Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Auf der mittelalterlichen Burg Runkelstein bei Bozen wird eine alte Handschrift entdeckt. Mutmaßlicher Verfasser: der deutsche Dichtersänger Walther von der Vogelweide. Kaum aufgetaucht, verschwindet das Dokument wieder. PR-Beraterin Jenny Sommer wird zur Detektivin wider Willen. Ihre Suche nach dem wertvollen Manuskript gerät zu einer abenteuerlichen Jagd quer durch Bozen bis ins Weindorf St. Magdalena und auf den Hausberg Ritten …
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 252
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Sigrid Neureiter
Burgfrieden
Kriminalroman
Personen und Handlung sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Besuchen Sie uns im Internet:
www.gmeiner-verlag.de
© 2012 – Gmeiner-Verlag GmbH
Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
Telefon 0 75 75 / 20 95 - 0
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt
E-Book: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Fotos von: © LianeM – Fotolia.com
ISBN 978-3-8392-3792-2
Blasius Botsch, Direktor auf Schloss Runkelstein bei Bozen, faltete die Bügel seiner Brille ineinander und verstaute die Sehhilfe in dem dafür vorgesehenen Etui. Mit leicht gerunzelter Stirn betrachtete er die holzvertäfelte Tür, die von seinem Büro zum Zimmer seiner Mitarbeiterin führte. Was ging da draußen vor? Eben vernahm er Francesca Rossis kräftiges Organ, heute eine Oktave höher als gewöhnlich. »Il direttore non c’è per nessuno per il momento.«
Nachdenklich zupfte Blasius Botsch an den Barthaaren seines Kinns. Er war also für niemanden zu sprechen. Schon wieder nicht. Langsam übertrieb Francesca es ein wenig. Ihre Sorge um seine Gesundheit in allen Ehren, aber wen er empfing und wen nicht, entschied er immer noch selbst. Entschlossen stapfte er zur Tür und öffnete diese mit einem kräftigen Ruck.
Der Mann, dessen Wortschwall im südländischen Dialekt eben noch an des Direktors Ohr gedrungen war, schwieg abrupt. Blasius bot sich ein Bild, als hätte jemand mitten in der Vorführung den Film angehalten: Francesca stand hinter ihrem Schreibtisch, einem beeindruckenden Möbel aus dem 16. Jahrhundert, ein wenig vorgeneigt, so dass der Brustansatz am Ausschnitt ihrer Seidenbluse sichtbar wurde. Die rechte Hand hielt sie ausgestreckt und zugriffbereit in Richtung des Mannes, der seinerseits wie erstarrt von einer unsichtbaren Kraft mitten in der Bewegung gestoppt schien.
Blasius betrachtete die untersetze, bullige Gestalt mit den derben Gesichtszügen. Das war doch Speranza, der Bauarbeiter aus Süditalien – aus Kalabrien, wenn er sich recht entsann –, der seit ein paar Tagen im Lager zu Gange war. Was hielt er da in seiner drohend zur Decke gereckten Faust? Wenn das ein Bescheid des Denkmalamtes war – bei Umbauarbeiten in der Burg konnte man nie vorsichtig genug vorgehen –, dann würde dieser bald zur Unleserlichkeit verknittert sein, so fest hielt der Mann das Papier umklammert. Apropos Papier. Genau betrachtet hatte es keinerlei Ähnlichkeiten mit den amtlichen Schreiben, die Blasius Botsch zuhauf auf seinen Schreibtisch bekam. Weitsichtig wie er war, hatte er keine Mühe, den Gegenstand, den Speranza immer noch sichtlich aufgeregt in der Hand hielt, auch aus der Entfernung in Augenschein zu nehmen. Die Blätter wirkten seltsam vergilbt, das Material ungewohnt rau. Und was war das für eine Schrift? Um die lesen zu können, musste er doch etwas näher an den Mann herangehen. Zunächst galt es aber, die Situation zu beruhigen beziehungsweise Streithahn und -henne aus ihrer Erstarrung zu erlösen.
»Speranza, mi dica, che cosa è successo, sagen Sie, was ist passiert?« Der Mann hatte sich offenbar wieder gefangen und setzte zu einem neuerlichen Wortschwall an. Begleitet wurde dieser von mehrfachen Versuchen Francescas, den Bauarbeiter zu unterbrechen und auf Deutsch Blasius davon in Kenntnis zu setzen, dass der Mann – der Terrone, so nannte sie ihn in Verwendung jenes abfälligen Ausdrucks, den die Nord- für die Süditaliener übrig haben – nur des Direktors kostbare Zeit stehlen wolle.
Mit der erhobenen Linken und einem leichten Kopfschütteln gebot Botsch Francesca Einhalt, während er die Rechte beruhigend auf Speranzas Schulter legte und ihn in Richtung seines Büros schob. Drinnen nahm er dem Mann sachte, aber bestimmt die Seiten aus der Hand. Dieser hatte sie, wie aus seinem Bericht hervorging, kurz zuvor entdeckt, als bei Stemmarbeiten für den Einbau eines neuen Gefriergeräts eine Mauer nachgegeben hatte. Die Blätter hatten in dem Hohlraum dahinter gelegen. Zunächst wollte Speranza sie zusammen mit dem Bauschutt entsorgen, doch irgendetwas machte ihn stutzig. Schließlich hatte er sich dazu entschieden, den Fund dem Direktor persönlich zu übergeben, und da war er nun.
Blasius Botsch hatte aufmerksam zugehört, mehrmals genickt und sich am Kinnbart gezupft. Jetzt breitete er die Blätter auf seinem Schreibtisch aus, legte eines neben das andere und strich ein jedes sorgsam mit dem Ärmel seines Jacketts aus grob gewirktem Leinen glatt. Durch die dünn umrandeten Gläser seiner Brille, die nun wieder an ihrem Platz auf seinem breiten Nasenrücken saß, studierte er aufmerksam das vor ihm Liegende. Speranza schien die Feierlichkeit des Augenblicks erkannt zu haben und übte sich in Schweigen, nur hin und wieder unterbrochen von einem scharfen Ausatmen, mit dem er seiner Anspannung Luft machte.
Jetzt blickte Blasius von seiner Lektüre auf und wandte sich dem Mann zu. »Ha agito benissimo, signor Speranza. Mi ha fatto un grande favore, La ringrazio di cuore. Sie haben genau richtig gehandelt und mir einen großen Gefallen erwiesen, für den ich mich herzlich bedanke.« Ehe sich Speranza versah, hatte der Direktor ihn wieder hinauskomplimentiert und ihn mit der nachdrücklichen Bitte, dem Mann einen Grappa als Stärkung zu servieren, Francescas Obhut überlassen.
Allein in seinem Büro nahm Blasius die Seiten noch einmal unter die Lupe. Dass es sich bei dem seltsamen Material nicht um Papier, sondern um Pergament handelte, darüber bestand kein Zweifel. Was aber sagte ihm der Inhalt? In Blasius begann sich ein Verdacht zu regen. Noch einmal beugte er sich über die Blätter: Etwas größer als das gängige A4-Format waren sie auf beiden Seiten engzeilig in einer Art Kursivschrift beschrieben. Immer wieder gab es Durchstreichungen, Ausbesserungen und Einfügungen. Das Eigentümlichste daran aber war die Sprache: ein kaum verständliches, sehr altertümlich klingendes Deutsch.
Blasius Botsch erhob sich wieder von seinem Sessel und stellte sich auf die Zehenspitzen, so dass er jetzt aus der Vogelperspektive einen Blick auf den Schreibtisch und das darauf ausgebreitete Pergament werfen konnte. Plötzlich sprang es ihm förmlich in die Augen: Der Name, den er mit einem Mal erkennen konnte, ließ seinen Atem rascher gehen. Jetzt wusste er, was zu tun war. Entschlossen griff er zum Telefon und tippte eine Nummer in die Tastatur.
Hört alle her, endlich habe ich meinen Landsitz!
Nun brauche ich weder im Februar zu frieren
Noch weiterhin knausrige Herren anzubetteln.
Denn nun hat der großzügige König dafür gesorgt,
dass mir im Sommer kühl und im Winter warm ist.
Nach Walther von der Vogelweide»Ich hân mîn lêhen«
Jenny Sommer joggte die Talfer entlang, jenes Flüsschen, das aus dem Südtiroler Sarntal kommend mitten in Bozen in den Eisack mündet. »Gut, dass ich meine Laufschuhe dabei habe«, gratulierte sie sich selbst. Diese und einen Fahrradhelm hatte sie nämlich immer im Gepäck, egal wohin sie fuhr und egal, ob sie deshalb belächelt wurde oder nicht. »Bewegung hält jung«, lautete das Motto der Absolventin des Salzburger Instituts für Germanistik und nunmehr selbstständigen Beraterin für Public Relations. In Wien, wo sie erfolgreich eine PR-Agentur betrieb, war sie Mitglied in einem exklusiven Fitnessclub. Auf Reisen dagegen vertraute sie zur Erhaltung ihrer sportlichen Figur auf Schusters Rappen und den Drahtesel. Eine Strecke zum Laufen fand man schließlich überall und wenn nicht, dann konnte man sich immer noch ein Fahrrad ausleihen.
Bozen, die Hauptstadt der ›Autonomen Provinz Bozen– Südtirol‹ – so die offizielle Bezeichnung der zu Italien gehörenden Region– kannte Jenny schon von früheren Reisen. Seit sie die Talfer Promenade entdeckt hatte, gehörte die idyllische Laufstrecke die Weingärten entlang und mit herrlichem Blick auf die umliegenden Berge bei ihren Besuchen in der Provinzhauptstadt mit dem südlichen Flair zu ihrem Pflichtprogramm.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!