Caspar David Friedrich - Barbara Hess - E-Book

Caspar David Friedrich E-Book

Barbara Hess

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Caspar David Friedrichs Geburtstag jährt sich 2024 zum 250. Mal. Die Bilder dieses herausragenden Malers gewinnen dabei immer weiter an Aktualität – kaum eine Diskussion um Klima oder Nachhaltigkeit, ohne dass eines seiner ikonischen Gemälde zum stillen Zeugen aufgerufen wird. Barbara Hess blickt in diesem handlichen Band auf das Werk des Malers und sein Leben, von seiner nachhaltigen Brisanz über die großen Themen der Romantik bis zur Zeichnung. Im spielerischen Format eines A–Z Buchs nimmt uns die Autorin mit auf eine Entdeckungsreise und zeigt, wie sich im längst vertraut Geglaubten immer wieder neue Ansichten und Perspektiven gewinnen lassen. CASPAR DAVID FRIEDRICH (1774 – 1840) ist der bedeutendste Künstler der deutschen Romantik. In Greifswald geboren, studierte er an der Kunstakademie in Kopenhagen und ließ sich ab 1798 in Dresden nieder. Seine Landschaftskompositionen zeugen von einer großen Innerlichkeit und Melancholie. Friedrich forderte ein neues Bildbewusstsein der Betrachtenden, zugleich entziehen sich seine Werke einer Eindeutigkeit, sind immer wieder neu interpretierbar.  Die Kunsthistorikerin BARBARA HESS (*1964) verfasste Publikationen unter anderem zu Avantgardegalerien, zum Abstrakten Expressionismus, zur documenta, zu Lucio Fontana und Jasper Johns. Bei Hatje Cantz erschien soeben »es gibt im Moment keine besseren Künstler als uns in Deutschland« HP Zimmer, Tagebuch 1957 – 1965, herausgegeben von Barbara Hess, Matthias Mühling und Nina Zimmer.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 52

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Caspar David Friedrich

A–Z

Caspar David Friedrich

A–Z

Von Barbara Hess

A → Atelier

B → Baum

C → Chasseur

D → Dresden

E → Eule

F → Fenster

G → Greifswald

H → Hafen

I → Innerlichkeit

J → Jawort

K → Konstruktion

L → Letzte Generation

M → Mond

N → Nebel

O → Oybin

P → Politik

Q → Quistorp

R → Rückenfigur

S → Sepia

T → Transparent

U → Untergang

V → Verriss

W → Wanderer

X → Xylografie

Y → Youngs Nachtgedanken

Z → Zeit

A → Atelier

Darstellungen, die Künstlerinnen und Künstler bei der Arbeit zeigen, dürfen als programmatisch angesehen werden. Sie geben nicht nur Aufschlüsse zu handwerklichen Fragen, sondern veranschaulichen auch das Selbstverständnis und die Kunstauffassung der Dargestellten. Das gilt auch für die Gemälde von Georg Friedrich Kersting, die Friedrich in seinem Dresdner Atelier → Dresden zeigen.→ S. 7 Kersting war mit Friedrich befreundet, hatte wie dieser in Kopen-hagen studiert und mit ihm gemeinsame Wanderungen unternommen; er soll ihm sogar bei einigen Figurendarstellungen geholfen haben. Diese Vertrautheit zwischen den Malern macht Kerstings Atelierbilder besonders aussagekräftig.

Die erste Version zeigt Friedrich bei der Arbeit an einem Landschaftsbild, das einen Wasserfall darstellt. Tageslicht fällt durch ein Fenster, dessen untere Läden verschlossen sind; der obere Teil zeigt nur ein Stück Himmel hinter den kreuzförmigen Sprossen, die an das christliche Symbol des Kreuzes denken lassen. Mit dem Himmelsblau hinter dem Fensterkreuz korrespondiert ein Glasgefäß auf einem Arbeitstisch, das ein auffällig leuchtendes, hellblaues Pigment enthält – die materielle Substanz des gemalten Himmels und vielleicht auch eine Anspielung auf ein Sehnsuchtsmotiv der Romantik, die Blaue Blume des Dichters Novalis. An der Wand und dem zweiten, vollständig geschlossenen Fensterladen hängen zwei Paletten, aberauch eine Reißschiene und ein Zeichendreieck – Hinweise darauf, dass Friedrich seine Kompositionen oft nach geometrischen Prinzipien konstruierte.

Georg Friedrich Kersting

Caspar David Friedrich in seinem Atelier 1811

Öl auf Leinwand 54 × 42 cm

Hamburger Kunsthalle

Georg Friedrich Kersting

Caspar David Friedrich in seinem Atelier um 1812

Öl auf Leinwand 53,5 × 41 cm

Alte Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin

Die zweite Version von Kerstings Atelierbild scheint die Aussage des ersten noch einmal zuzuspitzen. Der Bildausschnitt ist verkleinert; am linken Bildrand ist keine Tür mehr zu sehen, und auch das rechte Fenster ist angeschnitten. Friedrich arbeitet nicht an der Staffelei, sondern steht hinter einem Stuhl und betrachtet sein Gemälde, von dem wir nur die Rückseite sehen können. Die Kargheit von Friedrichs Atelier wurde von mehreren Besuchern anschaulich beschrieben; für Wilhelm von Kügelgen war es um 1813 »von so absoluter Leerheit, dass [der Dichter] Jean Paul es mit dem ausgeweideten Leichnam eines toten Fürsten hätte vergleichen können.«1 So erscheinen Kerstings Atelier-bilder einerseits als realistische Einblicke in Friedrichs Arbeitsraum; zugleich veranschaulichen sie den konzeptuellen Charakter der Malerei Friedrichs, der bekannte, dass er seine Bilder »mit dem geistigen Auge zuerst« sah.

B → Baum

Die amerikanische Philosophin Donna Haraway fordert in ihren Schriften dazu auf, sich über die Grenzen der eigenen Spezies hinweg mit anderen Lebewesen »verwandt zu machen«. So könnten artenübergreifende Beziehungen entstehen, die nicht auf Ausbeutung und Zerstörung beruhen. Vielleicht hatte Friedrich bereits solche Beziehungen im Sinn. Darauf deutet jedenfalls ein Brief des russischen Dichters Wassili Schukowski vom Juni 1821 hin. Er berichtet, Friedrichs »Lieblingsgegen-stand« in Gesprächen sei die Natur gewesen, »mit der er wie ein Familiengenosse umgeht«.2

In Friedrichs Dorflandschaft bei Morgenbeleuchtung (Der einsame Baum) von 1822 → S. 12/13 steht eine monumentale Eiche im Mittelpunkt der Komposition. Die beiden gebräuchlichen Werktitel gehen nicht auf den Künstler selbst zurück, sondern stammen aus späterer Zeit. Es bleibt also offen, ob es sich tatsächlich um die Darstellung einer Morgenstimmung handelt. Auch muss der zentrale Baum nicht unbedingt als »einsam« empfunden werden; mehrere Artverwandte stehen ihm links und rechts zur Seite, und die winzige Figur des Schäfers, der sich an den Stamm lehnt, scheint geradezu mit dem Baum zu verschmelzen.

Friedrichs Zeitgenossen werden das Gemälde oft unter nationalen und religiösen Vorzeichen gelesen haben. Für den protestantischen Pfarrer und Dichter Ludwig Gotthard Kosegarten, den Friedrich durch seinen Zeichenlehrer Quistorp → Quistorp kannte, war die Eiche wegen ihrer Beständigkeit der »Baum Gottes«.3 Zudem ist die Eiche seit Jahrhunderten ein deutsches Nationalsymbol, was sich heute beispielsweise am Motiv des Eichenzweigs auf den kupferummantelten deutschen Cent-Münzen zeigt. Auch in vielen – nicht allein deutschen – Wappen und Militärabzeichen spielt Eichenlaub eine Rolle. An Friedrichs Komposition fällt vor allem auf, wie untergeordnet die Bildelemente sind, die auf die menschliche Existenz verweisen. Die Hausdächer der dörflichen Siedlung mit ihren Rauchfahnen und die Kirchturmspitzen, die den Saum des grünen Tals überragen, sind in der Landschaft buchstäblich Randerscheinungen.

Dorflandschaft bei Morgenbeleuchtung (Der einsame Baum) 1822

Öl auf Leinwand 55 × 71 cm

Alte Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin

C → Chasseur

Auf den Chasseur im Walde passt die Beschreibung, die Heinrich von Kleist für den Mönch am Meer gefunden hatte: Er ist »der einsame Mittelpunkt im einsamen Kreis«.→ Youngs Nachtgedanken Zugleich ist er unter den zahlreichen Rückenfiguren, für die Friedrich berühmt ist, eine ein-same Ausnahme. Denn der Chasseur ist buchstäblich ein Feindbild. Seine Uniform markiert ihn als einen Soldaten der französischen Truppen. Diese hatten in den Napoleonischen Kriegen seit 1800 weite Teile Europas, darunter auch Friedrichs Heimat Schwedisch-Pommern, erobert und besetzt. Im Oktober 1813 waren sie in der Völkerschlacht bei Leipzig entscheidend geschlagen worden. Friedrich selbst kämpfte nicht in den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815, beteiligte sich aber finanziell an der Ausrüstung seines Freundes Georg Friedrich Kersting.4→ Atelier

Der Chasseur erscheint auf verlorenem Posten, wie umzingelt von einem düsteren Tannenwald. Hinter ihm liegt eine Weggabelung mit zwei Baumstümpfen; auf einem hockt als Todessymbol ein Rabe, der ihm, wie ein zeitgenössischer Rezensent meinte, »ein Sterbelied« singt.5 Er wird – von einem erhöhten, nicht näher definierten Standpunkt dargestellt – zur imaginären Zielscheibe. Friedrich hat aus seinen antifranzösischen Ressentiments kein Geheimnis gemacht. Als sich sein Bruder Christian im November 1808 in Lyon aufhielt, schrieb er ihm: »Du fühlest es selbst, dass es nicht recht ist, dass Du als Teutscher in Frankreich bist, und das tröstet