Community-based Tourism - Kerstin Heuwinkel - E-Book

Community-based Tourism E-Book

Kerstin Heuwinkel

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Beschreibung

Tourismus und Gesellschaft verantwortungsvoll gestalten Ebenso wie Gesellschaft und Gemeinschaft verändert sich der Tourismus. Globale Krisen, schwindende Ressourcen und veränderte Anforderungen an das Reisen motivieren zum Umdenken. Und: Auch die Bevölkerung vieler Urlaubsregionen möchte Tourismus mitgestalten und von diesem profitieren. Der Community-based Tourism wird als Gegenpol zum Massentourismus beschrieben. Kerstin Heuwinkel stellt das spannende Konzept sowie konkrete Formen in ihrem Buch vor und zeigt Möglichkeiten sowie Grenzen auf. Eine zum Nachdenken anregende Lektüre für Studierende der Tourismus- und Sozialwissenschaften, für die Praxis, NPOs und NGOs sowie für Reisende.

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Kerstin Heuwinkel

Community-based Tourism: Gemeinschaft, Kultur und Tourismus

Umschlagabbildung: © Imgorthand ∙ iStockphoto

Autorinnenportrait: © Mats Karlsson (für htw saar)

 

DOI: https://doi.org/10.24053/9783381103829

 

© UVK Verlag 2024— Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

 

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich.

 

Internet: www.narr.deeMail: [email protected]

 

ISBN 978-3-381-10381-2 (Print)

ISBN 978-3-381-10383-6 (ePub)

Inhalt

Wer liest schon ein Vorwort1 Warum lese ich dieses Buch? Eine EinführungStrukturelle VerschiebungenDie Einbeziehung von EinheimischenTourismus, Armut und EntwicklungCommunity-based TourismLeitfragenAbgrenzung2 Was mache ich hier? Einige GeschichtenEin Schuster in Barcelona – Die BegegnungRachel – Die Öffnung des PrivatenJuma – Mit Street Art und Fahrrädern zum Frieden findenGrootbos – Mit Fußball den Fynbos rettenUthando (Love) South Africa – Netzwerke aufbauenBAP SA – Mit Touren und Malkursen Kunsttherapie finanzierenCBT Kirgistan – Ein Netzwerk von CBT-ProjektenBayahibe – Hoffen auf den anderen TourismusThailand Community-based Tourism Institute – Sustainable LeaderTaquile Island, Peru – Alles unter (weiblicher) Kontrolle?Community Gärten in Deutschland – Himmelbeet und Neuland e. V.Fazit3 Worum geht es? Grundlagen3.1 GemeinschaftCommunity, Communitas und KommunitarismusVorteile von Gemeinschaft: Vertrauen und soziales KapitalKollektivgüter (public and common goods)Liquid Modernity3.2 KulturKultur und WirtschaftKulturtourismus3.3 Tourismus3.4 Tourist:innen und touristisches Handeln3.5 Die Folgen des ReisensÖkonomische Potenziale und Leakage-EffektUmwelt und natürliche RessourcenGesellschaft und Kultur3.6 Verantwortung, Menschenrechte und EmpowermentMenschenrechte im TourismusFrauenrechte im TourismusKinderrechte und Schutz von KindernSDGs als Rahmen für den Tourismus?3.7 Aktualität des Themas4 Worüber reden wir? Begriffe und Konzepte4.1 Die Konzepte des CBTGeschichteDie fünf Bs des Community-based Tourism4.2 Berücksichtigung – Interessen und EmpowermentEmpowerment4.3 Benefit – Das wirtschaftliche ModellGenerierung von EinnahmenInvestitionenSchaffung von ArbeitsplätzenFinanzierungmöglichkeitenZahlungsbereitschaftHerausforderung: Kommerzialisierung und Verteilung4.4 Begegnung – Der soziale Ansatz4.5 Bewertung und Werte4.6 Zwischenfazit: Dynamisches 5-B-Modell5 Wer macht mit? Motive, Absichten, Strukturen5.1 Community members – Wer sind die locals?Einzelpersonen5.2 ReisendeTendenzenMethoden und InstrumenteCase Study SAAttraktionenBesucher:innenmanagementStorytelling5.3 Tourismuswirtschaft: Mehr als ein Geschäft?5.4 Mittler: TourguidesTourguide in Kapstadt – Grundlagen und RegelwerkeTourguide in Mumbai – Grundlagen und RegelwerkeVergleich Kapstadt und MumbaiTatsächlich umgesetzte Maßnahmen5.5 Digitale Plattformen: Ein weiteres Geschäft?5.6 NGOs, NPOs: Inzwischen auch ein Geschäft?5.7 Hochschulen etc.5.8 Regulierung und Gestaltung des Angebots5.9 Zwischenfazit: Zu viele Interessen?6 Worauf muss ich achten?6.1 Eine bessere Form des Reisens oder Voyeurismus?6.2 How to?Entwicklung von CBT-StrategienÜbung zur Entwicklung von CBT-AngebotenEntwicklung einer Community Walking TourNetzwerkeUmgang mit Stereotypen – Es gibt das und das.7 Wie geht es weiter? Fazit und AusblickNur ein Marketing-Begriff?Wie wir lebenWer wir sindWas wir hoffenWas wir wissenWas bleibtLiteraturverzeichnisWebsites mit Checklisten und anderen InstrumentenRegister

Wer liest schon ein Vorwort

„Wherever you go becomes a part of you somehow.“

Anita Desai

 

Dieses Buch weicht in der Zielsetzung von anderen Lehrbüchern ab, da es Fragen und keine Antworten in den Mittelpunkt stellt.

Die CommunityCommunity ist beliebt – sowohl in der Wissenschaft mit der scientific community als auch im Alltag mit zahlreichen Online-, Gardening-, Do-it-Yourself-Communities. Meine Community gibt mir Halt und ist vor allem ein Gefühl des Miteinanders und der Verbundenheit. Wir teilen Werte und gemeinsam verfolgen wir Ziele. Durch die regelmäßigen Interaktionen werden vertrauensvolle Beziehungen aufgebaut.

Soziolog:innen haben genau diese Eigenschaften als Merkmale einer Gruppe definiert. Der Begriff Gruppe klingt jedoch antiquiert und wird auch für eine Mengenangabe (mehrere Menschen) oder eine Gruppierung (Kategorie) verwendet. Community hingegen ist modern, lebendig und digital.

Was aber hat Community mit Community-based Tourism (CBT) zu tun? Kann diese (alternative) Form des Tourismus tatsächlich von Nachbarschaften und Dorfgemeinschaften organisiert, verwaltet und zum Nutzen aller Mitglieder vermarktet werden? Ganz ohne Tourismusexpertise?

Ist CBT dasselbe wie Tourismus in einer Community? Wieso werden Touren in Stadtgebieten, die offiziell als Slum oder Township bezeichnet werden, inzwischen auch als Community-based Tourism bezeichnet? Darf ich als Reisende solch ein Angebot nutzen oder ist es Voyeurismus?

Um diese und weitere Fragen zu beantworten, wird in → Kapitel 1 zunächst auf Verschiebungen im Tourismus eingegangen. Um sich der Vielzahl von Ausprägungen des Begriffs Community-based Tourism zu nähern, werden in → Kapitel 2 einige Geschichten erzählt. Im Mittelpunkt stehen ein Schuster in Barcelona, Rachel und Juma in Kapstadt sowie eine Insel im Titicacasee. Da es sich hier um ein Lehrbuch handelt, folgt mit → Kapitel 3 ein stärker theoretisch ausgerichteter Teil mit einer Klärung von Konzepten und Theorien zu Gemeinschaft, Kultur und touristischem Handeln. Erst in → Kapitel 4 steht das eigentliche Thema Community-based Tourism im Fokus. Es wird ein Modell vorgestellt, welches den zentralen Begriff der BeteiligungBeteiligung (participationParticipation) in vier weitere Begriffe – Berücksichtigung, Benefit, Begegnung und Bewertung – aufteilt. Ausgehend von dem 5-B-Modell folgt in → Kapitel 5 eine Analyse der Motive und Absichten von Akteur:innen wie locals, Reisenden, Tourismuswirtschaft und vermittelnden Organisationen, z. B. Non-Profit-Organisationen sowie der Verflechtungen zwischen ihnen. Um zukünftig mit den sichtbar gemachten Verflechtungen sowohl als Reisende als auch als CBT-Aktive verantwortungsvoll(er) umgehen zu können, bietet → Kapitel 6 einige Checklisten und Instrumente an. Auch wenn → Kapitel 7 den Titel „Fazit und Ausblick“ trägt, finden sich in diesem keine Antworten, sondern Verweise auf Fragen, die größer und älter sind als die in diesem Buch gestellten, bspw. danach, wer wir sind.

Wer ich bin – so wurde während des Schreibens wieder sehr deutlich – hängt nicht zuletzt von den Personen ab, die mich umgeben und begleiten. Deswegen widme ich dieses Buch den Menschen, die ich Familie nenne. Darüber hinaus bedanke ich mich bei den vielen anderen, die mit mir über ihr Verständnis von Community sprachen sowie bei meinem Lektor Rainer Berger für die vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Köln, Februar 2024

Kerstin Heuwinkel

1Warum lese ich dieses Buch? Eine Einführung

Communities sind in. Sowohl in der Wirtschaft als auch in der Wissenschaft und im täglichen Leben ist die Rede von der oder meiner CommunityCommunity, in welcher sich Menschen begegnen, austauschen und vertrauensvoll unterstützen. Auch im Tourismus wird mit Communities als Erlebnis und Community-based Tourism (CBT) als alternative und bessere Form des Reisens geworben. Aus tourismussoziologischer Perspektive ist danach zu fragen, was dahintersteckt. Es sollte versucht werden (deutend) zu verstehen, was Menschen in Communities suchen, was ihnen demzufolge fehlt und wie die Tourismuswirtschaft damit umgeht. Da CBT die traditionellen Pfade des Tourismus verlässt und in die Lebenswelten von Menschen in gemeinschaftlichen Gefügen vordringt und diese gemäß touristischer Vorstellungen und Blicke verändert, müssen die Konsequenzen analysiert und diskutiert werden. Es besteht die Herausforderung, Verantwortung für die durch CBT initiierten Veränderungen zu übernehmen und wenn möglich negative Folgen zu verhindern. Eine Voraussetzung dafür ist eine fundierte Analyse struktureller Verschiebungen im Tourismus.

Strukturelle Verschiebungen

Tourismus verändert sich ebenso wie Gesellschaft (Heuwinkel, 2023). Auch wenn der Urlaub (und manche GeschäftsreiseGeschäftsreise) weiterhin ein Gegengewicht zum Alltag darstellt, kann das Weiter-So der letzten Jahre nicht aufrechterhalten bleiben. Das liegt weniger an einem (wünschenswerten) moralischen Umschwenken der Tourismuswirtschaft als an weltweiten Krisen, schwindenden Ressourcen und einem steigenden Selbstbewusstsein vieler Länder, die lange Zeit „bereist“ wurden, ohne in die Gestaltung des Reisens einbezogen zu sein.

Ein weiterer Aspekt ist, dass zunehmend Menschen aus Ländern reisen, die lange Zeit nicht oder nur zeitlich sehr begrenzt reisen konnten. Das prominenteste Beispiel dafür ist China. Hinzu kommen Länder wie Indien, Brasilien und Südafrika. Ebenso gewinnt die Tourismuswirtschaft in Regionen an Bedeutung, die nicht zu den klassischen Urlaubsländern zählen. Ein Beispiel ist Usbekistan. Schließlich finden sich Prognosen, die davon ausgehen, dass klimatische Veränderungen, insbesondere Hitzewellen in Zentral- und Südeuropa zu einer Verschiebung der Reiseziele in Richtung nördlicher Regionen führen. Durch den beschriebenen Wandel verändert sich die Verteilung und damit auch die Rolle der einzelnen Länder und Regionen.

Die regionale Verschiebung geht einher mit Anspruchs- und Verhaltensänderungen. Die von Poon (2003) vor Jahrzehnten beschriebenen hybriden Tourist:innen sind inzwischen – zumindest in den Erwartungen – multioptional. Mit steigender Reiseerfahrung erhöhen sich die Ansprüche. Die digitale Transformation erhöht Anforderungen an die Erlebnisse und ReizschwellenReize werden erhöht, was sich in der steigenden Nachfrage nach extremen Aktivitäten beim Reisen zeigt.

In Ergänzung zu Veränderungen auf der Nachfrageseite kommt es zu strukturellen Verschiebungen der Angebote. Neben international agierenden Großkonzernen und vielen nationalen und regionalen kleinen und mittleren Unternehmen bestimmen zunehmend Akteur:innen1 das touristische Angebot, die nicht in der Tourismuswirtschaft im engen Sinne angesiedelt sind. Dazu zählen insbesondere Non-Governmental OrganisationenNon-Governmental Organisationen (NGOs) und Non-Profit-OrganisationenNon-Profit-Organisationen (NPOs) sowie Einzelpersonen oder auch lokale Gemeinschaften (Communities) und Einheimische oder Ortsansässige (locals).

Die EinbeziehungEinbeziehung von EinheimischenEinheimische

Die Einbeziehung von Einheimischen erfolgt aus unterschiedlichen Motiven. Zum einen ist die Betrachtung der soziokulturellen Folgen eine Säule der Nachhaltigkeit, die seitens der Tourismuskritik bereits seit den 1970er-Jahren adressiert worden ist (Krippendorf, 1982). Zum anderen fordern localsLocals und Communities selbst eine größere Beteiligung, da die negativen Folgen des Tourismus einen immensen Einfluss auf die Lebensbedingungen haben und stellenweise Lebensgrundlagen zerstört werden. Die durch den Tourismus generierten ökonomischen Effekte können die nachteiligen Folgen für Umwelt und Gesellschaft nicht länger ausgleichen.

Schließlich steigt der Anteil der Reisenden, die nach Kontakt, Authentizität und Gemeinschaft (als Gegenpol zur Einsamkeit?) suchen, auch wenn die Gründe recht unterschiedlicher Natur sind und von ethischen Ansprüchen bis hin zum Ich-zentrierten Suchen nach dem besten Bildmotiv für Instagram reichen.

Abb. 1:

Anspruchsgruppen Community-based Tourism (eigene Darstellung)

Tourismus, ArmutArmut und Entwicklung

Tourismus wird in der Literatur häufig als eine Art Wundermittel für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung strukturschwacher und „armer“ Regionen definiert und kritisch reflektiert (Scheyvens, 2012). Das Argument lautet, dass im Gegensatz zu anderen Wirtschaftszweigen und Industrien die Anforderungen an Infrastrukturen und damit verbundene Investitionen gering sind. Es müssen keine Fabriken gebaut und Produktionsmittel an schlecht zugängliche Orte transportiert werden. Eine schöne Natur scheint als Attraktion zu reichen und das Fehlen von Komfort kann sogar als Luxus vermarktet werden. Darüber hinaus besteht die Tendenz, die Arbeit im Tourismus als wenig anspruchsvoll zu beschreiben, so dass auch in Regionen mit einem geringen Bildungsniveau geeignete Arbeitskräfte gefunden werden können1. Für die anspruchsvolleren Tätigkeiten jedoch werden Menschen aus Ländern mit einem höheren Bildungsniveau ebenso importiert wie hochwertige Produkte, die im Land nicht verfügbar sind. Idealerweise handelt es sich bei dieser Vorgehensweise nur um eine vorübergehende Lösung bis durch entsprechende Capacity-Building-MaßnahmenCapacity-Building-Maßnahmen im Land bzw. in der Region ausreichend qualifizierte Menschen „verfügbar“ sind. Ein Blick in Statistiken zu Beschäftigungszahlen im Tourismus, zu Qualifikationsmaßnahmen und der Arbeitsqualität im Tourismus trübt diese Hoffnungen (Winchenbach, Hanna & Miller, 2019).

Community-based TourismCommunity-based Tourism

Der Begriff Community-based Tourism (CBT) kann als Klammer für Tourismus, der lokale Gemeinschaften einschließt bzw. aus diesen hervorgeht gesehen werden (Ishihara, 2020). CBT wird seit den 1990er-Jahren als eine nachhaltige Form des Reisens und als Gegenmodell zum Massentourismus, beschrieben. Zahlreiche Studien haben allerdings gezeigt, dass es weder eine qualitative noch quantitative Alternative zum klassischen Tourismus ist (Goodwin, 2016).

Die Idee der Einbeziehung von CommunitiesCommunity in das Tourismusgeschäft hat seinen Reiz. Wie aber können lokale Initiativen, getragen von Menschen, die weder die Expertise noch die finanziellen Möglichkeiten haben, gegen einen Wirtschaftszweig antreten, die jährlich Milliarden erwirtschaftet und getragen ist von multinationalen Konzernen?

„CBT can […] be defined as tourism owned and/or managed by communities and intended to deliver wider community benefit.“ (Goodwin & Santili, 2009, S. 12)

Community-based Tourism ist in vielen Fällen zu einem Asset geworden, welches ähnlich wie natürliche Ressourcen in Tourismusprodukte integriert wird und darüber hinaus das Gewissen von Anbietenden und Reisenden beruhigt.

Einige Beispiele zeigen jedoch, dass CBT eine Lebensgrundlage für Menschen schafft und Non-Profit-Organisationen finanziert. Da das Spendenverhalten sich in den letzten Jahren massiv verändert hat, bieten sich touristische Produkte als ergänzende Finanzierungsquelle an. (vgl. BAP in → Kapitel 2)

Wie so oft im Tourismus kann nicht pauschal geurteilt werden, ob CBT mehr Vor- oder Nachteile bringt. Entscheidend ist hierbei vor allem die Frage: Wem bringt CBT Vorteile zu wessen Nachteil? Um dieses zu analysieren, müssen die Menschen hinter den touristischen Angeboten sichtbar gemacht werden.

Vor diesem Hintergrund ist eine kritische Betrachtung erforderlich, die Möglichkeiten und Grenzen aufzeigt. Es sind Reflexionen und Gespräche mit Betroffenen erforderlich, um Effekte sichtbar zu machen und diese im Anschluss gemeinsam differenziert zu bewerten. Ausgehend von den Ergebnissen der Analyse können Strategien entwickelt werden, um CBT so zu gestalten, dass die Community und die in ihr lebenden Menschen nicht nur als Kulisse dienen.

Ziel des Buches ist die Formulierung von Fragen, die entscheidend für die Gestaltung von CBT sind. Während für einige Bereiche Antworten und Modelle definiert werden können, sind viele andere nur schematisch abgesteckt. Ebenfalls finden sich widersprüchliche Aussagen, die daraus resultieren, dass die beteiligten Akteur:innen eigene und oft konträre Ziele verfolgen. Darüber hinaus bestehen in vielen Fällen deutliche ökonomisch, sozial und kulturelle bedingte Machunterschiede und darauf resultierende Abhängigkeiten, die eine offene Kommunikation erschweren.

Leitfragen

Die folgenden Fragen geben die Struktur des Buches vor:

Was ist mit Community gemeint und welche Erwartungen verbinden Menschen damit?

Was hat Community-based Tourism (CBT) mit Community zu tun?

Was ist der Unterschied zwischen Community-based Tourism, Tourism in Communities und Tourism for Communities?

Wie unterscheiden sich Community-based Tourism in ländlichen Regionen und in Städten?

Welche Bilder und Stereotype transportiert Community-based Tourism?

Welche Gestaltungsmöglichkeiten bestehen im Umfeld des Community-based Tourism und wer sind die verantwortlichen Akteur:innen?

Abgrenzung

Dieses Buch unterscheidet sich in Aufbau und Inhalt bewusst von anderen Büchern zum Community-based Tourism, die – primär in englischer Sprache – zahlreich vorliegen. Der Ansatz der Formulierung von Fragen wurde bereits vorgestellt. Im Mittelpunkt stehen die Sensibilisierung, die Schaffung von Aufmerksamkeit, die Entwicklung einer kritischen Haltung und die Aktivierung der Leser:innen.

Ein zweiter Unterschied besteht in der Gewichtung von Theorie und Praxis. In dem hier vorliegenden Buch stehen theoretische und konzeptionelle Überlegungen im Vordergrund, welche die gesellschaftlichen Grundlagen des Community-based Tourism beleuchten. Dieser tourismussoziologische Ansatz soll als Ergänzung für die Vielzahl geografischer und entwicklungspolitischer Ansätze dienen.

Drittens sind die in → Kapitel 2 vorgestellten Geschichten sehr viel kürzer und mit einer anderen Intention als die klassischen Case Studies (Walia, 2020) verfasst. Die nachfolgenden Geschichten dienen der Abbildung verschiedener Sichten und sollen eine Annäherung an unterschiedliche Motive und Bedürfnisse ermöglichen. Schließlich folgt das Buch einer kritischen Perspektive, die zum Nachdenken anregen will.

2Was mache ich hier? Einige Geschichten

Community-based Tourism (CBT) ist vielfältig und durch die enge Kopplung mit Gesellschaft und Kultur zahlreichen Einflüssen und Veränderungen unterworfen. In diesem Kapitel werden Geschichten von Einzelpersonen, von Organisationen und Regionen erzählt, die einen Eindruck von Inhalten und Folgen dessen vermitteln, was als CBTbezeichnet wird. Im Mittelpunkt steht eine Annäherung an das Thema und keine repräsentative Abbildung des CBT1.

Lernergebnisse dieses Kapitels

Sie haben ein erstes Verständnis dafür entwickelt, welche Vorstellungen mit Reisen verbunden sind, die unter dem Begriff des Community-based Tourism (CBT) subsumiert werden.

Sie haben mit der Reflexion über das Phänomen CBT begonnen.

Sie sind in der Lage, erste zentrale Elemente und Akteur:innen von CBT zu benennen.

Ein Schuster in Barcelona – Die Begegnung

DieBeispiele nachfolgende Begegnung fand vor 30 Jahren in Barcelona statt und damit zu einem Zeitpunkt als CBT noch kein großes Thema war. Die Autorin verbrachte einige Monate in Barcelona und als sich die Schuhsohle eines Schuhs löste, musste sie sich nach einem Schuster umsehen. Im Stadtteil Gràcia fand sie eine kleine Schusterwerkstatt, die heute als sehr authentisch beschrieben werden würde. Es war nicht das erste Geschäft und auch nicht die erste Begegnung mit einem Einheimischen. Dennoch unterschied sich der Besuch beim Schuster deutlich von den zuvor gemachten Begegnungen, da der Schuster nach eigener Aussage noch nie mit einer Deutschen oder anderen Tourist:innen zu tun hatte, da diese nur Dinge ansehen, die für Reisende interessant sind. Ein Schuster gehörte seiner Meinung nach nicht dazu. Nach dieser Aussage rief er seine Enkelinnen, die im Hinterzimmer spielten, damit sie die Frau aus dem Ausland sehen konnten.

Rachel – Die Öffnung des Privaten

Rachel Qangiso wurdeBeispiele vor etwa 80 Jahren geboren. Seit einigen Jahren hat sie ihr Haus für HomestaysHomestays geöffnet. In einem Gespräch beschrieb sie ihre Geschichte und die Zufälle, die dazu geführt haben, dass sie seit einigen Jahren Mahlzeiten und Übernachtungen anbietet. Ursprünglich hatte sie als Köchin für ein Ehepaar aus der Schweiz gearbeitet. Ihre Kochkünste sprachen sich herum und ein Nachbar schlug vor, in ihrem Haus Essen anzubieten. Diese Idee weitete sich dazu aus, dass sie freie Räume für Übernachtungen anbot. Der Schritt, die Türen ihres Hauses für Weiße zu öffnen, war ein tief emotionales Erlebnis, da zu Zeiten der Apartheid Weiße ohne Erlaubnis Wohnungen und Häuser betreten hatten und viel Leid angerichtet hatten. Mit den Jahren hat Rachel sich jedoch daran gewöhnt und viele der Gäste haben weiterhin Kontakt mit ihr.

Die Einnahmen nutzt sie für die Familie und für sich sowie für Menschen in ihrem Umfeld, die Hilfe benötigen. Die Vermittlung erfolgt über persönliche Empfehlungen. Ein Bekannter hat angeboten, sie beim Online-Marketing zu unterstützen. Rachel bevorzugt aber die persönliche Vermittlung.

Die Frage nach Konflikten beschrieb Rachel zurückhaltend, wenn sie sagte, dass auch ihre Nachbarinnen inzwischen Mahlzeiten und Übernachtungen anbieten und man sich seitdem nicht mehr so häufig privat trifft.

Juma – Mit Street ArtStreet Art und Fahrrädern zum Frieden finden

Juma Mkwela – geborenBeispiele in Malawi und aufgewachsen in Simbabwe – beschreibt sich als Künstler mit einem großen Herzen und einer Leidenschaft für seine verschiedenen Communities. Nachdem er vor politischen, sozialen und wirtschaftlichen Unruhen geflohen war, zog Juma in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft nach Südafrika. Dort wurde er Opfer der fremdenfeindlichen Angriffe. Beim Nachdenken über seine Erfahrungen, erkannte Juma nach eigenen Aussagen, dass viele fremdenfeindliche Handlungen auf einen Mangel an Bildung und Verständnis für andere Kulturen zurückzuführen sind. Es entstand die Idee, Führungs- und Entwicklungsprogramme zu verbinden. Im Jahr 2009 lernte Juma den berühmten südafrikanischen Straßenkünstler Freddy Sam kennen. Die Inspiration, die sich aus der Begegnung mit Freddy ergab, sowie das wachsende öffentliche Interesse an Straßenkunst führten zur Gründung von Juma Art Tours. Die Fußball-Weltmeisterschaft brachte eine wesentliche Veränderung in sein Leben. Adidas als einer der Hauptsponsoren investierte in künstlerische Projekte in Woodstock, Kapstadt. Inzwischen bietet Juma unterschiedliche Aktivitäten und Touren in Khayelitsha an. Dazu gehören ein Gartenprojekt, ein Fahrradverleih, ein Café als Treffpunkt und auf Wunsch auch Kochkurse.

Die in der Community stattfindenden Aktivitäten haben nach Jumas Aussagen eine positive Wirkung auf das Umfeld, weil sie zeigen, dass etwas verändert werden kann. Die künstlerische Gestaltung führt zu einer Aufwertung des Stadtteils Woodstock und soll nun auch in Khayelitsha fortgesetzt werden. Das Fahrradprojekt hat Juma mit kostenlosen Fahrradkursen für Frauen verbunden, damit diese mobiler werden können. Im Fahrradgeschäft sind junge Menschen beschäftigt.

Abb. 2:

Woodstock Street Art (eigene Aufnahme)

Abb. 3:

Khaltsha Cycles (eigene Aufnahme)

Grootbos – Mit Fußball den Fynbos retten1

Grootbos Private Nature ReserveGrootbos Private Nature Reserve (Grootbos) in Gansbaai, Südafrika ist heute eines von weltweit zehn Global Ecosphere Retreats (GER) und giltBeispiele als Vorzeigeprojekt für nachhaltigen Tourismus, der sowohl Naturschutz als auch Gesellschaft und lokale Ökonomie berücksichtigt. Weder dieser Status noch die Spezialisierung auf Tourismus waren intendiert. Beim Kauf des Grundstücks und in den ersten Jahren des Betriebs wurden einfache Unterkunftsmöglichkeiten, um Bekannte zu beherbergen und Einnahmen zu generieren. Im Vordergrund stand die Erschließung der Tier- und vor allem der Pflanzenwelt, von denen viele nur in dieser Region wachsen können. (Endemiten)

1995 fiel die Entscheidung, das Modell der Beherbergung zu verändern und Luxus-Unterkünfte im Fünf-Sterne Bereich anzubieten. 2003 wurde die Grootbos Foundation als Stiftung gegründet, die seitdem die Umwelt- und Sozialprojekte durchführt. Was mit dem Schutz der Fynbos begann, hat zu zahlreichen Projekten und Tochtergesellschaften geführt, z. B. der Football Foundation 2008.

Das Green Futures Horticulture and Life Skills College wurde gegründet und bot das erste Programm in Südafrika an, das darauf abzielte, arbeitslose Jugendliche vor Ort auszubilden. Die Ausbildung kombiniert Grundwissen im Gartenbau heimischer Pflanzen und grundlegende Kompetenzen (life skills) wie Computerkenntnisse und den Erwerb einer learner licence (Vorstufe des Führerscheins).

Community – als drittes Element der Vier-C-Strategie mit Conversation, Culture, Community und Commerce – adressiert die Tatsache, dass die Mehrheit aller Projekte durch Bedürfnisse der Communities angestoßen wird. Zu den Projekten gehören die Ausbildung von Fachkräften in den Bereichen Gartenbau, Hauswirtschaft und Service. Die Masakhane Community Farm bietet landwirtschaftliche Ausbildung und Raum für die lokale Gemeinschaft, um ihre eigenen Lebensmittel anzubauen, die sie zur Ergänzung ihrer Ernährung oder zum Verkauf verwenden können. Ein wesentlicher Aspekt ist die Stärkung von Frauen (female empowerment), da diese häufig alleinstehend und für die Kinder verantwortlich sind. Ausreichende und gute Ernährung sind drängende Probleme. Die Grootbos Foundation bietet auch außerschulische Sportaktivitäten und Umweltbildungsprogramme sowie ein High-School-Programm mit 20 lokalen Grundschulen und sechs lokalen Schulen an (Stand 2021).

„Our Vision: The Conservation of the Cape Floral Kingdom and the upliftment of the communities therein.“ (Grootbos Foundation, 2023)

Grundlage für die Ermittlung der Bedürfnisse der Communities sind regelmäßige Befragungen sowie Gespräche mit Entscheider:innen innerhalb der Community. Eine Herausforderung sind komplexe Machstrukturen innerhalb der Communities, die fehlende Integration mancher Personengruppen sowie Konkurrenz zwischen den drei Communities.

Uthando (Love) South Africa – Netzwerke aufbauen

Uthando Social Development ProjectsUthando Social Development Projects, South Africa, kurz Uthando (Love) definiert sichBeispiele als Dachorganisation, die existierende Community-Development-Projekte unterstützt, indem sie auf diese aufmerksam macht, Spenden generiert und mit dem Tourismus verknüpft. Zunehmend werden eigene Projekte, u. a. der Bau einer Schule, initiiert und realisiert. Aufmerksamkeit erreicht Uthando (Love) einerseits durch MarketingMarketing- und Kommunikationsmaßnahmen. Neben der Website nutzt Uthando Newsletter, die Teilnahme an Konferenzen, die persönliche Ansprache von Einzelpersonen und Unternehmen sowie die Durchführung von Events, um auf sich und aktuelle Projekte aufmerksam zu machen. Die zweite Herangehensweise besteht im Angebot von Touren, die als respectful, life-changing Philanthropic Educational Excursions beschrieben werden. Bausteine der Exkursionen sind von Uthando geförderte Projekte. Um als Projekt infrage zu kommen, müssen einige Anforderungen erfüllt sein, u. a. muss das Projekt Community-based, als Non-Profit-Organisation offiziell registriert sein und einen jährlichen Bericht über Aktivitäten und Finanzen vorlegen. Ebenfalls muss der Nutzen für die Community nachgewiesen werden. Beispiele für Projekte sind Community-Gärten, kulturelle Projekte (Gesang, Tanz, Malerei), Kindergärten und Schulen.

„Uthando seeks to connect tourism, a catalyst, to community development projects that uplift those in need.“ (Uthando, 2023, o. S.)

Die zentralen Personen bei Uthando sind James Fernie (Founding Director) und Xolani Maseko (Philantrophic Guide). Die Exkursionen sind preislich im oberen Segment angesiedelt und viele Teilnehmer:innen übernachten in Vier- oder Fünf-Sterne-Hotels und sehen die Exkursion als sinnvolle Ergänzung zum Aufenthalt.

BAP SA – Mit Touren und Malkursen Kunsttherapie finanzieren

Während Uthando (Love) undBeispiele die Grootbos Foundation beide seit mehreren Jahren fest mit dem Tourismus verbunden sind und die Geschäftstätigkeiten entsprechend gestaltet haben, hat das Butterfly Art Project in Vrygrong, Kapstadt, erst im Frühjahr 2023 mit einer intensiven Auseinandersetzung mit touristischen Aktivitäten begonnen. Das BAP besteht seit mehr als zehn Jahren (2011) und bietet in einem Gebäude direkt neben der Primary School (ähnlich einer Grundschule, aber oft die einzige Schulbildung) sowohl kunsttherapeutische Kurse als auch grundlegende Programme für Kinder an, die aus unterschiedlichen sozialen Gründen keine Schule besuchen können (Love Bugs). Ein zentraler Ansatz des BAP ist neben der therapeutischen Arbeit mit Kindern die Ausbildung von Art FacilitatorsArt Facilitator aus den Communities heraus, um dort Fähigkeiten und Kompetenzen zu entwickeln.

Nachdem die Finanzierung (Personal, Material, Ausstattung der Gebäude) über zehn Jahre über Spenden finanziert wurde, führt verändertes Spendenverhalten zu einem Umdenken und der Suche nach anderen Einnahmemöglichkeiten. Es besteht die Überlegung, die sporadischen Nachfragen nach einem Besuch des BAPs und eine Führung durch das Umfeld als separate Leistung über eine Non-Profit-Company anzubieten. Die dort generieten Einnahmen würden nach Abzug der Kosten in das BAP fließen.

Unsicherheiten bestehen vor allem im Bereich der Vermarktung und der praktischen Umsetzung. Besondere Vorsicht ist geboten, da die eigentliche Arbeit mit den Kindern nicht gestört werden soll und diese unbedingt geschützt werden müssen. Seitens der Community wurden bereits Erwartungen formuliert, was im Rahmen der Tour besucht wird, wer partizipieren und profitieren möchte.

CBT Kirgistan – Ein Netzwerk von CBT-Projekten1

CBT Kirgistan gilt als VorzeigemodellBeispiele für räumlich verteilten Community-based Tourism in einem Land, das durch traditionelle semi-nomadische Lebensweisen geprägt ist. Das Vorhaben besteht seit mehr als 20 Jahren und wurde zu Beginn primär über Gelder der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit finanziert.

Die Kyrgyz Community Based Tourism Association „Hospitality Kyrgyzstan“ (KCBTA) fungiert als Dachverband für im Land verteilte Community-Projekte von denen die meisten sowohl Übernachtungen als auch Verpflegung und Wanderungen anbieten. Ziel des Verbandes ist es, die Lebensbedingungen in abgelegenen Bergregionen durch die Entwicklung eines nachhaltigen Ökotourismusmodells zu verbessern, indem die lokalen Natur- und Erholungsressourcen verantwortungsvoll genutzt werden. Die KCBTA mit Sitz in der Hauptstadt Bischkek ist ein Dachverband, der 15 verschiedene Communities (CBT-Gruppen) vereint.

BaumgartnerundPöllabauer (2021) formulieren fünf Gründe für den Erfolg von CBT in Kirgistan:

Gastfreundschaft

nomadischer Lebensstil als Attraktion

langsame und partizipative Gestaltung des CBT inklusive Schulungen und Coaching

Gründung eines Dachverbandes sowie

eine vergleichsweise stabile politische Lage und der politische Wille zur Förderung des Tourismus.

Abb. 4:

CBT-Projekte in Kirgistan (Website, 2023)

Bayahibe – Hoffen auf den anderen Tourismus

Auch wenn in derBeispiele Dominikanischen Republik zahlreiche Initiation zu einem anderen Tourismus existieren, dominiert weiterhin der Massentourismus, zum Teil mit sehr ambitionierten Plänen in Richtung des Umweltschutzes. Fast alle Tourist:innen sind in Resorts am Strand untergebracht und Ausflüge werden mit großen Reisebussen realisiert. Bayahibe ist ursprünglich ein Fischerort und am frühen Morgen liegen noch einige Holzboote am Strand. Geprägt ist das Bild jedoch von modernen Booten, die im Uferbereich und im flachen Wasser liegen und den Zugang zum Wasser versperren. Die Boote sind alle mit ein bis zwei starken Motoren ausgestattet, damit die Gäste, die gegen 10 Uhr aus den Reisebussen steigen, schnell zur Insel Saona gebracht werden können. Diese ist vom Aussehen her das, was viele Menschen aus der Bacardi Werbung kennen und tatsächlich ist der Konsum von Alkohol eine der wenigen möglichen von den Tourist:innen genutzten Aktivitäten auf der Insel. Während die meisten Tourist:innen auf dieser Insel sind, besuchen nur wenige Individualreisen Bayahibe, um dort ein Schnorchel- oder Tauchtour zu beginnen. Kleinere Pensionen bieten Zimmer an und Einheimische versuchen, Souvenirs zu verkaufen. In Interviews beschrieben sie die Versuche, vom Tourismus zu profitieren, der aber fast komplett an ihnen vorbeifließt. Ähnlich sieht es mit dem nahegelegenen Nationalpark Cotubanamá aus, der nur selten besucht wird, obwohl die Höhlen ein großes touristisches Potenzial haben. Um diese in Kombination mit den Ansätzen der Einheimischen zu verbinden, müsste vieles kombiniert, koordiniert und entwickelt werden. Wie das gelingen kann, zeigt ein Zusammenschluss von 14 Provinzen im Norden des Landes (el Cibao) (TCS, 2023).

Abb. 5:

Wartende Reisebusse (eigene Aufnahme, 2023)

Abb. 6:

Wegweiser Bayahibe (eigene Aufnahme, 2023)

Thailand Community-based Tourism Institute – Sustainable Leader

Potjana SuansriSuansri, Potjana gilt alsBeispiele Pionierin des CBT in Asien, da sie vor mehr als 30 Jahren in diesem Bereich aktiv wurde. Zunächst als Sozialarbeiterin beschäftigt, erkannte sie früh die Möglichkeiten des Tourismus für die Landbevölkerung. In einem Interview mit Sustainable Leaders in Tourism (→ Kasten) beschreibt sie die Entwicklungen und Veränderungen des CBT hinsichtlich der Zielsetzungen, der Anspruchsgruppen und vor allem der Ausgewogenheit von sozialen, ökonomischen und ökologischen Zielsetzungen.

„We considered ‘benefits’ holistically: social, cultural, economic and environmental. I wondered how tourism in villages could foster mutual respect and cross-cultural learning: a paradigm shift from customer-service provider to the host-guest relationship.“ (Interview: Suansri, 2019)

Neben Projekten in Thailand war sie auch in einigen afrikanischen Ländern (z. B. Gambia) in CBT-Projekte eingebunden und stellt fest, dass es trotz regionaler Unterschiede einige zentrale Elemente für den Erfolg von CBT gibt.

Phasen des CBTCommunity-based Tourism, Phasen (basierend auf Suansri, 2019)

1980–1990 | Initiierung des Responsible Ecological Social Tours Project (REST) in einer Zeit, in der die thailändische Regierung die Arbeit von NGOs weder förderte noch wertschätzte.

„We helped community members to design tours which challenged public misperceptions that all local, ‘hilltribe’ communities were engaging in slash and burn agriculture. The tours helped visitors to have a more nuanced understanding of sustainable and unsustainable practices.“

 

1994–1997 | Es werden CBT Touren für Thailänder:innen angeboten, damit diese mehr von ihrem Land und der Kultur verstehen. Da keine Reiseveranstalter Interesse an CBT haben, wird REST als Reisveranstalter registriert.

 

1998–2003 | Erfahrungen und Begegnungen mit Einheimischen (locals) werden auch für internationale Reisende interessant und es werden unterschiedliche Quellmärkte und Zielgruppen angesprochen (Familien, Senior:innen, Volunteers und Studierende). Die Tourism Authority of Thailand (TAT) sieht CBT weiterhin maximal als Nischenmarkt.

 

2004–2013 | Trends wie responsible tourism und Voluntourism sowie andere Formen, die Lernen und Erfahrungen in den Mittelpunkt stellen erhöhen die Nachfrage nach CBT. Außerdem zeichnen sich Vorteile des CBT gegenüber anderen Formen des Tourismus ab.

„Telling their stories to visitors stimulated pride and sense of belonging among local communities, generated extra income and promoted cultural exchange among guests and hosts.“

 

In Zusammenarbeit mit dem Thailand Research Fund gründete REST das Thailand Community Based Tourism Institute (CBT-I), eine Forschungs- und Entwicklungsorganisation, die CBT-Projekt- und Produktentwicklung, Vernetzung und MarketingMarketing unterstützt.

 

Seit 2014 | Etablierung und Ausweitung von CBT ausgehend von einem holistischen Ansatz der Kultur, Umwelt und Wirtschaft miteinander verbindet.

„As CBT has become more mainstream, government and NGOs have jumped on the CBT bandwagon with a narrower focus on quantity and economic benefits. As a result, a significant number of new, weak destinations have been developed without a holistic, balanced understanding of the CBT concept; without learning from past work; without working closely with local communities; and without considering local realities of supply and demand.“

 

Aufgabe: Recherchieren Sie nach dem aktuellen Status des CBT-I und analysieren Sie, wie mit der steigenden Nachfrage umgegangen wird.

Taquile Island, Peru – Alles unter (weiblicher) Kontrolle?

Taquile Island weist im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen Beispielen als geografische Besonderheit auf, dass es sich um eine Insel im seit 1972 als UNESCO WeltkulturerbeWeltkulturerbe definierten Titicacasee handelt. Damit ist eine eindeutige Abgrenzung einschließlich einer einfach zu kontrollierenden Zugangsbeschränkung möglich. Das auf der Insel seit Generationen ausgeübte Kunsthandwerk der textilen Gestaltung wurde 2005 in die Liste des intangiblen kulturellen Welterbes aufgenommen. Taquile Island wurde von der UNWTO als Best Tourism Village (→ Abbildung 7) ausgewählt. In einigen Dokumenten finden sich Aussagen dazu, dass die Kontrolle des Zusammenhalts der Community stark durch Frauen geprägt ist.

Abb. 7:

Logo Best Tourism Village

Abb. 8:

Die Stadt ist unser Garten

Community Gärten in Deutschland – Himmelbeet und Neuland e. V.

Nach Beispielen ausBeispiele