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Die Suche nach dem vermissten Daniel Hagemann führt die eigenwillige und medial veranlagte Hauptkommissarin Klynghofer unter anderem zu einem rücksichtslos aufstrebenden Kriminellen der Berliner Unterwelt. Je mehr sie in dessen Leben und das der gesuchten Person eintaucht, desto mysteriöser und verworrener wird der Fall. Etwa zur selben Zeit steht bei einem Rechtsmediziner im 600 Kilometer entfernten Düsseldorf ein ominöser Aktenkoffer vor der Haustür und stellt dessen Leben vor eine Zerreißprobe. Im Zuge der schleppenden Ermittlungen verschlägt es die Hauptkommissarin auf ihr altes Revier, ebenfalls nach Düsseldorf sowie zu ihrem Bruder, einem Reporter. Dann geschieht in Berlin, während ihrer Abwesenheit, ein bestialischer Mord. Fest entschlossen dieses abscheuliche Verbrechen, das im Zusammenhang mit ihrem aktuellen Fall zu stehen scheint, aufzuklären, läuft sie, aufgrund der Nähe zum Opfer Gefahr die Distanz zu verlieren. Nun endgültig angespornt, den Fall mit Hilfe ihrer ungewöhnlichen Fähigkeiten zu lösen, gelangt sie jedoch an ihre Grenzen. Die Ermittlungsergebnisse in Berlin als auch in Düsseldorf erweisen sich zum Teil als sehr ungewöhnlich und werden der Hauptkommissarin mehr abverlangen als sie ahnen wird, denn der Gegner ist unberechenbar und ihr ebenbürtig.
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Seitenzahl: 703
Anne Bücher
Chayenne ...
Ein teuflischer Plan
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Inhalt
01.05.2017 … Sonntagmorgen … Düsseldorf Golzheim
27.07.2017 … Donnerstag … Berlin
07.07.2017 … Freitag …. Düsseldorf Golzheim
10.08.2017 … Donnerstag … Berlin
11.08.2017 … Freitag … Düsseldorf Oberkassel
11.08.2017 ... Freitag ... Berlin
12.08.2017 ... Samstagmorgen ... Düsseldorf
14.08.2017 … Montagmorgen … Berlin
14.08.2017 ... Montag ... Düsseldorf, zur selben Zeit ...
14.08.2017 ... Montagabend ... Berlin
14.08.2017 ... Montagnacht ... Düsseldorf
17.08.2017 ... Donnerstag ... 9.00 Uhr ... Düsseldorf
18.08.2017 ...Freitag ... 8.53 Uhr … Düsseldorf – Ludenberg … Maronen - Allee
18.08.2017 ... Freitag … 13.08 Uhr ... Düsseldorf Hauptrevier, die Falle
19.08.2017 ... Düsseldorf ...
Epilog
Impressum neobooks
Anne Bücher
Chayenne …
Ein teuflischer Plan
Copyright © 2022 M.T. Nowak – M.K. Palmen van Rijn
© M.T. Nowak – M.K. Palmen van Rijn, Postfach 20 02 02 , 40776 Monheim
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All rights reserved
Lektorat: M.K. Palmen van Rijn, 40776 Monheim
„Maaaan ... wer klingelt denn da um diese Uhrzeit? Kannst du bitte zur Tür gehen, Isabell?“, brüllt Maik aus dem Badezimmer.
„Bis jetzt bin ich noch nicht ins Bad gekommen, Maik. Und so wie ich aussehe werde ich auch nicht an die Tür gehen. Ganz sicher nicht“, brüllt Isabell zurück.
„Frag doch deine Tochter, die blockiert schon seit knapp einer Stunde das Badezimmer und sollte längst fertig sein“.
Isabell ist Frühaufsteherin und freischaffend tätig. Daher übernimmt sie, zumindest wenn es zeitlich passt, die morgendlichen kleinen Aufgaben wie Kaffee kochen und andere Dinge. Aber eben nicht sowas wie ungestylt die Haustür öffnen.
„Dann sieh du eben nach wer da klingelt, Franziska ... hallooo ... Franziskaa?“, versucht er es nun leicht genervt bei seiner Tochter.
„Ihr könnt mich mal. Außerdem mache ich mich gerade für die Schule fertig. Nur ein völlig Bekloppter klingelt morgens um halb sieben bei fremden Leuten. Soll doch deine verstrahlte Hofschranze aufmachen. Die sitzt eh nur faul rum und hat nix zu tun. Oder geh selber“, schallt es vom holden Töchterlein lautstark aus dem anderen Badezimmer.
„Verdammt nochmal, ist denn hier keiner in der Lage mal eben an die Tür zu gehen?“, brüllt Maik genervt und schmeißt wütend sein Deo Spray ins Waschbecken. „Mannn ... ich mach mich doch auch gerade für die Arbeit fertig. Ach, übrigens, da wo ich gleich hingehen muss, kommt das ganze Geld her, das ihr so gerne ausgebt“. Maik zieht genervt den Bademantel über und stampft fluchend zur Haustür. Erst auf dem Weg dorthin bemerkt er, dass er ihn falschherum angezogen hat, was ihm ein kleines Schmunzeln entlockt. Die Innenseite des Bademantels sieht einfach schrecklich aus, wie ein riesiger weißer Fransenlappen, der nur selten gewaschen wird.
„Ach Scheiß drauf. Ist mir jetzt auch egal ob sich die Nachbarn über mich das Maul zerreißen“, grummelt er wütend und greift, ohne nur den Hauch eines Gedankens an den Spion zu verschwenden sofort zur Klinke, reißt die Haustür auf und tritt, für seine Verhältnisse aufgebracht, vor die Haustür, aber nur einen kleinen Schritt.
„Wer in Gottes Namen klingelt denn hier schon so früh am Morgen? Haben die Leute, um diese Uhrzeit eigentlich nix besseres zu tun. Wass … isst … denn?“, zickt Maik erregt. Aber zu seinem Erstaunen muss er feststellen, vor der Haustür steht niemand. Komisch, weit und breit kein Mensch zu sehen ... seltsam, wundert er sich in Gedanken.Gereizt blickt er nach oben, zu schnell, denn sein Genick meutert mit einem fiesen Knackgeräusch. Mit beiden Händen im Nacken blickt er in den orangegefärbten Himmel. Die Sonne geht gerade auf, die ersten Vögel sind bereits unterwegs und zwitschern fröhlich ihre Lieder. Tief atmet Maik die kühle Morgenluft ein und aus, beobachtet schmunzelnd wie die Piepmätze aufgeregt umherflattern und eilig ihre Besorgungen erledigen. Er saugt genussvoll den lieblichen Duft der Blumen und Pflanzen ein. Als wenn es genau dieser Augenblick Ruhe war, der ihm fehlte. So gönnt er sich die kurze Auszeit und genießt den Moment der Zufriedenheit. Maik schließt die Augen, denkt an die schöne Zeit als Marion mit Franziska schwanger war und sie den Entschluss fassten für ihr Kind in eine ruhigere Gegend zu ziehen. Hier in Düsseldorf – Golzheim hatten sie gefunden, was sie suchten, ein schönes freistehendes Haus mit größerem Grundstück, Kindergarten und Schule direkt um die Ecke. Maik erinnert sich auch daran, wie seine kleine Franziska vor Freude ausflippte als sie die Schaukel und den Sandkasten im Garten entdeckte. Da sie im Sommer Geburtstag hat fanden ihre Partys bei schönem Wetter natürlich draußen im Garten statt. Mit allem Zipp und Zapp. Man, bei so vielen Kindern war vielleicht was los. Maik lächelt bei dem Gedanken an diese Zeit. Aber auch an sich als Eltern hatten sie gedacht. Die Altstadt und was Düsseldorf noch so zu bieten hat war von hier aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen. Eigentlich kam fast alles so wie sie es sich für ihre kleine Familie gewünscht hatten. Und dann, wie aus dem Nichts, ereignete sich dieser schreckliche Unfall und zerstörte ihr Glück. Eine kleine Träne kullert langsam über seine Wange. Schluchzend holt er Luft und seufzt leise. Maik will nicht, dass seine Franziska mitbekommt, dass er weint und so wischt er traurig seine Tränen weg. Dabei kommt es ihm wieder in den Sinn, warum er überhaupt vor der Haustür steht. Es hatte geklingelt. Noch einmal schaut er sich nach allen Seiten um. Nun etwas genauer, und somit auch in die Autos, die in der Nähe von seinem Haus parken. Die aufgehende Sonne gewinnt allmählich an Kraft und befreit so peu à peu die Scheiben vom Morgentau. Maik kann nun einen Deut besser sehen und schaut sich um, ob vielleicht jemand in einem der Fahrzeuge sitzt. Aber dem ist nicht so. Bestimmt war das nur ein Klingelstreich, ist sein erster Gedanke. Nur ... ist es dafür nicht viel zu früh? Seit wann stehen Kinder für Schellemänchen freiwillig so früh auf? Er beginnt sich zu fragen, warum ihn das eigentlich so beschäftigt. Da seine Füße langsam kalt werden stapft er ein paarmal kräftig auf den Boden. Er beschließt wieder reinzugehen, dabei sieht er mehr oder weniger zufällig nach unten auf seine Füße. Maik bekommt einen Schreck, der durch seinen ganzen Körper schießt. Das vergeht zwar schnell wieder, aber das mulmige Gefühl, das ihn beschleicht, bleibt. Regungslos verharrt er einen Moment und starrt weiterhin auf den Boden. Maik ist ratlos, weiß nicht was er tun oder wie er sich verhalten soll. Sein mulmiges Gefühl wird immer heftiger, so dass ihm für einen kurzen Moment der Atem stockt. Verunsichert schaut er sich erneut um. Aber da ist niemand und nirgendwo geht oder steht jemand.
Maik ist 35 Jahre, Rechtsmediziner, Freizeitsportler und dementsprechend durchtrainiert, 185 cm groß, kurze dunkle Haare, sein Erscheinungsbild streng und gepflegt, wie es von einem Mediziner erwartet wird. Vor fünf Jahren verstarb seine Frau Marion, Franziskas leibliche Mutter, auf tragische Weise bei einem Verkehrsunfall. Es war spät und schon dunkel als sie mit dem Auto auf dem Heimweg war. Den Bremsspuren nach zu urteilen, versuchte sie irgendwas auf der Straße auszuweichen und krachte geradewegs vor einen Baum. Die Polizei kam zu dem Schluss, dass überhöhte Geschwindigkeit und Wildwechsel die wahrscheinlichste Ursache für den Unfall gewesen sein könnte. Sie meinten, die meisten Autofahrer würden die Warnschilder für Wildwechsel einfach zu sehr auf die leichte Schulter nehmen und die Gefahr unterschätzen. Es könnte durchaus so gewesen sein. Wenn Marion heim zu ihrer Familie wollte, war sie nicht zu bremsen. Ja, das stimmte schon, dann ging sie mitunter unnötig Risiken ein und fuhr zu schnell. Franziska und ihre geliebte Mama waren ein Herz und eine Seele, eine sich ergänzende Symbiose. Die Zeit danach war sehr schwer für beide, vor allem für Franziska. Was Maik noch an Kraft und Liebe aufbringen konnte gab er ihr, zumindest, soweit es ihm damals möglich war. Denn auch er litt schwer unter dem Verlust seiner geliebten Frau. Nach einer fast drei Jahre andauernden Trauerphase wurde er unerwartet zu einem Seminar nach Berlin einberufen. Seine Kollegen konnten es nicht mehr mit ansehen wie er als Trauerkloß unten im Keller hauste, mit all den Leichen. Dazu noch die Einsamkeit und kalte Atmosphäre. Da sie ebenfalls zu diesem Seminar nach Berlin beordert wurden, organisierten deren Ehefrauen Karten für eine originelle Modenschau mit anschließender Party. Ihre Rechnung ging auf. Maik lernte Isabell kennen und war sofort hingerissen von ihr. Auf dem Laufsteg war sie ihm nicht aufgefallen, was wohl mehr daran lag, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht besonders empfänglich war für die, in seinen Augen, affektierte zur Schaustellung. Er schwelgte lieber in Erinnerungen. Auf der anschließenden Party hatte Maik nur noch vor sich sinnlos zu betrinken. Leider musste er zuvor noch eine für ihn lästige gesellschaftliche Verpflichtung über sich ergehen lassen. Da die meisten der geladenen Gäste sich schon vorher kannten, beschränkte sich die endlose Vorstellungszeremonie auf die wenigen auswärtigen Besucher. Am liebsten hätte er sich einfach umgedreht und wäre gegangen. So ließ er dem lästigen Prozedere widerwillig seinen Lauf und spielte, wie von ihm erwartet brav mit. Und auf einmal, wie aus dem nichts stand sie vor ihm … Isabell … in ihrem knielangen dunkelblauen Cocktailkleid, mit einem tiefen Ausschnitt, der alles andeutete, aber nichts preisgab und streckte Maik lächelnd ihre Hand entgegen. Er war auf Anhieb hin und weg. Der 175 cm großen und strahlenden Lebensfreude hatte er nichts mehr entgegenzusetzen. Für ihn war es Liebe auf den ersten Blick. Als Laufsteg- und Fotomodell wusste sie sich natürlich geschickt in Szene zu setzen, das brachte ihr Job mit sich. Und für ihre recht jungen 21 Jahre beherrschte sie die vornehmen Umgangsformen ausgesprochen gut, dazu wirkte sie noch gebildet. Lange blonde Haare, blaue Augen und eine Traumfigur. Ihr verführerisches Parfum benebelte seine Sinne. Ja, sie war eine Frau die Blicke auf sich zog. Maik hoffte, sie würde ihn wenigstens ein bisschen beachten, denn immerhin hatte sie es geschafft, dass er sich für sie interessierte. Für einen Moment hatte er tatsächlich seine Trauer vergessen. Seit langer Zeit das erste Mal. Seine Hoffnung erfüllte sich, den ganzen Abend widmete sie ihm. Sie tranken und lachten zusammen, sehr zum Gefallen seiner Kollegen. Obwohl Isabell zwölf Jahre jünger war, schien die Chemie zwischen ihnen auf Anhieb zu stimmen. Durch seine Erzählungen wurde sie dann auch neugierig auf die Kö, die Altstadt und alles, was Düsseldorf zu bieten hat. Maik war ein guter Zuhörer und ahnte daher, dass sie Berlin eigentlich noch nie so richtig verlassen hatte. Was ihn ein bisschen wunderte bei ihrem Job. Aber mit ihren gerade mal 21 Jahren, überlegte er, konnte sie eigentlich auch noch nicht lange dabei sein. Bei dem Löwenanteil ihrer Aufträge handelte es sich laut Schilderung wohl um Foto Shootings, und nur gelegentlich um Modenschauen. Wenn sie Glück hatte auch mal außerhalb Berlins. Also fasste Maik seinen ganzen Mut zusammen und lud Isabell nach Düsseldorf ein. Sie nahm sein Angebot an und es kam, wie es kommen musste. Nach knapp einem halben Jahr waren sie verheiratet. Sehr zum Missfallen seiner geliebten Franziska. Zwar hatte er vorher mit seiner Tochter mehrmals darüber gesprochen, aber was den Wechsel von der netten Bekannten zur erziehungsberechtigten Ersatzmutter nach sich zog, das hatten beide gehörig unterschätzt. Für Franziska war einfach alles viel zu schnell gegangen, sie lehnte Isabell als Stiefmutter sowie als Freundin ab. Sie war noch nicht so weit. Dass seine neue Frau gerade mal zehn Jahre älter war als Franziska und dadurch mehr eine große Schwester als eine Mutter für sie darstellte, darüber hatte er nicht wirklich nachgedacht. Aber letztlich führte Franziskas anhaltende Ablehnung Isabell gegenüber zu Problemen in ihrer Ehe und hinterließ im alltäglichen Leben seiner kleinen Familie hässliche Spuren. Als Folge davon war Isabell nicht länger bereit um die Rolle als Mutter oder Freundin zu kämpfen. Geknickt gestand Maik sich ein, es war ein Fehler so überstürzt zu heiraten. Ehefrau, Mutter und Mediziner Gattin mit gesellschaftlichen Verpflichtungen? Ja, damit ist Isabell schlichtweg überfordert.
„Warum verflucht nochmal, steht vor meinen Füßen ein schwarzer Aktenkoffer? Und wer klingelt am Montagmorgen um halb sieben an meiner Haustür, stellt das Ding ab und gibt sich dann nicht zu erkennen? Was soll das?“, flucht er leise und wundert sich, warum ihm der Aktenkoffer nicht sofort aufgefallen war. „Na ja, wahrscheinlich weil ich so sauer war“. Maik geht auf den Bürgersteig und schaut sich aufmerksam nach allen Seiten um. Sein Blick wandert über Autos, Hecken und sogar die Baumkronen. Nichts. Niemand. „Das gibt es doch nicht“. Und auf einmal kann er sein mulmiges Gefühl einordnen. Genau, das ist es. Er fühlt sich beobachtet. Verunsichert geht er zur Haustür zurück.
„Was mach ich denn jetzt bloß? Soll ich die Polizei rufen? Lass ich den Aktenkoffer stehen und warte einfach ab was geschieht? Oder nehme ich ihn mit ins Haus?“, grummelt er. Wie fremdgesteuert greift Maik nach dem hochgeklappten Griff und nimmt den Aktenkoffer an sich. Die Frage ist damit beantwortet. Sein Herz schlägt bis zum Hals und er atmet schnell, zu schnell. Mit der Situation überfordert steht er noch einen kurzen Augenblick regungslos da, dann geht er ins Haus und schließt die Tür hinter sich. Leise schleicht er in die Küche und setzt sich an den Tisch. Den Koffer, auf seinen Knien stehend, hält er fest umklammert. So wie er seine Frauen kennt brauchen sie noch eine ganze Weile bevor sie auftauchen. Maik fühlt sich sicher vor ihnen und legt den Koffer mit zittrigen Händen auf den Tisch. Die Küchentür, genau gegenüber, fest im Blick. So kann er rechtzeitig reagieren, wenn eine seiner beiden Damen naht. Ja aber ... wie denn reagieren? Ihnen sagen was geschehen ist? ... oder besser stillschweigen? Sein Herz schlägt immer noch bis zum Hals. „Ganz ruhig, Junge. Und bring endlich deine Atmung unter Kontrolle. Sonst fällst du gleich noch vom Stuhl“, flüstert er mit Blick auf die Tür. Er legt die Hände auf den Koffer, schließt die Augen und atmet langsam ein und aus. Wenn die Leichen im Institut überhandnehmen, hilft ihm das in der Regel. So ist es auch diesmal. Maik spürt, wie allmählich seine innere Ruhe zurückkehrt, den Umständen entsprechend. Ihm ist klar, er muss herausfinden, was es mit dem Aktenkoffer auf sich hat. Langsam zieht er ihn näher zu sich heran, legt vorsichtig sein Ohr auf die Oberseite und horcht. Gebannt hält er den Atem an und hofft bloß kein Ticken zu hören. Die Stille ist beängstigend. „Puh, wenigstens kein Ticken“, pustet er erleichtert durch. „Ich Hornochse. Was wäre denn gewesen, wenn? ... mein Gott, nicht auszudenken“, flucht er leise. Maik ohrfeigt sich in Gedanken für seinen Leichtsinn. Leichtfertig hatte er seine geliebte Franziska und Isabell in Gefahr gebracht. Aber Sprengstoff, Maik? ... für mich? ... warum? ..., dass macht keinen Sinn. Ohne es zu bemerken tropfen von seiner Stirn Schweißperlen auf den Aktenkoffer. Flüchtig wischt er mit dem Ärmel über die Tropfen, hebt den Koffer an und schüttelt ihn vorsichtig. Es sind keine Geräusche zu vernehmen. Erst jetzt, beim erneuten Ablegen des Koffers auf den Tisch fällt Maik auf, dass er nicht sonderlich schwer ist. Die Würfel sind gefallen. Kurzentschlossen drückt er mit beiden Daumen gleichzeitig auf die Schnappverschlüsse, die mit einem für seine Anspannung zu lautem klack aufspringen. Vor Schreck zuckt Maik zusammen. Sein Herz fängt erneut an zu rasen und er schwitzt wieder. Dennoch nimmt er seinen ganzen Mut zusammen und öffnet den Aktenkoffer, aber nur einen Spalt weit, aus reiner Vorsicht. Aufgeregt sieht er hindurch und ... ist sprachlos. Sein Herz fängt so an zu hämmern, dass er es mit der Angst zu tun bekommt. Er drückt den Deckel wieder runter, hält die Luft an und verharrt kurz. „Der ... der ist ja rammelvoll mit Geld … jede Menge Kohle“, stottert er und stellt den Deckel senkrecht. Aufgeregt wirft er einen kurzen Blick über den geöffneten Deckel, aber kein Grund zur Sorge, seine Damen sind noch mit ihrer Morgentoilette beschäftigt. Ungläubig blättert Maik ein paar Geldbündel durch, spürt bei jedem einen leichten Luftzug über seine Hand wehen. Es ist ein fantastisches Gefühl wie die Geldscheine leise raschelnd durch seine Finger gleiten. Fasziniert sieht er zu wie sich die einzelnen Geldscheine aufblättern und saugt den Anblick förmlich in sich auf. Er hat so etwas noch nie gesehen, oder gerochen, geschweige denn erlebt. Es sind tatsächlich alles Euroscheine, 100er und 200er, so wie es auf den Banderolen steht. Und kein bisschen Zeitungspapier dazwischen. Maik weiß, er muss eine Entscheidung treffen. Da bleibt kein Ausweg. Einfach hier sitzen bleiben ... so tun als wäre nichts geschehen? Nein, das wird wohl nicht funktionieren, überlegt er zitternd. Außerdem ist er sich darüber im Klaren, dass die Entscheidung, die er treffen wird, welche auch immer das sein mag, Einfluss auf die Zukunft seiner Familie haben wird. Gebe ich das Geld bei der Polizei ab, nimmt mein finanzielles Desaster seinen Lauf. Behalte ich es aber, lösen sich meine Finanzprobleme einfach in Luft auf und mein Elend hat ein Ende. Nur was zieht das nach sich? Zieht es denn überhaupt etwas nach sich? Maik befindet sich in einem Zwiespalt, was soll er tun?
„Das müssen so um die 150.000 Euro sein. Wer macht so etwas? Und vor allem, warum macht jemand so etwas? Dafür muss es doch einen Grund geben. Ein Brief … in dem Koffer muss irgendwo ein Brief sein. Bestimmt habe ich den in der Aufregung übersehen“, flüstert er. Geistesabwesend, als wenn er allein auf der Welt wäre, durchsucht Maik hektisch den Aktenkoffer. Dreimal hat er schon in jedem Schlitz nachgesehen, aber es ist einfach kein Brief zu finden. Vielleicht ist alles ganz anders und ich habe einen unbekannten Gönner. Könnte doch sein, oder? Dieser Gedanke klingt nicht sehr überzeugend, zumal niemand von seinen Geldproblemen etwas weiß. Schließlich ist Maik noch nie mit seinen Problemen hausieren gegangen. In die Schuldenfalle ist er getappt, weil er Isabell und Franziska unbedingt den Himmel auf Erden bieten wollte. Dabei hatte er sich schlichtweg übernommen. Und keine seiner beiden Damen hat auch nur die geringste Ahnung von diesem Dilemma. Aber fürs erste, so überlegt er, würde dies hier all seine Probleme lösen. Und ja, irgendwie duftet dieser Geldkoffer herrlich, nach Freiheit, nach himmlischer Freiheit. Er sieht nach langer Zeit endlich wieder ein Licht am Horizont. Maik ertappt sich, wie er sein Gesicht in die Geldbündel drückt, den Geruch genussvoll einatmet, ja regelrecht aufsaugt. Was für ein herrliches Gefühl.
„Sag mal drehst du jetzt ganz durch, Papa? Das ist doch nur eine blöde Aktentasche“, schnauzt Franziska ihn an und macht den Scheibenwischer. Maik war so Geistes abwesend, dass er nicht einmal bemerkt hatte, dass seine Tochter in die Küche kam. Vor Schreck schließt er den Koffer mit einem lauten Knall.
„Ich ... äh ... den ... äh ... der ist neu. Ich lieb halt den Geruch von teurem Leder“, versucht sich Maik aus der Misere zu stottern, hält seine Nase erneut über den Aktenkoffer und riecht übertrieben am Leder. „Oh man, jetzt haben die vielen Chemikalien in der Zombiebude meinen Alten blöd gemacht“, Franziska schüttelt den Kopf und Maik schmunzelt unweigerlich.
Während sie ihren Tee zubereitet, betrachtet Maik seine Tochter aufmerksam.
„Mein Gott, wie ähnlich du ihr bist. Deine Augen, deine Haare, dein Gang und die Figur. Man könnte fast meinen Marion steht vor mir. Du müsstest nur öfter lächeln. Es steht dir so gut“, flüstert Maik leise vor sich hin.
„Sprichst du jetzt auch noch mit dem hässlichen Teil, Papa?“
„Nein, ich habe dich nur angesehen und gesagt du bist jetzt schon so hübsch wie Mama“, bemerkt er nicht ohne Stolz. Franziska lächelt ihren Vater an und klimpert mit den Augen. Nachdem sie die Küche bereits wieder verlassen hat, erhellt ihr lieblicher Duft noch eine ganze Weile den Raum. Maik ist stolz auf sie, und die Angst sie könnte ihm entgleiten wird von Jahr zu Jahr größer. Franziska wird langsam erwachsen.
Da er keinen Brief im Koffer gefunden hat, will er, um sicher zu gehen ein weiteres Mal draußen nachschauen, ob vielleicht dort etwas hinterlegt wurde. Den Aktenkoffer legt er auf den Stuhl und geht vor die Haustür. Aufmerksam schaut er sich um, kann aber erneut nichts Verdächtiges entdecken und geht beruhigt zurück ins Haus.
Zwischenzeitlich hat Isabell am Küchentisch Platz genommen. Sie sieht super aus. Helle Jeans, schneeweiße Bluse und hohe Pumps. Jugendlich, aber dennoch sehr elegant. Zwischen der verführerisch weit geöffneten Bluse glänzt eine goldene Halskette und zwingt zu einem kurzen Blick auf ihr Dekolletee. „Guten Morgen, Schatz. Und? ... gut geschlafen?“, lächelnd gibt er ihr einen dicken Kuss. Kurz überlegt er, ob er ihr von dem Aktenkoffer erzählen oder lieber noch damit warten soll. Da Isabell ein wenig mürrisch wirkt will er erst mal abwarten und sehen, ob ihm etwas blüht.
„Guten Morgen. Ja danke, du auch?“, Maik nickt.
„Ist noch ein Kaffee da?“, fragt sie mürrisch.
„Ja Schatz. Bleib ruhig sitzen. Ich hol dir eine Tasse“. Auweia, die Tonlage schon. Da kommt was, ganz sicher. Als Maik sich umdreht schreckt er zusammen. Isabell hat den Aktenkoffer vom Stuhl genommen und mitten auf den Tisch gestellt. Sie tickert jetzt sichtlich gereizt mit ihren frisch lackierten Fingernägeln auf der Tischplatte herum. Am liebsten würde Maik den Koffer einfach an sich nehmen, aber er wartet ab. Erst will er wissen, ob sie hineingesehen hat, um dann zu entscheiden, was er ihr sagen wird.
„Mir predigst du seit geraumer Zeit das wir kürzertreten müssen, aber für so ein hässliches Ding hast du Geld übrig … ja?“, wütend schlägt Isabell mit der flachen Hand gegen den Aktenkoffer und mit einem lauten Knall fällt er auf die Seite. Maik stockt der Atem. „Wenn ich dich auch in Zukunft auf gesellschaftliche Verpflichtungen begleiten soll, dann brauch ich was Anständiges anzuziehen“.
„Der ... der ist nicht neu. Also, ich meine, der ist ... äh … irgendwie schon neu. Aber jetzt auch nicht wieder … äh … so nagelneu. Das war mal ein Weihnachtsgeschenk meines Arbeitgebers. Den hatte ich auf dem Dachboden eingelagert … und jetzt wieder rausgekramt, weil ich dringend einen neuen brauche. Das ist schon alles, Liebling“, stottert sich Maik mehr oder weniger überzeugend aus seinem Dilemma.
Der laute Knall hat auch Franziska auf den Plan gerufen und so stehen sie jetzt zu dritt in der Küche. Oh nein, jetzt sag nicht das Theater geht schon am frühen Morgen los, befürchtet Maik und senkt schon mal seine Stirn in die geöffnete Hand.
„Deine Hofschranze hat doch genug Klamotten im Schrank hängen. Aber ich brauche für die Schule dringend neue Schuhe und 'ne neue Hose. Alle meine Freundinnen haben schon die neuesten Klamotten und ich lauf da rum wie der Clown von McDonald. Die lachen schon über mich“, stänkert Franziska recht lautstark und streckt fordernd ihre Hand aus. „Und übrigens Papa, du könntest dir auch mal einen neuen Bademantel leisten. Der sieht aus wie ein überfahrener alter Eisbär. Einfach schrecklich das Teil. Hast du dich mit dem ollen Filz schon mal im Spiegel betrachtet? Ich glaub die vielen Chemikalien in deiner Zombiebude zerfressen dir langsam das Gehirn … aber echt ey“, und schon herrscht wie befürchtet dicke Luft in der Küche.
„Könntest du deiner Tochter bitte sagen, dass ich nicht länger so mit mir umgehen lasse“, giftet Isabell und schaute ihre Stieftochter dabei mit strafenden Blicken an.
„Deine Hofschranze hat mir gar nix zu sagen. Die ist nicht meine Mutter. Was ist denn jetzt mit der Kohle für neue Klamotten? Ich brauch die dringend“, zickt sie aufgebracht.
„Du musst dich leider noch bis zum Ersten gedulden, Schätzchen. Es geht im Moment nicht. Versteh doch bitte. Ach, übrigens, mein überfahrener alter Eisbär, wie du ihn zu nennen pflegst, habe ich nur aus Versehen falsch herum angezogen“, lacht Maik.
„Na ja, zum Glück ist das deine Tochter und nicht meine“, gießt Isabell zusätzlich Öl ins Feuer.
„Maaan ey … echt jetzt, deine Hofschranze ist doch voll verstrahlt. Ich find euch beide nur noch zum Kotzen. Ihr könnt mich mal“, schreit Franziska, stampft mit dem Fuß auf den Boden und rennt wütend davon. Bevor Maik reagieren kann, fällt auch schon die Haustür krachend ins Schloss. Er läuft ihr noch hinterher, aber sie ist schon weg. Mit Tränen in den Augen geht er zurück zu Isabell in die Küche. Ihr Gesichtsausdruck verrät ihm sofort das gleich noch ein heftiger Nachschlag folgen wird. Manchmal nervt es ihn gewaltig in gewissen Momenten so verflucht recht zu haben. Und genau jetzt ist wieder so ein Moment. Maik atmet tief ein, nimmt sich vor erst mal ruhig zu bleiben und abzuwarten, was da wohl für ein Donnerwetter kommen mag.
„Du willst mir damit also allen Ernstes sagen ich sitze bis zum Monatsende auf dem Trocknen … jaa, ist das so? Obwohl Düsseldorf eine Messestadt ist, habe ich hier beruflich noch kein Bein auf den Boden bekommen. Wäre ich bloß in Berlin geblieben, da hatte ich Kontakte, da hatte ich Aufträge, da hatte ich alles, und für dich habe ich es aufgegeben“, wirft sie ihm vor.
„Also erstens, aufgegeben hast du das nicht für mich, sondern für uns. Zweitens habe ich nie behauptet ich wäre reich. Ich verdiene zwar ganz gut, aber wir leben über unsere Verhältnisse. So einfach ist das. Und drittens, wenn du dich nur ein wenig mehr bemühen würdest, könntest du dich vor Aufträgen kaum noch retten. Du weißt genau Düsseldorf ist auch eine Modestadt, und gleich nebenan ist noch Köln mit seinen Filmstudios. Die warten nur auf so eine tolle Frau wie dich. Die suchen dich, aber du lässt es schleifen“, verteidigt er sich und bereut es auch gleich wieder.
„Ach, jetzt bin ich schuld, weil es uns schlecht geht?“, dreht sie sich um und verlässt wütend die Küche. Kurzentschlossen schnappt Isabell ihre Jacke und stürmt in Windeseile aus dem Haus. Am heutigen morgen muss Maik bereits zum zweiten Mal ertragen, wie die Haustür mit einem lauten Knall ins Schloss fällt. So eine Scheiße. Erst steht ein Koffer voller Geld einfach so vor meiner Haustür, und dann hängt ausgerechnet wegen Geld der Haussegen schief? Das ist doch echt scheiße, flucht er in Gedanken. Maik ist wirklich nicht abergläubig, aber sollen das etwa schon die ersten bösen Vorzeichen sein? Nein, er verwirft den Gedanken wieder. Dieses Scheißtheater hat er selbst verschuldet, weil er einfach gehofft hatte, die finanzielle Misere vertuschen zu können. Das ist nun gründlich in die Hose gegangen. Ich weiß, mir hätte klar sein müssen, dass es so kommt.
Maik überlegt kurz, ja dreimal war es ihm passiert. Das erste Mal im Supermarkt um die Ecke. Seinen Einkauf wollte er wie immer mit Karte bezahlen. Bäh, war das peinlich. Kartenzahlung nicht möglich, stand auf dem Display. Zum Glück hatte er genügend Bargeld im Portemonnaie. Vorsichtig wie Maik nun mal ist, fuhr er für den nächsten Einkauf in einen Supermarkt, wo ihn keiner kannte. Aber der war zu seinem Unglück ausgesprochen gut besucht. Als er bezahlen wollte, gleiches Spiel. Kartenzahlung nicht möglich. Leider führte er dieses Mal auch zu wenig Bargeld mit sich und musste so ein paar Sachen wieder aus dem Wagen rausnehmen. Dadurch wurden die Kunden hinter ihm unruhig. Er konnte deren stechende Blicke förmlich in seinem Rücken spüren, und die kundenfreundlich orientierte Kassiererin zog wegen der Stornierung ein Gesicht, dass es ihm schauderte. Mein Gott, bei der wird ja die Milch sauer, flüsterteer sich noch selbst ins Ohr.
„Hätte der gnädige Herr seine Finanzen vielleicht vorher überprüfen können? Sie sehen doch was hier los ist“, verpasste sie ihm einen deftigen Anschiss. “Ich habe keine Zeit für so einen Unsinn“, schimpfte sie wütend weiter, während sie seine aussortierten Waren stornierte.
„Entschuldigung, die Dame. Es war sicherlich ein Fehler von mir, aber keine Absicht“, antwortete er gereizt und sah sie giftig an. Die Olle sieht jetzt nicht nur wegen mir so aus … die sieht immer so aus, lachte er in Gedanken, erinnert sich Maik.
Doch dann wurde auch der Kunde hinter ihm, ein älterer Herr ungeduldig. Drängelte massiv mit seinem Einkaufswagen. Stupste diesen in kurzen Abständen mehrmals leicht gegen sein Gesäß und das mit voller Absicht.
„Naa? …wird das heute vielleicht nochmal was, der Herr? Ich habe hier nicht so viel Zeit wie Sie. Sind Sie arbeitslos, oder was?“, meckerte der Mann sofort los als Maik sich zu ihm umdrehte. Der Typ sah aus wie der Bruder der Kassiererin.
Fairerweise gab Maik sich selbst gegenüber zu, dass er den Supermarkt schon übelgelaunt betreten hatte. Ja, ihn beschlich ein komisches Gefühl wegen der Bezahlung. Den peinlichen Auftritt von letztens hatte er zwar verwunden, aber jetzt ein handfester Streit in einem Supermarkt? Nee, das lag nun wirklich unter seiner Würde. Also hielt er seinen Mund.
„Geht das da heute nochmal weiter? … ich will hier nicht übernachten“, brüllte schon der nächste Kandidat und brachte damit das Fass zum Überlaufen.
„Leck mich am Arsch ist das ein Scheißladen … hier war ich das erste und letzte Mal einkaufen“, platzte ihm nun endgültig der Kragen, schnappte sich seinen Einkaufswagen und verließ wütend den Supermarkt.
„Wommat ma hoffen“, rief ihm noch irgendein anderer Raudi lautstark hinterher.
Obwohl ihn hier in diesem Supermarkt niemand kannte, schämte er sich in Grund und Boden. So sehr, dass er beschloss, kein einziges Wort bei seinen Frauen über diese Schmach zu verlieren. Aber nun denkt Maik an sein drittes und bisher auch letztes Fettnäpfchen in einem Supermarkt. Er hatte es schon fast vergessen, aber durch diesen verrückten Tag heute, fällt es ihm wieder ein. Weil Maik wieder einmal Überstunden machen musste, war er aus Zeitnot in der Nähe seines Arbeitsplatzes einkaufen gegangen, und da wurde es noch peinlicher für ihn. Aus lauter Gram vor Geldsorgen vergaß er, na was wohl? Geld mitzunehmen. Dafür könnte er sich im Nachhinein noch Ohrfeigen. An der Kasse waren bereits all seine Einkäufe eingescannt und dann das, keinen einzigen Euro in der Tasche. Für die EC-Karte fehlte ihm der Mut, und so ließ er den Einkaufswagen stehen. Dummerweise stand genau vor ihm ein Kollege.
„Na Kollege Leichenfledderer … pleite, oder was?“, stichelte er und fing dreckig an zu lachen.
„Wenn Sie klamm sind Herr Kollege, kann ich Ihnen gerne aushelfen“, legte er nach.
„Nett gemeint von Ihnen, Herr Kollege. Aber nein, vielen Dank. Ich leihe mir grundsätzlich kein Geld. Schon aus Prinzip nicht“, lehne Maik das für ihn verletzende Angebot entschieden ab und dachte nur, du verdammtes Arschloch, was fällt dir ein mich so vor all den Leuten zu blamieren.Aber er schämte sich in Grund und Boden.
Ein paar Meter weiter stand ein Mann und filmte den peinlichen Vorgang mit dem Handy. Zumindest vermutet Maik das jetzt im Nachhinein und überlegt, ob er den Mann wiedererkennen würde. Im Moment wäre dies für ihn die einzige Erklärung, dass jemand etwas von seinen Finanzproblemen mitbekommen hatte. Die Kassiererin schließt er aus. Seinen Kollegen an der Kasse vor ihm auch, der hat den Spitznamen Matschbirne unter den Kollegen. Soweit er sich erinnern kann, war der Mann, der den Vorfall filmte, groß, bestimmt an die 190 cm, wenn nicht sogar noch größer, etwa so um die 50 Jahre alt und gut durchtrainiert. Jaja, genau … genau. Maik dachte noch der ist Bodybuilder oder sowas. Er hatte ein grobes kantiges Gesicht, viele Tätowierungen und er wirkte etwas schmierig auf ihn. Ach, komm Maik, das ist ein Klischee. Nur weil der Typ wie ein Gangster aussah ist er nicht automatisch einer. Oder gar der Typ, der dich beobachtet, ausspioniert und am Ende noch einen Koffer mit Geld vor deiner Haustür abstellt. Der wirkte eher so, als wenn er ihn selbst nötig hätte. Vor allem aber, wenn er es tatsächlich war, der den Koffer vor seinen Hauseingang gestellt hatte, um dann was zu tun? Was sollte der von mir wollen? Maik verwirft den Gedanken schnell wieder. Aber er kommt beharrlich zurück und will sich nicht so einfach verdrängen lassen. Tja, Maik muss sich eingestehen das Klischees außerordentlich hartnäckig sein können. Je mehr er darüber nachdenkt, desto mehr ist er davon überzeugt. Der Typ hat etwas damit zu tun.
Und auf einmal, wie aus heiterem Himmel trifft er eine Entscheidung. Die Würfel sind gefallen. Maik wird das Geld behalten. Eine Woche will er sich noch in Geduld fassen und abwarten, um zu sehen, ob etwas geschieht. Geschieht nichts, wird er als erstes seine Finanzprobleme in Angriff nehmen, damit endlich wieder Ruhe einkehrt. Als nächstes will er sich mit seinen beiden Damen an einen Tisch setzen und gemeinsam nach Lösungen suchen, um die kleine Familie zu retten. Lösungen, die für jeden einzelnen annehmbar sind. Und dann, so hofft er, wird alles besser werden. Ja, das ist sein Plan.
Isabell ist nach dem Streit noch nicht wieder nach Hause gekommen, und Franziska ohne ein Wort sofort rauf in ihr Zimmer gegangen. Nach diesem chaotischen Tag fällt Maik hundemüde ins Bett. Eine Weile wälzt er sich im Bett hin und her, aber es gelingt ihm nicht einzuschlafen. Er ist unruhig und zieht kurzentschlossen seinen Bademantel an, verlässt leise das Haus und geht rüber auf die andere Straßenseite. Es ist schon spät und die Nachbarn schlafen schon. Wie immer um diese Zeit. Also wird sich auch keiner sein Maul darüber zerreißen, dass er in der Nacht im Bademantel auf der Straße steht. Und falls doch, nach dem heutigen Tag wäre ihm das auch egal. Maik ist mit Leib und Seele Rechtsmediziner. Es liegt ihm einfach im Blut dem Verborgenen nachzuspüren und die Wahrheit herauszufinden. Ein „da war nichts zu finden“ akzeptiert er in der Regel nicht. Es gibt immer eine Todesursache. Und so betrachtet Maik in Ruhe die Straße und die Häuser in der Umgebung ganz genau. So genau wie noch niemals zuvor seitdem er hier eingezogen ist. Aber nichts ist irgendwie anders um sein Haus herum als bei den anderen Anwohnern der Straße. Eigentlich hätte der Aktenkoffer vor jeder Haustür stehen können. Langsam ist Maik davon überzeugt einen unbekannten Gönner zu haben, und so beschließt er schlafen zu gehen, verriegelt die Haustür, dreht sich noch einmal um, geht aber nicht weiter. Verunsichert schaut Maik ein weiteres Mal durch den Spion. Aber da ist nichts. „Ja, ich habe wohl einen unbekannten Gönner … so wird es sein“, murmelt er, um sich zu beruhigen. Nur das unangenehme Gefühl beobachtet zu werden, das lässt ihn nicht los. Leise geht er ins Schlafzimmer, legt sich gähnend ins Bett und schläft ein
„Mein Gott, was ist denn das für ein Geschrei da draußen. Seid ihr bekloppt, oder was? Sorg doch endlich mal einer für Ruhe“. Wütend reißt Hauptkommissarin Chayenne Klynghofer die Bürotür auf und rennt auf den Korridor, um nachzusehen. Was sie dort sieht, treibt sie zur Weißglut. Drei Kollegen haben eine junge Frau brutal zu Boden gedrückt und ihr die Arme so heftig auf den Rücken gedreht, dass sie in ein vor Schmerz entstelltes Gesicht blickt.
„Auaaa … Ihr Schweine tut mir weh. Lasst mich los, ich habe doch gar nichts getan … Ihr Scheiß Drecksbullen“, schreit die junge Frau mit Tränen in den Augen.
„Keine Sorge Chayenne, wir haben hier alles fest im Griff. Der Junkie ist schon so zugedröhnt zu uns aufs Revier gekommen. Hat auch direkt Theater gemacht. Übrigens, das sieht scharf aus, wie du mit deinen langen Haaren und der halboffenen Bluse so auf einen zugestürmt kommst. Dazu noch die knallenge Jeans … knielange Jacke. Echt scharf, muss ich schon sagen. Heute Abend schon was vor, Chayenne?“, Kollege Peter grinst dreckig, während er die junge Frau mit sichtlich viel Freude unverhältnismäßig brutal zu Boden drückt.
„Du kannst mich mal … du Schlappschwanz“, antwortet Chayenne verächtlich.
„Aber gerne doch, Frau Hauptkommissarin. Wann immer Sie Zeit haben. Anruf genügt“.
„Arschloch, und jetzt runter von der Frau. Aber sofort“, schubst sie erbost zuerst zwei Kollegen beiseite, wendet sich dann wütend ihrem bulligen 190 cm großen Kollegen Peter zu und stößt auch ihn recht heftig vom Rücken der jungen Frau herunter.
„Es mag ja schon sein, dass sie zugedröhnt ist, aber muss das denn gleich so brutal sein? Und meint Ihr wirklich die Kleine klatscht euch drei knallharte Weicheier mal eben kurz vor die Wand? … also wirklich“, verständnislos schüttelt sie den Kopf.
„Na … na … na, immer schön sachte, Frau Kollegin“, meckert Peter beleidigt nach ihrer Attacke.
Die junge Frau nutzt den günstigen Moment, springt kurzentschlossen vom Boden auf und zieht in der gerade herrschenden Hektik blitzschnell, von der versammelten Profitruppe unbemerkt, eine kleine Pistole aus ihrer Jeanshose und zielt unvermittelt der Reihe nach auf jeden Beamten. Nervös macht sie bei Peter halt und fuchtelt mit der Pistole wie wild vor dessen Nase herum, schaut ihm aber nicht direkt in die Augen, sondern starrt nur irgendwie ins Leere.
„Ich knall dich ab … du Scheißbulle … das haste jetzt davon“, brüllt sie ihn an.
„Vorsicht, das Dreckstück hat eine Waffe. In Deckung Leute“, ohne zu zögern zieht Peter seine Waffe und hält sie ihr direkt vors Gesicht. Als die junge Frau geradewegs in die Mündung seiner Waffe blickt fangen ihre Hände zu zittern an. Sie beginnt zu schwitzen, kleine Schweißperlen bilden sich auf der Stirn und sie atmet schwer.
„Wo zum Teufel hat die auf einmal die Waffe her? So eine verfluchte Schlamperei … hat denn keiner das Miststück vorher überprüft?“, schreit ein anderer Kollege und zieht ebenfalls seine Waffe.
„So, zuallererst beruhigen wir uns einmal. Dann nehmen alle gaanz langsaam die Waffen runter und gehen einen Schritt zurück“, ergreift Chayenne die Initiative und fordert ihre Kollegen zusätzlich per Handzeichen dazu auf die Waffen zu senken. „Jetzt sichern und zurück ins Halfter stecken. Jaa … gut soo … Kollegen. Du gefälligst auch … Peter … oder brauchst du eine Extraeinladung?“, ermahnt sie ihn. „So, und als nächstes werde ich mit der jungen Dame in mein Büro gehen … und in aller Ruhe ein ausführliches Gespräch führen. Okay? Frau … Frau … wie heißen sie denn eigentlich?“
„Mein Name ist Lara“, stottert sie leise und lässt zitternd die kleine Pistole sinken. Schließlich bricht sie in Tränen aus und lässt sich von Chayenne widerstandslos die Waffe abnehmen. Als sie die kleine Pistole genauer betrachtet muss sie unweigerlich schmunzeln.
„Na, Ihr seid mir ja vielleicht ein Vollpfostenkommando. Das ist eine Gaspistole … dazu noch nicht mal geladen. Echt peinlich, da hat die junge Dame euch super Kojaks aber mal mächtig verarscht. Weiter so, Jungs … Berlin ist sicher“, applaudiert Chayenne hämisch und steckt die Pistole in ihre Hosentasche. Etwas betreten wenden sich die Kollegen nach und nach ab, gehen in ihre Büros zurück und nehmen die auf einmal doch so wichtigen Arbeiten von vorher wieder auf.
„Die mal wieder mit ihrem beknackten Sozialtick. Einfach unbelehrbar die Olle“, kann Chayenne gerade noch mit ach und krach verstehen während auch die letzten Nachzügler tuschelnd in ihren Büros verschwinden. Sie überhört es geflissentlich. Nur Kollege Peter stürmt wildentschlossen auf die junge Frau zu um ihr seine Meinung über sie und ihr Milieu unmissverständlich zu verdeutlichen.
„Jetzt pass mal ganz genau auf, du Scheißjunkie. Nochmal ziehst du hier nicht so eine Nummer ab … darauf kannst du aber Gift nehmen. Was glaubst du denn eigentlich wo du hier bist … etwa im Zirkus?“, dabei gibt er ihr mit der flachen Hand einen kernigen Klaps auf die Stirn. „Ist das jetzt ein für alle Mal in deinem zugedröhnten Schädel angekommen, du Scheißjunkie?“, schreit er sie lautstark an.
„Sie nehmen sich sofort zurück, Herr Köpke. Sonst bekommen Sie es mit mir zu tun. Ist das klar. Ich bin immer noch Ihre Vorgesetzte“, harsch weist Chayenne ihren Kollegen zurecht.
„Verfluchte dreimal bin ich jetzt schon bei euch Scheißbullen gewesen und nichts … aber auch rein gar nichts habt Ihr unternommen“, schreit sie unter Tränen und mit hochrotem Kopf.
„Kommen Sie, Fräulein Lara. Wir gehen in mein Büro. Da haben wir mehr Ruhe zum Reden“. Dabei legt sie ihren Arm um sie und wirft Kollege Peter einen eiskalten Blick zu.
„Ja was denn? … die Liga ist doch selbst schuld an ihrer Misere. Absolut kein Bock sich in irgendeiner Weise der Gesellschaft anzupassen. Drehen laufend krumme Dinger und scheren sich um rein gar nichts. Aber wenn es mit deren Drogenscheiße Probleme gibt … dann … ja dann sollen wir Drecksbullen für die Herrschaften gefälligst die Kohlen aus dem Feuer holen. Das nervt mich echt. Da draußen gibt es jede Menge rechtschaffende Bürger, die unsere Hilfe dringender brauchen als diese verkorksten Junkies. Die Arschlöcher wollen doch an ihrem Leben gar nichts ändern“, streckt Peter wütend beide Mittelfinger empor und zieht fluchend seines Weges.
Auf dem Weg in ihr Büro betrachtet Chayenne diese Lara etwas genauer. Gut, ein wenig gewöhnungsbedürftig sieht die junge Dame schon aus. Aber das heißt ja nichts. Schwarz geschminkte Augen, schwarze Lippen, einige Piercings, pinkfarbene kurze Haare. Sie scheint etwa Ende zwanzig zu sein. Ihr Parfum riecht aufregend und teuer. Eine kurze Zeit betört Chayenne der Duft und sie kann ihre Nase nicht abwenden. Lara trägt eine schwarze Lederjacke, die bei genauerer Betrachtung sehr extravagant aussieht. Genau wie die modisch zerrissene Jeanshose. Schlanke und dazu noch bildhübsche 175 cm verpackt in edlen und teuren Klamotten. Liebe Kollegen, da habt ihr euch mächtig verhauen. Diese junge Frau ist beileibe kein abgestürzter Junkie, und auch kein Punk. Beim besten Willen nicht. Chayenne ertappt sich dabei, wie sie sich mit ihr vergleicht. Der kleine Größenunterschied zwischen ihnen kommt nur durch die Schuhe. Lara trägt flache mit Strass besetzte schwarze Sneakers, Chayenne edle Lederschuhe mit hohen Absätzen. Beide sind schlank. Chayenne denkt, dass der Altersunterscheid zwischen ihnen nicht sehr groß sein kann. Chayenne ist 38 Jahre, sie schätz Lara ungefähr zehn Jahre jünger. Nur vom Typ her sind beide so verschieden, dass sie glatt als Mutter und Tochter durchgehen könnten. In Gedanken überlegt sie, ob pinkfarbene Haare etwas für sie wären, aber ihre langen blonden Haare gefallen ihr dann doch besser. Obwohl, kurze Haare wären schon praktischer zum Motorradfahren, überlegt sie kurz. Aber nach dem aufregenden Parfum will sie Lara zu gegebener Zeit auf jeden Fall noch fragen.
„So, kommen Sie herein. Setzen Sie sich bitte. Möchten Sie einen Kaffee?“
„Ja gerne. Danke schön“.
„Bitte sehr. Kaffee, Keks, Zucker und Milch. Alles da“, lächelt sie die junge Frau freundlich an.
„Vielen Dank. Sie sind aber viel netter als die anderen“, erwidert Lara Chayennes lächeln. Die kleine Zuckertüte öffnet sie vorsichtig mit zwei Fingern und schüttet ungefähr die Hälfte davon in ihren Kaffee. Das geöffnete Tütchen legt sie zurück auf die Untertasse. Zieht die Folie von dem kleinen Milchtöpfchen nur ein wenig auf und schüttet die Milch vorsichtig in ihren Kaffee, sodass nichts vollspritzt. Sie legt das leere Töpfchen mit der Öffnung nach oben zurück auf die Untertasse. Sie rührt nahezu geräuschlos, ohne zu klimpern den Kaffee in der Tasse um. Den Löffel lässt sie kurz abtropfen, bevor sie ihn ebenfalls geräuschfrei auf der Untertasse ablegt. Um nichts voll zu krümeln hält sie die Hand unter den Keks. Nachdem sie ihn aufgegessen hat, tupft sie mit der Serviette dezent die Mundwinkel ab und anschließend ihre Fingerspitzen. Sie faltet die Serviette zusammen und legt sie unter die Kaffeetasse. Ihr gesamtes Prozedere wirkt schon fast vornehm.
Keine Frage, die junge Frau stammt aus einem guten Haus. Sie hat eine gehobene Erziehung genossen. Sie wirkt zudem gebildet. Zumindest wenn sie es will, und ihr vulgäres Verhalten scheint nur Mittel zum Zweck zu sein. Vermutlich um sich besser durchzusetzen. Eine üble Angewohnheit, die sie ablegen sollte, denkt Chayenne.
Vorsichtig nippt Lara an dem heißen Kaffee.
„Ah … tut das gut. Darf ich Sie mal was Persönliches fragen?“
„Natürlich Lara, was möchten Sie denn wissen?“
„Chayenne. Was ist das für ein Name? Und woher kommt er? Der gefällt mir“.
„Ach das, meine Eltern waren und sind immer noch mit Leib und Seele durchgeknallte Hippies. Daher wollten sie für mich unbedingt einen außergewöhnlichen Namen, und da kam ihnen Chayenne gerade recht. Na ja, mit den Jahren habe ich mich daran gewöhnt“.
„Der Name passt sehr gut zu Ihnen, finde ich jedenfalls. Nur sagen sie jetzt bloß nicht Ihr Nachname lautet Seppelhuber … Frickelkappes oder so“, grinst Lara und hebt den Daumen.
„Danke. Nett von Ihnen. Aber das mit dem Nachnamen kommt dem schon recht nah. Der lautet nämlich tatsächlich Klynghofer. Chayenne Klynghofer. Klingt doch klasse, oder?“
„Auf sowas kommt man doch nur wenn man bis zum Rand zugekifft ist. Im Vollrausch hört sich das bestimmt sensationell an“, lacht sie. Ihr Lachen wirkt ansteckend.
„Genau das habe ich meine Eltern auch schon gefragt“, Chayenne lacht ebenfalls.
„Und? … was haben sie geantwortet?“, fragt Lara neugierig.
„Pfff …nichts. Nur hämisch gegrinst haben die beiden“.
„Na, da habe ich wohl recht gehabt. Dann war es so“.
„Ja, das ist auch meine Meinung, zumal sie meiner Vermutung bis zum heutigen Tag nicht widersprochen haben. Na ja, vielleicht liegt es auch daran, dass ich Polizistin bin. Aber jetzt zu Ihnen. Sie sagten vorhin, obwohl sie schon bereits dreimal bei uns auf dem Revier waren, sei immer noch nichts passiert. Worum geht es denn in Ihrem Fall überhaupt?“
„Das erste Mal haben Ihre Kollegen mich wieder weggeschickt und gemeint sie hätten wirklich wichtigeres zu tun als sich um meinen Punker Scheiß zu kümmern. Das zweite Mal hat ein Beamter alles schriftlich aufgenommen, aber es ist nichts weiter geschehen. Beim dritten Mal hat man mir gesagt, dass bereits alles Erforderliche in die Wege geleitet sei und ich mich gedulden sollte. Geschehen ist aber wieder nichts. Tja, und heute war das Maß eben voll. Da bin ich ausgeflippt. Ich hatte die Schnauze sowas von gestrichen voll und da habe ich hier Rabatz gemacht, damit sich endlich mal was tut. Es geht darum, dass mein Freund seit mittlerweile fast drei Wochen einfach spurlos verschwunden ist. Kein Lebenszeichen mehr von ihm. Nichts … er ist, wie vom Erdboden verschluckt. Einfach weg. Ich mache mir wahnsinnige Sorgen um Daniel“, schluchzt die junge Frau.
Na, hoffentlich hat unser Revier da mal nicht einen riesigen Bock geschossen, befürchtet Chayenne. Nach Laras kurzer Schilderung schrillen bei ihr sofort sämtliche Alarmglocken. Niemand verschwindet ohne Grund einfach so spurlos. Die Sache stinkt zum Himmel. Zumal in der letzten Zeit auch keine nicht identifizierte Leiche gefunden wurde.
„In dieser Angelegenheit kann ich Ihnen am besten helfen, wenn Sie absolut ehrlich zu mir sind. Und falls mein Verhalten mitunter … sagen wir mal, recht ungewöhnlich auf Sie wirken sollte, alles hat seinen Grund. Außerdem verspreche ich Ihnen, dass Sie mir wirklich vertrauen können. Ihre kleinen Geschäftchen interessieren mich nicht die Bohne, sind aber ermittlungstechnisch relevant. Ehrlichkeit mir gegenüber wäre also angebracht. Ginge das in Ordnung für Sie?“, Chayenne drückt dabei ihre Hände und lächelt die junge Frau freundlich an. Lara nickt nur, während sie mit ihren Tränen kämpft.
„Na dann, lassen Sie uns anfangen. Wir haben heute den 27.07.2017. Also ist Daniel so ungefähr um den … 06.07.2017 verschwunden?“, rechnet Chayenne mit den Fingern nach.
„Fast. Es war der 09.07. Das weiß ich noch ganz genau, Frau Hauptkommissarin“
„Gut. Also, als erstes muss ich näheres über eure kleinen krummen Geschäfte wissen. Damit ich irgendwo anfangen kann. Und bitte, seien Sie ehrlich zu mir. Es läuft kein Band mit und Notizen mache ich nur wenn Sie es mir ausdrücklich erlauben. So bleiben eure Geschäfte außen vor und ihr habt nichts zu befürchten. Offiziell gehe ich vorerst nur einer Vermisstenanzeige nach. Für eine Ermittlung besteht noch kein ausreichender Anfangsverdacht. Schließlich ist ihr Freund erwachsen. Er kann tun und lassen, was er will. Auch so lange und weit verreisen, wie er das möchte, ohne auch nur irgendjemandem Rechenschaft ablegen zu müssen. Das ist nun mal so in einem Rechtsstaat. Aber inoffiziell gehe ich der Sache natürlich mit Hochdruck nach. Versprochen. Nur fürs erste muss das unbedingt unter uns bleiben. Sonst bekomme ich eine Menge Ärger, okay?“, streng schaut sie die junge Frau an und wartet auf ihre Zustimmung.
„Hm… na gut, Frau Klinkenklopper. Von mir erfährt niemand was. Ehrenwort“, zögert sie zunächst erst kurz, verschließt dann aber ihren Mund wie einen Reißverschluss.
„Ha … Klinkenklopper hört sich ja noch schlimmer an als Klynghofer. Aber Sie können ruhig Chayenne zu mir sagen. Das ist schon okay. So nennen mich alle. Chayenne kann man sich auch wesentlich besser merken“, lacht sie.
Wie aufgedreht beginnt Lara zu erzählen. Dass sie und Daniel hier und da vom LKW-gefallene Sachen verticken und kleinere Mengen Gras verdealen würden. Aber alles nichts Großes, nur um sich soeben über Wasser zu halten. Und drogenabhängig seien beide nicht. Sie hätten auch immer die Finger von dem Zeug gelassen. Darin wären sie sich einig gewesen. Vor ungefähr drei Wochen kam Daniel nach Hause und war wegen eines angeblich dicken Geschäfts ganz aus dem Häuschen. Er meinte, dass die Angelegenheit wahrscheinlich mehr Zeit als sonst in Anspruch nehmen würde, aber absolut ungefährlich wäre. Genaueres könne er aber erst nach einem Gespräch sagen, welches er noch mit dem Geschäftspartner führen müsse. Auf diesen besagten Tag würde er noch ein paar andere Termine legen, dann wäre alles ein Abwasch. Seit diesem besagten Tag sei Daniel spurlos verschwunden. „Wenn wir uns dabei clever anstellen, Schatz … dann können wir zwei nochmal ganz von vorn anfangen … höre ich Daniel immer noch sagen.Er klang so euphorisch“, schluchzt sie.
„Habt Ihr eine gemeinsame Wohnung? Ich meine, befinden sich da all seine Sachen? Wenn ja, dann müsste ich mir die dringend ansehen, um ein Gefühl für ihn, und das, was ihn antreibt zu bekommen. Vielleicht haben Sie auch etwas übersehen und wir finden einen ersten Anhaltspunkt. Steht sein Computer noch in der Wohnung?“
„Ja, und da war seitdem auch keiner dran. Von mir aus können wir auch sofort in unsere Wohnung fahren“, Lara springt vom Stuhl auf.
„Werden wir, Lara … werden wir. Aber zuerst muss ich meinen Kollegen mal richtig Feuer unterm Arsch machen, damit die sich endlich mal abgewöhnen solche Anzeigen auf die leichte Schulter zu nehmen. Die sollen sich gefälligst in Bewegung setzen und mit Hochdruck den Jungen suchen … und ihn hier aufs Revier schaffen. Haben Sie zufällig ein Foto von Daniel dabei?“, ungeduldig tickt Chayenne mit ihren langen Fingernägeln auf der Schreibtischplatte herum.
„Ja habe ich. Ebenso auch eine detaillierte Personenbeschreibung von ihm“, mit Tränen in den Augen zieht Lara ein Foto sowie einen Zettel aus ihrer kleinen Brieftasche und reicht beides über den Schreibtisch. „Genau so hat Daniel vor drei Wochen ausgesehen“.
Chayenne verlässt ihr Büro, mit einem lauten Knall fliegt die Tür ins Schloss und Lara sitzt alleine im dort. Sie schaut sich im Raum um. Etwas versteckt, in einem Ablagefach des Aktenschranks neben ihr, steht ein Foto. Darauf ist Chayenne mit einem kleinen Mädchen zu sehen. Beide haben bunte Blumen im Haar und lachen. Kein Zweifel, es ist Chayennes Tochter. Sie ist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten. Scheinbar versucht sie mit kleinen Dingen die kalte Atmosphäre in ihrem Büro aufzupeppen. An der einen Wand hängt ein großer Traumfänger, an der anderen eine bunte Schultüte. Darunter zwei hübsch gemalte Bilder. Die hat bestimmt ihre Tochter gemalt, vermutet Lara. Aber kein Foto von einem Mann. Nur beiläufig bekommt sie mit, wie die entschlossenen Schritte von Chayenne auf dem Gang leiser werden. Bis erneut eine Tür heftig zuknallt. Und schon geht es los. Der gepfefferte Anpfiff scheint durch die ganze Etage zu dröhnen und voller Genugtuung genießt Lara das Spektakel. Wie versprochen, Chayenne hat Wort gehalten. Lautstark faltet sie die Kollegen für deren Untätigkeit zusammen. Abschließend herrscht Ruhe. Gebannt wartet sie darauf was wohl als nächstes geschehen mag. Plötzlich fliegt die Tür mit Karacho auf und ein recht heftiger Luftzug fegt Lara um die Ohren. Der kleine Pappkalender fällt von der Wand und die losen Zettel auf ihrem Schreibtisch wirbeln wild durcheinander, segeln langsam zu Boden. Chayenne steht wieder im Raum.
„So … wir können, Lara. Meine Kollegen machen sich jetzt höchst motiviert auf die Socken, um Zeugen oder sonst irgendwas Brauchbares in Erfahrung zu bringen … boah“, pustet sie genervt durch.
Die Hauptkommissarin scheint auf hundertachtzig zu sein.
Beim Gang über den Flur herrscht Totenstille. Keiner der Kollegen sieht auch nur von seinem Schreibtisch auf. Geschweige denn, wagt es die Hauptkommissarin anzusprechen.
„Aber jetzt mal ehrlich, der Glaser ist mir echt sympathisch, muss ich sagen“, lästert Lara hämisch grinsend, während sie beim Vorbeigehen in jedes einzelne Büro hineinschaut.
„Wie bitte Lara, was sagten Sie gerade?“
„Ach nix, nur laut gedacht“, antwortet sie mit einer gehörigen Portion Schadenfreude und streckt nach beiden Seiten die Mittelfinger aus.
Im Dienstwagen angekommen gibt Chayenne Lara die kleine Gaspistole zurück.
„Gar nicht so blöd Ihre Idee. Mit der kleinen Gasknarre haben Sie unsere super Kojaks ganz schön aufgemischt, und das erreicht, was Sie wollten, nämlich, dass sich endlich etwas bewegt. Bravo“.
„Sie überschätzen mich, Frau Hauptkommissarin. Das war so nicht geplant. Die Gaspistole hat mir vor einiger Zeit mal einen guten Dienst erwiesen und seitdem trag ich sie immer bei mir. Aber eigentlich nur zu meiner Selbstverteidigung. Denn mitunter laufen da draußen schon recht schräge Typen herum, wissen Sie. Und das vorhin war mehr ‘ne Ausnahme“.
„Sag ich doch. Gar nicht so blöd. Nur warum ist sie nicht geladen?“
„Ich habe die Patronen verbummelt und bis jetzt nicht wiedergefunden. Was mir aber ehrlich gesagt auch ganz entgegenkommt. Denn wirklich mal abdrücken und dabei jemand verletzen, das will ich nicht. Mein Freund, also Daniel hat sie mir besorgt, weil er immer Angst um mich hat. Er meinte, wenn ich etwas zu meiner Selbstverteidigung hätte, könnte er ruhiger schlafen. Denn er wäre ja nicht immer zur Stelle, wenn ich ihn bräuch …“. Tränen steigen ihr erneut in die Augen.
„Ooch, das ist aber fürsorglich von ihm. Ich habe mir vorhin das Foto, das sie mir gegeben haben, etwas genauer angesehen, und bin so auf den ersten Blick der Meinung, er ist kein Krimineller. Liege ich mit meiner Vermutung da in etwa richtig?“, hakt Chayenne vorsichtig nach.
„Jaja, das ist Daniel auch nicht. Mehr als ein paar kleine Schiebereien um uns über Wasser zu halten, waren für ihn bisher nicht drin. Für uns beide nicht“, betont sie.
„Sie sagten bisher. Plagen Sie da etwa Zweifel?“
„Nein, eigentlich nicht. Es ist nur wegen dem dicken und angeblich so ungefährlichen Geschäft. Daran stimmt etwas nicht“.
So allmählich beginnt Lara mehr und mehr aus ihrem Leben zu erzählen. Seit fast zehn Jahren wären die beiden ein Paar. Daniel sei gelernter Informatiker, hätte aber seine letzte Anstellung wegen Kollegenmobbing geschmissen. Computer wären auch wirkliche seine Leidenschaft, aber nicht als Angestellter in einer Firma. Sein eigener Herr wollte er sein. Davon träume Daniel. Laras Vater hatte ihr eine Lehrstelle als Bankkauffrau verschafft, welche sie auch erfolgreich beendet habe. Nur sei sie mit dieser Geschäftsrichtung nicht klargekommen, da ihr die dort herrschenden Praktiken und das Gelddenken zu heftig waren. Also schmiss auch sie die Stelle hin. Was folglich für sie beide einen höllischen Ärger und eine Abkehr von ihren Familien nach sich gezogen habe. Ein paar Jahre sei dieser Streit jetzt her und sie hätten seitdem auch keinen Kontakt mehr zu ihren Familien. Also warum sollte sich Daniel ausgerechnet dort melden, hatte sich Lara gefragt.
„Da gebe ich Ihnen recht, das ist ziemlich unwahrscheinlich. Was für ein Typ ist Daniel? Welche Interessen hat er? Seine Freunde, was ist mit denen? In welchen Lokalen verkehrt er? Und das Wichtigste, hat Daniel irgendwelche Feinde oder auch mal Ärger wegen seiner krummen Geschäfte? Ist da vielleicht mal was schiefgelaufen?“
„Mein Daniel hat immer irgendwelche Geschäfte am Laufen, allesmögliche eigentlich. Auch gewöhnliche Handwerksarbeiten wie zum Beispiel Umzüge, Renovierungen und Gartenarbeit. Aber da hat es nie größeren Ärger gegeben, falls doch mal etwas schiefgelaufen ist, hat er es geradegebogen und dann war alles wieder in Ordnung. Bei ihm läuft, was seine eigenen Aufträge angeht, immer alles korrekt ab. Da ist er sehr pingelig. Daniel meint, das würde Vertrauen schaffen und die Leute kämen dann wieder. So war es auch meistens. Aber wenn mal mit einem sicheren Geschäft die schnelle Kohle zu verdienen ist, dann lässt er sich das natürlich nicht durch die Lappen gehen. Vorausgesetzt, es handelt sich dabei um harmlose Schiebereien. Einbrüche oder Überfälle wären für ihn nie in Frage gekommen. Und irgendwas mit Waffen schon mal gar nicht. Daniel verabscheut Gewalt. Genau wie ich. So, die nächste Straße müssen Sie rechts abbiegen. Dann sind wir da. Jetzt um die Uhrzeit findet man hier eigentlich immer einen Parkplatz. Da … da ist schon einer … und gegenüber wohnen wir“, Lara zeigt zuerst auf den freien Parkplatz und dann auf einen gelb gestrichenen Altbau mit weiß abgesetzten Fenstern. Nichts ungewöhnliches, ein ganz normales Haus, das überall stehen könnte.
Hat sie jetzt die Frage, ob esbei ihren krummen Geschäften Ärger gab, geschickt umgangen oder nur überhört? Ist sie so raffiniert? Chayennes Gefühl sagt nein. Laras Sorge gilt allein Daniel.
„Apropos Parkplatz, besitzt Ihr eigentlich ein Fahrzeug mit Nummernschild?“
„Nee … mangels Masse“, Lara reibt Zeigefinger und Daumen aneinander.
„Schade, dann hätte ich nach dem Fahrzeug fahnden können“.
„Besitzt Daniel denn einen Führerschein?“
„Ja, für Motorrad und Auto, wie ich. So haben wir uns damals auch kennengelernt, in der Fahrschule. Und seitdem sind wir zusammen. Warum fragen Sie?“
„Tja, da Daniel einen Führerschein besitzt könnte er sich, zumindest rein theoretisch, auch ein Fahrzeug geliehen haben und irgendwo hingefahren sein, oder?“
„Nein … nein, ausgeschlossen“, antwortet Lara postwendend. „Ich kenne doch meinen Daniel, das wäre ihm viel zu teuer gewesen. Und außerdem, wo sollte er denn auch hinfahren? Nee … nee, das glaub ich nicht“, schüttelt sie kategorisch den Kopf. Chayenne sagt kein Wort, sieht Lara einfach nur stur an.
„Ach, Sie denken … für das sichere Geschäft könnte er ein Auto geliehen haben?“, sie überlegt und verharrt einen Augenblick. „Nein, und selbst wenn doch, so etwas hätte er auf jeden Fall vorher mit mir besprochen“. Diese Möglichkeit schließt sie kategorisch aus.
„Wie auch immer, vorsichtshalber lasse ich mal bei allen Autovermietern nachfragen“.
„Vielleicht musste er sich ja auch sofort entscheiden, weil ihm sonst das Geschäft durch die Lappen gegangen wäre? … und dadurch blieb ihm keine Zeit für eine Absprache mit Ihnen. Das wäre ja immerhin möglich, oder?“, spekuliert Chayenne.
„Aber … aber das würde bedeuten … da … da ist etwas schiefgelaufen“, stottert Lara und Tränen schießen ihr in die Augen.
Drei Wochen ohne eine Nachricht ist eine lange Zeit. Wenn Lara von Daniel spricht, dann immer in der Gegenwartsform. Nie in der Vergangenheitsform. Sie glaubt also fest daran, dass er noch lebt. Chayenne hofft wirklich Lara behält recht. Denn auf dem Foto wirkt Daniel wie der nette sympathische junge Mann von nebenan. Kurze dunkle Haare, gutaussehend und ein strahlendes Lächeln. Eigentlich ein Typ, den sich jede Mutter als Schwiegersohn wünschen würde. Die zwei geben ein hübsches Paar ab.
„So da wären wir, sehr geehrte Frau Hauptkommissarin Chayenne Klinkenklopper. Treten Sie bitte ein“, scherzt Lara etwas gequält. „Und entschuldigen Sie bitte die Unordnung, aber seitdem Daniel verschwunden ist, vernachlässige ich die Wohnung. Mache nur noch das Gröbste, aber selbst das fällt mir schwer“.
Schnell hat Lara die verstreute Wäsche zusammengesucht und im Badezimmer verstaut.
Sieh mal einer an, es ist ihr peinlich. Die punkige Aufmachung mit dem vulgären Gehabe ist wie von mir erwartet nur Show. In Wahrheit besitzt Lara einen weichen gefühlvollen Kern. Das wird sich früher oder später bewahrheiten und eine Verwicklung ihrerseits in welche Richtung auch immer ausschließen. Das hofft Chayenne zumindest und auch, dass sie recht behält. Sie mag Lara und will ihr helfen.
„Möchten Sie vielleicht etwas trinken? Wir haben allerdings nicht viel Auswahl“.
„Kaffee wäre nicht schlecht. Ansonsten das, was da ist“.
„Sie haben Glück, den haben wir immer da. Wir sind leidenschaftliche Kaffeetrinker“.
„Sehr gut. Dann tun Sie mir jetzt bitte einen Gefallen und kochen für die nächsten zwanzig Minuten Kaffee. So kann ich mich in aller Ruhe im Wohnzimmer umschauen, ja?“
„Von mir aus. Dann warte ich eben so lange in der Küche, bis Sie fertig sind“, stutzt die junge Frau.
„Es wäre mir sehr recht, wenn Sie sich auch daran halten würden. Danke“.
Chayenne schaut sich um. Das Wohnzimmer ist gemütlich eingerichtet. Vor dem Fenster steht mehr oder weniger unauffällig ein Computer. Auf der Fensterbank ein digitaler Fotorahmen der zwischen zwei Aufnahmen hin und her wechselt.