Broken Moment - Nancy Salchow - E-Book
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Nancy Salchow

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Beschreibung

Ein Millionär mit dunklem Geheimnis Ich bin reich, von unzähligen Frauen umschwärmt und so berühmt, dass ich nicht unerkannt durch die Straßen gehen kann. Doch meine Schauspielkarriere kann mich nicht vor den Schatten meiner Vergangenheit schützen, die mir dicht auf den Fersen sind und zur ernsten Gefahr werden. Ein kleines abgelegenes Ostsee-Hotel scheint der ideale Ort zu sein, um unterzutauchen. Womit ich nicht gerechnet habe, ist diese Wahnsinns-Frau, die das Hotel leitet. Denn mich in Lorena zu verlieben, ist so ziemlich das Dümmste, was mir in meiner Lage passieren kann. Und auch das Gefährlichste.

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Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Epilog

Danksagung

Impressum

Über das Buch

Dieser eine Moment in deiner Vergangenheit, der dich für immer verfolgen wird …

Er ist reich, berühmt und wird von unzähligen Frauen umschwärmt – doch abseits des Rummels trägt der Schauspieler Davin Bender ein dunkles Geheimnis mit sich herum, das ihm selbst während eines Kurztrips an die Ostsee das Leben schwermacht und dafür sorgt, dass er von einem Tag auf den anderen untertauchen muss.

Dass er dabei ausgerechnet im Strand-Hotel der hübschen Lorena landet, muss so etwas wie Schicksal sein, denn schon vom ersten Augenblick an übt diese Frau eine ganz besondere Faszination auf ihn aus.

Der Zeitpunkt, sich zu verlieben, könnte nicht ungünstiger sein, doch die Anziehung, die Lorena auf ihn ausübt, ist so stark, dass es immer schwieriger wird, sich selbst – und bald auch Lorena – vor den Schatten zu schützen, die ihm dicht auf den Fersen sind.

In sich abgeschlossener Einzelband. Keine Serie. Keine Cliffhanger.

Dieser Roman enthält eindeutige und leidenschaftliche Szenen.

Prolog

Sie liegt nur wenige Zentimeter neben mir. So nah, dass ich ihren Atem hören kann und nur die Hand auszustrecken bräuchte, um die samtweiche Haut ihrer nackten Schulter zu berühren.

Und doch liege ich einfach nur da und schaue sie schweigend an, sorgsam darauf bedacht, mit keinem Geräusch die Stille zu stören.

Der Ansatz ihres wohlgeformten Oberkörpers ist mit einer schneeweißen Bettdecke verhüllt und doch genügt ihr Anblick, um meine Sehnsucht erneut zu entfachen.

Sie ist so nah und doch scheint allein der Gedanke an meine Vergangenheit sie so weit weg von mir wie nur irgend möglich zu treiben, ohne dass sie selbst etwas davon ahnt.

Ich werde es ihr sagen müssen.

Ja, das werde ich.

Welche andere Wahl habe ich, wenn ich dieses Wunder nicht gefährden will? Gleichzeitig ahne ich aber auch, dass die Wahrheit eben genau dieses Wunder wieder zerstören wird.

Einfach jedes verdammte Szenario, das ich mir ausmale, fühlt sich falsch an.

Aber was, wenn meine Vergangenheit auch sie einholen wird? Was, wenn sie in Gefahr ist? Was, wenn …

Im schummrigen Mondlicht, das sich durch die Gardinen des Zimmers stiehlt, bewegt sie sich plötzlich. Ganz langsam und kaum merklich, doch ich kann sehen, wie sie allmählich zu sich kommt.

Als sie die Augen öffnet, fällt ihr Blick sofort auf mich. Mit einem Lächeln, das meinen Puls zum Rasen bringt, mustert sie mich aufmerksam.

»Ich hatte gehofft, dass du noch da bist«, flüstert sie.

Kapitel 1

Davin

»Uuuuund CUT!«

»Das wär’s für heute.«

»Eine denkwürdige letzte Szene.«

»Der Film ist endlich im Kasten.«

»Ihr wart großartig!«

»Du bist der Beste, Davin.«

Die Worte der Crew schweben noch immer wie ein unwirkliches Echo in der Luft, während ich meine Garderobe verlasse, die Tür hinter mir zuwerfe und meine Lederjacke überwerfe.

Nicht zu fassen, dass dies wirklich der letzte Drehtag war.

Das letzte Mal, dass ich in die Rolle des Leon Kaplan geschlüpft bin. Das letzte Mal für eine hoffentlich lange Zeit, dass mir schon am frühen Morgen, praktisch noch vor dem Wachwerden, schminkende Frauenhände im Gesicht herumfummeln.

»Dieser Film wird ein absoluter Erfolg!«

»Die Kinosäle werden vor Begeisterung beben.«

»Mit dir als Aushängeschild hat der Film noch bessere Chancen, Davin.«

Auch diese Aussagen hängen noch immer nach, und fast bin ich geneigt, sie zu glauben. Immerhin ist allein die Darstellerliste des Projekts absolut hochkarätig.

Doch alles, woran ich an diesem frühen Sommerabend denken kann, ist mein Kurztrip an die Ostsee, der nach drei Monaten Dauer-Drehstress förmlich nach mir zu rufen scheint.

Auf dem Weg durch den langen Flur aus dem Produktionsgebäude heraus, läuft mir auf den letzten Metern Wanda nach.

Eigentlich ist sie die Maskenbildnerin, in Wahrheit aber vor allem die gute Seele am Set, die jeden Tag für gute Laune sorgt und alle Anwesenden immer wieder mit ihren eigenen Smoothie-Kreationen überrascht. Aber auch das gehört nun erst mal der Vergangenheit an.

»Sag mal, wo willst du denn so plötzlich hin?« Sie legt die Hand von hinten auf meine Schulter und bringt mich zum Stehen. »Machst du dich gerade etwa heimlich aus dem Staub? Wir wollten doch alle noch was trinken gehen.«

Mit schuldbewusstem Lächeln drehe ich mich zu ihr um und greife nach ihren Händen. »Ach Wanda«, seufze ich. »Tut mit echt leid, aber ich vertrage Abschiedsszenarien einfach nicht so gut. Jeder, der mich näher kennt, weiß das. Ich mache immer lieber einen schnellen, aber endgültigen Cut.«

»Und das heißt, dass du einfach ohne ein Wort verschwindest?«

Sie hebt entsetzt das Kinn und mustert mich mit wachen Augen. Mit ihren wasserstoffblonden Locken, die ihr bis zu den Schultern reichen und dem extrem kurzen Pony wirkt der Blick aus ihren stahlblauen Augen noch frecher und selbstbewusster – und dass, obwohl sie mit ihren gerade mal dreiundzwanzig Jahren eigentlich eher das Küken der Crew ist.

»Ich hätte mich ja später noch telefonisch bei euch gemeldet«, entschuldige ich mich. »Und mit einem kleinen Abschiedsgeschenk, das ich dann obligatorisch an jedes Crew-Mitglied liefern lasse, hätte ich unsere gemeinsame Zeit auf meine Weise gefeiert.«

»Das ist aber nicht dasselbe wie ein persönlicher Umtrunk nach der letzten Klappe.« Sie faltet die Hände ineinander. »Ich dachte, es wäre nur ein Gerücht, dass sich der große Davin Bender am letzten Drehtag immer klammheimlich davonschleicht, ohne sich zu verabschieden.«

»Nicht böse sein.« Ich ziehe sie für eine Umarmung an mich. »Aber so bin ich eben.«

Ich höre sie leise seufzen. Als wir uns wieder voneinander lösen, lächelt sie dann doch. »Na ja, dann kann ich wenigstens von mir behaupten, dich als Einzige nochmal umarmt zu haben, bevor du dich in deinen Ostsee-Urlaub verabschiedet hast.« Sie schaut zu mir auf. »Wann soll’s denn losgehen? Gleich morgen früh?«

»Na ja, von Berlin bis Warnemünde fährt man gar nicht so lange. Der Plan ist eigentlich, dass ich jetzt direkt in mein Hotel am Meer fahre. Der Koffer liegt bereits im Wagen.«

»Im Ernst?« Ihre Augen werden größer. »Na, du scheinst den Urlaub aber sehr dringend zu brauchen.«

»Es ist halt das erste Mal seit Langem, dass ich mir bewusst eine kleine Pause gönne. Die nächsten Projekte sind noch in der Schwebe. Und weißt du was? Ich genieße diese Ungewissheit sogar irgendwie. Das hat ein bisschen was von Freiheit.«

»Na dann«, sie lässt die Arme sinken, »bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als dir eine schöne Zeit zu wünschen, was?«

Wir umarmen uns noch einmal.

»Danke dir.« Ich streichele freundschaftlich mit der Hand über ihren Rücken. »Ich werde deine Smoothies vermissen.«

»Echt?« Sie lacht. »Auch den Spinat-Smoothie?«

»Zwing mich nicht zu lügen.« Ich zwinkere ihr frech zu und lege die Hand auf ihre Schulter. »Sorry, aber ich muss jetzt echt los.«

Sie atmet bedauernd aus. »Na dann. Lass dich nicht aufhalten.«

Ich zwinge mich, so schnell wie möglich weiterzugehen, ohne mich noch einmal zu ihr umzudrehen. So schön auch immer die Arbeit an dem Film war – oder gerade deshalb –, ich bin mehr als bereit für eine neue Phase in meinem Leben.

Als ich die Hintertür des Gebäudes öffne, sehe ich hinter dem Absperrgitter von weitem bereits die gewohnten Fan-Massen.

Als sie mich entdecken, ist der Jubel groß. Unzählige Stimmen rufen meinen Namen. Mehrere Mädels kreischen sogar so laut, dass alles andere übertönt wird.

Seltsamerweise fühle ich mich an diesem Tag jedoch nicht erdrückt oder gar belästigt. Heute lässt mich die Vorfreude auf meinen Urlaub alles viel entspannter sehen als sonst. Und der Gedanke, mich heute etwas ausgiebiger um meine Fans zu kümmern, fühlt sich einfach nur gut an – auch wenn ich Wanda gerade noch gesagt habe, wie eilig ich es habe.

Auf meinem Weg zum angrenzenden Parkhaus mache ich schließlich einen kleinen Schlenker zu den Fans. Die Bodyguards, die mit vor dem Unterleib verschränkten Händen in Reih und Glied vor dem Absperrgitter stehen, regen sich leicht nervös, als ich komme, doch ich deute ihnen mit einer Handbewegung, dass alles okay ist.

Verrückt eigentlich. Als könnte ich abschätzen, ob wirklich alles okay ist. Schließlich weiß man nie, wie die Leute tatsächlich reagieren, wenn ich mich für Selfies und Autogramme zu ihnen stelle.

Während ich näherkomme, zucke ich unweigerlich zusammen, als mir etwas abseits der Massen plötzlich ein Mann auffällt.

Im ersten Moment halte ich es für einen Irrtum, doch beim zweiten Blick in diese beinahe unnatürlich wirkenden hellblauen Augen ist jeder Zweifel ausgeschlossen.

Aus einem Reflex heraus bleibe ich stehen.

Derselbe lange Hals, dasselbe spitz zugehende Kinn. Das honigblonde Haar trägt er mittlerweile länger, in glatten Strähnen fällt es auf seine breiten Schultern.

Er ist es.

Irrtum ausgeschlossen!

Leonard!

Wie lange ist es her? Neun Jahre? Und was zum Teufel macht er hier, nach all den Jahren?

Erst als ich einen besonders hysterischen Fan meinen Namen kreischen höre, realisiere ich, dass ich noch immer wie angewurzelt auf der Stelle stehe.

Wieder schaue ich in seine Richtung, während mich das altvertraute Gefühl von Panik überkommt.

Wenn Leonard hier ist, wer ist dann noch hier? Und wenn er es weiß, wer weiß dann noch davon? War ich zu voreilig in meiner Hoffnung, dass ich die Schatten der Vergangenheit endgültig abgeschüttelt hatte?

Ich spüre, wie mir sämtliche Farbe aus dem Gesicht weicht, doch so oft ich meinen Blick über die Menschenmenge gleiten lasse, ich kann ihn nicht mehr entdecken.

Wo ist er hin?

Daaaaaviiiiin!

Wieder ruft jemand meinen Namen besonders laut, doch ich bin unfähig, darauf zu reagieren. Stattdessen wende ich mich abrupt ab und laufe zurück in Richtung Parkhaus.

Die Rufe nach mir werden lauter, irgendjemand buht auch – doch es ist mir egal. Der Fluchtreflex ist einfach größer, dafür steht einfach zu viel auf dem Spiel.

Kapitel 2

Davin

Fast vier Stunden ist meine einschneidende Begegnung mit Leonard her und doch kann ich noch immer an nichts anderes denken.

Warum war er dort? Was verspricht er sich nach all der Zeit davon, mir aufzulauern?

Während ich mit meinem Rollkoffer im Schlepptau die große gläserne Schiebetür durchquere und auf den breiten Empfangstresen im Foyer zusteuere, wandern meine Gedanken unweigerlich zurück zu dem einen Moment, der mein Leben für immer verändern sollte. Der eine Moment vor neun Jahren, der eigentlich etwas ganz Besonderes hätte werden sollen und stattdessen mit all seinen Möglichkeiten und Chancen wie ein Glashaus zerbrach.

Noch heute schleicht er sich immer wieder als der zerbrochene Moment in mein Bewusstsein. Dieser eine Wendepunkt, der alles für immer verändern sollte. Dieser einschneidende Augenblick, an dem alles anders kam, als es hätte kommen dürfen.

Als ich in das freundliche Gesicht der hübschen Blondine hinter dem Tresen blicke, verblassen die Erinnerungen für einen kurzen Augenblick.

»Guten Abend, Herr Bender.« Sie lächelt stolz. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr wir uns freuen, Sie ausgerechnet in unserem Haus begrüßen zu dürfen.«

»Ich freue mich auch sehr. Es ist eine Ewigkeit her, dass ich an der Ostsee war.« Ich erwidere ihr Lächeln. »Außerdem liebe ich Warnemünde.«

»Das hören wir natürlich ganz besonders gern.« Ihre Wangen röten sich leicht. »Ich habe gelesen, dass Sie mitten in den Dreharbeiten für einen neuen Film stecken? Ein Thriller, wenn ich das richtig verstanden habe.«

Ich nicke. »Nach all den Komödien war es mal an der Zeit für eine etwas ernstere Schiene. Heute war der letzte Drehtag für die Innenszenen.«

»Heute?« Sie faltet die Hände vor der Brust zusammen. »Oh, wie aufregend!« Doch schon wenig später erinnert sie sich daran, dass sie im Dienst ist, tippt etwas in die Tastatur und schaut auf den Bildschirm. »Sie haben übrigens das Zimmer 215.«

»Schön.«

Etwas auf ihrem Monitor lenkt ihre Aufmerksamkeit auf sich.

»Oh«, sagt sie, »ich sehe gerade, es ist eine Nachricht für Sie abgegeben worden.«

»Für mich?« Ich schaue sie an.

Insgeheim frage ich mich, wem ich von meinem Aufenthalt in diesem Hotel erzählt habe. Nur einige wenige aus der Film-Crew wissen davon, aber warum sollten sie mir hier eine Nachricht hinterlassen? Die meisten haben doch meine Nummer.

»Ein gewisser Leonard«, fährt sie fort – und von einem Augenblick auf den nächsten spüre ich, wie mein Herzschlag für einen Moment aussetzt.

»Leonard?«, wiederhole ich mit großen Augen. »Was … was lässt er mir ausrichten?«

Sie schaut erneut auf den Bildschirm. »Dass er gern mit Ihnen reden würde und morgen früh gegen zehn hier im Foyer auf Sie warten wird.«

Allein das Erwähnen seines Namens fühlt sich an wie eine überdimensionale Hand, die meinen Hals zudrückt und jeden weiteren Atemzug verhindert.

Er ist hier.

Leonard ist hier.

Aber woher weiß er, dass ich in Warnemünde bin, noch dazu in genau diesem Hotel?

Mir wird schlecht.

Warum jetzt? Warum nach all den Jahren? Hatte ich die Vergangenheit nicht längst hinter mir gelassen?

»Herr Bender?« Die Empfangsdame neigt den Kopf zur Seite und mustert mich mit irritierter Mimik. »Ist alles okay mit Ihnen?«

Doch ich bin unfähig zu antworten, geschweige denn, etwas zu erklären, das ich selbst nicht verstehe.

Alles, woran ich denken kann, ist, dass ich hier nicht sicher bin. Nicht mehr.

»Herr Bender?«, wiederholt sie, doch anstatt etwas zu entgegnen, schnappe ich mir meinen Koffer und verlasse das Foyer so schnell, wie ich es betreten habe.

Wie auch immer er mich gefunden hat, es wird ihm kein zweites Mal gelingen.

Kapitel 3

Davin

Eine geradezu lähmende Panik hat mich dazu gebracht, in der anbrechenden Nacht mehrmals die Fahrtrichtung zu ändern. Kurzzeitig war ich auf dem Weg zurück nach Berlin, doch schon wenige Abfahrten später habe ich kehrtgemacht, um wieder die Ostsee als Ziel anzupeilen.

Allein der Gedanke, mir von meiner eigenen Vergangenheit den so lange herbeigesehnten Urlaub vermiesen zu lassen, macht mich wütend.

Nein, ich werde das durchziehen! Nach all den stressigen Monaten habe ich mir diese Auszeit verdient, verdammt nochmal! Warnemünde ist schließlich nicht der einzige Ort am Meer. Außerdem gibt es dort eh zu viele Touristen.

Mittlerweile wird es fast schon wieder hell und ich habe noch immer nicht den blassesten Schimmer, wo ich überhaupt hin will. Absolut ziel- und orientierungslos bin ich meinem puren Instinkt gefolgt – manchmal links abgebogen, manchmal rechts. Ebenso gut könnte ich in einem völlig fremden Land unterwegs sein, ohne es zu merken.

Während die Sonne über den weitläufigen Feldern abseits der Landstraße langsam sichtbar wird und alles in einem rostigen Rot erstrahlen lässt, werde ich allmählich ruhiger.

Wo auch immer Leonard inzwischen steckt, hier wird er mich nicht finden.

Als ich das Eingangsschild des beschaulichen Örtchens Rerik passiere, überkommt mich sofort ein Gefühl von Sicherheit. Alles hier wirkt so idyllisch und friedlich. Das Meer ist blass hinter den Häusern zu erkennen und doch scheint dies keine überlaufene Touristen-Metropole zu sein. Der perfekte Rückzugsort.

Doch während ich mehrere Häuser mit auffälligen »Ferienwohnung«-Schildern hinter mir lasse, frage ich mich, wonach genau ich eigentlich suche.

Eine Wohnung bei privaten Vermietern bringt das hohe Risiko mit sich, dass man mich erkennt und meinen Aufenthalt nicht gerade diskret behandelt. Aber ein Hotel ist vielleicht wieder zu groß – immerhin könnten mich dort erst recht andere Gäste erkennen und falls Leonard … Blödsinn! Wo auch immer er ist, HIER ist er nicht. Und mit meiner Cap und der Sonnenbrille wird mich auch niemand der anderen Gäste erkennen, zumal im Sommer nicht wenige Touristen mit Sonnenbrille herumlaufen und ich noch nicht mal auffallen werde.

Mit gerade mal zwanzig km/h durchquere ich die beschauliche Ortschaft und stelle mich langsam darauf ein, auch hier nicht das Passende zu finden, als ich am Ende der Strandpromenade ein kleines, zweistöckiges Gebäude mit der Aufschrift »Bergmann Strandhotel« entdecke.

Die meerblaue Fassade und die schneeweißen Fensterrahmen fügen sich geradezu nahtlos in das makellose Meer-Panorama ein. Die Vorderfront des Hotels, dessen Vorgarten mit mehreren Rosenbüschen und weißen Parkbänken verschönert wurde, zeigt nur wenige Fenster. Ein Indiz dafür, dass es nicht allzu viele Zimmer hat und dennoch nicht zu privat ist.

Mein Bauchgefühl führt mich fast wie von selbst auf den kleinen Asphaltparklatz vor dem Haus. Und noch während ich den Motor abschalte und die Fassade hinaufblicke, überkommt mich die hoffnungsvolle Ahnung, dass ich endlich in Sicherheit bin.

Kapitel 4

Lorena

»Habe ich dir heute eigentlich schon gesagt, wie sehr du nervst, Papa?« Ich stelle meine Kaffeetasse ab und schaue genervt über den Küchentisch zu ihm herüber.

»Nein, heute noch nicht.« Er schaut über den Rand seiner Zeitung zur Uhr über der Küchentür. »Aber es ist ja auch gerade mal acht. Der Tag ist noch lang.«

»Ich habe gesagt, dass ich nur mit dir frühstücke, wenn wir nicht über die Arbeit reden.« Widerwillig beiße ich in mein Marmeladenbrötchen. »Aber du hast mindestens schon fünf Punkte genannt, die dich entweder nichts angehen oder die längst erledigt sind.«

»Oh«, er legt die Zeitung zur Seite, »ich wusste nicht, dass mich mein eigenes Hotel nichts angeht.«

»Du weißt genau, was ich meine, Paps.« Ich rolle mit den Augen. »Ich habe damals die Leitung des Hotels nur unter der Bedingung übernommen, dass ich bei der Geschäftsführung freie Hand habe und du dich lediglich um die Außenanlage kümmerst. Das war der Deal. Immerhin war es dein eigener Wunsch, etwas kürzerzutreten und dich mehr aufs Gärtnern zu konzentrieren, schon vergessen?

---ENDE DER LESEPROBE---