Christian Kracht als typischer Vertreter der Popliteratur? Ein Vergleich von drei Romanen - Marcel Rapp - E-Book

Christian Kracht als typischer Vertreter der Popliteratur? Ein Vergleich von drei Romanen E-Book

Marcel Rapp

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Beschreibung

Bachelorarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 2,0, Universität zu Köln, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Feuilleton spricht von ihr, kann sie aber nicht befriedigend definieren: die Neue Deutsche Popliteratur. Jene Strömung brachte Mitte der 1990er Jahre mit Benjamin Lebert, Alexa Lennig von Lange und Benjamin von Stuckrad-Barre eine neue Autorenschaft in die deutschsprachige Literatur und sprach mit ihren Erstlingsromanen vor allem ein junges Leserpublikum an. Beschäftigt man sich mit der popliteratur der 90er Jahre, stößt man auch auf Christian Kracht und dessen Romandebüt "Faserland", das diese literarische Strömung in Bewegung setzte und ihn in die popliterarische Schublade steckte. Jedoch lohnt sich bei Christian Kracht eine weitreichendere Behandlung als jener mit "Faserland". Im Hinblick auf seine beiden Folgeromane "1979" und "Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten" sprach Kracht selbst von einem „Triptychon". Aus diesem Grund wird in der vorliegenden Arbeit auch dieser Begriff verwendet. Der Autor zieht einen Vergleich der drei genannten Romane Krachts, um dabei die folgenden Fragen zu beantworten: Welche gemeinsamen Motive und Themen machen diese Romane zu einem Triptychon? Warum war "Faserland" für die Neue Deutsche Popliteratur derart bedeutend? Und in wie weit können die beiden Folgeromane dieser Literaturströmung hinzugerechnet werden? Außerdem bietet die Ausarbeitung eine Antwort auf die Frage, ob Christian Kracht ein typischer Vertreter der Popliteratur ist.

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Inhaltsverzeichnis

 

1. Grundlagen und Zielsetzung der Arbeit

2. Die Popliteratur im Wandel der Zeit

2.1 Die junge deutschsprachige Literatur boomt

2.2 Die Unterscheidung Diederichsens zwischen Pop I und II

2.3 Spezifische Merkmale statt einheitlicher Definition

3. Zur Person Christian Kracht

4. Sein Romandebüt: Faserland

4.1 Zum Roman

4.2 Struktur und Sprache

4.3 Die Merkmale der Neuen Deutschen Popliteratur in Faserland

4.3.1 Diskurse der Medienwelt

4.3.2 Die Markensemantik

4.3.3 Die Abgrenzung von der Vorgängergeneration

4.3.4 Die zwischenmenschlichen Beziehung des Ich-Erzählers

4.3.5 Zum Titel des Romans und Wohlstand des Ich-Erzählers

4.3 Das Ende der Erzählung

5. Der Nachfolgeroman: 1979

5.1 Zum Roman und historischen Kontext

5.2 Struktur und Sprache

5.3 Der Vergleich mit Faserland

5.3.1 Gemeinsamkeiten der beiden Romane

5.3.2 1979 geht über Faserland hinaus

5.3.3 Unterschiede zwischen beiden Romanen

6. Der letzte Teil des Triptychons: Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten

6.1 Zum Roman und (alternativ-)historischen Kontext

6.2 Struktur und Sprache

6.3 Die Gattung und der Vergleich mit Faserland und 1979

6.3.1 Gemeinsamkeiten der drei Romane

6.3.2 Unterschiede zwischen den Romanen

6.3.3 Das leere Zentrum als roter Faden

7. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Primärliteratur

Sekundärliteratur

 

1. Grundlagen und Zielsetzung der Arbeit

 

Das Feuilleton spricht von ihr, kann sie aber nicht befriedigend definieren: die Neue Deutsche Popliteratur. Jene Strömung brachte Mitte der 1990er Jahre mit Benjamin Lebert, Alexa Lennig von Lange und Benjamin von Stuckrad-Barre eine neue Autorenschaft in die deutschsprachige Literatur und sprach mit ihren Erstlingsromanen vor allem ein junges Leserpublikum an. Wenige Jahre darauf war das Interesse wieder erlahmt, doch „selten hat in der deutschen Literaturgeschichte ein literarischer Trend nach so kurzer Zeit eine derart umfassende Behandlung gefunden wie die Popliteratur der 90er Jahre“[1]. Beschäftigt man sich mit dieser stößt man auch auf Christian Kracht und dessen Romandebüt Faserland, das diese literarische Strömung in Bewegung setzte und ihn in die popliterarische Schublade steckte. Als Gegner des Schubladendenkens fällt es mir schwer, Autoren nur auf einen Roman zu reduzieren und ihnen somit ein Etikett anzuheften, das bei näherer Betrachtung keinen Halt hat. Dass J. R. R. Tolkien neben seinen Romanen Der Herr der Ringe und Der Hobbit auch literatur- und sprachwissenschaftliche Arbeiten veröffentlichte, H. P. Lovecraft auch ein begnadeter Lyriker war und Joanne K. Rowling nicht nur auf ihre Harry Potter-Reihe zu beschränken ist, wird oft vernachlässigt. Und auch bei Christian Kracht lohnt sich eine weitreichendere Behandlung als jener mit Faserland. Im Hinblick auf seine beiden Folgeromane, 1979 und Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten, sprach Kracht selbst von einem „Triptychon“[2]. Darum werde ich in dieser Arbeit auch jenen Begriff gebrauchen. In dieser nehme ich es mir zur Aufgabe, die drei genannten Romane Krachts miteinander zu vergleichen, um dabei die Fragen zu beantworten, welche gemeinsamen Motive und Themen diese Romane zu einem Triptychon machen, warum Faserland für die Neue Deutsche Popliteratur derart bedeutend war und in wie weit die Folgeromane dieser Literaturströmung hinzugerechnet werden können. Am Ende werde ich letztendlich auf die Frage eingehen, ob Christian Kracht ein typischer Vertreter der Popliteratur ist.

 

2. Die Popliteratur im Wandel der Zeit

 

2.1 Die junge deutschsprachige Literatur boomt

 

Viele junge Autoren veröffentlichten ab 1995 ihre jeweiligen Debütromane und brachten damit die die zweite Welle der Popliteratur ins Rollen. Sie hatten die primäre Aufgabe, ein junges, kaufkräftiges Publikum anzusprechen und durch das Etikett Popliteratur zu suggerieren, dass ihre Bücher unterhaltsam und leicht lesbar seien.[3] Moritz Baßler sieht in Stuckrad-Barre den Meister des neueren Literatur-Pops, doch Christian Kracht war mit seinem Erstroman Faserland sein Gründungsphänomen.[4] Bevor ich Faserland wie auch Krachts Folgeromane 1979 und Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten im Hinblick auf ihre popliterarischen Merkmale untersuchen und vergleichen werde, ist ein Blick auf die Entwicklung der Popliteratur von Nöten. Denn obwohl die Popliteratur erst Ende der 1960er Jahre im deutschsprachigen Raum etabliert und Teil der literarischen Öffentlichkeit wurde, ist es in der Literaturwissenschaft gebräuchlich, zwei verschiedene Phasen innerhalb der Entwicklung dieser Gattung zu unterscheiden. Diese Unterscheidung nahm Poptheoretiker Diedrich Diederichsen vor und bezeichnete die Zeiträume als Pop I und Pop II.[5]

 

2.2 Die Unterscheidung Diederichsens zwischen Pop I und II

 

Die erste Phase, Pop I, setzt man 1968 als Leslie A. Fiedler in einem Vortrag als Erster den Begriff Popliteratur im deutschsprachigen Raum einführte und Pop als „Gegenkultur, Widerstand, Dissidenz [...], aber auch Affirmation, Warenförmigkeit, Flüchtigkeit“[6] verstand. Die Literatur dieser Zeit, deren Texte nicht sonderlich poppig im Sinne von leicht konsumierbar waren, sondern eher die rebellische Geste des Sixties-Pop übernahmen[7], definierte sich nicht als Pop I, sondern „verkörperte eben das kulturelle Wort“[8]. Auch der „Ahnherr der deutschen Popliteratur“[9] Rolf-Dieter Brinkmann bekannte sich zu dieser Pop-Darstellung, obwohl seine theoretische Positionierung über die Fiedlers hinausgeht: In Der Film in Worten preist er eine „fundamentale Vereinfachung der Sprache, reine Gegenständlichkeit, bloßes Bild, bloße Oberfläche“[10] an und veröffentlichte 1969 passend dazu das Werk ACID. Neue amerikanische Szene. Hier vereint Brinkmann „Interviews, Essays, Comics, teilweise pornographische Bilder“ amerikanischer Autoren der beat generation. In ihrer Heimat als Außenseiter aktiv, vermischten diese ihre Texte mit Sex- und Drogeneskapaden, bezogen sich auf die Popkultur und kannten kaum literarische Tabus, wodurch Parallelen zur zeitgleich blühenden Hippie-Bewegung aufkamen.[11] In Deutschland gab es zu dieser Zeit, gemeinsam mit Brinkmann, zahlreiche Autoren, die gegen ihre nationalsozialistische Vätergeneration protestierten und „einen Weg zur Befreiung in einer lustvollen, anarchistischen Popkultur suchten“[12]. Durch Fiedler und speziell Brinkmann erlangte also auch die deutschsprachige Literatur mit dem Einfluss der Beat-Poetik, mit dem subversiven „Programm einer Außenseiterszene, die sich auf die populäre Kultur bezog“[13], die Aufmerksamkeit trotz fehlender, gesellschaftlicher Akzeptanz.

 

In den 1970er Jahren, ließ das Interesse an Pop und Popliteratur nach. Trotzdem wurden Fiedlers und Brinkmanns Gedanken über Pop in den Folgejahren aufgenommen und „sprachkritische, satirische, ironische, dokumentarische Literaturen“[14] dazu entwickelt.

 

Bis in die 1990er Jahre änderten sich auch die einstigen Assoziationen, die man mit Pop in Verbindung brachte. So beginnt gemeinhin mit Faserland die zweite Welle der deutschsprachigen Popliteratur, auch Pop II genannt. Mit dem Verlust des rebellischen Gestus wurde jene Neue Deutsche Popliteratur „zu einer Unterhaltungsdienstleistung innerhalb der Kulturindustrie, Synonym für eine Art 'Easy Reading'“[15]. Dabei griff die Massenkulturindustrie subkulturelle Phänomene, also solche der einstigen Außenseiterszene, auf und machte sie populär. Insofern steht Pop II im Gegensatz zur ersten Phase der Popliteratur, bei der die Subkultur Massenphänomene aufgriff und politisch engagiert gegen Autoritäten der oberflächlichen Marken- und Warenwelt rebellierte. Pop II wurde zur „Upperclass-Prosa postadoleszenter Autorinnen und Autoren“[16], die die Postadoleszenz der jeweiligen Protagonisten zusammen mit Elementen medialer Massenkultur in den Vordergrund stellt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass zum einen die Neue Deutsche Popliteratur speziell bei der konservativen Literaturkritik auf Ablehnung stieß und zum anderen vor allem Romane jener Autoren bereit hält, die bereits vor ihrer Schriftstellerkarriere in den Medien tätig waren. Basierend auf den Arbeiten Diederichsens fassen Corina Caduff und Ulrike Vedder die Ergebnisse passend zusammen: