Das Alien unter der Kappe - Peter Horn - E-Book

Das Alien unter der Kappe E-Book

Peter Horn

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Beschreibung

Eigentlich ist es eine ganz normale Familie, in der Benni lebt - mit seiner nervigen Schwester Lena, seiner musicalariensingenden Mama und seinem Papa, einem Pinguinforscher. Doch als eines Tages Aloisius, ein kleines Alien mit Flügeln, unter Bennis Baseballkappe auftaucht, schlittern sie alle in ein Abenteuer, das sie zu einer fleischfressenden Riesenpflanze in den Dschungel, zu boxenden Kängurus nach Australien und sogar zu schießwütigen Pinguinen in die Antarktis führt und das keiner von ihnen so schnell vergessen wird ... Peter Horn hat eine lustige und spannende Geschichte um Freundschaft und den Zusammenhalt einer Familie geschrieben, deren Mitglieder immer dann, wenn es drauf ankommt, füreinander da sind. "Mit der unterhaltsamen Geschichte dürften nicht nur Kinder ihre Freude haben. So mancher Erwachsener könnte sich oder Mitglieder seiner Familie darin wiederfinden. Das Buch ist eine gelungene Mischung aus köstlich erzählten Alltagssituationen und spannenden Fantasie-Abenteuern. Hoffentlich gibt es keinen Streit, ob es Eltern oder Kinder zuerst lesen dürfen!" (Martin Kalchhauser, NÖN)

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Seitenzahl: 172

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Peter Horn wurde 1964 in Krems an der Donau in Niederösterreich geboren. Er studierte Anglistik und Geschichte an der Universität Wien und absolvierte auch die Ausbildung zum Schulbibliothekar. Neben seiner Arbeit als Lehrer schreibt er Bücher für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Von Peter Horn sind mehr als dreißig Bücher schienen, darunter die Reiseerzählungen Licht zwischen Schatten (Literaturedition NÖ), die zwölfbändige Kinderbuchreihe Florian und die Geisterwelt (Bastei Verlag) und der Jugendroman Feuernebel (Fischer Schatzinsel). Seine Bilderbücher Weißt du, was ich werden will? und Wozu ist ein Papa da? (beide NordSüd Verlag) wurden in zwölf Sprachen übersetzt. Im Herbst 2024 erschien eine Auflage von Wozu ist ein Papa da? mit neuen Illustrationen im NordSüd Verlag, Zürich, und unter dem Titel The Best Daddy of All bei NorthSouth Books, New York.

Folgende Bücher von Peter Horn sind derzeit als überarbeitete Neuauflagen erhältlich:

Benedikt und die Schmetterlingsmenschen (Kinderbuch ab acht Jahren)

Das Alien unter der Kappe (Kinderbuch ab acht Jahren)

Feuernebel (Jugendroman ab 13 Jahren)

Peter Horn hat zwei erwachsene Söhne. Als sie Kinder waren, entstand während eines Sommerurlaubs aus ihren Ideen die Geschichte um Benedikt und seinen außerirdischen Freund.

Für Beni und Sebi, ohne deren Ideen es dieses Buch nicht gäbe.

Inhaltsverzeichnis

Mama singt

Die Stimme unter der Kappe

Die Kampfeinsatzversion

Agenten und Lichtjahre

Der geschmolzene Ken

Angriff der Krötireiter

Mein Papa

Butterbrote und Megarülpser

Nur die Vorhut

Die Glitschkrankheit

Angst um Papa

Ein Baum voller Krapfen

Mondlicht und Morgentau

Hypnosegesang

Das Schlangenchamäleon und die Spinnenraupe

Das viel zu schwere Leichtflugzeug

Die unermesslich tiefe Diamantenmine

Die Discohöhle

Hinuntergeglitscht

Das Buch des Bauchfaltenmannes

Die Kängurubrigade

Das Nagellackbildchen

Alienmüll

Der Pinguintanz

Die Barbiegöttin

Das Luftschiff und das Mutterschiff

An Deck

Ein tolles Team

Heimwärts

Mama singt

Ich bin der Benni. Ich bin zehn Jahre alt und habe vor einiger Zeit einen echten Außerirdischen getroffen. Das klingt zwar unglaublich, aber du kannst es mir ruhig abnehmen.

Es kam so. Wir waren auf dem Weg zum Kindergarten und zur Schule. Wir, das sind die Mama, die Lisa und ich. Die Lisa ist meine kleine Schwester. Sie ist erst fünf. Sie nervt, weil sie mir ständig mit ihren Puppen vor dem Gesicht herum fuchtelt. Ohne ihre drei Lieblingspuppen macht sie keinen Schritt. Ständig quasselt sie davon, wie wunderschön ihre Puppen sind und dass sie selbst auch einmal so schön wird. Weil sie auch so lange glänzende Haare hat wie ihre Puppen. Als ob mich das interessieren würde.

Die Mama nervt mich auch oft. Immer dann, wenn sie singt. Sie ist schon ziemlich alt. Ganz genau weiß ich’s nicht, aber mindestens über dreißig. Und sie ist der Meinung, dass an ihr eine ganz tolle Sängerin verloren gegangen ist. Deshalb singt sie den ganzen lieben Tag lang. Beim Kochen singt sie und unter der Dusche. Und sogar beim Einkaufsbummel mit der Tante Erika stimmt sie hin und wieder ein flottes Liedchen an. Da bin ich ja nicht dabei, aber die Tante Erika hat das mal erzählt. Sie hält Mamas Singerei auf die Dauer auch nicht aus. Das hat sie ihr einmal gesagt, als die beiden bei uns zuhause im Wohnzimmer gestritten haben. Aber mittlerweile haben sie sich wieder versöhnt und die Mama ist wieder fleißig am Singen.

Auch beim Autofahren hat sie meist ein Liedchen auf ihren roten Lippenstiftlippen. Sie singt zur Musik aus dem Autoradio. So laut sie kann und voller Leidenschaft und Begeisterung. Und leider schrecklich falsch. Das hat sogar einmal der Papa gesagt und der sagt normalerweise nur Gutes über die Mama.

Deshalb gab es heute früh im Auto das übliche Bild: Ich inmitten der puppenfuchtelnden Lisa und der falschsingenden Mama. Ich vertiefte mich in ein spannendes Spiel auf meinem Smartphone und versuchte, die verrückte Welt um mich herum zu vergessen. Und da ist es passiert.

Lisas Puppen starteten einen Angriff auf mein Handy. Eine von ihnen, die Lisa immer Ella nennt, versetzte ihm einen Fußkick. So schräg von unten. Das Handy rutschte mir aus den Händen. Es segelte quer durchs Auto und in Richtung von Mamas Schoß. Die Mama hatte sich gerade total in ein Lied hinein gesteigert. Voll unerfüllter Liebe und Herzschmerz und so. Darin wurde sie abrupt unterbrochen, als das Handy auf ihrem Schoß landete. Sie erschrak so sehr, dass sie voll auf die Bremse trat.

Gott sei Dank waren wir alle angeschnallt. Sonst wären wir wohl durch die Windschutzscheibe geknallt. So aber schrien wir nur auf. Die Mama schrie wie eine Opernsängerin, die ihren Liebsten nicht kriegen kann. Die Lisa schrie wie eine Barbiepuppe, der Ken den Haarspray versteckt hat. Und ich schrie wie einer, der fürchten muss, dass sein Smartphone kaputt gegangen ist. Und dann schrie noch jemand. Jemand, der sich unter meiner Baseballkappe befand.

Dazu musst du wissen, dass ich meine Baseballkappe liebe. Sie ist dunkelblau und hat das Zeichen der New York Yankees vorn drauf. Mein Papa reist ziemlich viel in der Welt herum. Von einer seiner Reisen nach Amerika hat er mir diese Kappe mitgebracht. Seitdem habe ich sie fast ständig auf, manchmal sogar beim Schlafen.

Meine Lehrerin wollte, dass ich sie während der Schulstunden abnehme. Das war am ersten Schultag in der ersten Klasse. Da habe ich zu weinen begonnen, ich war damals ja noch ein kleines Kind. Die Lehrerin hat deshalb meine Mama in die Schule bestellt und die beiden haben sich lang unterhalten. Die Mama hat ihr gesagt, dass mein Papa oft wochenlang nicht zuhause ist. Und ich zwar einen Vater habe, aber trotzdem zuweilen ein vaterloses Kind bin und mich die Kappe an ihn erinnert. Das hat sie toll hingekriegt, die Mama, denn jetzt darf ich die Kappe auch in der Klasse aufbehalten. Die Lehrerin hat sich schon längst dran gewöhnt und meine Freunde sagen manchmal, dass sie sich mich ohne meine Baseballkappe gar nicht mehr vorstellen können.

Und unter dieser Kappe kam jetzt im Auto eine Stimme hervor.

„Verflixt und zugenäht!“, rief diese Stimme. „Wo bin ich hier denn nur gelandet? Auf einem Irrenhausplaneten?“

Die Stimme unter der Kappe

Du kannst dir meinen Schreck vorstellen. Die Stimme kam von ganz dicht an meinem Ohr. So dicht, dass ich im ersten Moment glaubte, sie würde aus meinem Ohr kommen. Also aus mir drinnen. Was bedeutet hätte, dass ich zu einem dieser Verrückten geworden wäre, die glauben, Stimmen in ihrem Kopf zu hören.

Stimmen, die mir vielleicht ganz furchtbare Dinge befehlen würden. Wie zum Beispiel mein Zimmer aufzuräumen, bevor die Mama einen Anfall kriegt, weil sie sich keinen Weg mehr durch die Spielsachen und das Gewand auf dem Boden bahnen kann. Ich glaube, der Mama würde es abgehen, wenn sie nicht ab und zu einen Anfall wegen meines Zimmers kriegen könnte. Also ich meine, die Anfälle würden ihr richtig fehlen. Vielleicht würde sie dann noch mehr singen. Als Ausgleich sozusagen. Und das wäre doch nicht auszuhalten.

Oder stell dir mal vor, diese Stimme würde mir befehlen, der Lisa meine alten Spielsachen zu schenken. Die sind zwar Kleinkinderkram, was aber natürlich nicht bedeutet, dass ich sie der Lisa schenke. Die würde sich dann vielleicht einbilden, dass wir ewigen geschwisterlichen Frieden geschlossen hätten. Sie würde garantiert den Respekt vor ihrem großen Bruder verlieren. Das wäre eine Katastrophe für mich. Weil es muss doch klar sein, dass ich der Ältere und Stärkere und Klügere von uns beiden bin und sie bloß meine kleine dumme Schwester.

Aber auch für Lisa wäre so ein Heileweltfrieden nichts Gutes. Denn ohne ständiges Streittraining wäre sie bald nicht mehr vor den Härten des Lebens gewappnet. Dann könnte sie sich nicht einmal mehr gegen ihre doofen Freundinnen durchsetzen. Die arme Lisa! Und das alles nur wegen dieser Stimme in meinem Kopf!

Naja, in diesem Moment im Auto, also so zirka eine Sekunde nach dem Flug meines Gameboys quer durchs Auto und Mamas anschließender Vollbremsung, versetzte mir das Kreischen dieser Stimme einen solchen Schreck, dass ich mir mit einem Ruck die Kappe vom Kopf riss. Und dann glaubte ich, dass ich in Wahrheit träumte. Also, dass ich total weggetreten war, aber keinen blassen Schimmer davon hatte, dass es so war. Dass ich vielleicht vergessen hatte, mich anzugurten, und dass ich bei Mamas Bremsung so wie mein Smartphone nach vorn geschleudert worden und mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe geknallt war und eine Gehirnerschütterung hatte und bewusstlos war und dabei träumte und mir im Traum so eine durchgedrehte Weltraumgeschichte ausdachte.

Denn als ich mir meine Baseballkappe vom Kopf riss, hockte darin ein Wesen wie aus einem verrückten Comic. Und dieses Wesen starrte mir mit seinen weit aufgerissenen Glupschaugen direkt ins Gesicht.

Die Kampfeinsatzversion

Ich hatte aber keine Zeit, das Wesen genauer zu betrachten. Im nächsten Moment war es nämlich schon wieder unter meiner Kappe verschwunden.

„Ist euch eh nichts passiert? Geht’s euch gut?“, rief Mama.

Sie war echt besorgt. Verrenkte sich auf dem Fahrersitz, um zu sehen, ob ihre Kinder wohlauf waren.

Da konnte ich sie beruhigen. „Alles in Butter!“, meinte ich und bemühte mich, dabei möglichst cool zu klingen. Dabei setzte ich mir wieder meine Kappe auf. Selbst jetzt, da ich wusste, dass sich da dieses seltsame Ding darunter befand, spürte ich nichts davon. Obwohl das Wesen gar nicht so fliegengewichtig gewirkt hatte.

Um Mama zu beruhigen, zwickte ich Lisa in die Nase.

„Schau“, lachte ich, „auch am kleinen doofen Schwesterchen ist noch alles dran! Unkraut verdirbt nicht!“

Worauf mir Lisa einen Boxhieb in die Rippen versetzte und Mama sich daran machte, vom Randstein, an den sie gekracht war, wieder zurückzusetzen.

„Wenn ihr wieder streiten könnt“, meinte sie froh, „dann ist ja wirklich alles in Ordnung.“

In diesem Punkt war ich mir aber auf einmal nicht mehr so sicher. Die Lisa hatte nämlich anscheinend mitbekommen, dass mit meiner Kappe etwas nicht stimmte. Dreimal startete sie einen Überraschungsangriff, dem ich dreimal nur um ein Haar ausweichen konnte. Sie tat ganz unbeteiligt, schaute aus dem Fenster und pfiff dabei leise eine Fernsehmelodie vor sich hin. Unvermittelt grapschte sie dann nach dem Schirm der Kappe. Nur durch eine gekonnte Körperdrehung gelang es mir, ihrem Griff auszuweichen. Da es im Auto so eng war, knallte ich dabei einmal mit dem Kopf gegen die Scheibe. Bildete ich es mir nur ein oder war daraufhin wirklich ein kleiner schriller Schmerzensschrei dicht an meinem Ohr zu hören?

Ich stützte meinen Arm am Fenster ab und legte die Hand auf die Kappe. Damit war auch der Lisa klar, dass sie da nicht rankommen würde. Trotzdem warf sie mir ständig misstrauische Blicke zu. Ich war echt froh, als wir vor dem Kindergarten hielten und sie aussteigen musste.

Noch froher war ich, als der Vormittag vorbei war und ich aus der Schule nach Hause kam. Die Mama ist Lehrerin am Gymnasium und ich gehe in die Volksschule. Deshalb bin ich immer früher daheim als sie. Am Vormittag war ich keinen Moment allein. Keine Chance nachzusehen, ob das Wesen überhaupt noch unter meiner Kappe saß oder sich mittlerweile in Luft aufgelöst hatte. Was ja möglich gewesen wäre. Ich meine, es war ja auch so einfach von einem Moment auf den anderen aufgetaucht. Hätte sich doch genauso gut wieder verdünnisieren können.

Zweimal fragte ich während der Stunde, ob ich aufs Klo gehen dürfe. Beim dritten Mal wollte die Lehrerin wissen, ob ich eine Blasenentzündung hätte. Vor der ganzen Klasse fragte sie das und das war mir so peinlich, dass ich das Klogehen dann sein ließ. Hatte ohnehin keinen Sinn, weil ich auch die beiden Male, als ich dort war, nicht allein war. Fast war es, als wäre in unserer Schule die große Pinkelepidemie ausgebrochen. Echt zum Verzweifeln war das!

Wie immer ging’s natürlich auch im Schulbus rund. Du wirst verstehen, dass ich’s vor Neugier kaum mehr aushalten konnte, als endlich die Haustür hinter mir ins Schloss fiel. Ich riss mir die Kappe vom Kopf. Zur Vorsicht hielt ich sie so weit vor mich hin, wie meine Arme reichten. Man konnte ja nie wissen, was so einem seltsamen Wesen alles einfiel. Also lieber auf Nummer sicher!, dachte ich, und so stürmte ich in mein Zimmer.

„Zeig dich!“, rief ich in meiner wagemutigsten und bedrohlichsten Stimme. „Wer bist du? Und was suchst du unter meiner Kappe?“ Meine Stimme war wirklich zum Fürchten. Auf die Lisa hätte sie so gewirkt. Zumindest denke ich das.

Doch auf das Wesen machte sie nicht diesen Eindruck. „Ich habe schon geglaubt, ich komm unter diesem Ding gar nicht mehr hervor!“, schimpfte es.

„Ich hab die meiste Zeit die Hand auf die Kappe gehalten“, erklärte ich. „Damit du nicht wieder in einem unpassenden Moment hervorkommst und alles durcheinanderbringst. Und du kannst mir glauben: Es war ganz schön anstrengend, alle Schulaufgaben einhändig zu erledigen.“ Ich schnaufte. „Die Lehrerin hat ständig geglaubt, ich zeige auf. Besonders im Rechnen war das peinlich, denn da bin ich nicht so gut. Wenn sie mich drangenommen hat, hab ich nicht gewusst, was ich antworten soll.“

„Ich ersticke fast da drunter und du beschwerst dich wegen deiner Schulaufgaben!“ Die Stimme des Wesens überschlug sich fast vor Entrüstung. „Du bist mir vielleicht einer!“

Ehrlich gesagt fürchtete ich mich fast ein bisschen vor dem Wesen. Es machte in diesem Moment einen ziemlich wütenden Eindruck auf mich. Es war ja wahrlich kein Riese. Es war grade mal so groß wie meine Handfläche. Es trug so etwas, das wie eine Art silbrig schillernder Skianzug aussah. Aber einer in Strandversion, weil der Oberteil kurze Ärmel hatte. Dazu schwarze, kniehohe Stiefelchen. Mit so einem praktischen Klettverschluss, bei dem man keine Schnürsenkel binden musste - was, wie jedes Kind in meinem Alter weiß, ja gar nicht immer so einfach ist.

Doch trotz dieses putzigen Aufzugs wirkte das Wesen auch ein bisschen bedrohlich auf mich. Der Grund dafür war seine Haut. Die leuchtete irgendwie so grell, dass ich die Augen zusammenkneifen musste, wenn ich das Wesen ansah. Und sie wechselte ständig zwischen dunkellila und türkisgrün. In der Früh im Auto war die Haut gleichbleibend bläulich gewesen. Also Vorsicht!, dachte ich. Ich hatte ja nicht den blassesten Schimmer, wozu ein solches Wesen in seiner Wut imstande war.

Trotzdem versuchte ich, mich nicht einschüchtern zu lassen. Ich nahm all meinen Mut zusammen und gab keck zurück: „Ich bin einer, der jetzt gern endlich wissen würde, was du hier überhaupt treibst!“

Aber auf eine Antwort musste ich noch warten. Hingegen sprang das Wesen aus der Kappe. Es landete direkt auf meinem Bett. Und dort änderte sich seine Stimmung schlagartig. „Hmm“, schnurrte es wohlig, „hier ist’s aber weich und gemütlich.“

Dabei schlängelte es seine langen dünnen Arme mit den jeweils drei langen dünnen Fingern um seinen kleinen Körper, es rollte mit seinen kugelrunden Augen und klimperte mit seinen langen dunklen Wimpern. Wie es sich so in mein Kissen kuschelte, wirkte das Wesen irgendwie total weich und fast ins Unendliche dehnbar. Also nicht nur die Ärmchen und die Finger waren wie aus Gummi, sondern das ganze Wesen.

Und es hatte Flügel! Erst jetzt, als das Wesen für einen Moment von meiner Bettdecke hoch flatterte, fielen mir die winzigen zarten Flügel auf. Fast durchsichtig waren sie und hauchdünn. Trotzdem machten sie auf mich einen sehr stabilen Eindruck. Sie waren von einem Netz feiner Äderchen durchzogen. Darin sah ich orangerotes Blut pulsieren.

Das Wesen ließ sich wieder zurück auf mein Kissen sinken. Dort zog es seine Beinchen an. Im Hocksitz schlang es die Gummiarme um die Knie und kratzte sich gleichzeitig an seiner roten Stupsnase.

„Ich glaube, ich habe mich auf der Reise verkühlt!“, schnarrte das Wesen. „Das ist ein Risiken beim Transmittieren.“

Das Wesen zog die Nase hoch und knirschte mit seinen Zähnchen. Erst jetzt fiel mir auf, wie spitz die waren. Richtige kleine Draculabeißerchen.

Doch über die dachte ich nicht nach. Sonst hätte ich mich vielleicht noch wirklich zu fürchten begonnen.

„Was meinst du mit Transmittieren?“, fragte ich nach. „Und wieso bist du in meiner Kappe gelandet?“

In einem leicht beleidigten Unterton fuhr das Wesen fort: „Punktgenaue Landungen sind beim Transmittieren nicht so einfach. Das weiß doch jedes Kind! Außerdem hatte ich ja kaum Zeit für eine genaue Berechnung der Landedaten. Es musste ja alles so schnell gehen.“ Abermals zog das Wesen die Nase hoch. Das klang, als ob ein Flusspferd Atem für einen Unterwasserwutanfall holte. „Es war nicht mal genug Zeit, um mir warme Unterwäsche zu besorgen“, klagte das Wesen. „Darum hab ich mir auch diesen Schnupfen geholt.“

Ich beugte mich vor. „Könntest du mal Klartext reden?“, meinte ich. Ich denke, ich klang dabei nicht gerade überaus freundlich.

„Klartext?“, schnarrte das Wesen zurück. „Ich rede doch eh die ganze Zeit! Was soll ich dir denn noch erzählen?“

„Zum Beispiel wer du bist und woher du kommst und was du mit Transmittieren meinst und was das alles soll und ...“

„Halt! Stop! Pause!“ Aufgeregt flatterte das Wesen hoch und rief: „Nicht alles gleichzeitig!“

Doch auf einmal stand es stramm da. Ernst, fast feierlich war seine Miene. Es salutierte mit der rechten Hand, wobei es seine grünen Kaugummiärmchen einmal um den ganzen Kopf geschlungen hatte.

„Aloisius Karumba vom Planeten Nahundfern meldet sich zum Dienst“, sagte es. „In der antikugelhagelverstärkten unzerstörbaren Kampfeinsatzversion. Abkommandiert zu deinem Schutz und zum Schutz der gesamten Erdbevölkerung.“ Schnippisch fügte es hinzu: „Du könntest dir also durchaus ein wenig Mühe geben und netter zu mir sein.“

Agenten und Lichtjahre

Es kommt nicht oft vor, dass mir die Worte fehlen. Diesmal war es aber so. Zumindest für ein paar Momente. Das Wesen, das sich Aloisius Karumba nannte, saß auf meinem Bett, schaute mich aus seinen kugelrunden Glupschaugen an und machte mich mit seinem Wimperngeklimper fast verrückt. Ich stand vor ihm und starrte ihn ungläubig an und kam mir vor wie der Kevin aus meiner Klasse, wenn ihn die Lehrerin für einen schwierigen Satz an der Tafel dran genommen hat und er absolut keinen Tau hat, wie man die Wörter schreibt.

Es war Aloisius, der als Erster wieder zu sprechen begann. „Wie ist das nun mit dem Nettsein?“, schnarrte er.

Ich muss zugeben, dass meine Antwort nicht besonders intelligent ausfiel. Ich war schlicht und einfach total verblüfft. Da war etwas unter meiner Kappe hervorgekommen, das aussah wie eine Actionfigur aus irgendeinem durchgedrehten computeranimierten Film. Doch dieses Etwas lebte offensichtlich und war ganz und gar echt. Das war es, was ich beim besten Willen nicht fassen konnte. Alles, was ich herausbrachte, war deshalb ein Gestammel: „Ja also ... Wie ...?“

„Wie du zu mir nett sein sollst, willst du wissen?“

Aloisius fuchtelte mit seinen Gummiärmchen in der Luft herum. Die sahen dabei aus, als würden sie immer dünner und dünner und länger und länger. Dazu zischte er immer wieder für einen Sekundenbruchteil vom Bett hoch in die Luft und wieder zurück. Ich zwang mich dazu, seinen Zickzackbewegungen nicht mit den Augen zu folgen. Allmählich kriegte ich nämlich Angst, dass sie mir sonst stecken bleiben könnten. Wärst du dabei gewesen und hättest das Herumgezische dieses Wesens selbst gesehen, würdest du verstehen, was ich meine.

„Ach, du meine Güte!“, klagte Aloisius unterdessen. „Ist mit euch Erdbewohnern immer alles so kompliziert? Wenn das so weitergeht, werde ich noch bitter bereuen, überhaupt hierher gekommen zu sein! Wenn ich ehrlich bin, bereue ich es jetzt schon! Alles ist so übergroß hier, so richtig ungemütlich. Nur dieser Polster hier ist kuschelig ...“

Für einen Moment blitzte ein glückseliger Ausdruck in seinem lilagrünen Gesichtchen auf. Gleich darauf wurde er aber bereits wieder von einem grantigen Mienenspiel abgelöst.

„Zuhause werde ich mich hier aber nie fühlen können! Aber sie haben mich richtig bedrängt. Bitte, Aloisius, du musst einfach zu dieser Erde reisen und am besten noch heute, denn morgen könnte es schon zu spät sein, du musst einfach, du kannst nicht nein sagen, bittebitte, Aloisius! So ging´s eine ganze Nacht lang, bis ich mich habe breit schlagen lassen und nachgegeben habe. Nur weil ich von allen Agenten die besten Qualifikationen habe. Was du natürlich jetzt gerade wieder an meiner sehr erdenhaften Ausdrucksweise bemerkt haben dürftest ...“

Mittlerweile hatte ich genug von seinem Klagelied. Ich nützte die Gelegenheit, dass Aloisius gerade mal innehielt, um sich ganz einem selbstzufriedene Grinsen hinzugeben. „Möchtest du vielleicht etwas zu trinken?“, fragte ich.