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Collection No. 3 - Shadows of Love
Lust auf Liebe - Shadows of Love, die erotische Liebesromanserie: in sich abgeschlossene Geschichten mit vielen Höhepunkten und Happy-Endings. Junge Frauen treffen auf mächtige Männer, die sie emotional und erotisch in ihren Bann ziehen. Doch die Männer haben dunkle Geheimnisse ...
Dieses E-Book enthält drei prickelnde Abenteuer der beliebten Erfolgsserie:
Cara Bach: "Zur Lust verurteilt": Die Büroangestellte Emilia Bosco kann ihr Glück kaum fassen: Der neue Kollege Dr. Thomas von Pfistlau versprüht nicht nur adliges Flair in der Kanzlei - es knistert auch gewaltig zwischen ihr und dem Junganwalt -
Zoe Held: "Tango der Leidenschaft": Die ehemalige Profitänzerin Julia Vogt soll dem smarten Millionär Andrej Orlow an nur einem Wochenende das Tanzen beibringen. Und dabei bringen sie nicht nur das Tanzparkett zum Glühen -
Tina Scandi: "Süße Folter": Die Jura-Absolventin Manon Bernardi springt als Hauswirtschafterin einer angeblich unbewohnten luxuriösen Ferienvilla auf Korsika ein. Doch bei ihrer Ankunft trifft Manon auf den Eigentümer, den Pariser Verleger Claude Martel. Er bittet Manon, ihm Gesellschaft zu leisten, und schon bald entwickelt sich eine heiße Affäre ...
Die einzelnen Episoden erscheinen jeden Monat neu, als Romanheft und E-Book. Für alle Fans von "Colours of Love".
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Seitenzahl: 416
Cover
Über diese Folge
Über die Autorin
Titel
Impressum
Tango der Leidenschaft
Zur Lust verurteilt
Süße Folter
Lust auf Liebe – Shadows of Love, die erotische Liebesromanserie: in sich abgeschlossene Geschichten mit vielen Höhepunkten und Happy-Endings. Junge Frauen treffen auf mächtige Männer, die sie emotional und erotisch in ihren Bann ziehen. Doch die Männer haben dunkle Geheimnisse …
Dieses E-Book enthält drei prickelnde Abenteuer der beliebten Erfolgsserie zum günstigen Sammlerpreis:
Tina Scandi: »Süße Folter«: Die Jura-Absolventin Manon Bernardi springt als Hauswirtschafterin einer angeblich unbewohnten luxuriösen Ferienvilla auf Korsika ein. Doch bei ihrer Ankunft trifft Manon auf den Eigentümer, den Pariser Verleger Claude Martel. Er bittet Manon, ihm Gesellschaft zu leisten, und schon bald entwickelt sich eine heiße Affäre …
Zoe Held: »Tango der Leidenschaft«: Die ehemalige Profitänzerin Julia Vogt soll dem smarten Millionär Andrej Orlow an nur einem Wochenende das Tanzen beibringen. Und dabei bringen sie nicht nur das Tanzparkett zum Glühen …
Cara Bach: »Zur Lust verurteilt«: Die Büroangestellte Emilia Bosco kann ihr Glück kaum fassen: Der neue Kollege Dr. Thomas von Pfistlau versprüht nicht nur adliges Flair in der Kanzlei – es knistert auch gewaltig zwischen ihr und dem Junganwalt …
Die einzelnen Episoden erscheinen jeden Monat neu, als Romanheft und E-Book. Für alle Fans von »Colours of Love«.
Zoe Held wohnt im Westen von München mit Blick auf die Berge. Die Ideen zu ihren Geschichten fallen ihr beim Bergwandern, Skifahren oder auch auf dem täglichen Weg zur Arbeit ein. In ihrer Freizeit reist sie gerne, vor allem nach Skandinavien, Schottland und Nordfrankreich, wo sie die kulinarischen Leckerbissen ihrer Reiseziele genießt.
Cara Bach hat vor einigen Jahren in Bayern den Ort gefunden, an dem sie ihrer heimlichen Leidenschaft, dem Schreiben, ungestört nachgehen kann. Vor allem die Themen Liebe, Erotik und Abenteuer haben es der ehemaligen Weltenbummlerin und Dolmetscherin angetan. Sie nimmt die Leser ihrer Geschichten stets aufs Neue mit ins Reich der Sinne und der Sinnlichkeit.
Tina Scandi arbeitet seit ihrem Jura-Studium als Werbetexterin und freie Autorin. Sie hat bereits diverse Titel aus den Genres Romance, Erotik und Krimi in Form von Romanheften, Taschenbüchern und Kurzgeschichten veröffentlicht.
Inspiration für ihre Geschichten findet die gebürtige Kölnerin auf ihren vielen Reisen. Diese führten sie bereits durch europäische Länder, China und Tibet und sogar bis in die Arktis nach Spitzbergen, ihre Lieblingsstadt ist Paris.
Tina Scandi lebt zusammen mit ihrem Mann abwechselnd im Süden Korsikas und im beschaulichen Tirol.
Digitale Originalausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln
Titelillustration: © shutterstock/Andrey tiyk; thinkstockphotos/Thomas Northcut; shutterstock/Inozemtsev Konstantin
Titelgestaltung: Jeannine Schmelzer
E-Book-Erstellung: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-1005-4
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Zoe Held
Tango der Leidenschaft – Shadows of Love
Der Taxifahrer hält vor einem frisch sanierten Altbau in der Innenstadt. Er hilft mir mit meinem Koffer und braust davon. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Ich betrachte die kleine Steintreppe und die beiden Löwen neben dem Eingang, die vor der klassizistischen Fassade fehl am Platz wirken.
Ein russischer Geschäftsmann, Baubranche,hat Ilja gesagt. Ilja hat mir den Kontakt verschafft, sonst wäre ich gar nicht gefahren. Wir tanzen seit über zehn Jahren zusammen. Wir haben gemeinsam angefangen, uns hochgearbeitet und zusammen Erfolge gefeiert.
Mein Tanzpartner ist zugleich mein bester Freund. Einer der wenigen Freunde, die übrig geblieben sind neben dem Turniertanz und meinem Halbtagsjob in einer Steuerkanzlei. Ilja ist wirklich ein Süßer, vollkommen uneitel und immer hilfsbereit. Er scheint keinerlei Konkurrenzdenken zu kennen, obwohl der Wettbewerb doch so hart ist. Und er war der Einzige, der meinen Plan, mir eine Tanzschule aufbauen zu wollen, von Anfang an vollauf unterstützt hat. Nicht einmal die Fernbeziehung, die er seit einem Jahr mit einem gewissen Sertsch führt, hat daran etwas geändert.
Und keine Angst, Süße, ich kenne ihn. Er hat zwar gerne hübsche Mädchen am Start, aber er hat mir versprochen, dass er die Finger von dir lässt. Er will einfach nur tanzen lernen, und zwar an einem Wochenende. Ich habe ihm gesagt, dass du die Beste für dieses Unterfangen bist.
Ich atme noch einmal tief durch. Leipzig riecht auch nicht anders als andere Städte, ein bisschen nach Teer, ein bisschen nach Abgasen, ein bisschen nach Sonnenschein. Es ist ein schöner Tag, perfekt für einen Stadtbummel. Ich war noch nie in Leipzig, doch für Sightseeing habe ich keine Zeit. Ich hieve meinen Koffer die Treppe hinauf, betätige die Klingel und bewundere das massive Messing, aus dem sie gefertigt ist.
Ilja wusste auch nicht so genau, womit der Mann sein Geld verdient. Ich weiß nur, dass er mir für das eine Wochenende unanständig viel zahlen will. Es wäre ein ordentlicher Zuschuss für das Startkapital, das ich so dringend brauche, um meine Tanzschule zu eröffnen. Um mir meinen Traum vom Tanzen doch noch zu erfüllen, nachdem es mit dem Turniertanz nun leider endgültig aus ist.
Ein leises Summen ertönt. Ich schiebe die schwere Holztür auf und betrete einen Vorraum, der zu diesem Altbau passt: gerade Linien, blanker Marmor, ein Beistelltisch mit einer vergoldeten Venus darauf, an der Decke Stuck und ein kleiner Kronleuchter. Mein zukünftiger Tanzschüler zeigt also gerne, was er hat, aber er übertreibt es damit nicht. Was hatte ich eigentlich erwartet? Ich sollte aufhören, dauernd darüber nachzudenken, was für ein Typ dieser Mann ist, der für ein Wochenende Tanzunterricht mal eben mehr Geld springen lässt, als ich bisher in meinem Leben in einer Summe gesehen habe!
Am Ende des Vorraums führt eine dunkle Holztreppe in das Obergeschoss des Hauses. Sie knarzt, und kurz darauf sehe ich blank polierte Anzugschuhe. Ich halte die Luft an. Ilja meinte, der Typ würde mir sicher gefallen. Ich habe diese Bemerkung mit einem Augenrollen abgetan. Ich weiß ganz genau, warum ich Männer weitgehend aus meinem Leben verbannt habe.
Das Erste, das mir an ihm auffällt, sind seine unwahrscheinlich strahlenden, blauen Augen. Er trägt einen gut sitzenden Anzug, maßgeschneidert. Nur eine Krawatte fehlt, und seine Manschettenknöpfe blitzen etwas zu auffällig. In sein braunes Haar hat sich schon das erste Grau geschlichen, was ihn nur noch tatkräftiger erscheinen lässt. Ein bisschen wie George Clooney, nur dass mein Tanzschüler nicht so braun gebrannt ist.
»Frau Vogt, wie schön, dass Sie pünktlich sind.« Ein amüsiertes Lächeln erscheint auf seinem Gesicht. Er kommt auf mich zu, streckt die Hand aus, und wie von selbst ergreife ich sie. »Andrej Orlow. Lassen Sie den Koffer fürs Erste dort stehen, ich helfe Ihnen nachher damit. Ich habe dem Personal für heute freigegeben. Ich denke doch, es ist besser, wenn wir allein sind.«
»Sehr gut«, antworte ich knapp, weil er schon wieder nicht meine Erwartungen erfüllt. »Das ist wunderbar«, schiebe ich dann hinterher. Will ich wirklich mit ihm allein sein? Ich fühle einen Kloß in meiner Kehle. Kein Zweifel, dieser Mann hat Ausstrahlung. Und er bewegt sich recht geschmeidig, das ist schon mal ein Anfang. Ich versuche, mich ganz auf die Arbeit zu konzentrieren, die vor mir liegt. Gut, die Voraussetzungen fürs Tanzen stimmen also. Wenn er jetzt auch noch Taktgefühl hat, könnte es ein angenehmer Job werden. Wahrscheinlich will er einfach nicht von seinem Personal dabei beobachtet werden, wie er sich auf der Tanzfläche schlägt. Mehr steckt sicher nicht dahinter, dass wir allein sind.
»Nichts ist ärgerlicher, als gestört zu werden, während man Schritte lernt. Das kann harte Arbeit sein.«
Er lässt sich nicht anmerken, ob meine Bemerkung ihn in irgendeiner Form beeindruckt.
»Vielen Dank, dass Sie die Reise aus Düsseldorf auf sich genommen haben, Frau Vogt. Darf ich Ihnen das Wohnzimmer zeigen? Ich denke, der Parkettboden dort müsste sich fürs Tanzen eignen und der Platz ausreichen.«
Für diese Summe ist mir kein Weg zu weit, denke ich mir nur und nicke ihm knapp zu. Er will also direkt zur Sache kommen. Umso besser, denn das Tanzen hat mir schon immer geholfen, meine Gedanken zu ordnen. »Geben Sie mir zwei Sekunden, um die Schuhe zu wechseln. Dann können wir starten.«
Er lacht leise auf. Sein Lachen erinnert mich an einen wilden Bergbach, und es scheint tief aus seiner Seele zu kommen. »Verzeihen Sie, ich bin wohl etwas vorschnell. Gleich hier vorn links ist ein kleines Badezimmer. Nehmen Sie sich alle Zeit, die Sie brauchen. Dann gehen Sie einfach den Gang hinunter ins Wohnzimmer. Kann ich in der Zwischenzeit noch etwas für Sie tun?«
»Hier.« Ich krame in meiner Handtasche nach dem USB-Stick, auf den ich die passende Musik gezogen habe. »Wenn Sie dafür sorgen könnten, dass wir Musik haben? Ich habe die Ordner nach Tänzen angelegt. Wir starten mit dem langsamen und dem klassischen Wiener Walzer, die können Sie immer brauchen.«
»Gerne.« Als er den Stick entgegennimmt, berühren sich unsere Hände für einen Augenblick. Ein warmer Schauder fährt durch meinen Körper. Sein Geruch hüllt mich ein. Er hat ein dezentes Aftershave aufgelegt, das mir sofort in den Kopf steigt. »Was kann ich Ihnen zu trinken anbieten?«
»Wasser, ohne Kohlensäure, wenn es geht.« Ich muss mich zusammenreißen. Was hat Ilja noch gleich gesagt? Er mag schöne Frauen, aber dich lässt er in Ruhe? Dann ist er also ein Playboy. Ich sollte mich davon wirklich nicht beeindrucken lassen, schließlich habe ich hier nur einen Job zu erledigen, der mir den Start in eine neue berufliche Zukunft ermöglichen soll. Und ich denke nicht im Traum daran, mich dabei von irgendeinem Geschäftsmann vernaschen zu lassen.
»Selbstverständlich«, antwortet er mir. Seine dunkle Stimme klingt in meinen Ohren nach. Das letzte Mal, als mein Bauch so geflattert hat, hätte es mich beinahe die Karriere gekostet. Und jetzt schon wieder?
Reiß dich zusammen, Julia. Du bist zum Tanzen hier, das ist alles. Und er will auch nichts anderes von dir, kapiert?Ich lächle ihm noch einmal unverbindlich zu, greife fest um die Henkel meiner Handtasche und steuere das Badezimmer an. Sich ein bisschen frisch zu machen kann nach der langen Bahnfahrt wirklich nicht schaden.
♡♡♡
Andrej hat wirklich Talent und Taktgefühl. Es fühlt sich vollkommen natürlich an, in seinen Armen zu liegen und von ihm geführt zu werden – auch wenn er sich natürlich nicht so geschmeidig bewegt wie mein Tanzpartner. Der Wiener Walzer liegt ihm besser als der langsame Walzer, mit dem wir zunächst angefangen haben, um die Schrittfolge einzuüben. Nach und nach habe ich das Tempo erhöht, um die Geschwindigkeit des Wiener Walzers zu erlangen, und siehe da, die schnellen Drehungen scheinen Andrej zu gefallen.
Ob dieses Glücksgefühl in meinem Bauch wirklich nur daher kommt, dass mein Schüler sich so gut anstellt und ich mir das wenigstens zum Teil selbst zuschreibe? Ich nutze die Pause zwischen zwei Liedern, um mich für einen Augenblick von ihm zu lösen. Ein konzentrierter Ausdruck liegt auf seinem Gesicht. Er scheint das mit dem Tanzen wirklich ernst zu meinen.
»Darf ich erfahren, für welchen Anlass Sie all das hier lernen wollen?«, frage ich und greife nach der Fernbedienung. »Dann wüsste ich auch, worauf wir den Schwerpunkt legen sollten. Sie können unmöglich an einem einzigen Wochenende alles lernen.«
»Es gibt keinen Anlass.« Plötzlich verdunkelt sich seine Miene. »Das geht Sie nichts an«, knurrt er und wirft mir einen Blick zu, den ich nicht deuten kann. Wieso stört ihn diese harmlose Frage so sehr?
Gut, es geht mich ja wirklich nichts an, wofür er sein Geld ausgibt. Ich zappe mich durch die Ordner zurück zum Wiener Walzer. Roxette, Crash! Boom! Bang! – schon etwas älter, aber immer noch eines meiner Lieblingsstücke. Eines der wenigen, die wirklich eine Saite in mir zum Klingen bringen und mich an die bisher einzige längere Beziehung in meinem Leben erinnern. Sie war ein Desaster, also lasse ich besser die Finger von weiteren Versuchen. Ich habe das Tanzen, das reicht.
Andrejs Lippen bewegen sich lautlos. Er sucht nach dem Takt, dann hebt er die Arme. Ich schmiege mich an ihn. Ganz von selbst drückt sich meine Hüfte an seine. Mein Herz schlägt wie wild. Für die schnellen Drehungen ist es einfach notwendig, den Schwerpunkt genau zwischen dem Paar zu haben – eine gemeinsame Achse, um die man sich bewegen kann. Seine rechte Seite berührt meine Hüfte. Ich kann seine Muskeln spüren, sobald er einen Schritt macht.
Und irgendwie fühlt es sich ganz anders an als bei meinem Tanzpartner. Mit ihm geht es vor allem um Technik. Doch sobald Andrejs Bein meines streift, jagen heiße Ströme durch meinen Körper. Seine Arme halten mich, er dreht uns, nicht immer ganz im Takt, aber mit vollkommener Selbstsicherheit.
Das Blut pocht in meinen Adern. Ich sollte mich wirklich zusammenreißen. Das hier ist ein Job, bei dem es ums Tanzen geht, und da braucht man einen klaren Kopf. Trotzdem flattert mein Magen wie verrückt.
Ein schrilles Handyklingeln rettet mich. Andrej lässt mich sofort los. Mit wenigen, kraftvollen Schritten ist er bei der Musikanlage, dreht die Lautstärke runter und greift nach seinem Smartphone. Ich werfe ihm einen Blick zu. Mein berühmt-berüchtigter So-nicht-Blick, wie Ilja ihn immer nennt. Andrej grinst mich nur an, zuckt mit den Schultern und nimmt das Gespräch an.
»Serjosha, was gibt es?« Eine tiefe Falte erscheint auf seiner Stirn, während sein Gesprächspartner erzählt. »Das ist mir egal!«, fällt er ihm dann ins Wort und hebt die Stimme, sodass die leisen Klänge des romantischen Walzers im Hintergrund nun so gar nicht mehr passen wollen. »Du hast gesagt, du passt auf die Kleine auf! Ich will keinen Ärger, klar? Keinen Alkohol, keine Drogen!«
Offenbar verteidigt der andere sich. Andrej geht unruhig auf und ab, während seine Miene immer finsterer wird. »Du bist für sie verantwortlich, klar? Du lieferst das Mädchen heil hier ab! Wenn sie auch nur einen blauen Fleck abbekommt, kriegst du es mit mir zu tun! Und mir ist egal, wie du verhinderst, dass sie sich selbstständig macht! Fessle sie meinetwegen an dich, verdammt, aber du lässt sie keine Sekunde aus den Augen!«
Sein Blick fällt auf mich. Ich drehe mich schnell zur Seite. Es gehört sich nicht, fremde Gespräche zu belauschen. Auch wenn das Gegenüber einem keine andere Chance lässt. Er kneift die Augen zusammen und spricht dann auf Russisch weiter. Was hat er nur vor mir zu verbergen? Ich setze mich auf das Sofa, während er weiter in das Handy brüllt, und trinke einen Schluck Wasser. Ich wiederhole in Gedanken, was er zu seinem Gesprächspartner gesagt hat. Es klingt seltsam, mehr als seltsam. Irgendwie bedrohlich. Wieder wüsste ich zu gerne, woher er sein Geld hat.
Mach dich nicht lächerlich, Julia, ermahne ich mich selbst. Nur weil er aus Russland kommt und wohlhabend ist, heißt das gar nichts. Ilja hat sich für ihn verbürgt. Trotzdem. Wer spricht so von einem Mädchen? Das Flattern in meinem Magen wird zu einem kalten Klumpen. Ein hässlicher Verdacht schleicht sich in meine Gedanken. Doch ich sollte nicht so viel grübeln, meinen Job erledigen und diesen Ort dann möglichst schnell wieder verlassen.
»Können wir wieder?«, holt mich seine Stimme in die Wirklichkeit zurück. Das charmante Lächeln ist auf sein Gesicht zurückgekehrt. Er breitet seine Arme aus. Der Ärger ist wie weggeblasen. »Entschuldigen Sie, aber das Geschäft geht vor. Ich hasse es, so zu sein, aber anders hat man sie nicht im Griff.«
Das Geschäft? Ich atme tief durch. Seinem Charme kann ich mich trotzdem kaum entziehen. Jetzt wirkt er wieder höflich und zurückhaltend, auch wenn darunter diese andere Seite von ihm lauert. Dass er gut führen kann, hat er schon bewiesen. Er ist nicht der Typ Mann, der sich die Butter vom Brot nehmen lässt.
Als er meine Hand in seine nimmt, jagt ein elektrischer Schauder durch mich hindurch. Ich blicke zu ihm auf und in sein attraktives, scharf geschnittenes Gesicht. Seine Lippen wirken weich und verführerisch. Um seine Augen liegen Fältchen. Lachfalten. Er wirkt nicht unbedingt wie jemand, der mit irgendwelchen krummen Dingern seinen Lebensunterhalt verdient.
Ich nehme mir trotzdem vor, vorsichtig zu sein. Man kann sich zu leicht in den Menschen täuschen.
♡♡♡
Andrej hält mitten in der Drehung inne. Ich stolpere beinahe über seinen Fuß und kann meinen Schwung nur mühsam abbremsen. Entrüstet sehe ich ihn an.
»Meinen Sie, wir können uns heute noch an den Tango wagen?«, fragt er grinsend.
Sofort läuft es mir heiß über den Rücken. Ausgerechnet Tango! Ich hatte den ganzen Abend über gehofft, mich heute noch darum drücken zu können.
»Sie müssen doch zugeben, dass ich mich nicht allzu dumm anstelle. Ich denke, wir können etwas Schwierigeres versuchen.« Sein Grinsen wird jungenhaft frech.
Ich zucke mit den Achseln. Auch wenn mir allein beim Gedanken an einen Tango mit ihm heiß wird, ist er ein Kunde. Nur ein Kunde. Ein Tanzschüler. »Wenn Sie sich noch fit fühlen um diese Zeit«, murmele ich und löse mich aus seinen Armen. Ein kurzer Moment des Luftholens, während ich die richtige Musik heraussuche. »Ich bringe Ihnen den europäischen Tango bei. Anders als der Tango Argentino, den Sie vielleicht kennen, ist der europäische Tango aggressiv und feurig. Der Tango Argentino wird dagegen häufig als melancholisch-sinnlich beschrieben.« Ich beiße mir auf die Lippen, ehe ich noch mehr sage.
Feurig, aggressiv, eine Verbindung aus Lust und Schmerz, Leidenschaft, wie beim Sex, so hat unser Trainer es immer ausgedrückt. Er führt, sie folgt, und alles ist Kampf und Tanz zugleich.
Ich richte mich auf und zeige Andrej die richtige Haltung.
»Sie geben der Dame den Rahmen vor. Die Arme sollten sich auf Augenhöhe der Dame befinden, niemals darüber«, verbessere ich ihn und wünsche mir in dem Augenblick nichts sehnlicher, als in diesen Armen zu liegen. Andrej strahlt schon jetzt pure Stärke aus.
»So?« Er hebt die Arme und zieht dabei beide Augenbrauen hoch. »Kommen Sie her, ich fühle mich wie ein dummer Junge bei diesen Trockenübungen.«
»Ich will mir nicht die Füße ruinieren, wenn Sie Ihre ersten Versuche starten«, wehre ich ab. Noch einmal gerettet, ehe ich ihm zu nahe komme! »Beginnen wir mit dem Grundschritt. Sie starten mit dem linken Bein. Zwei Schritte vor, Wiegeschritt, zurück und zur Seite«, sage ich an und mache ihm die Schritte vor. Andrej schneidet eine Grimasse, die ihm für den Hauch eines Augenblicks das Strenge nimmt.
»Das kriege ich hin.« Seine strahlend blauen Augen fixieren mich. Ich halte seinem Blick stand, hebe nur leicht das Kinn. Ein Zucken huscht über seine Wange, dann versucht er die Schritte allein. Ein kleiner Sieg für mich.
»Jetzt das Ganze nur noch im Takt«, fordere ich ihn auf und trete noch einen Schritt zurück. Ich muss dringend Abstand zwischen mich und diesen Mann bringen.
»Zeigen Sie es mir«, fordert er und bleibt einfach stehen. »Taktgefühl war nie meine Stärke.«
Er ist ein Kunde, nur ein Tanzschüler, bete ich mir immer wieder vor. Er bezahlt den Spaß, tu einfach, was er sagt! Dennoch bewege ich mich nicht vom Fleck. Es fällt mir schwer, Ruhe zu bewahren.
»Noch einmal, ohne mich. Denken Sie daran, dass Sie später führen müssen.« Ich gebe alles, um streng und beherrscht und vor allem unbeteiligt zu klingen. Ob es mir gelingt? Andrej lässt sich nichts anmerken. Er hebt die Arme etwas zu hoch, sein Wiegeschritt ist zu hastig und sein Schritt zur Seite nicht exakt gesetzt. Ich konzentriere mich auf seine Fehler, um ihm nicht gänzlich zu verfallen.
»In Ordnung, ich denke, wir können es wagen.« Ich atme noch einmal tief durch, lege meine Hand in seine und blicke an seiner rechten Schulter vorbei. »Beim Tango hält die Dame ihre Hand etwas tiefer, so etwa.« Ich lege meine linke Hand auf seinen Rücken und spüre seine Muskeln unter dem Anzug. Dieser Mann ist die pure Versuchung. »Sie geben die Führungsimpulse mit Ihrer ganzen rechten Seite. Brustkorb, Hüfte, Oberschenkel und Knie«, erkläre ich und gerate dabei immer mehr außer Atem. Es lässt sich nicht vermeiden, ihm nahe zu kommen. Schon gar nicht beim Tango. »Beim Tango … berühren sich …«
Ich verliere den Faden. Andrejs klarer Blick trifft auf meinen und hält ihn fest.
»… die Hüften?«, beendet er für mich und zieht mich mit seinem rechten Arm an seinen Körper. »So sieht es jedenfalls auf den Videos bei YouTube aus. Ich habe meine Hausaufgaben gemacht«, fügt er leise, fast flüsternd hinzu, so nah an meinem Hals, dass ich seinen Atem spüren kann. Seine Lippen berühren meine Haut. Wie ein Kuss.
Ich räuspere mich. »Stimmt. Nur so bekommen Sie den richtigen Schwerpunkt, Herr Orlow.«
»Andrej«, verbessert er und schiebt langsam sein linkes Bein nach vorn. Ganz automatisch setze ich den ersten Schritt nach hinten. Sein Bein ist jetzt zwischen meinen Oberschenkeln. Es streichelt über die Innenseite meines Beins, schiebt sich langsam nach oben und hält dann inne, als ob er auf irgendetwas warten würde. Die Tangomusik im Hintergrund verstärkt meine Sehnsucht nach ihm. Da ist dieser verrückte Wunsch, mehr von ihm zu spüren als nur seine Hand auf meinem Rücken.
Noch einmal versuche ich, mich in meine Rolle als Tanzlehrerin zu retten. »Sehr gut, Andrej, das Führen klappt. Sie müssen nur noch im Takt bleiben.«
Ein amüsiertes Funkeln taucht in seinen Augen auf. Ich starre auf einen Punkt hinter ihm an der weiß getünchten, schmucklosen Wand. Er verlagert das Gewicht nach vorn und setzt den zweiten Schritt. Wieder gleitet sein Bein zwischen meinen Oberschenkeln nach oben, und wieder fühle ich mehr, als ich fühlen sollte. Ein warmer Schauder, der über meinen Rücken fährt. Ein sanftes, aber kaum zu ignorierendes Pochen zwischen meinen Beinen. Wir kommen kurz zum Stehen, eine Pause, in der ich seine Hüfte viel zu deutlich an meiner spüre. Seine Hüfte und diese unmissverständliche Wölbung, die sich jetzt hart gegen meinen rechten Oberschenkel drängt. Hitze fährt mir in die Wangen.
Plötzlich zieht er mich für den Wiegeschritt nach vorn. Ich falle gegen seine Brust, habe mein rechtes Bein zwischen seinen Oberschenkeln und würde am liebsten im Boden versinken. Seine Nähe macht mich verrückt, sein Duft lässt mich durchdrehen.
»Lassen Sie mich führen, Julia.« Seine dunkle Stimme ist ein einziges Locken. Seine rechte Hand gleitet über meine Wirbelsäule nach unten, bis sie auf meinem Hintern liegen bleibt. Spätestens jetzt sollte ich gehen, sagt mir mein Verstand.
Aber mein Verstand ist nicht gerade laut heute. Ich bleibe und lasse wie erstarrt zu, dass seine Hand noch ein wenig tiefer gleitet. Seine Finger schicken heiße Wellen durch meinen Körper, die sich in meinem Unterleib sammeln.
Meine Knie werden weich. Der Raum um mich herum beginnt sich zu drehen. Jetzt nur nicht umkippen! Mein Verstand schreit mich förmlich an, Andrej einfach stehen zu lassen und sofort dieses Haus zu verlassen.
Meinen Tanzschüler scheint das nicht zu kümmern. Auch Andrejs linke Hand streicht jetzt über meinen Rücken. Seine Lippen gleiten über meinen Hals. Willenlos lasse ich mich von ihm rücklings zu dem viel zu großen Sofa drängen, das das Wohnzimmer dominiert. Ich stoße mit den Kniekehlen gegen die Sitzfläche. Er dreht mich an den Schultern herum, bis mein Hintern gegen seine Hüfte drückt. Noch deutlicher als zuvor spüre ich seine Erregung. Er reibt sich an mir, während seine Hände von meinen Schultern zu meinen Brüsten gleiten. Das dünne Sommerkleid bietet keinen Schutz vor ihm. Zielstrebig finden seine Hände, was sie suchen.
Ein leises Stöhnen entfährt mir. Das Pochen in meinem Unterleib wird immer drängender. Was macht dieser Mann nur mit mir? Seine Finger graben sich in meine Brüste, als ob er es kaum erwarten könnte und es nichts Verlockenderes gäbe als mich. Er drückt mich mit seinem Gewicht nach unten, zwingt mich auf die Knie. Ganz von selbst stütze ich mich mit den Unterarmen auf dem Sofa auf.
»Lass dich fallen, Julia«, flüstert er. Seine rechte Hand lässt von meinen Brüsten ab und legt sich schwer in meinen Nacken. Mit der anderen schiebt er den Ausschnitt meines Kleides nach unten, bis der BH freiliegt.
Plötzlich schäme ich mich für meinen schmucklosen, schwarzen BH. Ich bevorzuge bequeme Unterwäsche, gerade wenn ich tanze. Mein Gefühl sagt mir, dass Andrej etwas anderes als dieses Standardmodell erwartet hat. Er zieht auch den BH nach unten, unsanfter als das Kleid, bis kalte Luft über meine Brustwarzen streift. Sein Daumen streichelt sanft über die empfindliche Haut. Ich fühle, wie sich die Spitzen aufrichten und unter seiner Berührung hart werden.
So sehr mein Verstand es auch will, ich kann mich diesem Mann nicht entziehen. Stattdessen werfe ich den Kopf in den Nacken und belohne ihn mit einem Stöhnen für seine Dreistigkeit.
»Nicht bewegen«, befiehlt er und gibt meinen Nacken frei. Entschlossen schiebt er mein Kleid nach oben. Jetzt wird es endgültig peinlich, denn ich trage einen nahtlosen, hautfarbenen Slip, damit sich ja nichts unter dem Kleid abzeichnet. Kann es etwas Unerotischeres geben? Andrej erspart mir jeden Kommentar und zieht dieses Stück Marke Liebestöter mit einer energischen Bewegung herunter. Mit beiden Händen greift er jetzt an die Innenseiten meiner Oberschenkel und schiebt meine Beine besitzergreifend weiter auseinander.
Sobald er mich loslässt, rutsche ich wieder zurück in meine alte Position. Ein letzter Rest Vernunft rettet mich für den Moment. So einfach mache ich es Andrej nicht. Er antwortet mit zwei kräftigen Schlägen auf meine Pobacken. Mehr aus Überraschung denn aus Schmerz schreie ich auf.
»Nicht bewegen, habe ich gesagt.« Er lässt noch zwei Schläge auf jede meiner Pobacken folgen. Verwirrt fühle ich, wie die Erregung in mir nur noch wächst. Seine Finger streichen prüfend über meine Scham. »Ich führe, hast du das vergessen, Julia?«
Mit einem Finger dringt er in mich ein. Ich bin tatsächlich feucht. Feucht und bereit für ihn, obwohl ich ihn doch kaum kenne! Was passiert nur mit mir? Ich höre, wie er den Reißverschluss seiner Hose öffnet. Ein leises Rascheln und ein Reißen. Er muss ein Kondom aus seiner Anzugtasche herausgeholt haben. Gänsehaut breitet sich auf meinem Körper aus. Ein Teil von mir kann es kaum erwarten, dass er es wirklich tut. Der andere Teil will lautstark protestieren.
Andrej gibt mir keine Zeit, um nachzudenken. Ich spüre seinen Schaft an meiner Spalte. Wieder kommt es mir vor, als könne er es kaum erwarten. Pure Begierde durchflutet mich. Tief in mir trifft er einen Punkt, der alles zum Klingen bringt. Seine Hand legt sich besitzergreifend um meine Taille. Mit den Fingern der anderen Hand spielt er an meiner Lustperle, während er dann schnell und hart in mich eindringt. Seine Finger wissen, was sie tun müssen, um mein Verlangen anzufachen. Ein Verlangen, von dessen Existenz ich bisher noch nicht einmal wusste. Es ist ein rohes Gefühl, einfach nur die pure Lust auf ihn. Unerbittlich stößt er zu, während sein Finger um meine Klit kreist, mich neckt und mich unaufhörlich auf den Orgasmus zutreibt.
Ich schaffe es einfach nicht länger, mich zurückzuhalten. Ich stöhne auf, lasse es geschehen, genieße die Wellen, die durch meinen Unterleib zucken. Es ist, als würde er nur mit diesem sanften Streicheln an meiner Scham ganze Mauern einreißen. Die Lust nimmt meinen Körper in Beschlag. Alles um mich herum verschwimmt, und es gibt nur noch Andrej, der mich nimmt und mir zeigt, wie sehr er mich begehrt.
Nur einen Augenblick nach meinem Orgasmus spüre ich auch seinen Höhepunkt. Sofort danach zieht er sich aus mir zurück und gibt mir zum Abschied noch einen spielerischen Klaps auf den Hintern.
Ich drehe mich halb zu ihm um und suche seinen Blick. Mein Verstand sagt mir, dass ich mich benutzt fühlen sollte. Ich sollte empört sein, weil er es offenbar für selbstverständlich hält, dass ich ihm auch auf diese Art und Weise zur Verfügung stehe an diesem Wochenende. Nur der sanfte Ausdruck in seinen Augen hält mich davon ab, ihm auf der Stelle lautstarke Vorwürfe zu machen.
Er wirkt fast, als ob es ihm leidtäte.
Energisch dreht er sich um, greift zur Fernbedienung und schaltet die Musik aus. Der kurze Augenblick, in dem er die Maske hat fallen lassen, ist vorbei. »Ich zeige Ihnen Ihr Zimmer, Frau Vogt«, erklärt er mit kühler Stimme.
Jetzt bin ich also wieder Frau Vogt. Danke auch, so schnell hätte er sich jetzt nicht in formale Höflichkeiten zu flüchten brauchen. Immer noch hallt ein sanftes Pochen durch meinen Körper, das keine Befriedigung gefunden hat. Ich ziehe mir hastig meinen BH und das Kleid zurecht. Den Slip nehme ich lieber in die Hand, um mir die Peinlichkeit zu ersparen, ihn vor ihm anzuziehen.
»Ich könnte eine Dusche gebrauchen.« Ich hoffe, dass ich genauso kühl klinge wie er. Er nickt nur, deutet auf die Wohnzimmertür und übernimmt wieder mal die Führung.
♡♡♡
Am nächsten Morgen steht Andrej bereits in der Küche, als ich vollkommen übermüdet zu ihm ins Erdgeschoss komme.
Ich konnte nicht einschlafen und habe dann mit Ilja telefoniert. Er hat nur gesagt, dass ich es genießen soll. Nichts läge mir im Augenblick ferner. Klar, Andrej sieht gut aus. Aber das ist nicht alles. Das darf nicht alles sein. Ich mag keine Männer, die meinen, sich alles erlauben zu können, nur weil sie Geld haben!
Doch so unruhig meine Nacht auch war – die ganze Küche duftet herrlich nach Pfannkuchen. Mein Magen grummelt vernehmlich, und der leckere Geruch stimmt mich versöhnlich – vorerst. Die Edelstahlgeräte blitzen, und allein dieser Raum scheint größer als mein Wohnzimmer. Ich habe eine ganze Nacht lang Zeit gehabt, darüber nachzudenken, wie Andrej an so viel Geld gekommen ist. Und meine Überlegungen haben mich zu folgendem Ergebnis gebracht: Lass die Finger von diesem Mann, Julia!
Ich ignoriere ihn. Oder versuche es jedenfalls, denn er lächelt mich jungenhaft an.
»Pfannkuchen?«, fragt er ein wenig entschuldigend.
Nein, noch einmal lasse ich mich garantiert nicht von ihm verführen. Wortlos gehe ich an ihm vorbei und öffne den großen Kühlschrank. Gemüse, Sojajoghurt und noch mehr Gemüse.
»Ich bin Vegetarier«, erklärt er. »Also wie wär’s mit Pfannkuchen? Auch vegetarisch und wirklich lecker.«
»Danke, ich frühstücke normalerweise nicht«, erwidere ich, wenn auch fast widerwillig angesichts der duftenden Pfannkuchen. Doch so einfach lasse ich mich nicht um den Finger wickeln! »Nur ein Kaffee wäre traumhaft.«
»Gut, wie Sie meinen. Nastja wird sich freuen.«
Ich verkneife mir die Frage, wer Nastja ist. Wahrscheinlich seine Freundin. Einen Ehering trägt er jedenfalls nicht. Wunderbar, er ist also auch noch vergeben! Dreht krumme Dinger, hat eine Freundin und schläft trotzdem mit jeder Frau, die ihm unter die Augen kommt.
Genau das, was mir noch gefehlt hat. Ich nehme den Kaffee entgegen und lehne mich gegen den Küchentresen, während er scheinbar unbeeindruckt von meinem Schweigen seine Pfannkuchen backt. Wenn er nur etwas weniger gut aussehen würde! Seine Muskeln zeichnen sich bei jeder Bewegung unter seinem schwarzen Hemd ab, und die Stoffhose bringt seinen Hintern bestens zur Geltung. Irgendwie hat Ilja ja recht, ich sollte es genießen. Allzu viele Gelegenheiten hatte ich bisher nicht, um harmlose Affären anzufangen. Und ich wollte es auch eigentlich nie.
»Sagen Sie, Julia, ob ich Sie wohl für ein kleines Spielchen gewinnen könnte?« Er wendet den letzten Pfannkuchen, schiebt nebenbei die Teigschüssel in Richtung Spülbecken und wischt dann ein paar Teigspritzer vom Herd.
Meine Güte, Julia, reiß dich zusammen! Ich sollte wirklich aufhören, ihn förmlich anzuhimmeln, nur weil er Pfannkuchen backt. Himmel, das bringe selbst ich fertig! Ich tue also so, als wäre mein Kaffee gerade die spannendste Sache der Welt.
»Ich habe heute Nacht etwas länger darüber nachgedacht. Inzwischen bin ich mir fast sicher, dass es Ihnen gefallen würde.« Er lässt den Pfannkuchen auf den Teller mit den anderen gleiten, streicht die Alufolie darüber glatt und stellt die Pfanne neben die Teigschüssel. »Sie sind eine leidenschaftliche Frau.«
Oh, Komplimente? Danke, lege ich keinen Wert darauf. Oder fast keinen. Ich muss dringend aus der Küche, die immer enger zu werden scheint, seit Andrej nicht mehr von seinen Pfannkuchen abgelenkt wird. Dass er über mich nachgedacht haben will, lässt mein Herz dennoch einen freudigen Sprung machen. Ein Mann von seinem Kaliber? Mein Verstand meldet sich, ehe ich mich seinen Schmeicheleien ganz hingeben kann.
Seine Augen werden einen Tick dunkler, als er mich ansieht. Ich schlucke, verkrieche mich förmlich hinter meiner Kaffeetasse und überlege, wie ich unauffällig an ihm vorbeikomme. So, dass er nicht merkt, dass es eigentlich eine Flucht ist. Als würde er meine Gedanken lesen, stellt er sich zwischen mich und die Tür. Seine breiten Schultern versperren mir den Weg. Er bräuchte nur den Arm auszustrecken, während ich versuche, mich an ihm vorbeizudrängen.
»Du hast wirklich keine Ahnung, wie leidenschaftlich du bist, oder? Sag mir, Julia, wie viele Männer hattest du in deinem Leben?«
Jetzt wird die Küche endgültig zu klein. Was geht ihn das an? Gar nichts, überhaupt nichts. Ich spreche mit niemandem über mein Liebesleben. Und schon gar nicht mit Wildfremden. Was hat mich eigentlich geritten, dass ich mich auf die Sache hier eingelassen habe? Ich versuche, an die Tanzschule zu denken. Parkettboden, so wie in seinem Wohnzimmer. Der Geruch von Wachs, leicht gedimmtes Licht und helle, freundliche Wände. Nur kein Plüsch, so wie damals in der Schule, in der ich das Tanzen gelernt habe.
»Sag mir, wovor du Angst hast!«, fordert er mich auf. Seine Augen blitzen. Dieses Spiel macht ihm Spaß.
Vor ihm? Die Worte bleiben mir im Hals stecken. Vor ihm, der durch irgendwelche dubiosen Kanäle zu Geld gekommen ist, mich wahrscheinlich mit einem bloßen Handgriff erwürgen könnte und außerdem am Telefon irgendwem befiehlt, ein armes Mädchen zu fesseln. Vor ihm, der mal eben so eine völlig andere, neue Seite an mir zum Vorschein gebracht hat, und vor dieser neuen Julia, in der ich mich nicht wiedererkenne und die mir doch gefällt. Also zucke ich nur mit den Schultern.
»Julia, schalt deinen Kopf aus. Wenn du tanzt, kannst du es doch auch.« Seine Mundwinkel zucken amüsiert nach oben. Er verschränkt die Arme vor der Brust und legt den Kopf leicht schief, als würde er nachdenken. »Hast du einen Freund?«
»Nein«, murmle ich. Langsam wird mir unerträglich warm. Das kann nicht nur am Kaffee liegen, der meinen Kreislauf auf Trab bringt.
»Keine Verpflichtungen, Julia. Nur ein wenig Spaß. Du nimmst das alles viel zu ernst.«
Wie kommt er eigentlich dazu, mich wieder zu duzen? Ich atme tief durch und stelle die leere Kaffeetasse auf die Arbeitsfläche. Am liebsten würde ich ihm jetzt an den Kopf schleudern, dass er sich gefälligst benehmen soll. Ich bin kein Flittchen, das man kaufen kann! Ich bin keines seiner Mädchen, die er tanzen und springen lassen kann, wie er will! Aber so offene Worte wären sicherlich das Ende meines lukrativen Jobs hier, und das will ich nicht riskieren.
»Herr Orlow, wenn Sie dann ins Wohnzimmer kommen würden. Wir sollten keine Zeit verlieren.« Ich halte seinem Blick stand und drücke den Rücken durch. »Ich habe für heute die Grundschritte in den Lateintänzen auf dem Programm. Wir können sehen, was Ihnen mehr liegt, und das dann morgen weiter ausbauen.«
»Kein Frühstück? Wie du meinst, aber glücklich bin ich nicht darüber. Der Tag wird noch anstrengend.« Seine Augen blicken plötzlich ganz sanft. Ich wüsste zu gerne, wie er mit seiner Freundin umgeht. Ob er sie auf Händen trägt? Wahrscheinlich schon, aber nur, solange sie ihm gefällt. Und solange sie ihm nicht widerspricht.
Ich sollte es eigentlich besser wissen und mich nicht so von ihm angezogen fühlen.
»Juljenka.« Er flüstert fast. »Genieß es. Und antworte mir endlich. Wie viele Freunde hattest du bisher?«
Er ist mit einem Schritt zurück am Herd. Hinter der Pfanne zieht er etwas hervor, das mir inmitten der Kochutensilien bisher noch gar nicht aufgefallen ist. Er verbirgt es hinter seinem Rücken, ehe ich erkennen kann, was es ist.
»Ich mag es nicht, wenn man mir nicht antwortet«, fügt er überflüssigerweise hinzu. Das hatte ich mir schon fast gedacht. Er ist der Typ Mann, der immer seinen Willen bekommt. »Also?«
»Das geht Sie überhaupt nichts an, Herr Orlow«, antworte ich fest. Ja, er sieht gut aus. Ja, das gestern war schön und faszinierend. Aber nein, noch mal bekommt er das nicht von mir. Egal, wie oft Ilja mir noch rät, es einfach zu genießen.
»Meinst du?« Er grinst und kommt einen Schritt auf mich zu. Ich kann seine Wärme fühlen. Rieche seinen Duft. Er trägt ein dezentes Aftershave mit einer frischen Zitrusnote. »Ich glaube, dass es mich doch etwas angeht. Ich tippe darauf, dass du eher von der unerfahrenen Sorte bist. Sonst hättest du keine Angst, sondern würdest dich bereitwillig auf ein kleines Abenteuer einlassen.«
Ja, genau. Weil alle Frauen, die mehr als einen Freund gehabt haben, sich einfach so flachlegen lassen. In welcher Welt lebt er eigentlich? Seine Hand greift an mein Kinn. Er legt einen Zeigefinger darunter und hebt meinen Kopf an.
»Ich sage doch, dass du leidenschaftlich bist. Los, sag es. Was auch immer dir gerade auf der Zunge liegt.«
Was ich sagen will? Das weiß ich gerade selbst nicht mehr so genau. Seine Nähe macht mich verrückt, das ist es. Er riecht viel zu gut. Mein Herzschlag beschleunigt sich. Und meine Gedanken fahren Achterbahn.
»Macho«, sage ich dann, damit er endlich begreift, dass er mich in Ruhe lassen soll.
Er lacht leise auf. »Oh, komm schon, Juljenka, das war es nicht. Wie wäre es mit:,Fick mich’? Das trifft es doch viel besser, habe ich recht?«
Immer noch hat er seine Hand an meinem Kinn, zwingt mich, ihn anzusehen. Ich will meine Augen schließen und will es gleichzeitig nicht, weil ich damit zugeben würde, dass er richtigliegt. Ich weiß einfach nicht mehr, was ich will. Mein Körper dagegen schon. Er reagiert ganz eindeutig auf diesen Mann. Ein seltsames Gefühl. Eines, das ich die letzten Jahre erfolgreich verdrängt habe. Ich brauche kein Drama in meinem Leben, und wenn ich mir meine Kolleginnen so ansehe, dann endet eine Beziehung mit erstaunlicher Regelmäßigkeit in einem Drama.
»Oder warum sonst schlägt dein Herz so schnell? Deine hübschen Augen glänzen. Deine Wangen sind gerötet. Selbst ein Blinder würde deine harten Nippel sehen. Lass mich raten, Juljenka, du bist feucht. Zwischen deinen Oberschenkeln pulsiert es. Am liebsten hättest du es, wenn ich dich jetzt einfach hochhebe und in dich eindringe.«
Ich keuche erschrocken auf. Ein Teil meines Körpers schreit tatsächlich ganz laut »Ja!«. Quatsch, sagt mein Verstand. Das machst du nicht, nur weil er gut riecht und deine Hormone gerade verrückt spielen!
»Du bist sexy, Juljenka.« Seine Stimme klingt jetzt ein wenig heiser. Noch hält er Abstand von mir. Wie es sich anfühlen würde, sich jetzt an seinen Körper zu schmiegen? Ob er mich tatsächlich begehrt?
»Hier. Ich will, dass du heute das hier für mich trägst. Ich will, dass deine Lust den ganzen Tag über nicht nachlässt. Und dann will ich dich ficken«, erklärt er und beugt sich zu meinem Ohr. »Du machst mich verrückt, mein Herz. Ich brauche dich.«
Sein warmer Atem streicht über meinen Hals. Ich lege meinen Kopf leicht zur Seite, nicht weil es mir unangenehm wäre, sondern in der vergeblichen Hoffnung, dass er die Einladung annimmt. Wie würde sich ein Kuss von ihm anfühlen? Wie würde es sich anfühlen, wenn seine Zähne mich sanft beißen?
»Hier«, wiederholt er und lässt etwas in meine rechte Hand gleiten. Ich spüre weiches Plastik oder etwas in der Art. Ich will nicht hinsehen. »Liebeskugeln.«
Jetzt schaue ich doch auf meine Hand. Zwei Kugeln, schwarz und rot gemustert, die mit einer Schnur verbunden sind. Wie es sich anfühlen würde? Kurz nur hat diese unvernünftige Seite in mir die Oberhand, dann schaltet sich mein Verstand wieder ein.
Macho ist noch gar kein Ausdruck für ihn!
»Tu es.« In seinen Augen blitzt es. Ich kann die Gier darin sehen. Auf mich? Ich kann es kaum glauben und starre noch einmal auf dieses Ding in meiner Hand, blicke wieder zu ihm auf und schüttle den Kopf.
»Ich weiß nicht, ob wir uns vielleicht falsch verstanden haben, Herr Orlow. Aber dafür werde ich nicht bezahlt.« Ich hebe mein Kinn an und hoffe, dass ich weder zickig noch beleidigt klinge. Aber ich habe meinen Stolz. Und kaufen lasse ich mich nicht. »Wir sollten uns an die Arbeit machen. Beginnen wir mit dem Cha-Cha-Cha.«
Ich lege dieses Ding energisch auf die Arbeitsfläche und gehe aufrecht an ihm vorbei. Er wirkt ein klein wenig überrascht davon, dass ich es tatsächlich schaffe, seinem Charme zu widerstehen.
Eins zu null für mich, würde ich sagen. Auch wenn mein Körper mir gerade mitzuteilen scheint, dass ich mir eine einmalige Chance entgehen lasse. Aber so einfach geht das nicht, jedenfalls nicht mit mir.
♡♡♡
Falls Andrej meine Abfuhr überhaupt stört, lässt er es sich jedenfalls nicht anmerken. Offenbar ist es ihm mit dem Tanzen wirklich ernst, wieso auch immer. Ich wüsste zu gerne, warum er es unbedingt lernen will, aber wahrscheinlich werde ich auch heute keine Antwort darauf erhalten. Er ist vollkommen auf die Schritte konzentriert.
Im Gegensatz zu mir. Mich rettet nur die Übung, die langjährige Routine, die Tatsache, dass mir jeder Schritt längst in Fleisch und Blut übergangen ist. Wieso auch ausgerechnet Tanzen? Dauernd muss ich ihn berühren, meine Hand in seine legen, ihm nahe kommen. Es ist die pure Folter.
Dumme Hormone! Nur weil mein Körper beschlossen hat, dass dieser Kerl ein prima Kindsvater wäre. Steinzeitmann mit Höhle und Vorräten trifft williges Weibchen. Grandios. Ich sollte es eigentlich besser wissen, als auf einen Mann wie ihn hereinzufallen. Martin war auch von dieser Sorte, und wegen ihm hätte ich damals beinahe das Tanzen aufgegeben. Noch einmal passiert mir das garantiert nicht.
Eine Pause in der Musik reißt mich aus meinen Gedanken. Andrej grinst mich wissend an, als hätte er bemerkt, dass ich nicht mehr ganz bei der Sache bin. Ich lächle verlegen zurück und hole tief Luft.
Eindeutig ein Fehler. Sein Aftershave vernebelt mir die Sinne. Ich brauche einen Augenblick, um mich wieder zu sammeln.
»Pause? Oder haben Sie noch Luft für den Jive?«, frage ich und hoffe, dass er für die Pause ist. Andrej wirft einen Blick auf die Uhr.
»Du hattest kein Frühstück«, antwortet er dann und sieht mich mit einem herausfordernden Blitzen in den Augen an. »Ich bin für den Jive.«
Ich verbeiße mir ein ergebenes Seufzen. Ich habe das Gefühl, dass er das absichtlich macht, nur um mich in seiner Nähe zu wissen. Oder ist das vielleicht nur ein Wunschdenken? Wieso sollte er sich nach meiner Abfuhr noch mit mir abgeben?
»Der Jive könnte Sie vielleicht an den Rock ’n’ Roll erinnern. Er ist ziemlich lebhaft und soll eigentlich nur nach Spaß aussehen«, erkläre ich und zeige ihm die Schritte. Er zieht die Augenbrauen nach oben, sagt aber nichts. Sein lauernder Blick zieht mir den Boden unter den Füßen weg. Ob ihn überhaupt interessiert, was ich ihm zu den Tänzen zu erzählen habe? Ich kenne ihre Entstehungsgeschichte, ihre Ursprünge, die Geschichten dahinter. Ich habe dieses Wissen immer gebraucht, um den richtigen Ausdruck zu finden. Aber er? Er will einfach nur ein paar Schritte lernen, vermutlich um seiner Freundin einen Gefallen zu tun. Oder was weiß ich. »Also, die Schritte sind recht einfach. Der Wechselschritt ist etwas lebhafter als im Cha-Cha-Cha, eher pointiert …«
»Spannend«, unterbricht er mich und verzieht die Lippen zu einem amüsierten Lächeln. Ich spüre die Hitze in meinen Wangen und fühle mich auf den Arm genommen. »Zeig es mir einfach.«
Er greift nach meiner Hand und zieht mich an sich. Ich will protestieren. Wie soll ich ihm die Schritte zeigen, wenn ich so nah bei ihm stehe? Er reagiert schneller und legt einen Finger auf meine Lippen. Wärme durchströmt meinen Körper.
»Juljenka, gehst du eigentlich dein ganzes Leben so verkopft an wie das Tanzen?«
Verkopft? Ich? Ich fühle mich ertappt. Ja, ein wenig stimmt das schon. Aber ich brauche das Wissen, weil es mir Sicherheit gibt. Für die Emotionen war immer Ilja zuständig.
»Ich mache dir einen anderen Vorschlag, einen viel besseren. Wir vergessen das Tanzen für einen Augenblick. Du setzt dich auf das Sofa und schließt die Augen.« Er legt den Kopf leicht schief und mustert mich. »Ich verspreche auch, dass es nichts … allzu Unanständiges sein wird.«
Diese seltsame Sehnsucht in mir ist beinahe enttäuscht bei seinen letzten Worten. Ich schüttle den Kopf. Das Tanzen vergessen? Hat er nicht gerade dafür plädiert, weiterzumachen?
»Herr Orlow, haben wir das nicht schon geklärt?«, widerspreche ich und versuche, mich aus seinem Griff zu befreien. Er antwortet mir, indem er einen Arm um meine Taille legt und mich noch näher an sich zieht. Ich spüre seine Kraft. Seine pure, körperliche Stärke, der ich nichts entgegenzusetzen habe.
Ein Schauder geht durch meinen Körper. Meine Fantasie muss mir Streiche spielen. Und meine Hormone spielen eindeutig verrückt. Wie es sich anfühlen würde, wenn er mich jetzt einfach auf die Couch drücken würde? So wie gestern Abend? Wenn er einfach so mit mir schlafen würde?
»Es war einen Versuch wert.« Seine Lippen nähern sich meinen. »Du siehst so verführerisch aus, wenn du tanzt und dabei nicht nachdenkst. Ich wette, du siehst noch verführerischer aus, wenn ich dich ficke und du kommst. Ich würde es gerne sehen. Lass mich dich ficken.«
Warum zur Hölle schreit mein Körper laut »Ja!«bei seinen Worten? Er ist ein Macho, der gerade seine Freundin betrügt und außerdem irgendwelchen krummen Geschäften nachgeht! Ich beiße die Lippen zusammen und schüttle noch einmal den Kopf. Ich traue mir selbst nicht mehr. Wenn ich den Mund aufmachen würde, um zu reden, würde wahrscheinlich nur ein Wimmern herauskommen.
»Nun, dann bring mir den Jive bei. Und danach noch Rumba und Samba und wie sie nicht alle heißen, diese Tänze.« Plötzlich lässt er mich los.
Habe ich mir das alles nur eingebildet? Die Anziehungskraft zwischen uns, die ich beinahe schmerzhaft körperlich gefühlt habe, löst sich in nichts auf. Hat er gerade wirklich von Sex gesprochen? Oder spielt meine Fantasie mir Streiche, weil mein Körper beschlossen hat, ihn sexy zu finden?
Was für ein Unsinn. Ich habe mit dem Thema Männer abgeschlossen, jedenfalls bis ich jemanden finde, der meine Liebe zum Tanzen bedingungslos akzeptieren kann. Der selbst tanzen kann und meine Leidenschaft teilt. Und der nicht schwul ist. Was die Auswahl bedeutend einschränkt.
Ich streiche mir eine lose Haarsträhne aus der Stirn. Meine Hand ist schweißnass. Meine Knie zittern. Ich suche Halt in seinen Augen und finde ein sanftes Erstaunen darin.
»Juljenka …« Er bricht ab und kneift die Augen zusammen. Dann strafft er die Schultern und deutet energisch auf die Musikanlage. »Ich muss später noch einige dringende Telefonate führen. Gegen achtzehn Uhr etwa. Meinst du, wir schaffen unser Programm bis dann?«
»Das kommt darauf an, ob Sie mich weiter ablenken oder sich auf das Tanzen konzentrieren wollen«, gebe ich zurück und registriere ein fröhliches Funkeln in seinen Augen bei meiner Antwort.
Er leckt sich über die Lippen und greift nach meiner Hand. Mir wird ganz warm bei dieser Geste.
»Nun, dann will ich uns nicht von der Arbeit abhalten, Juljenka. Heute Abend habe ich nämlich noch etwas anderes vor.«
Ich bin stolz auf mich, weil ich es schaffe, ihm die Stirn zu bieten und mit seinen Annäherungsversuchen derart professionell umzugehen. Eineinhalb Tage noch, dann habe ich das auch überstanden.
Seltsamerweise findet ein ziemlich großer Teil von mir diese Aussicht überhaupt nicht verlockend.
♡♡♡
Diesmal zieht Andrej sich für seine Telefongespräche in sein Arbeitszimmer zurück. An sich ja nicht ungewöhnlich, aber mein Misstrauen ist nach dem Anruf von gestern geweckt. Ich wüsste zu gerne, mit wem er heute spricht. Und über was. Und was dieses Telefonat von gestern zu bedeuten hatte.
Die Neugier brennt in mir, aber ich widerstehe dem Verlangen, an seiner Tür zu lauschen. Es geht mich nichts an, und je weniger ich weiß, umso größer sind meine Chancen, heil aus dieser Nummer herauszukommen. Ich setze mich auf mein Bett, krame mein Handy aus der Tasche und wähle Iljas Nummer.
Er geht sofort ran. Ob er ein schlechtes Gewissen hat?
»Süße, wie läuft’s?«, begrüßt er mich.
»Wir machen gerade Pause. Er muss arbeiten«, antworte ich und lasse mich auf den Rücken fallen. Ich strecke die Beine auf der Tagesdecke aus, ohne aus den Schuhen zu schlüpfen.
»Sag mal, der Quatsch von gestern Nacht, das war nicht dein Ernst, oder? Dass er mit Mädchen handelt und so? Du hast doch bestimmt nur schlecht geträumt, Süße.«
Ilja hatte schon immer ein Talent dafür, meine Gedanken zu lesen. Wenn er nicht schwul wäre, wäre er ohne Frage der Richtige für mich. Ein Mann, der das Tanzen genauso liebt wie ich.
»Hm«, antworte ich vage und schließe die Augen. Ich will nicht darüber nachdenken, was mir dieses Gästezimmer über meinen Tanzschüler verraten könnte. Wahrscheinlich sowieso gar nichts.
»Süße, vertrau mir, er ist okay.«
»Nein.« Ich blinzle die Tränen weg. Nein, er ist eben nicht okay. Er ist viel zu sexy, um okay zu sein. Viel zu reich und zu sexy und zu perfekt für mich. Bei einem Mann wie ihm muss es einfach irgendeinen Haken geben. »Nein, ist er nicht«, wiederhole ich stockend. »Er ist ein Arschloch. Er … dauernd macht er mich so komisch an. Ich weiß auch nicht. Ich … ich … ich hasse das.«
»Ach, Solnyschka, das glaube ich dir nicht.« Ilja lacht auf. Solnyschka – Sonnenscheinchen, so nennt er mich gerne. Meistens dann, wenn mir gerade nicht zum Lachen zumute ist. »Fräulein Vogt, jetzt hörst du mir mal ganz genau zu: Ich hätte dich nicht zu ihm geschickt, wenn er nicht in Ordnung wäre, verstanden? Komm schon, gib es zu, er gefällt dir. Du sehnst dich nach ihm, und das macht dir Angst!«
»Quatsch.« Ja, ja, ja! Ja, verdammt! Und wie! Ich stand noch nie auf die weiche Sorte Mann. Ich mag es, wenn Männer führen, beim Tanzen genauso wie im Leben. Aber Männer, die führen und den Ton angeben, sind eben meistens auch Arschlöcher. Solche, die nicht wissen, wie man den anderen tatsächlich als Partner akzeptiert. Wie Martin. Ohne Mann bin ich bedeutend besser dran.
Ich schweige, und Ilja fährt fort: »Julia, bitte, meine Süße, schalt doch einmal den Kopf aus.«
Doch ich drücke einfach auf den Aus-Knopf meines Handys. Ich will nicht auch noch von Ilja bedrängt werden. Ich starre auf die Tür, kaue auf meiner Lippe herum und fasse dann einen Entschluss.
Ich will wissen, was Andrej geschäftlich macht, jetzt, am Samstagabend. Auf jeden Fall ist das eine komische Zeit, um sich mit Geschäftspartnern zu besprechen. Deshalb ist es mir egal, ob es sich gehört, andere zu belauschen oder nicht.
Aber zuerst einmal werde ich die Chance nutzen und mich in seinem Wohnzimmer umsehen. Vielleicht habe ich ja wirklich zu viel Fantasie. Eigentlich hat Ilja eine gute Menschenkenntnis – und auch schon immer gehabt. Ich dagegen liege gerne mal daneben, wenn es darum geht, wem ich vertrauen sollte und wem nicht. Martin ist das beste Beispiel dafür. Während mein Tanzpartner mich von Anfang an vor ihm gewarnt hat, war ich auf Wolke sieben. Martin hier, Martin dort, Martin sagt, Julia springt. So lief das damals.