Charles Baudelaire: Die Blumen des Bösen - Charles Baudelaire - E-Book

Charles Baudelaire: Die Blumen des Bösen E-Book

Charles Baudelaire.

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Beschreibung

In der kraftvollen Übersetzung Stefan Georges entfaltet sich die düstere Magie von Charles Baudelaires "Les Fleurs du Mal" - "Die Blumen des Bösen". Mit überwältigender sprachlicher Intensität erkundet der Dichter die dunklen Winkel unseres Daseins: Rausch und Ernüchterung, Begierde und Ekel, himmlische Schönheit und urbane Verkommenheit verbinden sich zu einem einzigartigen poetischen Kosmos. Die 1857 erschienenen Gedichte schockierten die Pariser Gesellschaft und wurden wegen "Verletzung der öffentlichen Moral" teilweise verboten. Heute gelten sie als Meisterwerk der modernen Lyrik, das die Tradition des französischen Symbolismus begründete. In Georges kongenialer Übersetzung bewahren die Verse ihre hypnotische Kraft: Sie beschwören die Dämonen der Großstadt, feiern die Liebe in ihrer schmerzhaftesten Form und verwandeln das Hässliche in betörende Poesie.

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Charles Baudelaire

Die Blumen des Bösen

Übersetzung von Stefan George

Copyright © 2024 Novelaris Verlag

1. Auflage

ISBN: 978-3-68931-146-9

Inhaltsverzeichnis

Anmerkung des Übersetzers Stefan George

Trübsinn und Vergeistigung

I Segen

II Der Albatros

III Aufschwung

IV Einklänge

V (unbenannt)

VI Die Leuchttürme

VII Die kranke Muse

VIII Die feile Muse

IX Der böse Mönch

X Der Feind

XI Unstern

XII Vorleben

XIII Zigeuner auf der Reise

XIV Der Mensch und das Meer

XV Don Juan in der Hölle

XVI An Theodore von Banville

XVII Züchtigung des Hochmuts

XVIII Die Schönheit

XIX Das Urbild

XX Die Riesin

(Bildsäule im Geschmack der Renaissance)

XXII Loblied auf die Schönheit

XXIII Fremdländischer Duft

XXIV Das Haar

XXV

XXVIII

XXXI De profundes clamavi

XXXIV Totenreue

XXXV Die Katze

XXXVI Duellum

XXXVII Der Balkon

XXXIX Eine Erscheinung

1. Das Dunkel

2. Der Duft

3. Der Rahmen

4. Das Bild

XL

XLI Semper eadem

XLII Ganz und Gar

XLIII

XLIV Die lebendige Fackel

XLV Anheimfall

XLVII Geistige Morgenröte

XLVIII Abendeinklang

LI Trüber Himmel

LIII Das schöne Schiff

LIV Einladung zur Reise

LVI Unterhaltung

LVII Herbstgesang

1

2

LVIII Einer Madonne

LX Sisina

LXIII Einer Kreolin

LXIV Mœsta er Errabunda

LXV Das Gespenst

LXVI Herbst-Sonett

LXVII Trauer der Mondgöttin

LXVIII Die Katzen

LXIX Die Eulen

LXXI Die Tonkunst

LXXII Begräbnis

LXXIII Geisterhafte Zeichnung

LXXIV Der frohe Tote

LXXV Das Fass des Hasses

LXXVI Die gesprungene Glocke

LXXVII Trübsinn

LXXVIII Trübsinn

LXXIX Trübsinn

LXXX Trübsinn

LXXXI Besessenheit

LXXXIII Schwarz-Kunst des Leidens

LXXXIV Anziehender Schauder

LXXXVI Das Gebet eines Heiden

LXXXVII Der Deckel

XCI Der Mahner

XCII Einer Malabaresin

XCIV Loblied

XCV Der Empörer

XCVI Berthas Augen

XCVII Der Springbrunnen

XCIX Weit von hier

C Der Untergang der romantischen Sonne

CIII Klagen eines Ikarus

CIV Sammlung

Pariser Bilder

CVIII Landschaft

CXI Die beleidigte Luna

CXIII Der Schwan

An Victor Hugo

1

2

1

2

3

4

CXVI Die Blinden

CXVII Einer Vorübergehenden

CXXIV

CXXV Nebel und Schlossen

CXXVII Morgendämmerung

Der Wein

CXXVIII Die Seele des Weines

CXXIX Der Wein der Bettler

CXXXI Der Wein des Einsamen

CXXXII DER WEIN DER LIEBENDEN

Blumen des Bösen

CXXXIII Aufschrift auf ein verpöntes Buch

CXXXIV Die Zerstörung

CXXXVI Verdammte Frauen

LXXX Lesbos

CXXXVII Die beiden barmherzigen Schwestern

CXXXIX Darstellung

CXLII Die Liebe und der Schädel

Aufruhr

CXLIII Die Verleugnung des hl. Petrus

Der Tod

CXLVI Der Tod der Liebenden

CXLVII Der Tod der Armen

CXLVIII Der Tod der Künstler

CXLIX Ende des Tages

CL Traum eines Neugierigen

CLI Die Reise

Cover

Table of Contents

Text

Anmerkung des Übersetzers Stefan George

Diese verdeutschung der Fleurs du Mal verdankt ihre entstehung nicht dem wunsche einen fremdländischen Verfasser einzuführen sondern der ursprünglichen reinen freude am formen. so konnte sie auch nicht willkürlich fortgesezt und vollendet werden und der umdichter betrachtete seine mehrjährige arbeit als abgeschlossen nachdem er seine möglichkeiten erschöpft sah. erschwerend war dass von Baudelaire noch keine gute ausgabe besteht – man bald zur ersten bald zur zweiten greifen muss und die dritte sogenannte endgiltige an unordnung fehlern und lücken leidet. es bedarf heute wol kaum noch eines hinweises dass nicht die abschreckenden und widrigen bilder die den Meister eine zeit lang verlockten ihm die grosse verehrung des ganzen jüngeren geschlechtes eingetragen haben sondern der eifer mit dem er der dichtung neue gebiete eroberte und die glühende geistigkeit mit der er auch die sprödesten Stoffe durchdrang. so ist dem sinne nach »Segen« das einleitungsgedicht der Blumen des Bösen und nicht das fälschlich »Vorrede« genannte. mit diesem verehrungsbeweis möge weniger eine getreue nachbildung als ein deutsches denkmal geschaffen sein.

S. G.

(Die Schreibweisen des Originaltextes wurden beibehalten, der Herausgeber)

Trübsinn und Vergeistigung

I Segen

Wenn nach den allerhöchsten urteilsprüchen

Der dichter auf die trübe erde steigt

So schaudert seine mutter und mit fluchen

Bedroht sie Gott der selber mitleid zeigt:

– Ach! was gebar ich nicht ein nest von schlangen

Eh ich ernährte solch ein zwitterding!

Verwünscht die nacht mit flüchtigem verlangen

In der mein leib die sühne mit empfing!

Was hast du mich erwählt aus allen frauen

Dem blöden mann der vor mir abscheu hat ·

Weshalb kann ich den flammen nicht vertrauen

Die missgeburt wie ein verfänglich blatt?

Den hass der mich erdrückt will drum ich lenken

Aufs grause Werkzeug deiner schadensucht ·

So gut will diesen schlechten stamm ich renken

Dass nie er zeitigt die verseuchte frucht. –

So würgt sie nieder ihres grolles eiter

Mit keiner ahnung von des himmels rat

Und türmt sich in der hölle selbst die scheiter ·

Den lohn für mütterliche greuelthat.

Doch unter eines engels sicherm schütze

Haucht der Enterbte froh im sonnenschein

Und was er isst und trinkt ist ihm zu nutze

Wie götterbrod und roter götterwein.

Er spielt mit winden · spricht mit wolkenflügen ·

Berauscht sich an der kreuzweg-lieder laut.

Der geist · sein führer auf den pilgerzügen ·

Weint da er ihn so frisch und heiter schaut.

Die er zu lieben brennt vor ihm erschrecken ·

Und andre die sein friede kühn gemacht

Versuchen eifrig klagen ihm zu wecken

Erprobend was die roheit ausgedacht.

In wein und brot eh er zum mund es führte

Vermischten eklen speichel sie und russ.

Sie werfen heuchelnd weg was er berührte

Und fluchen · ging durch seine bahn ihr fuss.

Sein weib schreit auf dem öffentlichen platze ·

– Da er mich liebenswert erklärt und hold

Treib ich das handwerk einer götterfratze:

Stets lass ich schmücken mich mit frischem gold.

Betrinken will ich mich an weihrauch mirren ·

An kniefall tief im staub · an fleisch und wein.

Im sinn den meine reizungen verwirren

Nehm ich mit lachen Gottes stelle ein.

Und macht mir diese lästerposse mühe

So fasst mein starker schwacher arm ihn an

Und meine nägel · nägel der harpye ·

Verfolgen bis zu seinem herz die bahn.

Dem jungen vogel gleich der zuckt und schüttert

Dies herz ganz rot reiss ich aus seiner brust.

Auf dass mein lieblings-tier sich daran füttert

Werf ich zu boden es mit kalter lust. –

Am himmel strahlen reiche königsitze ·

Der dichter heiter hebt den frommen arm

Und seines lichten geistes weite blitze

Verhüllen ihm der Völker wilden schwarm.

– Preis dir o Gott der uns zur drangsal leitet ·

Uns die wir unrein sind zum heilungs-fluss ·

Zum klaren filter der uns vorbereitet ·

Die starken auf den heiligen genuss!

Ich weiss: der dichter hat der sitze besten

Mit seliger legionen schar gemein ·

Ich weiss du lädst ihn zu den ewigen festen

Der Kräfte Mächte und der Thronen ein.

Ich weiss: vom adel ist der Schmerz der echte

Den erde nie und hölle niederwarf

Und dass wenn ich mein göttlich stirnband flechte

Ich aller weitenkreise zins bedarf.

Doch schätze lang verschütteter Palmyren

Verborgen gold und perlen in dem meer

Von dir emporgeholt dürft ich nicht küren

Zu dieser krone sonnenhell und hehr.

Denn sie wird nur geprägt aus reinem lichte

Das ich vom heilgen Strahlenherd erlas

Dem aller glanz der menschlichen gesichte

Nichts ist als armes trübes spiegelglas. –

II Der Albatros

Oft kommt es dass das schiffsvolk zum vergnügen

Die albatros · die grossen vögel · fängt

Die sorglos folgen wenn auf seinen zügen

Das schiff sich durch die schlimmen klippen zwängt

Kaum sind sie unten auf des deckes gängen

Als sie · die herrn im azur · ungeschickt

Die grossen weissen flügel traurig hängen

Und an der seite schleifen wie geknickt.

Er sonst so flink ist nun der matte steife.

Der lüfte könig duldet spott und schmach:

Der eine neckt ihn mit der tabakspfeife ·

Ein andrer ahmt den flug des armen nach.

Der dichter ist wie jener fürst der wolke ·

Er haust im sturm · er lacht dem bogenstrang.

Doch hindern drunten zwischen frechem volke

Die riesenhaften flügel ihn am gang.

III Aufschwung

Hoch oberhalb der weiher und der ähren

Der wälder und der berge und der see ·

Jenseits von wolken und von ewigem schnee ·

Jenseits der grenzen der gestirnten sfären ·

Dort regst du dich in freiheit · meine brust!

Und wie sich schwimmer in den wellen breiten

So ziehst du durch die unermesslichkeiten

Mit männlicher unsagbar grosser lust.

Flieh weit aus dieser kranken dünste giften ·

In einem höhern luftraum werde rein

Und trink wie einen himmlisch echten wein

Das klare feuer in den lichten triften!

Los von dem kummer von der grossen qual

– Des nebeldüstern daseins lästge zügel –

Wie ist der glücklich der mit starkem flügel

Entschweben kann ins stille heitre thal!

Der dess gedanken aut der lerche schwinge

Emporgetragen werden in der früh …

Er fasst die welt und deutet ohne müh

Der blumen sprache und der stummen dinge.

IV Einklänge

Aus der natur belebten tempelbaun

Oft unverständlich wirre worte weichen ·

Dort geht der mensch durch einen wald von zeichen

Die mit vertrauten blicken ihn beschaun.

Wie lange echo fern zusammenrauschen

In tiefer finsterer geselligkeit ·

Weit wie die nacht und wie die helligkeit

Parfüme färben töne rede tauschen.

Parfüme giebt es frisch wie kinderwangen

Süss wie hoboen grün wie eine alm –

Und andre die verderbt und siegreich prangen

Mit einem hauch von unbegrenzten dingen ·

Wie ambra moschus und geweihter qualm

Die die verzückung unsrer seelen singen.

V (unbenannt)

Ich will die entschwundenen nackten zeiten loben

Wo Phöbus die säulen mit goldenem schimmer umwoben ·

Als mann und weib geniessend in leichtem zug

Noch lebten ohne bedrängnis und ohne betrug ·

Als die von des liebreichen himmels kosen berührten

Die volle kraft ihrer edlen leiber verspürten.

Und Cybele · fruchtbar und freigebig ohne rast ·

Empfand ihre söhne noch nicht als beschwerliche last

Und gab · eine wölfin schwellend mit zärtlichen lüsten ·

Der ganzen erde den trank von den braunen brüsten.

Der mensch in schlanker und stolzer kraft war bestellt

Sich könig zu heissen über die schönheit der welt ·

Die früchte rein von flecken und ohne risse

Mit glattem und festem fleische luden zum bisse.

Und ist in unseren tagen der dichter die pracht

Ursprünglicher grösse an orten zu finden bedacht