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Dieser Band enthält Goethes Briefe aus den Jahren 1809 - 1812. Goethe war ein sehr produktiver Briefeschreiber, was sich in diesem Werk ebenfalls widerspiegelt.
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Seitenzahl: 1116
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Briefe 1809 – 1812
Johann Wolfgang von Goethe
Inhalt:
1809
1810
1811
1812
Briefe 1809 - 1812, J. W. Goethe
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
Loschberg 9
86450 Altenmünster
ISBN: 9783849616496
www.jazzybee-verlag.de
20/5674a.
An Franz Kirms
Fräulein von Winkel hat höchsten Ortes die Erlaubniß erhalten, künftigen Donnerstag ein Conzert zu geben, wobey derselben die Assistenz der Herzoglichen Capelle nicht zu versagen ist. 1.) Der Conzertmeister wäre also bey Zeiten davon zu benachrichtigen, um sich mit ihr zu besprechen, wie denn auch das Arrangement zu treffen wäre, daß die Conzert-Proben unsern Opern-Proben nicht in Wege stünden.
2.) Nicht weniger würde es ganz schicklich seyn, einer so vorzüglichen Künstlerin, während ihres hiesigen Aufenthalts, bey jeder Vorstellung zwey Billets auf die Loge für sie und ihre Mutter zu senden.
Weimar den 8. Januar 1809.
G.
20/5675.
An Johann Friedrich Rochlitz
Ew. Wohlgebornen
erhalten abermals einen Brief von mir, mit Bitte um eine kleine Gefälligkeit.
Ein junger Mensch, Fr. Wessel bey der Dessauer Bühne, die sich gegenwärtig in Leipzig befindet, hat sich hier gemeldet und will in jugendlichen seriosen Baßpartien auch komischen Rollen etwas leisten, so wie auch im Schauspiel nicht ganz unnütz seyn. Dürfte ich Ew. W. ersuchen mir etwas über ihn zu sagen, besonders wie es mit seiner Stimme und seinem Gesang beschaffen ist; doch ohne Jemand deshalb etwas merken zu lassen.
Schon aus diesem Auftrag ersehen Sie, daß ich wieder bey unserm Theater einzugreifen bin veranlaßt worden. Ihre Antigone wird ausgeschrieben und wahrscheinlich noch im Januar gegeben. Verzeihung, wenn ich heute nicht mehr sage.
Weimar den 9. Januar 1809.
Goethe.
20/5676.
An Carl Cäsar von Leonhard
Weimar, den 9. Januar 1809.
Ich danke Ihnen auf das Beste für den dritten Jahrgang des Taschenbuches. Er hat mich einige Stunden sehr belehrt und unterhalten. Dabey ist er dazu geeignet, das ganze Jahr über immer zur Hand zu seyn, weil man sein Reichhaltiges sobald nicht erschöpfen möchte.
Habe ich noch nicht ausdrücklich gedankt, daß, die Wetterauische Gesellschaft mich zur Theilnahme an ihren Arbeiten hat, so bitte ich um Verzeihung. Haben Sie die Güte, mir von Zeit zu Zeit in Erinnerung zu bringen, womit ich gefällig seyn könnte.
Glückt es mir diesen Sommer, so verfehle ich nicht, auf eine oder die andere Art, Beyträge für das Taschenbuch zur rechten Zeit zu übersenden. Mögen Sie mich gelegentlich von Ihren Absichten näher unterrichten, so werde ich sehr gern mitzuwirken suchen.
Der ich mich zu geneigtem Andenken empfehle und recht wohl zu leben wünsche.
20/5676a.
An die Hoftheater-Commission
Es ist wohl keiner Frage unterworfen, daß Herzogliche Theater Commission sich der in der letzten Zeit sehr ausgearteten Redouten anzunehmen Ursache habe, und solche wieder emporzubringen. Denn sie befördert dadurch das allgemeine Vergnügen und ihnen eigenen Vortheil. Das letzte besonders indem sie den Werth des Abonnements erhöht als mit welchem die freye Entree auf die Redoute verbunden ist, und zugleich den Stadtrath in den Stand setzt, den schuldigen Pacht abzutragen. Unterzeichneter hat, auf Veranlassung mehrerer werther Personen, über die Sache nachgedacht und legt Gegenwärtiges zu gemeinsamer Berathung vor.
Der Verfall der Redouten schreibt sich von der Zeit her, da der Hof sie nicht mehr besuchte. Hierauf zog sich der Adel und nach alle Personen von gewissen Anstande zurück, und sie sind gegenwärtig entweder leer oder nicht von der besten Gesellschaft besucht. Diese öffentliche Lustbarkeit wieder zu heben, geschehen folgende Vorschläge, welche sehr schicklich zum 30 Januar oder zu der für Serenissimae Geburtstag bestimmten Redoute könnten in Ausführung gebracht werden.
1.) Man suchte bey Hofe nach, daß wenn man sich auch nicht schmeicheln dürfte die höchsten Herrschaften selbst zu sehen, doch einige Repräsentanten abgesendet würden, etwa in den Personen des Herrn Geheimenrath von Einsiedel und Cammerherrn von Spiegel. Wären noch einige Damen dabey, so würde es noch wirksamer werden.
2.) Die Vorhänge der Estrade würden eröffnet und Personen von Stande, sowie von der vorzüglichen bürgerlichen Classe stünde frey sich daselbst aufzuhalten, eine Partie zu spielen und sonst zu conversiren. Wünschenswerth wäre, daß auch ein Hoffourier oder sonstige Dienstperson sich gegenwärtig befände um von seiner Seite das Anständige einzuleiten.
3.) Niemand könnte in seiner gewöhnlichen Kleidung hinaufgehen, sondern müßte, wenn er nicht eine gefällige Charactermaske wählen wollte, in schwarzem Mantel oder Domino erscheinen.
4.) Keine Drahtaugen würden erlaubt, sondern wenigstens schwarze Masken gefordert.
5.) In Stiefeln könnte niemand tanzen.
6.) Für Vortänzer müßte gesorgt werden; so wie
7.) für eine Art von Vorsteher und Aufseher, dergleichen bey den Ressourcenbällen sich finden.
8.) Eine Anzeige im Wochenblatt wäre deshalb bey Zeiten zu besorgen, wodurch denn auch
9.) Dienstboten und Personen von zweydeutigem Ruf Auszuschließen wären.
Kommen obige Einrichtungen zu Stande, so hat eine Gesellschaft sich verbunden an dem Tage auf die Redoute zu gehen, durch geistreiche Aufzüge, kleine Gedichte und andere anständige Unterhaltungen den Tag zu feyern; wobey denn eben obige Repräsentanten des Hofs wünschenswerth wären, um im Namen gnädigster Herrschaft diese wohlgemeynten Huldigungen anzunehmen.
Weimar d. 10 Jan. 1809.
Goethe.
20/5677.
An Charlotte von Stein
Gern hätte ich Ihnen, verehrte Freundinn, dieser Tage aufgewartet, um manches zu erzählen und zu bereden. Es geht mir aber nicht sonderlich und ich habe Ursache mich sehr in Acht zu nehmen.
Gegenwärtiges erlasse ich, um einen Vorschlag zu einer Mittwochs-Unterhaltung zu thun. Ein nordischer gelehrter Antiquarius, mit Namen Arendt, befindet sich hier, der aber nicht mit jenem moralisch politischen Arendt zu verwechseln ist. Der gegenwärtige hat ein unscheinbares, ärmliches äußeres Ansehen; doch ist er nicht unangenehm, vielmehr wenn man seine Originalität einmal zugiebt, ganz erfreulich. Sein Wesen und Wissen erinnert an Büttner und Beyreis, ob er gleich ihr Alter noch nicht erreicht hat. Er ist 1773. in Altona geboren, verdankt seine literarische Cultur dem dortigen Gymnasium, von welchem er erst 1794 abging und im Jahr 96 nach Paris und der Lombardey reiste, um dort Reste der, durch frühere Wanderungen und Schicksale hinverpflanzten, nordischen Alterthümer auszusuchen. Im Jahre 97 ging er von Copenhagen zu Schiff nach Finnmarken und landete bey Hammerfest unter dem 71sten Grad nordischer Breite. Zehn Jahre brachte er in Norwegen und Schweden zu, studirte die Runen, copirte und ordnete sie und bemühte sich überhaupt um eine genaue Kenntniß der alten nordischen, besonders isländischen, Cultur und Literatur. Ihn beschäftigte die scandinavische Sprachlehre so wie die beiden Edden. Nachher hielt er sich in Mecklenburg und Pommern, wegen der wendischen Alterthümer auf, besuchte in der Gegend von Neubrandenburg die Stelle, wo Rethra, ein Hauptort eines alten Völkerstammes, gestanden haben soll, und wo man früher merkwürdige, halbgeschmolzene, eherne, größere und kleinere Götterbilder gefunden hatte. 1808 ging er zum zweyten Mal nach Paris und erneuerte seine Bekanntschaften.
Gegenwärtig kommt er von Bremen und hat einige interessante Alterthümer und Manuscripte bey sich.
Wäre es Durchlaucht der Herzoginn nicht ungefällig, so würde ich ihn Mittwoch vorführen, und die Unterhaltung so zu leiten suchen, daß er 1) von seinen Reisen erzählte, 2) von der isländischen Cultur des 11. und 12. Jahrhunderts einen Kurzen Vortrag thäte, 3) von dem was uns daher übrig geblieben ist, Nachricht gäbe und Einiges vorzeigte. Sein ärmliches Äußere verschwindet dem Blicke gar bald, wenn man seinem bestimmten, lebhaften und heitern Vortrage zuhört. Ich erbitte mir bald eine gefällige Antwort, um mit ihm einige Einleitung treffen zu können.
Weimar den 16. Januar 1809.
Goethe.
20/5678.
An Marianne von Eybenberg
Es ziemt sich, theure Freundin, nun keine weitere Saumniß, und Sie müssen sogleich den lebhaftesten Dank empfangen. Die zierlichen, nickenden, bückenden und salutirenden kleinen Geschöpfe sind glücklich angekommen, und haben nicht allein mir, sondern ganzen Gesellschaften, in denen ich sie producirt, viel Vergnügen gemacht. Ihnen folgten die Fasanen, durch die starke Kälte wohl erhalten und mit Freuden sogleich vergnüglich verzehrt. Seyn Sie für alles das Gute und Artige zum allerschönsten gegrüßt und fügen Sie die Gefälligkeit hinzu, Ihren hohen schönen Freundinnen für das unschätzbare Andenken den besten Dank zu sagen. Gedenken Sie meiner, wenn Sie zusammen sind und glauben Sie, wenn ich mich wieder nach Carlsbad sehne, so ist es nicht zum kleinsten Theil, weil ich hoffen kann, Ihnen wieder näher zu kommen.
Hoffentlich wird Ihre Gegenwart mich wieder zu manchem Guten befeuern: denn leider hab ich seit meinem Hierseyn doch auch gar nichts hervorgebracht. Ja ich kann fast sagen, seit den letzten Kapiteln jenes Romans, die ich so geschwind zusammenschrieb, um Ihnen keinen fragmentarischen Eindruck zu hinterlassen, ist mir fast gar nichts gelungen, was denn auch wohl sehr natürlich ist, weil ich fast gar nichts unternommen habe.
Von meinem Thun und Lassen kann ich daher wenig melden; es verdrießt mich zu sagen, daß dabey nichts geschieht, was sich jemals auf Sie beziehen, Ihnen einiges Vergnügen machen könnte. Wenn sich das Frühjahr nähert, so sagen Sie mir doch etwas von Ihren Planen; da Sie in Prag überwintern, so werden Sie wohl von Töplitz und Carlsbad im Sommer nicht entfernt bleiben. Ich für meine Person kann den May kaum erwarten, um mich zu den Füßen der vielen Kreuzfelsen zu begeben und daselbst mein altes Sommerleben fortzusetzen. Mögen sich Alles so fügen, daß wir uns dort wiedersehen.
Daß Ihre angenehme Societät mitunter tyranisiert wird, bedaure ich von Herzen; doch sind die Frauen immer ein wenig selbst Schuld, wenn die Männer sich zu viel herausnehmen. Man muß dem Männergeschlecht wohl Recht geben, aber nicht Recht lassen. Doch will ich mit solchen machiavellischen Maximen mir nicht selbst das Spiel verderben, um so weniger, als ich jedes Mal, wenn wir uns wieder sehen, auf Ihre Nachsicht allzu sehr rechnen muß. Leben Sie recht wohl, beste Freundin! So oft ich die artigen Figürchen nicken lasse, so oft gedenk' ich Ihrer Anmuth. Gedenken Sie meiner und lassen Sie mich auf ein diesjähriges frohes Wiedersehen hoffen.
Weimar den 16. Januar 1809.
Goethe.
20/5679.
An Charlotte von Stein
[17. Januar.]
Mögen Sie, theure Freundinn, beykommendes an Durchl. die Herzoginn befördern. Ich hoffe es soll dieser wunderliche Mann in mehr als einem Sinne eine angenehme und lehrreiche Unterhaltung verschaffen. In Hoffnung Sie bald zu sehen.
G.
20/5680.
An Carl Adolph Schultze
Ew. Wohlgeboren
mache auf folgendes aufmerksam.
Wenn man Gesetze giebt, so ist wohlgethan, auch zu sorgen, daß sie befolgt werden können. Wir haben verordnet, daß Niemand ohne Gesichtsmaske und ohne irgend ein außerordentliches Überkleid auf die Redoute gehen solle. Nun wär' es möglich, daß Fremde, vielleicht auch Franzosen von Erfurt herüber kämen, welche diese Anordnung nicht so genau beobachteten und vielleicht ohne Maske und Tabarro anlangten. Mein Vorschlag wäre dahero, Sie beredeten mit irgend einem Handelsmann, daß er in einer Ecke hinter den Säulen einen kleinen Laden aufschlüge, wo man Gesichtsmasken, Handschuhe, Tabarros, oder sonstige Überwürfe haben könnte. Wären noch andre Kleinigkeiten als wohlriechende Wasser und dergleichen dabey; so wäre es noch besser und artiger. Für den der es unternimmt ist kein Aufwand, vielleicht einiger Vortheil: denn warum sollte nicht mancher, wenn die Gelegenheit einmal da ist, auch wohl irgend einer artigen Tänzerinn ein kleines Geschenk machen. Drängen sich doch Handelsleute zu allen Kirchweihen und öffentlichen Zusammenkünften. Gut wär' es alsdann, wenn eine solche Anstalt bey jeder Redoute sich oben befände.
Weimar den 20. Januar 1809.
20/5681.
An Silvie von Ziegesar
Von Tag zu Tag, liebste Silvie, hat man mich auf die Seegeschöpfe vertröstet, die Sie zu einem so frommen Gebrauch verlangten, es sind aber deren bis jetzt noch keine angekommen, das mir sehr leid thut; denn zeigt sich bey einem Krancken nur einiges Gelüst, kann man ihm nur einige Erquickung verschaffen; so ist es schon ein großer Trost und wenigstens augenblickliche Beruhigung. Ich fehle gewiß nicht, sobald sie ankommen davon zu senden.
Ihren Herrn Vater unsre gute Loder habe ich diese Zeit gesehen, leider konnten sie mir von Ihnen und der theuren Mutter nichts erfreuliches melden. Wie sehr bedaure ich einen so peinlichen, hoffnungslosen Zustand. Auch Sie, liebste Silvie nehmen mehr als jemand Theil und ich weis nur zu gut wie Sie durch eine eingebohrene Sympatie von den mütterlichen Übeln ergriffen werden. Mögte doch Ihre Jugend und gute Complexion solchen leider nur zu oft wiederholten Angriffen widerstehen. Sagen Sie mir von Zeit zu Zeit ein Wort, auch Ihre Klagen thun mir wohl weil ich weis daß Sie Sich dadurch erleichtert fühlen. Mir geht es ganz gut, meine Gesundheit hält sich, meine Geschäfte ziehen wieder ihren alten Gang, Societät und manche fremde Erscheinung geben manche Unterhaltung. Möchten Sie doch Theil daran nehmen können.
d. 22. Jan. 1809.
G.
20/5682.
An Johann Friedrich Rochlitz
Ew. Wohlgebornen
bin ich höchlich dankbar für die ausführliche Nachricht den Schauspieler und Sänger Wessel betreffend. Wie lehrreich müßte es seyn, mehrere Theaterglieder so recensirt zu sehen! Ja, wie sehr wäre es zu wünschen, daß man werdenden Schauspielern solche klare Spiegel vorhalten könnte; freylich vorausgesetzt, daß sie einen so deutlichen Anblick ihrer selbst ertrügen. Erinnern Sie sich eines Weidners bey der Dresdner Gesellschaft, der mir von einem Reisenden, als Chorführer in der Braut von Messina sehr gelobt worden, so sagen Sie mir ja auch wohl ein Wort über ihn.
Für die Besorgung der Bände gleichfalls meinen aufrichtigen und lebhaften Dank. Hierbey einen Brief an Herrn Hofrath Kapp. Der Geldbetrag folgt mit der fahrenden Post. Heute nichts weiter als meine Besten Wünsche.
Antigone ist auf den 30. angesetzt. Leider füllt sie nicht den ganzen Abend und ich muß eine kleine Operette hinterher geben. Bis jetzt weiß und vermuthet noch Niemand den Autor.
Weimar den 22.Januar 1809.
Goethe.
20/5683.
An Anton Friedrich Justus Thibaut
[Concept.]
[22. Januar.]
P. P.
Ew. Wohlgeboren erhalten meinen verspäteten aber aufrichtigen und lebhaften Dank für die gütige und freundschaftliche Behandlung der Meinigen. Sie haben meinem Sohn in einer bedenklichen Krankheit Sorgfalt und Hülfe zugewendet und auf die liebreichste Weise die Stelle der Eltern vertreten, und ihm dadurch sowohl als uns eine bleibende Verbindlichkeit aufgelegt. Sie haben meiner Frau dadurch eine liebevolle Aufnahme und manche verschaffte Gelegenheit, die Heidelbergische Gesellschaft so wie die örtlichen Umgebungen zu genießen, eine heitre Erinnerung für das ganze Leben verschafft, indem sie sich nun ihren Sohn in einer angenehmen und sichern Lage denken und mir ihre Empfindung und Überzeugung davon mittheilen kann.
Was die Studien des jungen Mannes betrifft, so werden Sie mich höchlich verpflichten, wenn Sie solche nach Maßgabe seines Talents und Fleißes auch in der Folge dirigiren wollen. Wenn er die Zeit gut anwendet, die er den Studien zu widmen hat; so will ich sie ihm eher verlängern als verkürzen. Je älter man wird, je mehr fühlt man die Kürze der Jahre und sie sind doch auch für die Jugend nicht länger als für das Alter. So bin ich z.B. das Wiederhören der Pandecten betreffend gleichfalls der Überzeugung, daß eine Pause dazwischen zu setzen sey. Ein junger Mann der ein solches bedeutendes Collegium zum zweytenmal hört, muß eigentlich mit Zufriedenheit empfinden, daß er indessen gewachsen ist, und daß er das was ihm vorher Mühe und Beschwerde verursachte, nunmehr mit Leichtigkeit behandelt.
Wegen der landsmannschaftlichen Verhältnisse hat er mir früher geschrieben und ich bin ganz wohl zufrieden damit. Verbindungen sucht sich der Mensch auf eine oder die andre Weise, da er nicht allein stehen kann, und er muß früher oder später lernen sich in Verhältnisse finden, sich ihrer Vortheile zu bedienen, ihre Unbequemlichkeiten zu tragen, oder ihnen auszuweichen. Auch hierüber bin ich um so beruhigter als ich weiß daß Ew. Wohlgeb. über diesen Punckt auf ähnliche Weise dencken.
Unter allen Planen und Wünschen die mir jetzo vorschweben, ist der wohl der angelegentlichste, daß es mir gegönnt seyn möchte, Ihnen und Ihrer Frau Gemahlinn meinen Dank persönlich abzutragen, und meine kleine Familie um Ihr Pianoforte versammelt zu sehen.
Der ich die Ehre habe mich mir besonderer Hochachtung zu unterzeichnen.
20/5684.
An Christian Erhard Kapp
[Concept.]
[23. Januar.]
Wenn ich Ew. Wohlgebornen die wunderlichen Begebenheiten erzählen könnte, welche sich dazwischen geschoben, so daß Sie gegenwärtig erst durch die Gefälligkeit des Herrn Rath Rochlitz ein Ihnen so lange bestimmtes Exemplar meiner Werke erhalten; so würden Sie daraus abnehmen, daß meine Dankbarkeit zwar immer thätig, doch in ihren Äußerungen nicht glücklich gewesen.
Ist in diesen wenigen Bänden etwas enthalten, das den Wunsch erregen kann einiges Ähnliche zu Tage gefördert zu sehen; so ist es Ihre Kunst allein durch die er befriedigt wird: denn sie hat mir ein Daseyn wiedergegeben, an dem ich schon verzweifelte, und so viel Behagen als nöthig ist, um nicht ganz ungleich voriger Zeiten meine Thätigkeit zu üben. Gedenken Sie, wenn Sie diese Bände auf Ihrem Repositorium stehen sehen, wenn Sie einen und den andern in die Hand nehmen, eines sehr dankbaren und verbundenen Freundes.
Mit Vergnügen kann ich melden, daß ich die trüben und kurzen Tage ganz leidlich überstanden habe, daß ich mich zwar mit besonderer Mäßigung und Vorsicht, aber doch ganz bequem in einem gewissen Gleichgewicht halte und so das Frühjahr zu erreichen hoffe. Meine Frau vereinigt ihren Dank mit dem meinigen und wir beyde hoffen die Erlaubniß zu haben wegen dessen, was für uns im Sommer das räthlichste seyn möchte, in einigen Monaten zutraulich anzufragen.
20/5685.
An Marie Anna Louise Nicolovius
[27. Januar.]
Ihr freundlicher Brief, liebe Nichte, liegt schon wieder zu lange bey mir, ohne daß ich ihn beantwortet hätte. Ich bin überhaupt kein fleißiger Correspondent, aber zwischen uns ist es das Schlimme, daß wir uns nie oder wenigstens so lange nicht gesehen haben; denn in der Persönlichkeit liegt doch eigentlich der wahren Grund menschlicher Verhältnisse. Freylich habe ich von Ihnen Liebes und Gutes genug vernommen, und wenn wir je zusammenträfen, würden Sie finden, daß mit dem Oheim auch ganz leidlich auszukommen ist. Haben Sie indessen recht vielen Dank für die Schilderung Ihrer lieben Familie, deren Verminderung ich herzlich bedaure. Unsere gute Mutter hat uns noch immer zu früh verlassen; doch können wir uns dadurch beruhigen, daß sie ein heiteres Alter gelebt und daß sie sich durch den Drang der Zeiten sicher und selbstständig durchgehalten hat. Ich danke Ihnen und Ihrem lieben Gatten, daß Sie durch Ihr Schreiben ein neues Band anknüpfen wollen, indem sich das alte auflöst... Meine Frau grüßt herzlich und wünscht mit mir, Sie Beyde einmal zu sehen, welches jetzt eher möglich und wahrscheinlich wird, da Sie uns um so vieles näher kommen. Mög' aus dieser Veränderung des Wohnorts und der äußern Verhältnisse alles Gute entspringen... Sagen Sie Ihrem lieben Gatten, für den ich kein besonders Blatt einlege, daß auch ich jenem Mann, dem er seine Bildung verdankt, gar manches, zwar nicht unmittelbar doch durch die Vermittelung unsers trefflichen Herder's schuldig geworden sey, und daß sein Andenken bey allen denen immer lebendig bleibt, die aufrichtig anerkennen, welchen großen Antheil an deutscher Cultur jene Männer gehabt, die in der zweyten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in Königsberg zusammenlebten und wirkten... In Berlin treffen Sie einen meiner werthesten Freunde Herrn von Humboldt und treten mit ihm, soviel ich weiß, in ein näheres Verhältniß. Es freut mich für Beyde: denn in der gegenwärtigen Lage der Hauptstadt sowohl als des Staats ist die Mitwirkung einsichtsvoller und aufrichtiger Männer höchst wünschenswerth. Kommen Sie in Berlin an, so lassen Sie es uns erfahren. Verzeihen Sie, daß ich durch eine fremde Hand schreibe. Es ist einmal eine eingewurzelte Unart, daß meine Hand zum schreiben faul und unentschlossen geworden, und meine Freunde haben mich durch ihre Nachsicht verwöhnt. Grüßen Sie die Ihrigen herzlich. Von meinem Sohn in Heidelberg habe ich gute Nachricht.
Gedenken Sie unser in Liebe.
20/5686.
An Christian Gottlob Voigt
Da ich weiß, daß Ew. Excellenz es mit einem eingefrornen und eingeeisten Freunde nicht so genau nehmen und ihm sein Stillschweigen verzeihen, so trete ich um desto zutraulicher an einem äußerlich und innerlich heitren Tage, aufgethaut wieder hervor und erkundige mich nach Ihrem theuern Befinden. Zugleich folgt die Abhandlung über den Kaiserlichen Liebling zurück. Sie hat mir viel Vergnügen gemacht. Dergleichen Monographien sind sehr schätzenswerth, indem sie das Zerstreute in einen engen Raum zusammenbringen. Ich kenne die meisten der angezeigten Monumente theils in Original, theils in Abgüssen und man betrachtet immer mit Vergnügen und Bewunderung was die Zeit Hadrians hervorgebracht. Freylich mußte es ein solch entschiedener Liebhaber des Schönen seyn, der die Kunst in ihrem mächtigen Sinken aufhalten und wieder einen Augenblick erheben wollte.
Einige Notamina aus dem kleinen Geschäftskreise, in dem ich wirke, bin ich nächstens so frey vorzutragen und hoffe Sie heute Mittag bey Hofe zu begrüßen.
Weimar den 29. Januar 1809.
Goethe.
20/5687.
An Johann Friedrich Rochlitz
Ew. Wohlgebornen
erhalten hierbey die 9 Thaler Sächs. Sollte noch irgend eine Auslage sich nöthig gemacht haben, so bitte mir es zu melden.
Von Antigone habe ich die Leseprobe und eine Theaterprobe gehört. Sie wird gut gesprochen und anständig gespielt. Mir macht es sehr große Freude diesen herrlichen Sophocleischen Schatz in einer Art von Auszug zu sehen und zu vernehmen. Heute Abend ist Hauptprobe; morgen Aufführung. Das was wir in unsern Tagen Effect nennen kann das Stück nicht machen; aber ich glaube doch es wird sich in den Kreis der ruhig edlen Darstellungen, die wir von Zeit zu Zeit vortragen, mit einschließen und sich erhalten. Mehreres nächstens.
Weimar den 29. Januar 1809.
Goethe.
20/5688.
An Johann Friedrich Rochlitz
Weimar den 1. Februar 1809.
Nur mit Wenigem sage ich, daß Antigone Montag den 30. glücklich aufgeführt worden. Der Effect war, den ich voraussah. Das Stück hinterließ einen sehr angenehmen erfreulichen Eindruck. Jedermann war zufrieden und halb erstaunt, indem man von dieser Klarheit und Einfalt kaum etwas kennt. Die verständliche Sprache brachte hierbey den größten Vortheil. Die Schauspieler haben durchaus deutlich und richtig gesprochen, manche vortrefflich durchaus, wo man Madam Wolff als Antigone und ihren Gatten als ersten Chorführer zu rühmen hat, andere theilweise sehr gut, und wie gesagt, man konnte überhaupt völlig zufrieden seyn. Heute wird es wieder gegeben und ich hoffe das Stück soll sich immer mehr bey dem Zuschauer einschmeicheln. Über Ihre Behandlung selbst wüßte ich auch nur Gutes zu sagen; daß sie zweckmäßig sey, hat die Ausführung bewiesen. Etwas von der angegebenen Musik habe ich weggelassen, damit Recitation und Declamation nicht gestört werden. Was ich hie und da geändert, ist nicht der Rede werth. Herr Unzelmann ist nicht zu vergessen, dem ich den Krieger im Anfange und den Boten zuletzt zugleich aufgetragen: er hat trefflich erzählt. Also nur soviel für diesmal mit einem Dank. Wer der Verfasser sey ist bis jetzt ein Halbgeheimniß geblieben.
Goethe.
20/5689.
An August von Goethe
Du hast von mir, mein lieber August, lange nichts gehört. Indessen wirst du von deiner Mutter verschiedenes vernommen und nun auch die 50 Thaler erhalten haben, die du verlangtest. Mache damit deine Haushaltung rein; ich will dir künftig vierteljährlich von hier aus 25 Thaler schicken. Siehe zu, wie du Haus hältst.
Ich habe vor einiger Zeit an Herrn Hofrath Thibaut geschrieben und ihm gedankt, daß er sich deiner guten und bösen Tagen so treulich annehmen wollen. Halte dich ja an diesen trefflichen Mann und Lehrer, so wird dir in jedem Falle geholfen seyn. Auch alle übrigen Freunde grüße schönstens und suche sobald als möglich kleine Misverständnisse die vorkommen, wieder ins Gleiche zu bringen. Schreibe mir von Zeit zu Zeit; besonders auch sage mir, wie es denn mit den Pandecten geht.
An Herrn Hofrath Thibaut habe ich schon geschrieben, daß du künftigen Sommer die Pandecten nicht wieder zu hören brauchst. Es ist besser daß einige Zeit verstreicht, ehe man sich wieder zu einer so wichtigen Arbeit kehrt. Indessen erholt sich der Geist, bildet sich an andern Gegenständen und kommt frischer und getroster auf die vorige Stelle zurück.
Mutter und Freunde werden dir umständlich Nachricht von der letzten Redoute gegeben haben. Soviel kann ich dir versichern, daß deiner oft gedacht worden ist und daß man dich mehr als einmal herbeygewünscht hat.
Schreibe mir doch auch etwas von der Witterung. Wir haben in der Nacht vom 30. auf den 31. einen gewaltigen Sturm gehabt. Hat sich etwas Ähnliches etwa bey euch eingefunden? Leider hat diese himmlische Gewalt auch uns einen Schaden gethan, der dich betrüben wird. Der alte Wacholderbaum im untern Garten ist umgestürtzt worden. Wir haben ihn gestern gemessen: er hat die Höhe von 43 Fuß erreicht. Das brauchbare Holz davon will ich ausschneiden lassen, damit wir sein Andenken in irgend einem Hausrath bewahren. Eine nähere Beschreibung dieses merkwürdigen Baumes und wie wir ihn bey seiner Section gefunden haben, steht zu Diensten, wenn du irgend einen botanischen Freund hast, den sie interessieren kann. Aus dem obern Theile, etwa 35 Fuß über der Erde, will ich einige Dosen drehen lassen und eine an Blumenbach schicken dem so etwas Spaß macht.
Und so will ich für dießmal schließen und dir wohl zu leben wünschen.
Weimar den 5. Februar 1809.
G.
20/5690.
An Nikolaus Meyer
Weimar den 10. Febr. 1809.
Ew. Wohlgeboren
haben uns gleich nach Ihrer Zurückkunft mit der Nachricht erfreut, daß Ihre Reise glücklich vollbracht worden, und daß es sich mit Ihrer Gesundheit wieder zum Bessern anlasse. Sie haben uns die schmackhaftesten Fische geschickt, wofür wir zum allerschönsten zu danken haben.
Hinter den Fischen erschien ein anderes scandinavisches und obotritisches Wundergeschöpf, das uns, ob wir gleich darauf vorbereitet waren, in Erstaunen setzte. Wir nahmen den Mann und seine Runen freundlich auf, und geben ihm Gelegenheit seine Verdienste bekannt zu machen und Theilnahme zu erregen. Aber gar bald zeigte sich, daß seine etwas starre Natur und sein eigensinniges Wesen in der Weimarischen Welt nicht gedeihen könne. Aufrichtig zu sprechen, so ist der Ort beydes zu klein und zu gebildet, als daß die Anmaßungen einer Originalität Glück finden könnten. Auch fing der Mann bald an, sich zurückzuziehen, und ist vor einigen Tagen ohne Abschied verschwunden. Mehr sage ich heute nicht und hoffe meine Frau wird etwas von unsern Redouten-Herrlichkeiten melden. Empfehlen Sie mich der lieben Ihrigen und lassen uns bald von sich hören.
Goethe.
20/5691.
An Carl Friedrich Zelter
Sie erhalten, theurer Freund, durch Herrn Eberwein, der von hier abgeht, nur ein kurzes Wort des Grußes, indem er mich, nachdem er lange genug gezaudert, um einen Brief an Sie gerade in einer Stunde mahnt, in der ich meine Gedanken nicht beysammen habe. Nehmen Sie ihn gütig auf und helfen Sie ihm durch Rath, Lehre und Beyspiel weiter fort. Wird auch in den Schülern nicht hervorgebracht was wir wünschen, so werden wir sie ja doch nicht los, und es bleibt uns nichts übrig als uns mit Resignation auch auf diese unvollkommne Weise fortzupflanzen. Ich arbeite an gar manchem das auch Ihnen dereinst Freude machen wird. Deshalb verzeihen Sie mir mein Schweigen und lassen mir gelegentlich einmal wieder etwas von sich hören.
Weimar den 16. Februar 1809.
G.
20/5692.
An Heinrich Carl Abraham Eichstädt
Ew. Wohlgeboren
haben die Gefälligkeit von beygehenden Avertissements wenigstens auszugsweise einigen Gebrauch in Ihrem Intelligenzblatt zu machen. Die Steinbrücke nach Dürerischen Handzeichnungen sind nun complet in meinen Händen und es soll bald ein Nachtrag zu jener Recension, die unsern münchner Freunden große Freude gemacht hat, bey Ihnen eintreffen. Man kann beynahe von dieser letzten Sendung noch mehr Gutes, als von der ersten sagen, und wie glücklich fühlt man sich, wenn man einmal mit Grund etwas aus dem Grunde loben kann!
Mich zu geneigtem Andenken empfehlend
Weimar den 22. Februar 1809.
Goethe.
20/5693.
An Bettina Brentano
Du bist sehr liebenswürdig, gute Bettina, daß du dem schweigenden Freunde immer einmal wieder ein lebendig Wort zusprichst, ihm von deinen Zuständen, und von den Localitäten in denen du umherwandelst einige Nachricht giebst, ich vernehme gern wie dir zu Muthe ist und meine Einbildungskraft folgt dir mit Vergnügen sowohl auf die Bergeshöhen, als in die enge Schloß und Klosterhöfe. Gedencke meiner auch bei den Eydexen und Salamandern.
Eine Dancksagung meiner Frau wird bey dir schon eingelaufen seyn, deine unerwartete Sendung hat unglaubliche Freude gemacht und ist jede einzelne Gabe gehörig bewundert und hochgeschätzt worden. Nun muß ich auch schnell für die mehreren Briefe dancken die du mir geschrieben hast und die mich in meiner Carlsbader Einsamkeit angenehm überraschten und unterhielten. Damals schickte ich ein Blättchen an dich meiner Mutter, ich weiß nicht ob du es erhalten hast. Diese Gute ist nun von uns gegangen und ich begreife wohl wie Franckfurt dir dadurch verödet ist. Meine Frau war dort, es ist ihr wohl gegangen, doch hat sie dich recht eigentlich vermißt, dagegen hat sie dein Andencken von München her gar sehr erfreut.
Herr v. Humbold hat uns viel von dir erzählt. Viel das heißt oft. Er fing wieder von deiner kleinen Person zu reden an, ohne daß er so was recht eigentliches hätte zu sagen gehabt, woraus wir denn auf ein eigenes Interesse schließen konnten. Neulich war ein schlancker Architect von Cassel hier, auf den du auch magst Eindruck gemacht haben.
Dergleichen Sünden magst du denn mancherley auf dir haben, deßwegen du verurtheilt bist Gichtbrüchige und Lahme zu warten und zu pflegen. Ich hoffe jedoch das soll nur eine vorübergehende Büßung werden, damit du dich das Lebens desto besser und lebhafter mit den Gesunden freuen mögest.
Laß uns von Zeit zu Zeit ein Wort vernehmen, es thut immer seine gute und freundliche Wirckung wenn auch der Gegenhall nicht bis zu die hinüberdringt. Meine Frau höre ich hat dich eingeladen, das thu ich nicht und wir haben wohl beyde recht. Lebe wohl, grüße freundlich die Freundlichen und bleib uns Bettine. Adieu!
W. d. 22. Febr. 1809.
G.
20/5694.
An Johann Christoph von Aretin
[Concept.]
P. P.
Die mir übersendeten Nachrichten nebst den vortrefflichen Mustern des Steinabdrucks habe ich sogleich unserm gnädigsten Herrn vorgezeigt, welcher diesem Unternehmen seien entschiedenen Beyfall nicht versagen konnte, vielmehr sogleich sich entschloß ein paar Subjecte nach München zu schicken, um zu so manchem andern Guten auch diese Kunst nach Weimar zu verpflanzen.
Ich sehe mich daher veranlaßt bey Denenselben anzufragen:
1.) Was das Lehrgeld für zwey Personen betragen könnte? incl. der anzuschaffenden Materialien.
2.) Wie lange sie sich etwa in München aufhalten müssten, um zu ihrem Zweck zu gelangen.
3.) Wie viel man ihnen monatlich zur Sustentation auszusetzen hätte.
4.) Da man schon einigermaßen gebildete Subjecte abschicken muß, welche Vorkenntnisse bey ihnen die vortheilhaftesten seyn möchten. Einen Zeichner und Kupferstecher abzusenden würde wohl rathsam seyn. Was wählte man zur zweyten Person etwa sonst für einen Techniker?
5.) Hätten Ew. h. wohl die Gütigkeit einige Aufsicht über das persönliche Vertragen der Abgeschickten zu führen, damit man wüßte, ob sie ihre Zeit auch gut anwenden.
Weimar den 22. Februar 1809.
pp.
20/5695.
An den Herzog Carl August
Unterthänigster Vortrag.
Ew. Durchlaucht haben geruht, über ein Vorstellungs – Schreiben des Concertmeisters Destouches unterthänigsten Bericht zu erfordern, welcher hiermit schuldigst abgestattet wird.
Aus beyliegendem Acten-Fascikel werden Höchstdieselben zu ersehen geruhen, daß, nachdem Fol. 1 desselben gefällig gewesen, das Personal der Hof-Capelle in Disciplin, auch Directions- und oekonomischen Sachen der Theater-Commission zu untergeben, man Fol. 2 hiernach die damaligen Capell- und Concertmeister, Kranz und Destouches, gehörig zu instruiren nicht verfehlt. Da sich denn Fol. 3 Nr. 1 ergiebt, daß festgesetzt worden, kein Mitglied der Capelle dürfe ohne eine in der Hofmarschallamts-Canzley gesuchte und von der Fürstl. Theater-Commission erlangte Erlaubniß verreisen, wie denn Fol. 3b Nr. 5 die Einrichtung getroffen worden, daß, wer Urlaub erhalten hat, sich deßhalb bey dem Capell- oder Concertmeister zu melden habe.
Hierbey ist es denn auch bis jetzo geblieben und keine Vorstellung noch Einwendung deshalb laut geworden, wie denn noch vor Kurzem der jüngere Goetze, von Ihro Kaiserlichen Hoheit der Frau Erbprinzeß unterstützt, eines solchen Urlaubs nach Gotha genossen hat.
Was also den Concertmeister Destouches veranlassen können, einer wohlbedachten und sehr zweckmäßigen Beurlaubung des jüngern Eberwein nach Berlin, sich auf die heftigste und umständlichste Weise zu widersetzen, lassen wir ununtersucht. So viel aber können wir nicht verhehlen, daß Herzogliche Commission sich Vorwürfe macht, diejenigen Corrections-Mittel gegen ihn nicht angewendet zu haben, die ihr in den Händen liegen, wenn Untergebene sich auf eine so auffallende Weise vergessen. Der junge Eberwein ist inzwischen nach Berlin abgereis't und wir hoffen, durch eine im Stillen vorbereitete Einrichtung und Anstalt, wenn sie sich in der Folge bewährt, Ew. Durchlaucht gnädigsten Beyfall zu erlangen.
Daß übrigens Fürstl. Commission mancherley bey dem Orchester eingeschlichene Mängel und Fehler recht gut kennen und denenselben abzuhelfen wünscht, ergiebt sich aus einem Aufsatz beyliegender Acten Fol. 19 seq. Es ist zwar diese Verordnung obgleich wohl überlegt, und bedächtig abgefaßt, nicht ausgefertigt worden, sondern ruht nun schon beynahe ein Jahr. Auch bey der neuen Commissarischen Einrichtung hat man diese Gegenstände nicht unbeachtet gelassen und wird gedachtem Aufsatze noch manches in der Folge hinzufügen können, wenn die Plane sowohl das Theater als das Orchester betreffend bey Ew. Durchlaucht eingereicht werden.
Da wir jedoch auf alle Instructionen und Verordnungen weit weniger Zutrauen setzen, als auf die Art, wie die Commissarischen Geschäfte seit dem neuen Jahre verhandelt werden; so ist die Absicht, es von nun an mit dem Concertmeister so wie mit dem jetzigen Regisseur zu halten, als mit welchem er durchaus in Parallel zu setzen ist.
Diese ist nämlich verpflichtet, Donnerstags bey jeder Session zu erscheinen, zu vernehmen, was man von Seiten Fürstlicher Commission anzuordnen habe, und zu referiren, was ihm die Woche über, in seinem Geschäft, Förderliches oder Hinderliches begegnet.
Auf gleiche Weise wird der Concertmeister Destouches künftig angehalten werden, bey jeder Session zu erscheinen, da denn alles, was bey der Capelle nützlich oder förderlich seyn könnte, besprochen, und, damit ihm ja keine Entschuldigung in Ausübung seiner Pflichten übrig bleibe, auch über vorkommende Urlaubsfälle, ob man sie gleich bey Fürstlicher Commission genugsam selbst zu beurtheilen weiß, sein Gutachten vernommen werden kann. Eine Einrichtung, die schon stattgefunden hätte, wenn nicht seine Reise nach Magdeburg und Braunschweig und seine gleich darauf ausgebrochene strafwürdige Unart ein Hinderniß dazwischen gestellt hätte.
Unsere Arbeit ist nun bis zu der achten Session gediehen und die ältern Mitglieder der Commission freuen sich, an einem neuen erst hinzu getretenen, einen Zeugen zu finden, wie schwer die theatralischen Angelegenheiten in eine ordentliche Geschäfts- und Canzleyform einzulenken sind. Doch wird sich in der Continuation alles thun lassen, wenn Ew. Durchlaucht die Gnade haben, diese ganz nach Ihro uns bekannt gewordnen Absichten angelegten Anfängen mit Nachsicht zu betrachten und mit Huld zu behandeln; besonders auch Fürstliche Commission bey ihrer hergebrachten und zu nachdrücklicher Führung eines bedenklichen Geschäfts unerläßlicher Autorität gnädigst zu schützen.
Weimar
Ew. Herzogl. Durchlaucht
am 25. Febr.
unterthänigst treu gehorsamste
1809.
Hof-Theater-CommissionJ.W. v. Goethe. Fr. Kirms.L. Kruse.
20/5695a.
An Franz Kirms
[Weimar, 28. Februar 1809.]
Wegen Je toller je besser bin ich es wohl zufrieden.
Herr Schmidt hat seine Sache gestern recht gut gemacht. Wir wollen uns überhaupt wegen solcher Intermezzo besprechen, wodurch man eine kurze Vorstellung verlängern kann.
Durchlaucht der Herzog äußerten, daß Sie nach Blaubart noch ein kleines Stück wünschten. Vielleicht gäbe man die Kleinigkeiten wieder, die zum zweytenmal noch besser gehen werden.
Wenn Herr Secretär Witzel fortfahren will das ausführliche Repertorium auf Blätter auszuschreiben und zuerst die Stücke vorzunehmen, die noch nicht gegeben sind, sodann die schon gegebenen; so geschähe mit einer besonderer Gefallen. Auch könnten sie mir immer Partieenweise, wie die Blätter fertig sind, zugeschickt werden.
20/5695b.
An Christian Gottlob Voigt
Des Herrn Geheimerath v. Voigt Exellenz hätten ja wohl die Güte die Abgabe vorstehend gebetener vier Klaftern Holz an den Hofrath Meyer bewirken zu lassen.
Weimar den 2. März 1809.
G.
20/5696.
An Johann Jacob von Willemer
[Concept.]
Verzeihen Sie, theurer Freund, daß ich in meinem vorigen Briefe der 1000 Gulden nicht erwähnt habe, welche Sie die Gefälligkeit hatten meiner Frau, bey ihrem Aufenthalt in Frankfurt, vorzuschießen. Ich bekenne mich durch Gegenwärtiges als Selbstschuldner dieser Eintausend Gulden nebst Interessen, und wünsche, daß Sie mir solche creditiren möchten, bis unsere Erbschaftsangelegenheit berichtigt und die Theilung geschehen ist. Welche Art von Beschreibung Sie zu Ihrer Sicherheit verlangen, bin ich erbötig auszustellen. Möchten Sie die Sache mit Herrn Landrath Schlosser besprechen, der unsre Geschäfte gütig besorgt und dem ich über diesen Punct heute ein Wort zuschreibe. Er könnte vielleicht wegen des Termins der Abzahlung etwas näheres bestimmen. Der ich dankbar für diese wie für so viele andre Gefälligkeiten mich Ihrem freundschaftlichen Andenken empfehle.
Weimar den 3. März 1809.
20/5697.
An Aloys Weißenbach
So angenehm es mir ist, mich in der Gegenwart mit Künstlern über ihre Arbeiten zu unterhalten, so unmöglich wird mir dies in die Ferne. Man muß erst über gar manche Maximen einverstanden seyn, ehe man über ein Kunsturtheil wechselseitig klar werden kann. Verzeihen Sie daher, wenn ich auf Ihr Trauerspiel »der Brautkranz« nur so viel erwidere, daß für uns der Dialog zu ausführlich ist, und fast durchaus die Handlung allzusehr retardirt. Wäre das Stück um ein Drittel kürzer, so dürfte es wohl auch auf unserer Bühne versucht werden. Doch eine solche Operation, die nur dem Autor geziemt, würde diesem selbst schwer werden, weil eben der ausführliche gemüthliche Ton durch das ganze Stück geht und ein vorzügliches Verdienst desselben ausmacht. Mehr sage ich nicht, als daß ich bedauere, daß die Entfernung mich hindert, Ew. Wohlgeboren und Ihre theuere Gattin persönlich kennen zu lernen. Das Manuscript folgt hierbey mit Dank zurück.
Weimar, 3. März 1809.
Goethe.
20/5697a.
An Anton Genast
[10. März 1809.]
Ich kommuniziere, werther Herr Genast, ein Billet von Mad. Häsler und kann den Inhalt nicht ganz mißbilligen.
Aber warum quälen wir uns um diese Dinge. Haben wir männliche Statisten, warum sollen wir nicht weibliche haben. Sind ja doch unsre Theater Diener, Meister, Schneider pp. nicht ohne Frau und Kinder. Nehmen Sie doch eine von denen Töchtern, Geben Sie ihr ein Regal und lassen Sie das Kindermädchen machen.
20/5698.
An Carl Ludwig von Knebel
Ich sende dir, mein lieber Freund, Büchelchen und Brief sogleich zurück. Das erste habe ich nur angelesen und dabey genug gehabt. Ich kann nun nach nichts mehr als nach Resultaten fragen und was resultirt aus der ganzen Sache? Daß Götz ein angebornes Talent hatte, das aber durch Zeit und Umstände gehindert sich nicht entwickeln konnte; daß man Ramlern mehr Geschmack und Routine nicht absprechen kann, ob er gleich nicht entschieden wußte was er wollte; daß deine Gutmüthigkeit zwischen Verfasser, Verbesserer und Herausgeber eingeklemmt war; daß nun ein Viertel kommt, der sich für weise und gerechter hält als die Drey. Mehr kann ich mir aus der Sache nicht nehmen. Ich bitte dich inständig, lieber Freund, scheide daraus mir dem wenigsten Aufwand. Ich, nach meiner Art zu seyn, würde gar nicht darauf antworten: denn wenn du dich auch in deiner Relation einigermaßen geirrt hättest, so will das gar nichts heißen. Die Welt hat itzt andre Interesses. Handle jedoch nach deiner Weise. Die Götzischen Pappiere, die noch in meinen Händen sind, erhältst du zugleich.
Die jetzigen Truppenbewegungen bringen uns immer fremde und ungebetne Gäste. Indessen ist bey der Unbequemlichkeit manchmal auch Gewinn; wie ich dir denn zu deinem jungen Corsen gratulire.
Ich bin sehr fleißig an der Geschichte der Farbenlehre und stecke im 17. Jahrhundert, das ich mit Gewalt angreifen muß, wenn es durchkommen will, und es gehört einiger Muth dazu, denn für eine solche Arbeit ist wenig Dank einzuernten.
Lebe recht wohl! Grüße die Deinigen von mir und meinem Hause. Sobald die Vegetation mehr vorrückt und wir milderes Wetter zu hoffen haben, hoffe ich euch zu besuchen und mich herzlich für Gegenwart und Umgebung zu freuen.
Weimar den 18. März 1809.
G.
20/5699.
An Franz Kirms
Auf Serenissimi gnädigste Veranlassung wird der Tod Jesu d. 31. März im Theater Saale gegeben.
Die Entree wird bezahlt, das Eingekommene zum Besten der Kapelle verwendet.
Ew. Wohlgeb. besorgen wohl beyliegendes ins Wochenblatt und was sonst noch nötig seyn möchte.
d. 24. März 1809.
G.
20/5700.
An Christian Gottlob Voigt
Wege der Vogtischen Instrumente ist eine Erklärung vom Hofrath Vogt und ein Gutachten von Major Hendrich eingegangen. Von mir erfolgt nächstens ein Aufsatz über die Sache nebst beygelegten Papieren.
Mich bestens empfehlend
Weimar den 30. März 1809.
G.
20/5701.
An Heinrich Carl Abraham Eichstädt
Ew. Wohlgeboren
erhalten hiebey ein paar Recensionen, welche den fortgesetzten Bemühungen der Münchner in Absicht auf den Steindruck volle Gerechtigkeit widerfahren lassen. Ich wünsche nur, daß Sie jenen Leuten, die gegenwärtig bedrängt genug sind, zur solchen Stunde anlangen mögen.
Schon mehrere Wochen hoffe ich Ew. Wohlgeboren in Jena zu besuchen, es will mir aber noch nicht gelingen. Wir bedauern, daß Sie durch die neuen Kriegsbewegungen abermals gelitten haben.
Verzeihen Sie, daß ich ein kleines Zettelchen des Hofrath Meyer beylege, der mich an die Programme erinnert, die freylich in der letzten Zeit fast ganz seine Arbeit sind.
Sollten Ew. Wohlgeboren nach Weimar kommen, so gehen Sie uns nicht vorbey.
Der ich mich bestens empfehle und recht wohl zu leben wünsche.
Weimar den 30. März 1809.
Goethe.
20/5702.
An August von Goethe
Du erhältst mit gegenwärtigem, mein lieber August, durch Frau Stock vier und dreyßig Gulden. Dasjenige was an denen dir zugesagt fünf und zwanzig Thalern fehlt, soll nachkommen. Wenn du das Geld empfangen hast, so schreibe mir gleich und laß mich wissen, wie es mit deinen Studien geht und was du auf den Sommer zu treiben vorhast. Wir befinden uns nach unserer Art ganz wohl. Ich bin dieses Jahr von Weimar noch nicht weggekommen. Dafür sieht es aber in unserm Hausgarten recht sauber aus. Hab' ich dir schon geschrieben, daß der große Sturm am 30. Januar den großen Wacholderbaum im untern Garten umgeworfen hat? Ich habe ihn zeichnen und messen lassen. Er war 43 Fuß hoch. Der Hauptstamm, 12 Fuß von der Erde, war inwendig vertrocknet und morsch ja wurmstichig, die Äste aber gesund. Diese letztern habe ich aufheben lassen. Daraus kannst du dir einmal einige Tischarbeiten bestellen. Blumenbach will ich eine Dose aus dem Gipfel drehen lassen. Lebe nun wohl und grüße deine Gönner und Freunde zum schönsten.
Weimar den 31. März 1809.
G.
20/5703.
An Charlotte von Schiller
Morgen zu Mittag werden Herr und Frau von Reck bey uns ein freundschaftliches Mahl einnehmen. Es wäre sehr schön, theure Freundinn, wenn Sie auch von der Gesellschaft seyn wollten. Ich bitte um ein Wort Antwort.
Montag den 3. April 1809.
G.
20/5704.
An Heinrich August Ottokar Reichard
Wohlgeborner
Insonders hochgeehrtester Herr Kriegsrath.
Ew. Wohlgeboren erhalten die mir anvertrauten Bücher mit vielem Dank zurück, wobey ich um Verzeihung bitte, daß ich sie nicht früher abgesendet. Könnten Sie mir nachstehenden Werken, welche leider auf unserer Bibliothek fehlen, für kurze Zeit aushelfen, so geschähe mir eine besondere Gefälligkeit:
Joan Keppleri Somnium seu Opus posthumum de Astronomia lunari.Francof. 1634. in 4°.
Epistola ad Joannem Kepplerum etc.Lipsiae 1718. in fol.
Wären diese Bücher nicht unter denen, welche Ew. Wohlgeboren in Beschluß haben, so finden sie sich vielleicht in der Hauptbibliothek und Herr Professor Ukert hätte wohl die Güthe sie mir zu übersenden.
Mit unserer Badereise sieht es dies Jahr bedenklich aus. Ich läugne nicht, das es mir große Aufopferung ist, wenn ich dem Carlsbader Aufenthalt entsagen soll. Mit den besten Grüßen an die lieben Ihrigen empfehle ich mich zum allerschönsten.
Ew. Wohlgeboren
Weimar
gehorsamster Diener
den 5. April 1809.
Goethe.
20/5705.
An Friedrich Immanuel Niethammer
Wohlgeborner
Insonders hochgeehrtester Herr,
Ich verfehle nicht, Ew. Wohlgebornen sogleich Anzeige zu thun daß der Brief an Herrn Geheimrath Wolf gestern bey mir angelangt und sogleich weiter befördert worden. Sollte er indessen eintreffen, so werde ich das mir aufgetragene wörtlich ausrichten. Zugleich muß ich freylich bitten, daß Sie mir mein bisheriges Stillschweigen verzeihen: denn der Brief, in dem Sie mich an eine mir selbst so sehr am Herzen liegende Angelegenheit erinnern, ist zur rechten Zeit angekommen und ich habe bisher gezaudert darauf zu antworten.
Denn welch eine Litaney von Klagen über innere und äußere Hindernisse müßten Sie hören, wenn ich auseinandersetzen sollte was mir eigentlich im Wege gestanden, daß ich in dieser Sache noch nichts bestimmtes zu äußern fähig bin! Doch man dar das Geschäft nur in seinem eigenen Umfang und innerlichen Schwierigkeiten betrachten; so findet man schon Stoff genug zu mancherley Bedenklichkeiten. Die Übersicht der deutschen Poesie, deren früheste Anfänge jetzt wieder aufgeregt und ans Licht gebracht werden, durch ihre mittlern Zustände bis auf die neuesten, ist schwer zu fassen und je deutlicher man darüber wird, je unmöglicher scheint es aus so widersprechenden Elementen einen Codex zusammenzubringen, dessen Theile nur einigermaßen neben einander bestehen könnten.
Indessen ist die Sache oft genug, ja ich kann wohl sagen von mir und theilnehmenden Freunden bedacht und überlegt worden; ja ein Anfang ist sogar gemacht manches auszuschreiben und zu rangiren. Was aber für eine curta supellex dabey zur Evidenz kommt, wollen wir lieber verschweigen, wenn man zuletzt sähe, daß man die Arbeit aufgeben müßte. Lassen Sie uns noch einige Zeit im stillen fortarbeiten und bleiben Sie in diesen und andern Fällen unsrer Theilnahme gewiß.
Ew. Wohlgeboren
Weimar den 7. April 1809.
gehorsamster DienerGoethe.
20/5705a.
An Christian Gottlob Voigt
Weimar, 7. April 1809.
Die etwas lebhaften und übertriebenen Forderungen der Herren Voigt und Oken an unsere Bibliothek werden, wenn man sie auch noch so sehr mäßigen sollte, immer sehr unbequem bleiben.
Es ist billig, daß man einem strebenden jungen Manne an die Hand gehe; aber er muß früh oder spät erfahren, daß nicht Alles in der Welt gerade nur um seinetwillen da ist.
Was mir am auffallendsten bei der Sache ist, wie ich gestehen muß, ist, daß die Herren gar nicht bedenken, welch' ein Haus und Zimmer-Raum dazu gehört, um eine Masse solcher Werke, worunter die größten Foliobände oder Blätter sind, auszupacken, aufzubewahren, in der Ordnung zu halten und ohne Schaden zu gebrauchen; was zu gebrauchen; was für Tische, für Gestelle, für Anstalten gehören dazu, wenn nur einigermaßen ordentlich verfahren werden soll.
Da wir aber, wie vorauszusehen ist, die Sache nicht ganz ablehnen können und immer theilweise mehr zugeben müssen, als uns lieb ist, so will ich folgenden Vorschlag thun. Man schaffe die Kupferwerke für diesen Sommer nach Jena, man verwahre sie in einem dazu einzurichtenden Local, man mache durch aufgestellte Tisch und sonst Gelegenheit, die Gegenstände bequem und ohne ihren Schaden zu besehen, man übergebe das Ganze einem Aufseher, mit dem sich die Herren bereden, in dessen Gegenwart sie die Dinge betrachten und studiren können und der auch die jedes mal erforderlichen Blätter in das Collegium schaffen mag. Der Bibliothekar Vulpius kann bei seiner Anwesenheit in Jena jedes mal nachsehen, wie mit den kostbaren Dinge verfahren wird, welches ganz cessirte, wenn man sie massenweis in die Häuser gäbe. Was wollte man machen, wenn sie zu Michael defect, beschmutzt, geknüllt, zerrissen wieder abgeliefert würden.
Mit zwanzig Thalern Miethe salvirte man unschätzbare, ja unersetzliche Werke und gäbe zugleich Gelegenheit, sie für den academischen Unterricht zu nutzen.
20/5706.
An den Herzog Carl August
Nach Ankunft eines Aretinischen Briefes überreiche die wegen des Steindrucks geführten Ackten, so wie dasjenige was Zeither wegen der Voigtischen Instrumente vorgekommen. Mich zu Gnaden und Hulden empfehlend
W. d. 11. Apr. 1809.
Goethe.
[Beilage.]
Durch den vorstehenden von Aretinischen Brief wird die Frage, was gegen des hierher zu verpflanzenden Steindrucks zu bedenken und zu thun seyn möchte, schon zum Theil beantwortet. Mir scheint, daß vor allen Dingen zwey Punkte wohl zu erwägen seyn:
1.) Da, wie man sieht, der Zweck ohne einen bedeutenden Aufwand nicht zu erreichen ist, so kommt es hauptsächlich darauf an, daß man zwey tüchtige und zu dem Geschäft genugsam vorbereitete Personen wählt. Schon mehrere haben sich angeboten und der Zudrang wird noch größer werden, wenn die Sache bekannter wird. Denn wer möchte nicht gern eine solche Reise machen und mehr oder weniger bey dieser Gelegenheit lernen und leisten. Vielleicht wäre es am räthlichsten die Gedanken derer Herren von Wolzogen, von Müssling, Hofrath Meyer, Legationsrath Bertuch zu vernehmen; wodurch man mit dem Verdienst junger Leute von mathematischem, künstlerischem, technischem Talent bekannt würde.
2.) Wie sicherte man sich gegen Personen, denen man ein solches Vertrauen schenkt und auf die man so viel verwendet, daß sie ihre zu erwerbende Geschicklichkeit wirklich zum Nutzen von Weimar, es sey nun bey einem herrschaftlichen oder Privatinstitut verwenden, die ihnen anvertrauten Geheimnisse bewahren und nicht etwa willkührlich, als wenn sie keine Verpflichtungen hätten, den Ort verändern, ohne höhere Erlaubniß und Vergünstigung für eigene Rechnung zu arbeiten anfangen und was dergleichen mehr wäre?
Zur Vorbereitung der Sache würde vor allen Dingen nöthig seyn, auszumitteln, woher die aufzuwendenden Gelder genommen werden sollten, ob, wie es anfänglich schien, Herr Legationsrath Bertuch, welcher am ersten im Falle seyn würde, diese neue Technik zu nutzen, einen Theil dazu herschöffe?
Wie denn nicht weniger gegenwärtig in Betracht kommt, daß wohl ein ruhigerer Zeitpunkt abzuwarten seyn möchte, um eine Absendung solcher Personen nach Bayern zu veranstalten, indem gegenwärtig wohl die Sorge entstehen muß, daß sie sich in Gefahr befänden, jeden Augenblick in das Kriegsgetümmel verwickelt zu werden.
s.m.
Weimar den 11. April 1809.
G.
20/5707.
An Johann Heinrich Meyer
Sie erhalten, theurer Freund, auf Ihr ausdrückliches Verlangen 12 rh. 12 gr. von dem Jenaischen Gelde. Lassen Sie mich aber hiermit erklären daß fürs künftige eine solche Leoninische Theilung nicht mehr statt finden kann. Die Umstände haben sich seit jener Verabredung durchaus geändert und ich hoffe Sie werden sich künftig nicht weigern das Ganze zu empfangen. Wie immer
d. 11. Apr. 1809.
G.
20/5708.
An Carl Friedrich von Reinhard
Die heutig Post will ich nicht abgehen lassen, ohne für Ihren früheren lieben Brief vom 14. September vorigen Jahres zu danken, den mir Herr Sieveking gestern überreicht hat. Ich höre mit Zufriedenheit, daß Sie sich in Cassel befinden und nicht nach Göttingen gekommen sind: denn mein lebhaftester Wunsch war, Sie an dem letzten Orte zu sehen, und seit Ihrem letztern Briefe bin ich mit innern und äußern Umständen soviel zu Rathe gegangen, ob eine Tour dahin für mich möglich seyn könnte, daß ich bis jetzt nicht geantwortet habe. Was hätte mir erfreulicher begegnen können, als Sie, die lieben Ihrigen, unsern Müller und so manchen alten Freund und Wissenschafts Verwandten an dem merkwürdigen Orte zu treffen, der auch jetzt noch so vieles verwahrt und erhält.
Das waren alles aber nur fromme Wünsche, wie man beynahe jetzt nichts thun kann, als fromm und unfromm zu wünschen. Indessen habe ich diesen Winter meine Thätigkeit nach innen, so gut es gehen wollte, fortgesetzt. Ich bin nicht aus Weimar, ja kaum aus der Stube gekommen. Vorzüglich habe ich an der Geschichte der Farbenlehre gearbeitet und bin nun bald mit dem siebzehnten Jahrhundert zu Rande.
Der junge Sieveking hat mir recht wohl gefallen. Ich habe mit ihm über manches was ihn zu interessiren schien, gesprochen, freylich nur fragmentarisch und aphoristisch, und da kommt man denn leider in den Fall misverstanden zu werden. Die Lage der Welt ist so wunderlich und der Zustand eines jungen Mannes der gerade in diese Zeit kommt, bedenklich, und kaum läßt sich, bey diesem Hin- und Widerschwancken, selbst bey anhaltendem Umgange, etwas bedeutendes wirken. Während seines Hierseyns gedenk' ich ihn öfter zu sehen. Daß Jemand von den Ihrigen in meiner Nähe ist, soll mir den Verlust ersetzen, daß ich Sie nicht habe erreichen können. Und soviel für dießmal, mit meinen herzlichsten Wünschen und Empfehlungen.
Weimar den 17. April 1809.
Goethe.
20/5709.
An die Hoftheater-Commission
Da ich leider heute gehindert bin, bey der Session zu erscheinen; so will ich, ohne meinen hochgeehrten Herrn Mit Commissarien in Ihren Entschließungen vorzugreifen, über die vorliegenden Nummern, Salvo meliori, mein Gutachten eröffnen.
Nr. 232. Käme ad Acta.
Nr. 233.Wäre eine Verordnung an den Cassierer zu erlassen; die Oelsische Sage von Morgen an, bis auf weiteres inne zu behalten.
Daß dieses geschehen, wäre Oels durch eine Verordnung zu notificiren, und ihm dabey zu bemerken, daß er die Sage nicht eher erhalten würde, als bis er die Rolle zurückgenommen und dieselbe spielen zu wollen erklärt.
Der gute Oels danke doch ja Gott, daß man ihn erträgt, und poche nicht auf ein Talent, daß täglich zurückgeht.
Nr. 234. Ich würde auf nochmaligen unterthänigsten Vortrag stimmen und zwar mit Beylegung des Concepts der eben zu erlassenden Verordnung an Deny, wobey denn doch wohl der Insolenz von Nr. 226 zu gedenken wäre, wo derselbe sich unterfängt Fürstl. Commission einen Termin zu setzen, wann sie ihm Resolution ertheilen solle. Wenn es so fortgeht, werden wir noch angenehme Sachen erleben.
Nr. 235. Herrn Hunnius werden wir nichts tröstliches zu sagen haben; denn bey uns geht das Einstudieren der neuen Stücke freylich nicht so rasch und wir pflegen auch jede Vorstellung eines Schauspielers, daß seine Rolle groß und schwierig sey, mit vieler Nachsicht zu behandeln.
Nr. 236. Wäre wohl abzulehnen.
Nr. 237. Gleichfalls, besonders da man Herrn Philippi sagen kann, daß die Negotiationen mit Herrn Brand nicht hätte können zu Stande kommen.
Die Munda folgen unterzeichnet und die Concepte signirt.
Mich bestens empfehlend
Weimar den 20. April 1809.
G.
20/5709a.
An Carl Ludwig von Knebel?
Soviel auf deine Anfrage und ich dencke genug um dich für den Augenbl. zu beruhigen. Behalte mich lieb. Ich hoffe euch bald zu sehen. d. 26 Apr. 1809.
G.
20/5710.
An Charlotte von Stein
Hierbey, verehrte Freundinn, ein Brief von August, der Sie unterhalten wird. Sie theilen wohl das Blat v. Schiller mit. Morgen will ich einmal wieder versuchen wie es in Jena aussieht. Heute Abend führ ich noch zu guter Letzt meine Geister wieder vor.
d. 28. Apr. 1809.
G.
20/5711.
An Johann Heinrich Meyer
Da ich morgen früh nach Jena gehe, so wollte ich, lieber Freund, vor meinem Abschied noch einiges übersenden und erwähnen.
1.) Folgt hier die Quittung über die letzte Rechnung.
2.) ein Abdruck der Recension von den Münchner Steindrucken. Vielleicht findet sich ein Stündchen Zeit um aus der ersten und zweyten ein Ganzes zu machen, das wir den Unternehmern gelegentlich zusenden können.
3.) Die Zeichnung des alten Wacholderbaums, mit Bitte sie auf ein weißes steifes Papier auftragen zu lassen, damit man dessen Maß und Geschichte dazu schreiben könne.
Der ich recht wohl zu leben wünsche.
Morgen, Sonabend, 8 Uhr werde ich abgehen.
Weimar den 28. April 1809.
G.
20/5712.
An Friedrich Ludwig Zacharias Werner
Sie erhalten, lieber Werner, hiebey das Original vom 24. Februar; eine Copie so wie die ausgeschriebenen Rollen bleiben in meinen Händen. Wir dürfen uns nicht leugnen, daß die Aufführung des Stücks einige Gefahr hat. Deswegen lassen Sie mich damit so lange zaudern, bis ich mit Muth und Überzeugung daran gehen kann, und glauben Sie daß Sie, daß ich auch hierbey Ihr Bestes im Sinne habe.
Weimar den 28. April 1809.
Goethe.
20/5713.
An die Hoftheater-Commission
Serenissimus haben gegen mich den Wunsch geäußert, den Schauspieler Schwarz in Lorenz Stark zu sehen und zwar auf eine Weise, die ich nicht abzulehnen wüßte. Fürstl. Commision wird daher die Gefälligkeit haben, das Nöthige deshalb zu besorgen. Sodann habe ich überlegt, daß die Unverheirathete recht gut mit dem Hamlet zugleich ausgetheilt werden kann, indem mehrere Personen in dem letztern Stück schwache, in dem erstern starke Rollen haben; deshalb das Einstudieren neben einander hergehen kann. Ich könnte vor meiner Abreise noch die Austheilung unterschreiben.
Weimar den 28.April 1809.
Goethe.
20/5714.
An Christiane von Goethe
Ich muß dir, mein liebes Kind, nur selbst Nachricht geben, daß mir meine Fahrt nicht sonderlich bekomme ist, damit du es nicht etwa von andern erfährst und dir die Sache schlimmer vorstellst. Schon vier Wochen, wie leicht zu bemerken war, befinde ich mich nicht sonderlich wohl, und in den letzten Tagen habe ich mich mehr als billig angegriffen. Ich dachte hier zu mehr Gemüths- und körperlicher Ruhe zu kommen, mich zu pflegen und mit Starke zu unterhandeln. Leider griff mich das Übel schon den ersten Abend an, das ich unterwegs beym Fahren schon empfand. Leider war Starke der Onkel und auch der Neffe nicht hier; doch sah ich mich für die Nacht vor mit allerley Salben und Balsamen und bin noch so ganz erträglich durchgekommen. Ich bin auch heute schon wieder auf und will mich diät und ruhig halten. Mache dir also keine Sorge und komme nicht etwa herüber, denn ich wüßte nicht wo ich dich unterbingen sollte. Major von Hendrich und von Knebel sind mir zur freundlichen Gesellschaft. Mit den dienstägigen Boten erfährst du wie es mir weiter gegangen ist. Ich hoffe, es soll nichts zu sagen haben, weil ich nun aufmerksam bin. Hätte ich früher dazu gethan, so hätte ich diesen Anfall wohl auch übergehen können. Nun wollen wir desto sorgfältiger seyn, und meine hiesige Stille wird alles wieder ins Gleiche bringen. Lebe recht wohl und dictire unserer schönen Freundinn ein weitläufigeres Blättchen als du selbst zu schreiben pflegst. Ich höre du hast Nachrichten von August. Theile sie mir mit. Hiebey folgt auch sein Brief den ich unter meinen Papieren gefunden habe. Er wird dir gewiß viel Freude machen. Lebe wohl und mache deine Einrichtung und gedenke mein.
Jena den 30. April 1809.
G.
20/5715.
An Christiane von Goethe
Mit den heutigen Boten kann ich dir, mein liebes Kind, versichern, daß es mir verhältnißmäßig ganz leidlich geht. Ich bin schon wieder spazieren gegangen und befinde mich auf dem Cabinet, wo man einheizen kann, gar vergnüglich. Major von Knebel und Hendrich sind den ganzen Tag wechselsweise in meiner Nähe. Die gegenwärtigen Zeitläufte geben viel zu sprechen, und wenn ich auch nicht viel zu sagen habe, so habe ich doch viel zu hören. In meinen Geschäften und Arbeiten hole ich das Versäumte nach und will mich einrichten eine Zeitlang hier zu bleiben, weil ich, ohngeachtet mancher Unbequemlichkeit, doch hier eine Gemüthsruhe habe, zu der ich in Weimar nicht kommen kann. Ich bin noch nirgends hingekommen. Die gute Knebel hat ihr Zahneinsetzen zu lustig genommen, weil es immer eine Art von Wunde oder Inoculation ist, wie man will. Sie hat einen Fluß bekommen in das Gesicht, an den ganzen Kopf, woran sie viel gelitten hat.
Die Freundinnen aus der Nachbarschaft haben mir indessen sehr köstlichen Spargel und gute Prunellen zugesendet, und ich hoffe, es soll von nun an recht gut gehen. Herr Geh. Hofrath Starke besucht mich täglich und nimmt sich meiner mit vieler Sorgfalt an.
Ich schicke dir einen Kasten mit schönen Äpfeln. Die oben aufgebundenen Pflanzen laß in den Rabatten vertheilen und an Stäbchen anbinden. Sonst wüßte ich nichts zu sagen, als daß ich dir wohl zu leben wünsche und wünsche, etwas ausführliches von dir zu hören. Von den Äpfeln wirst du mit meinen schönsten Grüßen etwas in der Nachbarschaft abgeben.
Jena den 2. May 1809.
G.
20/5716.
An Christiane von Goethe
Da ein Expresser nach Weimar geht, so will ich dir mit wenigen Worten sagen, daß ich mich ganz hübsch befinde. Da das Übel einmal seyn sollte, so ist es mir sehr tröstlich, den geheimen Hofrath Starke in der Nähe zu haben, welcher mir große Sorgfalt beweist. Der Hauptfehler war, daß ich in den letzten vier Wochen, da ich das Übel kommen sah, nicht öfters kleine Dosen Carlsbader Salz oder dergleichen genommen habe. Man macht sich freylich, insofern es nur einigermaßen möglich, bald von aller Arzney los.
Die Äpfel die ich dir geschickt habe, werden dir Vergnügen gemacht haben. Heute Abend hoffe ich von dir zu hören. Lebe recht wohl und gedenke mein.
Jena den 3. May 1809.
G.
20/5717.
An Heinrich Carl Abraham Eichstädt
Von der akademischen Bibliothek wünschte ich zu erhalten:
Kircher, Ars magna lucis et umbrae;
Isaac Voissius de lumine;
Somnium Kepleri, opus posthumum;
Irgend eine Nachricht von dem Leben des Antonius de Dominis;
Ein Verzeichniß, was von Kepplers Schriften auf der Bibliothek sey.