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SIE WÜRDEN ALLES LIEBER TUN ALS ZUSAMMENZUARBEITEN. ABER AUFGEBEN IST KEINE OPTION ...
Als Summer Preston erfährt, dass sie ihre Forschungsarbeit für die Aufnahme ins renommierte Masterprogramm der Dalton University über Eishockey schreiben soll, kann das nur ein schlechter Scherz sein - ausgerechnet über den Sport, den sie abgrundtief hasst! Doch wenn sie ihren Traum, Sportpsychologin zu werden, nicht augenblicklich an den Nagel hängen will, hat sie keine andere Wahl. Dass dann auch noch Aiden Crawford von seinem Coach dazu verdonnert wird, sie bei ihrem Projekt zu unterstützen, macht die Sache nicht besser: Der selbstbewusste und viel zu attraktive Captain des Eishockeyteams und die Perfektionistin geraten bei jeder Begegnung aneinander! Aber schon bald fühlt es sich so gar nicht mehr nach einer Strafe an, Zeit mit Aiden zu verbringen ...
»Das ist DIE Eishockey-Romance des Jahres! Irrsinnig witzig, romantisch und spicy zugleich - COLLIDE bietet den absoluten Lesegenuss und liefert euch mit Aiden Crawford euren nächsten Bookboyfriend.« ACEDIMSKI
Band 1 der OFF-THE-ICE-Reihe von Bal Khabra
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Seitenzahl: 585
Titel
Zu diesem Buch
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Epilog
Danksagung
Die Autorin
Impressum
BAL KHABRA
Collide
Roman
Ins Deutsche übertragen von Larissa Bendl
Als Summer Preston erfährt, dass sie ihre entscheidende Forschungsarbeit für die Aufnahme in das renommierte Masterprogramm der Dalton University über Eishockey schreiben soll, kann das nur ein schlechter Scherz sein. Ausgerechnet über die Sportart, die sie abgrundtief hasst, da ihr Vater, selbst ein berühmter NHL-Spieler, ihr ganzes Leben lang seinen Job über seine Familie gestellt hat. Doch wenn sie ihren Traum, Sportpsychologin zu werden, nicht augenblicklich an den Nagel hängen will, hat sie keine andere Wahl! Dass dann auch noch Aiden Crawford von seinem Coach wegen einer eskalierten Party des Eishockeyteams dazu verdonnert wird, sie bei ihrem Projekt zu unterstützen, macht die Sache nicht besser. Aber Aiden droht die Ersatzbank und damit das Ende seiner Profikarriere, bevor diese wirklich begonnen hat. Der selbstbewusste und viel zu attraktive Team-Captain und die Perfektionistin müssen zusammenarbeiten, auch wenn sie bei jeder Begegnung aneinandergeraten. Doch schon bald fühlt es sich so gar nicht mehr nach einer Strafe an, Zeit miteinander zu verbringen …
Liebe Leser:innen,
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Für alle, die Eishockey lieben, besonders auf Papier.
Sie hält mir eine Waffe an die Schläfe.
Na ja, zumindest im übertragenen Sinn.
Besagte Waffe: Eishockey. Die Frau, die sie in der Hand hält: Dr. Laura Langston, Ph. D.
»Hockey?«, wiederhole ich. »Sie wollen, dass ich für meine Masterbewerbung über Eishockey schreibe?«
Langston ist seit einem Jahr meine Studienberaterin, aber ich arbeite bereits für sie, seit ich an der Dalton University angefangen habe.
Sie verkörpert alles, was ich sein möchte, und ich kann jede akademische Arbeit, die sie je geschrieben hat, praktisch auswendig. Sie ist so etwas wie mein Promi-Schwarm – und das meine ich genauso nerdig, wie es klingt. Mit ihrem Doktortitel in Sportpsychologie, zahllosen Veröffentlichungen und ihrer Erfahrung mit Olympiagewinnern und Athleten aus aller Welt ist sie einfach inspirierend.
Bis man sie kennenlernt.
Es heißt, dass man seinen Vorbildern lieber nicht im echten Leben begegnen sollte, und auf Laura Langston trifft das definitiv zu. Sie ist die menschliche Version eines wütenden Wespenschwarms. Es gibt viele Professorinnen und Professoren, die ihre Studierenden wie den letzten Dreck behandeln und glauben, dass ihre schicken Diplome sie dazu berechtigen, sich wie Tyrannen aufzuführen, aber Langston ist eine andere Spezies. Ihre Brillanz ist unbestreitbar, doch wenn sie weiß, dass man auf ihre Hilfe angewiesen ist, verhält sie sich herablassend, abweisend und absichtlich unausstehlich.
Warum zum Teufel habe ich sie dann als Beraterin gewählt? Weil ihre Erfolgsquote, was die Aufnahme von Studierenden in das prestigeträchtige Masterprogramm der Dalton angeht, einfach zu verlockend ist. Es ist das beste Programm in Nordamerika, und von ihr geprüfte Studierende werden garantiert angenommen. Ganz davon zu schweigen, dass sie auswählt, wer für das Fachpraktikum infrage kommt – es gibt genau einen hart umkämpften Platz, der es einer Person aus unserem Fachbereich ermöglicht, mit dem Team USA, unserem Olympiateam, zu arbeiten. Das ist mein Traum, seit ich acht Jahre alt war. Deshalb werde ich ihre Diktatur ertragen, solange das bedeutet, dass ich bald meinen Master in Sportpsychologie haben werde.
»Sie müssen anfangen, Ihre Ressourcen zu Ihrem Vorteil zu nutzen, Summer.« Sie mustert mich über den Rand ihrer Brille hinweg. »Ich weiß, dass Sie Eishockey hassen, aber das ist Ihre letzte Chance, eine solide Bewerbung abzugeben.«
Das Wort Hass kommt ihr über die Lippen, als wäre meine Abneigung gegen diesen Sport komplett erfunden. Wenn ich bedenke, dass sie einer der wenigen Menschen ist, die wissen, warum ich mich von der Eisbahn und den ebenso eisigen Männern, die dort Schlittschuh laufen, fernhalte, fällt es mir schwer, die Fassung zu bewahren. Mich mit einer empirischen Forschungsstudie, die über das Schicksal meiner Zukunft entscheidet, in die Höhle des Löwen zu schicken, ist einfach nur böse. So böse, wie bloß Dr. Langston und ihr verkümmertes Herz es sein können.
»Aber warum Eishockey? Ich nehme Football. Basketball. Oder sogar Curling. Mir egal.« Hat die Dalton überhaupt ein Curling-Team?
»Ganz genau. Es ist Ihnen egal. Ich möchte, dass Sie über etwas schreiben, das Sie bewegt. Etwas, für das Sie starke Gefühle haben. Also Eishockey.«
Ich hasse es, dass sie recht hat. Abgesehen von ihrer ominösen Art ist sie eine kluge Frau. Sie hat ihren Doktortitel ja wohl nicht umsonst bekommen, doch ihre Studentin zu sein, ist ein zweischneidiges Schwert.
»Aber –«
Sie hebt eine Hand. »Ich werde nichts anderes genehmigen. Eishockey, oder Sie verlieren Ihren Platz. Sie haben die Wahl.« Als würde mir das Universum mein ganz persönliches Fickdich in Form meiner Professorin senden. Jahrelang habe ich mir für die Uni den Arsch aufgerissen, nur um gesagt zu bekommen, dass Eishockey meine Rettung sein wird. Was für ein Witz.
Ich balle die Hände zu Fäusten und schlucke den Schrei herunter, der mir in der Kehle sitzt. »Das ist nicht wirklich eine Wahl, Dr. Langston.«
»Wenn Sie daran scheitern, habe ich Ihr Potenzial überschätzt, Summer.« Ihr Tonfall ist scharf. »Ich habe vier Studierende, die alles dafür geben würden, Ihren Platz zu bekommen, aber ich habe Sie unter meine Fittiche genommen. Lassen Sie mich das nicht bereuen.«
Die Entscheidung, mich unter ihre Fittiche zu nehmen, dürfte ihr nicht besonders schwergefallen sein. Ich hatte einen Notendurchschnitt mit einer Null vor dem Komma und hervorragende Empfehlungsschreiben. Ganz zu schweigen von der extrem schwierigen Vorprüfung, die sie letztes Jahr eingeführt hat, um die besten unter den Studierenden herauszupicken. Ich hatte mir in dieser Woche in der Cafeteria eine Lebensmittelvergiftung eingefangen, aber ich habe mich trotzdem zur Prüfung geschleppt. Ich habe alle meine Mitstudierenden geschlagen, und ich will verdammt sein, wenn mir jetzt jemand von ihnen meinen Platz wegnimmt.
»Ich verstehe das, aber wie Sie wissen, bin ich keine Freundin von Eishockey. Aus gutem Grund, möchte ich hinzufügen, und in Anbetracht dessen bezweifle ich, dass meine Recherche zu einer besonders akkuraten Darstellung dieses Sports führen wird.«
»Entweder Sie überwinden Ihr Unbehagen, oder Sie verlieren, wofür Sie so hart gearbeitet haben.«
Unbehagen?
Diese spitze Bemerkung zu ignorieren, fühlt sich an wie der Versuch, eine in meiner Brust steckende Kugel zu ignorieren. »Ich sehe keinen Grund, warum ich mich nicht für Basketball entscheiden kann. Coach Walker hätte sicher nichts dagegen, mich mit einem seiner Spieler zusammenarbeiten zu lassen.«
»Coach Kilner hat bereits zugestimmt, dass jemand von meinen Studierenden mit seinen Spielern arbeiten darf. Bringen Sie mir bis zum Ende der Woche Ihren ausgearbeiteten Projektvorschlag, oder Sie verlieren Ihren Platz, Ms Preston.« Sie dreht sich in ihrem Stuhl von mir weg, wohl um mir zu verstehen zu geben, dass ich mich aus dem Staub machen soll.
Wenn ich mit einem einzigen Verbrechen ungestraft davonkommen könnte, würde es mit Sicherheit Dr. Langston beinhalten.
»Okay. Danke«, murmle ich. Sie tippt aggressiv auf ihrer Tastatur herum und macht wahrscheinlich gerade einer Kommilitonin das Leben zur Hölle. Ich stelle mir vor, wie sie nach Hause geht und die Namen der Studierenden, die sie erfolgreich gequält hat, von ihrer Liste streicht. Heute steht mein Name ganz oben auf der Liste.
In den letzten drei Jahren habe ich alles, was mit Eishockey zu tun hat, erfolgreich gemieden, und jetzt wird sich mein Leben in den nächsten Monaten um nichts anderes drehen. Ich bin so was von am Arsch und muss es irgendwie hinbekommen, meine Abneigung gegen den Sport meiner kanadischen Vorfahren zu überwinden.
Ich muss mich wirklich zusammenreißen, um beim Gehen nicht die Tür zuzuknallen.
»Du siehst genervt aus.« Die Stimme kommt aus dem Flur, der zum Aufenthaltsraum der Studienberatung führt. Donny steht an die Wand gelehnt da, er ist in Kaschmir gekleidet, und seine braunen Augen sind auf mich gerichtet.
Seit ich auf dem College bin, habe ich den ein oder anderen Fehler begangen. Donny Rai ist einer von ihnen.
Eine anstrengende zweijährige Beziehung später haben wir keine andere Wahl, als uns jeden Tag zu sehen, weil wir beide denselben Abschluss machen und uns für dasselbe Masterstudium bewerben. Bisher fühlt es sich nicht wie ein Wettkampf zwischen uns an, aber ich weiß, dass Donny den Praktikumsplatz genauso sehr will wie ich.
Er schließt zu mir auf. »Ein Ultimatum?«
»Genau.« Ich werfe ihm einen Blick zu. »Woher weißt du davon?«
»Vor einer Stunde hat sie Shannon Lee auch eines gestellt. Shannon überlegt jetzt, aufzuhören.«
Meine Augen weiten sich. Shannon ist eine der intelligentesten Studierenden auf dem Campus. Ihre Arbeit in klinischer Psychologie wird gerade begutachtet, womit sie die jüngste Studentin ist, die für eine Veröffentlichung infrage kommt.
»Das ist doch lächerlich.« Ich schüttle den Kopf, da mir gerade klar wird, wie tief ich in der Klemme stecke. »Du hast so ein Glück, dass du deine Bewerbung so früh eingereicht hast. Und der Rest von uns muss diese neuen Anforderungen erfüllen.«
Er zuckt mit den Schultern. »Es ist nur eine vorläufige Zusage.«
»Als ob du jemals einen Durchschnitt schlechter als 1,0 haben wirst.«
»Null Komma acht«, korrigiert er mich.
Donny steht jedes Jahr ganz oben auf der Bestenliste des Dekans, er ist Mitglied in jedem erdenklichen Club und Ausschuss. Er ist das Aushängeschild der Ivy-League-Unis, deshalb ist es keine Überraschung, dass er sich seinen Weg in dieses umkämpfte Programm gebahnt hat. Eigentlich könnte man mich auch als akademisch begabt bezeichnen, doch im Vergleich zu ihm könnte ich genauso gut ein Schild mit der Aufschrift Versagerin um den Hals tragen.
»Ich muss gleich zu einer Besprechung, aber ich werde dir bei deiner Bewerbung helfen. Wir wissen beide, dass du es nötig hast.«
Die Beleidigung tut weh, aber Donny lächelt bloß und macht sich auf den Weg zu seinem Meeting mit der Dalton Royal Press. Jap, er arbeitet auch für die Campuszeitung.
Als ich endlich in mein Wohnheim stapfe, lasse ich mich wie ein nasser Mehlsack auf die Wohnzimmercouch fallen. »Wenn ich dir eine Schaufel gebe, würdest du mir damit auf den Kopf hauen?«, frage ich Amara.
»Kommt drauf an. Bekomme ich Geld dafür?« Ich stöhne ins Kissen, aber sie zieht es weg. »Was hat sie jetzt schon wieder gemacht?«
Amara Evans und ich sind seit dem ersten Studienjahr Mitbewohnerinnen. Da ich mit einem Technologiegenie befreundet bin, habe ich das Glück, von den Vorteilen, die sie für ihre Arbeit für die Uni erhält, auch zu profitieren. Das Beste daran ist, dass wir uns ein Apartment im Iona House sichern konnten – der einzige Wohnkomplex für Studierende mit zwei Schlafzimmern und zwei Bädern pro Apartment. Es ist zwar auch ganz schön eng, aber alles ist besser als die Gemeinschaftsbäder, wo in jeder Ecke Fußpilz lauert.
»Sie will, dass ich für meine Bewerbung über Eishockey schreibe«, erzähle ich ihr.
Amara lässt das Kissen fallen. »Nicht dein Ernst. Ich dachte, sie weiß über alles Bescheid.«
»Das tut sie! Das habe ich davon, meine Geheimnisse mit ihr zu teilen.«
»Kannst du nicht wen anders finden? Sie kann nicht die Einzige sein, die dafür sorgt, dass man ins Programm aufgenommen wird.«
»Niemand sonst hat ihre Erfolgsquote. Es ist, als würde sie die Zusagen manipulieren oder so. Aber vielleicht hat sie ja recht. Ich sollte mein Unbehagen beiseiteschieben.«
Amara schnappt nach Luft. »Hat sie nicht gesagt!«
»Oh doch.« Ich seufze und rolle mich in eine sitzende Position. »Warum bist du so früh zu Hause?«
»Meinen ersten Tag zurück an der Uni will ich nicht unbedingt mit einem Haufen verschwitzter Typen in einem Hörsaal verbringen.«
Da ihr Hauptfach Informatik ist, bestehen Amaras Kurse zu neunzig Prozent aus Männern. Für Amara ist das ziemlich ungewohnt, sie kommt aus einer Familie mit fünf Schwestern. Amara ist die mittlere von ihnen und hat, wie sie selbst sagt, noch nie einen Moment der Ruhe erlebt. Sie musste gleichzeitig die jüngere und die ältere Schwester sein und dabei mit Teenagerhormonen und pubertären Wutausbrüchen fertigwerden. Da meine Zwillingsschwestern geboren wurden, als ich schon etwas älter war, kann ich das nicht so richtig nachvollziehen.
»Gehst du heute Abend auf die Party?«, fragt sie.
Von Hunderten betrunkenen Verbindungsbrüdern umgeben zu sein, klingt wie ein Albtraum. »Ich hab viel zu viel zu tun.«
Ihr verzweifelter Blick verrät mir, dass mir ein Vortrag bevorsteht. »Vergangenes Semester hast du gesagt, du würdest lockerer werden und dein letztes Jahr genießen. Du hast gesagt, du würdest mehr ausgehen, Summer. Wenn ich dich mitschleifen muss, werde ich das tun.« Das habe ich wirklich gesagt. Allerdings war das, nachdem ich wegen einer besonders schwierigen Hausarbeit geweint und Donnys perfekte Note mich aus der Fassung gebracht hatte. Da habe ich mir geschworen, loszulassen, weil meine Noten auch nicht besser werden, wenn ich mich nur auf die Uni konzentriere.
Ich werfe ihr einen verlegenen Blick zu. »Aber ich muss mit der Bewerbung anfangen und mit der Kurslektüre vorankommen.«
Sie stößt einen Atemzug aus. »Von mir aus. Dann gehe ich eben mit Cassie, aber du musst versprechen, ein paar Pausen einzulegen.«
»Versprochen. Ich werde später sogar joggen gehen.«
Amara lässt missbilligend den Kopf hängen. »Nicht ganz die Art von Pause, die ich gemeint habe, aber solange du hier rauskommst, will ich mal nicht so sein.«
Sie beobachtet mich im Schlaf.
Sobald ich mich von den letzten Fetzen meines Traums losreiße, bin ich mir meiner aktuellen Umgebung nur allzu bewusst. Entweder genießt sie die Aussicht, was ich ihr nicht verübeln könnte, oder sie hat vor, mir die Haut abzuziehen, um sie später wie einen Anzug zu tragen.
Letzteres ist wahrscheinlicher, da ich vergangene Nacht einfach eingeschlafen bin.
Die Willkommensparty bei uns zu Hause ist ein wenig außer Kontrolle geraten. Mit ein wenig meine ich extrem außer Kontrolle. Wenn Dylan Donovan, der linke Flügelstürmer der Dalton University und einer meiner besten Freunde, für eine Party verantwortlich ist, wird es wild. Vor allem, weil ich mich dagegen entschieden habe, Aufpasser zu spielen. Wir sind gerade aus den Semesterferien zurück, weshalb ich mir ein einziges Mal, bevor die Saison wieder beginnt, erlaubt habe, was zu trinken, und es kann gut sein, dass ich diese Entscheidung bereuen werde, sobald ich mit den Konsequenzen konfrontiert werde.
Nichts anderes würde es bedeuten, jetzt die Augen zu öffnen.
Als Aleena, eine verdammt heiße Rothaarige, mich gestern Abend für Bodyshots ausgewählt hat, war klar, dass wir in meinem Zimmer landen würden, nackt und übereinander herfallend. Aber das ging nur so lange gut, bis ich dem Schlafmangel zum Opfer gefallen bin.
Ich trainiere jeden Tag und belege alle meine Kurse in Regelstudienzeit, und wenn ich nicht gerade damit beschäftigt bin, halte ich die Jungs von Schwierigkeiten fern. Als sie auf meinem Bett lag und ich mich gerade ihren Bauch hinabküsste, hat es mich einfach ausgeknockt. Es wäre peinlich gewesen, wenn ich bei Bewusstsein gewesen wäre, aber der Schlaf war einfach so gut, dass ich mich nicht beschweren kann.
»Morgen.« Ich strecke mich und verschränke die Arme hinter dem Kopf, öffne die Augen und sehe genau das, was ich erwartet habe.
Rotes Haar auf meiner Brust und eine volle Unterlippe, auf der sie gerade herumkaut. »Gut geschlafen?«, fragt sie. »Ich hoffe, heute Morgen fühlst du dich fitter.«
Jeder andere würde sich durch diese Bemerkung entmannt fühlen, aber mich trifft sie nicht. Nicht, wenn praktisch jedes Mädchen auf dem Campus weiß, dass Faulheit und Aiden Crawford noch nie zusammen in einem Satz verwendet wurden. Das war eine einmalige Sache, und ihren sich verdunkelnden blauen Augen nach zu urteilen, weiß sie, dass ich es wiedergutmachen werde.
Ich gluckse. »Richtig gut geschlafen.«
»Tja, wenn du jetzt wach bist«, sie fährt mit einem roten Fingernagel über meine Brust, »können wir den Tag ja gleich richtig beginnen.«
Was für ein Gastgeber wäre ich, wenn ich dieses Angebot ablehnen würde? Als ihre Hand tiefer wandert, drehe ich sie auf den Rücken und revanchiere mich für letzte Nacht.
Bis Aleena mit Duschen fertig ist, bin ich schon längst unten und mache Frühstück. Es stellt sich heraus, dass Frauen große Fans von Dampfduschen sind, und ich bin stolzer Besitzer der einzigen im Haus. Zu Recht, denn meine Großeltern haben das Haus gekauft, als ich auf der Dalton angenommen wurde. Aber das hat Kian Ishida, Rechtsaußen des Teams und unser Mitbewohner, nicht davon abgehalten, mit allen Mitteln um sie zu kämpfen. Mein Kapitänstitel entscheidet die meisten Meinungsverschiedenheiten für mich, aber dafür wohnt er jetzt auf der anderen Seite des Flurs und beschallt mich regelmäßig mit seiner lauten Musik und konstantem Gehämmere an meiner Tür.
Ich biete Aleena Frühstück an, doch sie schüttelt nur den Kopf und geht zur Tür hinaus. Ich lächle in mich hinein. Es gibt nichts Besseres als einen One-Night-Stand, der nicht auf eine Beziehung aus ist.
Eli beobachtet den Austausch mit hochgezogenen Augenbrauen. »Ich bin beeindruckt.«
»Warum?«
»Es ist schon nach zehn. Noch nie ist eine so lange geblieben. Hast du endlich die Richtige gefunden?« Er reißt breit grinsend die Augen auf, wofür ich ihm am liebsten eine verpassen würde.
»Ich bin gestern Abend eingeschlafen, bevor es zur Sache ging. Alles andere wäre unhöflich gewesen.«
»Wie ritterlich«, sagt er trocken. »Du bist in letzter Zeit ständig kaputt. Solltest du vielleicht etwas kürzertreten?«
Jetzt muss ich lachen. Elias Westbrook, Eli, wie er von allen genannt wird, und ich kennen uns, seit wir in den Windeln lagen. Seine Sorgen nerven mich weniger als die der anderen, da ich weiß, dass er sie mit Bedacht äußert. Das Training und die Uni müssen mich also wirklich an meine Grenzen bringen, damit er den Mund aufmacht. »Mir geht’s gut. Bisher hab ich es auch immer geschafft, was sind da schon ein paar Monate mehr?«
Die Antwort scheint ihm nicht zu gefallen, aber er nickt bloß und schaufelt sich Eier auf den Teller.
»Kranke Party, Leute.« Ein nur mit Boxershorts bekleideter Nachzügler torkelt aus dem Haus, der Rest seiner Kleidung baumelt von seinem Arm. Die Anstecknadel an seiner Jacke verrät, dass er einer von Dylans Verbindungsbrüdern ist.
Dylan ist der Einzige von uns, der einer Studentenverbindung angehört. Kappa Sigma Zeta behandelt ihn wie einen König, und obwohl er die Master-Suite im Verbindungshaus haben könnte, wohnt er bei uns. Laut ihm ist mit den arschkriecherischen Erstsemestern in einem Haus zu wohnen das Letzte, was er will.
Ich esse einen Löffel Haferflocken. »Wo ist der Rest der Jungs?«
Eli scrollt durch sein Handy und hält mir das Display hin. Zu sehen ist ein Bild von Kian, der auf dem Rasen vor dem Haupteingang unseres Campus liegt. Hinter ihm das verwüstete Denkmal von Sir Davis Dalton. Ich kneife die Augen zu und hoffe, dass es eine simple Erklärung dafür gibt. Vielleicht ist das Bild wirklich gut bearbeitet. »Wer hat das fotografiert?«
»Benny Tang.«
Ich halte mitten im Kauen inne. »Der Torwart von Yale? Was hatte der hier zu suchen?« Dass Yale hierherkommt, nachdem wir sie in einem Spiel vor der Winterpause zerstört haben, wäre das schlimmstmögliche Szenario. Das Letzte, woran ich mich erinnere, bevor ich nach oben ging, ist, dass ich Dylan gesagt habe, er soll die Party bald beenden. Offensichtlich hat er nicht auf mich gehört.
»Vielleicht solltest du Dylan fragen. Ich war nicht hier.«
Natürlich nicht. Wenn Eli, neben mir der Einzige mit Verantwortungsbewusstsein, nicht auf der Party war, bedeutet das, dass die beiden Riesenbabys Dylan und Kian das Sagen hatten.
Alles begann damit, dass sie letztes Semester eine Wette verloren haben, wegen der wir bis heute dazu verpflichtet sind, die meisten Partys auf dem Campus zu schmeißen. Für die Partys, die wir nicht selbst organisieren, müssen wir den Alkohol besorgen. Als ich das herausfand, habe ich beide für zwei Spiele auf die Strafbank befördert.
Trotz allem hoffe ich, dass ich gerade in einem Albtraum stecke und noch mit Aleena im Bett liege. »Und will ich wissen, wo Dylan ist?«, frage ich argwöhnisch.
Als Eli erneut das Handy in die Hand nimmt, stöhne ich auf.
Er gluckst. »War nur ein Scherz, Kumpel. Der pennt im Wohnzimmer.«
»Ich war’s.«
Alle Blicke im Raum landen auf mir, und ich bereue es, jemals sprechen gelernt zu haben. In meinem Schädel hämmert es noch immer, weil Coach uns beim Training quälen wollte, bevor wir uns im Medienraum zu einer obligatorischen Besprechung versammelt haben. Das grelle Weiß der Eisbahn hat meine Kopfschmerzen auf das Doppelte ansteigen lassen. Ich trinke nicht oft Alkohol, und wenn ich es tue, lässt mein Körper es mich nicht so schnell wieder vergessen. Heute war also keine Ausnahme. Alles war intensiviert, inklusive Kians lauter Stimme, die Paranoia darüber verbreitete, warum Coach ein Meeting einberufen hatte. Der Junge ist mit Grasflecken auf seinem Körper aufgewacht und fragte sich immer noch, was passiert war.
Als Coach Kilner eintrat, war er wütend, und seine blasse Haut glühte rot. Er schlug den Juniors im Team sogar die Mützen vom Kopf, die sich daraufhin sofort in die hintere Reihe verkrochen. Ich begann, es zu bereuen, mich ganz vorne hingesetzt zu haben. Auch Kian und Dylan saßen ganz hinten und versteckten sich hinter unseren Torhütern.
»Eine verdammte Party, die den Campus verwüstet hat?«, brüllte Coach, und plötzlich ergab alles Sinn. »Ist das ein verdammter Witz für euch alle? In den fünfundzwanzig Jahren, in denen ich Trainer bin, hatte ich es noch nie mit einer derart eklatanten Missachtung der Verhaltensregeln zu tun.«
Der Teil stimmte nicht ganz. Ich weiß ganz genau, dass Brady Winston, der Kapitän des Jahrgangs vor mir, eine Hausparty geschmissen hat, die ihm ein einjähriges Verbot in jeglichen Verbindungshäusern eingebracht hat. Das Auto des Dekans verschwand, der Pool des Schwimmteams wurde zugemüllt, und alle außerschulischen Aktivitäten wurden gestrichen. Ich bin mir also ziemlich sicher, dass die Verwüstung des Campus und die Zerstörung des Denkmals von Sir Davis Dalton nicht das Schlimmste ist, was an der Uni je passiert ist.
»Als ich nach Jahren als aktiver Spieler Trainer wurde …«, setzte Coach erneut an, während Devon neben mir murmelte: »Die alte Leier.«
»… hätte ich nie gedacht, dass ich meinen älteren Spielern mal einen Vortrag übers Feiern halten würde.«
»Coach, die Party –«
»Halt die Klappe, Donovan«, schimpfte Kilner. »Wir stecken mitten in den verdammten Qualifikationsturnieren, die uns zu den Frozen Four bringen, und du spielst anderen Colleges Streiche. Ausgerechnet jetzt?«
»Yale ist doch zu uns gekommen. Sollten die nicht den Ärger bekommen?«, fragte Tyler Sampson, unser stellvertretender Kapitän und einer der klügsten Jungs im Team. Er will Jura studieren, anstatt in die Fußstapfen seines Eishockey-Superstars von Vater zu treten.
»Die sind nicht mein Problem, sondern ihr! Ich sollte jeden Einzelnen von euch suspendieren lassen«, sagte er, und die Wut strömte in Wellen von seiner schweißbedeckten Stirn aus.
»Aber dann könnten wir nicht an den Frozen Four teilnehmen.« Kians Einmischung hat nicht gerade geholfen, und jetzt muss er sich einen Monat lang um die Wäsche des Teams kümmern. Ursprünglich war es eine Woche, doch Kian hat immer wieder protestiert, und jeder weiß, wenn Coach eine Strafe ausspricht, hält man die Klappe und nimmt sie hin.
Danach hat ihn niemand mehr unterbrochen, bis ich das Maul aufgerissen habe, um mich selbst zu belasten.
»Wie meinst du das?«, fragt Coach, der mich jetzt mit großen Augen anstarrt. Ich habe diesen scharfen Blick schon zu oft gesehen, und er sollte mich so erschrecken, dass ich mich wieder hinsetze, doch ich tue es nicht.
»Ich bin derjenige, der die Party geschmissen hat.«
Hinter mir flucht Eli, aber er sagt nichts weiter, denn er weiß, sobald ich eine Entscheidung getroffen habe, kann sie mir niemand mehr ausreden.
Coach fährt sich mit der Hand über den Mund und murmelt etwas vor sich hin. Wahrscheinlich darüber, was für ein Vollidiot ich bin, und da muss ich ihm zustimmen. »So willst du es also drehen, Crawford? Bist du sicher, dass es kein kollektiver Fehler war?«
Er bietet mir einen Ausweg. Vermutlich aus Verzweiflung, denn wenn die Uni davon Wind bekommt, werde ich bestraft werden. Meine einzige Hoffnung ist, dass sie meine akademischen Leistungen und meine Eishockeykarriere in Betracht ziehen, bevor sie mir eine zu harte Strafe aufbrummen. Mich wird es besser treffen als jeden anderen in diesem Team.
»Das war alles ich. Ich habe Yale eingeladen.«
Kilner nickt, und ich komme nicht umhin, den winzigen Anflug von Respekt zu bemerken, der in seinem Gesicht aufflackert, bevor er durch die übliche Wut ersetzt wird. »Ich werde dem Dekan Bericht erstatten. Wenn jemand eine andere Geschichte auf Lager hat als euer Captain, dann raus damit.«
Die Stimmung im Raum kippt, und ich weiß, dass das Team mir den Rücken stärken will, aber mein Gesichtsausdruck muss vermitteln, worauf ich hoffe, denn sie lehnen sich widerwillig zurück und schweigen.
»Warum zum Teufel seid ihr dann noch hier?«, schreit er und wirft uns somit aus dem Medienraum. Mich hält Coach zurück. »In mein Büro, nachdem du geduscht hast.«
In der Umkleidekabine ist es zum ersten Mal gespenstisch still, und als ich aus der Dusche trete, werde ich von Kians mürrischem Gesicht begrüßt. »Cap, das hättest du nicht tun müssen«, sagt er und sieht schuldbewusst aus.
Ich rubble mir mit dem Handtuch übers Haar. »Doch. Ich hab es gestern Abend versaut, ich hätte nicht so unaufmerksam sein dürfen.«
Eli setzt sich neben mich. »Wenn das deine Schlussfolgerung ist, dann siehst du die Sache ganz falsch. Alle sind schuld, auch ich.«
Sämtliche Anwesenden nuscheln ihre Zustimmung.
»Ich weiß, dass ihr mir den Rücken stärken wollt, aber es liegt an mir, ein gutes Vorbild zu sein, und das war ich gestern Abend nicht. Das ist keine Einheitsfront-Sache. Der Dekan ist involviert, das bedeutet, dass er dafür sorgen wird, dass jeder bestraft wird. Das können wir uns zu Beginn der Saison nicht leisten. Wenn es nur mich trifft, können die Folgen nicht allzu schlimm sein«, sage ich mit Überzeugung.
Meine Zuversicht schwindet, als ich das Büro von Coach Kilner betrete. Es macht nie besonders Spaß, hier zu sein, aber heute ist es besonders bitter. Er sitzt an seinem Schreibtisch und tippt mit einer Hand auf die Maus. Als er sich endlich entschließt, mir seine Aufmerksamkeit zu schenken, bedeutet er mir, mich zu setzen. Er malträtiert weiterhin die Maus, bis er sie schließlich gegen die Wand donnert.
Sie fällt in zwei Teilen zu Boden.
Ich muss schlucken.
Kilner lehnt sich in seinem Stuhl zurück und drückt seinen Stressball so fest zusammen, dass er droht zu platzen. »Wo warst du am letzten Freitag vor Semesterende?«
Die Frage wirft mich aus der Bahn. Ich habe gerade einen ziemlich schweren Fall von Rücksichtslosigkeit gestanden, und er macht sich Sorgen wegen des letzten Semesters? Ich weiß kaum noch, was ich gestern Abend gegessen habe, geschweige denn, was ich vor zwei Wochen getan habe.
Genau in diesem Moment macht sich eine Erinnerung bemerkbar und lichtet den Dunst meines Katers. »Nach dem Training bin ich heimgegangen«, sage ich.
»Und die Jungs?«
»Die auch.«
»Party?«
Fuck. Warum sieht er so sauer aus? Das Einzige, woran ich mich von dieser Party erinnere, ist eine hübsche Blondine. Es lief ein wenig aus dem Ruder, aber ich habe den Jungs vertraut, es in den Griff zu kriegen. Das ist der einzige Grund, warum ich mich gestern Abend entspannen konnte. Jedenfalls habe ich Coach noch nie angelogen und werde auch jetzt nicht damit anfangen.
»Ja, eine Party.«
»Du willst mir also sagen, dass eine Party – wohlgemerkt eine, die ihr Jungs mehrmals pro Woche feiert – der Grund dafür ist, dass du die Wohltätigkeitsveranstaltung verpasst hast?«
Oh, Scheiße. Das Wohltätigkeitsspiel.
Um Kilner zu besänftigen, hatte ich uns alle angemeldet, um ein Kinderteam für ein Benefizspiel zu coachen. Zwei Tage in der Woche mit einer Horde Quasselstrippen zu verbringen, fordert seinen Tribut, und es half auch nicht gerade, dass wir mitten in den Abschlussprüfungen steckten. Als ich also nicht mehr auftauchte, taten es die anderen ebenfalls nicht.
»Diese Kinder haben auf dem Eis gewartet, und ihr seid nicht gekommen. Was ist mit dem Wochenende davor? Dasselbe?«
Ich nicke. Es findet immer eine Dalton-Party statt. Wenn man keine findet, sucht man am falschen Ort.
Er stößt ein spöttisches Lachen aus. »Du hast die Veranstaltung zur mentalen Gesundheit verpasst, die das Psychologieinstitut speziell für Sportler ausgerichtet hat. Das Hockeyteam war nicht da und genauso wenig das Football- oder Basketballteam.«
Ganz ehrlich, auf Campus-Events achte ich nicht. »Inwiefern ist das meine Schuld?«
»Weil ihr alle auf einer Party wart, anstatt zu wissen, wo euer Platz ist! Wenn meine Spieler ihre Verpflichtungen nicht einhalten, weißt du, was ich dann mache, Aiden?«
»Sie setzen sie auf die Strafbank«, murmle ich.
Jetzt kommt er richtig in Fahrt. »Gut, du passt also auf. Und weißt du, warum ich dich herbestellt habe?«
»Weil ich die Party gestern Abend geschmissen habe«, antworte ich, »und der Captain bin.«
»Du weißt also doch, dass du der Captain bist? Ich dachte, du bist vielleicht zu verkatert, um dich daran zu erinnern!«, brüllt er.
Ich zucke zusammen. »Tut mir leid, Coach. Nächstes Mal –«
»Es wird kein nächstes Mal geben. Es ist mir egal, ob du mein Starspieler bist oder Wayne fucking Gretzky, du wirst in erster Linie ein Teamplayer sein.« Er stößt einen tiefen Atemzug aus. »Du solltest dein Team anführen und nicht bei ihren dummen Spielchen mitmachen. Die Jungs respektieren dich, Aiden. Wenn du auf einer Party bist und mit dem falschen Kopf denkst, tun sie es auch. Sei vernünftig, oder ich werde keine andere Wahl haben, als dich auf Bewährung zu setzen.«
Ich verziehe verwirrt das Gesicht. »Was? Ich kann doch keine akademische Bewährung bekommen.«
»Wir reden ja auch nicht von deiner Leitung in den Kursen. Die Party ist Gegenstand der Untersuchung.«
Fuck. Wisst ihr noch, als ich sagte, dass ich erst weiß, ob ich es bereue, was getrunken zu haben, sobald ich mit den Konsequenzen konfrontiert werde? Jetzt bereue ich es. Auf Bewährung zu sein ist übel, so übel wie ein Kreuzbandriss. Wenn die Profiliga davon erfährt, werden sie Scouts hierherschicken, um zu beurteilen, ob ich mich als Spieler eigne. Ich wurde gerade erst in Toronto unter Vertrag genommen. Jetzt einen Fehler zu machen wäre fatal.
»Ich kann mir keine Bewährung leisten.«
Coach nickt. »Du hast Glück, denn bevor der Dekan in den Urlaub gegangen ist, hat er dem Ausschuss mitgeteilt, dass jeder, der in das Müllfiasko verwickelt ist, angemessen bestraft werden soll. Da du dummerweise die Verantwortung dafür übernommen hast, steht dein Name ganz oben auf der Liste.«
Ich werde meine verdammten Teamkollegen umbringen. »Was heißt das?«
»Dass sie mir die Wahl zwischen einer Bewährung und gemeinnütziger Arbeit lassen.«
Ein Hauch von Erleichterung durchströmt mich. »Großartig. Ich nehme die gemeinnützige Arbeit. Ich werde höchstpersönlich jeden Zentimeter von Sir Davis Dalton schrubben.«
Coach wirft mir einen verstörten Blick zu. »So schön die Vorstellung auch ist, so einfach ist es nicht«, erklärt er. »Es spielt einiges mit rein, damit die Sozialstunden angerechnet werden, und da wir keinen Präzedenzfall haben, werden wir über jeden Schritt Bericht erstatten müssen.«
Ich schnaube. »Wie eine Gefängnisstrafe, aus der ich bei guter Führung früher rauskomme?«
»Du bist nicht in der Position, dich als Klugscheißer aufzuführen«, ermahnt er mich. »Ohne sie wäre ich gezwungen gewesen, dich auf Bewährung zu setzen.«
»Ohne wen?«
Verzweiflung stinkt zum Himmel. Oder vielleicht ist es der Umkleideraum des Hockeyteams nach dem Training. Die Geräusche laufender Duschen und lauter Stimmen driften durch die Gänge, während ich versuche, das Büro von Coach Kilner zu finden. Dass ich mich von der Eishalle ferngehalten habe, als hätte sie eine ansteckende Krankheit, erweist sich als Nachteil, da der lange Gang mit den blauen Türen einem Labyrinth gleicht.
Als hinter mir ein Handy klingelt, fällt mein Blick auf einen Kerl, der nur mit einem tief sitzenden Handtuch bekleidet ist. »Summer?«
Scheiße. »Hey, Kian.« Ich winke unbeholfen.
Kian Ishida war in jedem Psychologiekurs, den ich im dritten Studienjahr belegt habe. Wir haben uns angefreundet, als wir uns in einem Seminar über Hirnfunktionsstörungen zusammengetan haben. Ich war froh, jemanden zu haben, der sich genauso für Sportpsychologie interessiert wie ich, bis mir klar wurde, dass er Eishockeyspieler ist. Zu meinem großen Entsetzen spielt der eins neunzig große Rechtsaußenspieler seit dem ersten Studienjahr für die Dalton. Nachdem ich das erfahren hatte, ging unsere Freundschaft in die Brüche, denn selbst am Grunde des Ozeans wäre ich nicht weit genug vom Eishockey entfernt. Schon wenn ich jemanden darüber reden höre, verdrehen sich meine Eingeweide in einem langsamen, quälenden Rhythmus.
Er kommt auf mich zu. »Ich hab dir wegen meinem Kursplan geschrieben. Hast du Chung in Statistik für Fortgeschrittene?«
Ich habe seine Nachricht gelesen, und wir haben dieses Semester tatsächlich zwei gemeinsame Kurse. Ich hatte die Hoffnung, einen Platz im hinteren Teil des Hörsaals zu finden, um ihm aus dem Weg zu gehen. »Ja, und Philosophie bei Kristian.«
»Cool, dann sehen wir uns.« Mein unechtes Lächeln reicht nicht im Entferntesten an sein strahlendes heran. »Was machst du denn hier? Ich hätte dich nicht für einen Eishockeyfan gehalten.«
»Bin ich auch nicht. Ich hab einen Termin bei Coach Kilner. Weißt du, wo sein Büro ist?«
Sein Blick wandert verwirrt den Flur entlang, bevor er ein Lächeln unterdrückt.
»Was ist so lustig?«, frage ich misstrauisch.
»Nichts.« Er räuspert sich. »Es ist die letzte Tür rechts. Wir sehen uns im Kurs, Sunny.« Noch bevor ich seinen Gesichtsausdruck oder den seltsamen Spitznamen analysieren kann, ist er auch schon verschwunden.
Als ich die Tür von Coach Kilner finde, klopfe ich an die durchsichtige Glasscheibe, und eine schroffe Stimme sagt: »Herein.«
Die Tür knarrt bedrohlich, als wolle sie mir sagen, ich solle weglaufen, bevor ich in einen Schlamassel gerate. Vor mir befinden sich ein lächelnder Coach Kilner und eine Person, die an seinem Schreibtisch sitzt. Ich erkenne Haare, die noch feucht vom Duschen sind, und das Dalton-Logo auf dem Rücken.
In der Annahme, zu stören, halte ich inne, doch der Coach winkt mich herein. »Setzen Sie sich, Ms Preston.« Der andere Kerl würdigt mich keines Blickes, als ich mich neben ihn setze, also mache ich mir auch nicht die Mühe. »Laura hat mich wegen Ihrer Arbeit kontaktiert. Ich habe gehört, dass Sie über Eishockey schreiben möchten.«
Ich würde lieber über den Kaugummi an seiner Schuhsohle schreiben, aber das kann ich ihm schlecht sagen. »Genau. Es geht um eine Studie über College-Athletinnen und -Athleten und Burn-out für meine Masterbewerbung«, sage ich.
»Toll. Das hier ist Aiden Crawford, der Captain unseres Eishockeyteams.«
Meine Augen weiten sich alarmiert. Der Captain? Ich soll mit dem Captain zusammenarbeiten? »Oh. Äh, das ist cool, aber ich kann auch mit jemandem aus einer der hinteren Reihen arbeiten. Ich will die Teamdynamik nicht durcheinanderbringen.«
»Sie werden nichts durcheinanderbringen. Außerdem ist Aiden darauf angewiesen«, sagt er so angespannt, dass die Worte kaum zu verstehen sind. Sie haben eindeutig eine hitzige Unterhaltung geführt, bevor ich reinkam. Das würde erklären, warum der Captain neben mir schmollt. »Stimmt’s, Aiden?«
Jetzt wende ich mich ihm zu. Er hat gewelltes braunes Haar und eine makellose Haut. Sein Seitenprofil könnte man mit einem der Models aus Amaras Feuerwehr-Kalender verwechseln. Trotzdem sieht er wie ein Arsch aus.
»Coach, das ist Zeitverschwendung.« In seiner tiefen Stimme schwingt unverhohlene Verärgerung mit. »Das kann nicht meine einzige Option sein.«
Was für eine Überraschung. Ich scheine den Eishockey-Kapitän richtig eingeschätzt zu haben. »Meine Bewerbung ist keine Zeitverschwendung«, sage ich.
»Vielleicht für dich«, erwidert er, ohne mich anzusehen. Der Kerl macht sich nicht mal die Mühe, mich von Angesicht zu Angesicht zu beleidigen. Das hier ist bereits der Super-GAU, und jetzt muss ich mich auch noch mit ihm rumschlagen?
»Dein Arschloch-Gehabe muss ich mir wirklich nicht geben.« Es gelingt mir einfach nicht länger, meine Wut zu unterdrücken.
In dem Moment dreht er sich um, seine tiefgrünen Augen verengen sich, und sein Blick trifft auf meinen, doch Coach Kilner unterbricht den aufgeladenen Moment.
»In Ordnung, das reicht jetzt. Aiden, du hast kein Recht, darüber zu diskutieren.«
»Darauf lasse ich mich nicht ein, Coach. Ich kümmere mich um Spendenaktionen und coache Kinder, aber nicht das.«
Er tut so, als wäre ich gar nicht anwesend. Sein kleiner Ausbruch schürt die Wut in mir, die bereits Langston entfacht hat. »Glaub bloß nicht, dass ich besonders scharf darauf bin, mit einem Eishockeyspieler zusammenzuarbeiten, Clifford.«
»Crawford«, korrigiert er.
Der Coach seufzt. »Ich bin nicht hier, um euch zu babysitten. Ich habe euch eure Aufgabe zugeteilt. Den Rest könnt ihr wie Erwachsene klären.«
»Aber, Coach –«
»Du kennst die Konsequenzen, Aiden.« Er wirft ihm einen strengen Blick zu, und Aidens Kiefer spannt sich an. »Und, Ms Preston, es steht Ihnen frei, mit Ihrer Professorin über einen Wechsel zu sprechen. Aber selbst Sie wissen, dass Sie keinen besseren Kandidaten als den Captain bekommen werden.«
Sobald er weg ist, flucht Aiden leise. Er fährt sich frustriert mit der Hand durch die Haare, bevor er sich mir zuwendet. »Tut mir leid, aber ich kann dir dabei nicht helfen. Du kannst dir jemand anderen suchen.« Es klingt nicht im Geringsten danach, als täte es ihm leid.
»Offensichtlich. Du bist nicht der Nabel der Welt.«
Die Art und Weise, wie sein Kopf hochschreckt, bereitet mir ein Fünkchen Genugtuung. »Ich bin der Captain des Teams. Ich würde also schon sagen, dass ich der Nabel der Welt bin.«
»Du bist auch das größte Arschloch der Welt, und die Mischung gefällt mir nicht.«
Er wirft mir einen finsteren Blick zu. »Gut, dass das geklärt ist, denn wir werden nicht zusammenarbeiten. Ich bin nicht dein Forschungsexperiment.«
»Toll! Das will ich auch gar nicht«, sage ich und schiebe meinen Stuhl zurück. »Verdammte Eishockeyspieler.« Ich knalle die Tür hinter mir zu, dann haue ich so schnell ab, als wäre in diesem Raum ein Feuer ausgebrochen. Bei seinem Funken sprühenden Blick wäre das gar nicht so unwahrscheinlich.
Nicht mal die kalte Januarluft kühlt mich ab, während ich zum Psychologiegebäude stürme. Auf halbem Weg dorthin werde ich in eine feste Umarmung gezogen.
»Sampson«, keuche ich.
Sampson lockert seinen Griff. »Ah, du erinnerst dich also an mich?«
»Halt die Klappe, wir haben uns vor den Ferien erst gesehen«, sage ich und stoße ihn weg.
Tyler Sampson ist der einzige Eishockeyspieler, den ich ertragen kann, ohne Ausschlag zu bekommen. Wir sind zusammen aufgewachsen, da unsere Väter beste Freunde sind, und haben uns bei jedem einzelnen schwierigen Familientreffen beigestanden.
Er beobachtet mich. »Warum siehst du aus, als wärst du sauer auf das Gebäude da?«
»Ich bin nicht sauer auf das Gebäude. Ich bin auf den Teufel darin sauer.« Ich atme tief durch und schaue ihn an. »Du wirst mich auslachen.«
Mit seinem Blick bedeutet er mir, mehr zu erzählen.
»Du weißt doch, dass ich für meine Masterbewerbung eine Forschungsarbeit einreichen muss, damit ich für das Praktikum infrage komme?«
Er nickt.
»Langston hat mir Eishockey als Sportart zugewiesen.«
Tyler weiß von meiner turbulenten Beziehung zu meinem Dad, daher ist seine überraschte Reaktion abzusehen. »Und du gehst jetzt da rein, um ihr die Meinung zu sagen? Bist du sicher?«
Selbstbewusst hebe ich das Kinn. »Ich stehe für mich selbst ein.«
»Summer, überleg doch mal eine Sekunde. Sie hat dir eine Aufgabe zugewiesen, und du willst Nein sagen? Der Frau, die die Abschlussarbeit eines Studenten abgelehnt hat, weil er eine Quelle doppelt eingefügt hat?« Er wirft mir einen bedeutungsschweren Blick zu. »Glaubst du, sie wird damit einverstanden sein, dass du etwas ablehnst, was sie dir zugewiesen hat?«
Ich erinnere mich an die Geschichte, kenne jedoch nicht die ganze Wahrheit. Langston ist streng, aber sie handelt nicht ohne Sinn und Verstand. Obwohl sie gedroht hat, meinen Platz anderweitig zu besetzen.
Mein Magen rumort. »Ich fühle mich nicht gut.«
Als Sampson mich in den Arm nimmt, bin ich den Tränen nahe. »Du schaffst das schon, es sind ja nur ein paar Monate. Aber wenn du dich wirklich nicht überwinden kannst, solltest du ihr wenigstens einen Alternativvorschlag machen.«
»Du meinst, eine andere Sportart? Dazu hat sie schon Nein gesagt.«
»Versuch es noch mal.«
Der neuste Gossip erreicht unser Haus schneller, als ich eine Runde auf der Eisbahn drehen kann.
Kilners Vortrag hat mir gestern die Laune vermiest, also habe ich den Tag in meinem Zimmer verbracht, weit weg von meinen neugierigen Mitbewohnern. Wenn man mit drei Seniors und zwei Juniors zusammenlebt, ist es unmöglich, Geheimnisse zu bewahren. Die Juniors Sebastian Hayes und Cole Carter sind unsere ganz eigenen Gossip-Kolumnisten. Aber heute, als ich vom Gym zurückkomme, steht Kian an der Tür, die Hände in die Hüften gestemmt wie eine nörgelnde Mutter.
Meine Vorlesung über englische Literatur beginnt in zwanzig Minuten, und ich habe keine Zeit, für was auch immer Kian Ishida durch die Gerüchteküche erfahren hat.
Ich ignoriere ihn und jogge die Treppe hinauf, um meine Sachen zu holen. Als ich wieder runterkomme und auf die Haustür zusteuere, hält er mich auf. »Hast du mir was zu sagen, Aiden?«
»Kommt drauf an, was du weißt.«
Er verengt die Augen. »Du warst gestern ziemlich lange in Kilners Büro. Ich hab gesehen, dass Summer Preston auch reingegangen ist.«
Die Verärgerung beißt sich in mir fest. Ich würde lieber nicht an sie denken, auch wenn ich mich ein bisschen schlecht fühle, weil ich unhöflich zu ihr war. Es ist nicht ihre Schuld, dass ich mich zum Sündenbock gemacht habe, aber es wirkte auch nicht so, als würde sie besonders gern mit mir zusammenarbeiten. Sie wollte sogar lieber jemanden aus den hinteren Reihen.
»Nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest.«
Misstrauisch beäugt er mich. »Doch, das muss ich, denn wir stecken alle mit drin. Was auch immer es ist, wir werden dir helfen.«
Es ist offensichtlich, dass Kian ein schlechtes Gewissen hat, und er wird nicht aufhören, mich zu nerven, bis er es wiedergutgemacht hat. Wenn er rausfindet, dass ich das Mädchen verärgert habe, das mir den Arsch retten könnte, wird er mir die Meinung geigen.
»Ich komme zu spät zur Vorlesung.« Ich schließe die Tür hinter mir, bevor er die Möglichkeit hat zu diskutieren.
Als ich in der Carver Hall ankomme, stecke ich mein Handy in die Tasche und konzentriere mich auf die Vorlesung, anstatt mich damit zu beschäftigen, wie viel Scheiße gerade schiefläuft. Das hält allerdings nicht lange an, denn ich bekomme eine E-Mail von Coach Kilner, die mein Stresslevel verzehnfacht.
Sie ist kurz, von seinem Handy aus gesendet und lautet: Komm in mein Büro.
Ich bin so was von gefickt.
Mich danach auf die Vorlesung zu konzentrieren, ist schon eine Herausforderung, und als mein Handy dann auch noch ununterbrochen in meiner Tasche vibriert, ist es unmöglich.
Bunny-Patrouille
Eli Westbrook: Kilner ist stinksauer.
Sebastian Hayes: Wo landet er auf einer Skala zwischen Kians Flitzer und Coles Reifenaufschlitzer?
Eli Westbrook: Reifenaufschlitzer.
Cole Carter: Ähm, das nächste Training setze ich lieber aus. Hab Magenschmerzen.
Sebastian Hayes: O. k. Ich sage Kilner, dass dir das Bäuchlein wehtut.
Dylan Donovan: Ich dachte, es wäre ein unausgesprochenes Gesetz, dass Kilner ständig einen Stock im Arsch hat?
Kian Ishida: Pssst. Der kann hier bestimmt irgendwie mitlesen.
Kian Ishida: Coach, wenn Sie das lesen, ich liebe Sie <3
Dylan Donovan: Woher weißt du, dass er sauer ist?
Eli Westbrook: Ich hab gehört, dass er den Hockeyschläger eines Juniors zerbrochen hat.
Kian Ishida: Na und? Er hat schon ca. 6 von meinen kaputt gemacht.
Eli Westbrook: Auf seinem eigenen Kopf.
Kian Ishida: Oh ja, er ist stinksauer.
Dylan Donovan: Wtf ist passiert?
Eli Westbrook: @Aiden, kannst du uns vielleicht aufklären?
Kian Ishida: Cap? Was hat der denn gemacht?
Habe ich schon erwähnt, dass ich absolut gefickt bin?
Da Coachs Drohung, mich auf Bewährung zu setzen, mir nicht genug Angst eingejagt hat, um mich als Versuchskaninchen für dieses verdammte Gehirnexperiment zur Verfügung zu stellen, macht er jetzt jedem das Leben zur Hölle. Ich schicke einen Screenshot der E-Mail in den Gruppenchat.
Aiden Crawford: Er wird mir den Arsch aufreißen.
Dylan Donovan: Willst du uns als emotionale Unterstützung dabeihaben?
Kian Ishida: Vergiss es. Coach wird nur noch wütender werden, wenn er mich zu Gesicht bekommt. Viel Glück, Kumpel.
Zwei Stunden später finde ich mich in der Eishalle wieder, als Coach mit den Kindern vom Eis geht.
»Hilf mir mal mit der Ausrüstung, ja?« Jeder normale Mensch würde annehmen, dass er unser üblicher mürrischer Coach ist, aber das geschulte Auge erkennt, dass er vor Wut kocht. Er ist kurz davor zu explodieren. Ich weiß genau, dass er sich gerade vorstellt, mir den Kopf abzureißen.
»Aiden, du hast versprochen, dass du zu unserem Spiel kommst. Wo warst du?« Die piepsige Stimme von Matthew LaHue erreicht meine Ohren, während ich Hütchen einsammle.
»Tut mir leid, Matty, ich war mit der Uni beschäftigt.« Das ist die harmloseste Version der Wahrheit, die ich ihm zumuten kann. Als er mit einem traurigen Nicken davonläuft, fühle ich mich beschissen.
Ich folge Coach zum zweiten Mal in dieser Woche in sein Büro.
»Setz dich«, befiehlt er, sein Ton ist rauer als sonst. »Bist du stolz darauf, wie enttäuscht die Kinder wegen dir sind?«
»Nein, Sir.«
»Sie sehen zu dir auf, Aiden. Was sagt es über das Team aus, wenn der Captain sich nicht genug für die Leute in seinem Umfeld einsetzt?«
»Coach, wenn es um das Projekt dieses Mädchens geht –«
»Es geht nicht nur darum. Ich habe dich in letzter Zeit beobachtet, und deine Verhaltensmuster sind nicht gesund. Du spielst auf höchstem Niveau, aber meinst du, ich sehe nicht, wie erschöpft du bist? Du gehst über deine Grenzen hinaus, Junge.«
Erst Eli, jetzt Coach. Ich schätze, ich verstecke es nicht sonderlich gut. »Ist das wirklich wichtig, solange ich gut spiele?«
Coach atmet irritiert aus. »Eishockey kann nicht dein ganzes Leben sein. Du musst an die Zukunft denken.«
»Die Zukunft? Coach, Sie haben selbst gesagt, dass ich so gut spiele, weil ich mich nur auf das Hier und Jetzt konzentriere.«
»Im Moment noch, aber das wird nicht immer so sein. Wenn man in die National Hockey League eintritt, reicht ein schlechtes Spiel, und alles ist vorbei. Ich will nicht, dass du in ein Burn-out gerätst.«
Ich lache auf. Auf keinen Fall werde ich mir einen Vortrag über Burn-out anhören. Meine Statistik ist großartig, und das Team schlägt sich gut, weil wir uns alle besonders angestrengt haben. »Glauben Sie wirklich, dass ich auf dem Weg dahin bin? Ich fühle mich gut.«
»Bist du dir da sicher? Denn du hast deine Verpflichtungen vernachlässigt und deine Spieler aus den Augen verloren. Du bist nicht der Captain, den ich letztes Jahr ausgewählt habe.«
Seine Worte treffen mich, aber ich lasse mir nichts anmerken. »Ich kriege das schon irgendwie hin.«
»Du sollst es nicht nur irgendwie hinkriegen, sondern längerfristig durchhalten. Ich bin seit fünfundzwanzig Jahren Trainer, Crawford. Ich bin Profi darin, Muster zu erkennen. Du bist einer meiner besten Spieler. Ich werde nicht zulassen, dass dir das passiert. Du musst ausgeglichener werden. Das Feiern sollte nicht an erster Stelle stehen, schon gar nicht in deinem letzten Jahr an der Uni.«
»Es waren nur ein paar Partys. Ich hab mich mal so richtig ausgetobt. Sollte das nicht helfen, mein vermeintliches Burn-out zu verhindern?«
Coach schüttelt den Kopf. »Das ist der falsche Weg. Finde ein Gleichgewicht, Aiden.«
»Sie wollen also, dass ich meine Kurse, das Eishockey, das Coaching und ein Forschungsprojekt unter einen Hut bringe? Ist das nicht widersprüchlich?«
»Vielleicht. Aber nur, wenn du Raum für die falschen Dinge schaffst. Immerhin hast du diese Strafe freiwillig auf dich genommen. Ich würde dir lieber keine verpassen, aber das sind nun mal die Konsequenzen. Finde dich damit ab, oder ich werde es für dich tun.«
Das letzte Mal, als ich einem Mädchen Blumen gekauft habe, war, na ja, nie.
Ich bin kein Experte für Botanik, aber in dieser Situation ist Schadensbegrenzung angesagt. Coach ist kurz davor, mich auf Bewährung zu setzen, also habe ich keine andere Wahl, als mich damit abzufinden.
Im Blumenladen bin ich sofort überwältigt von der schieren Menge an Pflanzen. Ein Typ neben mir hält einen großen Kranz in der Hand, der gut an eine Wohnheimtür passen würde. Weihnachten war schon vor einem Monat, aber mögen Mädchen so etwas nicht?
»Hey, ich versuche, mich bei jemandem zu entschuldigen. Denkst du, diese Blumen wären gut?«
Er sieht verwirrt aus, und die Traurigkeit in seinem Ausdruck ist offensichtlich. Er muss es wirklich versaut haben. Er zuckt nur mit den Schultern und geht zur Kasse. Da ich keine Zeit beim Durchstöbern der Gänge verschwenden will, nehme ich einfach denselben Kranz.
Als ich abkassiert werde, bombardiert Kian schon wieder grundlos den Gruppenchat mit Nachrichten.
Bunny-Patrouille
Kian Ishida: Ich habe gerade zwei Mädchen aus Dylans Zimmer kommen sehen.
Eli Westbrook: Dreckiges Arschloch.
Aiden Crawford: Das hast du gestern Abend getrieben? Wir wollten doch ins Gym gehen, D.
Sebastian Hayes: Wenigstens hat er an seiner Ausdauer gearbeitet.
Eli Westbrook: Anscheinend mit einer doppelten Trainingseinheit.
Kian Ishida: Dienstags bin ich zu Hause. Ich würde auf dem Weg in die Küche lieber niemandem begegnen.
Dylan Donovan: Sei nicht undankbar, Ishida. Sind wahrscheinlich die einzigen nackten Mädchen, die du das ganze Jahr über gesehen hast.
»Mein Beileid«, sagt die Kassiererin, woraufhin ich von meinem Handy aufschaue. »Bar oder mit Karte?«
Mit meinen Blumen in der Hand und guter Laune fahre ich zum Iona House. Ablehnung ist mir ein Fremdwort, daher schreite ich selbstsicher auf ihr Wohnheim zu. Zum Glück wusste Kian, wo sie wohnt, sodass ich mir von Coach nicht das Ohr abkauen lassen musste.
Als ich klopfe, sind gedämpfte Stimmen durch die Tür zu hören. »Ich schwöre bei Gott, wenn du irgendein Arschloch eingeladen hast …« Die Worte erstarren auf Summers Lippen, sobald sie mich sieht. »Ich schätze, das mit dem Arschloch stimmt«, murmelt sie.
Ich lächle. »Können wir reden?«
Sie rollt mit den Augen. »Ich bin beschäftigt. Ich habe keine Zeit, für was auch immer das ist.« Sie deutet auf die Blumen, dann schlägt sie mir die Tür vor der Nase zu.
Was soll der Scheiß?
Ungläubig starre ich auf die braune Tür.
Dann klopfe ich erneut. Keine Antwort.
»Du lässt es mich nicht mal erklären?« Mein Klopfen wird von Sekunde zu Sekunde lauter.
Ich höre erst auf, an die Tür zu hämmern, als sie aufschwingt und eine sehr gereizte Blondine offenbart. »Ich hab einen heftigen Kater, kannst du endlich die Klappe halten?!« Sie lässt die Hand fallen, mit der sie eben noch ihre Schläfe berührt hat, und sieht zu mir auf. »Aiden?«
»Hey, Cassie.«
Cassidy Carter ist die Zwillingsschwester von Cole, einem Verteidiger in unserem Team. Cole wohnt bei uns im Keller. Gelegentlich taucht sie bei uns auf, um ihn anzuschreien, weil er sich an ihre Freundinnen ranmacht. Ich hatte keine Ahnung, dass sie im Iona House wohnt, geschweige denn, dass sie mit Summer Preston befreundet ist.
»Was machst du denn hier?«, fragt sie.
»Deine Mitbewohnerin dazu bringen, mir zu verzeihen.«
Sie stößt ein dramatisches Keuchen aus und wendet sich Summer zu. »Das ist der Typ, der dein Projekt ruiniert hat?«
Ich kann nicht hören, was Summer antwortet, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie die Worte »Sportler« und »Arsch« benutzt.
»Cassie, kann ich reinkommen?«
»Ich weiß nicht, Aiden. Du hast nicht gerade den besten Eindruck hinterlassen«, flüstert sie.
»Ich weiß, und das möchte ich ändern. Aber das geht nur, wenn du mich reinlässt. Bitte?« Dieses Lächeln hat mich heute schon mal im Stich gelassen, doch ich versuche es trotzdem. Als Cassie die Tür weiter öffnet, kann ich meinen Triumph förmlich schmecken.
Summer sitzt mit ihrem Laptop auf der Couch, als sich unsere Blicke kreuzen. Sie wirft der schuldbewussten Cassie einen bösen Blick zu. Anstatt die Anspannung, die in der Luft liegt, zu lindern, dreht Cassie sich um und rennt zur Tür hinaus.
»Mitbewohnerin?«, frage ich.
Summer antwortet nicht. Sie sieht mich nicht mal an. Mein Selbstvertrauen schwindet von Sekunde zu Sekunde. »Darf ich mich wenigstens entschuldigen?«
Schweigen.
»Komm schon, Sonnenschein.«
Ihr Kopf schnellt so plötzlich hoch, dass ich einen Schritt zurücktrete.
Keine gute Idee.
»Nenn mich nicht so.« Der lodernde Blick aus ihren braunen Augen durchbohrt mich förmlich, und irgendwie jagt mir das Angst ein. Sie schiebt den Laptop von ihrem Schoß und positioniert sich ein paar Meter von mir entfernt. »Ich weiß, du bist der Captain und denkst, alle Welt sollte sich vor dir verbeugen, wenn du um etwas bittest, aber das wirst du von mir nicht bekommen. Es ist mir egal, ob du jetzt ein schlechtes Gewissen hast oder ob du beschlossen hast, dein Arschlochverhalten abzulegen und noch mal von vorn anzufangen. Du hast deine Entscheidung getroffen und ich meine.« Sie öffnet die Tür. »Du kannst jederzeit gehen. Verschwende deine Zeit nicht mit mir.«
Wie in Trance beobachte ich sie. In jedem Wort, das sie mir entgegenschleudert, steckt so viel Feuer, dass ich mir vorkomme, als wäre ich Zuschauer einer fesselnden Performance. Einen Moment lang werde ich von dem dünnen T-Shirt abgelenkt, das ihr bis zu den Oberschenkeln reicht, und bin damit beschäftigt, den Text darauf zu entziffern, als sie mit den Fingern schnippt und meine Aufmerksamkeit wieder auf ihr Gesicht lenkt. Ungeduld zeichnet sich auf ihren Zügen ab, aber ich rühre mich nicht. Ich brauche sie, und wenn ich ihr verkrampftes Verhalten ertragen muss, dann soll es so sein.
»Ich war unhöflich.«
Sie zieht eine Augenbraue hoch.
»Von mir aus, ich war ein Arschloch, und du verdienst eine Entschuldigung. Wie ich mich in Kilners Büro verhalten habe, tut mir leid. Er hat mir das ohne Vorwarnung aufgehalst. Das hat nichts mit dir oder deiner Forschung zu tun.«
Summer steht mit steinerner Miene vor der offenen Tür. Ich gehe auf sie zu und drücke die Tür ins Schloss, was mich meine Eier kosten könnte. Ihre Augen registrieren die Bewegung, aber sie hebt nicht ihr Knie, also gehe ich einen Schritt weiter.
»Gibst du mir eine Chance?«, frage ich. »Lass mich dir beweisen, dass ich nicht das Arschloch bin, für das du mich hältst.«
Ihr Blick wandert zu den Blumen in meiner Hand. Ich reiche sie ihr, aber sie macht keine Anstalten, sie zu nehmen. »Du hast einen Trauerkranz für mich besorgt?«
Einen was? Ich sehe wieder auf die Blumen hinunter und blinzle sie an. Doch das Geräusch einer knarrenden Tür lässt uns beide aufschrecken.
Ein weiteres Mädchen starrt uns mit großen Augen an. »Braucht ihr etwas Privatsphäre?«
Wie viele Mitbewohnerinnen hat sie bitte?
Summer schnaubt, dann schiebt sie mich weg und geht zurück zur Couch. »Nein.«
Ihre Mitbewohnerin sieht mich an. »Ich hab dich schon mal gesehen. Wo?«
»Bin mir nicht sicher, aber ich bin Aiden.« Ich strecke meine Hand aus, und ihre Augen weiten sich noch ein bisschen mehr, bevor sie sie schüttelt.
»Oh Scheiße!« Sie strahlt. »In diesem Wohnheim bist du berühmt, Captain.«
»Aus gutem Grund, hoffe ich.«
»Das kann man so sagen.« Sie lächelt, dann wendet sie sich an Summer und formt den Mund zu Worten, die ich nicht verstehe.
Summer ignoriert es. »Du kannst jetzt gehen.« Sie schickt mich weg, als wäre ich ein lästiges Kind.
Ich versuche es noch einmal. »Eine Chance.«
»Nein.«
Was will sie denn noch hören? Ich musste noch nie so hart um die Aufmerksamkeit einer Frau kämpfen. Meistens muss ich mich nicht mal anstrengen.
»Was hast du getan?«, fragt ihre Freundin.
»Amara«, warnt Summer sie, und ich beobachte, wie sie ein wortloses Gespräch führen. Amara presst ihre Lippen zusammen, mustert mich von oben bis unten und öffnet dann mit einem mitfühlenden Blick die Tür.
Als ich mich nicht bewege, schenkt sie mir ein kleines Lächeln. »Sie hat Nein gesagt, Schönling.«
»Komm schon, Amara. Glaubst du nicht, dass ich eine Chance verdiene, meinen Fehler wiedergutzumachen?«
Sie wickelt sich einen Zopf um den Finger und schaut auf die Blumen in meiner Hand. »Auf wessen Beerdigung warst du denn?«
Ich werfe ihr einen fragenden Blick zu. »Was?«
»Du hast da einen Trauerkranz in der Hand. Wie auf einer Beerdigung«, erklärt sie.
Jetzt, wo ich ihn mir genauer ansehe, wird mir klar, dass ich so eine Art Kranz schon mal gesehen habe. Das erklärt all die Blicke und Beileidsbekundungen, die ich auf meinem Weg hierher erhalten habe. Ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen. »Ich will nur zeigen, wie leid es mir tut.«
Sie kichert, ihr Ausdruck ist nachdenklich. »Den wirst du noch brauchen, wenn sie mit dir fertig ist.« Die ominöse Drohung sollte mich zum Gehen bewegen, doch als sie die Tür schließt, ziehe ich triumphierend die Mundwinkel hoch. »Viel Glück. Ich werde mich da nicht einmischen«, erklärt sie und geht zurück in ihr Zimmer.
Tja, das war’s dann wohl mit meinem Plan.
Ich wende mich dem wütenden Mädchen zu, das absichtlich laut auf seinem Laptop tippt. Mit den Trauerblumen in der Hand gehe ich auf sie zu, als wäre sie eine Löwin. Als ich ihren Laptop nehme und ihn auf den Couchtisch lege, hebt sie langsam den Blick.
»Lass mich dir mit deiner Arbeit helfen.«
»Ich brauche deine Hilfe nicht. Ich könnte einfach zum Basketballteam gehen und ihren Captain kriegen.«
Daran besteht kein Zweifel. Er würde sich sofort an sie ranmachen, wenn sie ihm Signale sendet. Mein Versuch der Schadensbegrenzung schlägt gerade fehl. »Ich tue alles, was du willst. Willst du Plätze am Spielfeldrand, oder kann ich dich mit einem der Jungs verkuppeln? Wie wäre es mit Eli? Alle stehen auf Eli.«
Unbeeindruckt verschränkt sie die Arme. »Du denkst, das Äquivalent zu meiner Forschungsarbeit ist ein Platz am Rand der Eisbahn und ein Date mit einem deiner Teamkollegen?«
Ich zucke unschuldig mit den Schultern.
»Ich war noch nie bei einem Eishockeyspiel der Dalton und habe auch nicht vor, das zu ändern.«
Ich ziehe überrascht den Kopf ein, denn alle an der Dalton lieben Eishockey. Vor allem die Frauen. Die Hälfte unserer Tribüne ist mit Verbindungsschwestern gefüllt. »Kein Fan?«
»Du hast nicht gerade dazu beigetragen, mich zu einem zu machen.«
»Wahrscheinlich, weil du mich noch nicht hast spielen sehen … oder oberkörperfrei.« Der Scherz zeigt nicht die gewünschte Wirkung. Stattdessen wird ihr Blick strenger. »Also gut, kann ich dann irgendwas anderes tun?«
»Du verschwendest deine Zeit. Ich bin sicher, du kannst Kilner ausreden, was auch immer er gegen dich in der Hand hat.«
»Ich tue es nicht für ihn«, sage ich ganz ehrlich. Es geht darum, eine Balance zu schaffen und für mein Team einzustehen, egal, was für einen Scheiß sie abgezogen haben. »Denkst du wenigstens darüber nach?«
Sie hebt ihr Kinn. »Von mir aus. Ich werde darüber nachdenken.«
Da ich ihr keinen Grund geben will, ihr Angebot zurückzunehmen, gehe ich zur Tür. »Du wirst es nicht bereuen.«
»Ich habe noch nicht Ja gesagt.«
Ich lächle. »Wirst du aber.«
Mit zwölf begann ich mit dem Schwimmen, nur um meinen Dad zu ärgern, aber wie durch ein Wunder habe ich mich in diese Sportart verliebt.
Meine Mom nahm mich zu Wettkämpfen mit, und mein Dad versuchte, mich mit einem neuen Paar Schlittschuhe zu locken. Es hat nie geklappt, aber ich starrte jedes Mal stundenlang auf diese Schuhe. In letzter Zeit rettet mich das kalte Wasser vor den Erinnerungen, wenn sich wieder der saure Geschmack in meinem Mund ausbreitet.
Mehar Chopra, eine Athletin des Dalton-Tauchteams, hat mir einen Schlüssel für die Anlage geliehen, damit ich sie außerhalb der Trainingszeiten benutzen kann. Eigentlich ist das verboten, wenn man kein Mitglied der National Collegiate Athletic Association ist – kurz: NCAA –, aber zu meinem Glück habe ich ihr letztes Jahr geholfen, ihre Statistikprüfung zu bestehen, und seitdem sind wir befreundet.
Mit brennenden Armen und krampfenden Waden beende ich meine letzte Runde und steige vor dem Nachmittagsansturm aus dem Wasser. Nachdem ich meinen nassen Badeanzug ausgezogen habe, checke ich mein Handy.
Dad – zwei verpasste Anrufe.
Wenn er anruft, gerate ich immer in diese Gedankenspirale, in der ich mich frage, ob ich eine beschissene Tochter bin, die einen dummen Groll hegt, oder ob mein Schweigen berechtigt ist. Sein erster Anruf kam heute früh, und ich habe ihn bisher ignoriert. Bis ich die Nachricht von ihm sehe, in der steht: