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Der Waisenjunge Pip wächst in ärmlichen Verhältnissen bei seiner strengen Schwester und deren gutmütigem Mann, dem Schmied Joe Gargery, auf. Sein Leben nimmt eine überraschende Wendung, als ein anonymer Gönner ihm den Weg in die feine Londoner Gesellschaft ermöglicht. Zwischen seiner bescheidenen Herkunft und seinen großen Erwartungen an ein Leben als Gentleman muss Pip seinen Platz in der Welt finden. In den Nebeln der Marschlandschaft begegnet er düsteren Gestalten: der in ihrem verfallenen Herrenhaus eingesperrten Miss Havisham, die seit Jahrzehnten in ihrem Hochzeitskleid auf den treulosen Bräutigam wartet, und ihrer betörenden Ziehtochter Estella, die Pips Herz gewinnt. Charles Dickens schuf mit „Große Erwartungen“ einen meisterhaften historischen Roman über die englische Gesellschaft im viktorianischen Zeitalter.
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Seitenzahl: 959
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Charles Dickens
Große Erwartungen
Roman
Copyright © 2024 Novelaris Verlag
1. Auflage
ISBN: 978-3-68931-173-5
Kapitel 1: Eine Jugendbekanntschaft
Kapitel 2: Eine Familienszene
Kapitel 3: Das Zusammentreffen auf der Batterie
Kapitel 4: Die Wache kommt
Kapitel 5: Die Sträflingsjagd
Kapitel 6: Eine böse Nacht
Kapitel 7: Vertrauliche Abendunterhaltungen
Kapitel 8: Ein Schritt vorwärts im Leben
Kapitel 9: Reuige Bekenntnisse
Kapitel 10: Der seltsame Fremde
Kapitel 11: Der Zweikampf
Kapitel 12: Pips Besorgnisse und Hoffnungen
Kapitel 13: Pip kommt in die Lehre
Kapitel 14: Pips Lehrjahre
Kapitel 15: Gegenseitiger Unterricht
Kapitel 16: Der Mordanfall
Kapitel 17: Ein Sonntagsspaziergang
Kapitel 18: Der Anfang von Pips Erwartungen
Kapitel 19: Der Abschied von zu Hause
Kapitel 20: Mr. Jaggers in seinem Glanz
Kapitel 21: Ein alter Bekannter
Kapitel 22: Miss Havishams Geschichte
Kapitel 23: Erziehungsresultate
Kapitel 24: Mr. Jaggers Sehenswürdigkeiten
Kapitel 25: Pips neue Umgebung
Kapitel 26: Mr. Jaggers in seiner Häuslichkeit
Kapitel 27: Ein Besuch aus der Heimat
Kapitel 28: Neue Rätsel
Kapitel 29: Pip in Liebesschmerz
Kapitel 30: Doppelte Beichte
Kapitel 31 – Ein Bühnenkünstler
Kapitel 32: Ein Besuch in Wemmicks Gewächshaus
Kapitel 33: Pip als Reisekavalier
Kapitel 34: Pip ordnet seine Angelegenheiten
Kapitel 35: Ein Grab
Kapitel 36: Pip wird mündig
Kapitel 37: Ein Besuch in Wemmicks Schloß
Kapitel 38: Herzensverhältnisse
Kapitel 39: Die Entdeckung
Kapitel 40: Ein Sträfling als Gastfreund
Kapitel 41: Dunkle Zukunft
Kapitel 42: Des Sträflings Lebensgeschichte
Kapitel 43: Qualen der Eifersucht
Kapitel 44: Das Bekenntnis
Kapitel 45: Wemmick gibt guten Rat
Kapitel 46: Ein Besuch bei Herberts Braut
Kapitel 47: Ein Spion
Kapitel 48: Neue Rätsel
Kapitel 49: Der Abschied
Kapitel 50: Die Entdeckung
Kapitel 51: Mr. Jaggers in einem neuen Licht
Kapitel 52: Der geheimnisvolle Brief
Kapitel 53: In Todesgefahr
Kapitel 54: Flucht und Entdeckung
Kapitel 55: Eine unvermutete Trauung
Kapitel 56: Die Verurteilung
Kapitel 57: Das Krankenlager
Kapitel 58: Die Heimkehr
Kapitel 59: Das Wiedersehen
Cover
Table of Contents
Text
Der Familienname meines Vaters war Pirrip und mein eigener Taufname Philipp, eine Zusammenstellung, aus der meine Kinderzunge nichts Längeres oder Deutlicheres als Pip zu machen im Stande war. Ich nannte mich also Pip und wurde von aller Welt Pip genannt.
Ich halte Pirrip für den Familiennamen meines Vaters unter Bezugnahme auf seinen Grabstein und die Aussage meiner Schwester, der Frau Joe Gargery, die einen Schmied geheiratet hatte. Da ich meinen Vater und meine Mutter nie gesehen hatte und keine Portraits von ihnen besaß (denn sie lebten lange vor der Periode der Fotographie), so bildete ich mir meine ersten Ideen über sie, sehr unverständigerweise, nach ihren Grabsteinen.
Die Form der Buchstaben auf dem Grabstein meines Vaters ließ mich auf den seltsamen Gedanken kommen, dass er ein stämmiger, starker, brünetter Mann mit krausem, schwarzem Haare gewesen. Aus der Beschaffenheit der Inschrift: „Und Georgiana, Ehefrau des Obengenannten”, zog ich den kindischen Schluss, dass meine Mutter sommersprossig und kränklich gewesen sei. Fünf kleine Steinplatten, jede etwa anderthalb Fuß lang, lagen alle in einer zierlichen Reihe neben dem Grabe der Mutter und waren dem Andenken fünf kleiner Brüder von mir gewidmet, welche sich ungemein früh von dem allgemeinen Kampfe um die Existenz zurückgezogen. Diesen kleinen Steinen danke ich den Glauben, die Brüderchen wären alle auf dem Rücken liegend und mit den Händen in ihren Hosentaschen geboren worden, aus denen sie dieselben während ihrer irdischen Wallfahrt niemals herausgenommen.
Wir wohnten in der Marschgegend am Fluss, mit den Biegungen des Stromes etwa zwanzig englische Meilen von der See entfernt. Den ersten lebhaften und umfassendsten Eindruck von der Wirklichkeit der Dinge glaube ich an einem denkwürdigen kalten Nachmittag empfangen zu haben.
Damals—es war ziemlich gegen Abend—entdeckte ich mit Gewissheit, dass dieser öde, mit Nesseln überwachsene Platz der Kirchhof sei; dass Philipp Pirrip, weiland Mitglied dieses Sprengels, und Georgiana, Ehefrau des Obengenannten, tot und begraben waren; dass Alexander, Bartholomäus, Abraham, Tobias und Roger, Kinder des Obengenannten, dasselbe Schicksal erlitten hatten; dass die unwirkliche, flachen Ebene jenseits des Kirchhofs, welche—von Gräben, Dämmen und Schleusen durchschnitten—zerstreuten Viehherden zur Weide diente, die Marschen seien; dass die niedrige, bleifarbene Linie der Fluss; dass die ferne, wilde Wüste, aus welcher der Wind herüberbrauste, das Meer, und dass das kleine schaudernde Ding, das sich vor allem Diesen zu fürchten und deshalb zu weinen anfing, Pip war.
„Laß Dein Heulen!” rief eine schreckliche Stimme, und ein Mann sprang zwischen den Gräbern neben dem Vorhäuschen der Kirche empor. „Sei still, Du kleiner Satan, oder ich schneide Dir den Hals ab!”
Ein fürchterlicher Mann, ganz in einen groben, grauen Stoff gekleidet und mit einem großen Eisen am Beine. Ein Mann ohne Hut, mit zerrissenen Schuhen an den Füßen und einem alten Lumpen um den Kopf. Ein Mann, der von Wasser durchnässt, mit Schlamm bedeckt, von Steinen gelähmt und geritzt, von Nesseln gebrannt und von Dornen zerstochen war, welcher hinkte und zitterte und stierte und brummte, und dem die Zähne im Munde klapperten, als er mich beim Kragen fasste.
„O! schneiden Sie mir nicht den Hals ab, Sir,” flehte ich voll Schrecken;
„bitte tun Sie es nicht, Sir.”
„Wie heißt Du?” sagte der Mann. „Schnell!”
„Pip, Sir.”
„Noch einmal,” sagte der Mann, mich anstierend. „Heraus damit!”
„Pip, Pip, Sir.”
„Zeig uns, wo Du wohnst,” sagte der Mann. „Zeig uns den Ort!”
Ich deutete nach unserm Dorfe hin, das landeinwärts in der Ebene zwischen den Erlenbäumen und Weiden wohl etwas über eine Viertelstunde von der Kirche lag.
Der Mann kehrte mich nachdem er mich einen Augenblick betrachtet, unterst zu oberst und visitierte meine Taschen. Es fand sich in denselben nichts, als ein Stück Brot. Als die Kirche wieder feststand—denn der Mann war so flink und so stark, dass er sie vor mir einen Purzelbaum schießen ließ, wobei ich den Turm zwischen meinen Beinen erblickte—als, wie gesagt, die Kirche wieder feststand, saß ich zitternd auf einem hohen Grabsteine, während der Fremde gierig das Brot verzehrte.
„Du junger Hund Du,” sagte der Mann, mit den Lippen schmatzend,
„was Du für dicke Backen hast.”
Ich glaube, ich hatte dicke Backen, obgleich ich damals nur klein für meine Jahre und nicht sehr kräftig war.
„Ich will gehängt sein, wenn ich sie nicht essen könnte,” sagte der Mann, indem er drohend den Kopf schüttelte, „und ob ich nicht fast Lust dazu habe.”
Ich sprach die ernstliche Hoffnung aus, dass er es nicht tun werde, und klammerte mich fester an den Grabstein, teils um mich darauf zu erhalten, teils um das Weinen zu unterdrücken.
„Jetzt hör mich an!” sagte der Mann. „Wo ist Deine Mutter?”
„Da, Sir!” sagte ich.
Er sprang auf, rannte eine kurze Strecke fort, stand still und blickte über seine Schulter zurück.
„Da, Sir!” erklärte ich furchtsam. „Und Georgiana”—, lesen Sie. Das ist meine Mutter.”
„O!” sagte er zurückkommend. „Und ist das Dein Vater, da neben Deiner Mutter?”
„Ja, Sir,” sagte ich; „das ist er; weiland aus diesem Sprengel.”
„Ha!” murmelte er nachdenklich vor sich hin. „Bei wem lebst Du—gesetzt, ich bin so gut, Dich leben zu lassen, was noch gar nicht ausgemacht ist!”
„Bei meiner Schwester, Sir, Missis Joe Gargery,—Frau von Joe Gargery, dem Schmied, Sir.” „Schmied, wie?” sagte er und blickte auf seine Beine herab.
Nachdem er mehrere Male finster und bald mich und bald sein Bein angeblickt, trat er näher an meinen Grabstein heran, fasste mich bei beiden Armen und kippte mich so weit wie möglich hintenüber, so dass seine Augen auf das gewaltigste in die meinigen und meine Augen auf das hilfloseste in die seinigen schauten.
„Jetzt hör mich an,” sagte er, „es handelt sich drum, ob Du am Leben bleiben sollst, oder nicht. Weißt Du, was ’ne Feile ist?”
„Ja, Sir.”
„Und was Lebensmittel sind?’
“Ja, Sir.”
Nach jeder Frage kippte er mich tiefer hintenüber, um mir ein tieferes Gefühl der Hilflosigkeit und Gefahr zu geben.
„Du wirst mir eine Feile bringen;” hier kippte er mich hintenüber. „Und Du wirst mir Lebensmittel bringen.” Er kippte mich wieder. „Du wirst beides zu mir bringen.” Er kippte mich abermals. „Oder ich will Dir Herz und Leber ausreißen.” Er kippte mich zum vierten Male.
Mir wurde entsetzlich bange und so schwindelig, dass ich mich mit beiden Händen an ihn anklammerte und sagte: “Wenn Sie wohl so gut sein wollten, Sir, und mich aufrecht sitzen lassen, da würde mir vielleicht nicht übel werden und da könnte ich vielleicht besser aufpassen.”
Er kippte mich noch einmal ganz furchtbar hintenüber, so dass die Kirche eine Satz über ihren eigenen Wetterhahn machte. Dann stellte er mich aufrecht auf den kleinen Stein, hielt mich bei beiden Armen fest und fuhr auf folgende entsetzliche Weise fort: “Du wirst mir morgen in aller Frühe die Feile und die Lebensmittel bringen. Du wirst mir beides nach der alten Batterie hintragen. Dies wirst Du tun und Dich niemals unterstehen, ein Wort davon zu sagen, oder nur durch ein Zeichen zu verraten, dass Du Jemand wie mich, oder überhaupt Jemand gesehen hast, und dann sollst Du am Leben bleiben. Falls Du es nicht tust, oder auch nur in dem kleinsten Stücke, wie gering es auch sein mag, von meinen Worten abweichst, so wird man Dir Herz und Leber ausreißen, sie braten und aufessen. Ich bin nicht allein, wie Du dir vielleicht denkst. Es hält sich hier ein junger Mann mit mir versteckt, mit dem verglichen ich ein wahrer Engel bin. Dieser junge Mann hört, was ich sage. Dieser junge Mann versteh es, auf eine heimliche Art und Weise kleinen Jungen und ihren Herzen und Lebern beizukommen. Ein kleiner Junge würde ganz vergebens versuchen, sich vor diesem jungen Mann zu verstecken. Der kleine Junge mag seine Tür verschließen, mag warm im Bette liegen, mag sich noch so fest in seine Bettdecke wickeln, mag sie sogar über den Kopf ziehen, mag glauben, dass er in Gemütlichkeit und Sicherheit ist—der junge Mann wird sich sachte, sachte zu ihm schleichen und ihm den Bauch aufreißen. Ich halte den jungen Mann in diesem Augenblicke nur mit der größten Mühe davon ab, Dir ein Leid zu tun. Es wird mir sehr schwer, den jungen Mann zu bewegen, Deine Eingeweide in Ruhe zu lassen. Nun, was sagst Du?”
Ich sagte, ich wolle ihm die Feile besorgen, und was ich an Lebensmitteln aufbringen könne, und ihm Beides morgen ganz früh nach der Batterie bringen.
„Sag: Gott straf mich, wenn ichs nicht tue!” sagte der Mann.
Ich sagte es, und dann erst setzte er mich auf die Erde.
„Jetzt,” fuhr er fort, „denk an Das, wozu Du Dich verpflichtet hast, und denk an den jungen Mann, und mach, dass Du nach Hause kommst!”
„Gute Nacht, Sir,” sagte ich zitternd und rannte fort.
„Schöne Aussichten!” sagte er, indem er über die kalte, nasse Ebene hinschaute. „Ich wollt, ich wär ’n Frosch, oder ’n Aal!”
Dabei verschlang er seine Arme, wie wenn er seinen zitternden, schaudernden Körper zusammenhalten wollte, und hinkte der niedrigen Kirchenmauer zu. Als ich ihn dahingehen und seinen Weg suchen sah zwischen den Nesseln und Disteln, welche die kleinen Hügel umgaben, kam es meinen jungen Augen vor, als bemühe er sich, den Händen der Toten auszuweichen, welche diese vorsichtig aus ihren Gräbern herausstreckten, um ihn beim Knöchel zu packen und zu sich herabzuziehen.
Als er an die niedrige Kirchenmauer kam, stieg er wie ein Mann, dessen Beine steif und gelähmt sind, über dieselbe und schaute Sich dann nach mir um. Als ich dies sah, wandte ich mich schnell dem heimatlichen Dorfe zu und machte den besten Gebrauch von meinen Beinen. Nach einer kleinen Weile aber blickte ich nochmals über meine Schulter rückwärts und sah ihn wieder mit fest verschlungenen Armen dem Fluss zuschreiten, wobei er mit seinen wunden Füßen sich den Weg zwischen den großen Steinen aussuchte, welche man hier und dort auf den Marschen hingeworfen, damit sie in schwerem Regenwetter oder zur Flutzeit als Schrittsteine dienten.
Die Marschen waren, als ich stillstand und ihm nachsah, nichts als eine lange, schwarze, horizontale Linie; der Fluss eine eben solche horizontale Linie, nur lange nicht so breit oder so schwarz, und der Himmel eine Reihe langer, zornig roter und rabenschwarzer Streifen. Am Rande des Fluss vermochte ich noch eben die einzigen beiden dunkeln Gegenstände zu unterscheiden, die in dieser ganzen Aussicht aufrecht zu stehen schienen; der eine derselben war die Feuerbake, nach welcher die Seeleute steuerten —sie sah aus wie eine defekte, auf eine Stange gespießte Tonne—ein hässliches Ding in der Nähe gesehen; der andere ein Galgen, an dem noch die Ketten hingen, in welchen einst ein Pirat gebaumelt hatte. Der Mann humpelte dem Galgen zu, wie wenn er der Pirat gewesen, der wiederaufgelebt, heruntergekommen und jetzt zurückginge, um sich selbst wieder aufzuhängen. Dieser Gedanke verursachte mir ein furchtbares Entsetzen, und als ich sah, wie das Vieh die Köpfe aufrichtete, um dem Fremden nachzublicken, erging ich mich in Mutmaßungen, ob es wohl denselben Gedanken habe. Ich schaute mich rings nach dem schrecklichen jungen Manne um, konnte aber nirgend eine Spur von ihm erblicken. Jetzt aber fing mirs wieder an zu grauen, und ich rannte, ohne mich ferner aufzuhalten, nach Hause.
Meine Schwester, Frau Joe Gargery, war über zwanzig Jahre älter als ich und stand bei sich selbst und bei den Nachbarn in dem hohen Ruf, mich durch die Hand aufgefüttert zu haben. Da ich zu jener Zeit für eine Erklärung dieses Ausdrucks auf mich selbst angewiesen war, und da ich wusste, dass sie eine harte und schwere Hand besaß, die sie gewohnt war, ihren Mann sowohl als mich ziemlich oft fühlen zu lassen, kam ich zu dem Schlusse, dass Joe Gargery und ich, Beide durch ihre Hand aufgezogen waren.
Meine Schwester war keine hübsche Frau, und ich hatte eine unbestimmte Idee, dass sie Joe Gargery „durch die Hand” vermocht haben musste, sie zu heiraten. Joe war ein blonder Mann mit flachsfarbenen Locken zu beiden Seiten seines glatten Gesichts und mit Augen von einem so hellen Blau, dass Sie mit ihrem eigenen Weiß zusammenzulaufen schienen. Er war ein sanfter, gutmütiger, freundlicher, Gemütlicher, närrischer, lieber Kerl—ein Art Hercules an Kraft, und auch an Schwäche.
Meine Schwester, Frau Joe, mit schwarzem Haar und schwarzen Augen, hatte eine so vorherrschend rote Haut, dass ich oft die Vermutung hegte, sie wasche sich, anstatt sich der Seife zu bedienen, mit einer Feile. Sie war eine große, knochige Gestalt und trug fast immer eine grobe Schürze, welche hinten durch zwei Schleifen zusammengehalten wurde und vorn einen viereckigen, unnahbaren Latz hatte, der beständig voller Näh und Stecknadeln stak. Sie machte es sich selbst zu einem gewaltigen Verdienst und Joe zu einem großen Vorwurfe, dass sie immer diese Schürze trug; —obgleich ich eigentlich gar keinen Grund sehe, weshalb sie dieselbe überhaupt hätte tragen sollen; oder warum sie die Schürze, wenn sie sie wirklich trug, nicht jeden Tag hätte ablegen können. Joes Schmiede grenzte an unser Haus, welches von Holz war, wie zu jener Zeit viele Häuser in unserer Gegend, fast alle. Als ich vom Kirchhofe nach Hause gerannt kam, war die Schmiede zugeschlossen und Joe saß allein in der Küche. Da Joe und ich Leidensgefährten waren und als solche einander gegenseitiges Vertrauen schenkten, so machte er mir, sowie ich die Tür öffnete und nach der Stelle hinschaute, an der er saß—am Kamine nämlich, der Tür gegenüber—eine vertraute Mitteilung.
„Missis Joe ist wohl ein Dutzend Mal draußen gewesen, um Dich zu suchen, Pip. Und jetzt ist sie wieder ’naus, ums Bäckerdutzend voll zu machen.”
„Wahrhaftig?”
„Ja, Pip,” sagte Joe, „und was noch schlimmer ist, sie hat den „faulen Peter” mitgenommen.”
Bei dieser betrübenden Nachricht begann ich den einzigen Knopf an meiner Weste um und um zu drehen und mit großer Bekümmernis ins Feuer zu blicken. Der faule Peter war ein Rohrstock, der durch die häufige Berührung mit meinem armen Körper bereits blank und glatt geworden.
„Sie setzt sich,” sagte Joe, „und sie steht wieder auf, und packt Peter und dann klabastert sie ’naus. Das tat sie”, sagte Joe, indem er langsam zwischen den beiden untersten Eisenstäben das Feuer lichtete und es aufmerksam betrachtete; „sie klabasterte ‘naus, Pip.”
„Ist sie schon lange fort, Joe?” Ich behandelte ihn stets wie eine größere Art von Kind und wie nicht mehr als Meinesgleichen.
„Je nun,” sagte Joe, nach der Wanduhr hinaufblickend, „sie ist dies letzte Mal wohl schon seit fünf Minuten ‘naus klabastert, Pip. Sie kommt! Hinter die Tür, alter Junge, und halt Dir das Handtuch vor!
Ich befolgte seinen Rat. Meine Schwester, Frau Joe, welche die Tür weit öffnete und ein Hindernis dahinter fühlte, erriet augenblicklich, worin dasselbe bestand, und benutzte Peter zur näheren Untersuchung desselben. Sie endete damit, dass sie mich Joe zuwarf—ich diente ihr häufig als eheliches Wurfstück— welcher, froh, unter irgendwelchen Bedingungen meiner habhaft zu werden, mich in den Kamin schob und mit seinem großen Beine eine Schutzmauer vor mir machte.
„Wo bist Du gewesen, Du Fratz Du?” sagte Frau Joe mit dem Fuß stampfend. „Sag mir augenblicklich, was Du gemacht hast, um mich wieder einmal zu Tode zu ängstigen und zu ärgern, oder ich will Dich schon aus dem Kamin herauskriegen, und wenn fünfzig Pipse und fünfhundert Gargerys mich hindern wollten.
„Ich bin bloß auf dem Kirchhofe gewesen,” sagte ich von meinem Winkel aus, indem ich weinend meinen geschlagenen Körper rieb.
„Aufm Kirchhof!” rief meine Schwester aus. „Ja, wäre ich nicht gewesen, so wärst Du längst aufm Kirchhof und bliebst auch dort. Wer hat Dich mit der Hand aufgefüttert?”
„Du,” sagte ich.
Und warum hab ich es getan, das möcht ich wissen! fuhr meine Schwester fort.
„Das weiß ich nicht,” winselte ich.
„Und ich ganz und gar nicht!” sagte meine Schwester. „Ich würd’s nicht zum zweiten Male tun. Das weiß ich. Ich kann mit Wahrheit sagen, dass ich, seit Du geboren bist, diese Schürze nicht mehr abgelegt habe. Es ist schon schlimm genug, eine Schmiedsfrau zu sein (und noch dazu eines Gargery), ohne auch noch Deine Mutter sein zu müssen.”
Meine Gedanken wanderten von dieser Frage ab, als ich kummervoll ins Feuer blickte. Denn in der wechselnden Glut der Kohlen erhob sich vor den Augen meines Geistes der Flüchtling in den Marschen mit dem Eisen am Beine, der geheimnisvolle junge Mann, die Feile, die Lebensmittel und das furchtbare Gelübde, dem ich mich unterzogen: in diesen schützenden Mauern einen Diebstahl zu begehen.
„Ja!” sagte Frau Joe, indem sie Peter seinem Nagel zurückgab. „Aufm Kirchhof! Ihr habt ganz recht, Ihr Beide, wenn Ihr vom Kirchhofe sprecht!
(Einer von uns hatte, beiläufig gesagt, desselben gar nicht erwähnt.) Ihr werdet mich noch früh genug dahin bringen, Ihr Beide, und o, ein nettes Paar werdet Ihr abgeben, ohne mich!”
Da sie mit dem Ordnen des Teegeschirres beschäftigt war, sah Joe über sein Bein auf mich herab, wie wenn er sich im Stillen eine Berechnung mache, welch eine Art von Paar wir Beide unter den soeben geweissagten schmerzlichen Umständen wohl in Wirklichkeit abgeben würden. Darauf saß er da und spielte mit seinem Barte und seiner rechten Flachslocke und folgte Frau Joes Bewegungen mit seinen blauen Augen, wie es bei stürmischem Wetter seine Gewohnheit war.
Meine Schwester hatte eine Entschiedenheit in ihrer Art, Butterbrot für uns zu schneiden, die sich immer gleichblieb. Sie drückte das Brot zuerst mit der Linken eng und fest an ihren Latz—aus dem sich zuweilen eine Stecknadel, zuweilen eine Nähnadel in dasselbe einschlich, die wir hernach in den Mund bekamen. Dann nahm sie mit dem Messer etwas Butter (nicht zu viel) und strich dieselbe über das Brot hin, fast auf Apothekermanier, wie wenn sie ein Pflaster striche—wobei sie sich mit einer schlagenden Gewandtheit beider Flächen des Messers bediente und rund um die Rinde her die Butter abputzte. Dann strich sie das Messer zu guter Letzt noch einmal scharf auf einer Ecke des Pflasters ab und sägte die Scheibe endlich sehr dick rund um das Brot herum; ehe sie dieselbe jedoch von dem Brot trennte, hackte sie sie in zwei Hälften, von denen Joe die eine erhielt und ich die andere.
Bei dieser Gelegenheit indessen wagte ich ungeachtet meines großen Hungers nicht, mein Stück zu essen. Ich fühlte, dass ich für meinen furchtbaren Bekannten und den noch fürchterlichen jungen Mann, seinen Verbündeten, etwas in Reserve halten müsse. Ich wusste, dass Frau Joe ihren Haushalt mit der strengsten Genauigkeit führte, und dass ich in meinen diebischen Nachsuchungen möglicherweise nichts Brauchbares in der Speisekammer finden würde. Deshalb beschloss ich, mein Stück Butterbrot in mein Hosenbein hinabgleiten zu lassen.
Ich fand die Willensanstrengung, deren es zur Ausführung dieses Vorhabens bedurfte, wahrhaft überwältigend. Mir war, als habe ich mich zu entschließen, von dem Dache eines sehr hohen Hauses zu springen, oder als solle ich mich in ein sehr tiefes Wasser stürzen. Und unbewußterweise erschwerte mir Joe noch mein Vorhaben. In unserer bereits erwähnten Freimaurerei als Leidensgefährten und in seiner Gutmütigkeit gegen mich, war es Abends unsere Gewohnheit, die Art und Weise zu vergleichen, in der wir durch unsere Butterschnitte bissen, indem mir dieselben hin und wieder schweigend zu gegenseitiger Bewunderung emporhielten— was uns zu neuen Anstrengungen anstachelte. Heute Abend forderte Joe mich zu wiederholten Malen durch Hindeutung auf seine schnell abnehmende Butterschnitte zu unserm gewöhnlichen, freundschaftlichen kleinen Wettstreite auf; aber er sah mich jedes Mal nur mit meinem gelben Teebecher auf dem einen und meiner unberührten Butterschnitte auf dem andern Knie dasitzen. Endlich kam ich verzweiflungsvoll zu der Überzeugung, dass es geschehen müsse, und zwar lieber auf die unter den Umständen am wenigsten unwahrscheinliche Art und Weise. Ich benutzte einen Augenblick, wo Joe mich eben angeschaut hatte, und ließ meine Butterschnitte in mein Hosenbein hinabgleiten.
Joe war augenscheinlich besorgt über Das, was er für einen Appetitverlust hielt, und tat einen nachdenklichen Biss in seine Schnitte, der ihm jedoch gar nicht recht zu munden schien. Er drehte den Bissen länger als gewöhnlich im Munde hin und her, dachte lange darüber hin und her und verschluckte ihn endlich wie eine Pille. Er war im Begriffe, einen neuen Biss zu tun, und hatte, um dies desto wirksamer auszuführen, den Kopf bereits auf eine Seite geneigt, als seine Blicke auf mich fielen und er sah, dass meine Butterschnitte verschwunden war.
Die Verwunderung und Bestürzung, in der Joe vor seinem folgenden Einbeißen innehielt und mich anstierte, waren zu augenfällig, um der Beobachtung meiner Schwester zu entgehen.
„Was gibts?” sagte sie scharf, indem sie ihre Tasse niedersetzte.
„Du, weißt Du!” murmelte Joe mit ernstlicher Vorstellung den Kopf gegen mich schüttelnd. Pip, alter Junge! Du wirst Dir Schaden tun. Es wird irgendwo feststecken. Du kannst es unmöglich gekaut haben, Pip.”
“Was ist wieder los?” frug meine Schwester nochmals und zwar noch schärfer als zuvor.
„Wenn Du Etwas davon wieder aufhusten könntest, Pip, so würd ich Dir raten, es zu tun,” sagte Joe mit verblüfftem Gesichte. „Jeder auf seine Weise, aber Deine Gesundheit geht vor.”
Meine Schwester war jetzt außer sich geraten; sie stürzte auf Joe zu, und indem sie ihn mit beiden Händen beim Backenbarte fasste, klopfte sie eine Weile mit seinem Kopfe an die Wand hinter ihm, während ich stumm im Winkel saß und mit schuldbewusstem Gemüte zuschaute.
„Jetzt wirst Du vielleicht so gut sein, zu sagen, was es gibt,” sagte meine Schwester außer Atem, „siehst aus wie ein großes, stierendes, gestochenes Schwein.”
Joe blickte sie hilflos an, tat einen hilflosen Biss und blickte dann wieder mich an.
„Du weißt, Pip,” sagte Joe feierlich, mit dem letzten Bissen im Munde, und in einem vertraulichen Tone, wie wenn wie beide ganz allein gewesen wären; „Du und ich wir sind immer Freunde und ich wollte der Letzte sein, der Dich verklatschte. Aber solch ein”—er rückte seinen Stuhl und sah zwischen uns auf den Boden und dann wieder auf mich—“aber solch ein Stück auf einmal zu verschlingen!”
„Schlingt wieder sein Essen hinter, was?” rief meine Schwester.
„Du weißt, alter Junge,” sagte Joe, indem er mit dem Bissen im Munde noch immer mich anstierte, anstatt Frau Joe anzusehen; ich hab auch das Schlingen gekonnt, als ich in Deinem Alter war, und hab manchen gekannt, der’s konnte—aber so wie bei Dir ist mir’s noch nicht vorgekommen, und es ist eine Gnade von Gott, dass Du Dich nicht tot geschluckt hast, Pip.”
Meine Schwester bückte sich nach mir, und langte mich bei den Haaren herauf, wobei sie nichts weitersagte, als die fürchterlichen Worte: „Jetzt kommst Du mit und nimmst Medizin.”
Es hatte zu jener Zeit irgendein medizinisches Ungeheuer wieder das Teerwasser als eine ausgezeichnete Medizin in die Mode gebracht, und Frau Joe hielt sich von demselben stets einen Vorrat im Schranke, indem sie ihm Tugenden zuschrieb, die mit seiner Abscheulichkeit korrespondierten. Es wurde mir von diesem Elixier schon für gewöhnlich so viel als ausgesuchtes Stärkungsmittel eingeflößt, dass ich mit dem Geruche eines neu geteerten Stakets umherzugehen pflegte. An diesem Abende aber erforderte die besondere Dringlichkeit des Falles ein ganzes Röfel von dieser Mischung, welche mir zur größeren Bequemlichkeit in den Hals gegossen wurde, wobei Missis Joe meinen Kopf unter ihrem Arme hielt, wie ein Stiefelknecht einen Stiefel hält. Joe kam mit einem halben Röfel davon, das er (zu seiner großen Verwirrung, während er langsam kauend und grübelnd vor dem Feuer saß) verschlucken musste, „weil er einen Anfall gehabt”.
Nach mir selbst zu urteilen, musste er jedenfalls nachher einen Anfall haben, falls er vorher noch keinen gehabt.
Es ist etwas Furchtbares um das Gewissen, wenn es einen Mann oder einen Knaben anklagt; wenn aber—im Falle des Knaben—die heimliche Last desselben noch mit einer andern heimlichen Last in seinem Hofenbeine zusammenwirkt, so ist es (wie ich bezeugen kann) eine schwere Strafe. Das schuldvolle Bewusstsein, dass ich im Begriffe sei, Mrs. Joe zu bemausen—es fiel mir nicht einen Augenblick ein, dass ich Joe selbst bestehlen würde, da mir die Haushaltgegenstände nie wie sein Eigentum erschienen waren— vereint mit der Notwendigkeit, fortwährend eine meiner Hände auf der Butterschnitte zu halten, während ich saß oder Befehle meiner Schwester in der Küche auszuführen hatte, trieb mich fast zum Wahnsinn.
Dann schien es mir, als die Marschwinde das Feuer leuchten und flackern machten, als ob ich draußen die Stimme des Mannes mit dem Eisen am Beine hörte, der mich Verschwiegenheit hatte schwören lassen, welche Stimme erklärte, er könne und wolle nicht mehr bis morgen hungern, sondern müsse sofort gefüttert werden. Dann wieder dachte ich; wenn nun der junge Mann, den man mit so großer Mühe abgehalten, seine Hände mit meinem Blute zu beflecken, seiner angeborenen Ungeduld nachgäbe oder ein Versehen in der Zeit machte und sich, anstatt morgen, schon heute Nacht zu meinem Herzen und meiner Leber berechtigt fühlte! Wenn jemals eines Menschen Haar vor Entsetzen zu Berge gestanden, so muss das mit dem meinigen bei diesem Gedanken der Fall gewesen sein. Aber vielleicht ist dies noch niemals vorgekommen?
Es war der heilige Weihnachtsabend, und ich hatte von sieben bis acht— nach der Wanduhr—mit einem Kupferlöffel den Pudding für den nächsten Tag zu rühren. Ich versuchte dies mit der Last an meinem Beine (und das erinnerte mich wieder an den Mann mit der Last an seinem Beine), und fand es unbeschreiblich schwer, die Butterschnitte bei der Bewegung nicht am Knöchel herausgleiten zu lassen. Glücklicher Weise gelang es mir, einen Augenblick fortzuschlüpfen, und diesen Teil meiner Gewissenslast in meine Bodenkammer niederzulegen.
„Horch!” sagte ich, als ich mit dem Rühren fertig war und mich zum Schluss, ehe man mich zu Bette schickte, noch einmal in der Kaminecke durchwärmte; „war das ‘ne Kanone, Joe?”
„Ja!” sagte Joe. „Wieder ein Sträfling ausgekratzt.”
„Was heißt das, Joe?” sagte ich.
Frau Joe, die stets jede Erklärung übernahm, sagte ziemlich bissig: „Entwischt, entwischt;” indem sie uns die Definition ungefähr wie das Teerwasser zukommen ließ.
Während Mrs. Joe sich über ihre Handarbeit beugte, bildete ich mitmeinen Lippen für Joe die Worte: „Was ist ein Sträfling?” Joe bildete mit seinen Lippen eine so künstliche Antwort, dass ich nichts als das Wort „Pip” daraus entnehmen konnte.
„Es ist gestern Abend nach dem Sonnenuntergangsschuss ein Sträfling entwischt,” sagte Joe laut, „und sie gaben den Signalschuß für ihn. Und jetzt geben sie das Signal für einen andern Entwischten.”
„Wer schießt?” sagte ich.
„Zum Henker mit dem Jungen!” sagte meine Schwester, indem sie über ihre Arbeit hinweg die Stirne gegen mich runzelte. „Was der fragen kann!
Thu Du keine Fragen, und man wird Dir keine Lügen sagen.”
Mir schien, dass sie nicht sehr höflich gegen sich war, indem sie andeutete, dass, falls ich ihr Fragen vorlegen, sie mir Lügen sagen würde. Aber sie war nie sehr höflich, außer wenn Besuch da war.
Hier vemehrte Joe meine Neugierde noch um ein Bedeutendes dadurch, dass er sich unbeschreibliche Mühe gab, um seinen Mund sehr weit zu öffnen und mit seinen Lippen ein Wort zu bilden, das mir wie „Hund” aussah. Ich deutete daher natürlich auf Frau Joe und bildete mit meinen Lippen das Wort „sie?” Aber Joe wollte davon gar nicht hören, sondern öffnete nochmals den Mund und brachte die Form eines sehr nachdrücklichen Wortes heraus. Aber ich verstand es nicht im Geringsten.
„Mrs. Joe,” sagte ich, zu meinem letzten Hilfsmittel greifend, „ich möchte gern wissen—wenn Sie so gut sein wollen—wo das Schießen herkommt?”
„Gott erbarme sich des Jungen!” rief meine Schwester aus, als ob sie das eigentlich nicht meine, sondern vielmehr das Gegenteil. „Von den Hulks.”
„O, o!” sagte ich, Joe anblickend: „Hulks!”
Joe hustete vorwurfsvoll, wie wenn er sagen wollte: „Na, ich hab’s Dir ja gesagt.”
„Und bitte, was sind die Hulks?” sagte ich.
„So geht es mit diesem Jungen!” rief meine Schwester aus, indem sie mit ihrer Nähnadel auf mich wies und ihr Haupt gegen mich schüttelte.
„Man beantworte ihm nur eine Frage, und er ist gleich mit einem Dutzend bei der Hand. Hulks sind Gefangenenschiffe, drüben über den Marschen.”
„Ich möchte wohl wissen, wer in die Gefangenenschiffe kommt, und warum man dahin kommt?” sagte ich, wie beiläufig, mit ruhiger Todesverachtung.
Dies war zu viel für Frau Joe, welche sich augenblicklich erhob. „Ich will Dir was sagen, Junge,” sagte sie; „ich hab Dich nicht mit der Hand aufgezogen, damit Du die Leute zu Tode ärgerst. Es wäre sonst eine Schande für mich, anstatt eines Ruhmes. Man bringt die Leute in die Hulks, weil sie gemordet, gestohlen, gefälscht und allerlei Schlechtigkeiten begangen haben; und sie haben immer damit angefangen, dass sie Fragen getan haben.
Jetzt zu Bett mit Dir!”
Man gestattete mir niemals ein Licht, um zu Bette zu gehen, und als ich im Finstern die Treppe hinan stieg, wobei mir die Ohren sausten—da Frau Joe ihre letzten Worte damit begleitet hatte, dass sie mit ihrem Fingerhute das Tambourin auf meinem Kopfe spielte—hatte ich ein fürchterliches Bewusstsein von der großen Bequemlichkeit, dass die Hulks so nahe für mich lagen. Es war klar, dass ich mich auf dem Wege zu ihnen befand. Ich hatte mit Fragen den Anfang gemacht, und war auf dem Punkte, Frau Joe zu bestehlen.
Seit jener Zeit, die jetzt sehr fernliegt, habe ich oft daran gedacht, wie wenige Menschen wissen, wie verschlossen Kinder durch Furcht werden. Es ist einerlei, wie unverständig diese Furcht, so lange es Furcht ist. Ich war in einer tödlichen Furcht vor dem jungen Manne, der mein Herz und meine Leber begehrte; ich war in tödlicher Furcht vor meinem Bekannten mit dem gefesselten Beine; ich war in tödlicher Furcht vor mir selber, dem man ein fürchterliches Versprechen abgenommen hatte; ich durfte von meiner sonst allmächtigen Schwester, die mich bei jedem Worte fast zurückstieß, keine Hilfe hoffen; ich wage nicht, daran zu denken, was ich im Notfalle in der Verschwiegenheit meiner Furcht zu tun im Stande gewesen wäre.
Falls ich in dieser Nacht überhaupt schlief, so war dies nur um zu träumen, dass ich mit einer starken Springflut den Hulks zu schwamm, während ein gespenstischer Pirat, als ich an der Galgenstation vorüberkam, mir durch ein Sprachrohr zurief, ich möge nur ans Land kommen und mich gleich dort hängen lassen, und es nicht erst hinausschieben. Ich fürchtete mich, einzuschlafen, selbst wenn ich dazu geneigt gewesen wäre, denn ich wusste, dass ich beim ersten Grauen des Morgens die Speisekammer zu bestehlen hatte. Es war mir dies in der Nacht nicht möglich, denn es gab damals noch keine Zündhölzchen, die man durch leichte Reibung entzündete. Ich hätte, um ein Licht anzumachen, dasselbe mit einem Stahl und Feuerstein anschlagen und einen Lärm machen müssen, wie der Pirat ihn mit seinem Kettenrasseln nicht schlimmer machte.
Sobald sich die große, schwarzsamtene Leichendecke draußen vormeinem Fenster mit Grau zu vermischen begann, stand ich auf und ging hinunter. Jede Stufe, und jedes Knarren jeder Stufe, rief mir nach: „Haltet den Dieb!” und: „Stehen Sie auf, Frau Joe!” In der Speisekammer, welche wegen der Festzeit weit besser versehen war, als gewöhnlich, erschrak ich heftig über einen Hasen, der bei den Beinen aufgehangen war, und der, wie es mir vorkam, mit einem Auge blinzelte, als ich ihm halb den Rücken gewandt hatte. Ich hatte keine Zeit, um mich von der Richtigkeit meiner Vermutung zu überzeugen, keine Zeit, um eine Wahl zu treffen, keine Zeit zu irgend Etwas, denn ich hatte keine Zeit zu verlieren. Ich stahl etwas Brot, etwas Käserinde, einen zur Hälfte gefüllten Krug mit gehacktem Fleische (den ich mit meiner Butterschnitte von gestern Abend in mein Taschentuch einknotete), etwas Rum aus einem Steinkruge (den ich in ein Fläschchen goss, in welchem ich mir heimlich auf meiner Kammer jenes begeisternde Getränk, genannt Lakritzensaft, bereitete, worauf ich den Inhalt des Steinkruges aus einem Topfe im Küchenschranke verdünnte, einen Knochen mit sehr wenigem Fleisch daran, und eine schöne, kompakte runde Fleischpastete. Ich wäre beinahe ohne die Pastete fortgegangen, hätte ich mich nicht veranlasst gefühlt, auf eines der Bretter zu steigen, um mich zu überzeugen, was es sei, das man so sorgfältig in einer verdeckten irdenen Schale in eine Ecke geschoben; und da ich fand, dass es die Pastete war, so nahm ich dieselbe, in der Hoffnung, dass sie nicht zum baldigen Verspeisen bestimmt sein und daher fürs Erste nicht vermisst werden würde.
In der Küche befand sich eine Tür, durch welche man in die Schmiede gelangte; ich schloss die Tür auf, schob den Riegel zurück und nahm unter Joes Werkzeugen eine Feile heraus. Dann schloss ich Alles wieder, wie ich es gefunden hatte, öffnete die Tür, durch welche ich gestern Abend, als ich nach Hause gelaufen kam, eingetreten war, schloss sie wieder und rannte den nebeligen Marschen zu.
Es war ein nebeliger, nasskalter Morgen. Ich hatte die Nässe an der Außenseite meines kleinen Fensters gesehen, wie wenn irgendein Kobold dort die ganze Nacht geweint und das Fenster als Taschentuch benutzt hätte.
Ich gewahrte sie jetzt in den kahlen Hecken und auf dem spärlichen Grase, wo sie sich wie eine grobe Art von Spinngewebe von Zweig zu Zweig, von einem Halm zum andern spannte. Schlüpfrige Feuchtigkeit lag auf jedem Staket, auf jedem Pförtchen, und der Marschnebel war so dicht, dass die hölzerne Hand des Wegweisers, welcher den Leuten den Weg in unser Dorf wies—eine Weisung, der sie niemals folgten, denn sie kamen nie—mir unsichtbar blieb, bis ich unter dieser Hand stand. Als ich zu ihr hinaufblickte und sie mich betröpfelte, erschien sie meinem bedrängten Gewissen als ein Gespenst, das mich den Hulks weihte.
Der Nebel wurde noch dichter, als ich in die Marschen hinauskam, so dass Alles auf mich loszulaufen schien, anstatt dass ich auf Alles loslief.
Dies war sehr unangenehm für ein schuldbeladenes Gemüt. Die Gräben, Schleusen und Dämme kamen durch den Nebel hindurch auf mich zugestürzt, als ob sie mit der größten Deutlichkeit ausriefen: Ein Junge mit einer gestohlenen Schweinfleischpastete! Haltet ihn!
Die Rinder standen mit derselben Plötzlichkeit vor mir, und in ihren stierenden Augen und dampfenden Nüstern lag ein unverkennbares: Hollah, Du junger Dieb! Ein schwarzer Ochse mit einer weißen Krawatte—der für mein erwachendes Gewissen sogar etwas Geistliches hatte—fixierte mich so hartnäckig mit den Augen und drehte seinen dicken Kopf auf so anklagende Weise nach mir um, als ich mich umschaute, dass ich ihm zuschluchzte:“Ich konnte nichts dafür, Sir! ich hab’s nicht für mich selbst genommen!” —worauf er den Kopf neigte, eine Dampfwolke aus den Nüstern blies und mit den Hinterbeinen ausschlagend und mit dem Schweife den Nebel peitschend verschwand.
Unterdessen näherte ich mich dem Fluss. Aber, wie schnell ich auch trabte, ich vermochte nicht, meine Füße zu erwärmen; die nasse Kälte schien an sie angenietet zu sein, wie das Eisen an das Bein des Mannes, zu dem ich hineilte. Ich war mit dem Wege nach der Batterie ziemlich bekannt, denn ich war einmal sonntags mit Joe dort gewesen, und Joe hatte mir— auf einer alten Kanone sitzend—gesagt, sobald ich erst regelmäßig bei ihm in der Lehre sein würde, wollten wir rechten Jux dort haben!
Von dem Nebel aber völlig verwirrt, war ich, wie ich bemerkte, etwas zu weit nach rechts gegangen, und musste deshalb am Flussufer entlang auf den wackelnden Steinen, die sich über den Schlamm erhoben, und neben den Pfählen, welche die Wassergrenze zur Flutzeit bezeichneten, zurückgehen. Indem ich in großer Eile meinen Weg verfolgte und eben über einen Graben gesprungen war, von welchem ich wusste, dass er ganz nahe bei der Batterie sei, und jetzt den kleinen Hügel jenseits des Grabens hinan kletterte, sah ich plötzlich den Mann vor mir sitzen. Sein Rücken war mir zugewandt und er saß mit verschlungenen Armen und im schweren Schlafe vorwärts nickend da.
Ich dachte mir, er würde sich noch mehr über sein Frühstück freuen, wenn ich auf unerwartete Weise mit demselben vor ihn hinträte, und ging deshalb leise näher und berührte seine Schulter. Er sprang augenblicklich in die Höhe, und da war es nicht der bekannte, sondern ein ganz anderer Mann!
Und doch war dieser Mann ebenfalls in einen groben grauen Stoff gekleidet, und hatte ebenfalls ein Eisen an seinem Bein, und war lahm und heiser und halb erfroren, kurz ganz wie der andere Mann, ausgenommen, dass er nicht dasselbe Gesicht hatte und dass er einen niedrigen breitrandigen Filzhut trug. Alles dies sah ich in einem Augenblicke, denn er war mir überhaupt nur ein Augenblick vergönnt, um es zu sehen. Er stieß einen Fluch gegen mich aus, schlug nach mir—doch es war ein weit ausgeholter aber kraftloser Schlag an mir vorbei in die Luft, so dass er davon fast gefallen wäre, denn er stolperte schon—und lief dann in den Nebel hinein, wobei er noch zwei Mal stolperte,—und dann sah ich ihn nicht mehr.
„Es ist der junge Mann!” dachte ich, und der Gedanke ging mir wie ein Schuss durchs Herz; ich hätte wahrscheinlich auch in der Leber einen Schmerz gefühlt, wenn ich gewusst hätte, wo diese sitzt.
Ich langte darauf bald in der Batterie an, und hier fand ich den rechten Mann, der auf mich wartete, indem er mit verschlungene Armen auf und ab hinkte, und aussah, als ob er dieses Geschäft die ganze Nacht fortgesetzt habe. Es fror ihn wirklich ganz entsetzlich. Ich erwartete fast, ihn vor mir niederstürzen und vor Kälte sterben zu sehen. Auch stierten seine Augen so furchtbar hungrig, dass mir der Gedanke kam, als ich ihm die Feile reichte, er würde sie zu essen versucht haben, falls er nicht mein Bündel gesehen.
Er drehte mich dies Mal nicht kopfüber, um sich Das zu verschaffen, was ich bei mir hatte, sondern ließ mich aufrecht stehen, während ich mein Bündel öffnete und meine Taschen leerte.
„Was hast Du in der Flasche, Junge?” sagte er.
„Rum,” sagte ich.
Er war bereits beschäftigt, auf die merkwürdigste Weise von dem gehackten Fleische in seinen Hals hinunter zu werfen—mehr wie Jemand, der in größter Eile Etwas bei Seite tut, als wie Jemand der isst—aber er unterbrach sich, um der Flasche zuzusprechen. Er zitterte hierbei so heftig, dass es mir ein Wunder schien, wie er den Hals der Flasche zwischen den Zähnen hielt, ohne ihn abzubeißen.
„Ich glaube, Sie haben das kalte Fieber,” sagte ich.
„Darin bin ich ziemlich Deiner Ansicht, Junge,” sagte er.
„Es ist sehr schlimm in dieser Gegend,” fuhr ich fort; „Sie haben hier draußen in den Marschen gelegen und die sind schrecklich kaltfieberig und rheumatisch.”
„Ich will wenigstens frühstücken, ehe sie mich umbringen,” sagte er.
„Ich will mein Frühstück essen, und wenn ich gleich hinterher da drüben an dem Galgen baumeln müsste. Ich will wenigstens soweit Herr über dies Zittern sein, das versprech ich Dir.”
Dabei aß er fortwährend von dem gehackten Fleische, dem Braten, dem Brote, Käse und der Schweinefleischpastete—und von Allem zu gleicher Zeit, wobei er jedoch misstrauisch in den Nebel stierte, der uns umgab, und oft innehielt—im Kauen sogar— um zu horchen. Irgendein wirklicher oder eingebildeter Schall, etwa ein Klirren auf dem Fluss oder das Schnauben eines der Ochsen auf den Marschen, machte ihn jetzt zusammenfahren, und er sagte plötzlich: “Du bist doch kein hinterlistiger kleiner Teufel? Du hast doch wohl Niemand mitgebracht?”
„Nein, Sir! Nein!”
„Oder hast Du irgend Jemand aufgetragen, Dir nachzugehen?”
„Nein!”
„Nun”, sagte er, „ich glaube Dir. Du wärest wahrhaftig ein boshafter junger Hund, wenn Du in Deinen Jahren schon im Stande wärest, ein elendes Geschöpf jagen zu helfen, das dem Tode und Düngerhaufen so nahe gehetzt ist, wie ich elendes Geschöpf es bin.”
Es klang Etwas bei ihm, als wenn er ein Uhrwerk im Halse hatte, das im Begriffe war zu schlagen, und er fuhr mit seinem zerlumpten, groben Ärmel über seine Augen.
Da er mir in seiner Verlassenheit leid tat und ich sah, wie er sich allmählig durch die Pastete beruhigte, fasste ich Mut, zu sprechen: “Es freut mich, dass es Ihnen schmeckt.”
„Sagtest Du was?”
„Ja, ich sagte, es freute mich, dass es Ihnen schmeckt.”
„Danke, mein Junge; ja, es schmeckt mir.”
Ich hatte oft einen großen Hund, den wir hielten, beim Fressen beobachtet, und bemerkte jetzt eine entschiedene Ähnlichkeit zwischen der Art und Weise des Hundes und des Mannes bei dieser Beschäftigung. Der Mann machte starke, scharfe, plötzliche Bisse, gerade wie der Hund. Er verschluckte, oder vielmehr schnappte jeden Bissen ebenso schnell und hastig auf, und blickte, während er aß, seitwärts hierhin und dorthin, als ob er in jeder Richtung Gefahr ahne, dass Jemand kommen und ihm seine Pastete fortnehmen werde. Mir schien überhaupt, dass sein Gemüt zu unruhig war, um ihn sein Mahl gehörig genießen zu lassen. Er würde, falls Jemand mit ihm gespeist hätte, dachte ich mir, nach seinem Gaste gebissen haben.
In allen diesen Einzelheiten hatte er wirklich viel Ähnlichkeit mit dem Hund.
„Ich fürchte, Sie werden nichts für ihn übriglassen,” sagte ich furchtsam und zögernd nach einem Schweigen, während dessen ich überlegt hatte, ob die Bemerkung auch nicht unhöflich erscheinen würde. „Es ist nichts mehr zu holen, wo Das herkommt.” Es war die Gewissheit über dieses Factum, die mich trieb, ihm diesen Wink zu geben.
„Nichts für ihn übriglassen? Für wen?” sagte mein Freund, indem er im Kauen seiner Pastetenrinde innehielt.
„Der junge Mann, von dem Sie sprachen, und der sich mit Ihnen versteckt hält.”
„Ah, so!” erwiderte er mit einer Art rauen Lachens. „Für ihn! Ja wohl!
Aber der braucht nichts zu essen.”
„Er sah mir aber doch aus, als ob er es wohl nötig hatte,” sagte ich.
Der Mann hielt im Essen inne und betrachtete mich mit forschendem, höchst erstauntem Blicke.
„Sah so aus? Wann?”
„Jetzt eben.”
„Wo?”
„Da drüben,” sagte ich, mit bezeichnendem Winke hindeutend, „wo ich ihn schlafend dasitzen fand, und meinte, dass Sie es wären.”
Er fasste mich beim Kragen und stierte mich so entsetzlich an, dass ich zu fürchten begann, es sei ihm sein erster Gedanke in Bezug auf das Halsabschneiden wieder eingefallen.
„Gerade so angezogen, wie Sie, wissen Sie, nur dass er einen Hut aufhatte,” erklärte ich bebend; „und—und,” es lag mir sehr daran, mich hier zart auszudrücken—“und—mit demselben Grunde, um eine Feile zu borgen. Haben Sie gestern Abend nicht die Kanone gehört?”
„Es wurde also doch geschossen!” sprach er zu sich selbst.
„Es wundert mich, dass Sie das nicht gewiss wissen,” entgegnete ich, „denn wir hörten es zu Hause, und das ist viel weiter davon, und außerdem waren wir in der Stube.”
„Ja, sieh!” sagte er. „Wenn ein Mensch auf diesen Marschen hier so ganz allein ist, mit ’nem brummenden Kopf und leerem Magen, und dazu vor Kälte und Hunger beinahe umkommt, so hört er die ganze Nacht nichts anderes, als das Schießen von Kanonen und das Rufen von Stimmen. Hört, sag ich? Er sieht die Soldaten mit ihren roten Jacken in dem hellen Schein ihrer Fackeln immer näherkommen, Hört seine Nummer, hört sich selbst aufrufen, hört das Rasseln der Gewehre, hört das Kommando: Ladet! Fertig!
Legt an! nehmt ihn gehörig aufs Korn! Vorwärts, Marsch! Er wird gepackt, und dann ists ein Traum. Ich habe diese Nacht nicht eine, sondern hundert Patrouillen gesehen, die mit ihrem verdammten Trapp Trapp in Reih und Glied heranrückten. Und was das Schießen anbelangt, so habe ich den Nebel bei hellem Tage von dem Kanonenschusse zittern sehen. Aber dieser Mann”—er hatte alles Übrige gesprochen, als ob er ganz vergessen, dass ich zugegen war—“hast Du irgend Etwas an ihm bemerkt?”
„Er hatte ein bös zerkratztes Gesicht,” sagte ich, kaum sicher, dass ich es wusste.
„Hier etwa?” rief der Mann aus, indem er erbarmungslos mit der flachen Hand auf seine linke Wange schlug. „Ja! Gerade da!”
„Wo ist er?” Er packte das Wenige, was von den Lebensmitteln noch übrigblieb, in die Tasche seiner grauen Jacke. „Zeig mir, nach welcher Richtung er hinging. Ich will ihn zu Boden reißen, wie ein Schweißhund. Dies verfluchte Eisen an meinem wunden Bein! Gib mir die Feile her, Junge.”
Ich zeigte ihm die Richtung, in welcher der andere Mann in dem Nebel verschwunden war, und er blickte einen Augenblick dorthin. Gleich darauf aber kniete er auf dem nassen Grase und seilte wie ein Wahnsinniger an dem Eisen, wobei er weder auf mich, noch auf sein Bein Rücksicht nahm, welches letztere eine alte Wunde zeigte und blutig war, das er aber auf eine so raue Weise behandelte, als ob es nicht mehr Gefühl besessen, wie die Feile selbst. Ich fürchtete mich jetzt, da er sich in diese wütende Hast hineingearbeitet hatte, wieder sehr vor ihm, und mir wurde auch bange, zu lange von Hause fortzubleiben. Ich sagte ihm, ich müsse gehen, doch nahm er keine Notiz von mir, und so hielt ich es fürs Beste, sachte fortzuschlüpfen. Das Letzte, was ich von ihm sah, war, wie er, den Kopf über das Knie gebeugt, heftig an seiner Fessel arbeitete, wobei er ungeduldige Verwünschungen gegen dieselbe und gegen sein Bein murmelte. Das Letzte, was ich von ihm hörte, als ich zu horchen stillstand, war das fortwährende Kreischen der Feile.
Ich war vollkommen darauf vorbereitet, einen Konstabler, einen Polizisten, in der Küche vorzufinden, der gekommen sei, um mich zu verhaften. Doch war nicht allein kein Konstabler angelangt, sondern auch der Diebstahl noch nicht einmal entdeckt.
Frau Joe war unbeschreiblich beschäftigt, das Haus für die Festlichkeiten des Tages herzurichten, und Joe war auf die Küchenschwelle gestellt worden, damit er nicht vor die Kehrichtschaufel geriete —ein Gegenstand, mit welchem ihn sein Schicksal unfehlbar in Kollision brachte, wenn meine Schwester die Stuben gründlich zu kehren im Begriff war.
„Und wo in aller Welt bist Du gewesen?” war Frau Joes Weihnachtsgruß, als ich und mein Gewissen und sehen ließen.
Ich sagte, ich sei bei der Weihnachtsmusik gewesen.
„Ah! Nun,” sagte Frau Joe, „Du hättest Schlimmeres tun können.”
„Das unterliegt keinem Zweifel”, dachte ich.
„Wenn ich nicht eine Schmiedsfrau und (was ganz dasselbe ist) eine Sklavin wäre, die ihre Schürze nie ablegt, hätte ich auch vielleicht hingehen können, um die Weihnachtsmusik zu hören,” sagte Frau Joe. „Ich höre sie sehr gern, die Weihnachtsmusik, und das ist natürlich der Grund, weshalb ich sie nie zu hören kriege.”
Joe, der sich mir nach in die Küche gewagt hatte, als die Kehrichtschaufel sich vor und zurückzog, strich sich, wenn Frau Joe ihn ansah, mit begütigender Miene mit der Hand über die Nase, und als sie wegsah, legte er heimlich seine beiden Zeigefinger übereinander, um mir dadurch anzudeuten, dass sie wieder einmal ein Kreuz für ihn sei. Dies war so sehr ihr Normalzustand, dass Joe und ich oft wochenlang mit Bezug auf unsere Finger für wahre Kreuzfahrer gelten konnten.
Wir sollten ein prachtvolles Essen haben, bestehend aus gesalzenem Schweinefleisch mit Grünkohl und einem Paar gebratener Kapaunen. Eine schöne Pastete von gehacktem Fleische war bereits am Tage vorher angefertigt (was wohl den Umstand erklärte, dass das übriggebliebene Fleisch noch nicht vermisst wurde), und der Pudding war eben jetzt im Kochen.
Diesen großartigen Arrangements hatten wir es zu verdanken, dass wie ohne alle Zeremonie in Bezug auf Frühstück abgefertigt wurden; „denn,” sagte Frau Joe: „es fällt mir gar nicht ein, bei Allem, was ich noch zu tun habe, noch ein feierliches Frühstücken und Vollstopfen und Aufwaschen für Euch anzustiften, das versichere ich Euch!”
Demnach wurden uns unsere Butterbrotstücke ausgeteilt, als wenn wir zweitausend Mann Truppen auf einem Geschwindmarsche gewesen wären, anstatt nur ein Mann und ein Knabe zu sein; wozu wir mit abbittenden Gesichtern aus einem Kruge auf dem Anrichtetisch Milch und Wasser tranken. Inzwischen hängte Frau Joe frische weiße Fenstervorhänge auf, nagelte eine neue geblümte Garnierung anstatt der alten über den breiten Kamin hin, und öffnete das kleine Staatszimmer Jenseits des schmalen Vorsaales, das zu keiner andern Zeit des Jahres benutzt wurde, sondern den Rest desselben in einem kühlen Schleier von Seidenpapier zubrachte, der sich sogar auf die vier kleinen weißen Porzellanpudel auf dem Kaminsimse erstreckte, von welchen jeder eine schwarze Schnauze hatte, einen Blumenkorb im Maule trug und genau das Ebenbild des andern war. Frau Joe war eine sehr reinliche Haushälterin, besaß aber die ausgezeichnete Kunst, ihre Reinlichkeit ungemütlicher und abstoßender zu machen, als die Unsauberkeit selbst. Reinlichkeit kommt nach der Gottseligkeit, aber es gibt Leute, die auch die Gottseligkeit unausstehlich machen.
Da meine Schwester so viel zu tun hatte, ging sie durch Stellvertreter in die Kirche, das heißt Joe und ich gingen hin. In seinen Arbeitskleidern war Joe ein wohlgebauter, charakteristisch aussehender Schmied; in seinen Sonntagskleidern aber sah er eher wie eine Vogelscheuche in guten Vermögensverhältnissen, als wie sonst irgend Etwas aus. Nichts, das er an diesen Tagen trug, schien ihm zu passen oder ihm zu gehören; seine Kleider spannten Joe förmlich in den Bock. Bei gegenwärtiger Gelegenheit trat er in einem vollen Staate von Sonntagsbußkleidern aus seiner Stube und sah aus, wie ein Bild des Jammers. Was mich betrifft, so muss meine Schwester eine allgemeine Idee gehabt haben, dass ich als ein junger Missetäter geboren, von einem Konstabler (an meinem Geburtstag) in Empfang genommen, arretiert und ihr übermacht worden, damit sie die beleidigte Majestät des Gesetzes an mir räche. Ich wurde stets behandelt, als ob ich gegen alle Vorschriften der Vernunft, der Religion, der Moralität und gegen das Abreden meiner besten Freunde darauf bestanden habe, geboren zu werden.
Selbst wenn ich zum Schneider geführt wurde, damit er mir einen neuen Anzug mache, erhielt der Künstler Befehl, mir die Kleider wie eine Art Besserungsmittel anzufertigen und mir unter keiner Bedingung den freien Gebrauch meiner Glieder zu gestatten.
Joe und ich mussten daher, wenn wir zur Kirche gingen, für mitleidige Seelen einen rührenden Anblick abgeben. Und doch waren meine äußeren Leiden gar nichts im Vergleiche mit dem, was ich im Innern dulden musste. Die Angst, welche mich befiel so oft Frau Joe in die Nähe der Speisekammer, oder auch nur aus der Stube gegangen war, kam nur den Gewissensbissen gleich, die ich bei dem Gedanken an Das fühlte, was meine Hände getan. Unter der Last meines gottlosen Geheimnisses überlegte ich, ob wohl die Kirche mächtig genug sein würde, mich gegen die Rache des furchtbaren jungen Mannes zu schützen, falls ich mich ihr offenbarte? Es kam mir der Gedanke, dass der Augenblick, wo man das Aufgebot lesen und der Geistliche: So erklärt es denn jetzt! sagen würde, der geeignete Moment für mich sein dürfte, um mich zu erheben und um eine Privatkonferenz in der Sakristei zu bitten. Ich bin weit entfernt, mit Bestimmtheit zu versichern, dass ich nicht unsere kleine Gemeinde durch diese äußerste Maßregel in Erstaunen gesetzt haben würde, falls es nicht gerade statt eines gewöhnlichen Sonntags Weihnachtstag gewesen wäre.
Mr. Wopsle, der Küster, sollte bei uns zu Mittag speisen; sowie Mr. Hubble, der Stellmacher, und Gemahlin; und Onkel Pumblechook (Joes Onkel, aber Frau Joe eignete ihn sich zu), der ein wohlhabender Krämer im nächsten Städtchen war und in seinem eigenen Wagen fuhr. Die Stunde des Essens war halb zwei Uhr. Als Joe und ich zu Hause anlangten, fanden wir, dass der Tisch gedeckt, Frau Joe festlich gekleidet, das Mittagsmahl in seiner Zubereitung weit vorgeschritten, die vordere Haustür, durch welche die Gesellschaft ihren Einzug halten sollte (was zu keiner andern Zeit vorfiel), geöffnet, kurz dass Alles im höchsten Grade glänzend war. Und noch immer kein Wort von dem Diebstahle!
Die Zeit kam, ohne meinen Gefühlen Erleichterung zu bringen, und mit ihr kamen die Gäste. Mr. Wopsle, im Besitz einer römischen Nase und einer großen, blanken, kahlen Stirne, hatte eine sehr tiefe Stimme, auf welche er ungemein stolz war. Man sagte sogar unter seinen Bekannten, dass er den Geistlichen, falls man ihm den Willen ließe, „zum Sack hinein und heraus” lesen würde. Er selbst bekannte, dass, falls die Kirche „offen” wäre, womit er meinte: für Konkurrenz offen, so würde er nicht daran verzweifeln, sich noch in derselben bemerkbar zu machen. Da die Kirche aber nicht „offen” war, so blieb er, wie schon erwähnt, unser Küster. Aber er strafte die „Ammens” fürchterlich; und wenn er das Lied angab—wobei er stets den ganzen Vers vortrug—blickte er rund in der Gemeinde umher, wie wenn er sagen wollte; „Ihr habe meinen Freund, den Pfarrer, da über mir gehört; jetzt möchte ich wissen, was Ihr zu diesem Style sagt!”
Ich ließ die Gesellschaft ein—indem wir taten, als ob die Tür für gewöhnlich geöffnet werde—und zwar zuerst Mr. Wopsle, dann Mr. Und Frau Hubble und zuletzt Onkel Pumblechook. NB. Mir war unter Androhung der schwersten Strafen verboten, ihn Onkel zu nennen.
„Frau Joe,” sagte Onkel Pumblechook, ein großer, schwer atmender,
langsamer Mann in mittleren Jahren, mit einem Munde wie ein Fisch, matt stierenden Augen und sandfarbenem Haare, das auf seinem Haupte gerade in die Höhe stand, so dass er aussah, als ob er soeben im Begriffe gewesen, zu ersticken, und sich in dieser Minute erst wieder erholt habe; „ich habe Ihnen, dem Feste zu Ehren—habe ich Ihnen, Madam, eine Flasche Sherrywein gebracht—und ich habe Ihnen, Madam, eine Flasche Portwein gebracht.”
An jedem Christtage erschien er, als wie mit etwas ganz Neuem, mit genau denselben Worten und indem er die beiden Flaschen wie ein Paar Keulen trug. Und an jedem Christtage entgegnete Frau Joe, wie sie es jetzt tat: „O, Onkel Pumblechook! Dies ist zu freundlich!” Und jeden Christtag erwiderte er, wie jetzt: „Es ist nicht mehr, als was Ihnen zukommt. Und nun, wie gehts Euch Allen und was macht der kleine Taugenichts?” womit er mich meinte.
Wir speisten bei diesen Gelegenheiten in der Küche und zogen uns dann zu dem aus Äpfeln, Nüssen und Apfelsinen bestehenden Dessert in das Staatsstübchen zurück, was eine Abwechselung war, die ungefähr dem Wechsel von Joes Arbeitskleidern zu seinen Sonntagskleidern entsprach.
Meine Schwester war diesmal außerordentlich lebhaft, wie sie überhaupt gewöhnlich in Frau Hubbles Gesellschaft weit liebenswürdiger war, als in irgendeiner sonstigen. Ich entsinne mich Frau Hubbles als einer lockigen, spitzigen kleinen Person, in Himmelblau gekleidet, die traditionell eine jugendliche Stellung einnahm, weil sie—ich weiß nicht zu welcher entlegenen Zeit—Mr. Hubble geheiratet hatte, als sie viel jünger gewesen als er.
Ich entsinne mich des Mr. Hubble als eines zähen, hochschulterigen, gebeugt gehenden alten Mannes mit einem sägespänigen Dufte und sehr weit gespreizten Beinen: so dass ich in meinen jüngeren Tagen immer einige Meilen offenen Landes zwischen ihnen liegen sah, wenn ich ihm draußen begegnete.
In dieser ehrenwerten Gesellschaft würde ich mich, selbst wenn ich die Speisekammer nicht geplündert gehabt, in einer falschen Stellung gefühlt haben. Nicht weil ich an einer scharfen Ecke des Tisches eingeklemmt saß, die sich mir in die Brust bohrte, während der Pumblechookische Ellbogen mein Auge traf; nicht weil ich nicht sprechen durfte (mich verlangte gar nicht danach, zu sprechen), noch weil man mich mit den sehnigen Stücken der Keulen von den Kapaunen traktierte, und mit jenen obskuren Fetzen des Schweinefleisches, auf welche das Schwein, da es noch lebte, am wenigsten Ursache hatte, stolz zu sein. Nein; das Alles hätte mich nicht bekümmert, wenn man mich nur hätte in Ruhe lassen wollen. Aber dies war der Gesellschaft unmöglich. Sie schienen die Gelegenheit für eine verlorene anzusehen, falls sie die Unterhaltung nicht auf mich richteten und mich alle Augenblicke die Schärfe desselben fühlen ließen. Ich hätte ebenso gut ein unglückseliger kleiner Stier in einer spanischen Arena sein können, so erbarmungslos wurde ich von diesen moralischen Picadores gestachelt.
Es fing an, so wie wir uns nur zu Tische gesetzt hatten. Mr. Wopsle sprach den Segen mit theatralischer Deklamation—wie es mir jetzt vorkommt, wie ein religiöses Mittelding zwischen dem Gespenst im Hamlet und Richard dem Dritten—und schloss mit der sehr angenehmen Hoffnung, dass wir „aufrichtig dankbar” sein möchten. Worauf meine Schwester mich mahnend fixierte und mit leiser, vorwurfsvoller Stimme sagte: „Hörst Du’s?
Dankbar sollst Du sein.”
„Und besonders, „sagte Onkel Pumblechook, „sei dankbar, Junge, Denjenigen, die Dich mit der Hand aufgefüttert haben.”
Frau Hubble schüttelte den Kopf und frug, indem sie mich mit einem kummervollen Vorgefühl betrachtete, dass nichts Gutes aus mir werden könne; „Wie geht es nur zu, dass die Jugend niemals dankbar ist?”
Dieses moralische Geheimnis schien zu tief für die Gesellschaft, bis Mr.
Hubble es ganz kurz mit den Worten löste: „Von Natur sündhaft.”
Alle murmelten: „Sehr wahr!” und blickten mich auf besonders unangenehme persönliche Weise an.
Joes Ansehen und Einfluss waren (wo möglich), wenn Gesellschaft da war, noch geringer als gewöhnlich. Aber er tröstete mich stets und stand mir bei, wo er nur konnte, und zwar auf seine eigene Weise, welche bei Tische darin bestand, dass er mir Brühe gab, wenn welche vorhanden war.
Da heute reichlich Brühe da war, löffelte Joe hier ungefähr ein halbes Nösel davon auf meinen Teller.
Als das Essen etwas vorgeschritten war, nahm Mr. Wopsle mit einiger Strenge die Predigt durch und deutete, für den wie gewöhnlich vorausgesetzten Fall, wo die Kirche „offen” wäre, darauf hin, welch eine Art von Predigt er gehalten haben würde. Nachdem er die Gesellschaft mit einigen Hauptpunkten aus jener Rede beehrt, bemerkte er, dass er den Gegenstand der heutigen Homilie für schlecht gewählt halte; was umso weniger zu entschuldigen, fügte er hinzu, da es doch in der Welt so viele Gegenstände gebe.
„Wieder wahr,” sagte Onkel Pumblechook. „Sie habens getroffen, Sir!
Gegenstände genug gibts in der Welt für Die, welche sie anzugreifen verstehen. Daran liegts bloß. Man braucht gar nicht weit zu gehen, um einen Gegenstand zu finden, wenn man ihn nur anzufassen weiß.” Dann fügte Mr. Pumblechook nach kurzem Nachdenken hinzu; „Nehmt nur einmal Schweinefleisch. Ist das kein Gegenstand? Wenn Ihr einen Gegenstand braucht, da nehmt nur einmal Schweinefleisch!”
„Sehr wahr, Sir. Man könnte aus einem solchen Text manche Lehre für die Jugend ziehen,” sagte Mr. Wopsle; und ich wusste, ehe er es noch aussprach, dass er mich in die Sache hineinziehen würde.
(„Höre wohl zu!” sagte meine Schwester in strenger Parenthese zu mir.) Joe gab mir noch etwas Brühe.
„Schwein,” fuhr Mr. Wopsle mit seiner tiefsten Stimme fort und indem er mit seiner Gabel auf meine erröteten Wangen deutete, wie wenn er meinen Taufnamen ausgesprochen hätte, „Schwein und Sau begleiteten den verlorenen Sohn. Man führt uns die Gefräßigkeit der Schweine als ein abschreckendes Beispiel für die Jugend an.” (Mir schien dies vollständig treffend für Wopsle, der eben erst das Schweinfleisch als fett und saftig gelobt hatte.) „Was in einem Schweine zu verabscheuen ist, ist noch viel mehr bei einem Knaben zu verabscheuen.’‘
„Oder Mädchen,” meinte Mr. Hubble.
„Natürlich, bei einem Mädchen auch, Mr. Hubble, „sagte Mr. Wopsle etwas gereizt, „aber hier ist ja kein Mädchen anwesend.”
„Und überdies,” sagte Mr. Pumbleckook sich scharf zu mir wendend,
„bedenke, wofür Du dankbar zu sein hast. Wenn Du als Quiekferkel in die Welt gekommen wärest—”
„Das war er, wenn es je eines gegeben hat,” sagte meine Schwester nachdrucksvoll.
Joe gab mir noch etwas Brühe.
„Nun ja, aber ich meine als vierfüßiges Ferkel,” sagte Mr. Pumblechook.
„Wenn Du als ein solches geboren worden, wärest Du da jetzt wohl hier?
Fällt Dir gar nicht ein—”
„Ausgenommen in jener Gestalt”, sagte Mr. Wopsle, der Schüssel zu nickend.