr!«
»Schöne Jungfrau, wollt ihr mit mir gan, Ich will euch lehren, was ich kann: Ein Lied von dreierlei Stimmen, Das drüben im Walde tut klingen.«
Er nahm sie bei dem Gürtelschloß Und schwang sie hinter sich aufs Roß, Er ritt gar eilend und balde Zu einem grünen Walde.
Sie kamen zu einem Haselstrauch, Darauf da saß ein Turteltaub; Das Täubchen fing an ruggieren: »Brauns Mädchen, er will dich verführen.«
»Schweig still! du lügst in deinen Kragen, Wir wollen weiter vorwärts traben Zu einem kühlen Waldbronnen« – Mit Blut war er umronnen.
Er spreit seinen Mantel in das Gras, Er bat sie, daß sie zu ihm saß: »Schöne Jungfrau, du mußt mir lausen, Mein gelbkraus Härlein zerzausen.«
So manches Löcklein als sie zertat, So manche Träne fiel ihr herab. Er schaut ihr unter die Augen: »Feinsliebchen, was bist du so traurig?
Weinst du um deines Vaters Gut Oder weinst du um deinen stolzen Mut Oder weinst du um deinen Jungfernkranz? Der ist zerbrochen und wird nicht ganz.«
»Ich wein nicht um meines Vaters Gut, Ich wein nicht um meinen stolzen Mut, Ich wein ob jener Tannen, Daran eilf Jungfräulein hangen.«
»Weinst du ob jener Tannen, Dran eilf Jungfräulein hangen, So sollst du bald die zwölfte sein, Sollst hangen am höchsten Dölderlein.«
»So bitt ich dich, du Ulinger,