Broken Wildcat: Entfesselt - Dalia Black - E-Book

Broken Wildcat: Entfesselt E-Book

Dalia Black

4,0

Beschreibung

Schreckliche Erlebnisse aus ihrer Vergangenheit zwingen die junge Assistenzärztin Robyn zu einem zurückgezogenen Leben mit ihrer kleinen Tochter in Somerset, bis ihr Leben plötzlich auf den Kopf gestellt wird. Der Anwalt Philipp Bentleys wird von Robyns Vorgesetztem gebeten, wegen sich häufender Fälle von Medikamentendiebstählen im Krankenhaus zu ermitteln. Vom ersten Moment an übt Philipp eine starke Anziehungskraft auf Robyn aus, doch sein Interesse an ihrer Vergangenheit macht ihr Angst. Trotz ihrer Furcht lässt sie sich von Philipp in die Welt der lustvollen Unterwerfung einführen. Immer tiefer lässt Robyn sich in Philipps Arme fallen und fasst Vertrauen zu ihrem dominanten Beschützer. Doch abrupt holt ihre dunkle Vergangenheit sie wieder ein. Robyn wird in einen Strudel bedrohlicher Ereignisse gezogen, bis sie nicht nur im Zentrum der Medikamentendiebstähle steht, sondern auch noch ihr Leben in Gefahr ist …

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 344

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,0 (2 Bewertungen)
1
0
1
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Dalia Black

Broken Wildcat: Entfesselt

Erotischer Roman

© 2020 Plaisir d’Amour Verlag, D-64678

Lindenfels

www.plaisirdamour.de

[email protected]

Covergestaltung: © Mia Schulte

ISBN Taschenbuch: 978-3-86495-433-7

ISBN eBook: 978-3-86495-434-4

Sämtliche Personen in diesem Roman sind frei erfunden. Dieses Buch darf weder auszugsweise noch vollständig per E-Mail, Fotokopie, Fax oder jegliches anderes Kommunikationsmittel ohne die ausdrückliche Genehmigung des Verlages oder der Autorin weitergegeben werden.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Epilog

Autorin

Dieses Buch widme ich meinen Eltern.

Liebe Mami,

lieber Papa,

ich danke euch, dass ihr immer für mich da seid und mich so sehr unterstützt. Ich hätte nie gedacht, dass ich je den Mut haben würde, den Schritt zu gehen, Geschichten zu schreiben und diese zu veröffentlichen.

Danke Mami, dass du meine Bücher vorab liest und mir mit Rat und Meinung zur Seite stehst.

Ganz besonders stolz bin ich auf dich, Papa, dass du meinen Debütroman »Broken Bird - Gefunden« gelesen hast. Dein erstes gelesenes Buch überhaupt. Ich glaube, das kann nicht jeder von sich behaupten, dass die eigenen Eltern die Bücher ihrer Kinder lesen, gerade in diesem Genre. Ich hoffe, ich kann dich auch für meine weiteren Bücher begeistern. :-)

Kapitel 1

Robyn

Hier stand ich nun: vor dem St. Mary´s Hospital in der kleinen Grafschaft Somerset im Südwesten Englands, das den Grundstein unseres neuen Lebens darstellte. Ich hatte mich dazu entschlossen, die Vergangenheit hinter mir zu lassen, um mit meiner vierjährigen Tochter Charline hier neu anzufangen. Ich war achtundzwanzig Jahre alt und hatte vor Kurzem mein Medizinstudium mit Bestnoten abgeschlossen. Es war ein reiner Glücksfall, dass ich sofort nach dem Studium einen Job als Assistenzärztin in diesem Krankenhaus gefunden hatte, denn das war nicht leicht, auch wenn vielerorts Ärztemangel herrschte. Mein neuer Vorgesetzter, Dr. Josh Martens, war von der ersten Minute des Vorstellungsgespräches an so überzeugt von mir und meinen Leistungen gewesen, dass er mir kurz darauf die vakante Stelle auf seiner Station angeboten hatte. Ich konnte Gott nicht genug dafür danken, denn nunmehr hatte ich eine echte Chance, mein altes Leben hinter mir zu lassen. Für Charline hatte ich in einem nahe gelegenen Kindergarten einen freien Platz ergattert. Außerdem wohnten wir nicht allzu weit von meinem Arbeitsplatz entfernt, was alles noch viel einfacher machte. Es war zwar nur ein kleines Apartment, aber es reichte fürs Erste. Ich konnte mir im Moment auch keine größere Wohnung leisten, und die Gefahr, dass mein Stiefbruder Kenny mich hier finden würde, war sehr gering, da es in Somerset keinerlei Verbindungen zu meiner Vergangenheit gab.

Während meiner ersten Woche im neuen Krankenhaus lief zunächst alles wie am Schnürchen. Die Kollegen und das Pflegepersonal hatten mich mit offenen Armen empfangen, und heute begleitete ich Dr. Martens zu einem Patienten, der, so erklärte mir mein Chef, einer seiner besten Freunde war. Ben Marks war angeschossen worden, als er seine Freundin beschützen wollte. Dr. Martens stellte mich Mr. Marks vor und erklärte ihm, dass ich ihn zusätzlich unterstützend betreuen würde.

Nachdem ich zusammen mit meinem Vorgesetzten die Visite hinter mich gebracht und Mittagspause gemacht hatte, huschte ich noch schnell auf die Toilette. Dort fiel mir ein weißer Umschlag auf, der auf dem Boden vor dem Waschbecken lag. Ich hob ihn hoch und sah, dass er an Ben Marks adressiert war. Merkwürdig. Was hatte der Umschlag hier zu suchen? Hatte ihn jemand verloren? Ich legte ihn auf der Ablage des Waschbeckens ab, und nachdem ich fertig war und mir die Hände gewaschen hatte, nahm ich den Brief und begab mich zu dem Patienten, um ihm den Umschlag zu überreichen.

Kurz vor dem Krankenzimmer hielt ich inne und ließ meinen angenehmen Vormittag Revue passieren. Ich kam sehr gut zurecht und die Arbeit machte Spaß, aber wie sagt man? Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben? Alles lief prima, bis zu dem Augenblick, in dem ich IHM begegnete. Nachdem ich an der Zimmertür angeklopft und sie geöffnet hatte, betrat ich das Zimmer und sah geradewegs in die blauen Augen eines wirklich sehr, sehr atemberaubend aussehenden Mannes, der mich mit seinen Blicken förmlich in seinen Bann zog und unverhohlen musterte. Oder sollte ich besser sagen: auszog? Er erhob sich und stand mir genau gegenüber. Er war unverschämt … attraktiv. Um die eins neunzig groß, muskulös, und sein schwarzes Haar, welches er oben etwas länger trug als an den Seiten, schimmerte im fahlen Licht der Deckenbeleuchtung. Seine Gesichtszüge, die durch seine glatt rasierte Haut noch mehr zur Geltung kamen, waren sehr markant. Ich war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, ihn anzuspringen und abzulecken oder rauszuschmeißen. Doch ich versuchte, mich zu beherrschen und die vernünftige zweite Variante zu wählen, denn er belagerte meinen Patienten, obwohl dieser sich schonen musste und noch nicht viel Besuch empfangen durfte.

Eigentlich war ich nicht auf den Mund gefallen, aber der Anblick des Mannes mir gegenüber raubte mir meine sprachlichen Fähigkeiten. Allein seine Anwesenheit in diesem Krankenzimmer ließ es kleiner wirken, als es ohnehin schon war. Ich sammelte mich und konzentrierte mich auf meine Mission: Mr. Perfect und seinen Freund, den ich erst jetzt bemerkte und der meinem Patienten sehr ähnlich sah, aus dem Zimmer zu werfen, damit Mr. Marks sich erholen konnte. Ich vermutete, dass es sich bei dem anderen Mann um seinen Bruder handelte. Er war ebenfalls unglaublich attraktiv, hatte leicht verstrubbelte Haare, einen Drei- bis Fünftagebart und musterte mich ebenso aufmerksam, wie es auch die anderen beiden Männer taten.

»Was machen Sie hier? Mr. Marks braucht Ruhe und muss sich schonen. Ich muss Sie bitten, das Zimmer umgehend zu verlassen.«

Damit stellte ich mich mit in die Hüften gestemmten Händen vor den beiden Besuchern auf und sah sie streng an. Jedenfalls wirkte dieser Blick bei meiner vierjährigen Tochter. Nicht jedoch bei den Männern vor mir. Im Gegenteil. Sie waren ein anderes Kaliber, denn sie strahlten pure Dominanz aus und grinsten mir nur entgegen. Zu allem Übel stand dieser höllisch heiße Mann, den ich im Stillen als Sexgott bezeichnen könnte, mir ja genau gegenüber und baute sich seinerseits mit seiner imposanten Größe vor mir auf.

Seine Stimme hielt er gesenkt und hörte sich schon fast wie ein leises Knurren an.

»Jetzt hören Sie mir mal gut zu, Schätzchen. Vielleicht sollten Sie Ihre Autorität ein wenig hintanstellen. Wir entscheiden, wann und wie wir unseren Bruder und Freund hier besuchen. Da hat so ein kleines braunes Mäuschen wie Sie nicht mitzureden. Haben wir uns verstanden?«

Oh! Mein! Gott! Jetzt kam er mir sogar noch größer vor, als ich gedacht hatte. Ich war mit meinen eins fünfundsiebzig schon nicht klein, trotzdem ging ich ihm nur bis zur Schulter. Bei seinen Worten musste ich mich zusammenreißen, um nicht zusammenzuzucken. Einerseits wollte ich flüchten, andererseits machte dieser ungehobelte Mistkerl mich wütend. Vergessen war meine anfängliche Schwärmerei, denn er benahm sich wie ein Arschloch. Ich hielt meinen Blick weiterhin erhoben.

»Darüber reden wir noch Mr. …?« Nein, ich würde auf keinen Fall klein beigeben.

»Bentleys, Philipp Bentleys.«

Nicht nur optisch war dieser Mann Sex auf zwei Beinen. Nein. Auch seine Stimme ließ einer Frau das Höschen feucht werden. Um genau zu sein: Meins war es bereits. Das musste daran liegen, dass ich schon so lange keinen richtigen Sex mehr gehabt hatte, sondern nur mein kleiner batteriebetriebener Freund Abhilfe schaffte, meine sexuellen Bedürfnisse halbwegs zu befriedigen.

»Ich freue mich schon darauf. Aber ich erwarte stichhaltige Argumentationspunkte.«

Was war das denn für einer? Nicht nur ungehobelt, sondern auch noch unverschämt, sodass ich empört prustete. Er brachte mich so aus dem Konzept, dass mir die Worte fehlten und ich nach Luft schnappte. Ohne dass ein weiteres Wort meine Lippen verließ, machte ich kehrt und rauschte aus dem Zimmer. Ich musste die Begegnung und die Wirkung dieses Mannes auf mich erst einmal verarbeiten, sodass mir keine Erwiderung einfiel.

Den Brief hatte ich vorher unbemerkt auf das Bett geworfen. Ich hatte keine Ahnung, ob er wichtig war, aber das war mir egal. Mr. Marks würde ihn schon finden. Jetzt musste ich mich erst einmal beruhigen und holte mir am Kaffeeautomaten einen Latte. Verflucht! Ich konnte den Kerl nicht ausstehen und stellte mir trotzdem gerade vor, wie er nackt aussah, wie seine starken Hände über jeden einzelnen Zentimeter meiner Haut fahren würden und … Stopp! Schluss jetzt! Was war nur los mit mir? Vermutlich war ich wirklich schon zu lange auf Sexentzug.

Über mich selbst den Kopf schüttelnd, machte ich mich auf den Weg ins Stationszimmer, wo ich mir die nächsten Patientenakten ansehen wollte, um mich auf den restlichen Tag vorzubereiten. Auf dem Flur dorthin kamen mir jedoch dieser arrogante Mistkerl, sein Freund, der im Zimmer keinen Ton gesagt hatte, und mein Patient entgegen. Das darf doch nicht wahr sein! Wütend stapfte ich auf die drei zu, um sie aufzuhalten, doch ich konnte nicht so schnell reagieren, wie dieses Arschloch mich am Oberarm packte und in einen leeren Gang zog. Er drückte mich an die Wand und stützte seine Hände links und rechts neben meinem Kopf ab. Dann näherte er sich mir, bis unsere Gesichter nur noch ein paar Millimeter voneinander getrennt waren, sodass sich unsere Lippen fast berührten. Wollte er mich etwa küssen?

»Ich habe jetzt leider nicht viel Zeit, Mäuschen. Aber ich verspreche dir, ich werde mir diese bald nehmen und mich ausgiebig um dich und deine Bedürfnisse kümmern.«

WAAAAAS???

»Spinnen Sie? Was fällt Ihnen ein? Sie …«

Er legte mir einen Finger auf den Mund.

»Schhh. Ich weiß genau, was du willst. Ich kann es in deinen Augen sehen. Du willst mal wieder richtig gevögelt werden. Hast mich dir vorhin schon nackt vorgestellt, stimmt’s? Aber das musst du dir erst verdienen.«

»Nein, Mr. Bentleys, Sie … Sie arrogantes Arschloch. Ich weiß nicht, wovon Sie reden, und jetzt lassen Sie mich in Ruhe!«

Ich versuchte, ihn fortzudrücken, stemmte meine Hände gegen seinen steinharten Brustkorb, den ich unter dem Hemd, das er trug, nur erahnen konnte, doch dies bewirkte lediglich, dass er noch näherkam. Plötzlich lagen seine Lippen auf meinen. Nur ganz sachte, trotzdem löste dieser Moment ein Kribbeln in mir aus und meine Mitte fing an, zu pulsieren. Er hatte mich derart überrumpelt, dass ich mich nicht rühren konnte.

Langsam löste er sich wieder von mir und entfernte sich ein paar Schritte.

»Ich bin ein Mann, der weiß, was er will«, er machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr, »und der bekommt, was er will. Immer! Wir sehen uns, Schätzchen. Versprochen!«

Er besaß doch tatsächlich die Frechheit und zwinkerte mir zu, um dann genauso schnell zu verschwinden, wie er mich eben gepackt und in diesen Flur gezogen hatte. Dann war ich allein. Allein mit meinen noch immer kreisenden Gedanken und weichen Knien. Ich war geschockt über das soeben Geschehene. Hatte er mich wirklich gerade geküsst? Seine Lippen hatten sich fordernd, aber auch sinnlich und zärtlich angefühlt, sodass mein Verlangen nach mehr geweckt worden war. Was machte dieser Mann mit mir? Warum besaß er so viel Macht über meinen Körper? Ich spürte meine Mitte weiter kribbeln, doch das durfte ich nicht zulassen. Nie wieder. Dafür war mein Leben zu verkorkst. Außerdem musste ich meine Kleine vor der Wahrheit beschützen.

Kapitel 2

Philipp

Seit Wochen ging mir diese Frau in Weiß nicht mehr aus dem Kopf. Leider war jedoch bisher der falsche Zeitpunkt gewesen, um mich näher mit ihr zu beschäftigen. Ben Marks, einer meiner besten Freunde, war aufgrund einer Schussverletzung im Krankenhaus gewesen, als seine Lebensgefährtin Liv sich auf die Flucht vor ihrem Ex-Mann gemacht hatte. Liv hatte einen Abschiedsbrief hinterlassen, den Dr. Thompson vermutlich gefunden und unbemerkt auf Bens Bett fallen gelassen hatte. Als wir ihn fanden, ließ Ben sich nicht mehr aufhalten und verließ kurzerhand mit uns das Krankenhaus.

Und seit diesem Zeitpunkt schwirrten meine Gedanken immer wieder zu ihr: Dr. Robyn Thompson, die kurvige, dunkelhaarige Schönheit in einem Arztkittel. Noch nie war mir jemand so unter die Haut gegangen. Es hatte mich wie ein Schlag getroffen, als ich das Vergnügen gehabt hatte, in die strahlendsten grünen Augen zu sehen, die ich jemals erblickt hatte. Sie erinnerten mich an einen tiefen Bergsee mit einer satten, grünblau schimmernden Oberfläche. Ich konnte mich noch zu gut daran erinnern, wie ihre Iriden mich gefährlich angeblitzt hatten. Zu gern wäre ich mit meinen Fingern durch ihre kastanienbraunen, lockigen Haare gestrichen, die sie zu einem strengen Zopf zusammengebunden hatte. Ob sie so weich waren, wie sie aussahen? Hohe Wangenknochen betonten ihre zarten Gesichtszüge. Ich war von dieser weiblichen Zartheit von der ersten Sekunde an fasziniert. Doch das gefährliche Glitzern ihrer Augen hatte mir verraten, dass unter dieser Zartheit ein Vulkan loderte. Dies weckte meine Sehnsucht, sie zu unterwerfen, nur noch mehr, denn ich liebte Herausforderungen wie sie. Ich freute mich darauf, sie zu bändigen, ihren heißen kurvigen Arsch zum Glühen zu bringen, denn wenn ich mich nicht täuschte und ihr etwas zurückhaltendes Verhalten richtig deutete, dann hatte sie eine devote Neigung. Ich war ein Dom, genauso wie meine Freunde, mit denen ich unter einem Dach lebte und arbeitete, und ich war ziemlich gut darin, das Verhalten anderer zu lesen.

Zusammen mit Ben Marks, einem meiner besten Freunde, führte ich in der kleinen Grafschaft Somerset eine Anwaltskanzlei. Sein älterer Bruder David betrieb mit zwei weiteren Freunden, Finn Masterson und Ian McAdams, eine Detektei, und das alles befand sich unter einem Dach. Es war überaus praktisch und perfekt. Wir alle waren ein eingespieltes Team und unterstützten uns bei vielen Fällen.

Aber nicht nur die Arbeit hielt uns zusammen, sondern auch unsere gemeinsamen sexuellen Vorlieben. Wir praktizierten BDSM, liebten es, willige Frauen zu unterwerfen, sie an ihre Grenzen zu bringen. Schon früh war mir bewusst geworden, dass ich eine dominante Ader in mir trug, und mit den Jahren konnte ich mein Wissen über BDSM weiter vertiefen. Allerdings war ich mir nicht sicher, ob die kleine Ärztin schon einmal mit der Welt aus Dominanz und Unterwerfung in Berührung gekommen war und Erfahrung in diesem Bereich hatte. Jedoch hatte ich von Anfang an die Vermutung, dass sie devot veranlagt war. Auch wenn sie in der Klinik vielleicht die toughe und strenge Ärztin mimte, war es mir gelungen, einen kurzen Blick in ihre Seele zu erhaschen, denn für einen winzig kleinen Moment erkannte ich Sehnsucht darin. Ihren feurigen Blick, den sie mir im Krankenhaus in dem leeren Flur zugeworfen hatte, hatte sich wortwörtlich in mein Gedächtnis gebrannt. Zornig hatte sie mich angefunkelt, und wenn Blicke töten könnten, hätte ich vermutlich schon nach kürzester Zeit auf dem Boden gelegen. Doch was sie konnte, konnte ich schon lang. Sie war heiß. Und ich würde sie mir nehmen, bald. Ich brauchte nur noch die richtige Taktik, um meine Beute zu erlegen.

Wir saßen in der Küche, frühstückten, und ich war so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wie die anderen mich anstarrten. »Was?«

»Wie, was? Wer ist denn gerade mit seinem Kopf in einer anderen Welt und hört uns nicht zu?« Ben sah mich vielsagend an.

»Sorry, war abgelenkt.«

»Ach, was du nicht sagst.« Ian grinste mich an. »Und was hat dich so abgelenkt? Etwa immer noch diese kleine Brünette?«

Liv bediente sich gerade an der Obstschale. »Jetzt lasst ihn doch mal in Ruhe, Jungs. Ihr seht doch, dass er nicht bei der Sache ist.« Liv, die Lebensgefährtin von Ben, sah mich liebevoll an. »Wir können ein andermal darüber sprechen.« Sie winkte ab und stellte die Schüssel mit dem Obst zurück an ihren Platz. Ich konnte ihr ansehen, dass ihr etwas auf dem Herzen lag.

»Raus mit der Sprache. Ich bin ganz Ohr. Tut mir leid, dass ich nicht zugehört habe.« Ich saß Liv gegenüber und streckte meine Hand nach ihrer aus, um ihr zu zeigen, dass ich für sie da war.

»Also, ich … ich habe mir überlegt, eine Stiftung für misshandelte Frauen zu gründen, und hoffte, dass du mir dabei helfen könntest.«

Erstaunt sah ich sie an. »Das ist eine großartige Idee. Natürlich helfe ich dir, sehr gerne sogar. Hast du schon genaue Pläne? Vorstellungen?«, fragte ich sie. Ich war bereits öfter für Klienten tätig gewesen, um sie bei der Organisation solcher Stiftungen zu unterstützen. Deswegen wunderte es mich nicht, dass Liv mich um Hilfe bat und nicht Ben, denn das war nicht sein Fachgebiet.

»Um ehrlich zu sein, nein. Aber Ben sagte mir, dass du so was schon öfter gemacht hast. Ich würde mir wünschen, ein … ein Frauenhaus, einen Zufluchtsort oder Ähnliches für misshandelte Frauen zu errichten, wo ihnen geholfen werden kann.«

»Das sollten wir hinbekommen. Wir könnten versuchen, Sponsoren zu finden, etwa durch eine Wohltätigkeitsgala. Ben und ich könnten ein paar Klienten ansprechen, und sie um Unterstützung bitten.« Ich sah Ben an, der mir zuversichtlich zulächelte.

»Ja, das wäre kein Problem. Mir fällt da schon der ein oder andere ein, der infrage kommen würde.« Mein Freund beugte sich zu Liv und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. »Wir bekommen das hin, Vögelchen.«

Ihr Lächeln war bezaubernd und strahlte so viel Freude aus, dass sie uns alle mitnahm. Wir aßen eine Weile stillschweigend weiter.

»Was habt ihr heute geplant?« Finn unterbrach die Stille.

»Nun, Josh hat uns gebeten, ihm zu helfen. Er hat festgestellt, dass im Krankenhaus seit einiger Zeit Medikamente abhandenkommen, und möchte, dass wir ermitteln. Also will ich zu ihm fahren, um mich mit ihm zu besprechen«, erwiderte ich und trank einen Schluck von meinem Kaffee, der vor mir auf dem Tisch stand.

Josh Martens war einer unserer ältesten Freunde und leitete das örtliche Krankenhaus. Seit Jahren unterstützten wir ihn, wenn er rechtliche Hilfe benötigte. Vor ein paar Tagen hatte er mich kontaktiert und uns gebeten, in diesem Fall zu ermitteln.

»Okay, ich werde dich begleiten«, erklärte mir Finn.

Ben wandte sich an Liv. »Und wir zwei werden gleich erst einmal unter vier Augen reden, Vögelchen. Was sollte das gerade?«

»Was … was meinst du?«, fragte sie Ben unschuldig mit gesenkten Lidern.

Ich hatte bemerkt, dass Bens Hand wie beiläufig ihr Bein entlanggewandert war, und so, wie ich Liv kannte, war ihr diese öffentliche Liebkosung unangenehm gewesen, denn sie hatte ihre Schenkel zusammengepresst. An die Offenheit von uns musste sie sich erst noch gewöhnen.

»Du weißt ganz genau, was ich meine. Aber ich erkläre es dir gerne, damit die anderen es auch wissen.«

Liv rutschte nervös auf dem Stuhl herum und wollte etwas sagen, doch Ben schnitt ihr das Wort ab. »Was habe ich dir gesagt? Darfst du dich vor mir verschließen?« Er benutzte seine beste Masterstimme, und ich wusste genau, wie sehr sie Frauen erregte. Liv bildete da keine Ausnahme.

Kleinlaut sah sie ihm unter ihren dichten Wimpern entgegen. »Nein, Sir.« Liv erkannte offenbar an Bens Stimme, dass er keinen Widerspruch duldete, und ich wusste, dass sie dieses Spiel genoss.

»Gut, dann spreiz die Beine wieder. Über deinen Ungehorsam sprechen wir später weiter.«

Bens Vögelchen lief rot an, doch da ich ihr genau gegenübersaß, erkannte ich, dass sie seinem Befehl nachkam. Sie wusste, dass ihr Freund nie etwas tun würde, was sie nicht wirklich wollte, und dass sie dieses Spiel mit seiner Dominanz genoss. Wir wussten alle, dass sie Ben vertraute und die Dinge liebte, die er mit ihr anstellte.

Er tat ihr gut, und ich wünschte mir immer mehr das, was die beiden hatten. Meine letzte Beziehung lag nun über ein Jahr zurück. Ich hatte Jessica im Gericht kennengelernt, denn sie war ebenfalls Anwältin und hatte in einem Fall die Gegenseite vertreten. Nachdem der Prozess vorüber war, hatten wir angefangen, miteinander auszugehen. Unsere Beziehung hielt jedoch lediglich ein paar Monate, da sie nicht mit meinen Vorlieben klarkam. Die Jungs und ich besaßen ein eigenes Spielzimmer, doch als ich Jessica das erste Mal dorthin entführt hatte, war sie vor Schreck geflüchtet. Nachdem wir uns dann nach und nach wieder angenähert hatten und ich ihr alles noch mal in Ruhe erklärt hatte, wollte sie es erneut versuchen. Doch letztendlich hatte es immer einen unüberwindbaren Graben zwischen uns gegeben, weil sie nicht mit meiner Dominanz zurechtkam.

Den Wunsch, endlich meinen passenden Deckel zu finden, legte ich allerdings nicht ab. Vor allem, da ich jetzt mit ansehen durfte, was für ein Glück Ben und Liv gemeinsam hatten. Ich war ein Beziehungsmensch, aber bisher hatte ich kein Glück mit Frauen und Beziehungen gehabt, da die meisten einfach nicht zu mir passten oder andere Vorstellungen von einer Partnerschaft hatten. Plötzlich erschien wieder ein Gesicht vor meinem inneren Auge: Robyns. War sie vielleicht die Richtige? In den letzten Wochen spukte sie immer wieder in meinen Gedanken herum, und ich erinnerte mich an unsere erste Begegnung, daran, wie sie auf mich reagiert hatte. Sie wehrte sich zwar dagegen, aber ich konnte das Funkeln in ihren Augen erkennen und wie ihr Körper auf meine Präsenz ansprang, und ich war neugierig zu erfahren, ob ich mit meiner Vermutung richtiglag und sie auch auf das Spiel der Dominanz und Unterwerfung stand oder nur auf meinen Körper. Vielleicht sollte ich …

Jemand stieß mir in die Seite. Ich war mal wieder so in Gedanken versunken gewesen, dass ich dem Gespräch am Tisch nicht mehr gelauscht und vor allem nicht wahrgenommen hatte, dass alle mit Essen fertig waren und der Tisch abgeräumt wurde. Finn stand neben mir. »Lass uns losfahren, Träumer.«

Mein Freund und ich trafen Josh auf dem Gang vor einem Patientenzimmer an.

»Guten Morgen, schön, dass ihr es geschafft habt. Ich habe die Unterlagen in meinem Büro. Kommt mit.«

Josh führte uns den Flur hinunter, als ich aus dem Augenwinkel Dr. Thompson sah. Ich hatte das Gefühl, dass sie sich vor mir verstecken wollte, denn kaum, dass sie mich sah, drehte sie sich um und verschwand hinter der nächsten Ecke.

»Geht schon einmal vor, ich komme gleich nach. Muss noch kurz etwas erledigen«, sagte ich kryptisch zu Finn und Josh, die nur mit den Schultern zuckten und weitergingen. Ich drehte mich stattdessen zu der Ecke um, hinter der die kleine Doktorin verschwunden war.

Kapitel 3

Robyn

Am Stationszimmer hielt ich inne, als ich IHN, meinen Chef und einen weiteren Mann im Flur entdeckte. Hoffentlich hatte er mich nicht bemerkt. Ich drehte mich auf dem Absatz um, um Philipp Bentleys nicht begegnen zu müssen, und lief in die entgegengesetzte Richtung. Dann musste ich eben erst einmal eine andere Aufgabe erledigen, bis der Weg frei war und ich nicht Gefahr lief, ihm in die Arme zu rennen. Ich hatte nicht das Bedürfnis nach einer erneuten Konfrontation mit ihm. Oder doch? Ich wusste nur, dass er mir nicht mehr aus dem Kopf ging. Er übte eine Anziehungskraft auf mich aus, die es mir schwer machte, mich nicht für ihn zu interessieren. Doch seit unserer verhängnisvollen Begegnung hatte ich ihn nicht mehr gesehen. Wahrscheinlich waren es also nur hohle Phrasen, die er damals ausgesprochen hatte.

Schwester Margret hielt mich auf, um etwas zu fragen. Sie hatte erst vor ein paar Tagen hier angefangen und fand sich noch nicht richtig zurecht. Kurz unterhielt ich mich mit ihr, als ich plötzlich das Gefühl hatte, beobachtet zu werden. Mist! Schwester Margret bestätigte meine Vermutung, denn ihre Augen wurden groß wie Unterteller, als sie mir über die Schulter sah.

Ich nahm Philipp Bentleys Gegenwart wahr, bevor er überhaupt nähertrat und ich die Wärme, die er ausstrahlte, hinter meinem Rücken spürte. Verflucht! Nicht einmal hier war ich vor ihm sicher. Mist! Anscheinend hatte er mich doch gesehen und war mir gefolgt. Oder hatte er mich gesucht? Egal. Es änderte nichts an der Tatsache, dass er genau in diesem Moment hinter mir stand. Ich wusste einfach, ohne hinzublicken, dass er es war.

»Ähm … Dr. Thompson, danke. Ich werde dann mal schauen, wo ich die neuen Medikamente finde.« Die Schwester wurde in Gegenwart von diesem Mann zunehmend nervöser, was ich ihr nicht verdenken konnte, denn mir ging es genauso.

»Ladys.« Dieser Charmebolzen begrüßte uns freundlich und wandte sich dann gleich an mich. »Darf ich Sie kurz entführen, Frau Doktor, und unter vier Augen mit Ihnen sprechen?«

Die Schwester sah uns immer noch verwirrt an, drehte sich dann um und ging den Flur entlang.

»Ich bedaure, ich habe keine Zeit, Mr. Bentleys.«

Ich war stolz darauf, dass meine Stimme einigermaßen fest klang und nicht meine innere Zerstreutheit widerspiegelte.

»Philipp.«

»Ähm … wie bitte?«

»Ich heiße Philipp. Bitte nenn mich beim Vornamen, da wir uns doch schon nähergekommen sind.«

Zwinkernd sah er auf mich hinunter und ich konnte im ersten Moment nur ein empörtes »Pfff« von mir geben.

»Nähergekommen? Das soll wohl ein schlechter Scherz sein?! Sie haben sich mir aufgedrängt.«

»Ich gebe zu, das war nicht gerade die feine englische Art, also … lass uns bitte noch einmal von vorne anfangen. Ich glaube, wir haben auf dem falschen Weg begonnen.«

Er hielt mir seine ausgestreckte Hand entgegen.

»Hallo, mein Name ist Philipp Bentleys und ich würde dich gerne zum Essen einladen.«

Völlig verdutzt sah ich ihn an. Meinte er das wirklich ernst? Erst benahm er sich wie ein Arschloch und jetzt spielte er die Charme-Karte aus?

»Nein.«

»Nein?« Er zog eine seiner wunderschönen Augenbrauen hoch.

»Nein.«

»Warum nicht? Gibt es einen anderen Mann in deinem Leben?«

»Hören Sie. Ich habe keine Zeit und auch nicht das Bedürfnis, mit Ihnen auszugehen. Ich bin im Moment nicht an Männern interessiert.«

Kurz sah ich ein Blitzen in seinen blauen Augen. War es Enttäuschung? Ich war mir nicht sicher, aber er konnte nicht verlangen, dass ich nach seinem Verhalten beim ersten Kennenlernen sofort auf ihn anspringen würde.

»Es tut mir leid, ich muss jetzt weiterarbeiten.«

Ich erkannte, dass er noch etwas sagen wollte, doch ich gab ihm keine Chance für eine Erwiderung. Diesmal war ich diejenige, die sich abwandte und ihn sprachlos stehen ließ. Das war nur gerecht, fand ich. Zuerst musste ich mein inneres Chaos beseitigen, bevor ich für eine Konfrontation mit ihm bereit war. Ich hatte den Männern abgeschworen und wollte nie wieder etwas mit einem zu tun haben, also beziehungstechnisch. Warum löste er dann eine Sehnsucht in mir aus, die ich kaum zügeln konnte? Eine Sehnsucht, ihm näherzukommen, ihn richtig kennenzulernen. Ich war ihm erst ein einziges Mal begegnet, na gut, zweimal, kannte ihn nicht einmal, und trotzdem beherrschte er meine Gedanken. Wie war das möglich? Ich hatte Angst vor weiteren Enttäuschungen. Die Geschichte mit meinem Ex, Thomas, hatte mir damals schon stark zugesetzt, außerdem warf dieser schreckliche Vorfall einen Schatten und ich musste mit Charline erst richtig Fuß fassen, bevor ich überhaupt in Erwägung ziehen konnte, mich wieder auf jemanden einzulassen. Falls ich dafür überhaupt jemals wieder bereit sein würde. Denn ich war gebrochen und konnte nur schwer jemandem vertrauen, vor allem bei Männern tat ich mich schwer.

Andererseits spürte ich, wie der Entschluss, enthaltsam zu leben, immer mehr ins Wanken geriet. Was sollte ich bloß tun? Wenn Philipp jemals die Wahrheit über meine Vergangenheit erfahren würde, würde er sich bestimmt sofort von mir abwenden und mich verabscheuen. Ich schämte mich so sehr.

Kapitel 4

Philipp

Diese Frau ließ mich einfach hier stehen. Mich! Sie ging nicht weiter auf meinen Versuch ein, sie kennenlernen zu wollen, obwohl ich ihr einen Neustart angeboten hatte. Mir war bewusst, dass ich mich bei unserem ersten Aufeinandertreffen wie ein riesiges Arschloch benommen hatte. Das wollte ich jetzt wieder geraderücken, doch sie ließ mich nicht. Wie konnte ich sie nur davon überzeugen, mit mir auszugehen und mir eine Chance zu geben? Ich war jemand, der immer bekam, was er wollte, und das hatte nichts mit Überheblichkeit zu tun. Das lag irgendwie in meinem Naturell und ich ließ mich nicht von einem Misserfolg unterkriegen. Diese Runde hatte ich vielleicht verloren, doch ich würde nicht aufgeben. Nein, stattdessen würde ich weiterkämpfen, bis ich letztendlich an meinem Ziel angekommen wäre. Die kleine Wildkatze stellte eine richtige Herausforderung dar. Vielleicht sollte ich Josh nach ihr fragen, schließlich hatte er sie eingestellt und kannte sie wahrscheinlich etwas besser. Ich machte mir auf dem Weg zu seinem Büro weitere Gedanken.

Ich klopfte kurz an und trat ein.

Die Jungs saßen auf der Couch, vor der ein kleiner Tisch in Joshs Büro platziert war. Ich setzte mich auf den Sessel daneben und ließ mich auf den neuesten Stand bezüglich des Diebstahls bringen. Meine Freunde fragten nicht, was mich aufgehalten hatte, doch ich sah Finns verstehenden Blick. Er wusste, wo beziehungsweise bei wem ich gewesen war. Mein Kumpel verzog den Mund, denn er sah an meiner Mimik, dass ich erfolglos gewesen war. Wir kannten uns so gut, dass wir keine Worte benötigten, um zu erkennen, wie es dem anderen ging. Und ich war dankbar dafür. Solche Freunde traf man selten, wenn überhaupt.

»Hast du irgendeinen Verdacht, wer dafür verantwortlich sein könnte?«, fragte ich Josh.

»Nein, leider nicht. Ich kann noch nicht mal sagen, zu welcher Tages- oder Nachtzeit es passiert, da es immer zu unterschiedlichen Zeiten bemerkt wird. Mal haben mich Pfleger auf das Fehlen von Medikamenten angesprochen, mal Ärzte. Leider lässt es sich zeitlich nicht eingrenzen.« Bedauernd schüttelte er seinen Kopf.

Finn wandte sich mir zu. »Vielleicht sollten wir es mit Kameras versuchen, was meinst du?«

»Problematisch. Nicht nur, dass eine Videoüberwachung gegen den Datenschutz verstößt, sondern auch gegen die Persönlichkeitsrechte. Ich würde darauf erst im größten Notfall zurückkommen, und dann muss die Maßnahme erst vom Vorstand und auch vom Personal abgesegnet werden. Was dann vermutlich wiederum dazu führen würde, dass der Diebstahl aufhört, ohne dass wir den Täter oder die Täterin erwischt hätten«, gab ich zu bedenken.

»Ja, du hast recht, Philipp. Ich fände es auch nicht gut, wenn man hier alles mit Kameras überwachen würde. Die Patienten hätten sicher auch Einwände, wenn sie das Gefühl bekämen, beobachtet zu werden.«

»Stimmt. Also bleibt nur eins: Ich werde mich mit David und Ian abwechseln und versuchen, die Augen unauffällig offen zu halten. Eine andere Möglichkeit sehe ich im Moment nicht, ihr?«

Ich sah zu Finn. »Nein, es bleibt wohl derzeit nichts anderes übrig. Zusätzlich werde ich mit Ben die Dienstpläne studieren und versuchen, sie mit den Zeiten abzugleichen, in denen die Diebstähle bemerkt wurden. Außerdem bräuchten wir Zugang zu den Personalakten.«

Josh nickte bedächtig. »Ja, das habe ich mir schon gedacht.« Er stand auf und ging zu einem Aktenschrank. »Hier sind die Dienstpläne des letzten Monats.« Er hielt mir einen Ordner entgegen. »Solltet ihr zeitlich weiter zurückgehen müssen, gebt mir Bescheid, aber da die Diebstähle erst vor ein paar Wochen anfingen, müsste das reichen.«

»Gibt es jemanden, der hier erst vor Kurzem angefangen hat? Neues Pflegepersonal?« Finn sah Josh an, der noch neben der Couch stand.

»Ja, zwei auf meiner Station. Dr. Robyn Thompson und eine Schwester, Margret Stevens.«

Bei Robyns Namen versteifte ich mich und musste zugeben, dass mir die Möglichkeit, sie könnte etwas mit der Sache zu tun haben, nicht gefiel. Finn bemerkte mein Unbehagen, sagte jedoch nichts. Es wurde Zeit, dass wir uns an die Arbeit machten. Finn und ich verabschiedeten uns von unserem Freund, packten die Unterlagen, die er uns ausgehändigt hatte, und verließen das Krankenhaus.

Den ganzen Tag saßen die Jungs und ich zusammen und brüteten über den Ordnern. Es gab keinerlei Übereinstimmungen, was die Taten und die Dienstzeiten der infrage kommenden Personen betraf. Ich hatte mich unbewusst auf Robyns Arbeitszeiten konzentriert, aber auch daraus ließ sich nichts entnehmen, da, so wie es aussah, auch Nachtzeiten betroffen waren. Und da fiel mir auf, dass Dr. Thompson meistens Tagschichten arbeitete und Nachtschichten nur selten vorkamen. Ich nahm mir vor, Josh zu fragen, warum das so war.

Liv trat in unser Besprechungszimmer. »Schluss für heute, Männer. Ihr habt genug Blätter gewälzt. Abendessen ist fertig.«

»Ich liebe diesen herrischen Ton an dir, Süße.« Ian lachte.

Ben zog eine Augenbraue nach oben. »Du bist ja nicht derjenige, der sie dann wieder auf den Boden der Tatsachen zurückbringen und ihr beweisen muss, wer die Hosen anhat.«

»Stimmt, aber wir wissen beide, dass du es liebst, dein Vögelchen wieder einzufangen.«

»Halloooooo, ich bin anwesend, Jungs.« Liv stand mit den Händen in den Hüften am Tisch. Ben schnappte sie an ihrer Taille und zog sie zu sich, sodass sie auf seinem Schoß landete.

»Und so schnell habe ich dich wieder gefangen, Vögelchen.« Er grinste Liv an, die sich spielerisch zu wehren versuchte.

»Ben, lass mich los. Das Essen wird kalt. Du hast später noch Zeit, mich zu … ähm …«

»Jaaaa? Sprich dich aus, Schatz.«

Ben nahm eine Hand von ihrer Hüfte und strich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. Liv nutzte diese Chance, sprang von seinem Schoß herunter und war so schnell aus Bens Reichweite verschwunden, dass er sie nicht festhalten konnte. »Na, warte.«

Liv lachte und flüchtete aus dem Zimmer, mein Freund dicht auf den Fersen.

»Los, Jungs. Vielleicht sollten wir uns beeilen, bevor Ben auf blöde Ideen kommt und noch vor dem Essen über Liv herfällt.« Ich stand ebenfalls vom Tisch auf, und zusammen mit Finn, David und Ian ging ich lachend zur Küche.

Nachdem wir gegessen hatten, verabschiedete ich mich von ihnen. »Sorry, aber ich bin todmüde. Ich werde jetzt schlafen gehen.« Ich wandte mich ab, doch David hielt mich auf.

»Was ist eigentlich mit dir und der kleinen Frau Doktor? Finn hat gesehen, dass sie förmlich vor dir geflüchtet ist.«

Meinem Freund entging wirklich nichts und er hatte es natürlich den anderen erzählt. Wir hatten keine Geheimnisse voreinander, deswegen nahm ich es ihm nicht übel, dass er es erwähnt hatte.

»Ach, ich komme nicht an sie ran. Ich habe ihr vorhin sogar einen Neuanfang bezüglich unseres Kennenlernens angeboten, mich erneut vorgestellt und sie zum Essen eingeladen, aber sie hat mich abgewimmelt. Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll.«

»Probiere es mit Blumen und Pralinen. Jede Frau steht da drauf. Oder hat sie einen anderen Kerl?«, warf Ian ein.

»Nein, sie sagte, dass sie im Moment kein Interesse an Männern hätte.«

»Hmm … vielleicht solltest du es akzeptieren und ihr Zeit geben, sich an deine Avancen zu gewöhnen.« Finn drückte meine Schulter und versuchte, mir so Mut zuzusprechen, doch er kannte mich und wusste, dass ich nicht nachgeben und mein Glück bei Robyn weiterhin versuchen würde.

»Ich werde erst einmal mit Josh reden und ihn fragen, ob er sie besser kennt und vielleicht eine Idee hat, wie ich an sie herankommen kann. Dann werde ich es noch mal versuchen.«

»Du willst sie.« Davids Blick sprach Bände und es war keine Frage, sondern eine Feststellung.

Meine Freunde kannten mich gut und wussten, dass ich meinen passenden Deckel noch nicht gefunden hatte. Wir lebten schon einige Zeit zusammen unter einem Dach und so hatten sie die Geschichte mit Jessica miterlebt.

»Ja. Sie geht mir unter die Haut. Ich weiß nicht, warum, aber sie strahlt etwas aus, dem ich mich nicht entziehen kann. Ich habe sie erst zweimal gesehen, aber bereits beim ersten Mal hat sie irgendwas in mir ausgelöst, was ich nicht beschreiben kann.«

Verstehend nickten alle und sprachen mir weiter Mut zu und dass ich nicht aufgeben solle. Aber das hatte ich auch nicht vor. Kurz danach ging ich nach oben in mein Schlafzimmer. An Schlaf war vorläufig jedoch nicht zu denken, denn meine Gedanken wanderten immer wieder zu der verführerischen Ärztin, die es wie keine andere zuvor geschafft hatte, mich zu verwirren und mich in ein Gefühlschaos zu stürzen.

Am nächsten Morgen stellte ich fest, dass ich doch irgendwann eingeschlafen sein musste, aber ich fühlte mich alles andere als ausgeruht. Die Anspannung der letzten Wochen, als Ben im Krankenhaus gelegen hatte und wir dann gemeinsam Liv aus den Händen ihres Mannes befreien konnten, hatte nachgelassen und mein Körper nahm sich nun die Ruhe, die er dringend benötigt hatte. Nachdem ich mir die Zähne geputzt und geduscht hatte, zog ich mir frische Jeans und ein weißes Hemd an und ging nach unten in unsere Küche. Die Tür stand offen, und die anderen waren schon dabei, den Tisch für das Frühstück zu decken.

»Guten Morgen.«

Ian stand an der Kaffeemaschine und drehte sich zu mir um. »Guten Morgen, möchtest du auch Kaffee?«

Kapitel 5

Robyn

Es verging einige Zeit, ohne dass Philipp Bentleys einen weiteren Versuch unternommen hatte, sich mir zu nähern. War das alles doch nur ein Spiel für ihn gewesen? War ich nur eine Frau, die er nun nicht mehr wollte, weil ich mich ihm widersetzt hatte? So ernst konnte es ihm ja dann nicht damit gewesen sein, mich kennenzulernen. Vielleicht hatte ich doch recht damit, dass er mich nur in sein Bett kriegen wollte. Einerseits war ich froh, dass er von mir abließ, andererseits stieg tiefes Bedauern in mir hoch, da ich bei noch keinem Mann eine so starke Anziehungskraft verspürt hatte. Nicht einmal bei Thomas. Ich versuchte, die Grübelei zu unterbrechen, denn ich war auf dem Weg, meine Tochter aus dem Kinderhort abzuholen.

Als ich dort angekommen war, fand ich zum Glück einen Parkplatz direkt vor der Tür. Normalerweise war es üblich, dass ich gefühlt Kilometer weit laufen musste, offenbar waren die meisten Kinder schon zuhause. Ich stieg aus dem Auto, schloss es ab und ging auf die Tür zum Kindergarten zu. Beim Eintreten sah ich meinen Schatz im Flur sitzen, wo sie versuchte, sich ihre Schuhe anzuziehen.

»Hey, mein Engel, du bist ja schon fast fertig.«

»Mommy! Du bist spät, und Mrs. Simmers sagte, ich soll mich schon anziehen.«

Ich starrte auf ihre Füße. Sie hatte ihre Schuhe vertauscht, also ließ ich mich auf ein Knie nieder und wollte ihr erst einmal die Schuhe richtig anziehen, bevor ich Mrs. Simmers suchen würde.

»Na komm, Charline. Der rechte Schuh gehört an den rechten Fuß … der linke an den linken, okay?«

Ich zog sie ihr wieder aus und zog ihr zuerst die Socken ordentlich an, da diese ebenfalls auf halb acht hingen. Gerade als ich beim linken Schuh angekommen war, kam Mrs. Simmers um die Ecke gebogen.

»Dr. Thompson, Sie sind spät dran.«

Dieser vorwurfsvolle Ton in ihrer Stimme nervte mich, denn es war nicht das erste Mal, dass sie so mit mir sprach. Ich war zwar froh, dass ich für Charline den Platz in diesem Hort hatte ergattern können, aber die Erzieherin war mir vom ersten Augenblick an unsympathisch gewesen. Leider hatte ich im Moment keine andere Wahl, als mein Kind hier unterzubringen, während ich arbeiten musste.

»Ich hatte einen Notfall in der Klinik und konnte nicht eher kommen, aber trotzdem bin ich noch pünktlich, um meine Tochter abzuholen.«

Da ich nicht unnötig Zeit verschwenden wollte und ihre Vorwürfe völlig unbegründet waren, hielt ich mich gar nicht mit irgendwelchen Begrüßungsfloskeln auf, schließlich musste ich noch kochen und wollte mir einen schönen Abend mit meinem Mädchen machen.

»Ach, und da können Sie nicht mal Bescheid geben? Soll ich ihr Kind einfach so vor der Tür warten lassen? Ich habe schließlich auch mal Feierabend.«

War das ihr Ernst? Ich wollte vor meiner Kleinen kein Theater machen, aber diese Aussage durfte ich nicht auf mir sitzen lassen. Ich stand auf und sah der Kindergärtnerin direkt in die Augen. Mit in die Hüften gestemmten Händen starrte sie mich an.

»Ich war im OP, und nein, so war es mir leider nicht möglich, Bescheid zu sagen, denn wenn das der Fall gewesen wäre, hätte ich es getan. Stattdessen habe ich um ein Menschenleben gekämpft. Wofür Sie doch sicherlich Verständnis haben. Und ja, ich kann mir vorstellen, dass auch Sie mal Feierabend haben wollen, dennoch wäre es vollkommen verantwortungslos, wenn Sie ein Kind in diesem Alter einfach so vor die Tür stellen würden und warten ließen, bis es abgeholt wird. Außerdem würde dies entsprechende Konsequenzen für Sie nach sich ziehen. Und jetzt, Mrs. Simmers, wünsche ich Ihnen noch einen schönen freien Nachmittag.«

Ich drehte mich zu meiner Tochter um, half ihr in die Jacke, nahm den Rucksack und hob sie hoch. Ohne ein weiteres Wort zu der sprachlosen Frau zu sagen, wandte ich mich zur Tür um und verließ den Kindergarten.

»Bist du böse auf mich, Mommy?«

»Was? Nein, mein Engel. Wie könnte ich böse auf dich sein? Entschuldige bitte. Ich wollte dir keine Angst machen, aber Mrs. Simmers war nicht nett, und das habe ich ihr gesagt. Alles gut, okay? Was hältst du davon, wenn wir jetzt nach Hause fahren und ich dir dein Lieblingsessen mache?«

»Au jaaaa. Paghettiiiiii«, rief mein Kind voller Vorfreude, klatschte in ihre kleinen Hände und brachte mich so zum Lachen. Immer wieder passierte es, dass sie einige Buchstaben verschluckte, meistens wenn sie aufgeregt oder unsicher war. Ich hoffte, dass ich das bald in den Griff bekommen und ihr helfen konnte, ihre Unsicherheit zu besiegen.

Als wir am Auto waren, entriegelte ich es, öffnete die hintere Tür und setzte Charline in den Kindersitz. Nachdem ich sie angeschnallt hatte, schloss ich die Tür und ging zur Fahrerseite. Einen letzten Blick zum Kinderhort zurückwerfend, sah ich Mrs. Simmers an der Tür stehen und mich wütend anstarren. Na, das konnte ja noch heiter werden. Vielleicht sollte ich mich doch nach einer neuen Unterbringung für meine Kleine umsehen.