Briefe 1797 - 1799 - Johann Wolfgang von Goethe - E-Book

Briefe 1797 - 1799 E-Book

Johann Wolfgang von Goethe

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Beschreibung

Dieser Band enthält Goethes Briefe aus den Jahren 1797 - 1799. Goethe war ein sehr produktiver Briefeschreiber, was sich in diesem Werk ebenfalls widerspiegelt.

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Briefe 1797 – 1799

Johann Wolfgang von Goethe

Inhalt:

1797

1798

1799

Briefe 1797 - 1799, J. W. Goethe

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849616465

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

1797

12/3459.

An Friedrich Schiller

Leipzig den 1. Jan. 1797.

    Ehe ich von hier weggehe muß ich noch ein Lebenszeichen von mir geben und kürzlich meine Geschichte melden. Nachdem wir am 28. Dec. uns durch die Windweben auf dem Ettersberge durchgewürgt hatten und auf Buttelstädt gekommen waren, fanden wir recht leidliche Bahn und übernachteten in Rippach, am 29. früh um 11 Uhr waren wir in Leipzig und haben der Zeit eine Menge Menschen gesehen, waren meist Mittag und Abends zu Tische geladen und ich entwich mit Roth der einen Hälfte dieser Wohlthat. Einige recht interessante Menschen haben sich unter der Menge gefunden, alte Freunde und Bekannte habe ich auch wieder gesehen, so wie einige vorzügliche Kunstwerke, die mir die Augen wieder ausgewaschen haben.

    Nun ist noch heute ein saurer Neujahrstag zu überstehen, indem frühmorgens ein Cabinet besehen wird, Mittags ein großes Gastmahl genossen, Abends das Concert besucht wird, und ein langes Abendessen darauf gleichfalls unvermeidlich ist. Wenn wir nun so um 1 Uhr nach Hause kommen steht uns, nach einem kurzen Schlaf, die Reise nach Dessau bevor, die wegen des eingefallenen starken Thauwetters einigermaßen bedenklich ist, doch wird auch das glücklich vorübergehen.

    So sehr ich mich freue nach dieser Zerstreuung bald zu Ihnen in die Jenaische Einsamkeit zurückzukehren, so lieb ist mir's, daß ich einmal wieder so eine große Menschenmasse sehe, zu der ich eigentlich gar kein Verhältniß habe. Ich konnte über die Wirkung der litterarischen positiven und polemischen Schriften manche gute Bemerkung machen, und das versprochene Gegenmanifest wird nicht um desto schlimmer werden.

    Leben Sie recht wohl. Da wir schon morgen nach Dessau gehen, so scheint es daß die Reise überhaupt nicht gar zu lange dauern wird.

    Sagen Sie Herrn von Humboldt daß ich Doctor Fischern gesehen habe, und daß er mir recht wohl gefallen hat. Die Kürze der Tage und das äußerst böse Thauwetter hindern mich übrigens meinen Aufenthalt so zu nutzen wie ich wohl wünschte, doch findet man zufällig manches was man sonst vergebens sucht. Leben Sie nochmals wohl, vergnügt und fleißig.

G.

12/3460.

An Christiane Vulpius

Leipzig den 1. Januar 1797.

    Ehe ich von hier weggehe muß ich noch ein Lebenszeichen von mir geben und kürzlich meine Geschichte melden. Nachdem wir am 28. Dec. uns durch die Windweben auf dem Ettersberge durchgewürgt hatten und auf Buttelstädt gekommen waren, fanden wir recht leidliche Bahn und übernachteten in Rippach, am 29. früh um 11 Uhr waren wir in Leipzig und haben der Zeit eine Menge Menschen gesehen, waren meist Mittag und Abends zu Tische geladen und ich entwich mit Roth der einen Hälfte dieser Wohlthat. Einige recht interessante Menschen haben sich unter der Menge gefunden, alte Freunde und Bekannte habe ich auch wieder gesehen, so wie einige vorzügliche Kunstwerke, die mir die Augen wieder ausgewaschen haben.

    Nun ist noch heute ein saurer Neujahrstag zu überstehen, indem frühmorgens ein Cabinet besehen wird, Mittags ein großes Gastmahl genossen, Abends das Concert besucht wird, und ein langes Abendessen darauf gleichfalls unvermeidlich ist. Wenn wir nun so um 1 Uhr nach Hause kommen steht uns, nach einem kurzen Schlaf, die Reise nach Dessau bevor, die wegen des eingefallenen starken Thauwetters einigermaßen bedenklich ist, doch wird auch das glücklich vorübergehen.

    Ich erwarte eben den Juden Elkan, der mir Ketten bringen wird und überhaupt sehr geschäftig ist. Es geht mir im Ganzen recht gut, doch macht mir das Thauwetter den Aufenthalt hier sehr unangenehm, und eine große Schlittenfahrt die das Militar angestellt hatte verlor dadurch allen Glanz.

    Von allen diesen Dingen werde ich dir manches erzählen, schwerlich aber werde ich den Gedanken länger hier zu bleiben ausführen, es ist in dieser Jahrszeit kein Heil und keine Zufriedenheit zu erwarten. Lebe recht wohl und grüße den Kleinen.

G.

12/3461.

An Christiane Vulpius

    Es geht ein Bote nach Weimar und ich will dir mit demselben nur einige Worte schreiben. Wir sind zwar auf dem Schlitten, aber nicht auf dem Schnee hier angekommen und haben eine sehr übele Fahrt gehabt, nun sind wir hier in Dessau und das Wetter scheint nicht besser zu werden. Freitag Abends sind wir wieder in Leipzig und werden etwa Donnerstag den 12. oder Freitag den 13. wieder in Weimar seyn.

    Der Jude hat mir, als ein wahrer Jude, abscheuliche alte Ketten gebracht und ich will, wenn ich wieder nach Leipzig komme, selbst zu Rost gehen, denn wenn ich auch etwas mehr zahlen muß, so habe ich doch dafür auch gewiß etwas gutes, das dir Freude macht.

    An das Gedicht habe ich wenigstens gedacht und werde den Plan ausarbeiten, so weit mir nur möglich ist, so kann es alsdann einmal, ehe wir es uns versehen, fertig seyn. Lebe recht wohl, grüße Herrn Jacobi und macht Euch auf der Redoute recht lustig.

    Dessau den 3. Januar 97.G.

12/3462.

An Friedrich Schiller

    Nach einer 14tägigen Abwesenheit bin ich glücklich wieder zurückgekommen, von meiner Reise sehr wohl zufrieden, auf der mir manches Angenehme und nichts Unangenehmes begegnet ist. Ich habe viel davon zu erzählen und werde, sobald ich nur wieder hier ein wenig Ordnung gemacht, wenn es auch nur auf einen Tag ist, zu Ihnen hinüber kommen. Leider kann ich nicht sogleich, so sehr ich auch wünschte Herrn Oberbergrath Humboldt noch zu sprechen. Grüßen Sie beyde Brüder auf's beste und schönste und sagen Sie daß ich sogleich Anstalt machen werde die verzeichneten Bücher Herrn Gentz zu verschaffen.

    Ich verlange sehr Sie wieder zu sehen, denn ich bin bald in dem Zustande daß ich für lauter Materie nicht mehr schreiben kann, bis wir uns wieder gesehen und recht ausgeschwätzt haben.

    Poetisches hat mir die Reise nichts eingetragen als daß ich den Schluß meines epischen Gedichts vollkommen schematisirt habe. Schreiben Sie mir was Ihnen indessen die Muse gegönnt hat. Grüßen Sie Ihre liebe Frau und sagen mir wie die Kleinen sich befinden.

    Weimar am 11. Januar 97.

    Mit dem Buche, das mir Rath Schlegel mitbrachte, geht es mir wunderlich. Notwendig muß es einer der damals gegenwärtigen Freunde eingesteckt haben, denn ich habe es nicht wieder gesehen und deßhalb auch vergessen; ich will sogleich herumschicken um zu erfahren wo es steckt. Wenn Sie Schlegeln sehen, so sagen Sie ihm daß ich ihm ein Compliment von einer recht schönen Frau zu bringen habe, die sich sehr lebhaft für ihn zu interessiren schien.

G.

12/3463.

An Carl Ludwig von Knebel

[11. Januar.]

    Indem ich dir meine Ankunft melde mit der Hoffnung dich bald zu sehen; so frage ich an ob du nicht etwa jene Herzensergießungen eines Klosterbruders, welche Rath Schlegel damals mitbrachte, zu dir genommen hast? oder ob du weißt wer etwa von der Gesellschaft das Buch haben könnte? ich werde wieder daran erinnert, hatte es ganz vergessen und finde es nicht in meinem Zimmer.

    Es ist mir die Zeit über recht wohl gegangen und die Menge der Menschen und neuer Gegenstände hat mich recht wohl unterhalten, wovon mündlich mehr.

G.

12/3464.

An Bernhard Heinrich Overberg

[Concept.]

[12. Januar.]

    Die Sammlung geschnittner Steine, welche sich durch die Güte der Fürstin Gallitzin schon einige Jahre bey mir befindet steht schon verschiedene Monate reisefertig und ich würde sie sogleich abgehen lassen, wenn ich nicht ein Bedenken hätte, worüber ich mir eine Entscheidung erbitte.

    Da ich diesen Schatz durch die fahrende Post abschicken muß, so bin ich zugleich genöthigt eine Summe des Werthes anzugeben, diese ist zwar, besonders in diesem Falle, ganz willkührlich und eine hohe Summe würde, unnöthigerweise, sowohl die Aufmerksamkeit auf dieses Packet allzusehr erwecken, als auch die Kosten des Transports vergrößern, jedoch getraue ich mir nicht eine geringere nach eigner Willkür darauf zu setzen und bitte deshalb mich zu belehren auf wie hoch ich das Kästchen einschreiben lassen soll? Es kann auf eine deshalb gefällige Antwort sogleich abgehen.

    Es war mir sehr angenehm den dieser Gelegenheit die Versicherung zu erhalten, daß Ew. Wohlgeb. mir noch ein gütiges Andenken schenken wollen. Nur die weite Entfernung kann mich abhalten das anvertraute Pfand selbst zu überbringen, der würdigsten Frau meinen lebhaften Dank mündlich zu sagen und mich auch Ihres Umgangs wieder auf einige Zeit zu erfreuen. Der ich mich mit besonderer Hochachtung unterzeichne.

12/3465.

An Adelheid Amalia Fürstin von Gallitzin

[Concept.]

[12. Januar.]

    Die mir anvertraute kostbare Sammlung geschnittner Steine steht bey mir schon mehrere Monate reisefertig, denn da ich vergangenen Sommer hoffte nach Italien zu gehen, so hatte ich unter andern Anordnungen auch diese vorzüglich nicht vergessen. Da sich aber meine Reise verschob, so verschob ich auch Sie, wertheste Freundin, über die weitere Bestimmung dieser Kunstwerke zu fragen; wie man sich denn so ungern von etwas trennt, das man so werth hält.

    Nun veranlaßt mich Herr Overberg in Ihrem Nahmen die Sammlung zurückzuschicken, und sie soll sogleich abgehen sobald er mir Ihre Entschließung meldet, über einen Punct, wegen dessen ich in meinem Briefe an ihn anfrage.

    Möchte ich doch, indem ich Ihnen diesen Schatz zurücksende, recht deutlich machen können, welche Wohlthat Sie mir durch Ihr Vertrauen erzeigt haben. Sie haben mir und einem werthen Freunde, der jetzt wieder nach Italien gegangen ist, Gelegenheit gegeben einen Theil der alten Kunst näher kennen zu lernen, der so schwer zu beurtheilen ist. Wir konnten diese vortrefflichen Werke wiederholt betrachten, uns an ihnen bilden und jede Art von vorgefaßter Meynung, durch eine anhaltende Prüfung, berichtigen. Eine solche Übung der Sinne und des Geistes, wodurch wir das Vortreffliche kennen und dasselbe von dem Mindern unterscheiden lernen, ist mehr werth als der eigenthümliche Besitz, denn wir werden durch jene Bildung zur Theilnahme an altem Guten fähig und geschickt. Möchten doch diejenigen, denen große Summen Geldes zur freyen Anwendung gegeben sind, eben so sehen und denken wie ich, und Sie, meine würdige Freundin, durch einen Tausch bald in den Fall setzen sich in Wohlthaten zu erfreuen, eine Lust, die Ihrer allein werth bleibt, nachdem Sie vor so manchen andern Freuden vorüber gegangen sind.

    Erhalten Sie mir Ihr Andenken und Ihr Wohlwollen, das ich vielleicht um so mehr verdiene als ich auf einem Wege wandle, auf dem man wenig Begleiter findet.

    Möchten doch Ihre körperliche Leiden erträglich seyn und Sie noch lange Sich und den Ihrigen erhalten werden. Sie erlauben mir daß ich bey Übersendung der Steine noch ein Wort hinzufüge.

12/3466.

An Gabriel Jonathan Schleusner

[Concept.]

[nach dem 15. Januar.]

    Ihr nordischer Correspondent, werthester Herr Doctor, scheint mir, aus seinem Briefe, ein sehr wunderlicher Mann zu seyn, und zu der Classe zu gehören, denen man nicht allein ihre Träume auslegen, sondern sogar selbst erst erzählen soll. Nach allem hin und her denken will mir nicht deutlich werden was er eigentlich wünscht, und ich müßte mich sehr irren, wenn er es selbst wüßte. Vielleicht geben die Briefe des Herrn Latrobe einigen Aufschluß über den Mann, denn um ihn nach Gewissen zu befriedigen müßte man wenigstens einen Octavband schreiben und ein Werk ausarbeiten, das freylich dieser Kunst noch fehlt. Ich dächte daher wir interloquirten, und ich setzte ein kleines Blatt vorläufiger Fragen auf, in welchen ich den Umfang der Sache wenigstens schematisch skizziren wollte. Er sieht daraus unsern guten Willen und nach seiner Antwort werden wir aus der großen Masse von Werken doch wenigstens eine Art von Auswahl machen können. Denn wenn er nur die paar genannten Bücher besitzt, wenn er nicht gereist, keinen Baumeister neben sich hat, so ist er freylich noch weit zurück und hat noch einen unendlichen Weg zu machen bis er zur Beurtheilung des ästhetischen Werths eines Gebäudes gelangen möchte, eine Aufgabe, die in jeder Kunst so schwer ist und besonders in dieser, da ihre Werke als schöne Werke sich selbstständig darstellen sollen und doch wieder durch das Nothwendige und Nützliche äußerst beschränkt und bedingt sind, ja ohne dasselbe gar nicht gedacht werden können. Das versprochene Blatt hoffe ich Ihnen nicht lange schuldig zu bleiben.

    Die Bemerkung der Braunschweiger Ärzte verdient alle Aufmerksamkeit. Der Kreis der Beobachtung ist so weit, daß wir, um uns nur einigermaßen drinne zu bewegen, so gar vieles auf Treue und Glauben annehmen müssen. Lassen Sie uns doch, wenn wir wieder zusammen kommen, die Hirne frischgeschlachteter Thiere einsehen. Werden sie ohne Wasser gefunden . . .

12/3467.

An Hans Friedrich Vieweg

[16. Januar.]

    Ich übersende Ihnen im versiegelten Anschlusse ein Manuscript. Will Herr Vieweg dafür nicht 200 Friedrichsd'or zahlen, so beliebe er den Pack zurückzusenden, ohne ihn zu entsiegeln.

12/3468.

An Carl August Böttiger

    [Für das epische Gedicht Herrmann und Dorothea verlange ich

Eintausend Thaler in Golde.

    Weimar d. 16. Jan. 1797.

Goethe.]

    Herr Oberconsistorial Rath Böttiger wird ersucht gegenwärtiges bis zur bekannten Epoche bey sich uneröffnet liegen zu lassen.

Goethe.

12/3469.

An Hans Friedrich Vieweg

[Concept.]

Ich bin geneigt Herrn Vieweg in Berlin ein episches Gedicht Herrmann und Dorothea das ohngefähr 2000 Hexameter stark seyn wird zum Verlag zu überlassen. Und zwar dergestalt daß solches den Inhalt seines Almanachs auf 1798 ausmache und daß ich nach Verlauf von 2 Jahren allenfalls dasselbe in meinen Schriften wieder aufführen könne. Was das Honorar betrifft so stelle ich Herrn Oberconsistorialrath Böttiger ein versiegeltes Billet zu, worinn meine Forderung enthalten ist und erwarte was Herr Vieweg mir für meine Arbeit anbieten zu können glaubt. Ist sein Anerbieten geringer als meine Forderung, so nehme ich meinen versiegelten Zettel uneröffnet zurück, und die Negotiation zerschlägt sich, ist es höher, so verlange ich nicht mehr als in dem, alsdann von Herrn Oberconsistorialrath zu eröffnenden Zettel verzeichnet ist.

    Die Anzahl der Exemplarien welche gewöhnlich an den Verlasser abgegeben werden stelle Herrn Vieweg anheim.

    Zu Kupfern bringe ich Vorstellungen aus Wilhelm Meister zum Vorschlag und werde sogleich eine Anzahl Gegenstände dazu vorschlagen.

    Das Manuscript kann, zum Theil, zu Anfang April, der Schluß aber gewiß auf die Jubilatemesse abgegeben werden, auf welcher auch das Honorar bezahlt würde.

    Weimar den 16. Jan. 1797.

12/3470.

An Friedrich Schiller

    Die wenigen Stunden, die ich neulich mit Ihnen zugebracht habe, haben mich auf eine Reihe von Zeit nach unserer alten Art wieder recht lüstern gemacht; sobald ich nur einigermaßen hier verschiedenes ausgeführt und manches eingerichtet habe, bringe ich wieder eine Zeit mit Ihnen zu, die, wie ich hoffe, in mehr als Einem Sinn für uns beyde fruchtbar seyn wird. Benutzen Sie ja Ihre besten Stunden, um die Tragödie weiter zu bringen, damit wir anfangen können uns zusammen darüber zu unterhalten.

    Ich empfange soeben Ihren lieben Brief und läugne nicht daß mir die wunderbare Epoche, in die ich eintrete, selbst sehr merkwürdig ist. Ich bin darüber leider noch nicht ganz beruhigt, denn ich schleppe von der analytischen Zeit noch so vieles mit, das ich nicht los werden und kaum verarbeiten kann. Indessen bleibt mir nichts übrig als auf diesem Strom mein Fahrzeug so gut zu lenken als es nur gehen will. Was bey dieser Disposition eine Reise für Wirkung thut habe ich schon die letzten 14 Tage gesehen; indessen läßt sich in's Ferne und Ganze nichts voraussagen, da diese regulirte Naturkraft sowie alle unregulirten durch nichts in der Welt geleitet werden kann, sondern, wie sie sich selbst bilden muß, auch aus sich selbst und auf ihre eigne Weise wirkt. Es wird uns dieses Phänomen zu manchen Betrachtungen Anlaß geben.

    Der versprochene Aufsatz ist so reif daß ich ihn in einer Stunde dictiren könnte, ich muß aber nothwendig vorher mit Ihnen noch über die Sache sprechen und ich werde um so mehr eilen bald wieder bey Ihnen zu seyn. Sollte sich ein längerer Aufenthalt in Jena noch nicht möglich machen, so komme ich bald wieder auf einen Tag; solch ein kurzes Zusammenseyn ist immer sehr fruchtbar.

    Eine Abtheilung Cellini corrigire ich gegenwärtig; haben Sie eine Abschrift von derjenigen die im nächsten Stück erwartet wird, so schicken Sie mir solche doch.

    Ich schließe für dießmal und wünsche recht wohl zu leben.

    Weimar am 18. Jan. 1797.G.

12/3471.

An Angelika Kauffmann

    Die Hoffnung, Sie, verehrteste Freundin, in dem vorigen Jahr besuchen zu können, ist leider durch den unglücklichsten Krieg, der mir den Weg versperrte und uns nachher so nah bedrohte, wenigstens für den Augenblick vereitelt worden. Professor Meyer war indessen so glücklich Ihnen aufzuwarten, er ist nach Florenz gegangen und kehrt nach Rom zurück, sein Aufenthalt in Italien ist noch immer der Grund meiner Hoffnung jene herrlichen Gegenden, obwohl nicht so ruhig wie das erstemal, durchzusehen. Erlauben Sie mir diesmal ein paar Fragen und beantworten solche, wenn das Schreiben Ihnen irgend beschwerlich fallen sollte, meinem Freunde, wenn er aufwarten sollte, mündlich.

    Das vortreffliche Bildniß unserer Herzogin, für welches in einem neuen Gartengebäude des Herzogs, ich darf wohl sagen, ein eignes Zimmer bestimmt ist, hat sein äußeres Ansehen einigermaßen verändert, indem der Firnis entweder verflogen oder eingeschlagen ist, so daß die Lebhaftigkeit der Farben und ihre Harmonie nicht wie zuerst gesehen wird. Es ist nun zwar kein Zweifel daß ein neuer darüber zu ziehender Firnis das Bild in seinen vorigen Glanz wieder herstellen werde, allein ich bin äußerst sorgsam, man möchte einen falschen Firnis wählen und durch eine falsche Behandlungsart dem Bilde schaden. Wollten Sie daher die Güte haben mir anzuzeigen, welchen Firnis man zu wählen habe und was etwa bey dem Auftragen desselben zu bedenken sey.

    Eine zweyte Anfrage und Bitte folgt hiernächst.

    Ein Freund von mir, ein angesehener Handelsmann in Leipzig, hat einen Katalog Ihrer sämmtlichen Arbeiten, welche in Kupfer gestochen sind, seit mehreren Jahren mit großer Sorgfalt verfertigt und ist im Begriff solchen herauszugeben, nun wünscht er nichts mehr als eine kurze Nachricht von dem Leben der Künstlerinn welche er so sehr schätzt, und mit deren Werken er sich so lange beschäftigt, seiner Arbeit vorsetzen zu können. Als er mir diesen Wunsch zu erkennen gab, erinnerte ich mich daß Herr Zucchi, als er Nachrichten von seiner Familie sammelte, auch eine Nachricht von den Lebensumständen seiner Gattin mit aufgezeichnet hatte. Sollten Sie so geneigt seyn mir diese zu communiciren, so würden Sie mir dadurch einen neuen Beweis Ihrer Freundschaft geben und alle Ihre Verehrer dadurch höchlich erfreuen.

    Vor wenigen Tagen habe ich durch Sie auch in Dessau einer sehr lebhaften Freude genossen, indem ich das vortreffliche Bild Amor und Psyche mit dem größten Antheil betrachtete, wie sonderbar erschienen diese lebendigen himmlischen Gestalten in den formlosen nordischen Schneeflächen, denen nur ein wildes Schwein und ein vermummter Jäger zur würdigen Staffage dient. Leben Sie recht wohl und haben Sie die Güte mir auf eine oder andere Weise eine gefällige Antwort zugehen zu lassen.

    Weimar am 18. Jan. 1797.Goethe.

12/3472.

An Johann Heinrich Meyer

    Nach einer 14tägigen Reise nach Leipzig und Dessau, auf welcher ich Durchl. den Herzog begleitete, muß ich Ihnen sogleich einiges schreiben und melden, da ich ohnedieß schon eine Zeit lang gefeyert habe. – Der leidige Krieg scheint sich noch nicht endigen zu wollen und in der Lombardie geht es wilder und confuser zu als jemals. Ich habe daher den Gedanken gehabt: ob ich nicht über Wien und Triest suchen sollte, direct nach Ancona oder vielleicht gar nach Neapel zu kommen. – Hiezu findet sich eine schöne Gelegenheit, indem der Graf Fries auf Ostern von Leipzig abgeht, das ein sehr artiger junger Mann ist, und mit dessen Hofmeister ich, als einem Jugendfreunde, in Verbindung stehe. In Wien könnte ich mich mit dem besten Empfehlungsschreiben durch das ganze Italien ausrüsten lassen und alsdann meinen Weg weiter verfolgen. Dieses würde mit Ihrem Plan, gegen Fastnacht südlicher zurück zu gehen, übereinstimmen und es wäre vergnüglich genug, wenn wir uns am Molo von Neapel erst wiedersähen. Wenn ich denke daß man auf dieser Seite mit schneller extra Post den Weg bis an's Meer zurücklegen kann, ohne das Kriegstheater zu berühren, und mir von der andern Seite den Schneckengang durch die Schweiz über Turin und Genua denke, beynah ganz durch zerrüttete Länder, so kommt mir der erste Weg äußerst vorzüglich vor, und die Differenz der Entfernung verschwindet. Ich werde gleich die Negotiation mit den Freunden eingehen und sodann das weitere melden. –

    In Dessau habe ich ein schönes Bild der Angelika gesehen, Amor und Psyche, ich glaube Sie schrieben mir einmal davon. Auch hat mich in Leipzig ein kleines italienisches Bild, das man dem Dominikin zuschreibt, sehr interessirt. Es stellt Hagar mit dem Kinde und dem Engel vor, ist sehr schön empfunden, erfunden, gedacht, colorirt und gemahlt. Es sind Stellen drinne die an Guido, Guercin, und Dominikin erinnern, es fehlt ihm aber, besonders in der Composition, die letzte Reise, die man um so mehr vermißt als der Künstler sich ganz nah hinanzuarbeiten gewußt hat. Die Stellung der Figuren, die Richtung der Glieder, die Austheilung der Extremitäten, sind schon sehr obligat, und das Auge leitet Forderungen daraus her, die doch nicht ganz befriedigt werden; daher bleibt das Bild für den Kenner und Ankenner einigermaßen problematisch und läßt bey allem Genuß noch einen Wunsch übrig. Ich hoffe eine Durchzeichnung auf Wachspapier zu erhalten und sie Ihnen dereinst vorzulegen, vielleicht entschließen Sie sich in einer Zeichnung, die Composition völlig zurecht zu rücken, und den setzt einigermaßen unangenehmen Bruch vollzählig zu machen. Mehrere gute niederländische Bilder habe ich auch in Leipzig gesehen. In Dessau hat man ein Kupferstecher Institut unternommen, wovon die Folge erst zeigen muß ob es bestehen kann. Man hat verschiedene Künstler hingezogen, die in schwarzer Kunst, Aqua tinta und punctirter Manier nach Zeichnungen und Copien arbeiten, welche man von weiten und nahen her anschafft. Unter den Künstlern sind einige recht geschickte Leute und in der Wahl der Gegenstände fängt man auch an sorgfältig zu werden, von Nahl und Seidelmann, von Biermann und andern sind schöne Zeichnungen vorräthig, und aus der Art wie man nach Ihnen gefragt hat, vermuthe ich daß man Absicht hat auch Sie in das Interesse zu ziehen. Alles kommt auf den Absatz an, bey welchem Freund Bertuch seine Künste zeigen wird. Die Nahmen der Künstler und die Constitution des Ganzen schreibe ich Ihnen nächstens, denn es mag sich heben und erhalten, oder sinken und zu Grunde gehen, so ist es immer für den Künstler ein merkwürdiges Phänomen, und er kann hoffen, wenn es reussirt sich mit ernsthaften Arbeiten daran anzuschließen. Pickler, ein junger Mann von Wien, behandelt die schwarze Kunst mit viel Naturell und Glück, auch sind einige Landschaften in Aqua tinta vorzüglich gut gerathen, weil sie Zeichnungen, und nicht, wie Prestel oft, Gemählde vor sich haben. – Durch die französische Emigration sind auch italienische Bilder und Werke der solidern französischen Schule über Hamburg nach Sachsen gekommen. Das Winklerische Cabinet liegt, wie das Praunische, begraben, die Theilnehmer wünschen es zu verkaufen, sind aber so reich, daß sie auf ihren Schatz noch lange halten werden, sie lassen es indessen niemand sehen, weil sie es im Ganzen verkaufen wollen und zu den vielen Neugierigen wenig Vertrauen haben. Übrigens geht die Liebhaberey im Ganzen ihren alten Gang, Vorurtheil und Vorliebe greifen nach irgend einem Schein, die historische Kenntniß macht gegen den Werth des Kunstwerks gleichgültig, und ohne sie tappt der Liebhaber doch nur herum, was man besitzt hält man für's beste, die Großen hören auf, sich zuzueignen was einen Kunstwerth hat, und Privatleute sammeln schon mit dem Bewußtseyn von ihren Erben alles wieder zerstreut zu sehen. So ist es beschaffen und so wird es eine Weile bleiben. – Herr Leo in Leipzig scheint, wie mehrere Herausgeber von Zeitschriften, seine Bogen ohne große Kosten füllen zu wollen. Ich habe ihm für Ihre 4 ersten Zeichnungen 8 Louisd'or gefordert, worauf er sie, zwar auf die höflichste Art, aber doch zurückgeschickt hat. Ihre zweyte Sendung, die mir auch ganz besondere Freude macht, ist indessen angelangt. Wenn Sie für diese Blätter überhaupt mit einem geringern Preise zufrieden seyn können, so nehme ich sie lieber zu dem Schloßbau und verwahre sie als einen geheimen Schatz, denn ich sehe doch voraus, daß wir, nach unserer eingeführten Handelsweise, gelegentlich in die größte Verlegenheit kommen müssen und sich unser Schloß, durch Zufall, mit kostbaren Meublen, ohne Übereinstimmung, füllen wird. Wenigstens hat man alsdann etwas in der Hand, was man geringern Dingen entgegenhalten und, wo nicht seine Freude an der Ausführung, doch sein Gewissen beym Rathgeben retten kann. – Die Kiste an den Herzog von Gotha mit jenem bewußten Manuscript ist angekommen, sie enthielt nichts an mich. Schreiben Sie mir doch was Sie nun alles von erworbenen Schätzen bey sich verwahren und herumführen. – Was Sie über die leichten Gewölbe schreiben, ist wirklich so wunderbar, daß man dergleichen Arbeiten sehen müßte um sie sich denken zu können. Ich werde mit unserm Baumeister davon sprechen, so viel weiß ich daß er sich schon bey seinen Gewölben auf die packende Kraft des Gipfes, den er unter den Kalk mischt, sehr verläßt. Die Ziegelstücken werden angefeuchtet, weil nach seiner Meynung der Gips sonst zu schnell binden würde, es wäre also vielleicht die Frage den Versuch mit bloßem Gips und trocknen Ziegeln zu machen. Erkundigen Sie sich doch ob gar kein Kalk unter die Mischung kommt.

    Weimar den 19. Jan. 97.G.

Weimar den 19. Jan. 97.

    So eben erhalte ich Ihren lieben Brief Nr. 14 und leider ist von mir keiner indessen unterweges, die kleine Reise hat mich sehr zerstreut und meine Arbeiten unterbrochen, indessen sie mich doch von einer andern Seite sehr gefördert hat. Auf der Rückseite dieses Blättchens also noch einige Worte.

    Aus beyliegendem Brief an Angelica den Sie vielleicht nur mit ein paar Worten begleiten und dann weiter nach Rom schicken, werden Sie eine Frage über die zu wählende Firnisart finden, worüber ich mir auch Ihre Gedanken ausbitte.

    Daß das Stückchen Musenalmanach abermals Ihren Beyfall hat, freut mich außerordentlich, aber nach dem was Sie äußern wird Sie vielleicht nicht wenig wundern wenn ich Ihnen sage, daß die Bogen welche Sie besitzen noch die gelindesten des Büchleins sind. Da wir voraussahen daß wir schon durch diese Äußerungen uns Feinde und Widersacher genug zuziehen würden so hielten wir für das beste gleich auf einmal dem Fasse den Boden auszustoßen und in ungefähr 450 Distichen den Baven und Mäven, den Phantasten und Heuchlern, theils namentlich theils mit leichter und schwererer Deutung zu Leibe zu gehen, worüber ein fürchterlicher Lärm entstanden ist, wovon Sie seiner Zeit mehr vernehmen sollen, wenn ich Ihnen nur erst selbst das Corpus delicti in die Hand gebracht habe.

12/3473.

An Johann Friedrich Rudolf Steiner

    Nachstehende sonderbare Art flache Gewölbe, durch die bloße bindende Kraft des Gipfes, zu verfertigen, wird mir so eben aus Italien geschrieben, ich wünschte von Herrn Baumeister Steiner zu vernehmen

    1) Ob ihm etwas ähnliches bekannt sey?

    2) Ob derselbe glaubt daß, bey den Eigenschaften unseres Gipses, etwas ähnliches mit Succeß vorzunehmen wäre? und ob derselbe

    3) vielleicht noch einige Fragen anzugeben hätte, die erörtert werden müßten, ehe man sich von dieser Operation einen vollständigen Begriff machen könnte.

    Weimar den 19. Jan. 97.Goethe.

12/3474.

An Johann Heinrich Jung

[Concept.]

    Sie haben mir nach so langer Zeit durch Ihren Brief und das darinn geschenkte Vertrauen eine große Freude gemacht. Es war um so nöthiger die genannten Personen zu empfehlen, da, bey der großen Menge von Unglücklichen, der Würdige wie der Unwürdige, schon beynah überall erschöpfte Gemüther und Beutel findet. Ich habe in Rücksicht auf Ihr Zeugniß zuerst Herrn von Malberg, und dann auch die Frauenzimmer freundlich aufgenommen, und sie in die Wege geleitet auf denen sie auch wie mir scheint ihren Zweck erreicht haben, wenigstens scheinen sie zufrieden von hier weggegangen zu seyn.

    Auch von Gotha aus habe ich die Versichrung erhalten daß man sie mit einiger Aufmerksamkeit aufnehmen wollte. So viel habe ich Ihnen zu melden für Pflicht geachtet, damit ich durch mein Stillschweigen nicht etwa auch in den Verdacht der Ungefälligkeit und Unthätigkeit bey Ihnen verfallen möchte. Der ich recht wohl zu leben wünsche und mich der Fortdauer Ihres Andenckens empfehle.

    W. d. 19. Jan. 97.

12/3474a.

An den Herzog Carl August

               Unterthänigstes pro Memoria.

    Aus beyliegendem Entwurfe werden Ew. Durchl. zu ersten geruhen, wie weit man mit der, auf höchst Ihro Befehl mit Demoiselle Jagemann angefangenen Unterhandlung gekommen. Sollten höchst Dieselben die darinn enthaltenen Puncte billigen, so würde man von Seiten der Theater-Direction die Vollziehung des Contractes bewirken und Ew. Durchl. würden die Gnade haben ihr ein Decret als Hofsängerinn, mit dem Versprechen einer Pension von 200 rh. von der nächstaufgehenden Stelle einer Hofsängerinn, jedoch unter der Bedingung: daß sie mit der Theater-Direction eingegangenen Contracte in allen Stücken nachlebe, zu ertheilen.

    Sodann werden Ew. Durchl. sowohl wegen der indeß zu zahlenden 200 rh. als wegen der von dem Theater außerordentlich zu übernehmenden neuen Besoldung gnädigste Befehle zu ertheilen worüber von meiner Seite der unterthänigste Vorschlag geschieht, daß zwar einstweilen die Auszahlung aus der Theaterkasse geschehe, sie aber in der Folge dadurch entschädigt werde daß ihr der noch flehende Zuschluß auf zwey Sommermonate allenfalls aus der Eisenachischen Kammer gezahlt werde, dagegen man denn im Herbste an gedachten Orte zu spielen Anstalt treffen und das dortige Publikum zu unterhalten suchen würde.

    Fernere gnädigste Befehle hierüber erwartend

    Weimar am 27.Januar 1797.

J. W. v. Goethe.

12/3475.

An Carl August Böttiger

    Für die Mittheilung der Göttinger Anzeigen dancke recht sehr. Es ist mir angenehm daß man, bey einer so unreinen Form, von dem Gehalt was Gutes sagen mag, und mancher sich manches daraus nehmen kann. Lassen Sie uns auf die Ausbildung des Gedichts desto mehr Sorgfalt wenden.

    Sie erhalten zugleich eine Gabe Dianens. Ich hoffte sie mit Freunden zu verzehren, nun stehen aber soviel zerstreute Tage bevor, daß ich wünsche Sie mögen diesen Theil mit den Ihrigen vergnügt genießen.

    W. d. 28. Jan. 97.G.

12/3476.

An Friedrich Schiller

Sonntag den 29. Jan. 1797.

    Wenigstens soll heute Abend Ihnen ein eilfertiges Blatt gewidmet seyn, damit Sie doch im allgemeinen erfahren wie es mit mir steht.

    Ich habe diese Woche einige bedeutende Contracte zu Stande gebracht. Erstlich habe ich Dem. Jagemann für den hiesigen Hof und das Theater gewonnen; sie ist als Hofsängerin angenommen und wird in den Opern manchmal singen, wodurch denn unsere Bühne ein ganz neues Leben erhält. Ferner habe ich auch mein episches Gedicht verhandelt, wobey sich einige artige Begebenheiten ereignet haben.

    Daß bey solchen Umständen an keine ästhetische Stimmung zu denken ist läßt sich leicht begreifen, indessen schließen sich die Farbentafeln immer besser aneinander, und in Betrachtung organischer Naturen bin ich auch nicht müßig gewesen, es leuchten mir in diesen langen Nächten ganz sonderbare Lichter, ich hoffe es sollen keine Irrwische seyn.

    Ihre Farbenbeobachtung mit dem gelben Glase ist sehr artig, ich glaube, daß ich diesen Fall unter ein mir schon bekanntes Phänomen subsummiren kann, doch bin ich neugierig bey Ihnen gerade den Punct zu sehen auf welchem es beobachtet worden.

    Grüßen Sie doch Humboldt vielmals, und bitten um Vergebung daß ich die auf Italien sich beziehende Bücher noch nicht geschickt, Mittwoch soll etwas kommen.

    Von Xenialischen Dingen habe ich die Zeit nichts gehört in der Welt in der ich lebe klingt nichts litterarisches weder vor noch nach, der Moment des Anschlagens ist der einzige der bemerkt wird. In Kurzem wird sich zeigen ob ich auf längere Zeit zu Ihnen kommen kann, oder ob ich nochmals nur eine augenblickliche Visite machen werde.

    Leben Sie recht wohl, grüßen Sie was Sie umgiebt und halten sich zum Wallenstein so viel nur immer möglich ist.

G.

12/3477.

An Hans Friedrich Vieweg

[Concept.]

    Ihr Anerbieten trifft genau mit dem Blatte welches Herr Oberconsistorialrath Böttiger in Händen hat überein, und ich überlasse Ihnen, mit Vergnügen, das benannte Gedicht, auf die in Ihrem Briefe bemerkten Bedingungen, nämlich für den Calender von 1798, und für die beyden darauf folgenden Jahre, zum alleinigen Verlag und Besitz.

    Daß Sie eine geringere Ausgabe drucken lassen bin ich gleichfalls zufrieden, und werde der Übersendung des Honorars nach völliger Einsendung des Manuscripts entgegen sehen.

    Nach meiner vorigen Äußerung wünschte ich die erste Hälfte des Gedichtes Anfangs April zu schicken, weil ich das Ganze erst fertig zu haben wünschte, ehe ich einen Theil aus den Händen gäbe, dazu brauche ich zwar nicht viel Zeit, aber die reinste Stimmung, wie sie die Unruhe des Winters und die Zerstreuung desselben nicht leicht hervorbringen. Sollten Sie jedoch Ihrer Anstalten wegen das Manuscript nothwendig früher brauchen, so läßt sich Rath schaffen und ich bitte Sie sich hierüber näher zu erklären. Freylich da ich einmal so viel Sorgfalt an diese Arbeit gewendet habe; so wünschte ich sie nun zuletzt soweit meine Kräfte reichen zu vollenden.

    Herr Oberconsistorialrath Böttiger wird noch einiges hinzufügen und ich wünsche recht wohl zu leben.

W. am 30. Jan. 97.

12/3477a.

An Jean Joseph Mounier

Das neue Stück, welches ich hier zurücksende, ist sehr zierlich und geistreich. Wenn die Gefälligkeit der französischen Verse in deutscher Prosa übertragen werden kann, so ist an einem guten Effect nicht zu zweifeln. Es läßt sich freylich nicht voraus sehen wie, bey einem so sehr unterschiedenen Publicum, ein in mancherley Betrachtungen für uns so fremdes Kunstwerk aufgenommen werden kann. Ich hoffe mündlich nächstens mehr zu sagen.

    [Weimar] Den 31sten Jan. 1797.Goethe.

12/3478.

An Friedrich Schiller

    Sie erhalten auch endlich wieder einmal einen Beytrag von mir und zwar einen ziemlich starken Heft Cellini, nun steht noch der letzte bevor, und ich wünsche daß wir alsdann wieder einen solchen Fund thun mögen. Auch einige Lenziana liegen bey. Ob und wie etwas davon zu brauchen ist, werden Sie beurtheilen. Auf alle Fälle lassen Sie diese wunderlichen Hefte liegen bis wir uns nochmals darüber besprochen haben.

    Mein Gartenhaus stünde Ihnen recht sehr zu Diensten, es ist aber nur ein Sommeraufenthalt für wenig Personen. Da ich selbst so lange Zeit darinne gewohnt habe und auch Ihre Lebensweise kenne, so darf ich mit Gewißheit sagen daß Sie darinn nicht hausen können, um so mehr als ich Waschküche und Holzstall wegbrechen lassen, die einer etwas größeren Haushaltung völlig unentbehrlich sind. Es kommen noch mehr Umstände dazu, die ich mündlich erzählen will.

    Der zu verkaufende Garten in Jena ist wohl der Schmidtische? Wenn er wohnbar ist, sollten Sie ihn nehmen. Wäre denn einmal Ihr Herr Schwager hier eingerichtet, so könnte man auf ein freywerdendes Quartier aufpassen und den Garten werden Sie, da die Grundstücke immer steigen, ohne Schaden wieder los. Jetzt ist ein Quartier, wie Sie es wünschen, hier auf keine Weise zu finden.

    Von Rom habe ich einen wunderlichen Aufsatz erhalten, der vielleicht für die Horen brauchbar ist. Er hat den ehemals so genannten Mahler Müller zum Verfasser, und ist gegen Fernow gerichtet. In den Grundsätzten die er aufstellt hat er sehr recht, er sagt viel gründliches, wahres und gutes, so ist der Aufsatz auch stellenweise gut geschrieben, hat aber im Ganzen doch etwas unbehülfliches und in einzelnen Stellen ist der Punct nicht recht getroffen. Ich lasse das Werkchen abschreiben und theile es alsdenn mit. Da er genannt seyn will, so könnte man es wohl mit seinem Nahmen abdrucken lassen und am Schlusse eine Note hinzufügen, wodurch man sich in die Mitte stellte und eine Art von pro und contra eröffnete. Herr Fernow möchte alsdenn im Merkur, Herr Müller in den Horen seine rechtliche Nothdurft anbringen und man hätte dabey Gelegenheit die mancherley Albernheiten, die Herr Fernow mit großer Freyheit im Merkur debitirt, mit wenig Worten herauszuheben.

    Körnern danken Sie recht vielmals für das überschickte Duett und den Catalogus, ersteres ist schon übersetzt und auf dem Theater. Leben Sie recht wohl! mein Winterhimmel klärt sich auf und ich hoffe bald bey Ihnen zu seyn, alles geht mir gut von statten und ich wünsche Ihnen das gleiche.

    Weimar am 1. Febr. 97.G.

12/3479.

An Franz Kirms

    ad 1. Ich bin zufrieden, und finde vielmehr vor nöthig, daß die Aufkündigungszeit in den neuen Contracten, wie bisher vierteljährig, und also in dem Schallischen wie in dem Haidischen auf Weihnachten festgesetzt werde. Es würde uns so gut als die Schauspieler äußerst geniren und mancherley unangenehme Verhältnisse geben, wenn wir halbjährige Aufkündigung festsetzen wollten.

    ad 2. Liebe ich mir diese nähern Bestimmungen nicht, am wenigsten, wenn in den Worten gar kein Sinn ist, denn ich wünschte wohl daß mir jemand erklärte, was 2te Charakterrollen heißen sollen. Herr Schall wird künftig wie bisher spielen was ihm zugetheilt wird.

    W. am 1. Febr. 1797.G.

12/3480.

An Friedrich Schiller

    Nach einer sehr staubigen und gedrängten Redoute kann ich Ihnen nur wenige Worte sagen.

    Erstlich sende ich hier das Opus des Mahler Müllers abgeschrieben, ich habe es nicht wieder durchsehen können und lege daher auch das Original bey. Da Sie es wohl nicht sogleich brauchen, so conferiren wir vorher nochmals drüber und Sie überlegen ja wohl ob am Style irgend etwas zu thun ist. Leider vergleicht er sich selbst ganz richtig mit einem Geist der nothgedrungen spricht, nur äußert er sich nicht so leicht und lustig wie Ariel. Vieles werden Sie finden ist ganz aus unserm Sinne geschrieben und, auch unvollkommen wie sie ist, bleibt eine solche öffentliche, ungesuchte und unvorbereitete Beystimmung schätzbar. Am Ende ist's und bleibt's denn doch ein Stein, den wir in des Nachbars Garten werfen, wenn er auch ein bischen aufpatscht, was hat's zu bedeuten. Selbst wenn wirklich etwas an Fernow ist, muß es durch Opposition ausgebildet werden, denn seine deutsche Subjectivität spricht nur immer entscheidender und alberner von Rom her.

    Zweytens sende ich Ihnen einen Gesang eines wunderlichen Gedichtes. Da ich den Verfasser kenne, so macht mich das im Urtheil irre. Was sagen Sie? glauben Sie daß er poetisch Talent hat? Es ist eine gewisse anmuthige freye Weltansicht drinne und eine hübsche Jugend; aber freylich alles nur Stoff, und wie mich dünkt keine Spur von einer zusammenfassenden Form. Gesetzt man hätte eine poetische Schule, wo man die Hauptvortheile und Erfordnisse der Dichtkunst, wenigstens dem Verstande eines solchen jungen Mannes klar machen könnte, was glaubten Sie, das aus einem solchen Naturell gezogen werden könnte? Jetzt weiß ich ihm keinen Rath zu geben als daß er kleinere Sachen machen soll.

    Meine Aussicht auf längere Zeit bey Ihnen zu bleiben, verschiebt sich abermals weiter hinaus. Die Anstellung der Jagemann und ihre Einleitung auf's Theater macht meine Gegenwart höchst nöthig, doch soll mich nicht leicht etwas abhalten Sonntag den 12ten zu Ihnen zu kommen, wir haben Vollmond und brauchen bey der Rückkehr das zerrissene Mühlthal nicht zu fürchten.

    Den Vieilleville will ich schicken, denn ich darf nichts neues unternehmen. Vielleicht bildet sich die Idee zu einem Mährchen, die mir gekommen ist, weiter aus. Es ist nur gar zu verständig und verständlich, drum will mir's nicht recht behagen, kann ich aber das Schiffchen auf dem Ocean der Imagination recht herumjagen, so giebt es doch vielleicht eine leidliche Composition die den Leuten besser gefällt als wenn sie besser wäre. Das Mährchen mit dem Weibchen im Kasten lacht mich manchmal auch wieder an, es will aber noch nicht recht reif werden.

    Übrigens sind jetzt alle meine Wünsche auf die Vollendung des Gedichtes gerichtet und ich muß meine Gedanken mit Gewalt davon zurückhalten, damit mir das Detail nicht in Augenblicken zu deutlich werde wo ich es nicht ausführen kann. Leben Sie recht wohl und lassen mich etwas von Ihrer Stimmung und Ihren Arbeiten wissen.

    Weimar d. 4. Febr. 97.G.

12/3481.

An Adelheid Amalia Fürstin von Gallitzin

[Concept.]

    Heute früh ist die Sammlung mit der fahrenden Post abgegangen und ich wünsche daß sie glücklich ankommen möge. Wenn man den Ausdruck des Dancks in die besten Wohlgerüche verwandeln könnte, so würde Ihnen bey Eröffnung des Kästchens der angenehmste Duft entgegendringen. Leider läßt sich eine wahrhafte Dankbarkeit mit Worten nicht ausdrücken und eben so wenig darf sie an eine unmittelbare Wiedervergeltung denken, lassen Sie mir deswegen nur mit wenigen Worten wiederholen daß Ihre Wohltat sehr groß war, sowohl des Vertrauens, das Sie mir zeigten, als des Kunstgenusses den Sie mir gewährten. Die Kentnisse die ich mir dadurch erwarb, werden mich mein ganzes Leben begleiten, so wie Ihnen das Bewußtseyn bleiben muß einen Freund ganz auf seine eigenste Weise glücklich gemacht zu haben.

    Sie erlauben mir nun daß ich auch einiges von meinen Zuständen sage. Außer den Begebenheiten, Geschäften und Zerstreuungen, die jeder Tag hervorbringt und dadurch gleichsam sich selbst verzehrt, führe ich das Interesse der Naturbetrachtung immer bey mir im Stillen fort. Ich habe die Gestalt, die Bildung und Umbildung organischer Körper besonders in's Auge gefaßt, und, wie ich, vor verschiedenen Jahren, über die Metamorphose der Pflanzen eine kleinere Schrift zum Versuche herausgab, so habe ich bisher immer weiter beobachtet und gedacht, und mich auch über das Thierreich ausgebreitet. Ich sehe hierinne eine sehr schöne Beschäftigung auch für die spätern Jahre, wo man immer Ursache hat mehr von den Gegenständen zu nehmen, da man nicht mehr, wie in früherer Zeit, ihnen so vieles geben kann.

    Die mit diesen Betrachtungen verwandten Naturwissenschaften habe ich nicht versäumt, besonders habe ich die Farbenlehre, von der Sie mich schon, in jenen glücklichen Stunden die ich mit Ihnen zubrachte, so eingenommen fanden, fleißig bearbeitet und mich äußerst bemüht alle Phänomene kennen zu lernen und sie in der reinsten Ordnung, die mir möglich war, zusammen zu stellen.

    Diese Arbeiten haben mich genöthigt meinen Geist zu prüfen und zu üben, und wenn auch für die Wissenschaften kein Resultat daraus entspränge, so würde der Vortheil den ich selbst daraus ziehe mir immer unschätzbar seyn. Denn wie bedeutend ist es die Grenzen des menschlichen Geistes immer näher kennen zu lernen, und dabey immer deutlicher einzusehen daß man nur desto mehr verrichten kann, je reiner und sichrer man das Organ braucht das uns überhaupt als Menschen und besonders als individuellen Naturen gegeben ist.

    Auch verläßt mich bey diesen ernsteren, und, wie es beynah scheinen sollte, trockneren Betrachtungen, die Lust und Liebe zur Dichtkunst nicht. Indem ich ganz freye Stunden abwarte in denen sie allein möglich wird, so habe ich den Vortheil daß das, was bey mir ohne mein eignes Bewußtsein reif geworden, gleichsam von selbst abfällt und mir eine bequeme, überraschende Erscheinung giebt.

    Schon vor einiger Zeit schrieb ich Ihnen daß ich mich mit dem epischen Altvater beschäftige, jetzt kann ich Ihnen sagen daß ich mit einem eignen Gedichte, von der erzählenden Art, beynahe fertig bin. Ich darf es Ihnen ja wohl, so bald es gedruckt ist, zuschicken?

    Übrigens bin ich, mit den meinigen, gesund, mit allen Einschränkungen die mich umgeben bekannt und zufrieden, in einem mäßigen Genusse der Gegenwart und ohne Sorge für die Zukunft.

    Leben auch Sie recht wohl verehrteste Freundin und gedenken meiner in dem Kreise der Ihrigen denen ich mich sämmtlich zu empfehlen bitte.

    W. d. 6. Febr. 1797.

12/3482.

An Friedrich Schiller

    Ich freue mich daß Sie in Ihrem abgesonderten Wesen die ästethischen Krisen abwarten können, ich bin wie ein Ball den eine Stunde der andern zuwirft. In den Frühstunden suche ich die letzte Lieferung Cellini zu bearbeiten. Der Guß des Perseus ist fürwahr einer von den lichten Puncten, so wie bey der ganzen Arbeit an der Statue bis zuletzt Naturell, Kunst, Handwerk, Leidenschaft und Zufall alles durcheinander wirkt und dadurch das Kunstwerk gleichsam zum Naturproduct machen.

    Über die Metamorphose der Insecten gelingen mir auch gegenwärtig gute Bemerkungen. Die Raupen, die sich letzten September in Jena verpuppten, erscheinen, weil ich sie den Winter in der warmen Stube hielt, nun schon nach und nach als Schmetterlinge und ich suche sie auf dem Wege zu dieser neuen Verwandlung zu ertappen. Wenn ich meine Beobachtungen nur noch ein Jahr fortsetze, so werde ich einen ziemlichen Raum durchlaufen haben, denn ich komme nun schon oft wieder auf ganz bekannte Plätze.

    Ich wünsche daß der Handel mit dem Gartenhaus gelingen möge. Wenn Sie etwas daran zu bauen haben, so steht Ihnen mein Gutachten zu Diensten.

    Die Wielandische Äußerung habe ich nicht gesehen noch nichts davon gehört, es läßt sich vermuthen daß er in der heilsamen Mittelstraße geblieben ist. Leben Sie recht wohl, noch hoffe ich Sonntags zu kommen, Sonnabend Abend erfahren Sie die Gewißheit.

    Weimar den 8. Febr. 1797.G.

12/3483.

An Sara Wulff

Weimar, den 9. Februar 1797.

    Was werden Sie sagen? wertheste Frau, wenn ich Ihnen erzähle, daß zu eben der Zeit, als Ihr freundschaftliches Röllchen auf dem Wege zu mir war, ich ihm entgegenreiste und mich Ihnen näherte. In Leipzig und Dessau hielt ich mich einige Zeit auf, und, wäre nicht die traurige Nachricht von dem Tode des, auch mir so theuren, Königlichen Prinzen eben erschollen, so hätte ich mich wohl verleiten lassen weiter zu gehen, Berlin zu besuchen, mich an den kunstreichen Darstellungen des Carnevals zu ergötzen und aus der großen Masse interessanter Menschen, die sich dort befinden, zu den wenigen Freunden, deren ich mir daselbst schmeicheln kann, vielleicht noch einige zu erwerben. Bey meiner Rückkunft empfing mich Ihre Arbeit doppelt freundlich, sowohl als ein Beweis Ihres in der Ferne fortdauernden Andenkens, als auch als ein Zeugniß Ihrer völlig wieder hergestellten Gesundheit, denn wie wollte man ohne eine glückliche Harmonie seiner Kräfte ein so angenehmes Werk hervorbringen, als dasjenige ist, das Sie freundschaftlich für mich gearbeitet haben. Verzeihen Sie, wenn ich Sie nicht sogleich über dessen Ankunft beruhigte, denn ich wollte nicht einen bloßen Empfangschein überschicken, sondern zugleich noch etwas mehr sagen, und dazu erwartet man denn lange eine Stimmung, die nicht kommt, wenn man sie nicht zu erschaffen weiß. Ihr zweyter Brief bestimmt meine Unentschlossenheit, und ich eile Ihnen für das schöne Geschenk zu danken, das mich so oft an Ihr Andenken, Ihre gute Meinung und Ihr Talent erinnern wird. Wie sehr danke ich Ihnen zugleich für den Antheil, den Sie an meinen Arbeiten nehmen. Da ein Schriftsteller sich muß gefallen lassen, daß so manches wunderlich genug genommen und beurtheilt wird, so findet er sich freylich sehr getröstet, wenn seine Arbeit einmal bey einem gebildeten Individuo als Naturproduct wirkt, und zwar in seiner ganzen Breite und Tiefe. Bald sehen Sie wieder ein episches Gedicht von mir, dem ich eine so gute Aufnahme, auch in Ihrem Zirkel wünsche als die Neigung stark ist, womit ich es angegriffen habe und nun bald zu vollenden hoffe. Grüßen Sie Ihre Freundin, deren ich mich noch recht gut erinnere, und gedenken meiner bei guten und trüben Tagen, in der lebhaften Stadt so wie auf dem stillen Lande.

Goethe.

12/3484.

An Friedrich Schiller

    Die Horen habe ich erhalten und danke für deren schnelle Sendung; morgen bin ich bey Ihnen und wir können uns über manches ausreden. Morgen Abend gehe ich zwar weg, hoffe aber über acht Tage auf längere Zeit wieder zu kommen.

    Dem verwünschten Nicolai konnte nichts erwünschter seyn als daß er nur wieder einmal angegriffen wurde, bey ihm ist immer bonus odor ex re quallibet, und das Geld das ihm der Band einbringt ist ihm gar nicht zuwider. Überhaupt können die Herren uns sämmtlich Dank wissen, daß wir ihnen Gelegenheit geben einige Bogen zu füllen und sich bezahlen zu lassen, ohne großen Aufwand von productiver Kraft.

    Lassen Sie ja den Garten nicht weg, ich bin dem Local sehr günstig, es ist außer der Anmuth auch noch eine sehr gesunde Stelle. Leben Sie recht wohl, ich freue mich auf morgen. Ich esse mit Ihnen, aber allein, Geh. R. Voigt, der mit mir kommt, wird bey Hufelands einkehren und nachmittags verschränken wir unsere Besuche.

W. d. 11. Febr. 97.G.

12/3485.

An Christian Gottlob Voigt

Ich hoffe, Sie haben Ihre einsame Fahrt, wie ich gestern die meinige, glücklich zurückgelegt und habe morgen das Vergnügen mit Ihnen noch über einige Begebenheiten dieser Tage zu sprechen. Könnten Sie wohl durch Ihre Connexionen in Berlin mir einen Chrysopras verschaffen, wie er auf beiliegendem Blättchen gezeichnet ist? Man würde gern einen billigen Preis dafür zahlen; vielleicht könnte man einen auf die Bedingung des Zurückschickens, wenn er nicht anstünde, erhalten.

    W. den 14. Febr. 97.G.

12/3486.

An M. A. Ackermann

[Concept.]

[15. Februar.]

    Auf Ihren ersten Brief habe ich nicht sogleich geantwortet, weil ich nichts traurigeres weiß als das Gefühl, daß man, beym besten Willen, nicht helfen könne, und nichts unangenehmers als ein solches Bekenntniß, das man, leider mehr als jemals, bey so mancher Bitte und bey so manchem Wunsch zu erwiedern genöthigt ist. Eine Stelle von der Art, wie Sie wünschen, ist hier nicht offen noch so bald denkbar, auch würde ich Ihnen nicht rathen hierher zu ziehen, wenn Sie selbst etwas zuzusetzen hätten. Die Quartiere sind rar, alles durch den Zudrang so vieler Menschen und durch die Zeitumstände übermäßig theuer, und Sie würden selbst den Unterschied eines schwerern Geldfußes empfinden. Da ich nun weder persönlich noch durch meine Verhältnisse Ihnen nützlich zu seyn weiß und doch nach der wenigen Kenntniß, die ich von Ihrer Lage und Ihren Schicksalen habe, einen aufrichtigen Theil an Ihnen nehme, so brauche ich nicht zu wiederholen, wie sehr es mich schmerzt Ihnen dieses sagen zu müssen. Ich kann nicht einmal mit Freyheit des Gemüths das gewöhnlich Lebe wohl hinzufügen und wünsche nur daß Sie mit den Ihrigen eine gute Gesundheit genießen mögen, welche so manches übertragen hilft.

12/3487.

An Jeanette Louise von Werthern

               Gnädige Gräfin!

    Die Beschwerde über den Billeteur und Cassier, welche Sie bey mir angebracht, habe sogleich untersuchen lassen und habe die Ehre ihre beyderseitigen Aussagen in Abschrift zu übersenden. Der Billeteur überbringt sie selbst, um sich, in so fern er gefehlt hat, zu entschuldigen.

    Auch die zwölf Groschen liegen hierbey, und ich wünsche nunmehr Sie, meine gnädige Gräfin, völlig beruhigt zu sehen, der ich mich mit aller Verehrung unterzeichne

    W. d. 16.Dero ganz gehorsamster Diener

    Febr. 1797.Goethe.

12/3488.

An Friedrich Schiller

    Ich wage es endlich Ihnen die drey ersten Gesänge des epischen Gedichtes zu schicken, haben Sie die Güte es mit Aufmerksamkeit durchzusehen und theilen Sie mir Ihre Bemerkungen mit, Herrn von Humboldt bitte ich gleichfalls um diesen Freundschaftsdienst. Geben Sie beyde das Manuscript nicht aus der Hand und lassen Sie mich es bald wieder haben. Ich bin jetzt an dem vierten Gesang und hoffe mit diesem wenigstens auch bald im Reinen zu seyn.

    Ihrem Herrn Schwager wollte ich mein Gartenhaus bis Ostern, aber freylich nur bis dahin, gern überlassen, doch würde es nur als die letzte Ausflucht zu empfehlen seyn, denn es würde doch viel Umstände machen es für die jetzige Jahrszeit in Stand zu setzen, denn es ist kein Ofen darinne, und Meubles könnte ich auch nicht geben. Allein das ganze Germarische Haus ist leer und die Fräulein, die ich so eben fragen lasse, will es im Ganzen oder zum Theil auf 6 Wochen vermiethen, auch wohl Meubles dazugeben.

    Bey dem großen Drange aber, der hier nach Quartieren ist, stehe ich nicht dafür daß diese Gelegenheit nur eine Woche offen bleibt. Sie müßten mit daher durch einen Boten anzeigen wie viel Raum man verlangt, und mir etwa zugleich melden wer bisher Ihres Herrn Schwagers Angelegenheiten besorgt hat, damit man sich mit ihm bereden könne.

    Meyer grüßt auf's beste und hat beyliegendes sehr artiges Titelkupfer geschickt, das aber freylich in die Hände eines sehr guten Kupferstechers fallen sollte, worüber wir uns noch bereden wollen.

    Der heutige Oberon fordert mich zur Probe. Das nächstemal mehr.

    Weimar am 18. Febr. 97.G.

12/3489.

An Gottlieb Hufeland

    Schon wieder bin ich nach Jena und zwar, wie ich hoffe, auf längere Zeit zurückgekehrt, und komme sogleich in den Fall Sie um eine Gefälligkeit zu ersuchen.

    Durchl. der Herzog wünschen den zweyten Theil der Ruinen von Athen zu sehen, und lassen zugleich anfragen: ob man das hier vorräthige Exemplar, ohne den ersten Theil, käuflich erhalten könne? denn den ersten besitzt man schon in Weimar. Wollten Sie mir diesen Band schicken, so würde ich denselben heute, wohl eingepackt, mit den Botenweibern, nach Weimar senden.

    Ich hoffe bald das Vergnügen zu haben Sie zu sehen. Jena den 22. Febr. 1797.

Goethe.

12/3490.

An Gabriel Jonathan Schleusner

    Hier schicke ich, werthester Herr Doctor, einen kleinen Aufsatz über die Grundlage zu einer architectonischen Bibliothek, wie ich ihn heute früh dictirt habe, er enthält freylich zu wenig und zu viel. Wenigstens aber wird Ihren Correspondenten seines dieser Bücher angeschafft zu haben reuen. Wir sprechen darüber, und es läßt sich wohl noch manches zweckmäßig in der Kürze hinzuthun, und man kann, wenn man nur erst sieht wo Ihr Correspondent hinauswill, nach und nach, mehr darauf bauen. Ich wünsche recht wohl zu leben und hoffe Sie heute Abend zu sehen.

    Jena am 22. Febr. 1797.Goethe.

    Die Anfrage Ihres Herrn Correspondenten, werthester Herr Doctor, deutet auf eine Lücke in der Kunstliteratur, dergleichen sich leider noch mehrere finden mögen; ein Buch wie er es wünscht, ist nicht geschrieben, und ist auch sobald noch nicht denkbar. Um ein Bücherverzeichniß aufzusetzen aus welchem sich eine Kunst mit Zeitersparniß studiren ließe, müßte man mit sich und anderen schon über die Methode, und also gewissermaßen über die Theorie einig sein, das ist hier nun leider keineswegs der Fall, und jeder Liebhaber und Künstler muß zu seinem großen, oft unersetzlichen Nachtheil, den Weg einer halb raisonnirten Empirie gehen und sich in den Irrgarten hinein und heraus finden, so gut er kann. Da dieß aber der Fall mit mehr andern hochgepriesenen Wissenschaften ist, so wollen wir uns darein ergeben, und Ihrem Herrn Correspondenten wenigstens unsern guten Willen zeigen. Das Wünschenswertheste wäre freilich, daß der Liebhaber, der sich ausbilden will, die Gebäude selbst am Platze sähe, um nicht allein ihre architektonischen, sondern auch ihre optischen Verhältnisse kennen zu lernen. Ein verständig gewählter oder geschaffener Ort ist der Hauptvortheil eines Gebäudes und die wirkliche Größe des Kunstwerks ist eine unerläßliche Forderung, wenn es wirken soll. Will man aus Büchern sich entweder zu dieser Anschauung vorbereiten, oder sie im Gedächtniß wieder auffrischen, und sich mit den äußeren Gesetzen der Kunst bekannt machen, so wird man wohlthun, eine Bibliothek um sich zu versammeln, die uns mit der Geschichte der Baukunst nach und nach bekannt macht. Zu diesem Studio ist im Allgemeinen Dr. Stieglitzens Geschichte der Baukunst ein recht brauchbares Werk. Die Entdeckung und nähere Bekanntmachung der älteren griechischen Monumente, in Groß Griechenland, Sicilien und dem eigentlichen Griechenland, hat viel Einfluß auf unsere Begriffe von der Baukunst gehabt, und diese Muster wirken auch schon stark auf die Ausübung, indessen ist mir kein Lehrbuch bekannt, wo sie an der Stelle, die ihnen gebührt, aufgeführt wären, da alle bisherigen ältern Schriften dieser Art dem von Vitruv eingeschlagenen Weg gefolgt sind. Ein wahrer Liebhaber der Kunst kann daher diejenigen Bücher, worinn diese Monumente aufgestellt sind, nicht entbehren und es wären daher folgende vor allen Dingen anzuschaffen. Le Roi Reise nach Griechenland. Die Ruinen von Pestum, die Alterthümer von Athen, Houel's Reise durch Sicilien. In diesen Werten kann man den reinen großen und soliden Styl kennen lernen, in welchem jene glücklichen Menschen arbeiteten, obgleich auch manches spätere darinne vorkommt, das der gute Geschmack abzusondern hat. Houel's Werk macht uns besonders anschaulich, wie jenes kluge Volk in den Mitteln zu seinen großen Zwecken haushälterisch gewesen, wie sie Felsen und Berge nicht allein als Fundament, sondern auch als Theil des Gebäudes benutzt, der rohen Masse in ihrer Naturlage eine bequeme und schöne Form gegeben, und durch die Kunst das Fehlende nur gleichsam supplirt, wie sie die Aussichten herrlich genutzt, und was sonst noch alles zu ihrem Ruhm gereichen mag. Von römischen Alterthümern ist eine Menge gestochen und herausgegeben. Im vorigen Jahrhundert arbeiteten verschiedene Künstler an solchen Werken, die in dem Verlag des de Rossi herauskamen, sie enthalten außer den perspektivischen Ansichten des gegenwärtigen Zustandes am untern Theil des Blattes kleine Grundrisse und Profile, auch restaurirte Ansichten, sie sind recht gut und architektonisch zweckmäßig radirt. Rolli und andere arbeiteten auf diesem Wege fort. In dieser Schule bildete sich Piranese, aus dessen Werken nur ein Theil herauszunehmen wäre, da er oft zu viel dem Effekt aufgeopfert. Sein Werk della Magnificenza di Roma ist für die Verzierung einzelner Glieder sehr schätzbar. In der Mitte des 16. Jahrhunderts stach Labacco verschiedene Monumente, nebst ihren Theilen in Kupfer. Wenn man das Original und gute Abdrücke erhalten kann, so bleiben sie Muster der Behandlung dieser Gegenstände mit dem Grabstichel. Vorerst würde ich einem Liebhaber anrathen, sich die Antiquitäten von Rom von Desgodez anzuschaffen. Die Lehrbücher der verschiedenen Meister aus dem 15ten und 16ten Jahrhundert kann man nicht entbehren, sie enthalten Ausmessungen der alten Monumente, Abbildungen der vorzüglichen Gebäude, welche jeder Meister aufführte, oder entwarf, und jeder stellt nach seiner Art die Grundsätze der Kunst auf, wobei sie alle den Vitruv im Auge hatten, von dem die neueste deutsche Übersetzung von Rode in Dessau anzuschaffen ist.

    Serlio's Werk ist in mehreren Theilen sehr brauchbar, besonders sind seine Substruktionen, seine Rustika und dergleichen sehr zweckmäßig und gut, und wenn man von seinen übrigen Aufrissen eine gewisse falsche Art von Verzierung wegdenkt, so liegen meist gute Verhältnisse zum Grunde.

    Palladio ist geistreich und gratiös und wohl in schicklicher Anwendung architektonischer Fiktionen der erste; sein Werk über die Baukunst ist um so merkwürdiger, da es auch Risse von Gebäuden enthält, die nicht fertig geworden sind, worunter das Kloster della Carita in Venedig gehört, welches er nach dem Muster eines antiken Gebäudes, wie uns die Beschreibung davon durch Vitruv überliefert ist, aufführen wollte, und das dem Risse und dem fertig gewordenen Theile nach, gewiß eines der merkwürdigsten Gebäude der neuen Welt geworden wäre. So ist auch sein Vorschlag zum Ponte Rialto außerordentlich schön, und die jetzige Ausführung dagegen nicht zu vergleichen. Auch kann man aus diesem Werke seine vorzüglichsten Vicentinischen Gebäude kennen lernen. Diese sind jedoch nachher theils in kleinerem, theils in größerem Format, mit vieler Sorgfalt und Aufwand herausgegeben worden. Auch existirt ein Band seiner Kirchen, und ein Band antiker Bäder von ihm. Seine Gebäude haben in der Lombardei das Übergewicht. Seine Ausmessungen und Zeichnungen antiker Gebäude sind nicht immer richtig.

    Scamozzi's Werk ist das vollständigste, solideste und trefflichste, das die Architektur aufzuweisen hat, dieses Werk allein genugsam durchzustudiren, würde einen Freund der Kunst schon weit genug bringen. Das wenige, was ihm an der Methode fehlen möchte, weiß ein guter Kopf leicht zu ersetzen. Aus diesen 3 Büchern kann man auch kennen lernen, was in Venedig für eine Bauart geliebt worden sei.