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In diesem Buch geht es um Liebe. Es wird das Thema Dualseelenbegegnung und Dualseelenbeziehung bearbeitet. Der Islam wird auch aufgegriffen. Mit Poesie und Lyrik wird diese Autobiographie erstellt.
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Seitenzahl: 245
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Claude und D
Claude und D
Eine Autobiographie
Jean Paul
© 2022 Jean Paul
Buchsatz von tredition, erstellt mit dem tredition Designer
ISBN Softcover: 978-3-347-70089-5
ISBN Hardcover: 978-3-347-70090-1
ISBN E-Book: 978-3-347-70091-8
ISBN Großschrift: 978-3-347-70092-5
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.
Begrüßung
Liebe Leserinnen und Leser,
das ist also mein Werk. Es heißt: „Claude und D“ Ich heiße Sie herzlich willkommen. Namens- und Ortsangaben wurden im Rahmen dieser Autobiographie obligatorisch geändert. Ich danke für Ihr Verständnis und wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.
Jean Paul
Zum Aufbau
Dieses Werk ist so angeordnet, dass die neuesten Texte zu Beginn des Buches stehen und die Texte immer älter werden. Das Werk beginnt mit den Briefen an D aus der Zeit zwischen September 2018 bis Juli 2019. Darauf folgen die Gedichte an D, die ebenso in derselben Zeit entstanden sind. Im November 2018 habe ich eine Türkei Reise unternommen. Diese Reise dauerte eine Woche und während meinem Aufenthalt in der Türkei entstand dann meine Autobiographie Teil 1. Danach folgen die Briefe an Schwester D und Bruder I. Daraufhin habe ich meine Autobiographie eingefügt, welche in dem Zeitraum von 2006 bis 2017 entstanden ist. Dann folgen die Briefe an meine Frau Claude, welche in der Zeit zwischen 2000 und 2006 entstanden sind. Am Ende folgen Gedichte, die ich in dem- selben Zeitraum verfasst und für meine Frau geschrieben wurden.
Zum Hintergrund
Ich bin 1981 in R geboren und habe Erfahrungen mit der Tabligh Jemaat gemacht. Erst viele Jahre später ist mir bewusst geworden, dass ich wahrscheinlich während dieser Zeit in der Tabligh Jemaat jemanden kennen gelernt habe, die meine Dualseele sein könnte. Nach der Grundschule, dem Gymnasium und dem Abitur bin ich nach H umgezogen und habe dort an der Naturwissenschaftlichen Fakultät studiert und mit dem Bachelor of Science abgeschlossen. Ich habe es in H nicht länger ausgehalten und zog schließlich wieder zurück in meine Heimatstadt. Seit dem lebe ich mit meiner Frau und unseren drei Söhnen friedlich und wohlhabend. Ich habe nach vielen Jahren Kontakt zu meiner Dualseele aufgenommen und weiß nicht wie sich unsere Freundschaft weiter entwickeln wird. Wenn sie eines Tages entschläft werde ich vielleicht eine Rosenblüte an ihr Grab legen und ein Gebet für sie sprechen.
Jean Paul
Briefe an D
Brief 1
Ach, meine Liebe,
Du fehlst mir. Ich spüre, ich fehle dir auch. Zwi- schen uns ist ein enges Band und es ist ein kur- zes Band. Wir sind nah beieinander. In letzter Zeit.
Als ich mit meiner Frau an der Tankstelle saß in dem Auto, bekam sie irgendwie Zweifel, ob das eine gute Idee war, euch besuchen zu kommen. Es waren bestimmt zweieinhalb bis dreieinhalb Stunden, die wir da so standen. Wir sind, soweit ich mich erinnern kann, sehr früh losgefahren. Wie geplant sind wir über die Autobahn gefahren. Dann mussten wir von der Abfahrt runter. Es war noch ein Stück bis zu euch nach Hause. Wir hielten an, um noch einmal zu besprechen, wie der Besuch bei euch ablaufen sollte. Es war nämlich so, dass Männer und Frauen getrennt waren. Ich erklärte ihr, dass ich die Freundschaft zu Bruder I dazu prüfte, inwieweit es für die Zukunft sinnvoll wäre, nach meinem Abitur nach H zum Studieren umzuziehen. Zudem sollte diese neu geknüpfte Freundschaft dazu führen, dass meine Frau den Islam besser kennenlernt und in ihr Leben integriert. Dies sollte dazu führen, dass meine Beziehung zu meiner Frau gestärkt würde, so dass wir eine stabile Beziehung aufbauen und aufrecht erhalten könnten. In meiner Heimatstadt waren ja nur ihre Eltern. Ok, da waren auch meine Eltern. Ja gut, ich hatte auch viele Verwandte. Ach, ich könnte jetzt viele Beweggründe aufzählen, die mir damals sinnvoll erschienen, aus meiner Heimatstadt wegzuziehen. Zum einen wollte ich mich weiterbilden, schlau werden und studieren. Zum anderen wollte ich die Beziehung mit meiner Claude nicht aufgeben. Es war also unser Plan nach H zu fahren und euch zu besuchen. Du und meine Frau solltet euch zum erstenmal kennen lernen. Jahrelang hatte ich mir immer wieder eingeredet, dass ich mich um sie kümmern müsste, dass ich für sie verantwortlich sei. Mittlerweile bin ich der Ansicht, dass es die letzte Prüfung gewesen ist. Auf dem Weg dich kennen zu lernen. Ich stand kurz davor abzubrechen und zurück zu fahren. Danach hätte ich mich niemals mehr mit Bruder I getroffen. Nach zweieinhalb oder dreieinhalb Stunden sind wir dann doch zu euch gefahren. Sie stieg aus. Lief den Weg zu eurer offenen Tür. Danach war sie weg. Für ein paar Stunden. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn wir nach Hause gefahren wären. Dann hätten wir uns vielleicht all diese Schmerzen und Wunden gespart.
Danach begann unser Dualseelenprozess. Tief schwarz. Dunkel. Gemein.
du hier
Ich fiel in die Dunkelheit
warum hast du mir nichts gesagt?
jetzt spüre ich dich jeder Zeit
ein Gefühl der Liebe durch meine Seele jagt
hat es dir gefallen
die letzten Jahre
dieses Ballen
ich das Klare
ich sehe dich mich hörend
dein Lächeln wie Wellen
dein Herz mir gehörend
du meine Dunkelheit im Hellen
Jean Paul
Es muss das Jahr 2002 gewesen sein. Also ein Jahr bevor wir nach H gezogen sind. Ein auf und ab an Gefühlen. Eine Mischung aus Hoffnungen und Verzweiflungen. Aus Erkenntnissen und Enttäuschungen. Ich muss schon ein kräftiger Mensch gewesen sein. Doch das Schicksal wollte, dass ich sehe, wie schwach ich bin. Ich muss schon ein kluger Mensch gewesen sein. Doch das Schicksal wollte, dass ich erkenne, was Klugheit bedeutet, wenn ich nicht den richtigen Menschen an meiner Seite habe. Ich wollte die Welt um mich her- um kennen lernen. Doch das Leben wollte mir zeigen, dass noch ein Mensch in mir wohnt. Ich wollte erfahren, was die Welt da draußen zusammenhält. Doch das Leben wollte mir zeigen, was mich zusammenhält. Ich wollte verstehen, was da draußen alles zusammen gehört. Doch die Welt wollte mir zeigen, was in mir zusammen gehört. Ich wollte die Welt da draußen erfahren. Doch ich erfuhr Gott durch dich, und vergaß, wer ich war. Dabei erinnerte ich mich nur an uns. Denn wir beide hatten uns getrennt, um ein jeder für sich die Welt zu erfahren in ihrer Dualität. Um am Ende wieder zusammen zu finden und sich darüber auszutauschen. Um sich gegenseitig mitzuteilen. Die Trennung. Den Schmerz der Trennung. Die Wunde der Liebe. Die Farbe des Blühens. Das Geräusch des Atmens. Den Moment von immer. Vielleicht hilft es dir, zu verstehen, was du alles erlebt hast. Vielleicht verstehst du mich danach besser. Vielleicht kannst du danach besser nachvollziehen, was ich durchgemacht habe. Vielleicht kannst du dann besser in die Zukunft blicken. Vielleicht kannst du dann besser dein Leben wahrnehmen. Den Boden unter deinen Füßen. Deinen Herzschlag in deiner Brust. Das Fließen des Blutes in deinen Adern.
Jean Paul
Brief 2
Oh mein Herz,
ich sehne mich so nach dir. Du bist mir so nah und doch bin ich dir fern. Es tut mir leid, dass ich auf die Reise ging. Nicht Zeit nicht Schmerz trennt uns. Sondern das Tuch der Liebe.
Dein Kleid ist so schön. Ich seh dein braunes Haar. Ich versinke in den Glanz im feuchten Nass deines Auges. Ich bin ein Teil deines Atems in deinem Mund. Jetzt habe ich deine Lungen erreicht.
Ich erwache als Traum in deinen Gedanken. Deine Hände spüren meine Wärme. Eben hast du deine Augen geschlossen. Du hast gerade etwas gesprochen. Meine Seele ist voll ergriffen und erbebt von der Zärtlichkeit deiner Worte.
Wir haben uns gefunden. Im nicht Sehen. Im nicht Berühren. Der Abstand zwischen uns ist unbeschreiblich. Jedes Wort würde lügen. Ich weiß, dass du mich liebst. Wir halten einander Hand. Bewegen uns durch die Wiesen. Du atmest gerade ein. Vielleicht denkst du an die vergangene Zeit. Der Punkt in dir trifft dich einsam. Du tauchst deinen linken Fuß in den See. Ich wäre gern das Wasser. Das Blut in dir fließt heiß und gediegen. Dein Haar ist so warm und erwartungsvoll. Ich grüße dich, mein Herz. Im Schmerzen der Erinnerung. Du hörst meine Stimme. Wir tauchen ein in das Becken der Ewigkeit. Du holst das schönste aus mir heraus. Meine Liebe zu dir. Deine Haut ist so würzig, hölzern und weich. Wie das Knistern auf trockenem Waldboden. Du bist meine Welt der Schönheit. Dein Kleid voller Sterne und Dunkelheit. Du hast mich ausgeatmet. Ich schwebe durch die Luft. Ich tanze das Lied der Freude. Siehst du mich schwingen?
Deine Hüften sind so zart und weiblich. Ja, weiblich. Du warst mal ein Mädchen. Wartend. Wie eine Knospe, die zu einer Blume wird. Nun stehst du vor mir. Dein Duft nach Müdigkeit und deinem Bett.
Ich habe viel erlebt in der Zeit bis jetzt. Ich war viel unterwegs. Leider hatten wir uns in der Zwischenzeit nicht getroffen. Ich bin überfüllt von deiner Schönheit. Daher schreibe ich dir, um zu beschreiben, wie schön du aussiehst. Du bewegst dich wunderschön. Am liebsten wäre ich der Teppich auf dem du läufst. Dein Schuh, den du anziehst. Deine Socken, die du trägst. Am liebsten wäre ich du.
Doch ich bin dein Dual. Männlich. Stark. Kräftig. Rauh. Stumpf. Schwach. Fallend. Schwimmend. Wo bist du?
Werde ich dich finden, während mein Blicken zu den Sternen reist? Wo wartest du auf mich? In meinem Herzen. Mitten drin. Im Zentrum meiner Wirklichkeit. Du bist mein Puls. Wir verstehen uns ohne Verstand. Wir lieben uns ohne Herzen. Wir waren nie da. Wir werden nie da sein. Wir waren schon immer hier. Wir wer- den immer hier bleiben. Wir sind verheiratet im Reich der Freiheit. Wo ist hier? Hier ist der Moment von immer.
Was ist hier? Hier sind wir beide. Wir beide sind hier. Ungetrennt, unerkannt, unerhört. Verschmolzen, vergessen. Vergossen und zerflossen.
Ich streichele dir über die Wange. Du schließt lächelnd deine Augen. Ich gebe dir einen Kuss. Unsere Wangen berühren sich. Wir umarmen uns. Weiter. Noch mehr. Wärmer. Intensiver. Gemeinsam. Zusammen. Füreinander. Andere werden glücklich. Die Welt um uns herum er- strahlt. Die Blüten erfarben. Ich weine. Meine Träne fließt. Du weinst. Deine Träne lacht. Aus Freude. Wir lieben uns. Wir kennen uns. Wir vermissen uns. Wir wollen uns. Wir sind unsehbar. Wir sind unspürbar. Wir sind nicht da. Wir sind hier. Mein Herz, ich liebe dich. Ich weiß, dass du mich verstehst. Meine D, mein Dual, meine Liebe.
Heimat
ich musste grade an dich denken
dir meine Aufmerksamkeit schenken
noch habe ich nicht verstanden
was ich erlebe in diesen Stunden
habe jetzt gefunden
nach meinem in mir Landen
ich war jahrelang weg im Paradies
aus meinen Augen trennte ich mich
ich sehe wie ich das hier lies
ich gab mir selbst Geschenke, dies
ich berichte nun von meinen Jahren
als wir im Raumzeug unterwegs waren
ich sah all die Gespenster
aus dem gebogenen Fenster
etliche Sterne habe ich gesehen dort oben
ich übergab meist ein und dieselbe Blume
lernte zahlreiche Sprachen und sammelte Proben
sah die Straße, die untere und die krumme
ich bringe ein Wort bzw. ein Buch
ein Stift, Gedanken und wir saßen
an einem Tisch ohne Tuch
an dem wir Früchte aßen
bei Ihnen heißt es schräge
lief auf ihren gesteinerten Wegen
viel Holz, viele Fische, schöne Berge sanft, zart, schnell und zügig ihr Bewegen
ihre Kinder sind besonders schräge und dann stürzen sie sich auf das Essen im Geschrei
ich freu mich, dass ich zuschauen kann wie sie verschlingen ihrem hellbraunen Brei
Jean Paul
Brief 3
Oh, meine süße Traubenfrucht,
Eines Tages, ich erinnere mich gut, es war in H. Ich lag im Schlafzimmer. Genauer gesagt ich lag im Bett. Auf meiner Seite. Es passierte etwas komisches. Danach habe ich nie wieder so etwas erlebt. Ich lag auf dem Rücken. Es war genauer gesagt abend oder nachts. Das weiß ich nicht mehr so genau. Auf einmal wirkte eine unbe- kannte und genauso unbeschreibliche Kraft auf mich ein. So komisch. Sie wirkte so irgendwie auf meinen ganzen Körper ein. Irgendwie stärker werdend von allen Seiten. Erst kam es leise. Dann näherte sich dieses Geräusch. Es war eher wie ein strahlendes oder brummendes Rauschen. Irgendwie vibrierende Frequenzen, die mich erfassten und auf mich wirkten. Das mag etwas komisch klingen, aber es fühlte sich auch irgendwie so an, als ob jemand seine Energie zu mir schickte, um mich damit zu manipulieren. Ich kann mich an dieses Ereignis noch gut erinnern. Vielleicht warst du das, die mir diese Energie geschickt hat. In diesem Moment kam es mir bedrohlich und negativ vor. Als ob es gegen mich wäre. Es war nicht unheimlich oder angst- einflößend. Ich bin schon damals eher zäh und robust gegen derartige Erfahrungen gewesen. Zumindest war ich dafür gewappnet und darauf vorbereitet, komische Erfahrungen in H mit Menschen zu machen. Es muss in die Jahre etwa 2003 bis 2006 hineinfallen, als ich das erlebt hatte. Was ist denn genau passiert? Ich meine es muss genau die Zeit gewesen sein, wo ich bereits Probleme mit der Tabligh Arbeit hatte und mich verdrängt gefühlt hatte. Insbesondere durch dich und deinen Mann. Gewissermaßen abgelehnt und bekämpft. Es lag offensichtlich rahmentechnisch eine Stresssituation vor, die vermutlich schon eine Weile andauerte.
Jedenfalls lag ich da so im Bett und ich spürte, dass diese Energie mich erfasste. Von allen Seiten. Sie kam näher. Umfasste mich. Erfasste mich. Zerreißte mich. Auf welche Weise? In der Art, dass ich das Gefühl hatte, ich würde komplett umgedreht werden. Zweimal. Ich habe diese Energie auf mich einwirken lassen. Sie war gewissermaßen provokativ. Ganz so als würde sie sich mit mir messen wollen. So nach dem Motto, ich komm jetzt zu dir. Mal schauen, ob du dich mir stellst. Ich ließ die Energie auf mich wirken. Ganz nach dem Motto, wenn ich stärker als du bin, dann bist du gleich erledigt. Dann lässt du mich in Ruhe. Dann stellst du keine Gefahr mehr für mich dar. Also komm. Mach deine Erfahrung. Lerne mich kennen und erlische in mir. Doch was dann geschah, damit hatte ich nicht gerechnet. Auch hatte ich so et- was noch nie erlebt. Wie gesagt wurde ich um- gedreht. Zweimal. Es war so. Ich lag im Bett auf meiner Seite. Auf dem Rücken. Dann wirkte diese dunkle Energie auf mich ein. Was folgt habe ich nur gefühlt. Auf einmal fiel ich kopfüber. Das heißt, dass ich mit dem Kopf nach unten gedreht wurde. Und kurz darauf wurde ich noch einmal gedreht. Auf die verkehrte Seite. Also auf den Bauch. Das Gefühl, das ich erlebte, es fühlte sich wie in Trance an, dauerte mehrere Minuten an. Ich war weder richtig am Schlafen, noch war ich wirklich wach. Ich konn- te mich dieser Prozedur nicht entziehen. Ich wurde verdreht. Zweimal. Am Ende fühlte sich das so an, als ob ich nun mit dem Kopf auf der unteren Seite liegen würde und mit dem Bauch nach unten. Wie gesagt, es fühlte sich tatsächlich so an, als würde ich nun auf dem Bauch liegen mit dem Kopf nach unten. Und ich fühlte beide male, dass ich um- geklappt wurde. Warst du das? Hast du das gemacht? So langsam konnte ich wieder die Augen öffnen und klar denken. Ich nahm wahr, dass ich wieder klar denken konnte. Es war mir die ganze Prozedur hindurch bewusst, dass mein Verstand vertrübt war, und ich dieser Prozedur, der ich mich irgendwie freiwillig gestellt hatte, völlig ausgeliefert war. Ich schaute nach, ob ich wirklich so lag, wie ich mich fühlte. Aber nichts hatte sich geändert. Ich bemerkte, dass ich immer noch so lag, wie am Anfang. Ein anderes Ereignis, es muss etwas später geschehen sein, war sogar meines Erachtens noch komischer. Wie gesagt, es muss nach dem ersten Ereignis geschehen sein. Es fällt so in die Zeit, wo ich mit dir Probleme hatte. Was war passiert? Ich lag wieder im Bett. Wieder im Schlafzimmer. Wie- der auf dem Rücken. Jetzt erinnere ich mich, dass meine Frau neben mir lag. Seit Tagen schon fühlte ich mich verfolgt und gejagt. Als sei etwas auf dem Weg, um mich zu erreichen. Vielleicht eine Botschaft? Hast du diese Botschaft geschickt? Warst du der Absender? Ich nahm irgendein blaues Licht wahr, das schleunigst durchs Schlafzimmer aufflammte. Es schoss durch das Schlafzimmer und blitzte einmal oder zweimal kurz auf. Danach hatte ich das Gefühl, etwas sei in mich hinein gefahren. Und würde meinen Körper oder meinen Geist befallen oder befüllen. Ich wollte es aus mir heraus drücken. Es fühlte sich so an, als könnte ich es durch meine Augen heraus drücken. Wie gesagt, es war zu einem späteren Zeitpunkt und ich lag wieder im Bett. Nun hatte ich ja das Gefühl, ich könnte dieses etwas aus meinen Augen heraus drücken. Also strengte ich mich noch etwas an. Ich kann mich noch gut daran erinnern. Ich wollte meine Frau aufwecken und es ihr zeigen. Damit sie sieht, dass etwas komisches dort passiert. Doch ich entschied mich selbst damit fertig zu wer- den, weil ich dachte, es könnte Angst haben und verschwinden. So wollte ich wenigstens selbst meine Erfahrungen mit diesem blauen etwas machen. Vielleicht konnte ich so heraus finden, was es war. Was es wollte. Und was es bedeute- te. Weißt du, was es war? Oder ist? Jedenfalls schaffte ich es, es aus meinen Augen heraus zu drücken. Und ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob es wirklich aus meinen Augen heraus kam oder ich es nur in meinem Auge sah, was sich dort abspielte. Was passierte denn? So etwa kurz unter der Decke, auf dem oberen drittel des Raumes erschien ein blaues Licht. Es manifestierte sich in einem Bereich in dem Raum. Also unterhalb von meinem Bett. Dieses blaue Licht drehte sich ständig um sich selbst. Es verschwand und tauchte wieder auf. Dann war es wieder ersichtlich. Drehte sich in sich selbst und verschwand dann jedesmal wieder, wenn es sich um sich selbst drehte. Und immer, wenn es gerade verschwand, dann tauchte am Kopf des blauen Lichts eine Kugel auf. Es hatte die Farbe blau. Es leuchtete also blau. Diese beiden Ereignisse habe ich vor kurzem meiner Frau erzählt. Vorher habe ich nie etwas davon erwähnt. Sie hat beide Geschichten zum erstenmal angehört. Seit Jahren kann ich mich an beide Geschichten erinnern. Doch erst vor Kurzem ist mir aufgefallen, dass das blaue Licht, das mir erschien, die Form des Yin und Yang besitzt. Nur, dass die Hälfte fehlt. Es erschien mir als Kugel. Das Yin und Yang Zeichen. Nur, dass die Hälfte unsichtbar war. Vielleicht für mich. Siehst du die andere Hälfte? Vielleicht leuchtet die andere Hälfte rot? Das habe ich also erlebt. Vielleicht war es eine Art der Einweihung in den Dualseelenprozess. Ich habe mich dem nicht versperrt. Ich ließ es zu. Jahrelang konnte ich nicht verstehen, was damals geschehen ist. Vielleicht sollte ich es jahrelang nicht verstehen.
Vielleicht sollte ich es erst vor Kurzem verstehen.
Dein Bruder
Jean Paul
Brief 4
Bruder I war am Freitagabend zu Besuch. Ich habe mein Arbeitszimmer ein wenig umgestaltet. Immerhin ist er mit drei weiteren Brüdern aus H zu mir zu Besuch gekommen. Insgesamt war es doch ein ziehmlich erfreulicher Besuch. Ich habe zwei neue Brüder kennen gelernt. Einer macht zu Zeit eine sinnvolle Weiterbildung im wirtschaftlichen Bereich. Ich habe zum Trinken Tee angeboten. Bruder I hat grünen Tee getrunken. Die anderen haben Anis-Fenchel-Kümmel Tee und auch grünen Tee getrunken.
Es war schon interessant zu sehen, dass schicksalstechnisch unsere Lebensläufte auf diese Weise miteinander verbunden waren. Sie sind etwas mehr als eine Stunde geblieben und sind dann wieder nach H zurück gefahren. Für sie war es auch interessant einmal zu sehen, wie und wo ich lebe. Personen aus H verschlägt es nicht einfach so in die Gegend, wo ich wohne. Ich bin zu Zeit beruflich stark eingespannt und auch sonst bin ich sehr beschäftigt. Deshalb kann ich auch nicht so regelmäßig an den Veranstaltungen der Tabligh Jemaat teilnehmen. Menschlich und persönlich sind sie ganz nette und freundliche Leute. Wie sie privat so sind, das kann ich nicht einschätzen. Doch dem Anschein nach haben meine Besucher nicht besonders gute Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt. Alle haben eine religiöse Kopfbedeckung und tragen auffällig weite arabisch anmutende Kleider. Also nicht standartmäßig und modern.
Sie sind eben durch ihren markanten Bartwuchs schnell auffällig und ich hatte nicht den Ein- druck als hätten sie irgendein Interesse daran, bei einem Bewerbungsgespräch sich ein wenig zu verstellen. Vielleicht denken sie, dass es Sünde ist, wenn sie sich bei einem potentiellen Arbeitgeber als Bewerber vorstellen und sich dabei modern kleiden und verhalten. Natürlich haben alle das deutsche Bildungssystem und Schulsystem durchlebt und wissen ganz genau wie sehr sie sich vom Standart der Gesellschaft und Öffentlichkeit entfernt haben. Doch haben sie ihre Verhaltensmuster an die Regeln und Ziele dieser Tabligh Jemaat angepasst, um gerade in dieser Gruppe Respekt und Anerkennung zu verlangen. Es verhält sich nämlich so, dass zwar jemand diese Tabligh Arbeit ohne Bart oder arabische Kleidung machen kann, aber ihm wird dieser selbstverständliche Respekt und diese Anerkennung nicht wirklich gegeben. Vielmehr wird jemand wie ich eher diskret und distanziert behandelt. Auch in der Gruppe, um ihn nicht zu vergraulen. Und vielmehr wird angenommen, dass er durch eine dauerhafte und regelmäßige Teilnahme an Veranstaltungen der Tabligh Jemaat sowieso irgendwann von selbst sein Äußeres und Verhalten ändern wird. Das ist deren Betrachtungsweise.
Wie ich bereits beschrieben habe, komme ich persönlich ganz gut mit den Brüdern klar. In wieweit ich die Methoden und Ansichten der Tabligh Jemaat teile ist natürlich auch eine wich- tige Frage. Solange ich nicht aktiv in der Tabligh Jemaat mit involviert bin, scheint mir diese Frage jedoch irrelevant zu sein. Ich erfreue mich lediglich daran, mich mit muslimischen Brüdern zu treffen und zu unterhalten. Eigentlich wollten sie von mir, dass ich hier in R und Umgebung neue aktive Mitglieder für die Tabligh Jemaat bereit mache. Zusätzlich sollte ich mir Gedanken darüber machen, wie in Zukunft Jemaate (Gruppen), die Huruc (Missionsreisen) machen untergebracht werden könnten.
Das Übernachten in den lokalen Moscheen ist weitgehend unmöglich. Die meisten Moscheen sind türkisch und die erlauben der Tabligh Jemaat nicht in ihren Moscheen zu übernachten. Die tägliche Arbeit ist erlaubt, also in Gruppen selbständig Bücher vortragen und durch die Straßen laufen und Muslime in die Moschee einladen. Daher wollten die Brüder von mir, dass ich mir Gedanken machen soll und Anstrengungen unternhemen soll, dass in Zukunft Jemaate irgendwo schlafen können. Das war aber nicht nötig, weil ich selber ein großes Haus hatte und angeboten hatte, dass irgendwann mal Brüder bei mir übernachten könnten. Die haben sich gefreut. Nun ja, schließ- lich ist es ja schön, einmal Besuch zu kriegen. Übrigens wäre das zusätzlich eine Ablenkung von meiner Beschäftigung und ich könnte mich für ein paar Tage einer anderen Sache widmen. In diesem Fall wären das ein paar Brüder aus H oder aus einer anderen Stadt, die meine Gastfreundschaft genießen könnten. Aber, ob es überhaupt dazu kommt, das weiß ich nicht. Ich kann meine Meinung ja noch ändern. Auf jeden Fall haben sie mich eingeladen nach H zu kommen. Dort könnte ich in der pakistanischen Moschee übernachten und mich mit ihnen unterhalten. Zumindest steht das Angebot und ich weiß noch nicht, ob ich davon Gebrauch machen werde. Ich kann es mir ja noch überlegen. Natürlich wollen die immer gleich eine Antwort und drängen darauf, dass sich jemand entscheidet. Aber die sollen schön mal langsam sein. Die wollen doch was von mir. Dann sollen die sich auch an meine Taktvorgaben halten. Ich lasse mir keinen Druck machen. Die können lange warten, wenn die wollen. Dass am Ende ich den längeren Atem habe, habe ich oft genug bewiesen. Und das sollen die spüren. Ich entscheide wann es weiter geht. Ob es weiter geht. Und wie es weiter geht. Und, wenn ich nicht will, dann geht es nicht weiter. Ganz einfach.
Ich lasse mich nicht mehr hin und her kommandieren. Ich kenne meinen Weg. Und den gehe ich auch. Und ich kann ihn gehen. Ohne sie.
Das einzig komische an der Sache ist nur, dass sie die Frau von ihm ist. Die Frau von Bruder I. Wer hätte das gedacht, dass meine Dualseele zu mir in dieser Konstellation mit dieser Tabligh Jemaat steht. Hat vielleicht einen Sinn. Ein wenig humorvoll ist das schon. Ich hätte ihr ja sonst wie oder sonst wo oder sonst wann begegnen können. Aber so? Damals?
Als Mitglied einer von Verfassungsschutz beobachteten islamistischen Gruppe?
Eine interesante Frage wäre, ob ich heutzutage auch Kontakt zu Tabligh Jemaat und zu den Brüdern aus H hätte, auch, wenn sie nicht da wäre. Es muss doch gerade sie gewesen sein, weshalb ich überhaupt aus H weggezogen bin und mit der Tabligh Arbeit aufgehört habe. Meine gesamte Verwandlung, also mein Dualseelenprozess war so anstrengend gewesen, dass ich gehen musste. Damals wusste ich nicht einmal, was ein Dualseelenprozess überhaupt ist. Und vielleicht war es ja auch deshalb so schwerwiegend. Jedenfalls wäre ich sehr froh darüber, wenn wir uns in einer anderen location, vielleicht als Studenten oder Arbeitskollegen oder Freunde begegnet wären. So könnten wir uns wenigstens darüber unterhalten. Damals habe ich sie nicht einmal gesehen. Tiefzerreißende Wunden haben sich aufgetan. Schmerzen sind empor gestiegen. Qualen über Qualen habe ich gelitten. Meine inneren Organe haben sich angefühlt als seien sie angekettet an eine einsame Insel. Als Strafe dafür, dass ich ihr begegnet bin. Dabei hat es sich noch angefühlt als seien die Kettenglieder am Glühen. Vielleicht ist das ja die zweite Etappe der Geduldsprobe. Natürlich, dass wir uns weder sehen noch unterhalten können. Wenigstens habe ich ihr vor Kurzem diese Briefe geschrieben. Es muss für sie eine unerträgliche Qual sein, dass sie mir nicht antworten kann. Wer weiß, vielleicht denkt sie ja auch nicht an mich und lacht sich ins Fäustchen. Aber, wenn sie meine Dualseele ist, dann denkt sie ständig an mich. So wie ich an sie. Dann liegen ihr diese Briefe wie Stacheln in der Seele und in ihren Gefühlen und es lässt ihr keine Rast. Ich für meinen Teil habe meinen Soll erfüllt. Ich habe alles geschrieben und ihr geschickt. Das hat natürlich mit der Tabligh Jemaat nichts zu tun, aber sie ist halt die Ehefrau von meinem besten Freund Bruder I, und er ist nun mal in der Tabligh Jemaat. Für jeden, der nicht weiß, was es bedeutet, seiner Dualseele zu begegnen oder was ein Dualseelenprozess ist? Seid dankbar und froh, dass ihr es nicht müsst. Dass ihr einer Dualseele nicht begegnet seid. Dass euch der Dualseelenprozess weitgehend fern geblieben ist. Es ist die Hölle. Regelrecht die Hölle auf Erden. Wer hat sich nur so etwas wie eine Dualseelenbeziehung ausgedacht? Das ist unmenschlich. Einen Menschen so zu quälen und leiden zu lassen. Es ist unbeschreiblich. Dieses Gefühl. Die Wahrheit. Diese Trennung. Diese Nähe. Diese direkte Verbindung.
Jean Paul
Brief 5
Oh, meine Augenweide,
jetzt kann ich dir weiter schreiben. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, in welcher Verfassung du dich gerade befindest. Ich weiß selbst nicht mehr, was ich dir alles in meinem letzten Brief alles sagen wollte. Es ist schon eine ziehmlich seltsame Situation. Du trägst wahrscheinlich noch einen Schleier und wir werden uns vermutlich niemals Angesicht zu Angesicht unter- halten können. Und das zu so einer Zeit. Die Technologie und Wissenschaft ist so weit, dass Menschen mit Robotern und Maschinen Auf- nahmen von der Marsoberfläche machen können und zwei Menschen, du und ich, sind nicht einmal in der Lage, sich vernünftig miteinander zu unterhalten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das irgendwie verboten sein sollte. Warum sollten wir beide uns nicht einfach mal wie zwei Menschen unterhalten können? Nur weil du eine Frau bist? Es fällt mir schwer ein Thema zu wählen über das ich dir schreiben möchte. Ich kenne deinen Bildungsgrad nicht. Kann dir nicht appelieren oder dir mitteilen, was ich für Vorstellungen habe ohne zu wissen, wie viel Vorwissen du bereits hast. Ich gehe davon aus, dass du so gebildet bist wie ich. Ich habe auf dem Gymnasium fünf Jahre lang Latein gehabt und in der Oberstufe das Latinum erreicht. Zwei Jahre lang habe ich Französich Unterricht an der Schule bekommen. Ich habe viel gelesen. Ich interessiere mich für so viele Themen. Insbesondere Geschichte interessiert mich sehr. Wie die Menschen früher gelebt haben. In allem was es angeht. Angefangen von der Politik bis hin zur Landwirtschaft. Von der Medizin bis hin zur Erziehung. Die Gegenwart interessiert mich auch sehr. Doch insbesondere finde ich die Frage besonders spannend, wie sich die Dinge in der Zukunft entwickeln. Würdest du es nicht auch interessant finden, dich zu fragen, was die Zukunft noch so alles bringt? Vielleicht für uns? Im Deutschunterricht sagte mal ein Deutschlehrer: „Kommt Zeit, kommt Rat.“ Ich sagte daraufhin: „Kommt Zeit, kommt Tod.“ Und er schaute mich so komisch an. Ich wusste, dass er meinen Spruch so gut fand, aber irgendwie schien er ein Problem damit zu haben, dass ich als muslimischer Junge das sagte. Unweigerlich würde ja aus meiner Sicht sein Tod bedeuten, dass er ins Höllenfeuer gelangen würde. Schien ihm nicht zu gefallen. Ich will mich nicht erklären müssen, dass meine Eltern aus der Türkei gekommen sind. Ich bin nicht weniger Wert als die deutschen Mitschüler. Die deutschen Mitschüler sind auch nicht wertvoller als ich. In der Schule geht es um Leistung und nicht ein Ort, um kulturelle Konflikte auszutragen. Soweit ich weiß, hast du Kinder im schulpflichtigen Alter. Dann weißt du ja,