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**Die Jagd ist eröffnet ...** Alana ist eine der begabtesten Dämonen-Jägerinnen im ganzen Königreich. Sogar dem Herrscher imponieren ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten. Doch ausgerechnet sie soll einen Halbdämon heiraten, um den Jahrhunderte andauernden Krieg zwischen Menschen und Dämonen endlich zu beenden. Auch Darius sträubt sich gegen die Vorstellung, seine Feindin zu heiraten. Um eine Verbindung zu verhindern, schließen die beiden sich zusammen und merken dabei schnell, dass nicht immer alles so ist, wie es scheint. Eine absolut magische Dämonen-Fantasy Begleite Alana und Darius auf ihrer Suche nach der einzig wahren Magie! Dieser Fantasy-Liebesroman begeistert von der ersten bis zur letzten Zeile und führt dich hinter die Fassade von Gut und Böse. Denn auch in einem Dämon schlummert mehr, als du auf den ersten Blick zu erkennen glaubst... //»Chasing Darkness. Das Herz eines Dämons« ist ein in sich abgeschlossener Einzelband.//
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Impress
Die Macht der Gefühle
Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.
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B.E. Pfeiffer
Chasing Darkness. Das Herz eines Dämons
**Die Jagd ist eröffnet …**Alana ist eine der begabtesten Dämonen-Jägerinnen im ganzen Königreich. Sogar dem Herrscher imponieren ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten. Doch ausgerechnet sie soll einen Halbdämon heiraten, um den Jahrhunderte andauernden Krieg zwischen Menschen und Dämonen endlich zu beenden. Auch Darius sträubt sich gegen die Vorstellung, seine Feindin zu heiraten. Um eine Verbindung zu verhindern, schließen die beiden sich zusammen und merken dabei schnell, dass nicht immer alles so ist, wie es scheint.
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Vita
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© Tamara Wassermann
Wer die 1984 geborene Bettina E. Pfeiffer nach ihren Geschichten fragt, sollte Zeit mitbringen. Denn neben ihrer Familie sind ihre teils eigensinnigen Charaktere ihre große Liebe. Deswegen verbringt sie viel Zeit in mystischen Welten voller Magie, Dämonen, Göttern und Sagengestalten. Über mangelnde Ideen kann sich die studierte Betriebswirtin nicht beklagen, wohl aber über fehlende Zeit, da Familie, Katzen, Haushalt und Job neben dem Schreiben nicht zu kurz kommen dürfen.
»Du hättest sterben können!« Ich pfefferte die Armbrust in die Ecke und fuhr zu meinem jüngeren Bruder herum, der mit hängenden Schultern im Türrahmen stand. »Was ist denn daran so schwierig, einfach nur dabei zuzusehen, wie ich diesen Dämon einfange? Aber nein! Du musst den Kerl reizen!«
»Woher hätte ich wissen sollen, dass ein bisschen Musik ihn so auf die Palme bringt?«, rechtfertigte sich Aaron.
»Verstehst du denn nicht, wie gefährlich das war? Er hätte nicht gezögert dir die Kehle aufzuschlitzen! Die Instinkte von diesen Bestien sind erschreckend scharf, wenn sie sich bedroht fühlen.«
»Du weißt so gut wie ich, dass ich kein Dämonenjäger bin, Lani.« Er rollte mit den Augen. Anscheinend hatte er noch nicht kapiert, wie bedrohlich die Situation gewesen war – auch wenn der Dämon bloß Stufe fünf gewesen war. Aber er schien ja auch die erste Regel unserer Zunft vergessen zu haben.
»Regel Nummer eins!« Ich bebte vor Wut und hob meinen Zeigefinger wie ein Lehrer. »Keine Ablenkungen beim Einsatz!«
»Ich dachte, wir könnten ein wenig Auflockerung gebrauchen …«
Ich holte tief Luft, um ihn nicht anzubrüllen oder zu würgen. Ganz langsam streckte ich meine Hand aus. »Dein Musikgerät.«
»Lani …«
»Sofort oder ich vergesse mich!« Ich konnte nicht verstehen, wieso er so sehr daran hing. Es hatte nicht mal Magie. Ebenso wie diese Fernsehgeräte, mit denen man über weite Distanzen miteinander sprechen konnte. Nun gut, nützlich waren sie schon, um sich im Einsatz austauschen zu können, aber Aaron benutzte es, um sich lediglich Unterhaltungsprogramme anzusehen.
Er gab ein Murmeln von sich und zog das kleine schwarze Viereck aus seiner Hosentasche. Dennoch zögerte er mir sein Gerät zu geben. »Lani, bitte … Ich tauge nicht zum Dämonenjäger, das wissen wir doch beide. Ich sollte Erfinder werden.«
»Das musst du dem Familienrat vortragen, nicht mir. Du weißt, dass es in unserem Blut liegt, Dämonen aufzuspüren.«
»In einer Welt, deren Magie schwindet«, konterte er schwach.
»Ja, aber deshalb machen wir das ja – Dämonen jagen und ihnen Magie entziehen.« Meine Stimme klang schon weniger gereizt, denn ich hatte Mitleid mit Aaron.
Das mit dem Blut war nicht nur eine Redewendung. Das Blut der Dämonenjäger war vor Jahrhunderten von damaligen Hexen verändert worden. Mehrere fähige Familien waren ausgesucht worden, unter anderem die Van Helsings, denen mein Vater angehörte, und auch die von Battenbergs, die Familie meiner Mutter. Zwei mächtige Linien mischten sich in Aaron und mir und somit waren wir im Kampf gegen die Dämonen besonders wichtig.
Dämonenjäger waren zum Schutz der Menschen erschaffen und ausgebildet worden. Wir besaßen besonderen Fähigkeiten und schärfere Instinkte, um die dunklen Kreaturen schneller aufspüren zu können. Außerdem konnten wir Jäger, schon lange bevor wir den Dämon sahen, erkennen, um welchen es sich handelte, und wussten so, wie man ihn am besten unschädlich machte.
Heute waren die Hexen bei Weitem nicht mehr so mächtig, aber sie fertigten für uns immer wieder wichtige Werkzeuge oder Tränke. Der Magistrat schützte sie, denn ohne ihre Magie wären die Menschen vor Jahren bei Epidemien, welche die ganze Welt überzogen hatten, ausgelöscht worden. Vor dem großen Krieg gegen die Dämonen hatte es so etwas wie Ärzte gegeben. Es wurde in Geschichtsbüchern gelehrt, selbst kannte ich keinen. Nur Hexen heilten und erschufen Tränke und Pillen, um Krankheiten zu kurieren.
»Wirst du dafür stimmen, dass ich gehen darf?«, murmelte Aaron und riss mich aus meinen Gedanken. »Du hast auch eine Stimme im Familienrat.«
Was verlangte er gerade von mir? Ein Van Helsing suchte sich seine Bestimmung nicht aus. Dämonenjagd war unsere Bestimmung.
»Dein Musikgerät«, forderte ich, statt eine Antwort zu geben.
Aaron legte es mir in die Handfläche. »Du gehörst in diese Welt, Lani. Ich nicht. Ich weiß, ihr alle seid enttäuscht von mir, aber wir beide wissen, dass ich einfach andere Talente habe als der Rest der Familie.«
Talente. So konnte man es auch nennen. Großvater sprach eher von zu wenig Ehrgeiz, wenn es um Erfinder ging, die ihre unsinnigen Spielereien mit »Talent« rechtfertigen wollten.
Er steckte die Hände in die Hosentaschen und ließ den Kopf hängen, sodass ihm seine eisblau gefärbten Haare ins Gesicht fielen. Obwohl er wie ein Häufchen Elend vor mir stand, war er trotzdem ein gutes Stück größer als ich.
Ich schnaubte und umarmte meinen jüngeren Bruder ungeschickt. »Aaron, nach dem, was heute passiert ist, gibt es zwei Möglichkeiten für dich.«
Er sah mich hoffnungsvoll an, aber wir beide wussten, dass nur eine dieser Möglichkeiten wahrscheinlich war. »Erstens: Du bemühst dich mehr, lernst die Regeln und trainierst den Umgang mit unseren Waffen. Oder zweitens: Du verlässt das Haus – sofern dich der Familienrat gehen lässt. Aber dann wärst du kein Van Helsing mehr und müsstest dich ganz alleine durchschlagen.« Ich schluckte, bevor ich die nächsten Worte aussprach: »Du wärst dann nicht mehr mein Bruder …«
»Lani«, seufzte er. »Es ist mir egal, was die Regeln des Hauses sagen, du wirst immer meine Schwester sein.«
»Und du immer mein Bruder«, flüsterte ich.
In diesem Moment schlug die Tür auf und mein Vater trat mit finsterem Blick in den Aufenthaltsraum der Dämonenjäger ein. Er stemmte seine Fäuste in die Hüften und starrte meinen Bruder finster an. Trotzdem hielt ich Aaron demonstrativ fest.
»Ich habe gehört, was geschehen ist«, knurrte er.
Natürlich hatte er das. Immerhin hatte der Magistrat getobt, als ich ihm Bericht erstattet hatte. Es schien, als wäre dieser Dämon besonders wichtig gewesen, warum auch immer. Dass der Kerl meinen Vater von allem in Kenntnis gesetzt hatte, bevor ich die Chance dazu nutzen konnte, wunderte mich nicht.
»Aaron, wie konntest du deine Schwester und dich in solche Gefahr bringen?« Seine Stimme war leise und jedes Härchen an meinem Körper stellte sich auf. Es war gefährlich, wenn er so leise sprach.
»Vater, es war …«, begann ich, aber er hob die Hand und funkelte mich an.
»Ich habe nicht mit dir gesprochen.«
»Ist schon gut, Lani«, raunte Aaron, ließ mich los und wandte sich unserem Vater zu. »Ich habe nichts zu meiner Verteidigung vorzubringen, außer, wie ich mehrfach betont habe, dass ich kein Dämonenjäger bin. Ich bedaure meine Schwester in Gefahr gebracht zu haben. Das bereue ich wirklich sehr.« Er ließ den Kopf noch ein Stück tiefer sinken. »Ich bin bereit die Konsequenzen für meine Verfehlung zu tragen. Alana trifft keine Schuld.«
»Das weiß ich wohl. Alana alleine ist es zu verdanken, dass du noch lebst«, zischte mein Vater und fuhr sich durch das blonde Haar. Aaron hatte früher wie unser Vater ausgesehen, sich allerdings – vermutlich aus Trotz und weil er unterstreichen wollte, dass er kein Dämonenjäger war – sehr früh angefangen die Haare bunt zu färben. »Ich habe dich zu mehr Verantwortungsgefühl erzogen! Selbst wenn du es ablehnst, ein Dämonenjäger zu werden, dachte ich, deine Liebe zu deiner Schwester würde dich abhalten Unfug anzustellen.«
»Vergib mir, Vater, dass ich die Familie in Misskredit beim Magistrat gebracht habe.«
Mein Vater hob die Augenbrauen. »Dazu müsstest du mehr tun, als einen gesuchten Dämon von deiner Schwester niederstrecken zu lassen.« Er stieß den Atem aus und schüttelte den Kopf. »Aaron, du weißt, warum ich versuche dich auf diesen Pfad zu führen. Ich will kein Tyrann sein wie dein Großvater, aber es gibt Regeln unter den Dämonenjägern. Wären wir Bauern und du wolltest den Hof nicht übernehmen, läge die Sache anders. Aber ich müsste dich verstoßen. Das ist das Gesetz der Jäger!« Er schnaubte. »Bei allen Schutzgeistern, du bist mein einziger Sohn!«
So wie er das Wort »Sohn« betonte, gab er mir wie so oft das Gefühl, ihm nicht zu genügen. Natürlich wusste ich, dass mein Vater, Alain Van Helsing, stolz auf mich war. Als erstgeborenes Kind hätte ich seinen Namen bekommen, wäre ich ein Junge gewesen, deswegen hatte man mich Alana genannt. Und wäre ich ein Junge, gäbe es keine Diskussion, ob ich das Haus eines Tages übernehmen könnte. Ich war selbst als Frau einer der gefragtesten Dämonenjäger aller Zeiten. Meine Reaktionen waren schnell, meine Fähigkeiten stark und ich besaß sogar etwas mehr Magie als die meisten Jäger.
Aber ich war nun einmal eine Frau. Das Haus Van Helsing würde nicht an mich übergehen, es sei denn, die anderen Häuser würden zustimmen. Was vermutlich nicht geschehen würde. Man traute einer Frau, selbst mir, nicht zu ein Haus zu führen. Ich ballte meine Fäuste, als mir das wieder bewusst wurde, und mein Vater sah mich mit einer Mischung aus Wut und Bedauern an.
»Du bist die fähigste unter den jungen Jägern«, sagte er und seine Stimme klang sanft. »Und wir alle wissen, wie sehr du es verdienen würdest, das Haus anzuführen.«
»Vater«, murmelte ich, aber er schüttelte den Kopf, um mich zu unterbrechen. Er wollte nie darüber sprechen, wie wir eines Tages die Erbfolge regeln sollten.
»Später. Zunächst werde ich deinen Bruder maßregeln, aber davor soll ich dir das geben.« Er zog einen versiegelten Brief aus seiner Jackeninnentasche hervor und reichte ihn mir. Ich kannte das Papier und auch die Insignien auf dem purpurnen Wachssiegel. Dieser Umschlag stammte aus der Schreibstube des Königs persönlich.
»Seine Majestät hat ausdrücklich gefordert, dass dir diese Aufgabe zugeteilt wird«, bestätigte mein Vater meine Gedanken, als ich das Kuvert mit zittrigen Händen entgegennahm. »Nur du sollst wissen, was darinsteht, also lasse ich dich damit alleine. Was auch immer du benötigst, um diese Aufgabe zu erfüllen, du sollst es haben.«
»Danke, Vater«, versuchte ich mit fester Stimme zu sagen. Es kam nicht oft vor, dass der König einen speziellen Dämonenjäger anforderte. Schon gar nicht eine Frau, die so jung war wie ich. Es war eine Ehre und dennoch zog sich mein Magen zusammen, weil ich Angst vor dem hatte, was in dem Schreiben stand.
»Ich habe damit nichts zu schaffen.« Schmunzelnd klopfte mir mein Vater auf die Schultern. »Ich sagte doch, du bist die Fähigste dieser Generation. Vielleicht gelingt es dir eines Tages trotz aller Widerstände, dieses Haus zu führen. Denk daran, was immer du benötigst, du bekommst es. Falls du gleich aufbrechen sollst, verabschiede dich noch, damit wir wissen, dass wir unsere Schutzgeister um Hilfe für dich bitten sollten.«
»Natürlich, Vater«, beeilte ich mich zu sagen und neigte meinen Kopf.
Er trat zurück und nickte Aaron zu. »Lass uns jetzt gehen. Wir haben einiges zu besprechen.« Damit verließen sie den Raum.
Ich hörte, wie sich die Schritte der beiden entfernten und die Tür geschlossen wurde. Erst als es vollkommen still war, hob ich meinen Blick und betrachtete das Kuvert in meiner Hand.
Einen kurzen Moment zögerte ich, dann brach ich das Siegel und entfaltete das dicke Papier. Es roch zuckrig und nach Rosen. Absoluter Luxus, der nur wenigen reichen und adeligen Familien vorbehalten war. Seit die Dämonen die Hexen so stark dezimiert hatten, gab es kaum noch echte Blüten oder Süßes auf dieser Welt. Alles, was lebte, was wuchs und gedieh, wurde von Magie genährt. Und es gab oft nicht genug Magie, um genügend Nahrung für die Menschen zu erschaffen. Aber anscheinend schwelgte der Königshof noch immer in derartig kostspieligen Dingen.
In feiner Handschrift waren Anweisungen niedergeschrieben worden. Es handelte sich nicht um einen Auftrag, bei dem es darum ging, eine Kreatur einzufangen. Der König ersuchte mich einen Gegenstand aus den Klauen eines Dämonengenerals zu stehlen, der notwendig war, um ein Rätsel zu lösen, das er mir nicht nennen durfte, aber dessen Lösung von außerordentlicher Wichtigkeit zu sein schien. Eine Karte war dem Brief beigelegt. Sie war so klein, dass ich sie bequem falten und in dem winzigen Fach an meinem Handschuh verstauen konnte.
Nachdem ich die Erklärung noch einmal gelesen und mir einprägt hatte, mit welchen Worten mir bei erfolgreicher Mission Zutritt zum Königshof gewährt wurde, zündete ich den Brief mit der Magie in meinen Adern an und ließ ihn in Rauch aufgehen.
Dämonenjäger verfügten nicht nur über Instinkte, um die dunklen Kreaturen aufzuspüren und zu erkennen, wir besaßen auch ganz schwache Magie, die wir mit unseren Waffen verbinden konnten. In der Ausbildung mussten wir versuchen unsere Kräfte auf Klingen oder Geschosse zu legen, um damit besonders stärkere Dämonen zu bezwingen. Ich nutzte am liebsten Silberpfeile, weil Silber meine Feuermagie besonders gut absorbierte und verstärkte. Im Nahkampf fiel es mir deutlich schwerer, Magie auf Waffen zu legen, deswegen versuchte ich es gar nicht erst so weit kommen zu lassen.
Ich verstaute die Karte und machte mich auf den Weg in die Waffenkammer. Wenn ich mich nicht irrte, würde ich jede Menge Seil benötigen, ein leichtes Schwert, zwei Pistolen mit passender Munition und eine Armbrust. Außerdem sollte ich die Wurfmesser, die ich in meinem Ärmel verstaute und durch einen speziellen Mechanismus auf Gegner schleudern konnte, dringend wieder auffüllen. Sie wurden in eine spezielle Vorrichtung eingesetzt und schossen heraus, wenn ich meinen Arm richtig drehte. Aaron und ich hatten sie gebaut und wir waren unsagbar stolz darauf. Kein anderer Jäger konnte noch im Fallen tödliche Klingen abfeuern außer mir. Vielleicht könnte das ein Grund sein, Aaron hierzubehalten. Als Erfinder und mein Helfer. Darüber würde ich nach meiner Rückkehr mit Vater sprechen.
Ich überschlug, wie viel Proviant ich mitnehmen sollte und wie ich zu dem Ort, an dem sich der General befand, reisen sollte, während ich durch unser Haus ging. Die strengen Augen meines Urururgroßvaters, Ansgar Van Helsing, folgten mir durch den Gang, der zur Waffenkammer führte. Sein übergroßes Gemälde hing, umrahmt von allen anderen Ahnenbildern, in dem schwach beleuchteten Flur und erinnerte uns an die große Tradition, die einst mit ihm begann. Wir hielten das Gleichgewicht zwischen den dämonischen Kräften, die seit dem Krieg immer wieder versuchten die Oberhand zu gewinnen. Keine Sekunde zweifelte ich daran, dass ich das Richtige tat. Die Jäger hielten diese Welt im Lot. Es war eine Ehre, zu ihnen zu gehören.
Vor einem kleinen Schrein unter dem Gemälde von Ansgar blieb ich stehen und zündete eine Kerze an, wie es die Tradition von den Jägern, die das Haus verließen, verlangte. Durch eine spezielle Magie, die in das Wachs eingewoben war, war sie mit dem Leben des Dämonenjägers verknüpft. Erlosch sie, wusste die Familie, dass sie nicht länger auf einen warten musste. Eine solche Kerze wurde nicht mehr entfernt, sie blieb zurück, um eine Mahnung für alle anderen zu sein. Der Altar ging von solchen Kerzen über.
Ob diesmal auch meine für immer dort stehen bleiben würde? Diese Aufgabe war nicht ungefährlich und ich war mir nicht sicher, ob ich wirklich alleine zu der Mission aufbrechen sollte. Machte ich mich strafbar, wenn ich eine weitere Person einweihte?
Ich schob den Gedanken beiseite, sprach ein schnelles Gebet zu den Schutzgeistern unserer Familie und setzte meinen Weg zur Waffenkammer fort. Ich wollte bereits auf dem Weg sein, bevor die Nacht hereinbrach, und hoffte binnen eines Tages beim Schloss des Königs einzutreffen.
Ich hasste Höhlen. Sie waren nass, glitschig, modrig und dunkel. Der Dämonengeneral hatte sich ein würdiges Versteck für seine Armee aus Toten ausgesucht. Ausgerechnet dieser Nekromant musste mein Ziel sein. Ein Dämon der siebten Stufe, fast menschlich, aber dennoch nicht ganz. Die Jäger teilten Dämonen in Stufen ein. Dämonen der Stufe eins waren unförmig und bestanden meistens aus Schleim. Je höher die Stufe wurde, umso menschlicher erschienen die Dämonen, aber genauso wurden ihre Kräfte immer stärker. Angeblich gab es Dämonen der Stufe dreizehn, allerdings schienen sich diese eher von den Menschen fernzuhalten. Das Höchste, was ein Jäger einmal gefangen hatte, war eine Stufe acht.
Ich kämpfte gegen den Brechreiz an, der bei dem Geruch von verwesendem Fleisch in mir aufkam. Was aß dieser Nekromant? Eigentlich wollte ich es nicht wissen. Ich stellte nie Fragen, führte meine Aufträge aus, ganz gleich wie gefährlich oder grauenhaft mein Ziel war. Immerhin waren der Nekromant und seine Diener nicht so ekelhaft schleimig wie manch anderer Dämon, den ich hatte aufspüren müssen.
Mondlicht fiel durch einen Spalt in der Decke und ich hob meine Klinge ein Stück an, um einen prüfenden Blick auf meine Erscheinung zu werfen. Ich war nicht eitel, es ging lediglich darum zu sehen, ob sich meine Haarfarbe verändert hatte. Ich hielt den Atem an, als ich die Klinge weiterdrehte, und stieß ihn erleichtert aus, als ich die schwarzen Strähnen entdeckte, die unter meiner dunkelgrauen Kapuze hervortraten. Nicht eine graue Strähne hatte sich gebildet. Ein gutes Zeichen.
Dieser Ort hatte also noch nicht dafür gesorgt, dass ich meine »Beherrschung«, wie meine Mutter es genannt hatte, verlor. Und das obwohl er voller dämonischer Magie war. Dennoch nahm ich mir vor in regelmäßigen Abständen nachzusehen, ob sich auch nur die kleinste graue oder gar weiße Strähne zeigte. Wenn das passierte, konnte ich das Risiko eingehen und das, was ich wirklich war, hervorbrechen lassen oder schnellstmöglich fliehen. Beides keine Möglichkeiten, die ich Betracht ziehen wollte. Ich durfte meine Mutter nicht noch einmal enttäuschen. Oder meinen Großvater. Ganz besonders meinen Großvater nicht, er hatte ohnehin schon eine sehr geringe Meinung von mir.
Nur aus diesem Grund kämpfte ich mich durch die von Dämonendreck verseuchte Höhle und hoffte, dass man mich nicht entdeckte. Ich sollte einen ranghohen Dämon ausschalten, einen, den man nicht in ein Gefängnis des Magistrats werfen konnte. Für gewöhnlich schickte man dafür ausgebildete Dämonenjäger, aber in diesem besonderen Fall hatte mich mein Großvater ausgeschickt.
Die Luft wurde immer wärmer und roch so ekelhaft, dass ich mich zusammenreißen musste, um nicht zu würgen. Überall lagen Knochen herum und ich wollte lieber nicht herausfinden, von welchen Kreaturen sie stammten.
Immer wieder musste ich Deckung suchen, als sich Schritte näherten. Schlurfend zogen niedere Dämonen an mir vorbei, ohne Kenntnis von mir zu nehmen. Mein Tarnzauber schien zu wirken. Die Frage war nur, wie lange noch. Die Kräfte der Hexen waren schon lange nicht mehr so stark wie früher, woran wichtige Männer in den Räten den Dämonen die Schuld gaben.
Ich musste ihnen das wohl oder übel glauben, denn sie kannten die alten Schriften aus der Zeit, als die Dämonen sich noch versteckt gehalten und es nicht gewagt hatten, sich gegen die Menschen zu erheben. Geschweige denn gegen die Hexen. Bis dieser Krieg losbrach, vor vier Generationen, und alles veränderte.
Wann der Plan aufgekommen war, ihr Reich zu verlassen und anfangs friedlich mit den anderen beiden Völkern zu leben, war nicht klar überliefert worden. Die Hexen misstrauten den Wesen der Finsternis, wie sie genannt wurden, weil sie unter der Erde lebten, von Beginn an. Vermutlich zurecht, in Anbetracht dessen, dass die Dämonen plötzlich anfingen ganze Hexensiedlungen auszulöschen. Nach einem ewigen Krieg zwischen den Dämonen auf der einen und den Hexen und Jägern auf der anderen Seite, war eine Art Frieden ausgehandelt worden. Aber so ganz sicher schien er nie zu sein. Immer wieder kam es zu Übertretungen, Morden und Verschleppungen. Einmal war eine ganze Stadt ausgelöscht worden. Doch keine Seite löste einen weiteren Krieg aus, so wie damals, vor all den Jahren. Dennoch misstraute jeder jedem.
Die Menschen hatten deswegen entschieden die Angelegenheit nun in ihre Hand zu nehmen. Die Magie schwand, das konnte niemand mehr leugnen, und es ging plötzlich wieder um das blanke Überleben. Das war der Grund, warum ich hier herumschnüffelte. Inoffiziell und so hastig, dass ich mir keinen richtigen Plan zurechtlegen konnte. Aber dem König war es gleichgültig, wenn ich umkam. Man konnte mich keiner Seite zuordnen.
Ich verbarg mich im Schatten einer Säule und belauschte zwei Wachen, die gerade einen Kontrollgang machten. Mehr als ein paar abfällige Worte über Menschenfrauen und ihre Vorzüge gegenüber Dämonen ließen sie aber nicht fallen. Das meiste ging ohnehin in dem Schmatzen ihrer Schritte im Schlamm unter.
Ich war mir noch immer nicht sicher, ob es tatsächlich weibliche Dämonen gab, aber irgendwie mussten diese Kreaturen ja Nachwuchs zeugen. Außer sie schlüpften aus Erdspalten oder was auch immer. Da es viele von ihnen gab und ständig neue nachkamen, schienen sie sogar ziemlich umtriebig zu sein und sich in den verschiedenen Stufen zu paaren.
Da die Übelkeit wieder stärker wurde und ich wusste, dass ich mich von meinem inneren Instinkt, der meine Kräfte zu Hilfe rufen wollte, ablenken musste, umklammerte ich die Griffe meiner beiden Kurzschwerter, die an meiner Hüfte hingen. Lautlos schlich ich mich an die beiden Wachen an und schlitzte ihnen gleichzeitig die Kehlen auf. Gurgelnd sanken sie zu meinen Füßen auf den Boden und ich konnte meinen Weg schneller fortsetzen.
Ich musste mich bei meinem Auftrag auf das Überraschungsmoment verlassen. Mein Kampfstil war – gelinde gesagt – miserabel. Ich hatte zwar Kraft, aber nicht das nötige Geschick, um einem Gegner richtig zuzusetzen. Wenn überhaupt kämpfte ich eher mit Tricks. Bei den Dämonen war das gleichgültig und ich hatte keine Skrupel. Hätte ich gegen Menschen gekämpft, wäre das etwas anderes gewesen.
Ich hielt den Atem erneut an, weil die Gerüche mir immer mehr zusetzten, und beschleunigte meine Schritte. Das Zeitfenster, das mir blieb, um den General zu finden und zu erdolchen, war kurz. Er schlief nicht lange und es gab nur wenige Möglichkeiten, ihn alleine anzutreffen, wenn er wach war. Ich konnte nur hoffen, dass meine Informationen zu seinen Schlafgewohnheiten, die man mir gegeben hatte, stimmten und niemand die toten Wachen fand, bevor ich die Unterkunft meines Ziels erreichte.
Ich gelangte in eine große Halle, durch die das silbrige Mondlicht fiel. Es gab kaum Möglichkeiten, in Deckung zu gehen, allerdings waren auch kaum Wachen postiert worden. Ich presste mich an die Wand und hoffte, dass der Tarnzauber immer noch seine Wirkung zeigte, während ich langsam auf eine Tür am Ende des Saals zuschritt.
Da bemerkte ich eine Bewegung an der Decke und hob meinen Blick. Ein Seil wurde herabgelassen und eine schmale Gestalt rutschte daran herab. Ich erkannte sofort, wer sich Zutritt verschaffte. Es war ein Dämonenjäger und roch nach Van Helsing. Aber selbst wenn ich ihn nicht an seinem Geruch erkannt hätte, war aufgrund seiner Kleidung klar, aus welchem Haus er stammte. Wie die meisten Dämonenjäger trug auch er eine schwarze Hose und einen ebenso dunklen Umhang. Doch diese Stiefel! Sie waren rotbraun, was eine absolut grauenhafte Tarnfarbe war und so gar nicht den Regeln der Zunft entsprach! Da aber der Zauber der Van Helsings anscheinend besser war als der aller anderen Häuser, konnten sie sich das leisten. Ebenso wie das gleichfarbige Futter des Umhangs oder die Lederjacke, die er vermutlich darunter trug.
Hatte mein Großvater so wenig Vertrauen, dass er tatsächlich noch jemanden auf den General ansetzte?
Der Jäger, dessen Gesicht von seiner Kapuze verdeckt war, zog an dem Seil und es fiel zu ihm herab. Mit sicheren Handgriffen wickelte er es auf und verstaute es an seinem Gürtel, bevor er sich im Raum umsah. Zielsicher steuerte er auf eine Wand zu. Warum ging er nicht zu der Tür, hinter welcher der Gang zu den Schlafräumen lag?
Fasziniert davon, dass er erhobenen Hauptes an einem sichtlich benebelten Dämon, mit Armen so lang, dass er sie auf dem Boden schleifte, vorbeilief, beobachtete ich ihn.
Die Kreatur, die der Jäger gerade hinter sich ließ, war schwarz wie die Nacht, glitzerte aber leicht. Ich hätte seine Augen nicht einmal entdeckt, wenn ich gewollt hätte. Vermutlich trug er sie auf den viel zu groß geratenen Händen. Das hätte den Vorteil, dass er besser sehen konnte. Er brauchte nur die Hand heben und überblickte den ganzen Raum oder konnte um die Ecke sehen. Alleine deswegen war der Dämon nicht ungefährlich, von der enormen Kraft und einer Haut so dick, dass man ihn unmöglich mit gewöhnlichen Waffen töten konnte, einmal abgesehen.
Der Jäger hielt indes auf eine Art Vitrine zu, die mir bisher gar nicht aufgefallen war. Er blieb davor stehen, sah sich um und zückte ein kleines Werkzeug, das eine winzige Stichflamme aussandte. Damit schnitt er ein Loch in das Glas. Als er fertig war, hielt er einen Moment inne, bevor er das ausgeschnittene Stück herauszog, die Hand in die Öffnung steckte und einen kleinen Gegenstand hervorholte. Er betrachtete das Teil noch kurz, bevor er es schließlich einsteckte. Keinen Augenblick zu früh, denn ein markerschütterndes Gebrüll erhob sich.
»Diebe!«, rief jemand von hinter der Tür, die mein Ziel gewesen wäre.
Der Jäger zögerte nicht. Er lief los, zurück auf die Öffnung in der Decke zu, aus welcher er gekommen war. Noch im Lauf zog er einen Pfeil, legte ihn in eine Armbrust und feuerte ihn an die Decke. An dem Seil, das am Ende des Pfeils angebracht war, kletterte er geschickt hinauf.
Ich hätte ihn für seine Lässigkeit bewundert, wenn ich mir nicht etwas hätte überlegen müssen. Meinen Auftrag konnte ich vergessen und gleich würde die Halle von Dämonen wimmeln. Ich konnte ihre Schritte bereits hören. Vermutlich hatten sie die toten Wachen auf dem Weg entdeckt. Ich musste ebenfalls durch die Öffnung in der Decke, aber der Jäger würde das Seil lösen, bevor ich auch nur in die Nähe der Freiheit gelangte.
Mein Blick glitt zu der Wand, die direkt unter dem rettenden Spalt lag. Wenn ich schnell genug war, konnte ich zwischen den beiden Wänden hin- und herspringen und mich so in Sicherheit bringen. Mir blieb ohnehin keine Wahl und ich hatte nur einen Versuch.
Ich löste mich aus meinem Versteck und lief los. Mit Schwung sprang ich ab, stieß mich von der Wand vor mir, drehte mich und drückte mich an der anderen Wand ab. Im Zickzack gelangte ich Stück um Stück nach oben. Ich bemerkte fast nicht, dass das Seil bereits eingezogen worden war, aber es konnte mir auch gleichgültig sein. Meine Aufmerksamkeit galt dem letzten Sprung, der alles entschied. Ich musste den Rand der Öffnung zu fassen bekommen oder ich stürzte ab.
Mit aller Kraft sprang ich von der Wand ab und segelte höher als bei meinen letzten Sprüngen. Mit voller Wucht knallte ich gegen den kantigen Felsen und keuchte, als meine Rippen knirschten. Ich hatte sie mir sicher geprellt. Aber das Adrenalin rauschte in meinem Blut, ich hievte mich hoch und rollte mich auf dem Rücken.
Da hörte ich ihn, den Jäger, der überrascht die Luft einsog und dann loslief. Obwohl ich gerade noch sicher gewesen war, die nächsten Stunden nicht mehr aufzustehen, drehte ich mich auf den Bauch, stützte meine Hände auf den Boden und sprintete ihm hinterher.
Der Typ hatte meinen Auftrag sabotiert und ich wollte ihn zur Rechenschaft ziehen. Er war schnell, aber durch meine besonderen Kräfte war ich schneller. Es dauerte nicht lange, da packte ich seinen Umhang und bremste seinen Lauf.
Er keuchte, fiel auf die Knie und ich warf mich auf ihn. Wir überschlugen uns einige Male, bevor wir zum Liegen kamen. Er auf dem Rücken, ich über ihm. Gewaltsam riss ich ihm die Kapuze vom Gesicht, er sollte mir in die Augen sehen, wenn ich ihm eine Abreibung verpasste.
Ein langer dunkelblonder geflochtener Zopf kam zum Vorschein und braune Iriden starrten mich zornig an.
»Ein Mädchen?!«, stieß ich atemlos hervor und ließ meine erhobene Faust sinken.
Ihr Gesicht war ebenmäßig und schön. Sie roch unverkennbar nach den Van Helsings, aber sie sah nicht wie eine aus. Ich ärgerte mich, dass mir nicht schon eher aufgefallen war, dass sie kein Mann sein konnte! Ihre Figur war viel zu zierlich und vor allem … weiblich. Ich hätte sie weder für einen Mann noch einen Jungen halten dürfen.
Sie hielt meinem Blick stand, während ihre Nasenflügel bebten und ihre Augen sich zu schmalen Schlitzen verengten. Selbst jetzt sah sie noch wunderschön aus.
»Was machst du hier? Wer hat dich geschickt?«, wollte ich wissen und grollte mir selbst, dass es viel zu sanft klang.
Sie schwieg und funkelte mich weiterhin an.
Ich wollte meine Worte gerade wiederholen, da zog sie ihr Knie an und traf mich schmerzhaft zwischen den Beinen. Stöhnend krümmte ich mich und ließ meinen Griff an ihren Oberarmen locker, was sie nutzte, um mir einen Kinnhaken zu verpassen, der mich Sternchen sehen ließ. Ich wusste nicht, wie mir geschah, als sie mich abwarf, sich auf meinen Rücken setzte und mir eine Klinge unter die Nase hielt.
Ich war sicher, sie würde mir die Kehle aufschlitzen, aber der Dolch zitterte in ihrer Hand und sie rührte sich einige Augenblicke kaum.
»Komm mir nie wieder in die Quere!«, zischte sie, stand auf und trat mir in die Seite. »Sonst werde ich nicht so zimperlich mit dir umgehen!«
»Das nennst du zimperlich?«, stöhnte ich, aber sie ging einfach fort, ohne mir zu antworten.
Dröhnendes Gebrüll erhob sich unter mir und ich wusste, ich sollte hier auch so schnell wie möglich weg. Allerdings wollte mein Körper eine Pause einlegen.
Verflucht, ich war gerade von einem Mädchen verprügelt worden! Von einem zierlichen Mädchen, das gut einen Kopf kleiner war als ich! Zum Glück hatte das niemand gesehen.
Ich schleppte mich auf allen vieren zu dem nahegelegenen Wald, verschmolz dort mit meiner Umgebung und ließ meinen Atem zur Ruhe kommen. Wenn ich die Augen schloss, würde mich kein niederer Dämon mehr von diesem Baumstamm unterscheiden können. Ich konnte nur noch hoffen, dass der General nicht persönlich nach dem Dieb suchte.
Warum war eine Van Helsing in dieser Höhle und stahl einen winzigen Gegenstand? Wer hatte sie geschickt? Und wieso war sie so clever sich direkt über ihrem Ziel abzuseilen, während ich Idiot durch diesen stickigen Bau geschlichen war?
Außerdem … Sie hatte erkannt, was ich wirklich war. Niemand – weder Hexe noch Dämon noch Mensch – wusste, was ich wirklich war, zumindest nicht wenn ich es ihnen nicht sagte. Aber ich hatte es in ihren Augen sehen können, dass sie es in dem Moment erkannte, als sich ihre Nasenflügel gebläht hatten.
Ich fuhr mir durch meine Haare und hoffte, dass sie immer noch pechschwarz waren. Dieses Mädchen war anders als die anderen Jäger und ich musste verdammt aufpassen, dass ich ihr nie wieder begegnete.
Ich hätte ihm die Kehle durchschneiden sollen, als ich die Chance dazu hatte. Sein Geruch war verräterisch, obwohl ich nicht wusste, um was es sich bei ihm wirklich handelte, konnte ich mit Gewissheit sagen, dass er kein Mensch war. Und für einen Jäger war er viel zu schnell. Er hatte mich mühelos abfangen können, hätte mich auch ohne Probleme zu Brei schlagen können, wenn er es gewollt hätte. Ich hätte auf Nummer sicher gehen und ihn umbringen sollen, aber etwas hatte mich zurückgehalten. Vielleicht unangebrachtes Mitleid, weil er so menschlich wirkte. Und weil er mich ebenfalls verschont hatte.
Es gab Dämonen, die mehr Mensch als Wesen der Finsternis waren. Allerdings hatten sie angeblich nicht solche Augen wie er. Darin hatte nichts Dämonisches gelegen und ich konnte mein Zögern nur darauf zurückführen. Einen Menschen zu töten war gegen den Kodex der Jäger und ich hatte ganz gewiss nicht vor diese Regel zu missachten. Außerdem tötete ich nicht zum Spaß. Ich tötete, weil ich es musste.
Nachdem ich sicher war, dass er mir nicht folgte, blieb ich um Atem ringend stehen, beugte mich nach vorne und stützte die Hände auf meine Oberschenkel. Mein Brustkorb schmerzte von dem harten Aufprall, als er mich niedergeworfen und mich auf den Boden festgenagelt hatte. Und mich mit diesen dunkelbraunen Augen überrascht angesehen hatte …
Ich hob meine Hände und verpasste mir eine leichte Ohrfeige. »Hör auf deine Gedanken an ihn zu verschwenden«, knurrte ich mich selbst an und richtete mich wieder auf.
Ich ging gemächlicher durch den verdorrten Wald, einen schnelleren Gang machte mein Körper nicht mit. Die einst eindrucksvollen Bäume waren nun nicht mehr als vertrocknetes Gestrüpp, das knarrend und bedrohlich im Wind schwankte. Seit dem Krieg zwischen den Völkern vor etwa eineinhalb Jahrhunderten schwand die Kraft der Natur immer mehr. Ich fragte mich, wie lange es dauern würde, bis auch die Hexen nicht mehr in der Lage waren, die wenigen Pflanzen zu züchten und die Menschheit mit Nahrung zu versorgen. An Krankheiten wollte ich gar nicht erst denken. Die Dämonen mussten uns nicht angreifen, sie mussten uns nur eine Seuche schicken und die Menschheit wäre erledigt.
Mein Blick glitt durch den Wald, auf der Suche nach einer Lichtung, von der aus ich losfliegen konnte, aber die Stämme standen zu dicht und ihre Äste waren wie ein Netz verschlungen, als dass ich etwas erkennen konnte. Es dämmerte bereits und ich würde selbst mit dem Besen mehrere Stunden bis zur Königsstadt Mitra benötigen.
Meine Beine schmerzten, aber ich lief weiter. Welche Wahl hatte ich denn schon? Als ich eine geeignete Stelle fand, blieb ich stehen und enthakte den winzigen Besen an meinem Gürtel. Zum Glück war er nicht beschädigt worden. Ich hätte zwar lieber ein Pferd gehabt, aber Reittiere waren schwer zu beschaffen und teuer – zumal sie auch etwas zu essen brauchten. Deswegen hatten die Hexen in Zusammenarbeit mit den Erfindern diese praktischen kleinen Dinger erschaffen.
»En«, flüsterte ich, warf den Besen in die Luft und noch ehe er wieder in meiner Hand landete, hatte er die passende Größe erreicht, damit ich darauf fliegen konnte.
Ich setzte mir eine Flugbrille auf, mit der ich in der Dunkelheit besser sehen konnte. Was bei diesem Wald und dem Weg, der vor mir lag, ausgesprochen wichtig war. Dann nahm ich Platz auf den knorrigen Stiel, zog einen Energiekristall aus einer kleinen Tasche und steckte den strahlenden Stein in die dafür vorgesehene Einbuchtung. Der Besen leuchtete hell auf. Ich suchte nach der Magie, die ihn zum Leben erweckte, und verband sie mit meinen Gedanken. Konzentriert stellte ich mir die Stadt Mitra vor und ehe ich es mich versah, erhob sich der Besen in die Lüfte und flog zielstrebig nach Süden.
Links von mir färbte sich der Himmel bereits purpurfarben, während eine blutrote Sonne sich Stück für Stück emporschob und die Nacht verdrängte. Ich war erleichtert, dass ich meinen Auftrag erfolgreich hatte abschließen können. Behutsam zog ich das Röhrchen aus meiner Brusttasche. Es bestand aus einem gelblichen Metall mit seltsamen Einkerbungen. Ich war mir ziemlich sicher, dass darin eine Schriftrolle verborgen war, allerdings wagte ich nicht das Behältnis zu öffnen.
Schnell verbarg ich es wieder nah an meinem Körper. Ich würde es an einem anderen Ort verstecken müssen, wenn ich Mitra erreicht hatte, da man mich durchsuchen würde. Die Königsstadt war von gewaltigen Mauern umgeben, die sie vor Angriffen der Dämonen schützen sollten. Die Tore wurden nachts verschlossen und ich konnte froh sein, dass ich erst kurz vor der Mittagszeit dort ankommen würde.
Obwohl ich in meiner Kleidung unschwer als Dämonenjägerin und Mitglied des Hauses Van Helsing zu erkennen war, wusste ich, dass es schwierig werden würde, nachts in die Stadt gelassen zu werden. Außerdem konnte ich an den Toren kaum von meinem Auftrag erzählen.
Viele Städte hatten nach dem großen Krieg angefangen Mauern zu errichten, um ihre Bevölkerung zu beschützen. Da es nur noch wenige Landwirte gab, die genug Magie besaßen, um Höfe zu führen, war es recht einfach, die Menschen innerhalb dieser Grenzen zusammenzupferchen. Einige Städte aber hatten es nicht nötig, Mauern zu errichten. So auch meine Heimatstadt Kuna. Dort lebten drei große Dämonenjägerfamilien, weswegen dieser Ort kaum von Kämpfen und Angriffen heimgesucht wurde.
Der König hatte mehrfach versucht ein Haus nach Mitra zu locken, als das dort ansässige Jägergeschlecht ausgerottet worden war. Aber Dämonenjäger waren abergläubisch. Wir verließen unsere Heimat nicht, da wir glaubten, unsere Stärke käme von dem Ort, mit dem wir verbunden waren.
Obwohl Mitra die Hauptstadt der verbliebenen Menschen war, die nur noch in Teilen der Erde leben konnten, war Kuna deutlich reicher. Es schien, als wäre die Stadt nicht nur sicherer, sondern auch von stärkerer Magie durchzogen, weswegen bei uns noch einige Bauernhöfe existierten. Dennoch gab es kaum Zuwanderung, was vermutlich daran lag, dass es strenge Regeln gab.
Als die Sonne schon unangenehm hoch stand, lenkte ich meinen Besen dichter an den Boden und landete schließlich einige Gehminuten vom Stadttor entfernt. Ich warf mein Transportmittel in die Luft. »Aan«, flüsterte ich und der Besen schrumpfte wieder zurück auf die Größe meines Zeigefingers.
Ich verstaute ihn an meinem Gürtel und zog das Röhrchen aus meiner Brusttasche. Ich öffnete ein kleines Fach an meinem Stiefelschaft und legte es hinein. Falls die Stadtwache tatsächlich auf die Idee kam, mich zu durchsuchen, würden sie es nicht finden.
Da es keinen Grund mehr gab, mein Gesicht zu verbergen, legte ich den Umhang ab und zeigte somit die rotbraune Jacke mit dem Wappen meiner Familie. Jeder sollte sehen, wer ich war, denn ich hatte keine Lust, irgendjemandem zu erklären, was ich in der Stadt wollte.
Mit erhobenem Haupt schritt ich auf das Tor zu und ging, ohne behelligt zu werden, hindurch. Die Wachleute musterten mich neugierig, sprachen aber kein Wort. Ohne Umschweife ging ich auf das Schloss zu, das – im Gegensatz zu all den anderen Gebäuden dieser Stadt – von den Spuren der Zeit verschont geblieben schien. Sein Verputz leuchtete so blütenweiß, als wäre er gerade aufgetragen worden, während die Fassaden der anderen Häuser bröckelten oder von Staub und Dreck so bedeckt waren, dass man ihre eigentliche Farbe nicht mehr erkennen konnte.
Wie in dem Brief angewiesen ging ich nicht zu einem Boteneingang, sondern hielt auf die eindrucksvolle Treppe zu, deren Marmor in der Sonne leuchtete wie frischer Schnee. Ich hatte erst wenige Stufen erklommen, als sich zwei Hellebarden vor mir senkten und mir ein Vorankommen unmöglich machten.
Ich hob den Kopf und starrte in die kalten Augen von einem der bulligen Soldaten des Königs. Seine Uniform sah abgetragen und viel zu eng aus. Eine tiefe Narbe überzog seine rechte Wange und seine Miene wirkte irgendwie seltsam, ich wusste aber nicht recht wieso.
»Was willst du hier, Jägerin?«, fragte er barsch und mir wurde bei seinem nach Bier riechenden Atem übel.
Ich richtete mich auf, spannte meine Schultern an und erwiderte: »Ich habe eine dringende Mitteilung für Leutnant Crimson.«
Die beiden Männer sahen sich einen Moment an und ich überlegte bereits, ob ich den Namen meiner Kontaktperson falsch ausgesprochen hatte, als der Soldat, der mich angesprochen hatte, einem Pagen winkte.
»Hol Crimson«, zischte er und der Junge lief los.
Unverhohlen musterten mich die Männer und gaben grunzende Laute von sich. Ich verschränkte meine Hände hinter meinem Rücken und wippte auf meinen Füßen vor und zurück. Ich hatte keinerlei Interesse, mit diesen Männern zu sprechen. Zum Glück schien es ihnen ähnlich zu gehen.
Wie lange konnte es dauern, einen Leutnant zu finden, der vermutlich darüber informiert gewesen war, dass ich in den nächsten Tagen erscheinen sollte? Jedenfalls stand ich hier eine gefühlte Ewigkeit herum. Die Sonne brannte auf mich herab und der Schweiß lief mir bereits den Rücken herab.
Endlich hörte ich das Klappern von Stiefelabsätzen und kurz darauf stand ein Mann in der dunkelblauen Uniform der Königsgarde einige Stufen über mir. Seine Haare waren so schwarz wie das Gefieder eines Raben und seine dunklen Augen wirkten irgendwie stumpf, fast so, als hätte man ihn unter eine Art Bannzauber gestellt. Bei näherer Betrachtung fiel mir auf, dass auch die Soldaten ein wenig wie in Trance wirkten. Mein Magen zog sich zusammen. Irgendetwas stimmte hier nicht …
Er betrachtete mich und ich war mir nicht sicher, ob es Missgunst oder Arroganz war, die ich in seinem Blick entdeckte. Allerdings hatte ich bereits entschieden, dass ich ihn ebenso wenig mochte wie er augenscheinlich mich.
Als er nichts sagte, räusperte ich mich. »Ich bin gekommen, um den Drachen zu untersuchen.«
Jeder wusste, dass es seit dem Krieg keine Drachen mehr gab. Die Dämonen hatten versucht sie zu zähmen, aber da es ihnen nicht gelungen war, löschten sie die Spezies aus. Keine dieser einst stolzen Kreaturen gab es mehr.
Der Leutnant nickte. »Den grünen oder den blauen?«
»Den einäugigen in der Schatzkammer.«
Ich war mir nicht sicher, ob ich alles gesagt hatte. Der Leutnant hob sein Kinn ein Stück höher und ich ballte meine Fäuste. Wenn ihm was nicht passte, sollte er es einfach sagen und mich nicht demonstrativ anschweigen!
»Lasst sie passieren«, befahl er und drehte sich um. »Folge mir, Jägerin.«
Ohne auch nur einen Blick über die Schulter zu werfen, lief er die Stufen hinauf und ich hastete hinterher. Meine Rippen schmerzten noch immer von dem Kampf und ich verfluchte diesen Mann, der mich einfach niedergeworfen hatte. Falls ich ihn noch einmal sah, würde ich ihm mehrere Knochen im Leib brechen.
»Wir hatten mit deiner Ankunft erst später gerechnet«, sagte Crimson, kaum dass wir im Inneren des Schlosses ankamen. »Wie es scheint, sind die Gerüchte wahr, dass die Tochter von Alain Van Helsing ihre Vorfahren übertrifft.« Seine Stimme veränderte sich nicht, aber zumindest wirkten seine Worte weniger feindselig. »Ich führe dich in einen Raum, wo du dich für deine Audienz umziehen kannst.«
»Umziehen?«, fragte ich und der Leutnant blieb stehen. Ich war über die Ankündigung, meine Kleidung wechseln zu müssen, so überrascht, dass ich fast in ihn hineingelaufen wäre.
»Du willst doch nicht so vor deinen König treten, oder?« Er zog eine Augenbraue hoch.
Abgesehen von dem Sturz, der nicht nur meine Rippen angeknackst, sondern auch jede Menge Staub auf meine Kleidung gewirbelt hatte, war mein Aufzug tadellos. Selbst mein geflochtener Zopf hatte kaum gelitten.
»Verzeihung, ich komme nicht oft mit dem hohen Adel in Berührung«, beeilte ich mich zu erklären, was ihn nur zu einem Grunzen veranlasste.
Wortlos wandte er sich wieder um und ging weiter. »Wir stellen dir die Kleidung zur Verfügung für heute, also keine Sorge.« Er blieb vor einer Tür stehen und öffnete sie, ohne anzuklopfen. Nachdem ich vor ihm eingetreten war, folgte er mir in den Raum. Er zog an einem Seil und eine Glocke erklang. Kurz darauf öffnete sich eine andere Tür und zwei Frauen in weißen Schürzen eilten herein und verneigten sich.
»Leutnant?«, hauchten sie mit gesenkten Köpfen.
»Die Dämonenjägerin ist hier. Bringt Kleidung für sie und ein Bad, der König soll nicht von dem Gestank der Finsternis in Ohnmacht fallen. Lest ihr jeden Wunsch nach Essen und Trinken von den Augen ab und ruft mich, wenn ihr fertig seid.«
Er wandte sich mir zu, sagte jedoch nichts, sondern verließ den Raum. Ich schluckte und wartete darauf, dass die beiden Frauen mir zeigten, was ich zu tun hatte. Denn so wenig mir die Gefahr mit den Dämonen etwas ausmachte, so sehr überforderte mich diese Situation hier.
»Damsel«, verneigte sich eine von ihnen vor mir. »Erlaubt mir Euch nach Eurer Lieblingsfarbe zu fragen?«
»Ich … Wozu?«
Sie blinzelte, offenbar verwirrt darüber, dass ich eine Gegenfrage gestellt hatte. »Für Euer Kleid natürlich.«
»Kleid? Ich habe noch nie ein Kleid getragen!«
Beide Mädchen keuchten und eine hielt sich die Hand vor ihr Herz. »Ein so bezauberndes Geschöpf wie Ihr durfte nie den Luxus eines seidigen Kleides kennenlernen?«, fragte eine der beiden und schien einer Ohnmacht nahe.
»Sei es drum«, meinte die andere und klatschte in die Hände. »Wir werden schon etwas Passendes für Euch finden. Ich gehe in die Küche und lasse das Badewasser vorbereiten. Soll ich Euch etwas zu essen bringen?«
Ich nickte. Meine letzte anständige Mahlzeit lag über einen Tag zurück. Außerdem war ich gespannt, was man einer Jägerin im Schloss des Königs servieren würde.
»Wünsche, Damsel?«
»Nein, ich bin nicht wählerisch.«
»Wunderbar.« Die Magd verneigte sich. »Ich beeile mich.«
Die andere blieb neben mir stehen, betrachtete mich und begann aus schweren Truhen Kleider und Dinge zu ziehen, die ich in meinem Leben noch nicht gesehen hatte.
»Ihr werdet umwerfend aussehen, Damsel«, plapperte sie, zog ein Kleid heraus, schüttelte den Kopf, legte es zurück und zog ein anderes aus der Truhe, das sie auf einen Ständer hängte. »Habt nur ein wenig Vertrauen in unsere Fähigkeiten.«
Ich schluckte meine Antwort hinunter. Dieses Mädchen konnte nichts dafür, dass ich aufgeputzt werden sollte, obwohl ich eine Dämonenjägerin war. Ich nickte und starrte aus dem Fenster, vor dem sich ein grüner Garten erstreckte. Pflanzen, die ich nur aus Büchern der alten Zeit kannte, wuchsen dort. Ihre Blätter waren saftig grün und bunte Blütenkelche in unterschiedlichen Formen und Farben bewegten sich im leichten Wind. Keine von ihnen war essbar, sie sahen nur schön aus. Ich fragte mich, wie das Schloss sich die Magie, die dafür nötig war, guten Gewissens leisten konnte, wenn andere Städte fast verhungerten. Noch nie in meinem Leben hatte ich so viel verschwenderischen Luxus an einem Ort gesehen.
Während das Mädchen eine leise Melodie summte und verschiedene Accessoires zu den ausgewählten Kleidern heraussuchte, überlegte ich, warum der König mich zu sprechen wünschte. Ein unangenehmes Gefühl machte sich in meinem Magen breit und ich schauderte.
Je eher ich dieses Schloss verlassen konnte, umso lieber wäre es mir.